Auf diesen Moment hat Friedrich Merz lange gewartet. Mit breitem Grinsen geht der neue Bundeskanzler die Treppen zum Elysée-Palast hoch, neben ihm der französische Präsident Emmanuel Macron. Oben angekommen festes Händeschütteln, herzliche Umarmungen, freundliches Lachen in die Kameras. Schließlich gilt, ein gutes Bild hilft manchmal mehr als tausend Worte. Und bei diesem Besuch sollen diese Bilder entstehen. Die Botschaft ist klar: Merz will die deutsch-französische Freundschaft wiederbeleben und intensivieren. Und nicht nur das, Merz will auch das Weimarer Dreieck, also die Achse zwischen Deutschland, Frankreich und Polen stärken. Keine 24 Stunden nach der Wahl zum Bundeskanzler ist er deshalb für seinen Antrittsbesuch nicht nur nach Paris, sondern anschließend auch nach Warschau geflogen. Haben die Besuche mehr als schöne Fotos gebracht?Merz ging es vor allem um die Wertschätzung und den Ausbau einer guten persönlichen Beziehung mit Macron und Ministerpräsident Donald Tusk für die Zukunft. Das ist für einen Antrittsbesuch nicht unüblich. Und immerhin in Paris hat man sich darauf verständigt, zeitnah verschiedene Formate ins Leben zu rufen. Der Kanzler spricht von einem „deutsch-französischen Neustart für Europa“. Man wolle sich bei den Themen Wirtschaft, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in Zukunft eng abstimmen. So weit so harmonisch.In Polen war der Besuch nicht nur weniger herzlich, sondern fast etwas holprig. Denn während Merz Tusk an diesem Mittwochabend besucht, hat sein Innenminister Alexander Dobrindt im Laufe des Tages den Asyl-Stopp, sprich Grenzkontrollen und Zurückweisungen an deutschen Außengrenzen, angewiesen. Selbstverständlich in Absprache mit dem Kanzler. Und eben auch an den deutsch-polnischen Grenzen. Tusk gibt sich in der gemeinsamen Pressekonferenz entsprechend verärgert. Polen habe es nicht verdient, der Leidtragende zu sein, weil Polen allein und auf eigene Kosten die europäische Außengrenze zu Belarus schütze. Die Botschaft dahinter ist klar: Anstelle der innereuropäischen Grenzen solle man sich auf die Außengrenzen konzentrieren.
Zumal die Absprache mit Deutschland eigentlich ohnehin eine andere war. Wie Table.Briefings erfuhr, hatte Merz Tusk noch vor wenigen Tagen am Telefon zugesichert, er werde an den deutsch-polnischen Grenzen nicht nach Polen zurückweisen. Vielleicht betont Tusk in einer Antwort auf die Frage eines Journalisten zu dem Thema noch einmal, dass man hier gemeinsam und in enger Absprache agieren müsse.Und auch wenn Merz beschwichtigt und sagt, es gehe ihm um eine gemeinsame europäische Asylpolitik und um den Schutz der Außengrenzen, hat der Kanzler an diesem Mittwoch am Ende doch eine mehrdimensionale Botschaft an die europäischen Partner gesendet.