Berlin.Table Analyse Sozialpolitik

Altersarmut bei Frauen: Was Schweden besser macht

Die Rentenkommission soll einen Schwerpunkt auf die bessere Absicherung von Frauen setzen. Das nordische Land zeigt, wie das klappen könnte.

01. Dezember 2025
Gibt es genug Kinderbetreuung, gehen mehr Frauen arbeiten (picture alliance / SZ Photo/Florian Peljak)

Frauen in Deutschland arbeiten häufiger in Teilzeit und verdienen weniger, übernehmen dafür aber häufiger unbezahlte Sorgearbeit wie Kinderbetreuung und Pflege. Das sind die Kernursachen dafür, dass ihre Renten und Pensionen viel niedriger sind als die von Männern. Im Schnitt bekamen sie zuletzt rund 1.720 Euro brutto pro Monat – 600 Euro weniger. Dieser sogenannte Gender Pension Gap beträgt damit knapp 26 Prozent. Mitgezählt werden in den Zahlen des Statistischen Bundesamts Einkünfte aus privater Vorsorge sowie Hinterbliebenenrenten und -pensionen.

Klammert man Letztere aus, da sie von der Erwerbstätigkeit des Partners oder der Partnerin abhängen, beträgt die Lücke sogar knapp 37 Prozent. Immerhin: 2021 waren es noch 41 Prozent (rund 30 Prozent mit Hinterbliebenenrenten). Zwar verzeichnet Deutschland laut eines neuen Berichts den stärksten Rückgang beim Pension Gap unter allen OECD-Ländern: Von 43 Prozent 2007 auf die erwähnten 26 Prozent im vergangenen Jahr. Trotzdem hat sich an den problematischen Grundstrukturen wenig geändert: Knapp die Hälfte der Frauen hierzulande arbeitete 2024 in Teilzeit, in Schweden waren es rund 27 Prozent. Mit Kindern unter 6 Jahren waren es bei deutschen Müttern sogar mehr als 74 Prozent, bei älterem Nachwuchs nur gut zehn Prozent weniger.

In dem nordischen Land ist nicht alles besser, die geschlechtsspezifische Rentenlücke zum Beispiel ist ebenfalls recht hoch. Aber einige strukturelle Elemente zeigen, warum die Schweden dennoch weiter sind in Sachen Gleichstellung. Ein zentraler Grund: ein gut ausgebautes System an Kinderbetreuung und eine bessere Aufteilung der Sorgearbeit. Darum kann die große Mehrzahl der schwedischen Mütter arbeiten, zumeist eben in Vollzeit. Außerdem reduziert die sogenannte Garantierente – eine steuerfinanzierte Mindestsicherung – Altersarmut. Ein Zehntel der Über-65-Jährigen in dem skandinavischen Staat gelten als armutsgefährdet, in der Bundesrepublik sind es doppelt so viele.

Seit mehr als 50 Jahren hat Schweden außerdem kein Ehegattensplitting mehr, jeder wird individuell besteuert. Das erhöht die Anreize, arbeiten zu gehen. Berechnungen etwa des DIW zeigen, dass eine Abschaffung auch in Deutschland zu einer größeren Erwerbsbeteiligung führen würde – und zu mehr Steuereinnahmen. Erwerbsanreize gibt es ebenso in der Krankenversicherung: Ehepartner können in Schweden anders als hierzulande nicht beitragsfrei mitversichert werden.

Neben einer Übernahme der genannten Ansätze aus dem Norden gibt es verschiedene weitere Ideen zur Bekämpfung von weiblicher Altersarmut. So könnten Pflegezeiten stärker berücksichtigt werden analog zur „Mütterrente“, bisher hängt die Höhe der Anrechnung unter anderem vom Pflegegrad der betreuten Person ab. In seiner Stellungnahme zum Rentenpaket 2025 machte auch der Deutsche Frauenrat mehrere Vorschläge. Dazu gehören Verbesserungen bei der Grundrente und eine Stärkung der Tarifbindung „insbesondere in frauendominierten Branchen sowie die Verwirklichung des Equal-Pay-Grundsatzes, u.a. durch die zeitnahe Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie“.

Darüber hinaus betont der Rat, dass eine auskömmliche gesetzliche Rente die Geschlechtergerechtigkeit stärke. Demgegenüber vergrößere die zweite und dritte Alterssicherungssäule die Ungleichheit: Denn in den Berufen, in denen Frauen häufig arbeiten, gibt es selten Angebote zu Betriebsrenten. Und weil sie grundsätzlich weniger verdienen, haben sie weniger Möglichkeiten, in private Vorsorge zu investieren.

Für mögliche Lösungen verweist die Interessenvertretung der Frauenorganisationen auf den Koalitionsvertrag: Die Bundesregierung habe dort gute Vorschläge gemacht mit Blick auf das Ziel, eine faire Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zu stärken – darunter eine Weiterentwicklung des Elterngelds und eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gemacht. Jetzt gehe es darum, das zeitnah umzusetzen.

Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 01. Dezember 2025