Analyse
Erscheinungsdatum: 14. April 2025

Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag: Wie sich die SPD positioniert

Bei ihrer ersten Regionalkonferenz zeigte sich die Mitgliederschaft kritisch bis empört über den Koalitionsvertrag von SPD und Union. Die SPD-Basis zu ihrem Votum zu überzeugen, wird für die Führung um Lars Klingbeil keine leichte Aufgabe.

Es wird kein Spaziergang werden für die SPD-Parteiführung, die Mehrheit der Partei hinter dem Koalitionsvertrag mit der Union zu versammeln. Das zeigte sich bei der ersten von zwei „Dialogkonferenzen“ am Montag in Hannover. Neben den beiden Vorsitzenden und ihrem Generalsekretär stellten sich auch Boris Pistorius, Hubertus Heil und Manuela Schwesig den Fragen der Genossinnen und Genossen. Schon der Applaus nach den Auftaktstatements von Lars Klingbeil und Saskia Esken blieb verhalten. Klingbeil versprach zwar, das Wahlergebnis werde im Rahmen des Parteitags im Juni aufgearbeitet, wozu auch personelle Konsequenzen gehören würden. Doch die Zweifel zerstreuen konnte er damit nicht. Die Kritik der Mitglieder betraf zum Teil direkt das Führungspersonal. Ein Teilnehmer empfahl etwa dem Verteidigungsminister, sich mit einem Klimaforscher der örtlichen Universität auszutauschen. Dann werde auch Pistorius klar, „dass wir uns keine Aufrüstung mehr leisten können“. Ohnehin sei die Klimakatastrophe im Vertrag viel zu kurz gekommen. Ähnlich lautete die Kritik beim Thema Vermögens- und Erbschaftssteuer. Dazu gebe der Vertrag überhaupt nichts her. Auch die Äußerungen von Jens Spahn, das Verhältnis zur AfD zu entspannen, sorgten für Unmut. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie bringe Menschen mit wenig Geld kaum etwas, klagte ein Zuhörer – sinnvoller sei die Steuerreduktion bei Lebensmitteln. Ob man hier nicht nachverhandeln könne, fragte er: „Das sind die Leute, die frustriert sind und am Ende AfD wählen – das kann doch auch die Union nicht wollen.“ Auch Vertreter der Jusos, die sich bereits gegen den Koalitionsvertrag ausgesprochen haben, meldeten sich zu Wort. Die lokale Bezirksvorsitzende verwies etwa auf die geplante Änderung von täglicher zu wöchentlicher Höchstarbeitszeit: „Das muss sich ändern, damit insbesondere für uns der Vertrag annehmbar wird.“ Ein Juso-Kollege kritisierte die Kommunikation zum Mindestlohn. Die Parteiführung suggeriere, dass 15 Euro im nächsten Jahr so gut wie sicher seien, was so nicht in dem Papier stehe. Wie solle man da als Mitglied Vertrauen in die Einigung entwickeln, wenn es schon nach wenigen Tagen unterschiedliche Interpretationen gebe? Heil konterte prompt. „Bitte nicht Opfer von CDU-Propaganda werden“, sagte er. Wenn die SPD der Koalition nicht zustimme, werde es gar keine Erhöhung geben. Die Erwartungshaltung bezüglich der Höhe habe sich die Mindestlohnkommission selbst in die Geschäftsordnung geschrieben, betonte er und verwies auf die dort als maßgeblich genannten 60 Prozent des Medianlohns. Klingbeil wiederum warnte vor einer Ablehnung durch die Genossen: „Dann wird es Neuwahlen geben oder eine Minderheitsregierung oder Versuche, sie zu bilden.“ Keine dieser Optionen sei gut für das Land. Er verwies zudem auf Stimmen aus der Union, die sich für eine Öffnung zur AfD aussprächen: „Wenn wir scheitern, werden die lauter.“ Gut 358.000 Mitglieder der SPD können von Dienstag an über den Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen.Um 8 Uhr morgens soll eine Plattform freigeschaltet werden, auf der sie bis zum 29. April um 23:59 Uhr ihre Stimmen abgeben können. Am 30. April soll das Ergebnis bekanntgegeben werden. Für die Annahme des Koalitionsvertrags ist nicht nur die Mehrheit der Stimmen, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der Abstimmung erforderlich. Die Fragen, die sie am Montag stellten, sind hier einsehbar.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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