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Sondervermögen? Ja, aber bitte für echte, zusätzliche Zukunftsinvestitionen und mit Wasser!

von Ingbert Liebing

Mit dem Kabinettsbeschluss zum Errichtungsgesetz für das Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ hat die Bundesregierung ein wichtiges Signal gesetzt: Deutschland will investieren – in seine Zukunft, seine Infrastruktur, seine Klimaziele. Bis zu 500 Milliarden Euro sollen jenseits der Schuldenbremse über zwölf Jahre bereitgestellt werden. Aber: Die Mittel müssen zielgerichtet und investiv eingesetzt werden – insbesondere auch für die Wasserwirtschaft.

Wasserwirtschaft: Rückgrat der Daseinsvorsorge

Im Kabinettsbeschluss wird die Wasserwirtschaft nicht ausdrücklich genannt. Dabei sind allein für die Instandhaltung und den klimaresilienten Umbau der Wasser- und Abwasserinfrastruktur bis 2045 Investitionen von rund 800 Milliarden Euro notwendig. Diese Investitionen sind nicht optional – sie sind überlebenswichtig. Sie sichern die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, schützen vor Überflutungen und machen uns widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels. Dass dieser zentrale Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge im Gesetz außen vor bleiben soll, ist für uns nicht nachvollziehbar, zumal: Im geplanten Gesetz zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen (LuKIFG), über das der Bund und die Länder aktuell noch verhandeln, finden sich sogar Regelungen, die eine Förderung gebührenfinanzierter Einrichtungen – wie sie in der Wasserwirtschaft üblich sind – ausschließen würden. Das darf nicht so bleiben.

Energiewende, Wärmewende – Zukunft wird vor Ort gemacht

Doch nicht nur die Wasserwirtschaft muss große Transformationsaufgaben anpacken. Für die Energiewende sind bis 2030 Investitionen von rund 721 Milliarden Euro nötig. Es ist richtig, dass Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor den Großteil der Investitionen aus dem KTF ausmachen. Die Wärmewende erfordert aber auch einen großflächigen Ausbau der Fernwärme. Deshalb ist die Fortführung des erfolgreichen Förderprogramms Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) richtig. Allerdings bleiben die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahren weit hinter den Erfordernissen zurück. Das ist noch kein Fernwärme-Turbo. Wir brauchen eine gesetzlich verankerte nachhaltige starke Förderung. 3,5 Milliarden Euro jährlich sind das Minimum. Dafür muss Geld aus dem Sondervermögen vorhanden sein.

Und auch die Abfallwirtschaft braucht Unterstützung: Die Umstellung auf klimaneutrale Fahrzeuge und Infrastruktur ist teuer – und ohne Förderung kaum zu stemmen. Mit dem Saubere-Fahrzeuge-Gesetz sind gesetzliche Dekarbonisierungsverpflichtungen für die Unternehmen gekommen. Die gleichzeitig versprochene Hilfe wurde inzwischen eingestellt. Das war ein Vertrauensbruch, der nun dringend korrigiert werden muss.

Klimaschutz im KTF unterfinanziert

Nun kommt es auf die Abgeordneten der Koalition an: Sie sollten sich mit den von der Regierung vorgesehen Plänen zur Definition zusätzlicher Investitionen nicht begnügen. Als zusätzliche Investitionen im Sinne des Sondervermögens gilt alles über eine Investitionsquote von zehn Prozent im Kernhaushalt des Bundes. Das ist weniger als die Ampel-Koalition für 2025 geplant hatte. In den vergangenen Jahren lag die Investitionsquote oft über zehn Prozent. Zudem: Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind bislang keine spürbaren zusätzlichen Investitionen für den Klimaschutz erkennbar. Zwar schließen die Mittel aus dem Sondervermögen die erhebliche Finanzierungslücke des ursprünglichen Haushaltsentwurfs – rund ein Drittel des geplanten Investitionsvolumens war zuvor nicht gedeckt. Die globale Minderausgabe von neun Milliarden Euro und die globale Mehreinnahme von drei Milliarden Euro hatten den KTF in seiner Substanz infrage gestellt. Durch die zusätzlichen Mittel wird diese Lücke nun zwar geschlossen, doch das Investitionsniveau bleibt dennoch unter dem des Vorjahres. Von einem klimapolitischen Aufbruch kann daher keine Rede sein. Um die Transformation glaubwürdig voranzutreiben, braucht es eine deutliche Aufstockung der KTF-Mittel – zielgerichtet, investiv und mit spürbarer Wirkung für den Klimaschutz.

Wer Klimaneutralität ernst meint, muss die Mittel dort einsetzen, wo sie langfristig wirken: in der Infrastruktur, in der kommunalen Transformation, in der Versorgungssicherheit.

Tandem aus Investitionen und Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung

Die kommunale Wirtschaft hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie große Investitionsprogramme effizient und bürgernah umsetzen kann. Sie kennt die lokalen Gegebenheiten, sie hat das Know-how, sie genießt das Vertrauen der Menschen. Was sie nicht braucht, sind bürokratische Hürden, Überregulierung und langwierige Genehmigungsprozesse.  Doch zu oft scheitern Projekte genau daran. Das Sondervermögen muss ein echter Investitionsmotor werden – mit klaren Kriterien, schnellen Verfahren und einem Fokus auf die kommunale Ebene.

Fazit: Jetzt ist die Zeit für mutige Entscheidungen

Das Sondervermögen ist eine historische Chance. Es kann zum Motor für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Erneuerung werden. Aber nur, wenn es richtig eingesetzt wird. Wir brauchen echte, zusätzliche Investitionen; Bauen statt Bürokratie – und eine klare Botschaft: Die kommunale Infrastruktur ist kein Randthema. Sie ist das Fundament, denn Zukunft wird vor Ort gemacht.

Autor: Ingbert Liebing ist Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).

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