Table.Briefing: Security

Wiederaufbau in der Ukraine: Deutsche zurückhaltend + Drohnen-Staffeln als Teil der regulären Armee + Offene Türen für Assad

Liebe Leserin, lieber Leser,

wieder starben mehrere Zivilisten in dieser Woche nach russischen Raketen- und Drohnenattacken in der Ukraine. Doch trotz dieses Terrors blickt die Ukraine in die Zukunft und wirbt für den Wiederaufbau. Der soll nach dem Willen des EU-Beitrittskandidaten auf der Grundlage europäischer Standards erfolgen und auch deutsche Unternehmen auf den Plan rufen. Mit welchen Hürden sie dabei kämpfen und welche Chancen sie haben, hat mir Gerit Schulze erzählt, der für die Bundesgesellschaft Germany Trade & Invest den ukrainischen Markt beobachtet.

Dass Drohnen in allen künftigen militärischen Konflikten eine große Rolle spielen, ist inzwischen ein Allgemeinplatz. Was das konkret bedeutet, zeigt die Ukraine: Als erste Armee integriert sie Drohnen-Staffeln systematisch in die Landstreitkräfte. Eine Zusammenfassung dieser Entwicklung liefern Nana Brink und ich.

Seit genau zwölf Jahren dauert nun der Krieg in Syrien an und ist zumindest medial ein wenig aus dem Fokus geraten. Umso wichtiger ist es, worauf Markus Bickel in seiner Analyse hinweist: Für den Diktator Baschar al-Assad öffnen sich immer mehr Türen. Selbst die EU weicht ihre strikte Isolationspolitik auf.

In unserer Presseschau konzentrieren wir uns heute auf den Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei seinem russischen Kollegen Wladimir Putin. Die Analysten sind sich sicher: Moskau gerät in immer größere Abhängigkeit von Peking. Aber auch für westliche Demokratien ist diese Beziehung problematisch.

Ihr
Viktor Funk
Bild von Viktor  Funk

Analyse

“Ich habe von keinem Unternehmen gehört, das den Markt komplett aufgegeben hätte”

Wiederaufbau in der Ukraine. GTAI liefert Analyse.
Gerit Schulze beobachtet für die GTAI den ukrainischen Markt.

Herr Schulze, Wiederaufbau in der Ukraine – das Thema ist trotz des andauernden Krieges auf der Tagesordnung der deutschen Politik, in verschiedenen Formaten werden konkrete Schritte geplant. Aber sind denn auch deutsche Unternehmen bereit, große Risiken in der Ukraine einzugehen?

Man muss unterscheiden zwischen Unternehmen, die vor Kriegsausbruch schon da waren und die das Land erst neu für sich entdecken. Der Schock im Februar 2022 hatte alle erfasst. Manche Unternehmen, ein großer deutscher Baustoffhersteller im Donbass zum Beispiel, waren direkt vom Krieg betroffen. Einzelhandelszentren wurden von Raketen zerstört, man hörte auch von getöteten Mitarbeitern. Viele deutsche Firmen haben ihre ukrainischen Mitarbeiter und ihre Familien aus dem Land gebracht. Aber es blieben auch viele in der Ukraine. Die Menschen standen vor den Toren der Fabriken und wollten weiterarbeiten. Und spätestens nach der Wiederaufbau-Konferenz in Lugano im Juli war klar, dass wohl die meisten deutschen Unternehmen sich nicht komplett verabschieden. Im Gegenteil, die Ukraine hat deutlich gemacht, dass sie sich beim Wiederaufbau an den Standards der EU orientieren will und damit Interesse geweckt.   

Manche Unternehmen gingen dennoch …

Stark betroffen waren die Autozulieferer, die haben ihre Produktionen teilweise in die Slowakei, nach Tschechien und sogar Marokko verlegt. Sie müssen ihre Produktionen flexibel halten und produzieren nach aktuellem Bedarf, das war besonders wegen der schwankenden Energieversorgung schwierig. Aber ich habe bisher trotzdem von keinem Unternehmen gehört, das den Markt komplett aufgegeben hätte.

Mit welchen Hürden müssen deutsche Unternehmen denn jetzt in der Ukraine kämpfen?

Im vergangenen Jahr brach die Wirtschaft im Land um 30 Prozent ein. Für deutsche Unternehmen, die für den lokalen Markt produzieren, bedeutet das eine gesunkene Kaufkraft. Die Reallöhne gingen um ein Fünftel zurück. Die Logistik ist stark betroffen, Fahrer fehlen, LKW fehlen, Kapazitäten auf der Schiene fehlen, die Häfen waren blockiert, die Seewege vermint, Mitarbeiter sind im Ausland oder an der Front, Vorprodukte sind teurer geworden. Unternehmen konnten auch lange nicht im Mehrschichtenbetrieb arbeiten, weil der Strom oft ausfiel. Arbeit war teilweise nur nachts möglich. Inzwischen ist die Situation anders. In vielen Gebieten hat es schon länger keine Stromabschaltungen mehr gegeben.

Handel mit der Ukraine

Seit vergangenem Oktober attackiert Russland kritische zivile Infrastruktur in der Ukraine. Wie wirkt das auf die Stimmung in der Wirtschaft?

Die Angst, ohne Strom auskommen zu müssen, war im Herbst sehr groß, als die massiven Raketen- und Drohnenangriffe auf zivile Ziele begannen. Für 80 Prozent der Unternehmen waren die Stromausfälle das größte Geschäftshindernis. Das zeigen monatliche Umfragen des Kiewer Institute for Economic Research. Im Februar lag dieser Wert dann bei 68 Prozent. Das ist immer noch hoch, aber der Trend geht nach unten. Am schwierigsten ist es weiterhin für Betriebe in Charkiw oder in Sumy, die sehr nah an der Front sind.

