diese Nachricht wird vor allem den luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn freuen, dessen Leidenschaft für das Rennradfahren vor einigen Wochen Gegenstand einer Tragikomödie von Charlotte Wirth im Europe.Table war: Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments (TRAN) fordert die EU-Kommission auf, eine Fahrrad-Strategie vorzulegen – mit dem Ziel, die Zahl der geradelten Kilometer in der EU bis 2030 zu verdoppeln. Mehr dazu lesen Sie heute in unseren News.
In Kiew hat der EU-Ukraine-Gipfel begonnen. Während die Ukraine auf einen schnellen EU-Beitritt pocht, warten die EU-Länder noch einen Bericht der EU-Kommission zu den Reformfortschritten der Ukraine im Sommer ab, berichtet Eric Bonse. Erst dann wollen sie entscheiden, ob sie offiziell Beitrittsverhandlungen aufnehmen. In Brüssel geraten derweil die Verhandlungen über das nunmehr zehnte Sanktionspaket gegen Russland ins Stocken.
In ihrer Kolumne widmet sich meine Kollegin Claire Stam heute der Molekularküche: Die Frage, ob mit Atomkraft erzeugter Wasserstoff als grün definiert werden kann, spaltet die EU-Mitgliedstaaten. Am kommenden Dienstag wird dies im Vordergrund des Trilogs über die Richtlinie für erneuerbare Energien (RED 3) stehen. Dem Berichterstatter im Parlament, Markus Pieper (EVP), ist die Kommission zu langsam: Sollte sie bis Dienstag keine Kriterien für erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs vorlegen, will er diese direkt im Trilog definieren.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Donnerstag in Kiew unter anderem das nunmehr zehnte Sanktionspaket sowie ein “internationales Zentrum für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression in der Ukraine” an, das in Den Haag eingerichtet werden soll. Details nannte sie beim EU-Ukraine-Gipfel noch nicht, sie sollen später ausgearbeitet werden.
Der Besuch der Kommission in Kiew hatte vor allem symbolischen Wert. Kurz vor dem Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar wollte die EU-Behörde ihre Solidarität unterstreichen. Von der Leyen sprach von einem deutlichen Signal. “Die Ukraine ist zum Mittelpunkt unseres Kontinents geworden. Zum Ort, an dem unsere Werte hochgehalten werden, wo unsere Freiheit verteidigt wird und wo die Zukunft Europas geschrieben wird.”
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte eine Ausweitung der militärischen Ausbildungsmission EUMAM (EU Military Assistance Mission Ukraine) an. Die EUMAM werde zusätzliche 15.000 ukrainische Soldaten trainieren und die Gesamtzahl damit auf 30.000 erhöhen, sagte der Spanier nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal. Experten aus den Streitkräften der EU-Mitgliedstaaten wollen künftig auch Kampfpanzer-Besatzungen schulen. Der Leopard 2, den unter anderem Deutschland und Polen liefern wollen, soll so schnell und effizient wie möglich genutzt werden.
Die EU-Kommission kündigte auch weitere finanzielle und humanitäre Hilfen an. So sollen rund 150 Millionen Euro für den Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie-Infrastruktur bereitgestellt werden. Zudem wird die EU weitere 2400 Stromgeneratoren zur Verfügung stellen – zusätzlich zu den 3000, die seit Beginn des Krieges geliefert wurden. Seit Kriegsbeginn habe die EU die Ukraine mit 50 Milliarden Euro unterstützt, betonte von der Leyen.
Auf das informelle Treffen der Kommission mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und der ukrainischen Regierung folgt am heutigen Freitag der 24. EU-Ukraine-Gipfel, zu dem auch Ratspräsident Charles Michel nach Kiew reist. Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten sind bei diesem Gipfeltreffen nicht vertreten. Sie waren aber über ihre ständigen Vertreter in Brüssel in die Vorbereitung eingebunden. Große Entscheidungen sind nicht geplant.
Im Entwurf für die Gipfel-Erklärung, der Europe.Table vorliegt, wird der “unprovozierte und ungerechtfertigte Angriffskrieg” Russlands verurteilt. Die EU verspricht, die Ukraine in diesem Krieg “so lange wie nötig” zu unterstützen.
Die Passagen zum EU-Beitritt fallen für die Ukraine enttäuschend aus. Regierungschef Denys Schmyhal hatte angekündigt, dass sein Land binnen zwei Jahren beitreten wolle. Der Gipfelentwurf enthält jedoch keine Frist. Vielmehr verweist der Text auf den Fortschrittsbericht, den die EU-Kommission im Herbst vorlegen will. Zudem mahnt er die “vollständige und konsequente Umsetzung der Justizreformen” an, die Kiew 2022 zugesagt hatte.
Damit es zu Beitrittsverhandlungen kommt, müssen zudem noch alle 27 EU-Staaten grünes Licht geben. Angesichts des wieder eskalierenden Krieges und der zahlreichen, gerade erst aufgedeckten Korruptionsskandale zeichnet sich jedoch keine schnelle Entscheidung in Brüssel ab. Als “Trostpflaster” hat die EU-Kommission eine engere Zusammenarbeit bei europäischen Programmen angekündigt – allerdings unterhalb der Schwelle der Mitgliedschaft.
Der Gipfelentwurf enthält auch ein Bekenntnis zu weiteren Sanktionen gegen Russland. Allerdings sind die Gespräche über Strafmaßnahmen im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am Donnerstag in Brüssel ausgesetzt worden – die Differenzen waren zu groß. Zur Debatte steht eine Überprüfung des im Dezember verhängten Ölpreisdeckels, ein Preislimit für Diesel und andere Raffinerieprodukte sowie eine Verschärfung der Sanktionen gegen Belarus. Bei letzterem geht es vor allem um die Frage, ob Sanktionen gegen Belarus mit jenen gegen Russland harmonisiert werden, um über Minsk auch Druck auf Moskau aufzubauen.
Zum Ölpreisdeckel hat die EU-Kommission vorgeschlagen, ab dem 5. Februar Preisobergrenzen für russische Ölprodukte wie etwa Diesel festzulegen. Sie sollen bei 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) für russischen Diesel und bei 45 Dollar pro Barrel für Heizöl aus Russland liegen. Einigen Ländern geht dies zu weit, anderen nicht weit genug. Die Beratungen sollen am Wochenende fortgesetzt werden.
Ob die Deadline für eine Einigung im AStV am Sonntag gehalten werden kann, ist unklar. Streit gibt es auch über das zehnte Sanktionspaket, das vor dem Jahrestag des russischen Überfalls am 24. Februar verhängt werden soll. Die Ukraine fordert, auch den Handel mit russischen Diamanten sowie die russische Atomindustrie mit Strafen zu belegen. Bei den Diamanten steht jedoch Belgien auf der Bremse, bei Rosatom haben mehrere EU-Staaten Bedenken. Auch hier wird es eng.
