Table.Briefing: Europe

Tiktok-Dilemma im Wahlkampf + EU-Sozialagenda blockiert + Ermittlungen zu russischer Einflussnahme

Liebe Leserin, lieber Leser,

das heute beginnende Treffen der Energieminister ist zwar informell, das Thema jedoch ziemlich ernst. Am Freitag verdeutlichte das ein perfekt getimter Bericht der Regulierungsagentur ACER. Ohne massive zusätzliche Anstrengungen wird die EU ihr zentrales Ziel für den Strombinnenmarkt verpassen und der Bau immer neuer und vor allem immer günstigerer Wind- und Solarparks könnte für die Katz’ sein.

Denn der grüne Strom muss frei über Ländergrenzen fließen können – von sonnen- und windreichen Landstrichen in energiehungrige Ballungsgebiete und Industriezentren. Deshalb sollen die EU-Staaten bis Ende nächsten Jahres 70 Prozent ihrer Leitungskapazitäten für den europäischen Stromhandel freihalten – und so auch Schluss machen mit jeder Menge kostspieliger Nebeneffekte des verschleppten Netzausbaus.

Doch dieses Ziel wird wohl verfehlt, wie aus dem jüngsten ACER-Bericht herauszulesen ist. Weil sich der Bau ungeliebter Stromtrassen nicht beliebig beschleunigen lässt, drängen die Regulierer deshalb auch auf eine andere, “strukturellere Lösung”: die Teilung der meist noch nationalen Strompreiszonen.

Für die deutsche Industrie würde dies höhere Strompreise gerade im Westen und Süden der Republik bedeuten. Über die Auswirkungen und das genaue Entscheidungsverfahren informiert ein kostenloses Table.Live-Briefing am Donnerstag, unter anderem mit einem Beamten aus der Generaldirektion Energie, zu dem Sie sich hier kostenlos anmelden können.

Ihr
Manuel Berkel
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Analyse

Europawahlkampf: Tiktok stellt Politik vor Dilemma

20 Millionen Nutzer gibt Tiktok allein für Deutschland an – pro Monat. Ob man der Zahl jetzt glaubt oder nicht: Die vom chinesisch kontrollierten Anbieter Bytedance betriebene App ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen extrem beliebt – sowie bei Verschwörungstheoretikern und dem rechten Rand. Das bringt die Parteizentralen zum Nachdenken über den richtigen Umgang, vor allem angesichts der Reichweiten, die etwa der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl und China-Fan Maximilian Krah dort zu erzielen scheint.

Krah nutzt Tiktok als Plakatwand für seine Pamphlete: “Millionen Afrikaner kommen nach Europa, werden hier auf unsere Kosten versorgt, und werden absehbar nicht reüssieren”, behauptet er in einem Video. Um dann zu sagen: “Normalerweise müsste ich das scharf kritisieren, aber jetzt gibt es ja den Digital Services Act und damit darf ich das gar nicht mehr.” Allein in diesem kurzen Ausschnitt ist annähernd alles falsch, was sachlich falsch sein kann. Ganze 245.270 Asylanträge gab es 2022 vom gesamten afrikanischen Kontinent – in der gesamten EU. Und der Digital Services Act verbietet auch keine Kritik an Gesetzgebung oder politischen Zuständen.

Aber Krah erreicht mit seiner Mischung aus Unwahrheiten, Halbwahrheiten, misogynen Dating-Tipps über Tiktok viele junge Menschen. Seine Followerzahl ist nicht gerade überwältigend. Doch Follower sind auf Tiktok anders als auf anderen Plattformen keineswegs die richtige Währung. Denn die Plattform spült ihren Nutzern ihrer Meinung nach passende Videos in den Feed. Nach welchen Kriterien genau ist ein Geschäftsgeheimnis der Betreiber.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist schon da, seit ihrem Kampagnenstart für die Europaparlamentswahl. Bei der dürfen erstmals auch 16-jährige in Deutschland wählen gehen. “Not made in China” ist eine von Strack-Zimmermanns Werbebotschaften auf TikTok. “Wir wollen dieses Medium doch nicht den Rechten überlassen, oder den Chaoten, oder?” Das fragt “MASZ” natürlich nicht irgendwo, sondern in einem Tiktok-Video. Und sie ist nicht die einzige, die auf der Plattform nun Präsenz zeigt.

Grüne kündigen Parteiaccount an

“Tiktok gewinnt gerade bei Jugendlichen immer mehr an Beliebtheit und wird zunehmend auch dafür genutzt, um sich über das aktuelle Weltgeschehen zu informieren“, heißt es etwa aus der Grünen-Parteizentrale. Eine Sprecherin kündigt an: “Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, werden wir in den kommenden Wochen als Partei mit einem Account bei Tiktok zu finden sein.”

In der FDP-Zentrale wird ein Parteiaccount noch geprüft, so wie auch in anderen Parteizentralen. Die Kanalstrategie wolle man nicht verraten, heißt es etwa aus dem Konrad-Adenauer-Haus, aber die CDU überlege: “Wir beobachten die Trends und Entwicklungen im Bereich Social Media intensiv und lassen das in unsere strategischen Überlegungen einfließen. Hierzu zählt auch Tiktok.”

Tiktok stelle die westliche Politik vor ein Dilemma, meint Politikberater Johannes Hillje. “Einerseits will man nicht ein geostrategisches Werkzeug Chinas füttern, andererseits kann man die vielen Tiktok-Nutzer nicht den radikalen Kräften überlassen.” In der Abwägung sei es richtig, dass die anderen Parteien nachziehen, ansonsten drohe aus der Generation TikTok die Generation AfD zu werden, sagt Hillje.

Spagat zwischen seriös und peinlich

Dabei stelle die Umgebung auf der Plattform und die Erwartung der Nutzer eine Herausforderung dar: Es gehe um einen “Spagat zwischen zielgruppen- und plattformgerechter Ansprache und einem Mindestmaß an politischer Seriosität.” Weder müssten Politiker tanzen – auf Tiktok populär – noch die Sprache der Jugend imitieren, meint Hillje. 

Sie sollten aber “Themen, Interessen, Ästhetik und Kommunikationsgewohnheiten junger Menschen aufgreifen.” Am Ende gehe es um Relevanz. Und zwar die der jungen Menschen, die TikTok nutzten und sich oft genug nicht wahrgenommen fühlten. “Im besten Fall ist Tiktok ein Türöffner für junge Menschen zur Politik”, glaubt Hillje.

Auch TikTok muss DSA beachten

Ob Tiktok im Europawahlkampf allerdings eine relevante oder gar entscheidende Rolle spielt, ist vollkommen offen. Die Plattform fällt unter die Regeln des Digital Services Act als besonders großer Anbieter. Damit einher geht der besondere Schutz vor “systemischen Risiken”, zu denen etwa auch Wahlbeeinflussung und Manipulation gezählt wird.

Kooperativ zeige sich die Firma, heißt es dazu aus der EU-Kommission. Und doch stellen die Anforderungen, die die EU-Kommission an die Betreiber stellt, keine Kleinigkeit dar. Tiktok wird hochgradig automatisiert betrieben, auch bei der Moderation der Inhalte. Mit ihren Guidelines zur Europawahl hat die Kommission jedoch einige Anforderungen an die Plattformbetreiber formuliert, die technisch und personell umgesetzt werden müssen. Das betrifft zum einen das Erkennen von Falschmeldungen und die Inhaltemoderation. Hier muss Tiktok etwa für jede EU-Sprache qualifizierte Moderatoren beschäftigen. Für Maltesisch und Gälisch konnte Bytedance beim letzten Transparenzbericht im September 2023 keinen einzigen sprachkundigen Inhaltemoderator aufweisen, in Sprachen wie Estnisch, Litauisch oder Lettisch gerade einmal eine einstellige Zahl.

Im Februar hatte die Kommission auch deshalb bereits ein formelles Untersuchungsverfahren gegen Tiktok-Betreiber Bytedance eingeleitet. Aber auch aufgrund des Verdachts, dass die Firma ihren Pflichten bei der algorithmischen Transparenz und dem Angebot einer nicht-nutzerdatenbasierten Darstellung nicht vollständig nachkomme. Bei der würden etwa nur Inhalte solcher Konten dargestellt, denen die Nutzer auch aktiv folgen wollen. Genau hier aber liegt Tiktoks denkbare Relevanz im Europawahlkampf: Inhalte auch in Zielgruppen zu spülen, die sonst gar nicht erreicht würden.

Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier

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Sorge um internationale Wettbewerbsfähigkeit: Wieso Schweden die EU-Sozialagenda blockiert

In der EU gibt es Streit um den künftigen Kurs der Union bei der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Am Dienstag soll eigentlich die La-Hulpe-Deklaration von Rat, Parlament, Kommission und den Sozialpartnern unterzeichnet werden. Die Erklärung gilt als richtungsweisend, da sie die Sozialagenda für den Zeitraum 2024-2029 in den groben Zügen festlegt.

Doch noch bis zum Wochenende blockierte vor allem Schwedens Regierung auf Seite der Mitgliedstaaten die Erklärung. Stockholm stößt sich dem Vernehmen nach an mehreren inhaltlichen Punkten der Erklärung. Mit den Verhandlungen vertraute Personen glauben aber, dass dahinter eine grundsätzliche Ablehnung des Anliegens steht. Im Hintergrund laufen die Gespräche weiter, um die Schweden doch noch mit an Bord zu holen.

In Schweden regiert seit 2022 der konservative Ministerpräsident Ulf Kristersson mit Christdemokraten und Liberalen – unterstützt von den rechtsnationalen Schwedendemokraten.

Ratspräsidentschaft kann stellvertretend unterzeichnen

Das Papier soll am Dienstag im namensgebenden belgischen Nobelvorort La Hulpe unterzeichnet werden – zur Not ohne Schweden, heißt es aus informierten Kreisen. Trügen nicht alle Länder die La-Hulpe-Erklärung mit, werde stattdessen die belgische EU-Ratspräsidentschaft das Papier unterzeichnen. Zu der hochrangigen Konferenz werden ab Montag auch die europäischen Arbeits- und Sozialminister erwartet.

Gaby Bischoff, sozialdemokratische Europaabgeordnete, drängt auf eine möglichst breite Zustimmung: “Je stärker die Botschaft von den Institutionen ist, umso vertrauensbildender ist das für die Bürgerinnen und Bürger.” Arbeitsbedingungen und Jobsicherheit seien Themen, die die Menschen in ihrem Alltag umtrieben. “Es ist ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf die Europawahl, dass Europa sozial bleibt”, sagte die Gewerkschafterin zu Table.Briefings.

Kommission sozialpolitisch zuletzt aktiver

In eine ähnliche Richtung stieß die Grüne Europaabgeordnete Katrin Langensiepen: “Die EU kann es sich nicht länger leisten, die Lebensrealität so vieler zu ignorieren und Sozialpolitik stiefmütterlich als Nebenthema zu betrachten. Die Lage ist ernst”, sagte sie. “Wenn wir die EU nicht im Populismus verlieren möchten, müssen wir endlich den Schritt zu einer europäischen Sozialunion wagen.” EU-Bürgerinnen und Bürger müssten konkret sehen, dass die EU hinter ihnen steht, so Langensiepen.

Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind auf europäischer Ebene ein schwieriges Terrain. Die Kompetenzen liegen hier überwiegend bei den Mitgliedstaaten. In den vergangenen fünf Jahren hatte es, für europäische Verhältnisse, jedoch recht viele Vorstöße der Kommission gegeben. Etwa die Mindestlohndirektive oder die Richtlinie zur Plattformarbeit. Angesichts zahlreicher Krisen und aufgrund eines erstarkenden Rechtspopulismus war bei vielen Politikern die Einsicht gewachsen, dass die EU auch auf diesem Feld liefern muss.

Gegenwind aus der Wirtschaft

Bei den Verhandlungen zur La-Hulpe-Deklaration zeichnete sich nun aber wieder deutlicher Gegenwind für ein enger koordiniertes soziales Europa ab. Nicht nur Länder wie Schweden, auch die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände wollen statt neuen Initiativen erst einmal bestehende umsetzen. Angesichts einer schwächelnden Wirtschaft in vielen EU-Ländern fürchten sie, dass neue Vorgaben die Wirtschaft im internationalen Wettbewerb behindern könnten. Sie hatten daher im Vorhinein auf eine schlanke Agenda gedrängt.

Tatsächlich wurde das Vorhaben der belgischen Ratspräsidentschaft während der Verhandlungen an einigen Stellen deutlich abgeschwächt. Eine explizite Forderung nach einer Richtlinie über Mindestvorschriften für Arbeits- und Sozialinspektionen wurde gestrichen. Gleichzeitig finden sich auch einige wirtschaftsfreundliche Forderungen nicht mehr in der La-Hulpe-Erklärung, etwa die nach längeren Arbeitszeiten in der EU.

Zu konkret kann und will man ohnehin nicht werden, ehe klar ist, wie sich die neue Kommission und das neue Parlament nach den Europawahlen zusammensetzen. Das Dokument bildet eher die groben sozial- und arbeitsmarktpolitischen Leitplanken ab. Dennoch gibt es in der La-Hulpe-Erklärung, die Table.Briefings vorliegt, einige konkretere Punkte, darunter:

  • Eine Evaluierung der Arbeit der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) und ggf. eine Reform.
  • Verbesserungen von Standards der digitalen Arbeitswelt, darunter ein mögliches Recht auf Nichterreichbarkeit und Regulierungen zu KI am Arbeitsplatz (Einführung eines “Human in Control”-Prinzips).
  • Eine Reform des europäischen Vergaberechts.
  • Ein Sozialcheck, ob die Europäische Säule sozialer Rechte in den relevanten Politikbereichen mitgedacht wird. Eine Folgenabschätzungen für Verteilungsfragen soll sicherstellen, “dass politische Maßnahmen in allen Bereichen nicht zu einer Verschärfung von Armut oder Ungleichheit führen”.

Aktionsplan zur Sozialen Säule fehlt

Kritik kommt vom CDU-Arbeitsmarktpolitiker Dennis Radtke. “Das Papier ist eine Ansammlung à la ‘alles kann, nichts muss’.” Das entspreche der Natur der Sache, jedoch habe er sich einen konkreten Aktionsplan zur weiteren Umsetzung der sozialen Säule gewünscht, sagt Radtke zu Table.Briefings. Auch die Evaluierung der ELA durch die Kommission laufe bereits auf Hochtouren. “Als Parlament haben wir uns hierzu bereits klar positioniert, wir wollen ein stärkeres Mandat für die ELA.” Von einer Position des ‘Schauen wir mal’ sei man weit entfernt.

Dass das Vergaberecht und auch die Arbeitsstandards in der digitalen Welt zumindest erwähnt werden, entspricht den Wünschen der Gewerkschaften. Auch die Koordinatoren des EMPL-Ausschusses hatten das gefordert.

SPD-Abgeordnete Bischoff sagt: “Dass die Reform des Vergaberechts in der Deklaration steht, ist wichtig.” Auch, dass die ELA überarbeitet wird, hält sie für zentral. “Allerdings hätte ich mir teils etwas konkretere Instrumente gewünscht“, betont auch sie.

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News

EIB präsentiert Aktionsplan für Dual-Use-Investitionen

Während eines Arbeitsfrühstücks, das die EU-Finanzminister am Freitag im Rahmen des ECOFIN-Rates hielten, stellte die neue Präsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB) Nadia Calviño einen neuen Aktionsplan vor. Dieser soll es der EIB erlauben, mehr Investitionen in die europäische Rüstungsindustrie zu leiten, ohne ihre eigene Kreditfähigkeit zu riskieren.

Der Aktionsplan soll laut Calviño die Definition von Dual-Use-Technologien und Infrastrukturen aktualisieren und KMUs im Verteidigungsbereich den Zugang zu EIB-Finanzierung vereinfachen. Zudem will die EIB einen “One-Stop-Shop” einrichten, der die Prozesse bei der Auszahlung jener sechs Milliarden Euro beschleunigen soll, die für Verteidigung reserviert sind.

Calviño hatte schon beim Finanzministertreffen im Februar angekündigt, die Strategie der EIB stärker auf Verteidigung auszurichten. Auch die EU-Regierungschefs drängten beim Gipfel im März in diese Richtung.

ESG-Kriterien als Herausforderung

Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis begrüßte den Aktionsplan. “Vermehrte EIB-Investitionen in diesem Bereich werden auch ein positives Signal an die Märkte senden”, sagte Dombrovskis. Da sich einige Investoren aufgrund von ESG-Kriterien bisher vor dem Verteidigungssektor zieren, erhofft man sich in Brüssel, dass die EIB als Wegbereiterin für andere Investoren agieren kann.

