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Mehr Tempo und einheitliche Standards: Was die digitale Work-and-Stay-Agentur leisten soll

von Tilman Frank

Die Einwanderung von Fachkräften und Azubis hat sich zu einer volkswirtschaftlichen Notwendigkeit entwickelt. Trotz schwacher Konjunktur fehlen in vielen Berufen Fachkräfte und motivierte Auszubildende. Für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung hat die Bundesregierung Mehreinnahmen in Höhe von 164 Mio. € pro Jahr pro 10.000 einwandernder Arbeitskräfte errechnet. Zusätzlich entlastet eine einzelne einwandernde Fachkraft  durch ihre Lohnsteuer den Staatshaushalt durchschnittlich um 7.100 Euro im Jahr.

Zur Zeit sind rund 550 Ausländerbehörden, knapp 200 Visastellen, das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA) an der Erwerbsmigration beteiligt. Bei der Anerkennung beruflicher Qualifikationen sind ca. 750 Stellen eingebunden. Im Koalitionsvertrag haben SPD und CDU/CSU festgelegt, eine „digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung mit einer zentralen IT-Plattform als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte“ einzurichten. Sie soll „alle Prozesse der Erwerbsmigration und der Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen“ bündeln. Als Verband setzen wir uns dafür ein, dass Fachkräftegewinnung aus dem Ausland unkompliziert, transparent, zügig und gut planbar wird. Daher befürworten wir eine Work-and-Stay-Agentur, mit der die Fachkraft alle Fragen regelt, anstatt sich wie bisher mit vier Instanzen auseinanderzusetzen.

Die Work-and-Stay-Agentur muss für internationale Fachkräfte und Azubis der alleinige Ansprechpartner für die Beantragung der Berufsanerkennung (1. Schritt), der Vorabzustimmung (2. Schritt), des Visums (3. Schritt) sowie für die Verlängerung des Aufenthaltstitels (4. Schritt) sein. Alle Dokumente sollen über die digitale Plattform eingereicht werden; die internationalen Talente bekommen ausschließlich hier ihre Rückmeldung, Bescheide, das Visum. Nur hier können sie Präsenztermine, etwa für die Abgabe von Fingerabdrücken, buchen – nicht über Dritte, die in manchen Ländern Termine teuer weiterverkaufen.

Ein Fallmanager der Agentur soll sich um die geschmeidige Koordination der Abläufe mit den beteiligten Behörden kümmern - so wie es heute schon die Ausländerbehörden im beschleunigten Fachkräfteverfahren tun. Wenn Behörden Dokumente verlangen, die laut Gesetz nicht notwendig sind, sollte es seine Aufgabe sein, diesen die Gesetzeslage zu erläutern.

In der zweiten Ausbaustufe sollte erst auf Länder-, dann auf Bundesebene die Bearbeitung von Anträgen auf Berufsanerkennung vereinheitlicht werden. Es sollten nicht einfach die bestehenden Prozesse digitalisiert, sondern Zuständigkeiten gebündelt werden. Bei handwerklich-industriellen Berufen sollte die Agentur die Schnittstelle zu den Industrie- und Handelskammern, bei akademischen Berufen die Schnittstelle zur Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen werden. Bisher bewerten besonders bei Berufen im Gesundheits- und Erziehungswesen die Anerkennungsstellen der einzelnen Bundesländer die gleichen Zeugnisse uneinheitlich. Überdies sollten Anerkennungsbescheide von einer Stelle von allen anderen anerkannt werden.

In der dritten Stufe sollten die Arbeitsmarktzulassung, die Prüfung der Berufsanerkennung und die Erteilung von Aufenthaltstiteln direkt auf die Work-and-Stay-Agentur übertragen werden. Auch das beschleunigte Fachkräfteverfahrens sollte dann komplett von der Work-and-stay-Agentur gemanagt werden.

Das Prozessmanagement der Plattform sowie die Bearbeitung von Nachfragen sollte durch KI unterstützt werden, um mehr Tempo und Einheitlichkeit zu erreichen. Zur Zeit arbeiten einzelne Visastellen, Arbeitsmarktzulassungs-Teams und Ausländerbehörden nach eigenen, nicht nachvollziehbaren Kriterien. Nicht alle Sachbearbeiter kennen die neuesten Gesetzesänderungen. Es sollte das Abschließen vieler Fälle, nicht die absolute Fehlerfreiheit belohnt werden.

Wichtig ist uns als Verband, dass internationale Fachkräfte nicht als Bittsteller*innen, sondern als Kund*innen behandelt werden. Die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland würde deutlich zunehmen.

Autor: Dr. Tilman Frank ist Vorsitzender des Bundesverbandes internationale Fachkräftegewinnung e.V.

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