Gibt es konkrete neue Investitionsprojekte deutscher Unternehmen?

In Lwiw zum Beispiel entsteht ein großes Rehabilitationszentrum mit einer eigenen Produktion von Prothesen, die traurigerweise dringend gebraucht werden. Das deutsche Unternehmen Ottobock engagiert sich dort ebenso wie ein britischer Hersteller. Deutschland ist ohnehin schon einer der wichtigsten Lieferanten für Medizintechnik. Und wenn die Ukraine ihre Krankenhäuser neu aufbaut, wird natürlich modernste Technik gefragt sein.

Es gibt Berichte über stark verminte landwirtschaftliche Flächen, wie wird sich das auf die Erträge auswirken?

Die Landwirte setzen jetzt stärker auf Ölsaaten, weniger auf Getreide, Mais und Kartoffeln. Und es gibt den Anspruch, in Zukunft mehr Produkte im Land zu verarbeiten, also nicht nur Agrarrohstoffe zu exportieren. Bei Lebensmittelmaschinen oder Verpackungstechnik sind deutsche Unternehmen ebenfalls führend und gefragt.

Sind es Unternehmen, die aus Russland rausgehen und in die Ukraine reingehen oder waren sie vorher schon in beiden Ländern präsent?

Viele hatten sowohl in Russland als auch in der Ukraine eigene Landesgesellschaften. Es war ja schon seit 2014 schwierig, von Moskau aus den ukrainischen Markt zu bearbeiten. Und jetzt schauen die ukrainischen Partner genauer hin, ob ein ausländisches Unternehmen auch in Russland präsent ist. Es gibt Forderungen, sie dann von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen oder eine Sondersteuer zu erheben. Wenn ein deutsches Unternehmen russische Eigentümer hat, kann das auch zu einem Problem werden. Die Ukrainer prüfen genau, wer von Kooperationen und Investitionen profitiert, das erhöht den bürokratischen Aufwand.

Sichert Deutschland die Investitionen in das Kriegsland eigentlich noch ab?

Es gibt weiterhin die Investitionsgarantien des Bundes auch für die Ukraine. Viele Unternehmen denken, dass in Kriegszeiten solche Garantien nicht mehr vergeben werden. Aber es gibt sie. Im vergangenen Jahr wurden für die Ukraine immerhin drei Garantieanträge genehmigt. Und die Gebühr, die ein Unternehmen dafür entrichtet, ist auf dem Stand von vor dem Krieg. Wenn also eine Fabrik durch Kriegshandlungen zerstört wird, bekommen die Investoren ihr Geld zurück. Auch die Exportgarantien für Liefergeschäfte, die sogenannten Hermesdeckungen, gibt es weiterhin.

Engagieren sich andere Länder beim Wiederaufbau stärker als Deutschland?

Es läuft eher so, dass regionale Partnerschaften entstehen. Großbritannien will sich zum Beispiel um Kiew und die Region Kiew kümmern, die baltischen Republiken wollen beim Aufbau in Schytomyr helfen, Dänemark der Stadt Mykolajiw. Es gibt einige solcher regionalen Projekte. Deutschland hat bisher aber noch keine Region oder Stadt konkret benannt.

Gerit Schulze (49) berichtet für die Bundesgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) über Geschäftsmöglichkeiten auf Auslandsmärkten. Bis zum Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine war er für die GTAI in Moskau und analysierte den russischen Markt. Seit April 2022 ist er Senior Manager Ukraine und informiert deutsche Unternehmen über die Wirtschaftsentwicklung in der Ukraine.

  • Deutschland
  • GTAI
  • Ukraine-Krieg

Ukrainische Armee baut eigene Drohnen-Staffeln aus

Ende Februar drangen ukrainische Drohnen überraschend tief in den russischen Luftraum ein. Eine Drohne ukrainischer Bauart soll in einem Dorf hundert Kilometer vor Moskau niedergegangen sein. Die Attacke hat eines gezeigt: Die ukrainischen Drohnen-Entwickler kommen ihrem Ziel, die bodengestützte russische Flugabwehr zu umgehen, anscheinend immer näher.

Wie der “Economist” diese Woche enthüllte, hat die ukrainische Armee als erste der Welt Drohnen-Staffeln mit eigenem Kommandanten und Besatzung in ihre Brigaden integriert. Laut der britischen Zeitschrift sind es 60 Staffeln mit neuen Angriffsdrohnen. Sie werden in der Ukraine hergestellt und können Bomben oder Raketen über mehrere hundert Kilometer zu ihrem Ziel transportieren. Eine anonyme Quelle aus der ukrainischen Rüstungsindustrie bestätigte dem “Economist”, dass die Armee in den kommenden Wochen “erhebliche hochtechnologische Fähigkeiten” erhalten werde. Woher diese kommen, wurde nicht erwähnt.

Ein Netzwerk soll die Produktion vorantreiben

Wie der stellvertretende ukrainische Ministerpräsident Mykhailo Fedorow mitteilte, hat das Verteidigungsministerium eine neue Abteilung geschaffen, die die Drohnen-Produktion im eigenen Land koordinieren soll. Die Rede ist von einem “Cluster”, das ukrainische Militärtechnik mit internationalen Unternehmen und Kapital zusammenführen soll. Ulrike Franke, Drohnen-Expertin beim European Council on Foreign Relations (ECFR)  misst vor allem den zivilen ukrainischen Drohnen-Systemen eine große Bedeutung zu: “Die Ukrainer zeigen da viel Erfindungsgeist und Ingenieurskunst, bauen teils Systeme mit einfachsten Mitteln, oder setzten hoch-qualitative Zivildrohnen erfolgreich militärisch ein.”