Umgekehrt besteht auch die Befürchtung, dass die EIB bei einer zu starken Involvierung in den Verteidigungsbereich aufgrund derselben ESG-Kriterien ihre Kreditwürdigkeit einbüßt. Deshalb haben die EU-Finanzminister sich auch noch nicht final für den Aktionsplan der EIB entschieden. “Unter den Ministern gab es eine breite Unterstützung, mit diesem Plan weiterzugehen”, sagte der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem, aber bei den Details brauche es noch weitere Diskussionen. Konkreter dürfte es am 21. Juni werden, wenn sich die EU-Finanzminister in ihrer Funktion als Rat der Gouverneure der EIB treffen. jaa

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EU-Staaten ebnen Weg für Milliardenkredit an Ägypten

Die EU-Staaten haben den Weg für Finanzhilfen im Umfang von einer Milliarde Euro für Ägypten geebnet. Die Finanzminister ermächtigten am Freitag in Luxemburg die EU-Kommission, die erforderlichen Mittel an den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstituten aufzunehmen und als Darlehen an Ägypten weiterzureichen. Das Geld soll die wirtschaftliche Stabilisierung des finanziell stark angeschlagenen Landes unterstützen.

Die Auszahlung ist allerdings an die Bedingung geknüpft, “dass Ägypten weiterhin konkrete und glaubhafte Fortschritte bei der Achtung wirksamer demokratischer Mechanismen (…) und der Rechtsstaatlichkeit erzielt und die Achtung der Menschenrechte garantiert”. Zudem soll das Land auch wirtschaftspolitische und finanzielle Auflagen erfüllen und Erfolge bei Strukturreformen nachweisen.

Kritik wegen Menschenrechtslage in Äygpten

Grundlage der Hilfen sind Pläne für einen umfassenden Ausbau der Partnerschaft mit Ägypten, die auch eine engere Kooperation im Kampf gegen illegale Migration umfassen soll. In dem Beschluss vom Freitag wird das Land als “Säule der Stabilität im gesamten Nahen Osten” beschrieben – auch angesichts der Angriffe der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel sowie des Konflikts im Sudan. Den Planungen zufolge könnten nach dem ersten Darlehen über eine Milliarde Euro weitere Kredite im Umfang von vier Milliarden Euro folgen.

Kritik an der geplanten engeren Zusammenarbeit mit Ägypten gibt es wegen der Menschenrechtslage in Ägypten. Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in dem nordafrikanischen Staat mit etwa 105 Millionen Einwohnern ist stark eingeschränkt, Demonstrationen sind faktisch verboten. Kritiker werden Menschenrechtlern zufolge mit drastischen Methoden verfolgt und müssen willkürliche Festnahmen und Schlimmeres befürchten. Zehntausende wurden laut Menschenrechtlern aus politischen Gründen inhaftiert. Präsident Abdel Fattah al-Sisi regiert das Land mit harter Hand. Er war 2013 in einem Militärputsch an die Macht gekommen. dpa

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EU-Chefdiplomat beruft Sondersitzung der Außenminister ein

EU-Außenbeauftrafter Josep Borrell hat laut eigenen Angaben für Dienstag eine außerordentliche Video-Sitzung der EU-Außenminister einberufen. “Unser Ziel ist es, zur Deeskalation und Sicherheit in der Region beizutragen”, schrieb er auf X. Zuvor hatte er den “inakzeptablen iranischen Angriff gegen Israel” im Namen der Staatengemeinschaft scharf verurteilt. “Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine ernste Bedrohung für die regionale Sicherheit”.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief alle Seiten zur Besonnenheit auf. “Ich verurteile den unverhohlenen und ungerechtfertigten Angriff auf Israel auf Schärfste. Und ich fordere den Iran und seine Stellvertreter auf, diese Angriffe unverzüglich einzustellen”, schrieb von der Leyen am Sonntagmorgen. “Alle Akteure müssen nun von einer weiteren Eskalation absehen und sich für die Wiederherstellung der Stabilität in der Region einsetzen.”

Auch EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilte den Angriff des Irans. Es müsse alles getan werden, um eine weitere regionale Eskalation zu verhindern, schrieb der belgische Spitzenpolitiker auf X. “Ein weiteres Blutvergießen muss vermieden werden. Wir werden die Situation gemeinsam mit unseren Partnern weiterhin aufmerksam verfolgen.” dpa

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Belgien ermittelt wegen russischer Einflussnahme

Die belgische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer möglichen Einflussnahme Russlands im Wahlkampf zur Europawahl im Juni. Die Erkenntnisse basierten auf Angaben der Geheimdienste, teilt Ministerpräsident Alexander De Croo mit.

Russische Gruppen bemühten sich demnach, prorussische Kandidaten für das Europäische Parlament zu fördern, damit dort die Unterstützung für die Ukraine nachlasse. Die Ermittlungen seien auch Folge von Erkenntnissen der tschechischen Behörden, wonach prorussische Kräfte sich aktiv in Brüssel um Einfluss bemühen und dabei auch Schmiergeld bezahlen würden. In dem Zusammenhang tauchte unlängst auch der Name des AfD-Kandidaten für die Europawahl, Petr Bystron, auf, der die Vorwürfe bestreitet. rtr

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Telekom-Minister erklären, wie sie Europas Netze sicherer und souveräner machen wollen

Bei ihrem informellen Treffen haben die Telekom-Minister der EU am Freitag die Louvain-la-Neuve-Erklärung verabschiedet. Sie konzentriert sich auf die Sicherheit und strategische Autonomie der digitalen Infrastruktur Europas. Die Minister erkannten die Notwendigkeit, kritische Infrastrukturen vorrangig unter europäischer Kontrolle zu halten – vor dem Hintergrund der globalen Spannungen und der Diskussionen über den Einsatz chinesischer Technik in europäischen Netzwerken.

Digitale Signatur für mehr Sicherheit

Belgiens Vize-Ministerpräsidentin und Telekommunikationsministerin Petra De Sutter unterstrich die Bedeutung europäischer Souveränität über die digitale Infrastruktur. “Wir müssen die Kontrolle behalten, um unseren Bürgern Sicherheit und Dienste zu garantieren”, sagte sie.

Auch in der Verbreitung von gefälschten Online-Profilen sehen die Minister eine große Gefahr für die Demokratie. In der Erklärung von Louvain-la-Neuve weisen sie die Kommission an, optionale Instrumente in Form von standardisierten Signaturen zu schaffen. So sollen Nutzer und Plattformen zwischen einem gefälschten Profil und einem verifizierten, überprüfbaren oder anonymen Profil unterscheiden können. Auf diese Weise sollen Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber junge Menschen vor schädlichen Inhalten beschützt werden.

Die Mitgliedstaaten wollen keine Einmischung

Gleichzeitig diskutierten die Minister die Vorschläge aus dem Weißbuch zum Digital Networks Act (DNA). Eines der Ziele des DNA ist es, die Regelungen für die nationalen Telekommunikationsmärkte zu harmonisieren und damit Investitionen sowie Innovationen zu fördern. Dies soll dazu beitragen, dass alle Europäer, unabhängig von ihrem Wohnort, in vollem Umfang Zugang zu digitalen Diensten haben.

De Sutter sagte, es herrsche Einigkeit unter den Mitgliedstaaten, die Netzwerke robust und nachhaltig zu bauen. Weniger einig seien sich die Mitgliedstaaten jedoch bei den Themen, wo Harmonisierung bedeutet, dass Mitgliedstaaten weniger Entscheidungsspielraum auf nationaler Ebene haben. Ein Beispiel ist die einheitliche Vergabe von Funkfrequenzen, wie sie sich die Unternehmen wünschen. Hier geht es nicht zuletzt auch um Geld. Denn mit der Lizenzvergabe waren in einigen Mitgliedstaaten auch hohe Einnahmen verbunden.

Vorbereitung auf den Digital Networks Act laufen

EU-Kommissar Thierry Breton betonte die Dringlichkeit, die Netzwerke zu modernisieren. “Wir müssen neue Wege finden, um traditionelle Betreiber zur Öffnung ihrer Netze zu zwingen”, sagte er. Auch sei es notwendig, die Telekommunikationsinfrastruktur Europas in Bezug auf Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Ressourcen zu verbessern.