06.02.-08.02.2023
Informelle Ministertagung Wettbewerbsfähigkeit
Themen: Langfristige Ziele im Hinblick auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit durch einen gestärkten Binnenmarkt und die grüne Transformation, Diskussion über die langfristigen Auswirkungen kurzfristiger Maßnahmen, die aufgrund der Energiekrise ergriffen werden, auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU, Politische Debatte über den freien Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen und darüber, wie sich das wissenschaftliche Publikationssystem entwickeln und von der Digitalisierung beeinflusst werden wird. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu den Prioritäten des schwedischen Vorsitzes, Gedankenaustausch zu der Vorbereitung der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates am 9./10. Februar 2023, Sachstand zu den Beziehungen EU-Vereinigtes Königreich. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Aussprache zur Hungersnot in Ostafrika, Aussprache zu Herausforderungen im Zusammenhang mit Plastikverschmutzung sowie Abfallentsorgung und -bewirtschaftung in Entwicklungsländern, Vorstellung einer Studie zu umfassenden Maßnahmen zur erfolgreichen Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele vor und nach Ablauf der Frist im Jahr 2030 (Agenda 2030 der Vereinten Nationen). Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Berichtsentwurf zum europäischen Jahr der Aus- und Weiterbildung 2023, Entwurf einer Stellungnahme zur Bewertung der neuen Mitteilung der Kommission zu den Gebieten in äußerster Randlage. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2022, Entwurf einer Stellungnahme zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zur Änderung der Verträge, Entwurf einer Stellungnahme zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, Entwurf einer Stellungnahme zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:30-19:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Anhörung zur Verstärkung der EU-Unterstützung für die Ukraine (Bedingungen für die Europäische Friedensfazilität und Aufstockung der Kapazitäten), Berichtsentwurf zur Umsetzung der zivilen GSVP und sonstige die zivile Sicherheit betreffende Unterstützung durch die EU. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 16:30-17:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 18:45-20:45 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
07.02.2023
RED-Trilog
Themen: Die Verhandler werden sich mit den Zielen für den Verkehrssektor befassen. Bei den bisherigen technischen Treffen konnten keine Kompromisse zur Emissionsreduzierung des Sektors bis 2030 oder zu den Zielen für fortschrittliche Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe erzielt werden. Darüber hinaus beschuldigt der RED-Berichterstatter, Markus Pieper (EVP), die EU-Kommission, die beiden delegierten Rechtsakte, die nicht-biologische erneuerbare Kraftstoffe (RFNBOs) definieren sollen, zu spät vorzulegen. Pieper erklärte, er habe seinem Verhandlungsteam vorgeschlagen, diese Kriterien direkt im Trilog zu definieren, wenn sie nicht bis zum 7. Februar vorgelegt würden. Die schwedische Ratspräsidentschaft sei damit einverstanden, sagte er.
07.02.2023
Assoziationsrat EU-Republik Moldau
Themen: Diskussion über den politischen Dialog und die Reformen, die wirtschaftliche und sektorale Zusammenarbeit (insbesondere im Energiesektor) sowie die Zusammenarbeit und Konvergenz im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Infos
08.02.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Debatten und Aussprachen zu den Zielen der Union im Bereich der Katastrophenresilienz. Vorläufige Tagesordnung
09.02.-10.02.2023
Außerordentliches Treffen des Europäischen Rates
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten und die Spitzen der EU-Institutionen kommen in Brüssel zusammen. Infos
09.02.2023 – 09:00-15:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Einführung eines Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzen, Entwurf einer Stellungnahme zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 09:00-09:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA) und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO)
Themen: Berichtsentwurf zur Festlegung von Vorschriften für die Ausübung der Rechte der Union bei der Durchführung und Durchsetzung des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 09:15-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und Armenien, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan, Bericht 2022 der Kommission über Serbien. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 15:00-16:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zur Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung
Nach der Korruptionsaffäre um die ehemalige EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili hat das EU-Parlament nun die Immunität der beiden Abgeordneten Andrea Cozzolino aus Italien und Marc Tarabella aus Belgien aufgehoben. Beide gehörten bis vor kurzem der sozialdemokratischen Fraktion an, gelten mittlerweile aber als fraktionslos.
Belgische Ermittler hatten beantragt, sie im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre und der Einflussnahme Katars und Marokkos zu befragen. Beide stritten über ihre Anwälte ein Fehlverhalten ab und erklärten sich bereit, auf Fragen der belgischen Behörden zu antworten. Tarabella gab sogar persönlich im Plenum seine Zustimmung für die Aufhebung der Immunität.
Cozzolino wird vorgeworfen, 2019 dafür bezahlt worden zu sein, sich im Parlament für die Interessen anderer Staaten und gegen Entscheidungen, die diesen Staaten schaden könnten, einzusetzen. Tarabella wird verdächtigt, in den vergangenen zwei Jahren bestimmte Positionen zugunsten eines Drittlandes gegen Barzahlungen unterstützt zu haben. Laut Zeugenaussagen soll er dafür mehrfach Zahlungen in Höhe von insgesamt 120.000 bis 140.000 Euro erhalten haben.
Die Griechin Eva Kaili und der ehemalige italienische Abgeordnete Pier Antonio Panzeri befinden sich bereits seit Dezember zusammen mit zwei weiteren Personen in belgischem Gewahrsam. Sie sind wegen Korruption und Geldwäsche im Zusammenhang mit angeblichen Zahlungen aus Katar und Marokko angeklagt.
Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi, der sich ebenfalls in Haft befindet, gestand, Bestechungsgelder angenommen zu haben, und sagte, er habe Tarabella verdächtigt, Geld von Katar erhalten zu haben, so eine mit den Ermittlungen vertraute Quelle. Giorgis Anwalt lehnte eine Stellungnahme ab. luk/rtr
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Steuervergünstigungen für Investitionen als EU-Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) ins Gespräch gebracht. “Das ist ein sehr interessanter Vorschlag der EU-Kommission”, sagte er am Donnerstag zum Auftakt seines zweitägigen Aufenthalts in Stockholm nach Treffen mit seiner schwedischen Amtskollegin Ebba Busch und Handelsminister Johan Forssell. “Hier scheint mir der Umriss einer sehr starken europäischen Antwort auf den IRA zu sein.”
Bisher müsse man in der Regel in der EU jede Subvention mit vielen Formularen und Akten beantragen. Dies koste viel Zeit, der Weg über Abschreibungen würde deutlich schneller gehen. “Wir sollten an diesem Vorschlag weiterarbeiten.” Grundsätzlich sollten Subventionen nur in Ausnahmefällen für neue Technologie gewährt werden. Da Europa aber in zentralen Feldern zurückzufallen drohe, müsse man nun das Pragmatische tun. Er machte außerdem deutlich, Fördergelder müssten breiter gestreut werden, um technologische Abhängigkeiten etwa von Asien zu verringern. Habeck nannte neben der Produktion von Halbleitern und Solarmodulen auch die Batterieproduktion.
Die schwedische Ministerin Busch nannte den IRA eine Gefahr für den Wettbewerb, sprach sich aber gegen einen Subventionswettlauf aus. “Es gibt einen Weg für eine kluge und gemeinsame Antwort auf den IRA”, sagte sie. Schweden hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und will die Reaktion der Mitgliedstaaten auf das US-Programm koordinieren. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission ihre Pläne vorgelegt und auch die Option von Steuervergünstigungen erwähnt.
“Ich glaube, wir haben eine gute Chance, eine Handelsauseinandersetzung, manche sagen Handelskrieg, zu vermeiden”, sagte Habeck. Die USA und die EU müssten zusammenarbeiten. “Eigentlich müssten wir es schaffen, gerade im Industriebereich eine grüne Brücke über den Atlantik zu schlagen.” Die Zusammenarbeit in einem Handels- und Technologierat der USA und der EU könne der “Nukleus” einer Art gemeinsamen Industrieabkommens sein. In der kommenden Woche wird Habeck mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire nach Washington, D.C., reisen und der US-Regierung die Position der EU zum IRA darlegen.
Habeck will in Schweden auch dafür werben, dass der schwedische Batteriehersteller Northvolt eine Fabrik in Schleswig-Holstein baut. Am heutigen Freitag will er ein Forschungslabor des Unternehmens besuchen und dort auch Northvolt-Chef Peter Carlsson treffen. Northvolt hatte signalisiert, der Bau der Fabrik könnte sich verzögern. Als Gründe nannte das Unternehmen die örtlichen Strompreise und höhere Subventionen in den USA. rtr/dpa/leo
Wahlen und Referenden in der EU sollen künftig transparenter und die Einflussnahme von außen schwieriger werden. Am Donnerstag nahm das EU-Parlament seinen Bericht für strengere Regeln für politische Werbung mit einer klaren Mehrheit von 433 Ja-Stimmen zu 61 Nein-Stimmen bei 110 Enthaltungen an.
