Analyse
Erscheinungsdatum: 01. Mai 2024

AfD: Krah feiert Wahlkampf-Auftakt in Sachsen nach

Es war der erste Wahlkampfauftritt nach den Spionagevorwürfen gegen seinen Mitarbeiter: Und Maximilian Krah verbreitete am Mittwoch in Dresden die Verschwörungserzählung, dass der Spionagevorwurf ein Versuch sei, die Opposition zu schwächen.

Nachdem die AfD-Bundesspitze Maximilian Krah wegen der Spionagevorwürfe gegen seinen Mitarbeiter beim offiziellen Europa-Wahlkampfauftakt nicht dabeihaben wollte, gab ihm die Sachsen-AfD am Tag der Arbeit die Gelegenheit, den Auftritt nachzuholen. Offiziell war es ein „Familienfest“ vor der Frauenkirche, das Krahs Dresdner Kreisverband ausrichtete. Allerdings mit politischen Reden. Und in Anwesenheit eines der AfD-Bundeschefs. Tino Chrupalla versuchte sich bei seiner Rede an einem Spagat – in Erscheinung zu treten und somit unweigerlich Akzeptanz für Krah zu vermitteln, aber ihn gleichzeitig mit keinem Wort zu erwähnen. Auch wenn Krah Spitzenkandidat seiner Partei für die Europawahl am 9. Juni ist.

Krah sprach auf der Bühne in Dresden nicht über seine Ausladung vom Auftakt-Event im baden-württembergischen Donaueschingen, sondern verbreitete lieber Verschwörungserzählungen. Er verwendete in seiner Rede viele Anekdoten und Schlussfolgerungen, die er in früheren Reden oder Interviews benutzt hatte. Dann leitete er aber von scharf vorgetragenen Vorwürfen gegen die Bundesregierung über zu den Spionagevorwürfen zugunsten Chinas gegen sich und seinen Mitarbeiter.

Dieselben Leute, die „Verarmung, Deindustrialisierung, Entrechtung, Ignoranz gegenüber den wichtigen, den wichtigen Bedürfnissen der Menschen“ verursachten, wollten nicht über Politik diskutieren, so Krahs Behauptung. „Liebe Freunde, sie wollen, dass ihr Spione sucht. Das ist deren Antwort auf unseren berechtigten Protest.“ Krah verglich die Bundesregierung mit dem kommunistischen Regime der 1950er-Jahre, das Spione gesucht habe, weil es die Wirtschaft nicht so aufrichten habe können wie im Westen. „Kapitalistische Kartoffelkäfer von damals sind die Spione von heute.“ Die Regierung wolle mit Spionen die Opposition zersetzen – eine Verschwörungserzählung der AfD, die sie in verschiedenen Variationen immer wieder verbreitet: Die Bundesregierung missbrauche ihre Institutionen, um gegen die Opposition vorzugehen.

Krah räumte ein: „Natürlich sind Spione ein Problem. Wir wollen nicht ausgeforscht werden.“ Natürlich gebe es Spione in Deutschland. „Und natürlich gibt es auch Spione in der AfD vom Verfassungsschutz. Und vermutlich gab es auch einen Spion in meinem Büro und ich werde das nicht kleinreden. Wir werden es aufarbeiten, wir werden es aufklären und wir werden euch Rechenschaft ablegen.“ Nach diesem kurzen Schlenker zu den Vorwürfen fand Krah schnell zur selbstbewussten Angriffs-Rhetorik gegen die anderen zurück. Deindustrialisierung, offene Grenzen und Ukrainekrieg, so Krah, seien kein Werk von Spionen, sondern von „unfähigen Politikern“.

Die versammelte Menge goutierte Krahs Worte mit energischem Jubel und Applaus. Die Junge Alternative hielt Poster hoch, auf denen Parolen wie „volle Krahft voraus“, Mehr Demokrahtie wagen“ oder „Unser Krahnzler“ standen. Der Landesverband Sachsen steht ungeachtet mehrerer schwerwiegender Vorwürfe zu Krah; auch AfD- und JA-Mitglieder aus anderen Bundesländern waren angereist. Und eine Reihe sächsischer Bundestagsabgeordneter, die andere, kritischere Stimmen in der Fraktion als „Parteisoldaten“ bezeichnen; etwa Steffen Janich (der 2021 nach Suspendierung aus dem Polizeidienst wegen der Organisation illegaler Corona-Demos direkt in den Bundestag einzog), Mike Moncsek, Karsten Hilse und Matthias Moosdorf, der als einer der größten Russland-Fans in der Fraktion gilt und immer wieder nach Moskau fährt.

Tino Chrupalla gilt weder als großer Fan noch größter Kritiker Krahs in der Fraktion. Er soll sich dort nach den Vorwürfen zunächst eher schmallippig geäußert haben. So kommt Krahs Name auch in Chrupallas Worten am 1. Mai nicht vor. Gerade nach dem Auftritt Krahs wirkt Chrupallas Rede rhetorisch eher schwächer, weniger frei vorgetragen, oft gehört und doch noch mit teils stockenden Worten: die Grünen als größter Feind der deutschen Wirtschaft, Michael Kretschmer als größter „politischer Raubkopierer“ der AfD, Ursula von der Leyen als in die EU abgeschobene Skandal-Produzentin der CDU. Vom eigenen Kandidaten Krah kein Wort, dafür zu China. Als Nächstes wollten die Grünen Deutschland von China abkoppeln, das wichtigster Handelspartner Deutschlands sei, so Chrupalla: „Ich sage ganz ehrlich, Verbindungen und Kontakte, das ist Völkerverständigung. Und es ist immer besser, gute Kontakte in die Welt zu haben, als Konflikte zu suchen und sich in einen Krieg hineinziehen zu lassen.“

Krah wirkt wegen der Vorwürfe ganz und gar nicht angeschlagen. Der Spiegel berichtet von einer internen E-Mail, in der auch Sachsen-Anhalts AfD-Verband ihm seine Solidarität versichert. Der Wunsch der Parteispitze, Krah möge sich bis zum 9. Juni weitgehend aus dem Europawahlkampf heraushalten, könnte den Kampf gegen eigene Leute bedeuten.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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