„Eine feministische Außenpolitik hat den Anspruch einer umfassenden globalen Gerechtigkeit. Sie erkennt an, dass Frauen weltweit noch immer durch patriarchale Strukturen benachteiligt sind. Frauen sind stärker von Armut betroffen. Frauen sind überproportional oft von physischer, sexualisierter und psychischer Gewalt betroffen und dieser insbesondere auf der Flucht und in Kriegs- und Konfliktgebieten schutzlos ausgesetzt. Die Klimakrise trifft Frauen als Versorgerinnen der Gemeinschaft mit zugleich den wenigsten eigenen Ressourcen am härtesten. Gerade in Zeiten, in denen sich Krisen überlagern und Autokratien erstarken, zeigt sich: Dort, wo die Kultur der Demokratie angegriffen wird, werden Frauenrechte und die Rechte marginalisierter Gruppen oft als erstes beschnitten. Mit einer feministischen Außenpolitik erfüllen wir daher unsere demokratische Pflicht, die Verletzlichsten der Gesellschaft zu schützen und in den Mittelpunkt unserer Politik zu stellen.“
„ Ich halte wenig vom Konzept der feministischen Außenpolitik, weil es weniger darauf abzielt, diplomatische Verbesserungen zu erwirken, als auf die emotionale Befriedigung innenpolitischer Akteure. Ich erinnere beispielsweise daran, dass Annalena Baerbock bei der iranischen Emanzipationsbewegung zuerst kaum öffentlich Stellung bezogen hat – und sich später zur Behauptung verstieg, die dortige Gewalt gegen Frauen mit einem schlecht sitzenden Kopftuch habe nichts mit Religion zu tun. Ich bin froh, dass die eigentliche Linie der bundesdeutschen Außenpolitik ohnehin vom Kanzleramt gezogen wird. Die diplomatische Abgewogenheit, die Olaf Scholz an den Tag legt, lässt mich ruhiger schlafen.“
„Der Ansatz einer feministischen und wertebasierten Außenpolitik ist richtig. Stärkung der Repräsentanz von Frauen, Genderaspekte bei Problemen des Klimawandels oder Armut. All das sind Punkte, wo man als Außenministerin dringend ansetzen sollte. Eine Regierung, die Waffenexporte an Saudi-Arabien, genehmigt und eine Außenministerin, die das verteidigt, ist für mich in der Frage wenig glaubhaft. Saudi-Arabien ist am Jemen-Krieg beteiligt. Solange deutsche Waffen mit Genehmigung der Außenministerin in Länder verschickt werden, wo Frauen- und Menschenrechte mit Füßen getreten, kann man weniger von einer „wertebasierten“ und feministischen Außenpolitik sprechen. Ein starkes Zeichen feministischer Außenpolitik wäre, wenn diese Rüstungsexporte sofort gestoppt würden.”
„Mit einer umgehenden und unmissverständlichen Positionierung an der Seite der protestierenden Frauen im Iran hätte die Bundesregierung zeigen können, was feministische Außenpolitik in der Praxis bedeutet. Stattdessen sehen wir bis heute Berlin auf der Bremse beim Druck gegen das Mullah-Regime. Konzepte schreiben sich leichter, als tatsächlich Mut oder auch nur politisches Kapital aufzubringen, um Frauen tatkräftig zu unterstützen. Annalena Baerbock wäre gut beraten, sich von plakativen Phrasen zu lösen und konkret zu werden. Feministische Außenpolitik, wie wir sie in der CDU/CSU begreifen, setzt auf die Mobilisierung der Sichtweisen und Fähigkeiten von Frauen sowohl innerhalb des Auswärtigen Dienstes als auch bei den Ansprechpartnern – nationale Regierungen und Gesellschaften und internationale Organisationen. Dafür müssen die Betroffenen in den Zielländern wie in der Belegschaft des AA aber mitgenommen werden; Feminismus per Verfügung wird nicht zum Ziel führen.“
„Die Vision der feministischen Entwicklungspolitik ist die gleichberechtigte soziale, politische und wirtschaftliche Teilhabe aller Menschen – ungeachtet von Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung, Alter, Behinderungen, des Migrationsstatus, der ethnischen oder religiös-weltanschaulichen Zugehörigkeit oder anderer Merkmale. Von einer feministischen Entwicklungspolitik verspreche ich mir gerechtere und stärkere Gesellschaften in unseren Partnerländern. Gleicher Zugang von Frauen und marginalisierten Gruppen zu Rechten, Repräsentanz und Ressourcen wird bisher marginalisierte Potenziale freisetzen und uns dabei helfen, weniger Hunger, weniger Armut und mehr Stabilität in der Welt zu erreichen.“
