Analyse
Erscheinungsdatum: 15. Februar 2024

Jahreswirtschaftsbericht: Ampel streitet um Arbeitsanreize, Steuern und Schulden

Der Jahreswirtschaftsbericht wird nächste Woche vorgestellt. Noch aber er in der Ampel heftig umstritten. Wirtschaftsminister Robert Habeck möchte Förderziele verankern, Finanzminister Christian Lindner lehnt das.

Deutschland muss ökonomisch fitter werden, aber wie soll die richtige Therapie aussehen? Darüber gibt es in der Koalition Streit, wie aus dem Entwurf für den Jahreswirtschaftsbericht 2024 hervorgeht. Er liegt Table.Media vor. Zahlreiche Passagen sind strittig gestellt, die beteiligten Minister Hubertus Heil, Christian Lindner und Robert Habeck ringen um Formulierungen und Prioritäten. Kommende Woche soll der Bericht, der die wirtschaftspolitischen Leitplanken der Regierung für das Jahr setzt, in das Kabinett.

Konsens gibt es immerhin beim Reformbedarf: „Die Bundesregierung ist überzeugt, dass eine anhaltende Wirtschaftsdynamik notwendig ist, um die drängenden Aufgaben ohne zunehmende verteilungspolitische Konflikte zu bewältigen“, heißt es. Wie stark die Wirtschaft wächst, ist noch unklar. Die Prognose werde zuletzt eingefügt, erfuhren wir aus dem Wirtschaftsministerium. Von einem Mini-Wachstum von 0,2 bis 0,4 Prozent ist die Rede. Entsprechende Andeutungen hat Habeck bereits gemacht.

Offen räumt das Ressort des Wirtschaftsministers in dem vertraulichen Dokument ein, dass angesichts des beschleunigten Strukturwandels „Teile der Wirtschaft auch kleiner werden“.

  • Habeck setzt mit dem Begriff einer „transformativen Angebotspolitik“ auf gezielte staatliche Förderung von Branchen, um die Märkte zu beleben. Dafür kommen für Habeck auch neue Schulden infrage. FDP-Finanzminister Christian Lindner lehnt schon den Begriff ab, kämpft für eine lupenreine Angebotspolitik und will Maßnahmen wie Bürokratieabbau und Steuersenkungen in den Bericht bringen.  

  • Die Formulierung, dass die Wirtschaft nicht nur durch eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und den Zuzug von Fachkräften stimuliert wird, sondern auch durch eine „Stärkung von Arbeitsanreizen“, hat SPD-Sozialminister Heil strittig gestellt und in eckige Klammern setzen lassen. Lindners Haus zielt dabei auf das umstrittene Bürgergeld und die Frühverrentungsprogramme der großen Koalition.

  • Dissens gibt es auch bei Reformen im „Steuer- und Transfersystem“. Wirtschaft- und Finanzministerium wollen Empfängern von staatlichen Transfers mehr Zusatzeinkommen ohne Kürzungen bei den staatlichen Leistungen ermöglichen („Transferentzugsraten“). Heils Arbeitsministerium will die Formulierung streichen.  

Einig ist sich die Koalition, dass neue Freihandelsabkommen die Wirtschaft stärken. Erfolgreiche Vertragsverhandlungen der EU mit den Mercosur-Staaten seien dafür „wesentlich“, heißt es in dem Entwurf. Das Zwischenfazit lautet: „Wirtschaftliche Sicherheit kann nur erhöht werden, wenn Deutschland und die EU global wettbewerbsfähig bleiben.“ Anfang der kommenden Woche wollen die Spitzen der Ressorts mit dem Kanzleramt die Streitpunkte ausräumen, heißt es. Am Fahrplan halte man fest.

Die wichtigsten Streitpunkte:

Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

Teilen
Kopiert!