die französischen Gewerkschaften wehren sich erbittert gegen die Pläne von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Für heute sind erneut massive Proteste angekündigt, es ist der sechste Streiktag gegen die Rentenreform, Macrons ehrgeizigstes Vorhaben. Transportminister Clément Beaune, ein enger Vertrauter des Präsidenten, sagte bereits im Vorfeld: “Die Streiks werden am 7. März nicht aufhören.” Doch Macron habe nichts zu verlieren, schreibt Tanja Kuchenbecker.
Die Schweizer Staatssekretärin Livia Leu kommt heute für die achte Sondierungsrunde mit der EU-Kommission nach Brüssel. Es dürfte nicht die letzte sein: Die Gespräche über eine neue Grundlage für die bilaterale Beziehung verlaufen zäh, bei den Sondierungen geht es seit einem Jahr immer wieder um dieselben Fragen. Und das, obwohl die Zeit knapp wird. Stephan Israel analysiert, warum sich die EU und die Schweiz so schwer miteinander tun.
Grenzwerte, die sich stärker an den WHO-Empfehlungen orientieren, und Notfallmaßnahmen bei besonders schlechter Luft: Javi López (S&D), der Verhandlungsführer im Parlament für die Luftreinhaltungsrichtlinie, will den Vorschlag der Kommission nachschärfen. Was genau er plant, erfahren Sie in den News.
Frankreich steht erneut vor massiven Protesten gegen die Rentenreform. Am stärksten wird es wohl den Zug- und Flugverkehr treffen. Transportminister Clément Beaune, ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron, warnte: “Es wird einer der schwierigsten Tage, die wir erlebt haben.” Und Beaune ist überzeugt: “Die Streiks werden am 7. März nicht aufhören.” Die Regierung macht Stimmung gegen die Streiks, denn sie belasteten aus ihrer Sicht die arbeitende Bevölkerung.
Hintergrund der für die am heutigen Dienstag geplanten Demonstrationen ist die von Macrons Regierung geplante Rentenreform, bei der das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2030 von derzeit 62 auf 64 Jahre steigen soll. Es ist bereits der 6. Streiktag gegen die Reform. Macron hat bisher keine Zugeständnisse gemacht. Aufgerufen zu den Streiks hat ein Zusammenschluss aus acht Gewerkschaften und fünf Jugendschutzorganisationen. Die Gewerkschaften erwarten mehr als eine Million Teilnehmer. Und sie drohen damit, dass die Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen länger dauern könnten.
Heute soll der öffentliche Nahverkehr in Paris kaum noch funktionieren. Der Verkehr der Fernzüge wird stark eingeschränkt sein, nur einer von fünf Zügen soll fahren. Der Zugverkehr mit Deutschland und Spanien fällt ganz aus. Viele Lehrer werden streiken, ebenso sind Streiks in Energiebetrieben, auf Flughäfen, in Häfen und auf Schlachthöfen angekündigt. Lastwagenfahrer wollen Straßen blockieren.
Bisher sind laut Umfragen 71 Prozent der Bevölkerung gegen die Reform. Alle Gewerkschaften haben sich im Kampf vereint, was seit Jahren nicht mehr der Fall war. “Es ist eine sehr harte Reform, die die Bevölkerung ablehnt. Die öffentliche Meinung ist ein Pluspunkt für den Streik und vor allem für einen langandauernden Streik”, sagt der Historiker und Soziologe Stéphane Sirot, der auf Streiks und Gewerkschaften spezialisiert ist. Gut gewählt sei der Zeitpunkt auch. Die Schulferien sind vorbei, die nächsten kommen erst im April. Damit ist garantiert, dass die Gewerkschaften die Franzosen nicht schnell gegen sich aufbringen.
Der Druck auf die Regierung wächst. Die Gewerkschaft CGT, die in den Energiebetrieben die Mehrheit hat, duzte den Staatschef: “Emmanuel Macron, wenn du so weiter machst, wird es bei dir ganz dunkel.” Sie kündigte eine “schwarze Woche” ab Montag an.
Bertrand Dumont, Gewerkschaftsvertreter von Solidaires bei den Pariser Verkehrsbetrieben RATP, betonte: “Wenn Macron und seine Regierung ihr Projekt am Dienstagabend in die Schublade stecken, sind wir Mittwoch wieder bei der Arbeit.” Er geht davon aus, dass drei Streiktage in Folge reichen, damit die Regierung die Reform zurückzieht. “Alle Bereiche gehen gemeinsam dagegen vor”, sagte er.