Demnach dürfen nur noch personenbezogene Daten von Werbeanbietern verwendet werden, die explizit für politische Online-Werbung zur Verfügung gestellt wurden. So soll das sogenannte Micro-Targeting, bei dem Verbraucherdaten und demografische Daten genutzt werden, um Persönlichkeitsprofile von Internetnutzern zu erstellen, verhindert werden. Im Kommissionsvorschlag fehlte diese Einschränkung. Bei Verstößen sollen laut dem Bericht Geldstrafen verhängt werden können.
Außerdem stimmten die Abgeordneten dafür, Einrichtungen mit Sitz außerhalb der EU die Finanzierung politischer Werbung in der EU zu untersagen. Um den Zugang zu Informationen über politische Werbung für EU-Bürger, Behörden und Journalisten zu erleichtern, soll zudem ein Online-Register eingerichtet werden. Darin soll abrufbar sein, wer Werbung finanziert, wie hoch die Kosten sind und woher das verwendete Geld stammt.
Mit der Annahme des Berichts können die Verhandlungen mit dem Rat beginnen. Dieser hatte seine Position im Dezember festgelegt. Die neuen Regelungen sollen rechtzeitig vor den Europawahlen 2024 verabschiedet werden und in Kraft treten. luk
Der Verkehrsausschuss des Europaparlaments (TRAN) fordert die Kommission auf, eine Fahrrad-Strategie vorzulegen. Sie soll das Ziel verfolgen, die Zahl der geradelten Kilometer in der EU bis 2030 zu verdoppeln. Die Resolution, die vom Ausschuss beschlossen wurde, fordert zudem, dass die Hersteller und die Zuliefer-Industrie rund um Fahrräder sowie E-Bikes und Batterien als legitime Partner im Bereich Mobilität der EU-Industriestrategie anerkannt werden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, die Marke “Made in Europe” für Räder und Zubehör zu etablieren. Dadurch erhöhe sich die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Zweirad-Industrie, so würden hochwertige Jobs geschaffen und könnten Cluster für die Fahrrad-Industrie entstehen.
Der Verkehrsausschuss fordert zudem, dass E-Bikes, die bis zu 25 km/h fahren, sowohl im EU-Recht als auch in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten eine eigenständige rechtliche Klassifizierung bekommen. Die Mitgliedstaaten sollten von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei Zubehör, Miete und Reparatur von Rädern und E-Bikes den reduzierten Umsatzsteuersatz zu veranschlagen. Die Kommission solle 2024 als Europäisches Jahr des Radfahrens ausrufen. Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne), Mitglied im Verkehrsausschuss: “Mit der EU-Rad-Resolution findet das Rad endlich Berücksichtigung als Teil der Mobilitätswende.” Es sei höchste Zeit für eine sichere Radinfrastruktur, dafür bedürfe es europäischer Koordination und mehr Investitionen. mgr
Einer neuen Untersuchung des Umweltbundesamtes zufolge ist das europäische Emissionshandelssystem (ETS) besonders anfällig für Geldwäsche. Grund dafür sind fehlende Transparenzregelungen für Marktteilnehmer sowie der große Anteil außerbörslichen OTC-Handels (Over the counter) im ETS.
Aufgrund der steigenden CO2-Preise steige auch die Attraktivität des Marktes für kriminelle Handlungen. Zudem fehle es an “Bewusstsein” für Geldwäsche bei den Marktteilnehmern sowie Compliance innerhalb der Unternehmen, sodass das Risiko der Geldwäsche im ETS weiter zunehmen dürfte, schreibt Studienautor Kai Bussmann von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Für die Untersuchung hat Bussmann Unternehmen aus den Teilnehmerländern des ETS befragt. Dabei kam er hochgerechnet auf rund 3.300 Transaktionen innerhalb von zwei Jahren, “die einen Verdacht auf Geldwäsche begründen”. Bei rund der Hälfte dieser verdächtigen Transaktionen könnte es den Versuch gegeben haben, die wahre Identität des Käufers zu verschleiern, schreibt Bussmann. Er rechnet jedoch mit einer deutlich höheren Dunkelziffer.
Weitere Auffälligkeiten bei Transaktionen bestehen aus unklaren Geschäftsmotiven der Käufer von CO₂-Zertifikaten, eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten der Käufer sowie die bevorzugte Zahlungsweise in Bargeld.
Bussmann empfiehlt daher die Verwendung softwaregestützter Analysetools im Unionsregister, wo ETS-Marktteilnehmer ihre Transaktionen hinterlegen. Dies soll auffällige Transaktionsmuster besser erkennbar machen und die Möglichkeit, Verdachtsmeldungen abzugeben, eröffnen. Außerdem fordert die Einführung einer Transaktionsgrenze für Barzahlungen. luk
Die wiederholte Nutzung der Kohäsionspolitik zur Krisenbewältigung könnte das Ziel der Verringerung der Entwicklungsunterschiede zwischen den Regionen verwässern. Das ist das Ergebnis eines neuen Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofs. Er untersuchte, wie die Kommission die Vorschriften angepasst hat, um den Mitgliedstaaten beim Einsatz der Fonds der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2014 bis 2020 zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie größere Flexibilität einzuräumen.
Die EU habe ihre Vorschriften rasch angepasst, um den Mitgliedstaaten beim Einsatz von Kohäsionsgeldern zur Bewältigung der Corona-Pandemie größere Flexibilität zu ermöglichen. Die Anpassungen hätten laut dem Rechnungshof für Liquidität, Flexibilität und Vereinfachung gesorgt und die Bewegung erheblicher Mittel ermöglicht. So seien bis zum 31. Dezember 2021 nicht weniger als 35 Milliarden Euro umgeschichtet worden, vor allem ins Gesundheitswesen und in die Unternehmensförderung. Über das REACT-EU-Instrument zur kurz- und mittelfristigen Krisenbewältigung seien weitere 50,4 Milliarden Euro bereitgestellt worden, allein die Hälfte davon für Spanien und Italien.
Gleichzeitig habe dies aber den Druck erhöht, die EU-Mittel schnell (bis Ende 2023) auszugeben. Darunter drohe der effiziente Einsatz der Gelder zu leiden. Die Kohäsionsprogramme des Zeitraums 2021 bis 2027 seien in der Folge zudem nur mit erheblicher Verzögerung angelaufen. 25 Prozent der REACT-EU-Gelder sollten außerdem in den Klimaschutz fließen. Dieses Ziel könne laut der Prüfer wahrscheinlich nicht erreicht werden.
“Die Maßnahmen der EU erleichterten die Verwendung von Kohäsionsmitteln, um den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der durch Corona ausgelösten wirtschaftlichen Notlage zu helfen”, sagte Iliana Ivanova, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. Damit sei jedoch zwangsläufig auch das Risiko gestiegen, dass sich bereits bestehende Herausforderungen weiter verschärften. “Ganz grundsätzlich müssen wir uns noch sehr sorgfältig anschauen, ob die EU-Kohäsionspolitik das richtige Haushaltsinstrument für die Reaktion auf Krisen ist.”
Die Kohäsionspolitik sei bereits häufig genutzt worden, um kurzfristig auf Krisen zu reagieren, und einige der dazu eingeführten Änderungen seien inzwischen zum festen Bestandteil geworden. Die langfristigen Auswirkungen dieser Praxis seien jedoch noch nicht formal bewertet worden, so die Prüfer. Durch die neuen, deutlich flexibleren Vorschriften für die Kohäsionspolitik des Zeitraums 2021 bis 2027 könnten Fördergelder leichter für die Bewältigung unerwarteter Ereignisse eingesetzt werden.
