Analyse
Erscheinungsdatum: 06. August 2023

AfD-Parteitag: Was in Magdeburg gesagt worden ist

ARCHIV - 29.07.2023, Sachsen-Anhalt, Magdeburg: AfD-Politikerin Sylvia Limmer spricht am 29.07.2023 auf der AfD- Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg.  (zu dpa: «AfD-Politikerin Limmer kritisiert eigene Partei scharf») Foto: Sebastian Willnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die bayrische AfD-Europapolitikerin Sylvia Limmer hat ihrer Partei in Magdeburg einen Spiegel vorgehalten: Nicht mehr pragmatisch, nicht mehr sachorientiert sei die Partei, sondern rechtsradikal. Wir dokumentieren ihre und weitere wesentliche Worte vom Bundesparteitag.

Bemerkenswerte Zitate liefern auf Parteitagen für gewöhnlich die besonders radikalen Köpfe der AfD. In Magdeburg sorgte eine Noch-EU-Abgeordnete aus Bayern mit mahnenden Worten für den größten Aufruhr. „Mich haben auf Befehl die strammen Höcke-Kader kaltgestellt als Abrechnung dafür, dass ich mitgestimmt habe, Kalbitz aus der Partei zu werfen“, sagte Sylvia Limmer nach ihrer gescheiterten Kandidatur für die Europawahl. „Glückwunsch, Herr Höcke. Ich bin dann mal weg.“

Die AfD hat in ihrer zehnjährigen Geschichte viele Kapitulationen erlebt. Parteigründer Bernd Lucke trat 2015 aus der Partei aus. Frauke Petry verließ die AfD 2017. Jörg Meuthen gab 2022 auf. Limmer wurde nun von der Liste für die Europawahl vertrieben, weil sie dem Parteiausschluss von Brandenburgs Ex-Landeschef Andreas Kalbitz zugestimmt hatte.

Die aktuelle Parteispitze gibt sich weitgehend geschlossen mit dem radikalen Flügel. Als „zutiefst undemokratisch und übergriffig“, bezeichnete Alice Weidel die EU in Magdeburg und entsprach damit dem AfD-Konsens, wenn auch in gemäßigteren Worten als das Höcke-Lager. Thüringens Landeschef sagte bei einem Interview auf dem Parteitag: „Diese EU muss sterben, damit Europa leben kann.“ Die EU sei „eine Globalisierungsagentur“, die „die vielfältige europäische Kultur“ gleichschalte.

Während der Parteitag zu Ende ging, unterstellte Co-Chef Tino Chrupalla der Bundesregierung im ZDF-Sommerinterview „modernen Feudalismus“ wegen des Anwerbens ausländischer Fachkräfte; mehr Nachwuchs solle den Mangel stattdessen begleichen. Bei seiner Parteitagsrede hatte Chrupalla sich verbal eher zurückgehalten, formulierte vor allem den unbedingten Regierungsanspruch seiner Partei.

Mit der Spitzenkandidatur von Maximilian Krah bestätigte die AfD vergangenes Wochenende ihre Scharnierfunktion ins rechtsextreme Lager. Beim zweiten Teil des Parteitags hat die AfD an diesem Wochenende diesen Kurs bestätigt.

Listenplatz 24 etwa besetzt Michael Schumann aus Hamburg - Mitglied der „Jungen Alternative“, die der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Schumann forderte in Magdeburg die „Remigration“, ein gängiges Schlagwort der rechtsextremen Identitäten Bewegung, diagnostizierte „Zersetzungserscheinungen“ in Deutschland.

Der bayrische AfD-Politiker Peter Junker forderte in seiner Rede: „Schützen wir das Beste, was wir haben, unsere Kinder (…) vor Perversitäten, vor Abartigkeit, vor staatlich geduldeten Kinderfickern.“

Anja Arndt aus Ostfriesland unterstellte der EU das Ziel, „Nationalstaaten abzuschaffen und einen totalitären Bundesstaat Europa zu errichten.“

Leyla Bilge kündigte an: „Wir werden Europa den Menschen zurückgeben, indem wir diese EU zerstören.“

Georg Hock aus Bayern formulierte es ähnlich: „Die EU muss sterben, damit unser Deutschland wieder leben darf.“

Tim Krause aus Brandenburg behauptete in seiner Rede: „Die Demokratie, wie wir sie mal kannten, ist längst nicht mehr existent. Wir stehen an der Schwelle einer Machtergreifung des neuen Totalitarismus.“

Derzeit sitzen neun AfD-Abgeordnete in Brüssel. Aktuellen Umfragen zufolge könnten es nach der nächsten Wahl doppelt so viele sein.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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