Franke geht davon, dass die Ukraine ein Testfeld für den Einsatz von Drohnen ist. “Das geht von kleinen Systemen, oft auch zivil, zu größeren, teils bewaffneten Drohnen. Was fehlt, sind die großen Militärdrohnen wie zum Beispiel die amerikanischen Reaper. Ansonsten haben wir fast alles. Im militärischen Bereich unter anderem die bewaffnete türkische Bayraktar TB2. Wir haben auch die sogenannten “Kamikaze-Drohnen”, also Loitering Munition, “herumlungernde Munition”, die die Amerikaner mit der Switch Blade an die Ukraine gesandt haben.”

Mangel an Raketen beschleunigt die Entwicklung der Drohnen

Der Krieg in der Ukraine entwickelt sich wie kein anderer auch zu einem Drohnen-Krieg. Unzählige Videos auf pro-ukrainischen und auch pro-russischen Telegram-Kanälen zeigen deren Einsatz, der nicht zuletzt auch eine starke psychologische Wirkung hat.

Sowohl die Ukraine als auch Russland haben ähnliche Probleme bei der Herstellung der Drohnen: technische Elemente, wie etwa Motoren oder Navigationssysteme, die importiert werden müssten. Zwei Kriegsparteien wetteifern um dieselbe Ware auf dem globalen Markt.  

Und es gibt noch eine Parallele: Während Russland die eigenen Raketen ausgehen und neue nicht so schnell nachproduziert werden können, erhält die Ukraine von den westlichen Unterstützern keine Raketen für weite Distanzen – aus Sorge, sie würden gegen Ziele weit im russischen Hinterland eingesetzt werden. Und so sorgt ausgerechnet ein Mangel an bestimmten Waffen für die rasche Entwicklung neuer, die viel günstiger und nicht weniger verheerend sind. Mit Viktor Funk

  • Russland
  • Ukraine-Krieg

EU weicht Isolation von Assad weiter auf

Geopolitische Verschiebungen in Nahost und das Erdbeben im eigenen Land haben den 57-jährigen Kriegspräsidenten zuletzt zurück ins diplomatische Geschäft gebracht. Deutlichster Ausdruck der Rehabilitierung des Regimes war der Staatsempfang für Assad in Abu Dhabi am Sonntag – im Beisein von Assads Gattin Asma.

Das Ende der Isolation Assads bahnt sich seit längerem an – ungeachtet der Tatsache, dass das Regime für den Tod von geschätzt 300.000 Zivilisten seit Kriegsbeginn 2011 verantwortlich ist und 150.000 Menschen in Syrien vermisst werden. So sicherte die internationale Gemeinschaft bei einer Geberkonferenz in Brüssel am Montag Syrien knapp eine Milliarde an Zuschüssen für die Bewältigung der Erdbebenkatastrophe zu, 108 Millionen Euro kommen von der EU.

Rehabilitierung des Regimes

Weitere Hilfe für das Land soll bei einer Geberkonferenz im Juni gesammelt werden, wovon Assad abermals profitieren dürfte. Weil die EU wegen des repressiven Vorgehens des Regimes prinzipiell nicht für den Wiederaufbau des Landes aufkommen will, beschränkte sie ihre Hilfe bislang auf humanitäre Unterstützung und den notwendigsten Wiederaufbau, etwa für Reparatur von Wasserleitungen. Von dieser Linie weicht die EU durch die Erdbebenhilfen immer weiter ab.

Die Verbündeten des Westens in Nahost haben ihren Isolationskurs ohnehin schon aufgegeben. So erfährt Assad Unterstützung nicht nur vom mächtigen Präsidenten der Emirate, Mohammed bin Zayed Al Nahyan. Auch die anderen Staaten des Golf-Kooperationsrats (GCC) arbeiten offen an einer Rehabilitierung Assads. Zwei Wochen nach den Beben besuchte er Mitte Februar den Oman. Das Land wirbt für eine Rückkehr Syriens in die Arabische Liga. Die Mitgliedschaft war 2011 ausgesetzt worden, nachdem syrische Regierungstruppen die Proteste im Land gewaltsam niedergeschlagen hatten.

Von 2011 bis 2021 war Assad nur in die verbündeten Länder Russland und Iran gereist, ehe er im März 2022 erstmals die Vereinigten Arabischen Emirate besuchte. Damals allerdings noch ohne Gattin. Nächstes Ziel Assads dürfte Riad sein. Der saudi-arabische Außenminister, Faisal bin Farhan, räumte im Februar bei einem Besuch in Deutschland ein, dass die Isolation Syriens die Region in eine “Sackgasse” geführt habe. “In der arabischen Welt gibt es einen Konsens darüber, dass der Status quo nicht funktioniert und dass wir einen anderen Ansatz finden müssen”, sagte er. “Welcher Ansatz das sein soll, wird derzeit noch ausgearbeitet.”

  • EU
  • Syrien
  • Vereinigte Arabische Emirate

News

Frankreich bildet Ukrainer an Mirage-Jets aus

Rund 30 Angehörige des ukrainischen Militärs werden seit eineinhalb Monaten an Mirage 2000-Kampfjets ausgebildet. Das bestätigte das französische Verteidigungsministerium dem Figaro. Die Ausbildung des “Personals der Luftwaffe” finde auf den Luftwaffenbasen in Mont-de-Marsan und Nancy statt. Der Sprecher der französischen Luftwaffe sagte, dass derzeit keine Pilotenausbildung stattfinde, ein weiterer Sprecher ergänzte, dass die Ukrainer in Boden-Luft-Verteidigung und Überlebenstraining im Falle eines Flugzeugabsturzes geschult würden. Die Entscheidung, die Ukrainer auszubilden, sei vor dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 8. Februar getroffen worden, berichtet die französische Zeitung.

