Table.Standpunkt
Erscheinungsdatum: 13. September 2025

Reiz und Risiken der Reichensteuer

„Menschen, die sehr hohe Vermögen und Einkommen haben, sollten ihren Teil dazu beitragen, dass es in dieser Gesellschaft gerechter zugeht“, hat Finanzminister Lars Klingbeil gesagt. Er will Steuererhöhungen für Reiche „nicht ausschließen“.

Die Linkspartei findet, dass es keine Milliardäre geben soll. Sie will die Erbschaftssteuer für besonders große Vermögen auf 60 Prozent erhöhen. Es finden sich auch Freunde bei der CDU. Denn in Zeiten leerer Kassen und eines riesigen Finanzierungsbedarfs für Sozialleistungen, Verteidigung und Infrastruktur sind Reichen-, Vermögens- und Erbschaftssteuern einfach reizvoll.

Das gilt auch deshalb, weil seit der Jahrtausendwende die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank den Wert von Unternehmensanteilen und Immobilien stark nach oben getrieben hat, sodass viel zu holen ist. Gleichzeitig hat das dauerhafte Niedrigzinsumfeld auf die Produktivitätsgewinne und damit auf die Löhne gedrückt. Bankeinlagen haben sich lange inflationsbereinigt negativ verzinst, worunter die Mittelschicht gelitten hat.

Die steigenden Preise haben für viele Menschen in Deutschland Immobilien unerschwinglich gemacht und die Mieten nach oben getrieben. Warum nicht kräftig zurückumverteilen? Doch es gibt Risiken. Greift der Staat auf Anteile von Unternehmen zu, dann wird er selbst zum Unternehmer. Der Sozialismus hat gezeigt, dass dies eigentlich für alle von Nachteil ist.

Besteuert der Staat mit einer Vermögens- oder Erbschaftssteuer Immobilien, dann sinken deren Renditen ab. Die Mieten müssen steigen oder es wird weniger gebaut. Der Wohnraum wird schlechter und knapp. Greift der Staat auf die Bankeinlagen zu, dann reduziert er die Ersparnisse, mit denen die Banken Investitionen und Bauprojekte finanzieren.

Und noch viel tiefer wirkt der Vertrauensverlust. In Frankreich trieb die Reichensteuer von François Hollande 2012 unter anderem Gérard Depardieu in Richtung Russland aus dem Land. Nach der Abschaffung des „Non-Dom-Status“ verlassen nun scharenweise Millionäre das Vereinigte Königreich.

Da die zusätzlichen Steuern die Fortführung überbordender Sozialleistungen ermöglichen, können die Politiker notwendige Reformen verschieben. Weil dies das Wachstum bremst, steigt der Druck auf die Zentralbank, fortbestehende Finanzierungslücken durch Staatsanleihekäufe zu schließen. Die daraus resultierende Inflation trifft in erster Linie Menschen mit kleinen Budgets, während Reiche auf steigende Vermögenspreise hoffen können.

Will man den sozialen Frieden zurück, dann braucht es einen schlanken Staat und eine stabile Währung, die zusammen Wohlstand für alle erzeugen können.

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Letzte Aktualisierung: 13. September 2025

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