„Ja, es ist eine Tatsache, dass die Welt der Außenpolitiker immer noch stark von Männern dominiert ist. Das Ziel zu haben, das zu ändern, stärker die Perspektive auch von Frauen einzubringen – daran gibt es nichts zu kritisieren. Die Begrifflichkeit „feministische Außenpolitik“ jedoch ist irreführend. Wenn es nicht explizit um Außenpolitik von oder für Frauen gehen soll, sondern darum, um Schwächere und Minderheiten stärker mitzudenken, dann ist das ja nicht feministisch. Sondern weiter und breiter, eher werte- oder menschenrechtsgeleitet. Man hat aber den Eindruck, es geht hier bei der Bezeichnung um eine bessere Vermarktung, denn „menschenrechtsgeleitete Außenpolitik“ klingt wahrscheinlich nicht so aufregend. Wenn die Bundesregierung sich aber schon eine feministische Außenpolitik auf die Fahnen schreibt, warum hat sie diese dann nicht gerade dort angewendet, wo sie für Frauen am notwendigsten ist – im Zusammenhang mit den iranischen Protesten? Milizen, die immer noch nicht auf der Terrorliste stehen, iranische Frauen, die selbst auf deutschem Boden noch bedroht werden. Man kann noch so oft theoretisch von feministischer Außenpolitik sprechen, entscheidend ist, welche Taten daraus folgen.“
„Mit den Leitlinien zur feministischen Außenpolitik läutet Annalena Baerbock eine Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik ein, die lange überfällig war. Das ist ein riesiger Erfolg für die Koalition und für uns Grünen. Wir schreiben das Jahr 2023 - natürlich müssen wir die Rechte und die Repräsentanz von Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen weltweit stärken. Das überhaupt infrage zu stellen, zeigt doch, dass man sich in eine reaktionäre Mottenkiste zurückwünscht. Und natürlich muss für die Umsetzung feministischer Außenpolitik Geld in die Hand genommen werde. Das muss sich auch im Budget des Auswärtigen Amtes widerspiegeln, ebenso wie bei den Leistungen für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. Ganz so, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir leben in einer dynamischen Welt, in einer Welt im Umbruch. Dem zu begegnen, ist Aufgabe und Chance der Außenpolitik, für die wir stehen. Mit einem Sicherheitsbegriff, der eben nicht ewig-gestrig aufs Militärische verengt ist, sondern mit einem starken feministischen und zivilgesellschaftlichen Selbstverständnis.“
„Ich freue mich, dass Außenministerin Annalena Baerbock mit den Leitlinien für die feministische Außenpolitik an die Pionierarbeit anknüpft, die in der vergangenen Legislaturperiode im Auswärtigen Amt noch unter SPD-Führung begonnen wurde. Gerade von manchen Männern wird Feminismus immer noch als Kampfbegriff wahrgenommen. Dabei ist das Quatsch, ich bezeichne mich selbst auch als überzeugten Feministen. Denn es geht doch gar nicht darum, das Patriarchat durch ein Matriarchat zu ersetzen. Wir wollen einfach eine bessere Politik auf den Weg bringen, die die Interessen von Männern und Frauen gleichermaßen berücksichtigt. Bei der feministischen Außenpolitik geht es im Kern um die Frage, wie wir in der internationalen Politik mehr zu Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit beitragen können, indem wir die Interessen von Frauen viel stärker als bislang in den Blick nehmen. Denn die ersten Opfer von Autoritarismus, Diktatur und religiösem Fundamentalismus sind in der Regel Frauen. Das erleben wir derzeit in Afghanistan oder Iran. Deshalb ist es überfällig, gleiche Rechte, gleiche Ressourcen und eine gleiche Repräsentanz für Frauen und andere marginalisierten Gruppen in unser außenpolitisches Handeln einzubeziehen.“
„ Ich halte feministische Außenpolitik, auch wenn der Begriff bei manchen immer noch Kopfschütteln ausgelöst, für zeitgemäß. Wir haben uns bei den Koalitionsverhandlungen geeinigt, das englische Wort ‚feminist foreign policy‘ zu nutzen, ein internationaler Terminus, der nicht so belastet ist und doch die weibliche Sicht auf die Welt, ihre Krisen und die Antworten darauf im Blick hat. Frau Baerbock wird mit Sicherheit, neben ihrer politischen Sichtweise, als Frau und Mutter noch kleiner Kinder, andere Fragen stellen als ihre Kollegen; gerade jetzt, in dieser dramatischen Zeit, wo in unserer Nachbarschaft ein so grauenvoller Krieg tobt. Frauen assoziieren das mit Flucht, Vergewaltigung und schlimmstenfalls mit der Angst, ihre Kinder nicht richtig schützen zu können. Frauen haben definitiv einen anderen Blick auf gesellschaftliche Geschehnisse. Auch bei der Außenpolitik. Nicht schlecht, dass gerade jetzt eine Frau das Außenministerium leitet.” (Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte uns bereits im Januar ein ausführliches Interview zum Thema gegeben. Hier nachzulesen: „Feministische Außenpolitik ist zeitgemäß“)