Table.Forum

Die Stärkung der digitalen Souveränität ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas

von Kristina Sinemus

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Die Welt, wie wir sie kannten, ordnet sich neu – wirtschaftlich, geopolitisch und gesellschaftlich. Wertschöpfungsketten in der Wirtschaft verlagern sich rasant: Digitale Innovationen und Disruptionen, Datennutzung, Künstliche Intelligenz und Quanten werden zu den neuen Treibern des Wohlstands.

Inmitten dieser Dynamik geht es um nicht weniger als unsere Souveränität – als Staat, als Gesellschaft, als Europa. Wer in dieser neuen Welt nicht aktiv gestaltet, wer heute nicht investiert – finanziell, intellektuell und strategisch – läuft Gefahr, morgen den Anschluss zu verlieren. Dazu braucht es mutige Entscheidungen und einen klaren Gestaltungswillen. Die Stärkung der digitalen Souveränität ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas.

Digitale Souveränität ist keine abstrakte Idee. Sie beschreibt die Fähigkeit, in der digitalen Welt eigenständig, sicher und autonom zu handeln. Dabei geht es nicht nur um technische Unabhängigkeit, sondern um demokratische Selbstbestimmung, wirtschaftliche Resilienz und gesellschaftliche Teilhabe. Sie ist ein zentraler Grundpfeiler unseres digitalen Gemeinwesens.

Was aber bedeutet es, digitale Souveränität zu verlieren? Unsere Handlungsfähigkeit wird eingeschränkt, wenn zentrale Verwaltungsprozesse, kritische Infrastrukturen oder Gesundheitsdaten auf Systemen basieren, die außerhalb unseres Einflusses liegen. Proprietäre Softwarelösungen, mangelnde Interoperabilität zwischen eigenen und externen Systemen, fehlendes Know-how – all das führt zu Abhängigkeiten. Digitale Souveränität bedeutet deshalb auch: Wir behalten die Kontrolle über unsere Infrastruktur, unsere Daten und unsere Innovationskraft.

Ein zentraler Baustein für digitale Souveränität ist die digitale Resilienz – die Fähigkeit, auf Störungen digitaler Systeme vorbereitet zu sein, sie abzufedern und daraus gestärkt hervorzugehen. In einer Zeit zunehmender geopolitischer Spannungen und klimabedingter Extremwetterereignisse, in der Systemausfälle realistische Szenarien sind, ist diese Resilienz keine Option, sondern eine Notwendigkeit.

Deshalb planen wir in Hessen den Aufbau des bundesweit ersten nationalen Zentrums für Digitale Resilienz in Katastrophen. Es ist eine strategische Investition in die Sicherheit und Innovationsfähigkeit unseres Landes – und ein starkes Signal: Denn nur auf der Grundlage verlässlicher Systeme können wir souverän über unsere Technologien entscheiden – sei es im Gesundheitswesen, in der Verwaltung oder bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz.

In Hessen setzen wir mit der Digitalstrategie „Digitale Verwaltung Hessen 4.1“ auf offene Standards, Interoperabilität und Wechseloptionen. Wir fördern Open Source, setzen auf modulare IT-Architekturen und stärken die öffentliche IT-Kompetenz. Diese Prinzipien haben auch im Bund Eingang gefunden. Im Eckpunktepapier zur digitalen Souveränität der Öffentlichen Verwaltung wurden bundesweit drei sehr ähnliche strategische Ziele vereinbart: Wechselmöglichkeit, Gestaltungsfähigkeit und Einfluss auf Anbieter. Eine kohärente, föderale Digitalpolitik ist entscheidend – für mehr Innovationskraft, für mehr Wettbewerb und für mehr Resilienz.

Auch Europa hat Verantwortung übernommen. Die EU hat mit dem AI Act Maßstäbe gesetzt. Sie schafft erstmals weltweit klare Regeln für Hochrisiko-Anwendungen, Transparenzpflichten und den Schutz von Grundrechten. Europa nimmt hier eine Vorreiterrolle ein – und das ist gut so. Gleichzeitig muss mit der Umsetzung des AI Act ein innovationsfreundliches Umfeld geschaffen werden. Wir müssen digitale Disruptionen durch Regulierung fördern, nicht verhindern. Und es braucht noch mehr: mehr eigene europäische Rechenzentren, unabhängige Cloud-Infrastrukturen und faire Wettbewerbsbedingungen. Hessen spielt hier bereits eine zentrale Rolle: Mit einer der größten Rechenzentrumsdichten Europas und mehr als 40 Milliarden Euro Umsatz in der Digitalwirtschaft sind wir ein digitales Kraftzentrum. Diese Stärken wollen wir konsequent weiterentwickeln und Hessen als eine führende digitale Region Europas weiter ausbauen.

Digitale Souveränität ist kein Zustand, den man einmal erreicht und dann bewahren kann. Sie ist ein kontinuierlicher Gestaltungsprozess – politisch, wirtschaftlich, technologisch. Es braucht strategische Weitsicht, entschlossenes Handeln und die Bereitschaft, auch unbequeme Veränderungen anzugehen. Nur so schaffen wir die Grundlage für ein zukunftsfähiges digitales Europa. Deutschland – und Hessen im Besonderen – kann und muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen. Unsere digitale Zukunft wartet nicht. Packen wir es an.

Autorin: Prof. Dr. Kristina Sinemus ist Hessische Ministerin für Digitalisierung und Innovation.

Digitale Souveränität entscheidet über Deutschlands und Europas Handlungsfähigkeit im globalen Wettbewerb. Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft erläutern in diesem Table.Forum, warum und wie strategisch investiert, föderale Strukturen modernisiert und digitale Kompetenzen gestärkt werden müssen – technisch, politisch und gesellschaftlich.

Unser Partner: Schwarz Digits ist die IT- und Digitalsparte der Schwarz Gruppe, einer international führenden Handelsgruppe (Lidl, Kaufland). Schwarz Digits bietet digitale Produkte und Services an, die den hohen deutschen Datenschutzstandards entsprechen. Zu den souveränen Kernleistungen von Schwarz Digits gehören Cloud, Cybersicherheit, Künstliche Intelligenz, Kommunikation und Workplace.

Impressum

Table.Forum ist ein Angebot von Table.Briefings
Leitung: Regine Kreitz (v.i.S.v. § 18 Abs. 2 MStV)
Table Media GmbH, Wöhlertstraße 12-13, 10115 Berlin · Deutschland,
Telefon +49 30 30 809 520
Amtsgericht Charlottenburg HRB 212399B, USt.-ID DE815849087
Geschäftsführer Dr. Thomas Feinen, Jochen Beutgen