Ende Februar hatte eine französische Abgeordnete bei einer Befragung von Verteidigungsminster Sébastien Lecornu im Senat das Gerücht angesprochen, dass die französische Luftwaffe in Polen ukrainische Piloten ausbilde. Lecornu sagte da, dass Gespräche mit Ukrainern bezüglich Flugzeugen und Ausbildung liefen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bei mehreren Gelegenheiten betont, dass es bei der Unterstützung der Ukraine “keine Tabus” gebe. Eine Bestätigung, dass Mirage-Kampfjets aus Frankreich geliefert würden, steht aber noch aus.

Slowakei liefert erste Kampfflugzeuge

Bei der Lieferung der Mirages dürfte es sich um einen symbolischen Akt handeln, die Flieger werden in Frankreich nicht mehr produziert, ebenso wie ihre Munition, was eine intensive Nutzung im Gefecht ausschließe, schreibt der Figaro in Berufung auf eine Quelle, die mit Details vertraut sei.

Polen und die Slowakei hatten vergangene Woche angekündigt, die Ukraine mit MiG-Kampfjets auszustatten. Gestern gab der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad auf Facebook bekannt, dass die ersten vier Maschinen der Ukraine übergeben worden seien. Die Ukraine wünscht sich F-16-Kampfjets, die USA schließen das noch aus, haben aber Anfang März mit der Ausbildung ukrainischer Piloten begonnen. Auch das Vereinigte Königreich hat angekündigt, ukrainische Piloten ausbilden zu wollen. Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine rund 60 Kampfjets verloren. bub

  • Frankreich
  • Ukraine-Krieg

Bundeswehr soll mehr als 100 Radpanzer mit Maschinenkanone aus Australien erhalten

Das Verteidigungsministerium will aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr mehr als 100 Radpanzer vom Typ Boxer mit einer 30mm-Maschinenkanone beschaffen. Dazu haben Deutschland und Australien eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, wie das Ministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Die Gefechtsfahrzeuge des Typs «Schwerer Waffenträger Infanterie» aus australischer Fertigung sollen im Deutschen Heer das Waffensystem Wiesel 2 ablösen, ein kleines Panzerfahrzeug auf Ketten. Die Fertigung des Gefechtsfahrzeugs läuft nach Angaben des Ministeriums derzeit an. Ziel sei es, erste Fahrzeuge 2025 zu erhalten. dpa

  • Bundeswehr
  • Rüstung

Presseschau

Podcast: SWP – Gefährliche Eskalation. Was die Rivalität zwischen den USA und China für die internationale Politik bedeutet: Im Konflikt zwischen den USA und China geht es nicht nur um Taiwan. Angela Stanzel und Johannes Thimm beleuchten, welche innenpolitischen Motive auf chinesischer und amerikanischer Seite dahinter stehen, was Xi Jinping tut, um den “chinesischen Traum” zu erfüllen und warum sich die Beziehungen im US-amerikanischen Wahlkampf weiter verschlechtern könnten. Dazu haben sie auch eine Studie verfasst. Der Podcast dauert 30 Minuten.

The Economist – Russia’s reliance on China will outlast Vladimir Putin, says Alexander Gabuev (Paywall): Russland ist bald abhängiger von China, als es je von Europa war, sagt der Leiter des Russland-Eurasien-Programms der Carnegie-Stiftung. In ein paar Jahren werde der Westen seine wirtschaftlichen Verbindungen nach Russland gekappt haben und die russische Wirtschaft sich zu einem neuen Modell gewandelt haben – ärmer und auf technologisch niedrigerem Niveau, aber nachhaltig. Der große Gewinner in dieser asymmetrischen Freundschaft wäre China, das von russischer Militärtechnologie profitieren könnte.

Süddeutsche Zeitung – “Wir dürfen niemals die nationale Demütigung vergessen” (Paywall): Freundschaft zwischen politischen Spitzen bedeutet noch nicht, dass die Bevölkerung alte Konflikte vergisst. Am Grenzfluss Amur kämpften früher Chinesen gegen Russen. Erst 2008 einigten sich die Länder auf den aktuellen Grenzverlauf. In der Region gibt es ein Geschichtsmuseum, in das keine Russen dürfen. Reportage aus einer Grenzregion, in der man viel über das chinesisch-russische Verhältnis lernen kann.

Politico – Europe’s China policy will shape transatlantic relations: Europa steht an einem Scheidepunkt und damit auch die transatlantischen Beziehungen, sagt der amerikanische Politikwissenschaftler Andrew A. Michta. Politische Entscheidungen in Europa würden in den kommenden 20 bis 30 Jahren von den wirtschaftlichen Beziehungen zu China geprägt. Wie sich US-Amerikaner um Europas bzw. Deutschlands Verhältnis zu Peking sorgen.

Nikki Haley – China Wins if Russia Conquers Ukraine: Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley gibt in einem Beitrag auf ihrer Website und im Wall Street Journal einen Eindruck, welche Richtung der amerikanische Wahlkampf nehmen wird. Sie fordert Unterstützung für die Ukraine und argumentiert damit, dass damit ein Zeichen an China gesendet würde. Ein Sieg Kiews würde die USA sicherer machen, “ohne einen einzigen amerikanischen Soldaten zu gefährden”.

China.Table – Xi und Putins gemeinsames Papier dokumentiert Chinas Dominanz (Paywall): Die Abschlusserklärung des Xi-Putin-Gipfels dokumentiert Russlands Schwäche gegenüber China, schreibt Frank Sieren. Er fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus der gemeinsamen Erklärung zusammen. Über die chinesische Art der Kritik und wie China versucht, den russischen Nachbarn zum Einlenken zu bewegen. Fazit: 5:2 für Peking.

