Gerade zwischen SPD und Grünen sind unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit straffälligen Afghanen zu erkennen. „Für mich ist klar, dass Personen, die eine potenzielle Gefahr für die Sicherheit Deutschlands sind, schnell abgeschoben werden müssen“, sagte Nancy Faeser am Dienstag. Die Sicherheitsinteressen Deutschlands seien höher zu bewerten als das Bleibeinteresse von Betroffenen. Annalena Baerbock stimmte zwar darin überein, „dass Täter, die massive Straftaten begangen haben, beschleunigt zurückgeführt werden“. Doch fragte sie, wie Deutschland mit einem islamistischen Terrorregime zusammenarbeiten wolle, zu dem es keine Beziehung unterhält. Und wie man verhindern wolle, dass Abgeschobene von dort den nächsten Anschlag planen. „Nicht zuletzt schulden wir es den Opfern, dass die Täter für ihre Strafe im Gefängnis büßen und Mörder nicht in Afghanistan auf freien Fuß gesetzt werden.“
Das Innenministerium bestätigte Table.Briefings, dass seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 „nach Kenntnis der Bundesregierung keine Abschiebungen nach Afghanistan“ erfolgt seien.Dass der Bund die dafür zuständigen Länder nicht bei Abschiebungen nach Afghanistan unterstützen könne, so das Ministerium, habe seinerzeit Innenminister Horst Seehofer durchgesetzt. Er habe damals auch die Begleitung durch die Bundespolizei aufgrund unsicherer Bedingungen eingestellt, erklärte Baerbock.
Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt schrieb auf X, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen „uns und widerlichen Islamisten gibt“: „Wir bestrafen nicht mit Grausamkeit, Entwürdigung oder Tod. Wir bestrafen mit der Härte des Rechts. Und die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Für die Grünen sind Asylfragen noch heikler als für SPD und FDP. Vergangenen Sommer entbrannte angesichts der GEAS-Reform offener Streit in der Partei.
Torsten Frei, erster PGF der Unionsfraktion, widersprach der Darstellung, Abschiebungen seien wegen fehlenden Kontakts zu Taliban nicht möglich. Für die Ausreise von schutzbedürftigen Afghanen, die meisten von ihnen frühere Mitarbeiter oder Helfer der Bundeswehr, gebe es seit langem „technische Kontakte“, unter anderem, weil die Ausreisewilligen offizielle Pässe brauchen. „Wenn diese technischen Kontakte dafür funktionieren, muss man sie auch für Abschiebungen nach Afghanistan nutzen können“, so Frei. Nach Ansicht der Union müssen Abschiebungen schwerer Straftäter nicht nur nach Afghanistan, sondern auch nach Syrien umgehend wieder stattfinden. Am Donnerstag will auch Olaf Scholz sich in einer Regierungserklärung zur Sicherheitslage äußern.