Analyse
Erscheinungsdatum: 26. September 2024

Grüne-Jugend-Austritte: Frust bei linken Grünen, Vorfreude bei grünen Linken 

Für den angekündigten Parteiaustritt der bisherigen Führung der Grünen Jugend haben auch linke Grüne wenig Verständnis. Vieles deutet darauf hin, dass sich die Ausgetretenen der Linkspartei anschließen.

Es war nach dem Rücktritt der Parteiführung der zweite Knall an einem Tag für die Grünen: Am späten Mittwochabend wurde bekannt, dass der komplette Vorstand der Grünen Jugend aus der Partei austritt. Am Donnerstagmorgen folgte auf der bereits eingerichteten Webseite „ zeitfuerwasneues2024.de “ eine ausführliche Erklärung mit heftigen Vorwürfen an die Partei: „Wir haben in den letzten Jahren immer wieder erlebt, dass die Grünen nicht dazu bereit sind, sich mit den Reichen und Mächtigen anzulegen“, schreiben die zehn aktuellen Vorstandsmitglieder sowie die ehemalige Sprecherin Sarah Lee Heinrich und die ehemalige politische Geschäftsführerin Klara Sendelbach, die im Impressum für die Seite als Verantwortliche genannt wird.

Auch Grüne, die die Kritik inhaltlich teilen, halten diesen Weg für falsch. „Ich kann gut verstehen, dass viele frustriert sind“, sagt etwa Jamila Schäfer, MdB und ehemalige Grüne-Jugend-Sprecherin. Auch sie stelle fest, „dass die Partei momentan nicht erkennbar genug für soziale Gerechtigkeit, ambitionierten Klimaschutz und Menschenrechte einsteht“, sagte Schäfer Table.Briefings. Die Antwort darauf müsse aber sein, „mit klarem Profil und überzeugenden politischen Lösungen in den Wahlkampf zu gehen.“ Den Weg der bisherigen GJ-Führung halte sie dagegen „für wenig erfolgversprechend“.

Die Europaabgeordnete Anna Cavazzini hat ebenfalls kein Verständnis für den Austritt. „Ich finde es total unklug, in Zeiten, in denen es ohnehin einen Rechtsruck gibt, die progressiven Kräfte auch noch zu spalten“, sagte sie. Zudem teile sie nicht die Analyse, dass die Grüne Jugend keinen Einfluss hatte. „Sie haben erfolgreich Kandidaten und Anträge durchgebracht“, sagt Cavazzini, die in der Vergangenheit ebenfalls Mitglied im GJ-Vorstand war. „Darum halte ich das Aufgeben für einen großen Fehler – statt in der Partei für eine andere Ausrichtung zu kämpfen.“

Die Abtrünnigen wollen nun zunächst „eine neue, linke Jugendorganisation“ gründen. Doch das ist offenbar nur ein Zwischenschritt. Denn als Ziel nennen sie in ihrer Erklärung, „dass es bald eine starke linke Partei in Deutschland geben kann“. Welche damit gemeint ist, bleibt offen. Doch viele Beobachter erwarten, dass sich die bisherigen Grüne-Jugend-Vorstände der Linken anschließen werden. Dafür spricht nicht nur die inhaltliche Ausrichtung des Aufrufs. Es gab auch in der Vergangenheit schon Zusammenarbeit. So hat die ehemalige GJ-Vorsitzende Heinrich im vergangenen Jahre an einem Buch mitgewirkt, das von Ines Schwerdtner herausgegeben wurde, die als aussichtsreiche Kandidatin für den Parteivorsitz der Linken gilt.

Bei der schwächelnden Linken dürften die Ex-Grünen willkommen sein. Der stellvertretende Linken-Vorsitzende Lorenz Gösta Beutin, der vor 25 Jahren selbst von den Grünen zur PDS gewechselt war und in der Linken für eine ambitionierte Klimapolitik kämpft, äußerte jedenfalls „großen Respekt“ für deren Entscheidung. „Wir brauchen in Deutschland dringend eine Gegenbewegung gegen den Rechtsruck“, sagte er Table.Briefings. „Dafür braucht es eine starke linke Partei, die auch Kurs hält, wenn der Wind von stramm rechts weht, die ihre Werte nicht verkauft.“

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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