Unterm Strich besteht den Prüfern zufolge das Risiko, dass der regelmäßige Rückgriff auf die Kohäsionspolitik zur Bewältigung von Krisen das vorrangige strategische Ziel dieses Politikbereichs – die Verringerung der Unterschiede zwischen den europäischen Regionen – aus dem Blick geraten lässt.
Die Kohäsionspolitik ist mit einem Budget von 355 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014 bis 2020 einer der größten Politikbereiche des EU-Haushalts. Ihr Hauptziel besteht darin, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zwischen den Regionen zu stärken. leo
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat Vorbehalte gegen den Vorschlag der EU-Kommission, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drastisch zu reduzieren. In der Bewertung des Arbeitsprogramms der Kommission durch die schwarz-grüne Regierung, die Europe.Table vorliegt und heute veröffentlicht wird, heißt es: “Bei dem Vorschlag der Pflanzenschutzmittelverordnung, die eine europaweite Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent bis 2030 vorsieht, ist darauf zu achten, dass Abhängigkeiten im Bereich der Lebensmittelversorgung nicht vergrößert werden.” Die Landesregierung fordert: Die im Vorschlag vorgesehene Gebietskulisse der “ökologisch empfindlichen Gebiete” solle überprüft und die Verbotstatbestände unter Berücksichtigung der jeweiligen Schutzziele überarbeitet werden.
Die Überarbeitung der Chemikalienrichtlinie REACH durch die Kommission werde die Landesregierung kritisch begleiten, heißt es in dem Papier weiter. Die Neuausrichtung der Chemikalienpolitik im Kontext des Green Deal könne zwar einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft liefern. Richtig sei allerdings auch, dass die zu erwartenden Vorschläge einen “erheblichen Anpassungsbedarf” in der chemischen Industrie mit sich bringen würden. Wichtig für den Chemiestandort NRW sei, dass die geplante Modernisierung des Chemikalienrechts mit langfristiger Planbarkeit und Investitionssicherheit verbunden werde.
Im Hinblick auf die anstehende Halbzeit-Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU fordert das Land: Auch wirtschafts- und finanzstarke Regionen wie etwa Nordrhein-Westfalen müssten aus dem EU-Haushalt Mittel bekommen, um den Herausforderungen der grünen und digitalen Transformation gerecht zu werden. Außerdem fordert die Landesregierung, der EU-Haushalt müsse flexibler werden, damit die EU schneller auf Krisen reagieren könne. mgr
Die Frage nach der Definition von grünem Wasserstoff wird beim Trilog über die Richtlinie für erneuerbare Energien (RED 3) am 7. Februar im Vordergrund stehen. Markus Pieper (CDU), Berichterstatter für die Revision der RED-Richtlinie, beschuldigt die Europäische Kommission, zu lange mit der Vorlage der beiden delegierten Rechtsakte zu warten, die erneuerbare Kraftstoffe aus nicht-biologischen Quellen definieren sollen – also auch grünen Wasserstoff. Der Europaabgeordnete hat seinem Verhandlungsteam vorgeschlagen, diese Kriterien direkt im Trilog zu definieren, wenn sie nicht bis zum 7. Februar vorgelegt würden. “Die schwedische Ratspräsidentschaft ist damit einverstanden”, sagte er.
Als Hors d’œuvre ein kurzer Rückblick: Die Europäische Union hat die Entwicklung von Wasserstoff zu einer Priorität gemacht. Im REPowerEU-Plan wurden ehrgeizige Ziele bis 2030 festgelegt. Eine wichtige Ausnahme im Beihilferecht: Die Wasserstoff-Wirtschaft wurde als sogenanntes wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) anerkannt. Die ersten beiden Förderrunden (die Technologiewelle und die Industriewelle) machen 10,6 Milliarden Euro an Genehmigungen staatlicher Beihilfen durch die Kommission aus. Darüber hinaus wurde die Gründung einer Wasserstoffbank beschlossen, die mit 3 Milliarden Euro ausgestattet ist.
Auf normativer Ebene wird die EU nun durch die RED 3 und das Gasmarktpaket tätig. Der RED-3-Entwurf gibt dem Wasserstoff einen wichtigen Impuls, indem er – so zumindest der Vorschlag der Kommission – ehrgeizige Ziele für erneuerbaren Wasserstoff, der durch Elektrolyse hergestellt wird, bis 2030 bzw. 2035 in der Industrie festlegt.
Einer der wichtigsten Punkte dieser Reform: die Art der Primärenergie, die zum Erreichen dieser Ziele verwendet wird. Soll nuklear erzeugter Wasserstoff in die gewählten Ziele einbezogen werden? Oder anders ausgedrückt: Kann er unter die Definition von grünem Wasserstoff fallen? Die EU-Mitgliedstaaten sind sich in der Frage uneinig.
Für Jutta Paulus (Grüne/EFA), Schattenberichterstatterin im Industrieausschuss (ITRE), im Verkehrsausschuss (TRAN) und im Umweltausschuss (ENVI), ist die Sache klar: Wenn überhaupt, sollte in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie nur Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erwähnt werden. Angesichts der derzeitigen Schwierigkeiten rund um die Reaktoren in Frankreich, und der daraus folgenden Probleme bei der Stromproduktion, ist “die Debatte (um die Atomenergie und Wasserstoff) ganz schön absurd”, findet die Europaabgeordnete.
Emmanuel Macron hat zwar angekündigt, neue Reaktoren in Frankreich bauen zu lassen, erinnert Paulus. Dies würde aber zwanzig, dreißig Jahre dauern. “Ich glaube, dahinter steckt, dass Frankreich an die öffentlichen Gelder ran möchte. Dies ist mit den erheblichen Kapitalkosten zu erklären, die man dafür braucht”, sagt sie.
Frankreich und sieben weitere (mittel- und osteuropäische) Mitgliedstaaten, setzen sich derzeit dafür ein, dass nuklear erzeugter Wasserstoff in die Zielvorgaben einbezogen wird. Diese Position wurde von der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die am 31. Dezember letzten Jahres endete, unterstützt. Sie wird auch von einer Industriekoalition aus France Hydrogène und weiteren europäischen Akteuren, die mit Wasserstoff in Verbindung stehen, getragen.
Mehrere Mitgliedstaaten lehnen dies ab. Deutschland hatte sich durch das Energiesolidaritätsabkommen vom 25. November der französischen Position zuerst angeschlossen, änderte dann jedoch seine Position und bekämpfte im Dezember die französische Forderung. Die deutsch-französische Erklärung vom 22. Januar verwischte die Fronten wieder. Darin heißt es: “Wir werden (…) sicherstellen, dass sowohl erneuerbarer als auch kohlenstoffarmer Wasserstoff bei den europäischen Dekarbonisierungszielen berücksichtigt werden kann, wobei wir deren Unterschiede anerkennen und das allgemeine Ambitionsniveau der Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien halten werden”.
Auf ihrer gemeinsamen Reise nach Washington, D.C., in der kommenden Woche könnten der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ihre Differenzen weiter beschwichtigen. Auch der US-amerikanische Inflation Reduction Act berücksichtigt grünen Wasserstoff. In Brüssel werden sich die Verhandlungen über die Erneuerbare-Energien-Richtlinie währenddessen langsam dem Dessert nähern. Nach dem Trilog am kommenden Dienstag folgen jedoch noch mindestens zwei weitere im März.
diese Nachricht wird vor allem den luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn freuen, dessen Leidenschaft für das Rennradfahren vor einigen Wochen Gegenstand einer Tragikomödie von Charlotte Wirth im Europe.Table war: Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments (TRAN) fordert die EU-Kommission auf, eine Fahrrad-Strategie vorzulegen – mit dem Ziel, die Zahl der geradelten Kilometer in der EU bis 2030 zu verdoppeln. Mehr dazu lesen Sie heute in unseren News.
