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Wohnungsbau ist Infrastruktur

von Christian König

Deutschland will investieren – eine Billion Euro für Infrastruktur. Doch was ist mit der Infrastruktur, in der Menschen leben, nicht nur arbeiten? Bezahlbarer Wohnraum ist Fundament sozialer Stabilität und wirtschaftlicher Dynamik. Ohne Wohnungen keine Fachkräfte, ohne Eigentum keine Altersvorsorge. Wer über Brücken spricht, darf das Zuhause nicht vergessen.

Die Lage ist ernst. 2024 wurden nur noch rund 250.000 Wohnungen fertiggestellt. Im Vergleich zum Vorjahr brachen die Baugenehmigungen um 17 % ein – bei Eigentumswohnungen um rund 45 %, bei Ein- und Zweifamilienhäusern sogar um je knapp 60 % seit 2021. Der Bedarf dagegen liegt laut IW Köln bei jährlich 355.000 Wohnungen. Schätzungen gehen von bis zu 800.000 fehlenden Wohnungen aus. Wir brauchen jährlich zusätzlich 20 Milliarden Euro Investitionen, um den Neubau wieder in Gang zu bringen.

Aber es geht nicht nur um Neubau. Für die energetische Sanierung des Gebäudebestands sind laut Agora Energiewende jährlich 33 bis 66 Milliarden Euro nötig. Auch hier braucht es Verlässlichkeit – in Planung, Finanzierung und Förderung.

Die neue Bundesregierung muss jetzt handeln – entschlossen, gezielt und mutig. Diese fünf Schritte sind entscheidend für eine echte Wohnwende:

1.       Wohnungsbau als Infrastrukturpolitik verankern.

Das milliardenschwere Infrastrukturpaket muss gezielt Mittel für Wohnungsbau und Eigentumsförderung reservieren – analog zu Investitionen in Verkehrsnetze oder Digitalisierung. Wohnraum ist gesellschaftliche Infrastruktur.

2.       Eigentum für Normalverdiener ermöglichen.

Die Grunderwerbsteuer für den Ersterwerb bis 500.000 Euro muss entfallen. Diese Maßnahme ist sofort umsetzbar und erleichtert vor allem jungen Familien den Einstieg. Eigentumsbildung ist eine systemische Frage – auch für die Altersvorsorge.

3.       Bauen einfacher und billiger machen.

Der Gebäudetyp E kann Baukosten um bis zu 30 % senken. Digitale Genehmigungsverfahren mit verbindlichen Fristen (wie in Bayern) und standardisierte Prozesse sind überfällig. Das 100-Tage-Programm der Bundesregierung setzt wichtige Impulse – jetzt müssen sie in der Fläche wirken.

4.       Förderstrukturen stabilisieren – statt immer neu zu erfinden.

Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmersparzulage, Wohn-Riester: Diese Instrumente wirken – aber sie müssen an Inflation und Einkommen angepasst, entbürokratisiert und langfristig gesichert werden. Stabile Förderung schafft Vertrauen.

5.       Privates Kapital mobilisieren – mit Bausparen als Schlüssel.

Der Staat allein kann die Investitionen nicht stemmen. Jeder Euro Förderung aktiviert ein Vielfaches an privatem Vermögen. Bausparen mobilisiert langfristiges Kapital: 21 Millionen Verträge mit einer Bausparsumme von knapp einer Billion Euro stehen bereit. 2024 wurden rund 40 Milliarden Euro für Neubau, Erwerb und energetische Sanierung ausgereicht.

Eigentum ist kein Luxus – es ist Fundament der Mitte.

Die Wohneigentumsquote in Deutschland liegt bei nur 43 % – damit sind wir Schlusslicht in der EU, wo der Durchschnitt bei 70 % liegt. Eigentum entlastet Mietmärkte (Sickereffekt), stabilisiert Regionen, verringert Altersarmut. Rentner in den eigenen vier Wänden sparen im Schnitt 669 Euro Miete pro Monat.

Die neue Bundesregierung hat die Chance, eine echte Wohnwende einzuleiten. Aber das gelingt nur mit konsequenter Infrastrukturpolitik, entschlossener Eigentumsförderung und einem klaren Bekenntnis zu langfristiger Verlässlichkeit. Wir brauchen keine neuen Programme – wir brauchen den politischen Willen, funktionierende Instrumente mutig zu stärken.

Autor: Christian König ist Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Bausparkassen e. V.

Die neue Regierung steht. Wie sind Planungen und erste Umsetzungsschritte zu bewerten? Wir stellen im Table.Forum Regierungsagenda die Impulse wichtiger Stimmen aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Interessengruppen öffentlich und kompakt zur Diskussion.

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