Doch das könnte an Macrons Entschiedenheit scheitern. Mehrere Gründe sprechen dafür, dass dieser eisern an der Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre festhält. Die Rentenreform ist das ehrgeizigste Vorhaben seiner beiden Amtszeiten. Er kann nach zwei Amtszeiten nicht wiedergewählt werden und hat deshalb nichts zu verlieren. Verlierer wäre er nur, wenn die Rentenreform auch im zweiten Anlauf nicht durchkommt.
Einen ersten Anlauf hat er schon 2019 gemacht, dann kam die Pandemie dazwischen. Der Soziologe Vincent Tiberj, Professor bei Sciences Po in Bordeaux, hält es für unwahrscheinlich, dass Macron nachgibt. “Er ist zu weit gegangen, um das Risiko in Kauf zu nehmen.”
Macron geht strategisch vor. Zunächst einmal lenkte er von der Reform ab, indem er vor dem Streiktag für vier Tage nach Afrika reiste. Vor Ort zum Thema Rente befragt, sagte der Präsident nur, er habe “nicht viel Neues zu sagen”. Auch Premierministerin Élisabeth Borne hält sich derzeit zurück, weil es im Senat besser läuft als in der Nationalversammlung, in der es heftige Debatten mit den Linken gab.
Bis zum 12. März um Mitternacht muss der Senat die Debatte abschließen. Der eigentliche Streitpunkt, die Anhebung des Rentenalters, wurde auf die Tage nach dem Generalstreik verschoben, um die Proteste nicht anzuheizen. Der Senat wird von den Konservativen dominiert, die die Reform sogar noch verschärfen wollen.
Die Republikaner sind für Macron wichtig, weil sie darüber entscheiden, ob die Reform angenommen wird oder nicht. Er muss sie auf seine Seite ziehen, weil er nicht die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung hat.
Die Republikaner wollen die Spezialrentensysteme schneller abschaffen als die Regierung. Diese Spezialrentensysteme bedeuten große Vergünstigungen für verschiedene Sparten, etwa für Beschäftigte der Bahn SNCF und der Pariser RATP. Macron will die alten Rentenregeln für die Beschäftigten beibehalten und nur für Neuanstellungen ändern. Die Konservativen schlagen dagegen eine langsame Anpassung auch für die schon Beschäftigten vor, so wie für alle anderen Franzosen bei der Rentenreform auch.
Die Regierung sprach sich bisher dagegen aus. Dabei ging es bei Macrons Reform 2019 darum, genau diese Spezialregime schnell abzuschaffen. Die Proteste dagegen zogen sich wochenlang hin. Die Tageszeitung Le Monde kommentierte, die Regierung hoffe, dass die Bewegung verpufft, sie wolle die Streiks nicht noch anheizen.
Der Vorschlag der Republikaner birgt Konfliktpotential, doch Macron will die Reform möglichst schnell durchsetzen. Davon hängt ab, wie viel Handlungsspielraum er für die verbleibenden vier Jahre seiner Amtszeit hat.
Das Zeitfenster für einen Deal zwischen der Schweiz und der EU schließt sich langsam, aber sicher. Die Schweizer Staatssekretärin Livia Leu kommt heute bereits für die achte Sondierungsrunde mit der EU-Kommission nach Brüssel. Es dürfte nicht die letzte sein. In den Gesprächen geht um eine neue Grundlage für die bilaterale Beziehung, bisher festgeschrieben in einem komplexen Geflecht von über 120 Abkommen. Es ist der zweite Anlauf, nachdem die Schweizer Regierung zum Ärger der EU im Mai 2021 einseitig das Gespräch über einen praktisch fertigen sogenannten Rahmenvertrag abgebrochen hat.
Weshalb tun die Schweiz und die EU sich so schwer? Die bilateralen Abkommen sichern der Schweiz bisher einen sektoriellen Zugang zum Binnenmarkt. Eine maßgeschneiderte Lösung, welche die EU der Schweiz einst in der Erwartung eines späteren Vollbeitritts zum Club zugestanden hatte.
Ein Angebot, das die EU inzwischen bedauert. Die Schweizer Wirtschaft profitiert überdurchschnittlich von diesem privilegierten Zugang zum größten Binnenmarkt der Welt. Die Schweizer stehen in Brüssel im Ruf, “Rosinenpicker” zu sein. Das Beitrittsgesuch hat die Regierung in Bern längst zurückgezogen.