In Kiew hat der EU-Ukraine-Gipfel begonnen. Während die Ukraine auf einen schnellen EU-Beitritt pocht, warten die EU-Länder noch einen Bericht der EU-Kommission zu den Reformfortschritten der Ukraine im Sommer ab, berichtet Eric Bonse. Erst dann wollen sie entscheiden, ob sie offiziell Beitrittsverhandlungen aufnehmen. In Brüssel geraten derweil die Verhandlungen über das nunmehr zehnte Sanktionspaket gegen Russland ins Stocken.
In ihrer Kolumne widmet sich meine Kollegin Claire Stam heute der Molekularküche: Die Frage, ob mit Atomkraft erzeugter Wasserstoff als grün definiert werden kann, spaltet die EU-Mitgliedstaaten. Am kommenden Dienstag wird dies im Vordergrund des Trilogs über die Richtlinie für erneuerbare Energien (RED 3) stehen. Dem Berichterstatter im Parlament, Markus Pieper (EVP), ist die Kommission zu langsam: Sollte sie bis Dienstag keine Kriterien für erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs vorlegen, will er diese direkt im Trilog definieren.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Donnerstag in Kiew unter anderem das nunmehr zehnte Sanktionspaket sowie ein “internationales Zentrum für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression in der Ukraine” an, das in Den Haag eingerichtet werden soll. Details nannte sie beim EU-Ukraine-Gipfel noch nicht, sie sollen später ausgearbeitet werden.
Der Besuch der Kommission in Kiew hatte vor allem symbolischen Wert. Kurz vor dem Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar wollte die EU-Behörde ihre Solidarität unterstreichen. Von der Leyen sprach von einem deutlichen Signal. “Die Ukraine ist zum Mittelpunkt unseres Kontinents geworden. Zum Ort, an dem unsere Werte hochgehalten werden, wo unsere Freiheit verteidigt wird und wo die Zukunft Europas geschrieben wird.”
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte eine Ausweitung der militärischen Ausbildungsmission EUMAM (EU Military Assistance Mission Ukraine) an. Die EUMAM werde zusätzliche 15.000 ukrainische Soldaten trainieren und die Gesamtzahl damit auf 30.000 erhöhen, sagte der Spanier nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal. Experten aus den Streitkräften der EU-Mitgliedstaaten wollen künftig auch Kampfpanzer-Besatzungen schulen. Der Leopard 2, den unter anderem Deutschland und Polen liefern wollen, soll so schnell und effizient wie möglich genutzt werden.
Die EU-Kommission kündigte auch weitere finanzielle und humanitäre Hilfen an. So sollen rund 150 Millionen Euro für den Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie-Infrastruktur bereitgestellt werden. Zudem wird die EU weitere 2400 Stromgeneratoren zur Verfügung stellen – zusätzlich zu den 3000, die seit Beginn des Krieges geliefert wurden. Seit Kriegsbeginn habe die EU die Ukraine mit 50 Milliarden Euro unterstützt, betonte von der Leyen.
Auf das informelle Treffen der Kommission mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und der ukrainischen Regierung folgt am heutigen Freitag der 24. EU-Ukraine-Gipfel, zu dem auch Ratspräsident Charles Michel nach Kiew reist. Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten sind bei diesem Gipfeltreffen nicht vertreten. Sie waren aber über ihre ständigen Vertreter in Brüssel in die Vorbereitung eingebunden. Große Entscheidungen sind nicht geplant.
Im Entwurf für die Gipfel-Erklärung, der Europe.Table vorliegt, wird der “unprovozierte und ungerechtfertigte Angriffskrieg” Russlands verurteilt. Die EU verspricht, die Ukraine in diesem Krieg “so lange wie nötig” zu unterstützen.
Die Passagen zum EU-Beitritt fallen für die Ukraine enttäuschend aus. Regierungschef Denys Schmyhal hatte angekündigt, dass sein Land binnen zwei Jahren beitreten wolle. Der Gipfelentwurf enthält jedoch keine Frist. Vielmehr verweist der Text auf den Fortschrittsbericht, den die EU-Kommission im Herbst vorlegen will. Zudem mahnt er die “vollständige und konsequente Umsetzung der Justizreformen” an, die Kiew 2022 zugesagt hatte.
Damit es zu Beitrittsverhandlungen kommt, müssen zudem noch alle 27 EU-Staaten grünes Licht geben. Angesichts des wieder eskalierenden Krieges und der zahlreichen, gerade erst aufgedeckten Korruptionsskandale zeichnet sich jedoch keine schnelle Entscheidung in Brüssel ab. Als “Trostpflaster” hat die EU-Kommission eine engere Zusammenarbeit bei europäischen Programmen angekündigt – allerdings unterhalb der Schwelle der Mitgliedschaft.
Der Gipfelentwurf enthält auch ein Bekenntnis zu weiteren Sanktionen gegen Russland. Allerdings sind die Gespräche über Strafmaßnahmen im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am Donnerstag in Brüssel ausgesetzt worden – die Differenzen waren zu groß. Zur Debatte steht eine Überprüfung des im Dezember verhängten Ölpreisdeckels, ein Preislimit für Diesel und andere Raffinerieprodukte sowie eine Verschärfung der Sanktionen gegen Belarus. Bei letzterem geht es vor allem um die Frage, ob Sanktionen gegen Belarus mit jenen gegen Russland harmonisiert werden, um über Minsk auch Druck auf Moskau aufzubauen.
Zum Ölpreisdeckel hat die EU-Kommission vorgeschlagen, ab dem 5. Februar Preisobergrenzen für russische Ölprodukte wie etwa Diesel festzulegen. Sie sollen bei 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) für russischen Diesel und bei 45 Dollar pro Barrel für Heizöl aus Russland liegen. Einigen Ländern geht dies zu weit, anderen nicht weit genug. Die Beratungen sollen am Wochenende fortgesetzt werden.
Ob die Deadline für eine Einigung im AStV am Sonntag gehalten werden kann, ist unklar. Streit gibt es auch über das zehnte Sanktionspaket, das vor dem Jahrestag des russischen Überfalls am 24. Februar verhängt werden soll. Die Ukraine fordert, auch den Handel mit russischen Diamanten sowie die russische Atomindustrie mit Strafen zu belegen. Bei den Diamanten steht jedoch Belgien auf der Bremse, bei Rosatom haben mehrere EU-Staaten Bedenken. Auch hier wird es eng.
