Executive Summary
Erscheinungsdatum: 13. November 2025

Wo deutsche Unternehmen bei KI gewinnen können – und wo die Probleme liegen

Dort punkten, wo die Stärken liegen: Bei Industrial AI werden Deutschland große Chancen zugesprochen. (picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer)

KI und Digitalisierung ziehen Kapital an: Blackrock sieht Chancen, Siemens baut Ökosysteme, Google und Telekom investieren Milliarden. Wer jetzt auf Daten setzt, könnte den KI-Markt in Deutschland prägen.

Deutschland hat eine Chance bei künstlicher Intelligenz – aber nur, wenn Unternehmen ihre Daten nicht wie Kronjuwelen horten. „Ein Modell ist nur so gut wie die Daten, mit denen es trainiert wird“, sagt Peter Körte, Mitglied des Vorstands sowie Chief Technology Officer und Chief Strategy Officer bei Siemens. „Vor einem Jahr hätte niemand seine Daten geteilt. Heute erkennen sie: Wir sitzen auf einem Schatz, den wir allein nicht heben können.“

Siemens setzt auf branchenübergreifende Ökosysteme – etwa in der Automobil-, Luftfahrt- oder Maschinenbauindustrie. „Die Daten verlassen nie das Unternehmen. Wir werden das Modell so trainieren, dass Partner ihre Daten einbringen können, aber niemand rückschließen kann, was der andere beigetragen hat.“ Ein Durchbruch, der erst seit kurzem Realität wird, sagt Körte. „Es gibt Mechanismen wie Vektorisierung, mit denen keine Vertraulichkeit gefährdet wird.“ Weiteres Hindernis aus Sicht des Siemens-Managers: „In Europa diskutieren wir gerade über den AI Act. Viele fürchten Überregulierung. Maschinen müssen sicher sein – das regelt bereits die Maschinenrichtlinie.“

Dass Deutschland beim Thema künstliche Intelligenz zunehmend an Bedeutung gewinnt, beobachtet Blackrock-DACH-CEO Dirk Schmitz im Gespräch mit Table.Briefings. Er verweist darauf, dass die Portfolio-Manager des Vermögensverwalters besonders dort Chancen sehen, wo Unternehmen ihre Geschäftsmodelle mithilfe von KI und digitalen Technologien grundlegend weiterentwickeln können. Digitalisierung und KI gehörten daher zu den Themen, die aus seiner Sicht künftig verstärkt Investitionen anziehen werden.

Wie viel sich Unternehmen den Schritt hin zu KI kosten lassen, zeigt eine aktuelle Studie von Oxford-Economics im Auftrag von SAP. Demnach fließen in diesem Jahr im Durchschnitt 29,8 Millionen Euro pro Unternehmen in KI-Projekte. Die Mehrheit plant, ihre Ausgaben bis 2027 um 37 Prozent zu erhöhen. Zugleich rechnen die Unternehmen damit, dass sich der Return on Investment bis 2027 nahezu verdoppelt.

Allerdings lässt sich mit künstlicher Intelligenz allein bisher kein Geld verdienen. OpenAI, der Anbieter von ChatGPT, ist nach eigenen Angaben trotz stark wachsender Umsätze weiterhin nicht profitabel. Palantir-CEO Alex Karp warnte unlängst auf dem Yahoo-Finance-Invest-Event, dass in großen Teilen des KI-Marktes die enormen Entwicklungskosten den Nutzen kaum rechtfertigen.

Zumal 95 Prozent der internationalen KI-Projekte scheitern. Trotz 30 bis 40 Milliarden US-Dollar Investitionen in generative KI erreichen nur fünf Prozent der Unternehmensprojekte messbare Erfolge. Die aktuelle MIT-Studie „The GenAI Divide: State of AI in Business“ zeigt: 80 Prozent haben Angebote wie ChatGPT oder Copilot getestet, 60 Prozent prüften maßgeschneiderte Enterprise-Lösungen – aber nur 20 Prozent starteten Pilotprojekte, und lediglich fünf Prozent erreichten den Produktivbetrieb. Der Grund liegt nicht in mangelnder Technologie, sondern in fehlender Lernfähigkeit der Systeme: „Die meisten KI-Tools lernen nicht aus unserem Feedback“, so die Kritik.

Für Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass dieser Investitionsschub auf eine strukturelle Schwäche trifft: die unzureichende digitale Infrastruktur. Während hierzulande laut einer Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom 2025 rund drei Gigawatt Rechenzentrumsleistung installiert sein werden und bis 2030 etwa fünf Gigawatt erreicht werden sollen, verfügten die USA bereits 2024 über rund 48 Gigawatt und China über rund 38 Gigawatt. Beide Länder bauen ihre Kapazitäten zudem deutlich schneller aus – der Abstand zu Deutschland wächst damit weiter.

Deutschland könne bei der KI-Infrastruktur durchaus noch aufholen, sagt Telekom-CEO Tim Höttges. „Die anderen haben auch ihre Data Center noch nicht gebaut. In Amerika sind riesige Ankündigungen gemacht worden, aber jetzt müssen die erst mal ihre Kapazitäten auch in den Markt bringen.“ Volker Zimmermann, Senior Economist bei der KfW, fügt hinzu: „KI gewinnt im Unternehmenssektor zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig ist die Kapazität an Rechenzentren, die für KI geeignet sind, knapp. Daher sind Investitionen in solche Rechenzentren zu begrüßen“.

Zuletzt wurden zwei große Projekte angekündigt, die diese Lücke verringern sollen:

  • Google will bis 2029 rund 5,5 Milliarden Euro in den Ausbau seiner digitalen Infrastruktur investieren – darunter ein neues Rechenzentrum in Dietzenbach sowie Erweiterungen in Hanau.

  • Die Deutsche Telekom und Nvidia planen in München eine KI-Fabrik mit rund 10.000 Grafikprozessoren, die die Rechenzentrumskapazität in Deutschland um etwa 50 Prozent erhöhen soll. Unternehmen sollen dort künftig digitale Zwillinge, Simulationen und eigene KI-Anwendungen vollständig auf deutscher Infrastruktur entwickeln können.

Weitere KI-Großprojekte mit deutscher Beteiligung sind nach Informationen von Table.Briefings bereits geplant.

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Letzte Aktualisierung: 15. November 2025

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