Zur Zeitplanung beim DNA sagte Breton, die Konsultationen dazu liefen bis Ende Juni. Die Kommission hatte in ihrem Weißbuch verschiedene Szenarien vorgeschlagen. Sobald das gesamte Feedback eingegangen sei, werde die Kommission es auswerten. “Daran werden wir diesen Sommer arbeiten und zu Beginn des Herbstes Vorschläge vorlegen“, sagte Breton. So sei alles für einen möglichen Gesetzentwurf vorbereitet. vis

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Olympia in Paris erfüllt grünes Versprechen noch nicht

Nur für rund ein Drittel der erwarteten CO₂-Emissionen durch die Olympischen Spiele in Paris diesen Sommer haben die Veranstalter eine nachhaltige Strategie zur Vermeidung oder Bemessung. Das geht aus einer Untersuchung der NGOs Carbon Market Watch und Éclaircies hervor. Zwar sei das Organisationskomitee von Paris mittlerweile bemüht, keine irreführenden Klimaneutralitäts-Behauptungen mehr aufzustellen, wie das noch zu Beginn der Planungen der Fall war. Jedoch seien umfassendere und grundlegende Maßnahmen erforderlich, um Olympische Spiele auf einen 1,5-Grad-Pfad zu bringen, schreiben die Autoren.

Die Organisatoren haben für Paris ein Kohlenstoffbudget von 1,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent festgelegt, erinnert die Untersuchung. Somit wären die Spiele an der Seine verglichen mit London 2012 (3,3 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) und Rio 2016 (3,6 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) nur etwa halb so klimaschädlich. Die Autoren kritisieren jedoch, dass diese Zahlen nicht vollständig durch Maßnahmen hinterlegt seien.

Anreise nach Paris stellt größtes Problem dar

Vor allem die Minderung der Verkehrsemissionen (rund 40 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) würden kaum angegangen. Zwar würden Athleten und Zuschauer aufgefordert, mit dem Zug anzureisen. Dies rein “informelle Aufforderung” würde jedoch nur geringfügig und kaum messbar Emissionen einsparen. Auch für den Frachttransport gäbe es bislang nur Absichtserklärungen.

Für Konsumprodukte (20 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) sowie die Energieversorgung (8 Prozent) fehlten ebenfalls verlässliche Informationen, ob die Minderungsziele der Veranstalter eingehalten würden, kritisieren die NGOs. Zwar sollten die Spielstätten vollständig mit erneuerbarer Energie versorgt werden, jedoch werde nicht angegeben, wie der Strom aus erneuerbaren Energiequellen beschafft werden soll. Somit sei nicht klar, ob lediglich Grünstrom-Zertifikate eingekauft würden oder ob es tatsächliche zusätzliche Erneuerbaren-Kapazitäten gibt.

Die Autoren der Studie loben aber auch, dass sowohl beim Bau der Veranstaltungsstätten (30 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) sowie bei der Lebensmittelversorgung (1 Prozent) “robuste Klimaschutzstrategien” vorlägen. Nur fünf Prozent der Spielstätten müssen neu gebaut werden, 70 Prozent bestehen bereits, 25 Prozent werden nur temporär aufgebaut. luk

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Presseschau

EU-Chefdiplomat verurteilt iranischen Angriff auf Israel MERKUR
Angriff auf Israel: Italien beruft G7-Sondersitzung ein RAI NEWS
EU will Verstöße gegen Russland-Sanktionen eindämmen TAGESSCHAU
Milliardengeschäft für Moskau: Briten und Amerikaner stoppen Metall-Import aus Russland N-TV
Migrationsforscher Gerald Knaus: EU-Asylreform wird an Migrationskrise wenig ändern MDR
Online-Demokratie: EU-Rat fordert schärferes Vorgehen gegen Fake Accounts HEISE
EU beschließt: Gebäudebestand soll bis 2050 emissionsfrei sein BR
Klimaziele der EU: CDU-Politiker Thomas Gebhart warnt vor Milliardenstrafe für Deutschland T-ONLINE
Autobranche lehnt EU-Strafzölle gegen China ab N-TV
Ungarn: Orbán-Verbündete sollen Nachrichtensender Euronews gekauft haben T-ONLINE
Österreich: Grenzkontrollen zu Tschechien und Slowakei werden verlängert VOL
Verdacht auf Geld aus Russland: Belgien ermittelt gegen EU-Abgeordnete FAZ
Estland bemerkt mehr Aktivitäten der russischen Geheimdienste WEB.DE
Moldaus Präsidentin Maia Sandu: “Der Sturm der Entrüstung hätte mich beinahe aus dem Amt gefegt” WIWO
Hetzkampagne gegen einen Journalisten in Serbien DER STANDARD
Palästina-Kongress in Berlin: Griechenlands Ex-Minister Yanis Varoufakis darf nicht nach Deutschland reisen T-ONLINE
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Abwasser-Skandal: Fäkalien verpesten Großbritanniens Gewässer ZDF

Kolumne

What’s cooking in Paris? Frankreichs Haushaltsdefizit bedroht Macrons Wahlkampf

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Minister für Wirtschaft und Finanzen Bruno Le Maire beim Besuch einer Sprengstofffabrik.

Es kriselt gewaltig zwischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire und Staatschef Emmanuel Macron. Der Grund ist der Zustand des französischen Staatshaushalts, im Pariser Jargon als “fipu” für “finances publiques” bekannt. Das Staatsdefizit ist im vergangenen Jahr überraschend deutlich angewachsen und summierte sich auf 5,5 Prozent des BIP. Die Regierung hatte lediglich einen Anstieg auf 4,9 Prozent prognostiziert. 2022 lag die Neuverschuldung noch bei 4,8 Prozent. Die Staatsverschuldung belief sich auf 110,6 Prozent des BIP.

“Weniger als zwei Monate vor den Europawahlen kommt diese Ankündigung für die Regierung zu einem sehr schlechten Zeitpunkt“, heißt es aus Pariser Parlamentskreisen. Macron befürchte jetzt, dass die Franzosen wegen der finanziellen Lage des Landes in Panik geraten könnten, wenn die Frage des Haushaltsdefizits weiterhin die politische Debatte in Frankreich dominiere. “Der Elysée ist der Ansicht, dass jede Debatte über dieses Thema ein Klima schafft, das er als angstbesetzt bezeichnet.” Über Steuererhöhungen und Kürzungen bei den Sozialleistungen zu sprechen sei für Macrons EU-Wahlkampfes gefährlich, vor allem in einer Zeit, in der die Wahlkampagne seiner Kandidatin Valérie Hayer nur schwer in Gang komme, so die Quelle.

Der Parlamentarier erinnert zudem daran, dass es für die Regierung aufgrund von drei bevorstehenden Terminen schwierig sein wird, das Gespräch über den Zustand der öffentlichen Finanzen zu vermeiden. Am 26. April wird die Ratingagentur Fitch and Moody’s ihre Bewertung über Frankreich veröffentlichen. Am 29. April wird es in der Nationalversammlung eine Debatte über die öffentlichen Finanzen geben und am 31. Mai ist Standard & Poor’s an der Reihe, die Leistung Frankreichs zu bewerten.

Die Haushaltsdefizit-Debatte beherrschen

Macron und Le Maire unterscheiden sich im Umgang mit der Debatte über die Staatsfinanzen. Macron hat die Europawahlen im Visier, während Le Maire auf die Präsidentschaftswahlen 2027 blickt. Für den französischen Abgeordneten ist der Wirtschaftsminister in der Lage, die Franzosen aufzufordern, “die Dinge beim Namen zu nennen” und sie zu warnen, dass der härteste Teil noch vor ihnen liege. Auf diese Weise zeige er den zukünftigen Wählern, dass er handelt und Verantwortung übernimmt. “Er arbeitet an seiner Präsidentschaftskandidatur“, erklärt unsere Quelle. Und Le Maire hat Zeit.

Weniger als zwei Monate vor den Europawahlen hat Macron diese Zeit eben nicht. Der schleppende Wahlkampf von Valérie Hayer sowie die Staatsfedizit-Debatte bedrohten die Glaubwürdigkeit Macrons, der die Kontrolle über Wirtschaft und Finanzen zu seinem Markenzeichen gemacht hat, sagt der Parlamentarier.

Macrons Steckenpferd entzaubert

Und die Opposition hat mittlerweile Freude daran gefunden, ihre Partitur dabei zu spielen: Macron wurde einst als “Mozart der Finanzwelt” bezeichnet, jetzt spielt er “die entzauberte Flöte” oder er wird als “Dirigent der Titanic” bezeichnet.