06.02.-08.02.2023
Informelle Ministertagung Wettbewerbsfähigkeit
Themen: Langfristige Ziele im Hinblick auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit durch einen gestärkten Binnenmarkt und die grüne Transformation, Diskussion über die langfristigen Auswirkungen kurzfristiger Maßnahmen, die aufgrund der Energiekrise ergriffen werden, auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU, Politische Debatte über den freien Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen und darüber, wie sich das wissenschaftliche Publikationssystem entwickeln und von der Digitalisierung beeinflusst werden wird. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu den Prioritäten des schwedischen Vorsitzes, Gedankenaustausch zu der Vorbereitung der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates am 9./10. Februar 2023, Sachstand zu den Beziehungen EU-Vereinigtes Königreich. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Aussprache zur Hungersnot in Ostafrika, Aussprache zu Herausforderungen im Zusammenhang mit Plastikverschmutzung sowie Abfallentsorgung und -bewirtschaftung in Entwicklungsländern, Vorstellung einer Studie zu umfassenden Maßnahmen zur erfolgreichen Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele vor und nach Ablauf der Frist im Jahr 2030 (Agenda 2030 der Vereinten Nationen). Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Berichtsentwurf zum europäischen Jahr der Aus- und Weiterbildung 2023, Entwurf einer Stellungnahme zur Bewertung der neuen Mitteilung der Kommission zu den Gebieten in äußerster Randlage. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2022, Entwurf einer Stellungnahme zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zur Änderung der Verträge, Entwurf einer Stellungnahme zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, Entwurf einer Stellungnahme zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 15:30-19:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Anhörung zur Verstärkung der EU-Unterstützung für die Ukraine (Bedingungen für die Europäische Friedensfazilität und Aufstockung der Kapazitäten), Berichtsentwurf zur Umsetzung der zivilen GSVP und sonstige die zivile Sicherheit betreffende Unterstützung durch die EU. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 16:30-17:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung. Vorläufige Tagesordnung
06.02.2023 – 18:45-20:45 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
07.02.2023
RED-Trilog
Themen: Die Verhandler werden sich mit den Zielen für den Verkehrssektor befassen. Bei den bisherigen technischen Treffen konnten keine Kompromisse zur Emissionsreduzierung des Sektors bis 2030 oder zu den Zielen für fortschrittliche Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe erzielt werden. Darüber hinaus beschuldigt der RED-Berichterstatter, Markus Pieper (EVP), die EU-Kommission, die beiden delegierten Rechtsakte, die nicht-biologische erneuerbare Kraftstoffe (RFNBOs) definieren sollen, zu spät vorzulegen. Pieper erklärte, er habe seinem Verhandlungsteam vorgeschlagen, diese Kriterien direkt im Trilog zu definieren, wenn sie nicht bis zum 7. Februar vorgelegt würden. Die schwedische Ratspräsidentschaft sei damit einverstanden, sagte er.
07.02.2023
Assoziationsrat EU-Republik Moldau
Themen: Diskussion über den politischen Dialog und die Reformen, die wirtschaftliche und sektorale Zusammenarbeit (insbesondere im Energiesektor) sowie die Zusammenarbeit und Konvergenz im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Infos
08.02.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Debatten und Aussprachen zu den Zielen der Union im Bereich der Katastrophenresilienz. Vorläufige Tagesordnung
09.02.-10.02.2023
Außerordentliches Treffen des Europäischen Rates
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten und die Spitzen der EU-Institutionen kommen in Brüssel zusammen. Infos
09.02.2023 – 09:00-15:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Einführung eines Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzen, Entwurf einer Stellungnahme zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 09:00-09:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA) und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO)
Themen: Berichtsentwurf zur Festlegung von Vorschriften für die Ausübung der Rechte der Union bei der Durchführung und Durchsetzung des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 09:15-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und Armenien, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan, Bericht 2022 der Kommission über Serbien. Vorläufige Tagesordnung
09.02.2023 – 15:00-16:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zur Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung
Nach der Korruptionsaffäre um die ehemalige EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili hat das EU-Parlament nun die Immunität der beiden Abgeordneten Andrea Cozzolino aus Italien und Marc Tarabella aus Belgien aufgehoben. Beide gehörten bis vor kurzem der sozialdemokratischen Fraktion an, gelten mittlerweile aber als fraktionslos.
Belgische Ermittler hatten beantragt, sie im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre und der Einflussnahme Katars und Marokkos zu befragen. Beide stritten über ihre Anwälte ein Fehlverhalten ab und erklärten sich bereit, auf Fragen der belgischen Behörden zu antworten. Tarabella gab sogar persönlich im Plenum seine Zustimmung für die Aufhebung der Immunität.
Cozzolino wird vorgeworfen, 2019 dafür bezahlt worden zu sein, sich im Parlament für die Interessen anderer Staaten und gegen Entscheidungen, die diesen Staaten schaden könnten, einzusetzen. Tarabella wird verdächtigt, in den vergangenen zwei Jahren bestimmte Positionen zugunsten eines Drittlandes gegen Barzahlungen unterstützt zu haben. Laut Zeugenaussagen soll er dafür mehrfach Zahlungen in Höhe von insgesamt 120.000 bis 140.000 Euro erhalten haben.
Die Griechin Eva Kaili und der ehemalige italienische Abgeordnete Pier Antonio Panzeri befinden sich bereits seit Dezember zusammen mit zwei weiteren Personen in belgischem Gewahrsam. Sie sind wegen Korruption und Geldwäsche im Zusammenhang mit angeblichen Zahlungen aus Katar und Marokko angeklagt.
Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi, der sich ebenfalls in Haft befindet, gestand, Bestechungsgelder angenommen zu haben, und sagte, er habe Tarabella verdächtigt, Geld von Katar erhalten zu haben, so eine mit den Ermittlungen vertraute Quelle. Giorgis Anwalt lehnte eine Stellungnahme ab. luk/rtr
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Steuervergünstigungen für Investitionen als EU-Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) ins Gespräch gebracht. “Das ist ein sehr interessanter Vorschlag der EU-Kommission”, sagte er am Donnerstag zum Auftakt seines zweitägigen Aufenthalts in Stockholm nach Treffen mit seiner schwedischen Amtskollegin Ebba Busch und Handelsminister Johan Forssell. “Hier scheint mir der Umriss einer sehr starken europäischen Antwort auf den IRA zu sein.”
Bisher müsse man in der Regel in der EU jede Subvention mit vielen Formularen und Akten beantragen. Dies koste viel Zeit, der Weg über Abschreibungen würde deutlich schneller gehen. “Wir sollten an diesem Vorschlag weiterarbeiten.” Grundsätzlich sollten Subventionen nur in Ausnahmefällen für neue Technologie gewährt werden. Da Europa aber in zentralen Feldern zurückzufallen drohe, müsse man nun das Pragmatische tun. Er machte außerdem deutlich, Fördergelder müssten breiter gestreut werden, um technologische Abhängigkeiten etwa von Asien zu verringern. Habeck nannte neben der Produktion von Halbleitern und Solarmodulen auch die Batterieproduktion.
Die schwedische Ministerin Busch nannte den IRA eine Gefahr für den Wettbewerb, sprach sich aber gegen einen Subventionswettlauf aus. “Es gibt einen Weg für eine kluge und gemeinsame Antwort auf den IRA”, sagte sie. Schweden hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und will die Reaktion der Mitgliedstaaten auf das US-Programm koordinieren. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission ihre Pläne vorgelegt und auch die Option von Steuervergünstigungen erwähnt.
“Ich glaube, wir haben eine gute Chance, eine Handelsauseinandersetzung, manche sagen Handelskrieg, zu vermeiden”, sagte Habeck. Die USA und die EU müssten zusammenarbeiten. “Eigentlich müssten wir es schaffen, gerade im Industriebereich eine grüne Brücke über den Atlantik zu schlagen.” Die Zusammenarbeit in einem Handels- und Technologierat der USA und der EU könne der “Nukleus” einer Art gemeinsamen Industrieabkommens sein. In der kommenden Woche wird Habeck mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire nach Washington, D.C., reisen und der US-Regierung die Position der EU zum IRA darlegen.
Habeck will in Schweden auch dafür werben, dass der schwedische Batteriehersteller Northvolt eine Fabrik in Schleswig-Holstein baut. Am heutigen Freitag will er ein Forschungslabor des Unternehmens besuchen und dort auch Northvolt-Chef Peter Carlsson treffen. Northvolt hatte signalisiert, der Bau der Fabrik könnte sich verzögern. Als Gründe nannte das Unternehmen die örtlichen Strompreise und höhere Subventionen in den USA. rtr/dpa/leo
Wahlen und Referenden in der EU sollen künftig transparenter und die Einflussnahme von außen schwieriger werden. Am Donnerstag nahm das EU-Parlament seinen Bericht für strengere Regeln für politische Werbung mit einer klaren Mehrheit von 433 Ja-Stimmen zu 61 Nein-Stimmen bei 110 Enthaltungen an.
