Analyse
Erscheinungsdatum: 25. August 2024

Messerkriminalität: Wie der Anschlag von Solingen die Flüchtlingsdebatte weiter anheizt 

Nach der Attacke des 26-jährigen syrischen Flüchtlings Issa Al H., der am Freitag drei Menschen mit einem Messer tötete, ist die Asyldebatte neu entbrannt.

CDU-Chef Friedrich Merz hat einen generellen Stopp der Zuwanderung aus Syrien und Afghanistan gefordert – was allerdings mit dem Grundrecht auf Asyl wohl kaum zu vereinbaren wäre. Wirtschaftsminister Robert Habeck nannte den Islamismus eine der größten Gefahren für die Sicherheit in Deutschland und SPD-Chef Lars Klingbeil regte mehr Verbotszonen für Messer und schärfere Waffengesetze an. Auch SPD- und Grünen-Politiker zeigten sich erstmals offen für Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern nach Syrien. Dies wird bisher aufgrund der krisenhaften Lage im Land nicht getan.

Herbert Reul räumte im Podcast von Table.Briefings eine erhöhte Gefahrenlage durch die Zuwanderung ein. Der NRW-Innenminister sagte aber auch: „Man kann auch sagen, der Staat hat funktioniert. Wir haben den Täter innerhalb von eineinhalb Tagen gefunden. Eine solche Tat, wenn jemand mit dem Messer unterwegs ist, die ist nicht zu verhindern.“

Merz hatte in einer Mail an Parteifreunde eine neue Härte des Kanzlers bei der Migration verlangt. „Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter“, so Merz. Laut Kriminalitätsstatistik sind nicht-deutsche Tatverdächtige überproportional bei Messerattacken vertreten. In NRW gab es im vergangenen Jahr 3.536 Messerangriffe, ein Plus von 42 Prozent gegenüber 2022. Nach Informationen von Table.Briefings waren 45 Prozent nicht-deutsche Tatverdächtige. Der Anteil der in NRW lebenden Ausländer liegt bei 16 Prozent.

Al H. sollte eigentlich 2023 aus Deutschland nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er 2022 in die EU eingereist war. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, die Behörden legten einen Abschiebetermin fest, doch in seiner Unterkunft in Paderborn war Al H. nicht auffindbar. Als die Abschiebefrist zur Überstellung abgelaufen war, ging die Zuständigkeit auf das Bundesamt für Migration über, das Al H. offenbar als Flüchtling mit „subsidiärem Schutz“ neu aufnahm und nach Solingen überstellte. Geklärt werden muss nun, warum die Ausländerbehörden nicht weiter versucht hatten, Al H. abzuschieben und warum das BAMF die Frist nicht verlängerte.

Die Polizei war am Freitagabend mehr als 400 Spuren nachgegangen, um den Täter zu finden. Dazu gehörten etwa Videos und Fotos von Gästen des Stadtfests. Hinweise eines Flüchtlings führten nach Informationen von Table.Briefings zu dem mutmaßlichen Täter. In einem Mülleimer nahe der Unterkunft in Solingen fanden Polizisten am Samstag das Tatmesser. Al H. war selbst nicht da, er stellte sich aber am Abend um kurz vor 23 Uhr einer Streife mit den Worten: „Ich bin der, den ihr sucht.“ Polizeilich aufgefallen war er zuvor nicht. Die Bundesanwaltschaft hat den Fall übernommen. Ob er zur Terrororganisation IS gehört, werde geprüft, hieß es.

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, forderte einen härteren Vollzug. „Abschiebungen müssen konsequent durchgesetzt werden. Der Rechtsstaat muss seine Entscheidungen notfalls zwangsweise vollstrecken“, sagte er Table.Briefings. Der Bund habe die rechtlichen Voraussetzungen für schnellere Abschiebungen geschaffen, diese müssten nun angewendet werden. Der Kampf gegen den Islamismus müsse verstärkt und islamistische Influencer in den Blick genommen werden. „Gerade in den sozialen Medien radikalisieren sich immer mehr junge Menschen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz will an diesem Montag zusammen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst Solingen besuchen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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