Analyse
Erscheinungsdatum: 12. Juni 2025

Berlin vor dem G7-Gipfel: Alles tun, damit nichts schiefgeht

Am Sonntag findet der G7 Gipfel in Kanada statt. Selten war die Zusammenarbeit der Länder so wichtig – und zugleich so fragil.

So sehr wie in diesem Jahr wurde ein G7-Gipfel wohl schon lange nicht mehr in Watte gepackt. Von Sonntag an treffen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigen Industriestaaten für drei Tage im kanadischen Alberta – und das Ziel ist vor allem, „Teamgeist“ zu demonstrieren, wie es in der Bundesregierung heißt. Denn selten war die Zusammenarbeit so wichtig – und zugleich so fragil. Eigentlich hoffen alle Beteiligten zuallererst, dass der Gipfel nicht eskaliert.

Was viel mit Donald Trump zu tun hat. Man will um jeden Preis vermeiden, dass der US-Präsident verärgert wird. Die Sorge darüber, dass in den USA dieser Tage in Kalifornien massive Proteste gegen die Abschiebe-Politik Trumps stattfinden, der Präsident sogar damit gedroht hat, den Gouverneur Gavin Newsom verhaften zu lassen, stößt zwar überall auf große Sorge, dürfte in Kanada aber trotzdem nicht sehr betont werden.

Höchste Priorität für Friedrich Merz ist, Trump dazu zu bewegen, die Ukraine weiter finanziell und militärisch zu unterstützen. Eine gemeinsame Erklärung zur Ukraine wird es kaum geben. Der Anspruch ist bescheiden. „Wenn wir den Status quo erhalten, sind wir gut“, heißt es in Regierungskreisen. In Berlin wird der G7-Gipfel als Zwischenetappe zum enorm wichtigen Nato-Gipfel Ende Juni gesehen. Die Europäer wollen auch den wirtschaftlichen Druck auf Russland erhöhen, aber sie machen sich keine Illusionen: Nur wenn Trump grünes Licht gibt, wird der US-Senat die schärferen Sanktionen beschließen.

Thema in Alberta sind auch die Handelsbeziehungen. Dabei dürfte Trumps konfrontative Zollpolitik gleich in der ersten Arbeitssitzung zur Lage der Weltwirtschaft zur Sprache kommen. Am Rande des Gipfels wird es auch Gelegenheiten für bilaterale Gespräche dazu geben, etwa zwischen Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Zeit drängt, die selbstgesetzte Frist für eine gütliche Lösung des Handelsstreits endet am 9. Juli.

Höher ist die Schnittmenge der Interessen beim Thema kritische Rohstoffe. Kanadas Premier Mark Carney will einen Aktionsplan vorlegen, um die enorme Abhängigkeit der westlichen Staaten von China zu adressieren. Darin sollen laut Diplomaten in Zusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens die Finanzierung zusätzlicher Produktionsstätten angesprochen werden, ebenso wie Umweltstandards. Peking hatte zuletzt die Muskeln spielen lassen gegenüber den USA und Europa, in dem es die Ausfuhr Seltener Erden nur schleppend genehmigte.

Auch den Klimaschutz wollen die kanadischen Gastgeber auf die G7-Agenda heben. Angesichts von Trumps Skepsis gehen sie dabei den Umweg über das greifbare Thema der Waldbrände. Ob man sich aber auf eine gemeinsame Erklärung dazu einigen kann, ist laut Diplomaten noch völlig offen. Selten bis nie ist dieses Treffen schon im Vorfeld von derart viel Sorge und Umgarnung eines US-Präsidenten geprägt gewesen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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