Analyse
Erscheinungsdatum: 06. November 2024

Folgen für Deutschland: Table.Briefings-Diskussion mit Liminski, Gönner, Schularick, Link und Ratzmann

Bei einer Veranstaltung von Table.Briefings und dem German Marshall Fund in der NRW-Landesvertretung diskutierten Experten über den Ausgang der Wahl in den USA. Vertreter aus Politik und Wirtschaft sind sich einig, dass das Ergebnis die deutsch-amerikanischen Beziehungen belasten wird.

Am Morgen diskutierten die Table.Briefings-Chefredakteure Michael Bröcker und Helene Bubrowski mit Gästen aus Politik und Wirtschaft bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem German Marshall Fund in der NRW-Landesvertretung. NRW-Europaminister Nathanael Liminski kritisierte den Bundeskanzler für seine Pro-Harris-Äußerungen im Vorfeld der Wahl. „Das Cheerleading für Kamala Harris und diese Igitt-Rhetorik für Trump wird sich jetzt rächen“, so der CDU-Politiker. Man müsse schnell Gesprächsfäden zur Trump-Administration aufbauen „ohne Trump in den Arsch zu kriechen“.

Michael Link, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, widersprach dem Vorwurf, die Ampel habe sich nicht auf eine weitere Präsidentschaft von Donald Trump vorbereitet. In allen Ressorts habe es Taskforces gegeben, die im Vorfeld Analysen erarbeitet haben. „Ich persönlich habe in den letzten zwei Jahren sehr intensiv Republikaner abgeklappert“, erklärte der FDP-Politiker. Allerdings seien nicht alle von ihnen für die Bundesregierung ansprechbar gewesen, darunter auch der wahrscheinlich künftige Vizepräsident J.D. Vance. Dennoch gebe es gute Kontakte in Trumps Umfeld.

Die deutsche Wirtschaft blickt mit großer Sorge auf Trumps Agenda. Sein protektionistischer Ansatz sei „dramatisch für die Weltwirtschaft“, sagte Volker Ratzmann von der DHL-Group. Umso wichtiger sei es, Europa zu einem starken und konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort zu machen. „Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit so aufstellen, dass die USA uns als kraftvollen Partner wahrnehmen“, sagte Daniel Andrich, Geschäftsführer der American Chamber of Commerce Germany. „Wir werden selber einfach groß werden müssen“, erklärte auch Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des BDI.

Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, machte der deutschen Politik schwere Vorwürfe. „Vielleicht müssen wir dem Kanzleramt einfach mal die Schlaftabletten wegnehmen“, so der Volkswirt. „Wir sind handelspolitisch total erpressbar.“ Dass Deutschland nicht zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Verteidigungshaushalt investiert habe, könne nun schwerwiegende Folgen haben. Auch Schularick bezeichnete Trumps Agenda als „totales Himmelfahrtskommando“. Mit Blick auf Trumps Pläne in der Migrationspolitik prognostizierte er auch einen „Schock“ für die amerikanische Wirtschaft. „Das sind echte Deportationspläne“, so Schularick.

Inwiefern das Wahlergebnis die Entscheidung der FDP über den Verbleib in der Koalition beeinflusst, ließ Link offen. „Die Wahl von Donald Trump erhöht nochmal ganz eindeutig den Druck, dass die wirtschaftspolitischen Hausaufgaben gemacht werden.“ CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter forderte die Liberalen zum Austritt aus der Koalition auf: „Wenn die FDP nicht den Mut hat, die Koalition zu verlassen, dann haben wir Stillstand. Und das können wir uns nicht leisten.“

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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