Analyse
Erscheinungsdatum: 27. März 2025

Kunst und Medien – Welche Pläne Schwarz-Rot für die Kunst, die Zeitungen und den Kampf gegen Fake-News hat  

Union und SPD wollen Kultur und Medien stärker schützen und fördern. Die Pläne der Fach-AG sind allerdings auch kostspielig.

Die AG Medien und Kultur hat in den bisherigen Koalitionsverhandlungen so gut wie keine Streitthemen nach oben gegeben. Einzige Ausnahme: Die SPD will die Kultur als Staatsziel in der Verfassung verankern; die Union möchte das eher nicht. Ansonsten herrscht Einigkeit, und die beginnt bei einer grundsätzlichen Bewertung: „Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit. Ohne freie und kraftvolle Kunst verkümmert, was jedem Fortschritt zugrunde liegt: die Fähigkeit, unser Leben zu reflektieren und uns ein besseres vorzustellen“, heißt es im Ergebnispapier. Deshalb wolle die AG internationale Kooperationen, Kulturaustausch, Kulturdiplomatie und Kulturtourismus intensivieren. „Unser Land soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein.“

Erstes großes Ziel: Der Schutz und die Unterstützung unabhängiger Medien. Alle Verhandler in der AG wollen sich „für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ einsetzen. Allerdings heben sie hervor, dass unter den Anstalten „Zusammenarbeit die Regel werden“ solle. Für private Medien soll es „faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen“ geben. Im Zuge dessen werden sie „von zusätzlichen Werbebeschränkungen“ absehen. Und sie kündigen an, dass sie „die Mehrwertsteuer auf gedruckte und digitale periodische Presseprodukte auf null Prozent senken“ werden. Die bisherige Kulturstaatsministerin Claudia Roth wollte das schon länger; jetzt nimmt die AG einen neuen Anlauf.

Kultureinrichtungen sollen nach dem Willen der AG zur kritischen Infrastruktur gehören. Angesichts von Klimafolgen und internationalen Krisen sei man entschlossen, den Schutz der kulturellen Infrastruktur durch Investitionen und gesetzgeberische Maßnahmen sicherzustellen, beispielsweise im KRITIS-Dachgesetz. Zu diesem Zweck will die AG „die Mittel des Sondervermögens für Investitionen und Klimatransformation auch für den Erhalt des kulturellen Erbes nutzbar machen“. Außerdem möchte sie den Reichtum des Unesco-Welterbes erhalten und eine Bundesstiftung Industriekultur errichten.

Sorgen bereitet den Verhandlern die gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie alltägliche Desinformation und Fake-News. All das seien „ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen sei nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Von Deregulierung, wie sie die US-Regierung von den Europäern fordert, ist keine Rede. „Die staatsferne Medienaufsicht“ müsse unter Wahrung der Meinungsfreiheit und auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können. „Systematisch eingesetzte manipulative Verbreitungstechniken wie der massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake Accounts müssen verboten werden.“ Der Digital Services Act müsse „stringent umgesetzt und weiterentwickelt werden“.

Große Bedeutung messen alle Verhandler der Erinnerungskultur bei. Auf ihr beruhe „unser Bewusstsein für den Wert von Freiheit und Demokratie“. Im Mittelpunkt stehe die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft. Stärken wollen sie aber auch die Aufarbeitung der SED-Diktatur, einschließlich des Kulturgutentzugs in SBZ und DDR. Die entsprechenden Bundestagsbeschlüsse werde man schnell umsetzen. Zugleich soll auch die Aufarbeitung des Kolonialismus intensiviert werden.

Der Preis der Einigkeit: Mehrkosten und Mindereinnahmen von zusammen knapp viereinhalb Milliarden Euro. Nach den Berechnungen der AG ergeben sich Mehrkosten von rund 445 Millionen Euro; sie gehen vor allem in die Erhaltung von Gedenkstätten sowie die Förderung der Kinolandschaft, der Verlage und der Deutschen Welle. Größter Batzen bei den Steuermindereinnahmen ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Zeitungs- und Digitalverlage auf null Prozent. Sie allein kostet jährlich rund 700 Millionen Euro. Ob das die 19er-Runde am Ende mitträgt? Das ist vollkommen offen. Nicht ohne Grund steckt in dem Papier der Versuch, auch für die Kultur vom großen Topf des Sondervermögens zu profitieren.

Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

Teilen
Kopiert!