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wieder starben mehrere Zivilisten in dieser Woche nach russischen Raketen- und Drohnenattacken in der Ukraine. Doch trotz dieses Terrors blickt die Ukraine in die Zukunft und wirbt für den Wiederaufbau. Der soll nach dem Willen des EU-Beitrittskandidaten auf der Grundlage europäischer Standards erfolgen und auch deutsche Unternehmen auf den Plan rufen. Mit welchen Hürden sie dabei kämpfen und welche Chancen sie haben, hat mir Gerit Schulze erzählt, der für die Bundesgesellschaft Germany Trade & Invest den ukrainischen Markt beobachtet.

    Dass Drohnen in allen künftigen militärischen Konflikten eine große Rolle spielen, ist inzwischen ein Allgemeinplatz. Was das konkret bedeutet, zeigt die Ukraine: Als erste Armee integriert sie Drohnen-Staffeln systematisch in die Landstreitkräfte. Eine Zusammenfassung dieser Entwicklung liefern Nana Brink und ich.

    Seit genau zwölf Jahren dauert nun der Krieg in Syrien an und ist zumindest medial ein wenig aus dem Fokus geraten. Umso wichtiger ist es, worauf Markus Bickel in seiner Analyse hinweist: Für den Diktator Baschar al-Assad öffnen sich immer mehr Türen. Selbst die EU weicht ihre strikte Isolationspolitik auf.

    In unserer Presseschau konzentrieren wir uns heute auf den Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei seinem russischen Kollegen Wladimir Putin. Die Analysten sind sich sicher: Moskau gerät in immer größere Abhängigkeit von Peking. Aber auch für westliche Demokratien ist diese Beziehung problematisch.

    Ihr
    Viktor Funk
    Bild von Viktor  Funk

    Analyse

    “Ich habe von keinem Unternehmen gehört, das den Markt komplett aufgegeben hätte”

    Wiederaufbau in der Ukraine. GTAI liefert Analyse.
    Gerit Schulze beobachtet für die GTAI den ukrainischen Markt.

    Herr Schulze, Wiederaufbau in der Ukraine – das Thema ist trotz des andauernden Krieges auf der Tagesordnung der deutschen Politik, in verschiedenen Formaten werden konkrete Schritte geplant. Aber sind denn auch deutsche Unternehmen bereit, große Risiken in der Ukraine einzugehen?

    Man muss unterscheiden zwischen Unternehmen, die vor Kriegsausbruch schon da waren und die das Land erst neu für sich entdecken. Der Schock im Februar 2022 hatte alle erfasst. Manche Unternehmen, ein großer deutscher Baustoffhersteller im Donbass zum Beispiel, waren direkt vom Krieg betroffen. Einzelhandelszentren wurden von Raketen zerstört, man hörte auch von getöteten Mitarbeitern. Viele deutsche Firmen haben ihre ukrainischen Mitarbeiter und ihre Familien aus dem Land gebracht. Aber es blieben auch viele in der Ukraine. Die Menschen standen vor den Toren der Fabriken und wollten weiterarbeiten. Und spätestens nach der Wiederaufbau-Konferenz in Lugano im Juli war klar, dass wohl die meisten deutschen Unternehmen sich nicht komplett verabschieden. Im Gegenteil, die Ukraine hat deutlich gemacht, dass sie sich beim Wiederaufbau an den Standards der EU orientieren will und damit Interesse geweckt.   

    Manche Unternehmen gingen dennoch …

    Stark betroffen waren die Autozulieferer, die haben ihre Produktionen teilweise in die Slowakei, nach Tschechien und sogar Marokko verlegt. Sie müssen ihre Produktionen flexibel halten und produzieren nach aktuellem Bedarf, das war besonders wegen der schwankenden Energieversorgung schwierig. Aber ich habe bisher trotzdem von keinem Unternehmen gehört, das den Markt komplett aufgegeben hätte.

    Mit welchen Hürden müssen deutsche Unternehmen denn jetzt in der Ukraine kämpfen?

    Im vergangenen Jahr brach die Wirtschaft im Land um 30 Prozent ein. Für deutsche Unternehmen, die für den lokalen Markt produzieren, bedeutet das eine gesunkene Kaufkraft. Die Reallöhne gingen um ein Fünftel zurück. Die Logistik ist stark betroffen, Fahrer fehlen, LKW fehlen, Kapazitäten auf der Schiene fehlen, die Häfen waren blockiert, die Seewege vermint, Mitarbeiter sind im Ausland oder an der Front, Vorprodukte sind teurer geworden. Unternehmen konnten auch lange nicht im Mehrschichtenbetrieb arbeiten, weil der Strom oft ausfiel. Arbeit war teilweise nur nachts möglich. Inzwischen ist die Situation anders. In vielen Gebieten hat es schon länger keine Stromabschaltungen mehr gegeben.

    Handel mit der Ukraine

    Seit vergangenem Oktober attackiert Russland kritische zivile Infrastruktur in der Ukraine. Wie wirkt das auf die Stimmung in der Wirtschaft?

    Die Angst, ohne Strom auskommen zu müssen, war im Herbst sehr groß, als die massiven Raketen- und Drohnenangriffe auf zivile Ziele begannen. Für 80 Prozent der Unternehmen waren die Stromausfälle das größte Geschäftshindernis. Das zeigen monatliche Umfragen des Kiewer Institute for Economic Research. Im Februar lag dieser Wert dann bei 68 Prozent. Das ist immer noch hoch, aber der Trend geht nach unten. Am schwierigsten ist es weiterhin für Betriebe in Charkiw oder in Sumy, die sehr nah an der Front sind.

    Gibt es konkrete neue Investitionsprojekte deutscher Unternehmen?