Doch auch wenn Macron das Vertrauen der Franzosen zu verlieren droht, verliert er keineswegs das Vertrauen in sich selbst. Als der Staatschef am Donnerstag an der Seite von Bruno Le Maire in einer Sprengstofffabrik sprach, bestritt er, dass er irgendwelche “Meinungsverschiedenheiten” mit seinem Minister habe, und betonte, dass seine Wirtschaftsstrategie nicht schlecht sei, sondern Ergebnisse hervorbringe. “Wir sind die attraktivsten in Europa, wir haben eines der besten Wachstumsraten in der Eurozone, wir schaffen Arbeitsplätze.” Also: Alles gut, laut Macron. Nun muss der Staatschef nur noch den Reality-Check am 9. Juni bestehen.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Denn der grüne Strom muss frei über Ländergrenzen fließen können – von sonnen- und windreichen Landstrichen in energiehungrige Ballungsgebiete und Industriezentren. Deshalb sollen die EU-Staaten bis Ende nächsten Jahres 70 Prozent ihrer Leitungskapazitäten für den europäischen Stromhandel freihalten – und so auch Schluss machen mit jeder Menge kostspieliger Nebeneffekte des verschleppten Netzausbaus.

    Doch dieses Ziel wird wohl verfehlt, wie aus dem jüngsten ACER-Bericht herauszulesen ist. Weil sich der Bau ungeliebter Stromtrassen nicht beliebig beschleunigen lässt, drängen die Regulierer deshalb auch auf eine andere, “strukturellere Lösung”: die Teilung der meist noch nationalen Strompreiszonen.

    Für die deutsche Industrie würde dies höhere Strompreise gerade im Westen und Süden der Republik bedeuten. Über die Auswirkungen und das genaue Entscheidungsverfahren informiert ein kostenloses Table.Live-Briefing am Donnerstag, unter anderem mit einem Beamten aus der Generaldirektion Energie, zu dem Sie sich hier kostenlos anmelden können.

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    Europawahlkampf: Tiktok stellt Politik vor Dilemma

    20 Millionen Nutzer gibt Tiktok allein für Deutschland an – pro Monat. Ob man der Zahl jetzt glaubt oder nicht: Die vom chinesisch kontrollierten Anbieter Bytedance betriebene App ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen extrem beliebt – sowie bei Verschwörungstheoretikern und dem rechten Rand. Das bringt die Parteizentralen zum Nachdenken über den richtigen Umgang, vor allem angesichts der Reichweiten, die etwa der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl und China-Fan Maximilian Krah dort zu erzielen scheint.

    Krah nutzt Tiktok als Plakatwand für seine Pamphlete: “Millionen Afrikaner kommen nach Europa, werden hier auf unsere Kosten versorgt, und werden absehbar nicht reüssieren”, behauptet er in einem Video. Um dann zu sagen: “Normalerweise müsste ich das scharf kritisieren, aber jetzt gibt es ja den Digital Services Act und damit darf ich das gar nicht mehr.” Allein in diesem kurzen Ausschnitt ist annähernd alles falsch, was sachlich falsch sein kann. Ganze 245.270 Asylanträge gab es 2022 vom gesamten afrikanischen Kontinent – in der gesamten EU. Und der Digital Services Act verbietet auch keine Kritik an Gesetzgebung oder politischen Zuständen.

    Aber Krah erreicht mit seiner Mischung aus Unwahrheiten, Halbwahrheiten, misogynen Dating-Tipps über Tiktok viele junge Menschen. Seine Followerzahl ist nicht gerade überwältigend. Doch Follower sind auf Tiktok anders als auf anderen Plattformen keineswegs die richtige Währung. Denn die Plattform spült ihren Nutzern ihrer Meinung nach passende Videos in den Feed. Nach welchen Kriterien genau ist ein Geschäftsgeheimnis der Betreiber.

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist schon da, seit ihrem Kampagnenstart für die Europaparlamentswahl. Bei der dürfen erstmals auch 16-jährige in Deutschland wählen gehen. “Not made in China” ist eine von Strack-Zimmermanns Werbebotschaften auf TikTok. “Wir wollen dieses Medium doch nicht den Rechten überlassen, oder den Chaoten, oder?” Das fragt “MASZ” natürlich nicht irgendwo, sondern in einem Tiktok-Video. Und sie ist nicht die einzige, die auf der Plattform nun Präsenz zeigt.

    Grüne kündigen Parteiaccount an

    “Tiktok gewinnt gerade bei Jugendlichen immer mehr an Beliebtheit und wird zunehmend auch dafür genutzt, um sich über das aktuelle Weltgeschehen zu informieren“, heißt es etwa aus der Grünen-Parteizentrale. Eine Sprecherin kündigt an: “Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, werden wir in den kommenden Wochen als Partei mit einem Account bei Tiktok zu finden sein.”

    In der FDP-Zentrale wird ein Parteiaccount noch geprüft, so wie auch in anderen Parteizentralen. Die Kanalstrategie wolle man nicht verraten, heißt es etwa aus dem Konrad-Adenauer-Haus, aber die CDU überlege: “Wir beobachten die Trends und Entwicklungen im Bereich Social Media intensiv und lassen das in unsere strategischen Überlegungen einfließen. Hierzu zählt auch Tiktok.”

    Tiktok stelle die westliche Politik vor ein Dilemma, meint Politikberater Johannes Hillje. “Einerseits will man nicht ein geostrategisches Werkzeug Chinas füttern, andererseits kann man die vielen Tiktok-Nutzer nicht den radikalen Kräften überlassen.” In der Abwägung sei es richtig, dass die anderen Parteien nachziehen, ansonsten drohe aus der Generation TikTok die Generation AfD zu werden, sagt Hillje.

    Spagat zwischen seriös und peinlich

    Dabei stelle die Umgebung auf der Plattform und die Erwartung der Nutzer eine Herausforderung dar: Es gehe um einen “Spagat zwischen zielgruppen- und plattformgerechter Ansprache und einem Mindestmaß an politischer Seriosität.” Weder müssten Politiker tanzen – auf Tiktok populär – noch die Sprache der Jugend imitieren, meint Hillje. 

    Sie sollten aber “Themen, Interessen, Ästhetik und Kommunikationsgewohnheiten junger Menschen aufgreifen.” Am Ende gehe es um Relevanz. Und zwar die der jungen Menschen, die TikTok nutzten und sich oft genug nicht wahrgenommen fühlten. “Im besten Fall ist Tiktok ein Türöffner für junge Menschen zur Politik”, glaubt Hillje.

    Auch TikTok muss DSA beachten

    Ob Tiktok im Europawahlkampf allerdings eine relevante oder gar entscheidende Rolle spielt, ist vollkommen offen. Die Plattform fällt unter die Regeln des Digital Services Act als besonders großer Anbieter. Damit einher geht der besondere Schutz vor “systemischen Risiken”, zu denen etwa auch Wahlbeeinflussung und Manipulation gezählt wird.

    Kooperativ zeige sich die Firma, heißt es dazu aus der EU-Kommission. Und doch stellen die Anforderungen, die die EU-Kommission an die Betreiber stellt, keine Kleinigkeit dar. Tiktok wird hochgradig automatisiert betrieben, auch bei der Moderation der Inhalte. Mit ihren Guidelines zur Europawahl hat die Kommission jedoch einige Anforderungen an die Plattformbetreiber formuliert, die technisch und personell umgesetzt werden müssen. Das betrifft zum einen das Erkennen von Falschmeldungen und die Inhaltemoderation. Hier muss Tiktok etwa für jede EU-Sprache qualifizierte Moderatoren beschäftigen. Für Maltesisch und Gälisch konnte Bytedance beim letzten Transparenzbericht im September 2023 keinen einzigen sprachkundigen Inhaltemoderator aufweisen, in Sprachen wie Estnisch, Litauisch oder Lettisch gerade einmal eine einstellige Zahl.

    Im Februar hatte die Kommission auch deshalb bereits ein formelles Untersuchungsverfahren gegen Tiktok-Betreiber Bytedance eingeleitet. Aber auch aufgrund des Verdachts, dass die Firma ihren Pflichten bei der algorithmischen Transparenz und dem Angebot einer nicht-nutzerdatenbasierten Darstellung nicht vollständig nachkomme. Bei der würden etwa nur Inhalte solcher Konten dargestellt, denen die Nutzer auch aktiv folgen wollen. Genau hier aber liegt Tiktoks denkbare Relevanz im Europawahlkampf: Inhalte auch in Zielgruppen zu spülen, die sonst gar nicht erreicht würden.

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    Sorge um internationale Wettbewerbsfähigkeit: Wieso Schweden die EU-Sozialagenda blockiert

    In der EU gibt es Streit um den künftigen Kurs der Union bei der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Am Dienstag soll eigentlich die La-Hulpe-Deklaration von Rat, Parlament, Kommission und den Sozialpartnern unterzeichnet werden. Die Erklärung gilt als richtungsweisend, da sie die Sozialagenda für den Zeitraum 2024-2029 in den groben Zügen festlegt.

