Analyse
Erscheinungsdatum: 15. Dezember 2024

Friedrich Merz zum Wahlkampf: Politik darf nichts versprechen, was sie nicht halten kann 

Unmittelbar vor der offiziellen Präsentation des Wahlprogramms der Union an diesem Dienstag hat sich der Kanzlerkandidat der Union selbst in die Pflicht genommen. In Zeiten wie diesen, in denen die Demokratie besonders unter Druck stehe, müssten wahlkämpfende Parteien alles tun, um glaubwürdig zu bleiben.

„Wir dürfen den Menschen nichts versprechen, was wir nach der Wahl nicht halten können“, sagte Friedrich Merz im Podcast Table.Today. Dass sich Umstände ändern, wie durch den Krieg in der Ukraine, könne niemand vorhersehen. „Aber dann muss man der Bevölkerung sagen: Es hat sich sehr viel geändert, und daraus folgt, dass wir nicht mehr alles so machen können wie geplant.“

Ein Versprechen aber gab Merz: Stimmungsgetriebene Beschlüsse wie den Atomausstieg soll es mit ihm nicht mehr geben. Der Kanzlerkandidat sagte: „Wir dürfen uns nie wieder, jedenfalls unter meiner Führung, vom Zeitgeist und einer grünen oder linken Bewegung zu solchen Entscheidungen treiben lassen.“ Das gelte auch für den Beschluss nach dem Unglück in Fukushima. „Ich habe diese Kurzatmigkeit der Entscheidung für falsch gehalten.“ Ein Beschluss, den auch CSU-Chef Markus Söder damals massiv mit vorangetrieben hatte. Mit Blick auf die aktuelle AKW-Debatte betonte Merz, die Union werde einen Wiederbetrieb der zuletzt abgeschalteten AKWs prüfen. Er selbst sei „skeptisch“, ob das noch möglich sei. Trotzdem schließe er keine Option aus. Das gelte für neue Generationen von Kernreaktoren ebenso wie für kleine modulare Reaktoren oder die Kernfusion.

Merz ist nicht überrascht vom Anstieg der SPD in den Umfragen. Die Sozialdemokraten hätten unter den Streitereien der letzten Monate am meisten gelitten, mit dem Absturz auf 14 Prozent sei die Partei „weit unterhalb des Kernpotenzials“ gewesen: „Die SPD holt jetzt auf. Ich habe damit genau so gerechnet.“ Am Ende werde sie nach seiner Einschätzung wahrscheinlich „eine zwei vorne stehen haben“, auch weil sich die Partei weitgehend hinter dem Kanzler versammle. Zur eigenen Lage sagte Merz, die meisten Institute verorteten das Potenzial der Union eher bei 40 als bei 30 Prozent. Aber klar sei auch, dass die Union ihre Kernwählerschaft weitgehend hinter sich habe. „Wir müssen jetzt aus der Stammwählerschaft heraus versuchen, die Wechselwähler zu erreichen.“

Der CDU-Chef zeigt Verständnis für Söder – und will es mit den Grünen trotzdem anders halten. Der CSU-Chef habe in Bayern mit den Freien Wählern eine harte Konkurrenz, die jede Gelegenheit suche, die Grünen zu attackieren. Deshalb könne er Söder an der Stelle „sehr gut verstehen“, so Merz. Trotzdem halte er mit seiner „gesamtstaatlichen Perspektive“ an der Linie fest, dass die demokratischen Parteien der politischen Mitte, dazu zählten auch die Grünen, „selbstverständlich kooperationsfähig und am Ende des Tages auch koalitionsfähig bleiben“ müssten. „Die politische Mitte in Deutschland ist nicht mehr stark genug, um bestimmte Teile davon einfach auszuschließen.“ Allerdings seien sich Söder und er in der Bewertung der bisherigen grünen Wirtschaftspolitik einig. Das bedeute: „Wer nicht bereit ist, den Politikwechsel in der Wirtschaftspolitik mitzumachen, der kommt für uns als Koalitionspartner nicht in Frage.“

Beim Thema Schuldenbremse gibt sich Merz nicht apodiktisch. Zur maroden Infrastruktur sagte der CDU-Chef: „Das erfordert eine gewaltige Kraftanstrengung. Völlig klar.“ Merz betonte aber, dass er den ersten Reflex, den Sozialdemokraten und Grüne bei diesem Thema hätten, ablehne. Beiden gehe es nicht um Mobilisierung privater Investoren, sondern sofort um Schulden. „Diesem Gedankenweg öffne ich mich nicht.“ Er wolle im Gegenteil erst überall sparen, wo es möglich sei. Und er wolle Investitionen in Netze, Straßen, Brücken für private Investoren attraktiv machen. Zugleich fügte Merz hinzu, am Ende könne „man über alles reden“, nur über eines nicht: „Schulden für konsumtive Ausgaben. Sie sind ein NoGo.“ Das Gespräch mit Friedrich Merz hören Sie ab 6 Uhr hier.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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