von Wolfgang Steiger
Mit „Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance“ wird Deutschland seinen Wohlstand nicht erhalten können, warnte Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner ersten Regierungserklärung. Er appelliert: „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten.“ Obgleich die Aussagen des Bundeskanzlers nicht weniger als eine ökonomische Selbstverständlichkeit sind, provozierten sie dennoch Widerspruch. Die Regierung und Bundeskanzler Merz würden „das Land faul reden“, donnerte die ehemalige Grünen Vorsitzende Ricarda Lang empört zurück.
Aus der Regierungserklärung und dem Koalitionsvertrag würde ein falsches Bild der deutschen Bevölkerung entstehen, diese würde doch bereits „bei Lohnarbeit, Care-Arbeit oder Ehrenamt“ viel leisten. Dann folgten bezeichnende Sätze: Es bräuchte jetzt Maßnahmen aus der Politik, wie einen höheren Mindestlohn. „Bevor auch nur eine einzige Aufgabe von der Regierung erledigt wird, schiebt Friedrich Merz die Verantwortung zu den Bürgern“, schimpfte Ricarda Lang.
Doch genau da gehört sie in einer Sozialen Marktwirtschaft auch hin! Freiheit und Verantwortung sind die Kernbestandteile unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Was Ricarda Lang kritisiert, sind letztlich die ersten Schritte zur notwendigen Neujustierung – weg vom Versorgungsstaat und Interventionismus hin zu mehr Eigenverantwortung und wirtschaftlicher Freiheit.
Legt man den Ampel-Koalitionsvertrag neben jenen der neuen Bundesregierung, dann fällt auf: Der schwarz-rote Vertrag ist weniger konkret. Und das ist eine gute Nachricht. Denn das lässt mehr Luft zum Atmen. In einer Weltlage, die ist, wie sie ist, braucht es diese Flexibilität. Zugleich aber bedarf es einer klaren Richtschnur, an der sich Einzelentscheidungen orientieren. Das zeigt exemplarisch die Kontroverse um die Feststellung des Bundeskanzlers, dass in Deutschland wieder mehr und effizienter gearbeitet werden muss.
Jede Einzelentscheidung der neuen Bundesregierung sollte sich aus meiner Sicht an folgenden, eigentlich ganz einfachen Kriterien messen lassen…
Atmet sie das Credo: Erst erwirtschaften, dann verteilen?
Leistet sie einen konkreten Beitrag, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland aus der Sicht von Unternehmen und Fachkräften zu verbessern?
Macht sie Prozesse einfacher oder (das sollte die Mindestanforderung sein) nicht komplizierter?
Sorgt sie dafür, insbesondere wenn es sich um ein schuldenfinanziertes Vorhaben handelt, dass kommende Generationen davon profitieren?
Legt eine Entscheidung einen ganzheitlichen Gerechtigkeitsbegriff zugrunde? Also nicht nur: Hilft sie den Schwächsten, sondern auch: fördert sie Eigenverantwortung, Leistung und Risikobereitschaft, statt diese zu bestrafen?
Es ist kein Geheimnis, dass die neue Bundesregierung mit einer Hypothek gestartet ist. Dass manche Dinge nach der Wahl anders klangen als vorher, hat Gründe. Insbesondere denke ich hierbei an die bevorstehende Sperrminorität extremistischer Parteien, die maßgeblich dafür war, Grundgesetzänderungen auf den Weg zu bringen, noch bevor die neue Bundesregierung überhaupt im Amt war. Aber natürlich hat diese Reihenfolge und die Ausweitung von Verschuldungsmöglichkeiten insgesamt Glaubwürdigkeit gekostet. Diese Glaubwürdigkeit gilt es jetzt Schritt für Schritt zurückzuerobern.
Die Entscheidungen der vergangenen Wochen stimmen optimistisch, dass das gelingt. Um den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, braucht es in den nächsten vier Jahren viele weitere konkrete Schritte. Ich bin überzeugt: Je konsequenter sich eine jede Entscheidung an den oben genannten fünf Kriterien ausrichtet, desto mehr Vertrauen entsteht und desto schneller wird es uns gelingen, uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu befreien und den Mehltau der vergangenen Jahre abzuschütteln.
Autor: Wolfgang Steiger ist Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU.
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