    Doch noch bis zum Wochenende blockierte vor allem Schwedens Regierung auf Seite der Mitgliedstaaten die Erklärung. Stockholm stößt sich dem Vernehmen nach an mehreren inhaltlichen Punkten der Erklärung. Mit den Verhandlungen vertraute Personen glauben aber, dass dahinter eine grundsätzliche Ablehnung des Anliegens steht. Im Hintergrund laufen die Gespräche weiter, um die Schweden doch noch mit an Bord zu holen.

    In Schweden regiert seit 2022 der konservative Ministerpräsident Ulf Kristersson mit Christdemokraten und Liberalen – unterstützt von den rechtsnationalen Schwedendemokraten.

    Ratspräsidentschaft kann stellvertretend unterzeichnen

    Das Papier soll am Dienstag im namensgebenden belgischen Nobelvorort La Hulpe unterzeichnet werden – zur Not ohne Schweden, heißt es aus informierten Kreisen. Trügen nicht alle Länder die La-Hulpe-Erklärung mit, werde stattdessen die belgische EU-Ratspräsidentschaft das Papier unterzeichnen. Zu der hochrangigen Konferenz werden ab Montag auch die europäischen Arbeits- und Sozialminister erwartet.

    Gaby Bischoff, sozialdemokratische Europaabgeordnete, drängt auf eine möglichst breite Zustimmung: “Je stärker die Botschaft von den Institutionen ist, umso vertrauensbildender ist das für die Bürgerinnen und Bürger.” Arbeitsbedingungen und Jobsicherheit seien Themen, die die Menschen in ihrem Alltag umtrieben. “Es ist ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf die Europawahl, dass Europa sozial bleibt”, sagte die Gewerkschafterin zu Table.Briefings.

    Kommission sozialpolitisch zuletzt aktiver

    In eine ähnliche Richtung stieß die Grüne Europaabgeordnete Katrin Langensiepen: “Die EU kann es sich nicht länger leisten, die Lebensrealität so vieler zu ignorieren und Sozialpolitik stiefmütterlich als Nebenthema zu betrachten. Die Lage ist ernst”, sagte sie. “Wenn wir die EU nicht im Populismus verlieren möchten, müssen wir endlich den Schritt zu einer europäischen Sozialunion wagen.” EU-Bürgerinnen und Bürger müssten konkret sehen, dass die EU hinter ihnen steht, so Langensiepen.

    Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind auf europäischer Ebene ein schwieriges Terrain. Die Kompetenzen liegen hier überwiegend bei den Mitgliedstaaten. In den vergangenen fünf Jahren hatte es, für europäische Verhältnisse, jedoch recht viele Vorstöße der Kommission gegeben. Etwa die Mindestlohndirektive oder die Richtlinie zur Plattformarbeit. Angesichts zahlreicher Krisen und aufgrund eines erstarkenden Rechtspopulismus war bei vielen Politikern die Einsicht gewachsen, dass die EU auch auf diesem Feld liefern muss.

    Gegenwind aus der Wirtschaft

    Bei den Verhandlungen zur La-Hulpe-Deklaration zeichnete sich nun aber wieder deutlicher Gegenwind für ein enger koordiniertes soziales Europa ab. Nicht nur Länder wie Schweden, auch die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände wollen statt neuen Initiativen erst einmal bestehende umsetzen. Angesichts einer schwächelnden Wirtschaft in vielen EU-Ländern fürchten sie, dass neue Vorgaben die Wirtschaft im internationalen Wettbewerb behindern könnten. Sie hatten daher im Vorhinein auf eine schlanke Agenda gedrängt.

    Tatsächlich wurde das Vorhaben der belgischen Ratspräsidentschaft während der Verhandlungen an einigen Stellen deutlich abgeschwächt. Eine explizite Forderung nach einer Richtlinie über Mindestvorschriften für Arbeits- und Sozialinspektionen wurde gestrichen. Gleichzeitig finden sich auch einige wirtschaftsfreundliche Forderungen nicht mehr in der La-Hulpe-Erklärung, etwa die nach längeren Arbeitszeiten in der EU.

    Zu konkret kann und will man ohnehin nicht werden, ehe klar ist, wie sich die neue Kommission und das neue Parlament nach den Europawahlen zusammensetzen. Das Dokument bildet eher die groben sozial- und arbeitsmarktpolitischen Leitplanken ab. Dennoch gibt es in der La-Hulpe-Erklärung, die Table.Briefings vorliegt, einige konkretere Punkte, darunter:

    • Eine Evaluierung der Arbeit der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) und ggf. eine Reform.
    • Verbesserungen von Standards der digitalen Arbeitswelt, darunter ein mögliches Recht auf Nichterreichbarkeit und Regulierungen zu KI am Arbeitsplatz (Einführung eines “Human in Control”-Prinzips).
    • Eine Reform des europäischen Vergaberechts.
    • Ein Sozialcheck, ob die Europäische Säule sozialer Rechte in den relevanten Politikbereichen mitgedacht wird. Eine Folgenabschätzungen für Verteilungsfragen soll sicherstellen, “dass politische Maßnahmen in allen Bereichen nicht zu einer Verschärfung von Armut oder Ungleichheit führen”.

    Aktionsplan zur Sozialen Säule fehlt

    Kritik kommt vom CDU-Arbeitsmarktpolitiker Dennis Radtke. “Das Papier ist eine Ansammlung à la ‘alles kann, nichts muss’.” Das entspreche der Natur der Sache, jedoch habe er sich einen konkreten Aktionsplan zur weiteren Umsetzung der sozialen Säule gewünscht, sagt Radtke zu Table.Briefings. Auch die Evaluierung der ELA durch die Kommission laufe bereits auf Hochtouren. “Als Parlament haben wir uns hierzu bereits klar positioniert, wir wollen ein stärkeres Mandat für die ELA.” Von einer Position des ‘Schauen wir mal’ sei man weit entfernt.

    Dass das Vergaberecht und auch die Arbeitsstandards in der digitalen Welt zumindest erwähnt werden, entspricht den Wünschen der Gewerkschaften. Auch die Koordinatoren des EMPL-Ausschusses hatten das gefordert.

    SPD-Abgeordnete Bischoff sagt: “Dass die Reform des Vergaberechts in der Deklaration steht, ist wichtig.” Auch, dass die ELA überarbeitet wird, hält sie für zentral. “Allerdings hätte ich mir teils etwas konkretere Instrumente gewünscht“, betont auch sie.

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    EIB präsentiert Aktionsplan für Dual-Use-Investitionen

    Während eines Arbeitsfrühstücks, das die EU-Finanzminister am Freitag im Rahmen des ECOFIN-Rates hielten, stellte die neue Präsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB) Nadia Calviño einen neuen Aktionsplan vor. Dieser soll es der EIB erlauben, mehr Investitionen in die europäische Rüstungsindustrie zu leiten, ohne ihre eigene Kreditfähigkeit zu riskieren.

    Der Aktionsplan soll laut Calviño die Definition von Dual-Use-Technologien und Infrastrukturen aktualisieren und KMUs im Verteidigungsbereich den Zugang zu EIB-Finanzierung vereinfachen. Zudem will die EIB einen “One-Stop-Shop” einrichten, der die Prozesse bei der Auszahlung jener sechs Milliarden Euro beschleunigen soll, die für Verteidigung reserviert sind.

    Calviño hatte schon beim Finanzministertreffen im Februar angekündigt, die Strategie der EIB stärker auf Verteidigung auszurichten. Auch die EU-Regierungschefs drängten beim Gipfel im März in diese Richtung.

    ESG-Kriterien als Herausforderung

    Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis begrüßte den Aktionsplan. “Vermehrte EIB-Investitionen in diesem Bereich werden auch ein positives Signal an die Märkte senden”, sagte Dombrovskis. Da sich einige Investoren aufgrund von ESG-Kriterien bisher vor dem Verteidigungssektor zieren, erhofft man sich in Brüssel, dass die EIB als Wegbereiterin für andere Investoren agieren kann.

    Umgekehrt besteht auch die Befürchtung, dass die EIB bei einer zu starken Involvierung in den Verteidigungsbereich aufgrund derselben ESG-Kriterien ihre Kreditwürdigkeit einbüßt. Deshalb haben die EU-Finanzminister sich auch noch nicht final für den Aktionsplan der EIB entschieden. “Unter den Ministern gab es eine breite Unterstützung, mit diesem Plan weiterzugehen”, sagte der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem, aber bei den Details brauche es noch weitere Diskussionen. Konkreter dürfte es am 21. Juni werden, wenn sich die EU-Finanzminister in ihrer Funktion als Rat der Gouverneure der EIB treffen. jaa

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    EU-Staaten ebnen Weg für Milliardenkredit an Ägypten

    Die EU-Staaten haben den Weg für Finanzhilfen im Umfang von einer Milliarde Euro für Ägypten geebnet. Die Finanzminister ermächtigten am Freitag in Luxemburg die EU-Kommission, die erforderlichen Mittel an den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstituten aufzunehmen und als Darlehen an Ägypten weiterzureichen. Das Geld soll die wirtschaftliche Stabilisierung des finanziell stark angeschlagenen Landes unterstützen.

