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Für eine schlagkräftige Ehrenamts- und Engagementpolitik

von Christiane Schenderlein

Rund 150 Tage nach der Regierungsbildung zeigt sich: Es war richtig, die Themen Sport und Ehrenamt direkt im Kanzleramt anzusiedeln. Das ist ein wichtiges Signal, denn im Sport und im Ehrenamt stehen Menschen füreinander ein, engagieren sich für andere und stärken gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Doch es bleibt nicht bei Symbolpolitik. Neben der Aufwertung des Ehrenamts geht es um konkrete Verbesserungen und Erleichterungen für freiwilliges Engagement und gemeinnützige Organisationen. Mit der Bündelung der Zuständigkeit im Kanzleramt wird die Engagementpolitik schlagkräftiger und wir können mehr bewirken.

Querschnittsaufgabe mit klarem Zentrum

Ehrenamts- und Engagementpolitik bleibt eine Querschnittsaufgabe. Die Umsetzung vieler Vorhaben, die der Koalitionsvertrag vorsieht, liegt weiterhin in den Fachressorts. Im Kanzleramt laufen nun jedoch alle Fäden zusammen. Damit entsteht mehr als die Summe einzelner Maßnahmen. Ich werde eine starke Stimme und Anwältin des Ehrenamts sein und darauf hinwirken, dass die Vorhaben der Bundesregierung umgesetzt werden.

Freiwilliges Engagement ist zentral für unser Zusammenleben, unsere offene Gesellschaft und unsere Demokratie. Ehrenamtliche sind oft die ersten Helfer bei Unfällen, ermöglichen Sportangebote, tragen Bildung und Kultur und haben bei Krisen wie der Flutkatastrophe im Ahrtal oder der Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine Außerordentliches geleistet. Millionen Menschen engagieren sich täglich – im Bevölkerungsschutz, in der sozialen Arbeit, im Umwelt- und Naturschutz, in der Kommunalpolitik und vielen weiteren Bereichen.

Zuständig für Sicherheit, Schutz und sozialen Ausgleich bleiben staatliche Institutionen. Doch unser Zusammenleben wird durch freiwilliges Engagement wesentlich geprägt und bereichert – im Alltag ebenso wie auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Engagement bedeutet Teilhabe, Mitgestaltung und Mitentscheidung und steht für Menschlichkeit und Miteinander.

Ehrenamt vor großen Herausforderungen

Engagement und Ehrenamt stehen vor vielfältigen Herausforderungen, die Vereine, Organisationen und Engagierte unterschiedlich betreffen. Die in der letzten Legislaturperiode entwickelte Engagementstrategie beschreibt diese Entwicklungen umfassend. Themen sind unter anderem „Multi-Krise durch Pandemie, Kriege und Naturkatastrophen“, „demografischer Wandel“, „Digitalisierung“, „Bedrohungen für ehrenamtliche Amts- und Mandatsträger“, „Regelungsdichte“, „informelles Engagement“ und „Zivilgesellschaft als Innovationstreiber“. Die Strategie bleibt eine wichtige Richtschnur unserer Politik.

Zwei Punkte sind besonders hervorzuheben: der Trend zu informellem und digitalem Engagement sowie der Abbau von Bürokratie. Klassische Vereinsarbeit bleibt zwar zentral, doch es wird zunehmend schwieriger, Menschen für Leitungsfunktionen zu gewinnen. Bürokratische Aufgaben und Haftungsfragen wirken abschreckend. Gleichzeitig entstehen neue, oft kurzfristige Formen des Engagements – in Nachbarschaftsnetzwerken, Selbsthilfegruppen oder digital. Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle.

Gerade junge Menschen möchten sich heute flexibel und zeitlich begrenzt engagieren. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, langfristige Ämter zu übernehmen. Vereine und Organisationen müssen sich auf diese veränderten Erwartungen und die Digitalisierung einstellen. Dabei wollen wir sie gezielt unterstützen.

Wandel gestalten – mit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE). Sie unterstützt Vereine und Engagierte mit Beratung, Qualifizierung, Netzwerkbildung und praxisnaher Förderung. Durch ihren engen Kontakt zur Basis kennt sie die konkreten Herausforderungen und Bedarfe.

Gezielte Unterstützung auf Bundesebene ist entscheidend. Daher investieren wir erheblich in die DSEE und werden ihre Arbeit weiter stärken und ausbauen – insbesondere für kleine Vereine, neue Initiativen und den ländlichen Raum.

Entbürokratisieren, wertschätzen, fördern – der Zukunftspakt Ehrenamt

Ehrenamt braucht Freiraum. Viele Engagierte klagen über übermäßige Bürokratie, die sie von ihrer eigentlichen Aufgabe abhält. Wir wollen Vorschriften vereinfachen, Nachweispflichten reduzieren und Datenschutzanforderungen praxisnäher gestalten. Gleichzeitig wollen wir finanzielle Rahmenbedingungen verbessern und Haftungsrisiken bei der Übernahme von Ämtern senken.

Mit dem „Zukunftspakt Ehrenamt“ haben wir bereits wichtige Schritte eingeleitet. Durch die Koordination im Kanzleramt können alle Ressorts gemeinsam Lösungen erarbeiten. So sind im Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 folgende Maßnahmen vorgesehen:

· Erhöhung der Ehrenamts- und Übungsleiterpauschalen

· Deutlich verbesserte Haftungsprivilegien für Ehrenamtliche

· Erweiterung der Fristen für die zeitnahe Mittelverwendung

· Anhebung der Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

Diese Maßnahmen erleichtern den Einsatz für die Gesellschaft, senken bürokratische Hürden und verbessern finanzielle Spielräume. Doch wir bleiben nicht stehen: Wir prüfen weitere Vereinfachungen im Datenschutz- und Vereinsrecht, setzen uns auf EU-Ebene für eine Mehrwertsteuerbefreiung von Sachspenden ein und wollen Lizenzvergaben durch Verwertungsgesellschaften wie die GEMA an die Bedürfnisse ehrenamtlicher Veranstalter anpassen.

Einladung zur Zusammenarbeit

Ehrenamt und Engagement sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft: organisiert oder spontan, formell oder informell, digital oder analog. Diese Vielfalt ist unsere Stärke. Ich stehe für die gesamte Bandbreite von Engagement und wünsche mir, dass wir diese Vielfalt gemeinsam bewahren und stärken. Im offenen, ehrlichen Austausch können wir am meisten bewirken. Dazu lade ich alle Akteure auf diesem wichtigen gesellschaftspolitischen Feld herzlich ein.

Autorin: Dr. Christiane Schenderlein ist Staatsministerin für Sport und Ehrenamt.

Wie kann bürgerschaftliches Engagement als tragende Säule unserer Demokratie nachhaltig gestärkt werden? Welche Rahmenbedingungen braucht das Ehrenamt, um in einer Zeit multipler Krisen und wachsender Anforderungen wirksam zu bleiben?

Unser Partner: Die Deutsche Postcode Lotterie ist eine staatlich lizensierte Soziallotterie. Sie unterstützen Projekte zum Natur- und Umweltschutz und zur Förderungen von sozialem Zusammenhalt und Chancengleichheit.

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