Die FDP-Führung bereitet sich offenbar auf einen Ausstieg aus der Ampel-Regierung vor. I n der Vorstandssitzung am Montagmittag wurde offen über ein mögliches Koalitions-Aus im Umfeld der Haushaltsberatungen spätestens Ende November gesprochen. Bei der Brandenburg-Wahl am Sonntag hatten die Freidemokraten 0,8 Prozent der Stimmen erhalten. Der Gesprächsbedarf in der Sitzung war so groß, dass Christian Lindner die Teilnahme an einer Veranstaltung des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) kurzfristig absagen und seine Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel als Vertretung schicken musste. Drei Stunden tagte die FDP-Führung, kein Vorstandsmitglied verteidigte die Regierungsarbeit.
Für den Rückzug aus der Koalition argumentierten unter anderem der bayerische Landeschef Martin Hagen und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki. Hagen sagte, Teilnehmerangaben zufolge, wenn die FDP im September 2025 immer noch Teil der Bundesregierung sei, werde man ein ähnliches Ergebnis erleben wie jetzt in Brandenburg. Lindner widersprach nicht, sondern bedankte sich für die offenen Worte. Kubicki betonte, dass die Ampel keinerlei Rückhalt mehr im Wahlvolk habe. Auch Johannes Vogel, Fraktionsgeschäftsführer und in der Vergangenheit stets einer der Verfechter der Koalition, nannte die Ampel den Angaben zufolge „stehend k.o.“
Öffentlich äußerten sich am Montag nur wenige.Für ihre Partei sei die Ampel „mittlerweile ein Dilemma“, sagte Vize-Fraktionschefin Gyde Jensen Table.Briefings. „So viel Ehrlichkeit und so viel Realismus muss man öffentlich festhalten.“ Der Begriff der „Fortschrittskoalition“, von dem anfänglich die Rede war, sei vielleicht „zu hoch gegriffen“ gewesen. Der Bundestagsabgeordnete Max Mordhorst schrieb auf X: „Man muss Zeichen der Zeit schon erkennen.“ Lindner selbst sagte in der Pressekonferenz: „Was uns hauptsächlich belastet, ist die Zusammenarbeit in einer Regierung, die vergleichsweise wenig weltanschauliche Gemeinsamkeiten hat.“ Eigene Fehler sieht er nicht ursächlich für die Wahlniederlagen.
Der FDP-Chef will die Ampel allerdings nicht voreilig verlassen. Im engeren Führungskreis wird zwar ein Szenario diskutiert, das eine vorgezogene Neuwahl im März 2025 zeitgleich mit der Hamburg-Wahl möglich erscheinen lässt. „Es geht aber noch um das Narrativ, wie wir aus dem Bündnis herauskommen“, sagte ein Vorstandsmitglied. Lindner sprach wiederholt vom Mut, den es benötige, um in einer schwierigen Koalition zu bleiben, aber auch den Mut, ins Risiko zu gehen und eine neue politische Dynamik zu schaffen. Man müsse eine echte politische Wende in der Wirtschafts- und Migrationspolitik hinbekommen, wenn das Bündnis noch eine Chance haben solle. Er sei „sprungbereit“ – das war gewollt zweideutig.