    Die Auszahlung ist allerdings an die Bedingung geknüpft, “dass Ägypten weiterhin konkrete und glaubhafte Fortschritte bei der Achtung wirksamer demokratischer Mechanismen (…) und der Rechtsstaatlichkeit erzielt und die Achtung der Menschenrechte garantiert”. Zudem soll das Land auch wirtschaftspolitische und finanzielle Auflagen erfüllen und Erfolge bei Strukturreformen nachweisen.

    Kritik wegen Menschenrechtslage in Äygpten

    Grundlage der Hilfen sind Pläne für einen umfassenden Ausbau der Partnerschaft mit Ägypten, die auch eine engere Kooperation im Kampf gegen illegale Migration umfassen soll. In dem Beschluss vom Freitag wird das Land als “Säule der Stabilität im gesamten Nahen Osten” beschrieben – auch angesichts der Angriffe der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel sowie des Konflikts im Sudan. Den Planungen zufolge könnten nach dem ersten Darlehen über eine Milliarde Euro weitere Kredite im Umfang von vier Milliarden Euro folgen.

    Kritik an der geplanten engeren Zusammenarbeit mit Ägypten gibt es wegen der Menschenrechtslage in Ägypten. Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in dem nordafrikanischen Staat mit etwa 105 Millionen Einwohnern ist stark eingeschränkt, Demonstrationen sind faktisch verboten. Kritiker werden Menschenrechtlern zufolge mit drastischen Methoden verfolgt und müssen willkürliche Festnahmen und Schlimmeres befürchten. Zehntausende wurden laut Menschenrechtlern aus politischen Gründen inhaftiert. Präsident Abdel Fattah al-Sisi regiert das Land mit harter Hand. Er war 2013 in einem Militärputsch an die Macht gekommen. dpa

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    EU-Chefdiplomat beruft Sondersitzung der Außenminister ein

    EU-Außenbeauftrafter Josep Borrell hat laut eigenen Angaben für Dienstag eine außerordentliche Video-Sitzung der EU-Außenminister einberufen. “Unser Ziel ist es, zur Deeskalation und Sicherheit in der Region beizutragen”, schrieb er auf X. Zuvor hatte er den “inakzeptablen iranischen Angriff gegen Israel” im Namen der Staatengemeinschaft scharf verurteilt. “Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine ernste Bedrohung für die regionale Sicherheit”.

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief alle Seiten zur Besonnenheit auf. “Ich verurteile den unverhohlenen und ungerechtfertigten Angriff auf Israel auf Schärfste. Und ich fordere den Iran und seine Stellvertreter auf, diese Angriffe unverzüglich einzustellen”, schrieb von der Leyen am Sonntagmorgen. “Alle Akteure müssen nun von einer weiteren Eskalation absehen und sich für die Wiederherstellung der Stabilität in der Region einsetzen.”

    Auch EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilte den Angriff des Irans. Es müsse alles getan werden, um eine weitere regionale Eskalation zu verhindern, schrieb der belgische Spitzenpolitiker auf X. “Ein weiteres Blutvergießen muss vermieden werden. Wir werden die Situation gemeinsam mit unseren Partnern weiterhin aufmerksam verfolgen.” dpa

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    Belgien ermittelt wegen russischer Einflussnahme

    Die belgische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer möglichen Einflussnahme Russlands im Wahlkampf zur Europawahl im Juni. Die Erkenntnisse basierten auf Angaben der Geheimdienste, teilt Ministerpräsident Alexander De Croo mit.

    Russische Gruppen bemühten sich demnach, prorussische Kandidaten für das Europäische Parlament zu fördern, damit dort die Unterstützung für die Ukraine nachlasse. Die Ermittlungen seien auch Folge von Erkenntnissen der tschechischen Behörden, wonach prorussische Kräfte sich aktiv in Brüssel um Einfluss bemühen und dabei auch Schmiergeld bezahlen würden. In dem Zusammenhang tauchte unlängst auch der Name des AfD-Kandidaten für die Europawahl, Petr Bystron, auf, der die Vorwürfe bestreitet. rtr

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    Telekom-Minister erklären, wie sie Europas Netze sicherer und souveräner machen wollen

    Bei ihrem informellen Treffen haben die Telekom-Minister der EU am Freitag die Louvain-la-Neuve-Erklärung verabschiedet. Sie konzentriert sich auf die Sicherheit und strategische Autonomie der digitalen Infrastruktur Europas. Die Minister erkannten die Notwendigkeit, kritische Infrastrukturen vorrangig unter europäischer Kontrolle zu halten – vor dem Hintergrund der globalen Spannungen und der Diskussionen über den Einsatz chinesischer Technik in europäischen Netzwerken.

    Digitale Signatur für mehr Sicherheit

    Belgiens Vize-Ministerpräsidentin und Telekommunikationsministerin Petra De Sutter unterstrich die Bedeutung europäischer Souveränität über die digitale Infrastruktur. “Wir müssen die Kontrolle behalten, um unseren Bürgern Sicherheit und Dienste zu garantieren”, sagte sie.

    Auch in der Verbreitung von gefälschten Online-Profilen sehen die Minister eine große Gefahr für die Demokratie. In der Erklärung von Louvain-la-Neuve weisen sie die Kommission an, optionale Instrumente in Form von standardisierten Signaturen zu schaffen. So sollen Nutzer und Plattformen zwischen einem gefälschten Profil und einem verifizierten, überprüfbaren oder anonymen Profil unterscheiden können. Auf diese Weise sollen Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber junge Menschen vor schädlichen Inhalten beschützt werden.

    Die Mitgliedstaaten wollen keine Einmischung

    Gleichzeitig diskutierten die Minister die Vorschläge aus dem Weißbuch zum Digital Networks Act (DNA). Eines der Ziele des DNA ist es, die Regelungen für die nationalen Telekommunikationsmärkte zu harmonisieren und damit Investitionen sowie Innovationen zu fördern. Dies soll dazu beitragen, dass alle Europäer, unabhängig von ihrem Wohnort, in vollem Umfang Zugang zu digitalen Diensten haben.

    De Sutter sagte, es herrsche Einigkeit unter den Mitgliedstaaten, die Netzwerke robust und nachhaltig zu bauen. Weniger einig seien sich die Mitgliedstaaten jedoch bei den Themen, wo Harmonisierung bedeutet, dass Mitgliedstaaten weniger Entscheidungsspielraum auf nationaler Ebene haben. Ein Beispiel ist die einheitliche Vergabe von Funkfrequenzen, wie sie sich die Unternehmen wünschen. Hier geht es nicht zuletzt auch um Geld. Denn mit der Lizenzvergabe waren in einigen Mitgliedstaaten auch hohe Einnahmen verbunden.

    Vorbereitung auf den Digital Networks Act laufen

    EU-Kommissar Thierry Breton betonte die Dringlichkeit, die Netzwerke zu modernisieren. “Wir müssen neue Wege finden, um traditionelle Betreiber zur Öffnung ihrer Netze zu zwingen”, sagte er. Auch sei es notwendig, die Telekommunikationsinfrastruktur Europas in Bezug auf Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Ressourcen zu verbessern.

    Zur Zeitplanung beim DNA sagte Breton, die Konsultationen dazu liefen bis Ende Juni. Die Kommission hatte in ihrem Weißbuch verschiedene Szenarien vorgeschlagen. Sobald das gesamte Feedback eingegangen sei, werde die Kommission es auswerten. “Daran werden wir diesen Sommer arbeiten und zu Beginn des Herbstes Vorschläge vorlegen“, sagte Breton. So sei alles für einen möglichen Gesetzentwurf vorbereitet. vis

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    Olympia in Paris erfüllt grünes Versprechen noch nicht

    Nur für rund ein Drittel der erwarteten CO₂-Emissionen durch die Olympischen Spiele in Paris diesen Sommer haben die Veranstalter eine nachhaltige Strategie zur Vermeidung oder Bemessung. Das geht aus einer Untersuchung der NGOs Carbon Market Watch und Éclaircies hervor. Zwar sei das Organisationskomitee von Paris mittlerweile bemüht, keine irreführenden Klimaneutralitäts-Behauptungen mehr aufzustellen, wie das noch zu Beginn der Planungen der Fall war. Jedoch seien umfassendere und grundlegende Maßnahmen erforderlich, um Olympische Spiele auf einen 1,5-Grad-Pfad zu bringen, schreiben die Autoren.