Demnach dürfen nur noch personenbezogene Daten von Werbeanbietern verwendet werden, die explizit für politische Online-Werbung zur Verfügung gestellt wurden. So soll das sogenannte Micro-Targeting, bei dem Verbraucherdaten und demografische Daten genutzt werden, um Persönlichkeitsprofile von Internetnutzern zu erstellen, verhindert werden. Im Kommissionsvorschlag fehlte diese Einschränkung. Bei Verstößen sollen laut dem Bericht Geldstrafen verhängt werden können.
Außerdem stimmten die Abgeordneten dafür, Einrichtungen mit Sitz außerhalb der EU die Finanzierung politischer Werbung in der EU zu untersagen. Um den Zugang zu Informationen über politische Werbung für EU-Bürger, Behörden und Journalisten zu erleichtern, soll zudem ein Online-Register eingerichtet werden. Darin soll abrufbar sein, wer Werbung finanziert, wie hoch die Kosten sind und woher das verwendete Geld stammt.
Mit der Annahme des Berichts können die Verhandlungen mit dem Rat beginnen. Dieser hatte seine Position im Dezember festgelegt. Die neuen Regelungen sollen rechtzeitig vor den Europawahlen 2024 verabschiedet werden und in Kraft treten. luk
Der Verkehrsausschuss des Europaparlaments (TRAN) fordert die Kommission auf, eine Fahrrad-Strategie vorzulegen. Sie soll das Ziel verfolgen, die Zahl der geradelten Kilometer in der EU bis 2030 zu verdoppeln. Die Resolution, die vom Ausschuss beschlossen wurde, fordert zudem, dass die Hersteller und die Zuliefer-Industrie rund um Fahrräder sowie E-Bikes und Batterien als legitime Partner im Bereich Mobilität der EU-Industriestrategie anerkannt werden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, die Marke “Made in Europe” für Räder und Zubehör zu etablieren. Dadurch erhöhe sich die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Zweirad-Industrie, so würden hochwertige Jobs geschaffen und könnten Cluster für die Fahrrad-Industrie entstehen.
Der Verkehrsausschuss fordert zudem, dass E-Bikes, die bis zu 25 km/h fahren, sowohl im EU-Recht als auch in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten eine eigenständige rechtliche Klassifizierung bekommen. Die Mitgliedstaaten sollten von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei Zubehör, Miete und Reparatur von Rädern und E-Bikes den reduzierten Umsatzsteuersatz zu veranschlagen. Die Kommission solle 2024 als Europäisches Jahr des Radfahrens ausrufen. Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne), Mitglied im Verkehrsausschuss: “Mit der EU-Rad-Resolution findet das Rad endlich Berücksichtigung als Teil der Mobilitätswende.” Es sei höchste Zeit für eine sichere Radinfrastruktur, dafür bedürfe es europäischer Koordination und mehr Investitionen. mgr
Einer neuen Untersuchung des Umweltbundesamtes zufolge ist das europäische Emissionshandelssystem (ETS) besonders anfällig für Geldwäsche. Grund dafür sind fehlende Transparenzregelungen für Marktteilnehmer sowie der große Anteil außerbörslichen OTC-Handels (Over the counter) im ETS.
Aufgrund der steigenden CO2-Preise steige auch die Attraktivität des Marktes für kriminelle Handlungen. Zudem fehle es an “Bewusstsein” für Geldwäsche bei den Marktteilnehmern sowie Compliance innerhalb der Unternehmen, sodass das Risiko der Geldwäsche im ETS weiter zunehmen dürfte, schreibt Studienautor Kai Bussmann von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Für die Untersuchung hat Bussmann Unternehmen aus den Teilnehmerländern des ETS befragt. Dabei kam er hochgerechnet auf rund 3.300 Transaktionen innerhalb von zwei Jahren, “die einen Verdacht auf Geldwäsche begründen”. Bei rund der Hälfte dieser verdächtigen Transaktionen könnte es den Versuch gegeben haben, die wahre Identität des Käufers zu verschleiern, schreibt Bussmann. Er rechnet jedoch mit einer deutlich höheren Dunkelziffer.
Weitere Auffälligkeiten bei Transaktionen bestehen aus unklaren Geschäftsmotiven der Käufer von CO₂-Zertifikaten, eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten der Käufer sowie die bevorzugte Zahlungsweise in Bargeld.
Bussmann empfiehlt daher die Verwendung softwaregestützter Analysetools im Unionsregister, wo ETS-Marktteilnehmer ihre Transaktionen hinterlegen. Dies soll auffällige Transaktionsmuster besser erkennbar machen und die Möglichkeit, Verdachtsmeldungen abzugeben, eröffnen. Außerdem fordert die Einführung einer Transaktionsgrenze für Barzahlungen. luk
Die wiederholte Nutzung der Kohäsionspolitik zur Krisenbewältigung könnte das Ziel der Verringerung der Entwicklungsunterschiede zwischen den Regionen verwässern. Das ist das Ergebnis eines neuen Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofs. Er untersuchte, wie die Kommission die Vorschriften angepasst hat, um den Mitgliedstaaten beim Einsatz der Fonds der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2014 bis 2020 zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie größere Flexibilität einzuräumen.
Die EU habe ihre Vorschriften rasch angepasst, um den Mitgliedstaaten beim Einsatz von Kohäsionsgeldern zur Bewältigung der Corona-Pandemie größere Flexibilität zu ermöglichen. Die Anpassungen hätten laut dem Rechnungshof für Liquidität, Flexibilität und Vereinfachung gesorgt und die Bewegung erheblicher Mittel ermöglicht. So seien bis zum 31. Dezember 2021 nicht weniger als 35 Milliarden Euro umgeschichtet worden, vor allem ins Gesundheitswesen und in die Unternehmensförderung. Über das REACT-EU-Instrument zur kurz- und mittelfristigen Krisenbewältigung seien weitere 50,4 Milliarden Euro bereitgestellt worden, allein die Hälfte davon für Spanien und Italien.
Gleichzeitig habe dies aber den Druck erhöht, die EU-Mittel schnell (bis Ende 2023) auszugeben. Darunter drohe der effiziente Einsatz der Gelder zu leiden. Die Kohäsionsprogramme des Zeitraums 2021 bis 2027 seien in der Folge zudem nur mit erheblicher Verzögerung angelaufen. 25 Prozent der REACT-EU-Gelder sollten außerdem in den Klimaschutz fließen. Dieses Ziel könne laut der Prüfer wahrscheinlich nicht erreicht werden.
“Die Maßnahmen der EU erleichterten die Verwendung von Kohäsionsmitteln, um den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der durch Corona ausgelösten wirtschaftlichen Notlage zu helfen”, sagte Iliana Ivanova, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. Damit sei jedoch zwangsläufig auch das Risiko gestiegen, dass sich bereits bestehende Herausforderungen weiter verschärften. “Ganz grundsätzlich müssen wir uns noch sehr sorgfältig anschauen, ob die EU-Kohäsionspolitik das richtige Haushaltsinstrument für die Reaktion auf Krisen ist.”