    In Lwiw zum Beispiel entsteht ein großes Rehabilitationszentrum mit einer eigenen Produktion von Prothesen, die traurigerweise dringend gebraucht werden. Das deutsche Unternehmen Ottobock engagiert sich dort ebenso wie ein britischer Hersteller. Deutschland ist ohnehin schon einer der wichtigsten Lieferanten für Medizintechnik. Und wenn die Ukraine ihre Krankenhäuser neu aufbaut, wird natürlich modernste Technik gefragt sein.

    Es gibt Berichte über stark verminte landwirtschaftliche Flächen, wie wird sich das auf die Erträge auswirken?

    Die Landwirte setzen jetzt stärker auf Ölsaaten, weniger auf Getreide, Mais und Kartoffeln. Und es gibt den Anspruch, in Zukunft mehr Produkte im Land zu verarbeiten, also nicht nur Agrarrohstoffe zu exportieren. Bei Lebensmittelmaschinen oder Verpackungstechnik sind deutsche Unternehmen ebenfalls führend und gefragt.

    Sind es Unternehmen, die aus Russland rausgehen und in die Ukraine reingehen oder waren sie vorher schon in beiden Ländern präsent?

    Viele hatten sowohl in Russland als auch in der Ukraine eigene Landesgesellschaften. Es war ja schon seit 2014 schwierig, von Moskau aus den ukrainischen Markt zu bearbeiten. Und jetzt schauen die ukrainischen Partner genauer hin, ob ein ausländisches Unternehmen auch in Russland präsent ist. Es gibt Forderungen, sie dann von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen oder eine Sondersteuer zu erheben. Wenn ein deutsches Unternehmen russische Eigentümer hat, kann das auch zu einem Problem werden. Die Ukrainer prüfen genau, wer von Kooperationen und Investitionen profitiert, das erhöht den bürokratischen Aufwand.

    Sichert Deutschland die Investitionen in das Kriegsland eigentlich noch ab?

    Es gibt weiterhin die Investitionsgarantien des Bundes auch für die Ukraine. Viele Unternehmen denken, dass in Kriegszeiten solche Garantien nicht mehr vergeben werden. Aber es gibt sie. Im vergangenen Jahr wurden für die Ukraine immerhin drei Garantieanträge genehmigt. Und die Gebühr, die ein Unternehmen dafür entrichtet, ist auf dem Stand von vor dem Krieg. Wenn also eine Fabrik durch Kriegshandlungen zerstört wird, bekommen die Investoren ihr Geld zurück. Auch die Exportgarantien für Liefergeschäfte, die sogenannten Hermesdeckungen, gibt es weiterhin.

    Engagieren sich andere Länder beim Wiederaufbau stärker als Deutschland?

    Es läuft eher so, dass regionale Partnerschaften entstehen. Großbritannien will sich zum Beispiel um Kiew und die Region Kiew kümmern, die baltischen Republiken wollen beim Aufbau in Schytomyr helfen, Dänemark der Stadt Mykolajiw. Es gibt einige solcher regionalen Projekte. Deutschland hat bisher aber noch keine Region oder Stadt konkret benannt.

    Gerit Schulze (49) berichtet für die Bundesgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) über Geschäftsmöglichkeiten auf Auslandsmärkten. Bis zum Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine war er für die GTAI in Moskau und analysierte den russischen Markt. Seit April 2022 ist er Senior Manager Ukraine und informiert deutsche Unternehmen über die Wirtschaftsentwicklung in der Ukraine.

    • Deutschland
    • GTAI
    • Ukraine-Krieg

    Ukrainische Armee baut eigene Drohnen-Staffeln aus

    Ende Februar drangen ukrainische Drohnen überraschend tief in den russischen Luftraum ein. Eine Drohne ukrainischer Bauart soll in einem Dorf hundert Kilometer vor Moskau niedergegangen sein. Die Attacke hat eines gezeigt: Die ukrainischen Drohnen-Entwickler kommen ihrem Ziel, die bodengestützte russische Flugabwehr zu umgehen, anscheinend immer näher.

    Wie der “Economist” diese Woche enthüllte, hat die ukrainische Armee als erste der Welt Drohnen-Staffeln mit eigenem Kommandanten und Besatzung in ihre Brigaden integriert. Laut der britischen Zeitschrift sind es 60 Staffeln mit neuen Angriffsdrohnen. Sie werden in der Ukraine hergestellt und können Bomben oder Raketen über mehrere hundert Kilometer zu ihrem Ziel transportieren. Eine anonyme Quelle aus der ukrainischen Rüstungsindustrie bestätigte dem “Economist”, dass die Armee in den kommenden Wochen “erhebliche hochtechnologische Fähigkeiten” erhalten werde. Woher diese kommen, wurde nicht erwähnt.

    Ein Netzwerk soll die Produktion vorantreiben

    Wie der stellvertretende ukrainische Ministerpräsident Mykhailo Fedorow mitteilte, hat das Verteidigungsministerium eine neue Abteilung geschaffen, die die Drohnen-Produktion im eigenen Land koordinieren soll. Die Rede ist von einem “Cluster”, das ukrainische Militärtechnik mit internationalen Unternehmen und Kapital zusammenführen soll. Ulrike Franke, Drohnen-Expertin beim European Council on Foreign Relations (ECFR)  misst vor allem den zivilen ukrainischen Drohnen-Systemen eine große Bedeutung zu: “Die Ukrainer zeigen da viel Erfindungsgeist und Ingenieurskunst, bauen teils Systeme mit einfachsten Mitteln, oder setzten hoch-qualitative Zivildrohnen erfolgreich militärisch ein.”