    Die Organisatoren haben für Paris ein Kohlenstoffbudget von 1,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent festgelegt, erinnert die Untersuchung. Somit wären die Spiele an der Seine verglichen mit London 2012 (3,3 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) und Rio 2016 (3,6 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) nur etwa halb so klimaschädlich. Die Autoren kritisieren jedoch, dass diese Zahlen nicht vollständig durch Maßnahmen hinterlegt seien.

    Anreise nach Paris stellt größtes Problem dar

    Vor allem die Minderung der Verkehrsemissionen (rund 40 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) würden kaum angegangen. Zwar würden Athleten und Zuschauer aufgefordert, mit dem Zug anzureisen. Dies rein “informelle Aufforderung” würde jedoch nur geringfügig und kaum messbar Emissionen einsparen. Auch für den Frachttransport gäbe es bislang nur Absichtserklärungen.

    Für Konsumprodukte (20 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) sowie die Energieversorgung (8 Prozent) fehlten ebenfalls verlässliche Informationen, ob die Minderungsziele der Veranstalter eingehalten würden, kritisieren die NGOs. Zwar sollten die Spielstätten vollständig mit erneuerbarer Energie versorgt werden, jedoch werde nicht angegeben, wie der Strom aus erneuerbaren Energiequellen beschafft werden soll. Somit sei nicht klar, ob lediglich Grünstrom-Zertifikate eingekauft würden oder ob es tatsächliche zusätzliche Erneuerbaren-Kapazitäten gibt.

    Die Autoren der Studie loben aber auch, dass sowohl beim Bau der Veranstaltungsstätten (30 Prozent des gesamten CO₂-Budgets) sowie bei der Lebensmittelversorgung (1 Prozent) “robuste Klimaschutzstrategien” vorlägen. Nur fünf Prozent der Spielstätten müssen neu gebaut werden, 70 Prozent bestehen bereits, 25 Prozent werden nur temporär aufgebaut. luk

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    Presseschau

    EU-Chefdiplomat verurteilt iranischen Angriff auf Israel MERKUR
    Angriff auf Israel: Italien beruft G7-Sondersitzung ein RAI NEWS
    EU will Verstöße gegen Russland-Sanktionen eindämmen TAGESSCHAU
    Milliardengeschäft für Moskau: Briten und Amerikaner stoppen Metall-Import aus Russland N-TV
    Migrationsforscher Gerald Knaus: EU-Asylreform wird an Migrationskrise wenig ändern MDR
    Online-Demokratie: EU-Rat fordert schärferes Vorgehen gegen Fake Accounts HEISE
    EU beschließt: Gebäudebestand soll bis 2050 emissionsfrei sein BR
    Klimaziele der EU: CDU-Politiker Thomas Gebhart warnt vor Milliardenstrafe für Deutschland T-ONLINE
    Autobranche lehnt EU-Strafzölle gegen China ab N-TV
    Ungarn: Orbán-Verbündete sollen Nachrichtensender Euronews gekauft haben T-ONLINE
    Österreich: Grenzkontrollen zu Tschechien und Slowakei werden verlängert VOL
    Verdacht auf Geld aus Russland: Belgien ermittelt gegen EU-Abgeordnete FAZ
    Estland bemerkt mehr Aktivitäten der russischen Geheimdienste WEB.DE
    Moldaus Präsidentin Maia Sandu: “Der Sturm der Entrüstung hätte mich beinahe aus dem Amt gefegt” WIWO
    Hetzkampagne gegen einen Journalisten in Serbien DER STANDARD
    Palästina-Kongress in Berlin: Griechenlands Ex-Minister Yanis Varoufakis darf nicht nach Deutschland reisen T-ONLINE
    Neuer Gedenktag: Italian Casa SÜDDEUTSCHE
    Abwasser-Skandal: Fäkalien verpesten Großbritanniens Gewässer ZDF

    Kolumne

    What’s cooking in Paris? Frankreichs Haushaltsdefizit bedroht Macrons Wahlkampf

    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Minister für Wirtschaft und Finanzen Bruno Le Maire beim Besuch einer Sprengstofffabrik.

    Es kriselt gewaltig zwischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire und Staatschef Emmanuel Macron. Der Grund ist der Zustand des französischen Staatshaushalts, im Pariser Jargon als “fipu” für “finances publiques” bekannt. Das Staatsdefizit ist im vergangenen Jahr überraschend deutlich angewachsen und summierte sich auf 5,5 Prozent des BIP. Die Regierung hatte lediglich einen Anstieg auf 4,9 Prozent prognostiziert. 2022 lag die Neuverschuldung noch bei 4,8 Prozent. Die Staatsverschuldung belief sich auf 110,6 Prozent des BIP.

    “Weniger als zwei Monate vor den Europawahlen kommt diese Ankündigung für die Regierung zu einem sehr schlechten Zeitpunkt“, heißt es aus Pariser Parlamentskreisen. Macron befürchte jetzt, dass die Franzosen wegen der finanziellen Lage des Landes in Panik geraten könnten, wenn die Frage des Haushaltsdefizits weiterhin die politische Debatte in Frankreich dominiere. “Der Elysée ist der Ansicht, dass jede Debatte über dieses Thema ein Klima schafft, das er als angstbesetzt bezeichnet.” Über Steuererhöhungen und Kürzungen bei den Sozialleistungen zu sprechen sei für Macrons EU-Wahlkampfes gefährlich, vor allem in einer Zeit, in der die Wahlkampagne seiner Kandidatin Valérie Hayer nur schwer in Gang komme, so die Quelle.

    Der Parlamentarier erinnert zudem daran, dass es für die Regierung aufgrund von drei bevorstehenden Terminen schwierig sein wird, das Gespräch über den Zustand der öffentlichen Finanzen zu vermeiden. Am 26. April wird die Ratingagentur Fitch and Moody’s ihre Bewertung über Frankreich veröffentlichen. Am 29. April wird es in der Nationalversammlung eine Debatte über die öffentlichen Finanzen geben und am 31. Mai ist Standard & Poor’s an der Reihe, die Leistung Frankreichs zu bewerten.

    Die Haushaltsdefizit-Debatte beherrschen

    Macron und Le Maire unterscheiden sich im Umgang mit der Debatte über die Staatsfinanzen. Macron hat die Europawahlen im Visier, während Le Maire auf die Präsidentschaftswahlen 2027 blickt. Für den französischen Abgeordneten ist der Wirtschaftsminister in der Lage, die Franzosen aufzufordern, “die Dinge beim Namen zu nennen” und sie zu warnen, dass der härteste Teil noch vor ihnen liege. Auf diese Weise zeige er den zukünftigen Wählern, dass er handelt und Verantwortung übernimmt. “Er arbeitet an seiner Präsidentschaftskandidatur“, erklärt unsere Quelle. Und Le Maire hat Zeit.

    Weniger als zwei Monate vor den Europawahlen hat Macron diese Zeit eben nicht. Der schleppende Wahlkampf von Valérie Hayer sowie die Staatsfedizit-Debatte bedrohten die Glaubwürdigkeit Macrons, der die Kontrolle über Wirtschaft und Finanzen zu seinem Markenzeichen gemacht hat, sagt der Parlamentarier.

    Macrons Steckenpferd entzaubert

    Und die Opposition hat mittlerweile Freude daran gefunden, ihre Partitur dabei zu spielen: Macron wurde einst als “Mozart der Finanzwelt” bezeichnet, jetzt spielt er “die entzauberte Flöte” oder er wird als “Dirigent der Titanic” bezeichnet.

    Doch auch wenn Macron das Vertrauen der Franzosen zu verlieren droht, verliert er keineswegs das Vertrauen in sich selbst. Als der Staatschef am Donnerstag an der Seite von Bruno Le Maire in einer Sprengstofffabrik sprach, bestritt er, dass er irgendwelche “Meinungsverschiedenheiten” mit seinem Minister habe, und betonte, dass seine Wirtschaftsstrategie nicht schlecht sei, sondern Ergebnisse hervorbringe. “Wir sind die attraktivsten in Europa, wir haben eines der besten Wachstumsraten in der Eurozone, wir schaffen Arbeitsplätze.” Also: Alles gut, laut Macron. Nun muss der Staatschef nur noch den Reality-Check am 9. Juni bestehen.

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    Europe.Table Redaktion

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