CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 13. September 2025

IAA: Wann autonomes Fahren endlich auf die Straße kommt

Alex Kendall, CEO von Wayve.
Alex Kendall, CEO von Wayve. (Wayve)

Viele neue Modelle gab es auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in München. Was seit Jahren aber nur ein Teaser bleibt: echtes autonomes Fahren. Dabei wäre insbesondere Deutschland bei der Gesetzgebung schon bereit.

Jahrzehntelang setzten Entwickler von Systemen zum autonomen Fahren auf traditionelle Ansätze mit vorprogrammierten Verhaltensregeln. Doch diese Methoden stoßen nun an ihre Grenzen. „Letztendlich kommt es darauf an, wie gut diese Systeme auf unbekannte Szenarien verallgemeinern können“, sagt Alex Kendall, CEO des britischen KI-Unternehmens Wayve, im Gespräch mit Table.Briefings.

Die Antwort sieht er in Deep-Learning-Systemen, die durch künstliche Intelligenz selbstständig Entscheidungen treffen. Das soll das eigene Angebot auch von Konkurrenten wie dem US-amerikanischen Waymo oder der israelischen Tech-Firma Mobileye abheben.

In Deutschland testet Wayve bereits eine Fahrzeugflotte rund um Stuttgart. Die Fahrzeuge nutzen kostengünstige Sensortechnik – Kameras, Radar und einen einzelnen LiDAR-Sensor vorne –, die auch in Serienfahrzeugen einsetzbar ist. Die ersten Systeme ermöglichen „Hands-off“- und „Eyes-off“-Fahren – Level-2- und Level-3-Autonomie, bei der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen und teilweise sogar den Blick von der Straße wenden können.

Deutschland gehört zu den ersten Ländern mit Level-4-Gesetzgebung für autonomes Fahren. Kendall sieht die strengen Vorschriften als Vorteil: „Wir begrüßen klare regulatorische Rahmen. Das ist sehr wichtig bei der Einführung dieser Technologie.“ Die Regulierung müsse aber technologieagnostisch bleiben, um Innovation nicht zu behindern.

Eine Milliarde Euro hat Wayve allein in der letzten Finanzierungsrunde zur Verfügung gestellt bekommen. Das Geld kommt unter anderem von Nvidia oder dem japanischen Megafonds Softbank. Damit gehört das Unternehmen zu den wichtigsten KI-Unternehmen Europas. Das lässt auch die deutschen Automobilhersteller aufhorchen.

Wayve hat dieses Jahr sein Entwicklungszentrum in Leonberg bei Stuttgart eröffnet. Vom deutschen Standort aus betreibt Wayve bereits eine Entwicklungsflotte, die „kreuz und quer durch Deutschland und tatsächlich ganz Europa“ fährt. Die Fahrzeuge haben Testfahrten in Frankreich, Italien und Spanien absolviert.

Die Herausforderung liege nicht mehr in Technologie oder Regulierung, sondern in der Produktintegration: „Die Zusammenarbeit zur Integration und Homologation dieser Produkte in Serienfahrzeuge wird jetzt zum kritischen Pfad.“

Die Entscheidung, Wayve in Europa statt im Silicon Valley zu gründen, erweise sich rückblickend als strategisch klug. „Es war wirklich gesund für uns, außerhalb der Silicon-Valley-Blase zu sein, weil es uns ermöglichte, einen damals noch in den Kinderschuhen steckenden Ansatz zu entwickeln“, sagt Kendall. 2017 prognostizierten viele eine schnelle Markteinführung autonomer Fahrzeuge: „Weil wir in Europa waren, konnten wir sagen: Nein, wir denken, das ist falsch.“

Zentrales Thema bei der IAA in diesem Jahr für Kendall sei die Beschleunigung der Entwicklung: „Die Rate, mit der die Fähigkeiten unserer KI wachsen, übersteigt unsere internen Erwartungen.“ Die jahrelangen Investitionen der Automobilhersteller in software-definierte Fahrzeuge tragen nun Früchte. Jetzt gehe es darum, die richtige Balance zwischen Geschwindigkeit und den notwendigen Sicherheitsstandards zu finden.

Beim eigenen Großprojekt in London will sich Kendall allerdings nicht auf einen schnellen Zeitrahmen festlegen. In der britischen Hauptstadt will Wayve zusammen mit Uber Robotaxis starten, offiziell gab es nun grünes Licht für das Frühjahr 2026. „Wir haben keine Timeline angekündigt, wann wir diesen Service der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen werden.“

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Letzte Aktualisierung: 13. September 2025

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