    Franke geht davon, dass die Ukraine ein Testfeld für den Einsatz von Drohnen ist. “Das geht von kleinen Systemen, oft auch zivil, zu größeren, teils bewaffneten Drohnen. Was fehlt, sind die großen Militärdrohnen wie zum Beispiel die amerikanischen Reaper. Ansonsten haben wir fast alles. Im militärischen Bereich unter anderem die bewaffnete türkische Bayraktar TB2. Wir haben auch die sogenannten “Kamikaze-Drohnen”, also Loitering Munition, “herumlungernde Munition”, die die Amerikaner mit der Switch Blade an die Ukraine gesandt haben.”

    Mangel an Raketen beschleunigt die Entwicklung der Drohnen

    Der Krieg in der Ukraine entwickelt sich wie kein anderer auch zu einem Drohnen-Krieg. Unzählige Videos auf pro-ukrainischen und auch pro-russischen Telegram-Kanälen zeigen deren Einsatz, der nicht zuletzt auch eine starke psychologische Wirkung hat.

    Sowohl die Ukraine als auch Russland haben ähnliche Probleme bei der Herstellung der Drohnen: technische Elemente, wie etwa Motoren oder Navigationssysteme, die importiert werden müssten. Zwei Kriegsparteien wetteifern um dieselbe Ware auf dem globalen Markt.  

    Und es gibt noch eine Parallele: Während Russland die eigenen Raketen ausgehen und neue nicht so schnell nachproduziert werden können, erhält die Ukraine von den westlichen Unterstützern keine Raketen für weite Distanzen – aus Sorge, sie würden gegen Ziele weit im russischen Hinterland eingesetzt werden. Und so sorgt ausgerechnet ein Mangel an bestimmten Waffen für die rasche Entwicklung neuer, die viel günstiger und nicht weniger verheerend sind. Mit Viktor Funk

    • Russland
    • Ukraine-Krieg

    EU weicht Isolation von Assad weiter auf

    Geopolitische Verschiebungen in Nahost und das Erdbeben im eigenen Land haben den 57-jährigen Kriegspräsidenten zuletzt zurück ins diplomatische Geschäft gebracht. Deutlichster Ausdruck der Rehabilitierung des Regimes war der Staatsempfang für Assad in Abu Dhabi am Sonntag – im Beisein von Assads Gattin Asma.

    Das Ende der Isolation Assads bahnt sich seit längerem an – ungeachtet der Tatsache, dass das Regime für den Tod von geschätzt 300.000 Zivilisten seit Kriegsbeginn 2011 verantwortlich ist und 150.000 Menschen in Syrien vermisst werden. So sicherte die internationale Gemeinschaft bei einer Geberkonferenz in Brüssel am Montag Syrien knapp eine Milliarde an Zuschüssen für die Bewältigung der Erdbebenkatastrophe zu, 108 Millionen Euro kommen von der EU.

    Rehabilitierung des Regimes

    Weitere Hilfe für das Land soll bei einer Geberkonferenz im Juni gesammelt werden, wovon Assad abermals profitieren dürfte. Weil die EU wegen des repressiven Vorgehens des Regimes prinzipiell nicht für den Wiederaufbau des Landes aufkommen will, beschränkte sie ihre Hilfe bislang auf humanitäre Unterstützung und den notwendigsten Wiederaufbau, etwa für Reparatur von Wasserleitungen. Von dieser Linie weicht die EU durch die Erdbebenhilfen immer weiter ab.

    Die Verbündeten des Westens in Nahost haben ihren Isolationskurs ohnehin schon aufgegeben. So erfährt Assad Unterstützung nicht nur vom mächtigen Präsidenten der Emirate, Mohammed bin Zayed Al Nahyan. Auch die anderen Staaten des Golf-Kooperationsrats (GCC) arbeiten offen an einer Rehabilitierung Assads. Zwei Wochen nach den Beben besuchte er Mitte Februar den Oman. Das Land wirbt für eine Rückkehr Syriens in die Arabische Liga. Die Mitgliedschaft war 2011 ausgesetzt worden, nachdem syrische Regierungstruppen die Proteste im Land gewaltsam niedergeschlagen hatten.

    Von 2011 bis 2021 war Assad nur in die verbündeten Länder Russland und Iran gereist, ehe er im März 2022 erstmals die Vereinigten Arabischen Emirate besuchte. Damals allerdings noch ohne Gattin. Nächstes Ziel Assads dürfte Riad sein. Der saudi-arabische Außenminister, Faisal bin Farhan, räumte im Februar bei einem Besuch in Deutschland ein, dass die Isolation Syriens die Region in eine “Sackgasse” geführt habe. “In der arabischen Welt gibt es einen Konsens darüber, dass der Status quo nicht funktioniert und dass wir einen anderen Ansatz finden müssen”, sagte er. “Welcher Ansatz das sein soll, wird derzeit noch ausgearbeitet.”

    • EU
    • Syrien
    • Vereinigte Arabische Emirate

    News

    Frankreich bildet Ukrainer an Mirage-Jets aus

    Rund 30 Angehörige des ukrainischen Militärs werden seit eineinhalb Monaten an Mirage 2000-Kampfjets ausgebildet. Das bestätigte das französische Verteidigungsministerium dem Figaro. Die Ausbildung des “Personals der Luftwaffe” finde auf den Luftwaffenbasen in Mont-de-Marsan und Nancy statt. Der Sprecher der französischen Luftwaffe sagte, dass derzeit keine Pilotenausbildung stattfinde, ein weiterer Sprecher ergänzte, dass die Ukrainer in Boden-Luft-Verteidigung und Überlebenstraining im Falle eines Flugzeugabsturzes geschult würden. Die Entscheidung, die Ukrainer auszubilden, sei vor dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 8. Februar getroffen worden, berichtet die französische Zeitung.