Die Kohäsionspolitik sei bereits häufig genutzt worden, um kurzfristig auf Krisen zu reagieren, und einige der dazu eingeführten Änderungen seien inzwischen zum festen Bestandteil geworden. Die langfristigen Auswirkungen dieser Praxis seien jedoch noch nicht formal bewertet worden, so die Prüfer. Durch die neuen, deutlich flexibleren Vorschriften für die Kohäsionspolitik des Zeitraums 2021 bis 2027 könnten Fördergelder leichter für die Bewältigung unerwarteter Ereignisse eingesetzt werden.
Unterm Strich besteht den Prüfern zufolge das Risiko, dass der regelmäßige Rückgriff auf die Kohäsionspolitik zur Bewältigung von Krisen das vorrangige strategische Ziel dieses Politikbereichs – die Verringerung der Unterschiede zwischen den europäischen Regionen – aus dem Blick geraten lässt.
Die Kohäsionspolitik ist mit einem Budget von 355 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014 bis 2020 einer der größten Politikbereiche des EU-Haushalts. Ihr Hauptziel besteht darin, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zwischen den Regionen zu stärken. leo
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat Vorbehalte gegen den Vorschlag der EU-Kommission, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drastisch zu reduzieren. In der Bewertung des Arbeitsprogramms der Kommission durch die schwarz-grüne Regierung, die Europe.Table vorliegt und heute veröffentlicht wird, heißt es: “Bei dem Vorschlag der Pflanzenschutzmittelverordnung, die eine europaweite Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent bis 2030 vorsieht, ist darauf zu achten, dass Abhängigkeiten im Bereich der Lebensmittelversorgung nicht vergrößert werden.” Die Landesregierung fordert: Die im Vorschlag vorgesehene Gebietskulisse der “ökologisch empfindlichen Gebiete” solle überprüft und die Verbotstatbestände unter Berücksichtigung der jeweiligen Schutzziele überarbeitet werden.
Die Überarbeitung der Chemikalienrichtlinie REACH durch die Kommission werde die Landesregierung kritisch begleiten, heißt es in dem Papier weiter. Die Neuausrichtung der Chemikalienpolitik im Kontext des Green Deal könne zwar einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft liefern. Richtig sei allerdings auch, dass die zu erwartenden Vorschläge einen “erheblichen Anpassungsbedarf” in der chemischen Industrie mit sich bringen würden. Wichtig für den Chemiestandort NRW sei, dass die geplante Modernisierung des Chemikalienrechts mit langfristiger Planbarkeit und Investitionssicherheit verbunden werde.
Im Hinblick auf die anstehende Halbzeit-Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU fordert das Land: Auch wirtschafts- und finanzstarke Regionen wie etwa Nordrhein-Westfalen müssten aus dem EU-Haushalt Mittel bekommen, um den Herausforderungen der grünen und digitalen Transformation gerecht zu werden. Außerdem fordert die Landesregierung, der EU-Haushalt müsse flexibler werden, damit die EU schneller auf Krisen reagieren könne. mgr
Die Frage nach der Definition von grünem Wasserstoff wird beim Trilog über die Richtlinie für erneuerbare Energien (RED 3) am 7. Februar im Vordergrund stehen. Markus Pieper (CDU), Berichterstatter für die Revision der RED-Richtlinie, beschuldigt die Europäische Kommission, zu lange mit der Vorlage der beiden delegierten Rechtsakte zu warten, die erneuerbare Kraftstoffe aus nicht-biologischen Quellen definieren sollen – also auch grünen Wasserstoff. Der Europaabgeordnete hat seinem Verhandlungsteam vorgeschlagen, diese Kriterien direkt im Trilog zu definieren, wenn sie nicht bis zum 7. Februar vorgelegt würden. “Die schwedische Ratspräsidentschaft ist damit einverstanden”, sagte er.
Als Hors d’œuvre ein kurzer Rückblick: Die Europäische Union hat die Entwicklung von Wasserstoff zu einer Priorität gemacht. Im REPowerEU-Plan wurden ehrgeizige Ziele bis 2030 festgelegt. Eine wichtige Ausnahme im Beihilferecht: Die Wasserstoff-Wirtschaft wurde als sogenanntes wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) anerkannt. Die ersten beiden Förderrunden (die Technologiewelle und die Industriewelle) machen 10,6 Milliarden Euro an Genehmigungen staatlicher Beihilfen durch die Kommission aus. Darüber hinaus wurde die Gründung einer Wasserstoffbank beschlossen, die mit 3 Milliarden Euro ausgestattet ist.
Auf normativer Ebene wird die EU nun durch die RED 3 und das Gasmarktpaket tätig. Der RED-3-Entwurf gibt dem Wasserstoff einen wichtigen Impuls, indem er – so zumindest der Vorschlag der Kommission – ehrgeizige Ziele für erneuerbaren Wasserstoff, der durch Elektrolyse hergestellt wird, bis 2030 bzw. 2035 in der Industrie festlegt.
Einer der wichtigsten Punkte dieser Reform: die Art der Primärenergie, die zum Erreichen dieser Ziele verwendet wird. Soll nuklear erzeugter Wasserstoff in die gewählten Ziele einbezogen werden? Oder anders ausgedrückt: Kann er unter die Definition von grünem Wasserstoff fallen? Die EU-Mitgliedstaaten sind sich in der Frage uneinig.
Für Jutta Paulus (Grüne/EFA), Schattenberichterstatterin im Industrieausschuss (ITRE), im Verkehrsausschuss (TRAN) und im Umweltausschuss (ENVI), ist die Sache klar: Wenn überhaupt, sollte in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie nur Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erwähnt werden. Angesichts der derzeitigen Schwierigkeiten rund um die Reaktoren in Frankreich, und der daraus folgenden Probleme bei der Stromproduktion, ist “die Debatte (um die Atomenergie und Wasserstoff) ganz schön absurd”, findet die Europaabgeordnete.
Emmanuel Macron hat zwar angekündigt, neue Reaktoren in Frankreich bauen zu lassen, erinnert Paulus. Dies würde aber zwanzig, dreißig Jahre dauern. “Ich glaube, dahinter steckt, dass Frankreich an die öffentlichen Gelder ran möchte. Dies ist mit den erheblichen Kapitalkosten zu erklären, die man dafür braucht”, sagt sie.
Frankreich und sieben weitere (mittel- und osteuropäische) Mitgliedstaaten, setzen sich derzeit dafür ein, dass nuklear erzeugter Wasserstoff in die Zielvorgaben einbezogen wird. Diese Position wurde von der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die am 31. Dezember letzten Jahres endete, unterstützt. Sie wird auch von einer Industriekoalition aus France Hydrogène und weiteren europäischen Akteuren, die mit Wasserstoff in Verbindung stehen, getragen.
Mehrere Mitgliedstaaten lehnen dies ab. Deutschland hatte sich durch das Energiesolidaritätsabkommen vom 25. November der französischen Position zuerst angeschlossen, änderte dann jedoch seine Position und bekämpfte im Dezember die französische Forderung. Die deutsch-französische Erklärung vom 22. Januar verwischte die Fronten wieder. Darin heißt es: “Wir werden (…) sicherstellen, dass sowohl erneuerbarer als auch kohlenstoffarmer Wasserstoff bei den europäischen Dekarbonisierungszielen berücksichtigt werden kann, wobei wir deren Unterschiede anerkennen und das allgemeine Ambitionsniveau der Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien halten werden”.
Auf ihrer gemeinsamen Reise nach Washington, D.C., in der kommenden Woche könnten der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ihre Differenzen weiter beschwichtigen. Auch der US-amerikanische Inflation Reduction Act berücksichtigt grünen Wasserstoff. In Brüssel werden sich die Verhandlungen über die Erneuerbare-Energien-Richtlinie währenddessen langsam dem Dessert nähern. Nach dem Trilog am kommenden Dienstag folgen jedoch noch mindestens zwei weitere im März.