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Tempo sorgt für Taten

von David Preisendanz

Wenn ich mit meiner Partei in vier Jahren wieder vor die Wähler trete, dann möchte ich das mit einer Bilanz tun, bei der die Wähler sagen: „Die Politik hat endlich die großen Herausforderungen unserer Zeit angepackt. Deutschland geht es besser.“ Dafür braucht es durchgreifende Veränderung – vor allem in der Wirtschafts-, Sicherheits- und Migrationspolitik.

Das Gute ist: Vielfach müssen wir das Rad gar nicht neu erfinden. Bill Clinton hat nicht nur den berühmten Satz geprägt: „It’s the economy, stupid!“ Er hat den USA auch den bis dahin längsten Konjunkturaufschwung ihrer Geschichte beschert. Das Bündel an Maßnahmen ist bekannt: Infrastruktur- und Innovationsförderung, Einsparungen sowie gezielte Steuersenkungen, ein aktivierender Sozialstaat und eine von Überregulierung befreite Wirtschaft. Und nicht zuletzt wettbewerbsfähige Energiepreise. Wir müssen also das Rad nicht neu erfinden, es aber mit guter Wirtschaftspolitik dringend wieder zum Laufen bringen.

Und hier wäre schon viel geholfen, wenn wir die Unternehmen, die Menschen im Alltag, einfach mal wieder machen ließen. Mehr Vertrauen, weniger Vorschriften. Mehr digitalisieren, weniger dokumentieren. Und vor allem: Weniger, dafür bessere Gesetze. Das heißt, Regeln machen, die den Regelfall erfassen und nicht von vornherein schon zig Ausnahmen und Einzelfallprüfungen vorsehen und vorwegnehmen. Gesetze müssen wieder einfach und schnell anwendbar sein. Denn wenn wir raus wollen aus der Lethargie, müssen wir die lähmende Langsamkeit des Bürokratismus endlich abschütteln. Tempo sorgt für Taten!

Ein Beispiel: Auch heute schon gelten in einigen Bundesländern Baugenehmigungen bereits als erteilt, wenn die Behörde innerhalb von drei Monaten nicht reagiert. Künftig sollte diese Form der Genehmigungsfiktion im Verwaltungsrecht zum Regelfall werden. Ein Start-up beispielsweise darf nicht am Durchstarten gehindert werden, weil der Gründer ewig im Statusfeststellungsverfahren festhängt.

Manches muss künftig sogar ganz ohne Antrag gehen. So wie heute bei der Geburt schon die Steuer-ID automatisch angelegt wird, muss etwa auch das Kindergeld antragslos fließen. Wir brauchen hier ein Um- und Vorausdenken in der Verwaltung, weniger Dienst nach Vorschrift. Denn wenn wir unser Land wieder zum Laufen bringen wollen, müssen wir auch unserem Staat Beine machen.

Und: Wir brauchen wieder eine Kultur, die Risiken akzeptiert. Wir werden unser Land nicht wieder innovativ und zukunftsmutig bekommen, wenn alle sich nur noch trauen, hundertprozentig abgesicherte Entscheidungen zu treffen. Deshalb sollten wir die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz beschränken. Nur so schaffen wir wieder echten Handlungsspielraum.

Zugegeben: In den 90er Jahren ging einem ein „It’s the economy, stupid!“ leichter von den Lippen. Nach dem Kalten Krieg konnten die USA sogar guten Gewissens die Verteidigungsausgaben drastisch kürzen. Heute sind wir zurückgeworfen in längst überwunden geglaubte (Kriegs-)Zeiten in Europa. „It’s the economy, stupid!“ ist nur noch die halbe Wahrheit. Dumm ist heute, wer „security“ nicht mitdenkt.

Für Sicherheit müssen wir sorgen – „whatever it takes!“ Das bedeutet aus meiner Sicht: Bei der Rekrutierung für die Bundeswehr kommen wir nur mit einer Wehrpflicht ans Ziel; Freiwilligkeit wird hier nicht ausreichen. Und wir brauchen eine Beschaffungswende, die Zeit, Kosten und Qualität endlich unter einen Hut bekommt. Auch hier gilt: Tempo sorgt für Taten.

Apropos Wende: Die oft beschworene Migrationswende ist greifbar. Ich kann die Bundesregierung hier nur ermutigen, an ihrem Kurs festzuhalten. Die Zurückweisungen an der deutschen Grenze sind ein wichtiges Signal. Migration werden wir langfristig aber nur auf europäischer Ebene steuern können. Hier muss Deutschland mutig führen. Nur wenn wir diesen Gestaltungsanspruch glaubwürdig deutlich machen, werden wir auch insgesamt wieder Glaubwürdigkeit in die Politik zurückgewinnen! Man könnte auch sagen: „Focus on the essentials, stupid!“

Autor: Dr. David Preisendanz ist Mitglied des Bundestages (CDU).

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