    Ende Februar hatte eine französische Abgeordnete bei einer Befragung von Verteidigungsminster Sébastien Lecornu im Senat das Gerücht angesprochen, dass die französische Luftwaffe in Polen ukrainische Piloten ausbilde. Lecornu sagte da, dass Gespräche mit Ukrainern bezüglich Flugzeugen und Ausbildung liefen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bei mehreren Gelegenheiten betont, dass es bei der Unterstützung der Ukraine “keine Tabus” gebe. Eine Bestätigung, dass Mirage-Kampfjets aus Frankreich geliefert würden, steht aber noch aus.

    Slowakei liefert erste Kampfflugzeuge

    Bei der Lieferung der Mirages dürfte es sich um einen symbolischen Akt handeln, die Flieger werden in Frankreich nicht mehr produziert, ebenso wie ihre Munition, was eine intensive Nutzung im Gefecht ausschließe, schreibt der Figaro in Berufung auf eine Quelle, die mit Details vertraut sei.

    Polen und die Slowakei hatten vergangene Woche angekündigt, die Ukraine mit MiG-Kampfjets auszustatten. Gestern gab der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad auf Facebook bekannt, dass die ersten vier Maschinen der Ukraine übergeben worden seien. Die Ukraine wünscht sich F-16-Kampfjets, die USA schließen das noch aus, haben aber Anfang März mit der Ausbildung ukrainischer Piloten begonnen. Auch das Vereinigte Königreich hat angekündigt, ukrainische Piloten ausbilden zu wollen. Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine rund 60 Kampfjets verloren. bub

    • Frankreich
    • Ukraine-Krieg

    Bundeswehr soll mehr als 100 Radpanzer mit Maschinenkanone aus Australien erhalten

    Das Verteidigungsministerium will aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr mehr als 100 Radpanzer vom Typ Boxer mit einer 30mm-Maschinenkanone beschaffen. Dazu haben Deutschland und Australien eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, wie das Ministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Die Gefechtsfahrzeuge des Typs «Schwerer Waffenträger Infanterie» aus australischer Fertigung sollen im Deutschen Heer das Waffensystem Wiesel 2 ablösen, ein kleines Panzerfahrzeug auf Ketten. Die Fertigung des Gefechtsfahrzeugs läuft nach Angaben des Ministeriums derzeit an. Ziel sei es, erste Fahrzeuge 2025 zu erhalten. dpa

    • Bundeswehr
    • Rüstung

    Presseschau

    Podcast: SWP – Gefährliche Eskalation. Was die Rivalität zwischen den USA und China für die internationale Politik bedeutet: Im Konflikt zwischen den USA und China geht es nicht nur um Taiwan. Angela Stanzel und Johannes Thimm beleuchten, welche innenpolitischen Motive auf chinesischer und amerikanischer Seite dahinter stehen, was Xi Jinping tut, um den “chinesischen Traum” zu erfüllen und warum sich die Beziehungen im US-amerikanischen Wahlkampf weiter verschlechtern könnten. Dazu haben sie auch eine Studie verfasst. Der Podcast dauert 30 Minuten.

    The Economist – Russia’s reliance on China will outlast Vladimir Putin, says Alexander Gabuev (Paywall): Russland ist bald abhängiger von China, als es je von Europa war, sagt der Leiter des Russland-Eurasien-Programms der Carnegie-Stiftung. In ein paar Jahren werde der Westen seine wirtschaftlichen Verbindungen nach Russland gekappt haben und die russische Wirtschaft sich zu einem neuen Modell gewandelt haben – ärmer und auf technologisch niedrigerem Niveau, aber nachhaltig. Der große Gewinner in dieser asymmetrischen Freundschaft wäre China, das von russischer Militärtechnologie profitieren könnte.

    Süddeutsche Zeitung – “Wir dürfen niemals die nationale Demütigung vergessen” (Paywall): Freundschaft zwischen politischen Spitzen bedeutet noch nicht, dass die Bevölkerung alte Konflikte vergisst. Am Grenzfluss Amur kämpften früher Chinesen gegen Russen. Erst 2008 einigten sich die Länder auf den aktuellen Grenzverlauf. In der Region gibt es ein Geschichtsmuseum, in das keine Russen dürfen. Reportage aus einer Grenzregion, in der man viel über das chinesisch-russische Verhältnis lernen kann.

    Politico – Europe’s China policy will shape transatlantic relations: Europa steht an einem Scheidepunkt und damit auch die transatlantischen Beziehungen, sagt der amerikanische Politikwissenschaftler Andrew A. Michta. Politische Entscheidungen in Europa würden in den kommenden 20 bis 30 Jahren von den wirtschaftlichen Beziehungen zu China geprägt. Wie sich US-Amerikaner um Europas bzw. Deutschlands Verhältnis zu Peking sorgen.

    Nikki Haley – China Wins if Russia Conquers Ukraine: Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley gibt in einem Beitrag auf ihrer Website und im Wall Street Journal einen Eindruck, welche Richtung der amerikanische Wahlkampf nehmen wird. Sie fordert Unterstützung für die Ukraine und argumentiert damit, dass damit ein Zeichen an China gesendet würde. Ein Sieg Kiews würde die USA sicherer machen, “ohne einen einzigen amerikanischen Soldaten zu gefährden”.

    China.Table – Xi und Putins gemeinsames Papier dokumentiert Chinas Dominanz (Paywall): Die Abschlusserklärung des Xi-Putin-Gipfels dokumentiert Russlands Schwäche gegenüber China, schreibt Frank Sieren. Er fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus der gemeinsamen Erklärung zusammen. Über die chinesische Art der Kritik und wie China versucht, den russischen Nachbarn zum Einlenken zu bewegen. Fazit: 5:2 für Peking.

    Security.Table Redaktion

    SECURITY.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen