Analyse
Erscheinungsdatum: 22. Mai 2025

Demokratie unter Druck: Welche Herausforderungen die neue Justizministerin meistern muss

Stefanie Hubig übernimmt das Justizressort in turbulenten Zeiten, gerüstet mit Rückhalt aus dem eigenen Haus und klaren Plänen für mehr Zusammenarbeit.

Die neue Justizministerin steht vor großen Aufgaben. Gerade wurde eine weitere rechte Terrorzelle aufgedeckt, die Demokratie steht unter Druck, die Justiz auch. Die Gerichte wollen mehr Personal und sollen endlich digital arbeiten. Nur ein Problem hat Stefanie Hubig nicht: Ihr Ministerium mit seiner selbstbewussten Beamtenschaft schaut nicht skeptisch auf die Hausherrin, sondern freudig-optimistisch. Mit Christine Lambrecht an der Spitze hatte sich das Haus schon schwergetan, unter Marco Buschmann war das Verhältnis zwischen Fachebene und Leitung auf einem Tiefpunkt angekommen. An der Sozialdemokratin Hubig, die zuletzt Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz war, aber zuvor Staatssekretärin im BMJV, haben die Beamten gute Erinnerungen. Die ehemalige Staatsanwältin und Richterin gilt nicht nur als fachlich versiert, sondern auch als offen und zugewandt.

Auch ein anderes Verhältnis soll künftig besser werden: zwischen BMJV und BMI. Die Häuser sollen künftig an einem Strang ziehen. Von „guten und sehr offenen Gesprächen“ mit Alexander Dobrindt berichtete Hubig in der FAZ. Der natürliche Antagonismus, der nicht nur an den traditionell unterschiedlichen Farben der Hausleitung liegt, hatte sich in der letzten Legislaturperiode zu einer gegenseitigen Blockade ausgewachsen. Manche Streitpunkte der Vergangenheit sind schon im Koalitionsvertrag abgeräumt: Die Vorratsdatenspeicherung soll kommen (dreimonatige Speicherfrist von IP-Adressen), die Befugnisse der Nachrichtendienste sollen erweitert werden. Auch einige Strafrechtsverschärfungen sind geplant, unter anderem sollen der Tatbestand der Volksverhetzung verschärft und Strafbarkeitslücken bei sexualisierter Gewalt geschlossen werden. Mit der Verschärfung des Sexualstrafrechts war Hubig schon in ihrer Zeit als Staatssekretärin befasst.

Am Beispiel der Migrationspolitik kann man ablesen, wie Hubig die Zusammenarbeit mit Dobrindt künftig gestalten will. Trotz der Aufregung in der eigenen Partei angesichts der Weisung, künftig an der Grenze auch Asylbewerber zurückzuweisen, hat sich die Justizministerin zunächst nicht öffentlich zu Wort gemeldet. Doch sie lässt auch keinen Zweifel daran, dass sie sich als Hüterin der rechtlichen (auch europarechtlichen) Vorgaben sieht. Den Weg über Artikel 72 AEUV sieht sie für möglich, bekundete sie nun in der FAZ, wies allerdings zugleich darauf hin, dass die Hürden für diese Ausnahmevorschrift hoch seien.

Der Wechsel von Johannes Dimroth ins Justizministerium soll helfen, die gedeihliche Zusammenarbeit der Häuser zu unterstützen und dabei zugleich möglichst konfliktarm den Interessen des BMJV Geltung verschaffen. Dimroth wird den neuen Posten des Ständigen Vertreters der Staatssekretärin einnehmen und sich mit Eva Schmierer die Aufgaben teilen. Der Beamte, der zuletzt stellvertretender Leiter des Bundespresseamts war, kommt ursprünglich aus dem BMI und ist dort noch bestens vernetzt.

Der Verbraucherschutz kehrt ins Justizministerium zurück. Friktionen sind unausweichlich, sie dürften aber geringer ausfallen als bei anderen Neuzuschnitten, denn von 2013 bis 2021 ressortierte die Abteilung bereits dort. Für Hubig dürften die Verbraucherschutzthemen hilfreich sein, um sich als Sozialdemokratin zu profilieren. Die Verlängerung der Mietpreisbremse ist ein erster Schritt. Der Gesetzentwurf ist bereits in der Frühkoordinierung, das Kabinett könnte ihn nächste Woche bereits beschließen.

Als Priorität ihrer Amtszeit hat Hubig selbst den Umgang mit der AfD bezeichnet. Dazu gehört nach ihrer Darstellung auch die Prüfung eines Parteiverbots. Doch die Ministerin mahnt zur Geduld, verweist auf die erforderliche gründliche Prüfung, die Auswertung des Verfassungsschutzgutachtens. Auch die Frage nach den Konsequenzen aus der Hochstufung als „gesichert rechtsextrem“ wird noch auf sich warten lassen müssen, denn zunächst müssen die Gerichte darüber entscheiden.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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