Das Problem für die EU: Die Abkommen mit der Schweiz sind statisch, während das EU-Recht sich dynamisch fortentwickelt. Die Homogenität des Binnenmarktrechts ist aus Sicht der EU nicht mehr gewährleistet. Auch fehlt eine Streitschlichtung. So protestieren zum Beispiel KMUs aus dem süddeutschen Raum seit Jahren vergeblich gegen bürokratische Hindernisse, wenn sie in der Schweiz Aufträge annehmen wollen. Brüssel sieht gewisse Schweizer Lohnschutzmaßnahmen im Widerspruch zu den bilateralen Abkommen.
Am Streit um den Schweizer Lohnschutz, die Rechte von EU-Bürgern in der Schweiz und um die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei der Streitschlichtung ist vor knapp zwei Jahren schon das Rahmenabkommen gescheitert. Die EU macht seither Druck, indem sie gewisse Abkommen wie jenes über die technischen Handelshemmnisse ihrerseits nicht mehr aktualisiert. Zudem verweigert Brüssel der Schweiz bisher die Vollassoziierung beim EU-Forschungsprogramm Horizon Europe.
Bei den Sondierungen stehen nun seit einem Jahr dieselben Fragen wieder im Fokus. Die EU will diesmal auf Nummer sicher gehen und die gegenseitigen Zugeständnisse in einer gemeinsamen Erklärung festschreiben. Die eigentlichen Verhandlungen könnten dann schnell gehen. Soweit zumindest die Theorie.
Die Schweizer Regierung strebt diesmal nach einer Paketlösung. Dazu sollen neben den sogenannten institutionellen Fragen wie der Streitschlichtung oder der dynamischen Rechtsübernahme neue Marktzugangsabkommen etwa beim Strom oder der Gesundheit gehören. In Bern erhofft man sich mehr Manövriermasse und bessere Chancen bei einer späteren Volksabstimmung. Allerdings wirft das Paket neue Fragen auf. So müsste sich die Regierung in Bern bei einem Elektrizitätsabkommen verpflichten, die Liberalisierungsschritte der EU beim Strommarkt nachzuvollziehen – das ist in der Schweiz höchst umstritten.
Nach der Sondierungsrunde der Staatssekretärin in Brüssel wird nächste Woche Maroš Šefčovič, Vizepräsident der EU-Kommission, in die Schweiz fahren und dort auch Außenminister Ignazio Cassis treffen. Das Treffen kam nur auf Drängen aus Brüssel zustande.
Die Zeit wird knapp, weil in der Schweiz im Herbst die beiden Parlamentskammern neu gewählt werden. Die Verhandlungen müssten zudem abgeschlossen werden, bevor 2024 das Mandat der derzeitigen EU-Kommission ausläuft. Beobachter halten den Zeitplan für unrealistisch. Unklar ist auch, ob die Schweizer Regierung in einem Wahljahr beim heiklen Europadossier überhaupt Weichenstellungen vornehmen will. Die Schweiz hat eine Allparteienregierung, blockiert durch innere Widersprüche. Einiges deutet darauf hin, dass die sieben gleichberechtigten Bundesrätinnen und Bundesräte sich in einem Wahljahr am Europadossier nicht die Finger verbrennen wollen.
Dabei müsste eigentlich die Unsicherheit angesichts des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine für die Schweiz Ansporn sein, das Verhältnis zum wichtigsten Partner und Absatzmarkt zu stabilisieren. Doch die Schweiz tut sich schwer mit ihrer “Zeitenwende”. Das Land galt lange als Oligarchenparadies und wichtigste Drehscheibe für den russischen Rohstoffhandel.
Die EU-Sanktionen hat die Regierung in Bern nach kurzem Zögern vor einem Jahr zwar fast vollständig übernommen. Wachsende Kritik gibt es inzwischen an der Umsetzung. So haben die Behörden bisher erst 7,5 Milliarden Franken blockiert, bei geschätzten 200 Milliarden Franken an Guthaben russischer Kundinnen und Kunden auf Schweizer Banken.
Im Dilemma ist die Regierung auch mit Blick auf die Lieferung von Kriegsgerät. Anfragen aus Deutschland, Spanien und Dänemark für die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern von Schweizer Herstellern an die Ukraine wurden in Bern zum Unverständnis der europäischen Partner bereits abschlägig beantwortet. Aktuell interessieren sich Deutschland und Tschechien nun für Leopard 2 Panzer, von denen 96 Stück in der Ostschweiz an einem geheimen Ort eingelagert sind.
Die Anfrage ist für die Regierung in Bern eine neue Belastungsprobe. Die Leoparde sollen nicht an die Ukraine geliefert werden, aber Lücken in den beiden EU-Staaten füllen. Verteidigungsministerin Viola Amherd signalisierte am Montag, dass die Schweiz auf einen Teil der Panzer verzichten könnte. Die Rede ist von einem Dutzend Stück. Schnell wird dies aber so oder so nicht möglich sein. Und die Anhänger der strikten Schweizer Neutralität melden bereits Widerspruch an.
07.03.-10.03.2023, Lyon (Frankreich)
EIT, Conference Global Industry 2023
The European Institute of Innovation & Technology (EIT) discusses answers to the challenges faced by industrial players today and vehicles for ever more ingenious efforts by manufacturers to combat the crises in Europe. INFOS & REGISTRATION
08.03.-09.03.2023, Brüssel (Belgien)/online
Conference Masters of Digital – A resilient digital Europe in times of crisis
Masters of Digital discusses the role of digital technology in addressing the multiple crises Europe is facing. INFOS & REGISTRATION
08.03.-09.03.2023, online
EEN International conference and matchmaking on Digitalization & Sustainability
The Enterprise Europe Network (EEN) focuses on the challenges for future production in Europe. INFOS & ANMELDUNG
08.03.2023 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
Deutsche Medienakademie, Konferenz Digitale Infrastruktur: Panta rhei?
Die Deutsche Medienakademie beleuchtet Themen rund um die Digitale Infrastruktur. INFOS & ANMELDUNG
08.03.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Panel Discussion Between two crucial winters: the outlook for gas markets in Europe
The Florence School of Regulation (FSR) explores the current outlook for European gas markets and aims at identifying which are the priority actions and initiatives to be undertaken in the next months as to ensure security of supply to Europe. INFOS & REGISTRATION
08.03.2023 – 19:00-22:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
BDI EU Industry Talk mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton über die aktuellen Herausforderungen für die Industrie in Europa. INFOS & ANMELDUNG
09.03.-10.03.2023, Brüssel (Belgien)
ERA Annual Conference on EU Law in the Pharmaceutical Sector 2023
The Academy of European Law (ERA) will bring legal practitioners working with the pharmaceutical sector up-to-date on the latest regulatory developments, legislative initiatives and case law. INFOS & REGISTRATION
09.03.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
DIHK, Seminar Mit Daten Energie sparen und Transformation schaffen
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt, wie sich anhand von Schwarmintelligenz Energie einsparen und erforderliche Energie sicherstellen lässt. INFOS & ANMELDUNG
Der Verhandlungsführer im Parlament für die Luftreinhaltungsrichtlinie, Javi López (S&D), will den Vorschlag der Kommission verschärfen. Sein Entwurf für den Bericht, der am 22. März im Umweltausschuss vorgestellt werden soll, sieht vor, die Grenzwerte für die Luftqualität im Jahr 2030 stärker an die Empfehlungen der WHO anzunähern, als die Kommission vorgeschlagen hatte.
Die Kommission schlägt vor, dass der Grenzwert für Feinpartikel (PM2,5) am Tag bei 25 Mikrogramm je Kubikmeter Luft liegt und nicht mehr als 18 Mal im Jahr überschritten werden darf. Der Jahresmittelwert soll höchstens 10 Mikrogramm betragen. López will den Grenzwert am Tag auf 15 Mikrogramm absenken. Wie die Kommission schlägt er vor, dass der Wert nicht mehr als 18 Mal im Kalenderjahr überschritten werden darf. Allerdings plädiert López für einen deutlich niedrigeren Jahresmittelwert von 5 Mikrogramm.
Bei Schwefeldioxid schlägt die Kommission einen Grenzwert von 350 Mikrogramm in der Stunde, 50 Mikrogramm am Tag und 20 Mikrogramm im Jahresmittel vor. López will einen Grenzwert von 200 Mikrogramm in der Stunde, 40 Mikrogramm am Tag und 20 Mikrogramm im Jahresmittel.
Er will außerdem die Liste der Luftschadstoffe ergänzen, die durch die Richtlinie reguliert werden. López schlägt vor, dass es einen Grenzwert für Ozon gibt, der bei 120 Mikrogramm innerhalb von acht Stunden liegt und nicht mehr als dreimal im Kalenderjahr überschritten werden darf.
López plädiert zudem für Maßnahmen, wenn Grenzwerte bei der Luftverschmutzung überschritten werden. Während die Kommission hier nur wenige Maßnahmen vorsieht, etwa Anreize, auf ÖPNV und Niedrigemissionsfahrzeuge umzusteigen, listet López eine Vielzahl von Maßnahmen auf:
Die Kommission schlägt keine Notfallmaßnahmen bei besonders schlechter Luft vor. López schlägt viele Maßnahmen bei Notlagen vor:
Auf mehreren Gesprächsebenen wird an einer Lösung im Streit um E-Fuels in Neufahrzeugen nach 2035 gearbeitet. Kanzler Olaf Scholz sieht ebenso wie die FDP-Minister Volker Wissing und Christian Lindner die Kommission am Zug. Sie solle einen Vorschlag vorlegen, damit sichergestellt ist, dass Neufahrzeuge auch nach dem Verbrenner-Aus im Jahr 2035 noch mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen betrieben werden können.
Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass das Initiativrecht für Legislativvorschläge nur bei der Kommission liegt. Auch das Kanzleramt soll in Gespräche mit der Kommission eingebunden sein, habe aber mit Hinweis auf das Ressortprinzip abgelehnt, federführend die Verhandlungen mit der Kommission zu führen.
Der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans hatte in der Vergangenheit wiederholt weit von sich gewiesen, einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Nach Informationen von Table.Media hat Timmermans in den letzten Tagen auch abgelehnt, das direkte Gespräch mit Wissing zu führen. Es soll aber ein Gespräch auf der Ebene der Staatssekretäre mit dem Kabinettschef von Timmermans, Diederik Samsom, gegeben haben. Dabei habe der Beamte aber keinen Vorschlag in der Sache unterbreitet, heißt es in Berlin.
Auch die schwedische Regierung, die bis zum Sommer im Rat die Geschäfte führt, ist dem Vernehmen nach auf der Suche nach einem Ausweg. Dabei ist sie mit der Bundesregierung und mit anderen Mitgliedstaaten im Gespräch. Der Handlungsdruck für die schwedische Ratspräsidentschaft ist groß. Sollte wegen der E-Fuels die Abstimmung zu den CO₂-Flottengrenzwerten und dem Verbrenner-Aus im Rat scheitern, könnte es schwierig werden, das Gesetzgebungsverfahren noch bis zu den Europawahlen im Mai 2024 abzuschließen.
Falls der Kompromiss, der im Trilogverfahren erzielt wurde, im Rat keine Mehrheit bekommt, würde dies jedoch nicht zwangsläufig das Aus für das Gesetzgebungsverfahren bedeuten. Ein Vorschlag der Kommission, der den Wünschen der Bundesregierung bei E-Fuels Rechnung trägt, könnte auch auf anderer Ebene weiterverhandelt werden.
Die EU-Verträge sehen eine Zweite Lesung sowie ein förmliches Vermittlungsverfahren vor. Beides wird aber seit Jahren nicht mehr praktiziert, weil Kompromisse zwischen den CO-Gesetzgebern üblicherweise im Trilog gefunden und danach von beiden Kammern bestätigt werden.
Denkbar wäre auch, dass CO₂-Flottengrenzwerte und Verbrenner-Aus beschlossen und das E-Fuel-Dossier ausgegliedert und einem anderen Dossier zugeschlagen werden. Im Gespräch dafür ist etwa der Euro-7-Vorschlag, bei dem es um den Schadstoffausstoß von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen geht. mgr/tho
Der deutsche Abgeordnete Michael Bloss wird für die Grünen im Europaparlament die Reform des europäischen Strommarkts verhandeln. Das teilte Bloss gestern auf Twitter mit. “Mein Ziel ist es, das Stromsystem fit für 100 Prozent erneuerbare Energien zu machen”, sagte Bloss. Zudem gelte es, die Rückkehr “fossiler und atomarer Superkonzerne” zu stoppen. Der Grünen-Abgeordnete ist Mitglied im Industrie- und im Umweltausschuss.
Die Kommission will ihren Vorschlag für die Reform des Strommarktdesigns am 16. März vorlegen. Energiekommissarin Kadri Simson hatte das Parlament vergangene Woche gebeten, die Reform schnell zu verabschieden. Gegen ein beschleunigtes Verfahren hatte aber die EVP Bedenken geäußert. Die Reform wird von Frankreich, Spanien und anderen Staaten vorangetrieben, um die in der Krise gestiegenen Strompreise zu begrenzen.
Einer der strittigsten Punkte wird der regulatorische Rahmen für Atomkraftwerke. Das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium will dagegen den schnellen Neubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken vorantreiben. ber
Whatsapp hat sich verpflichtet, seine Praktiken zu ändern, um EU-Vorschriften zu entsprechen. Konkret kündigte die Meta-Tochter an, bei Änderungen der Nutzungsbedingungen transparenter zu sein. Außerdem bestätigte Whatsapp, dass es die personenbezogenen Daten der Nutzer nicht zu Werbezwecken an Dritte oder andere Meta-Unternehmen – einschließlich Facebook – weitergibt. Justizkommissar Didier Reynders begrüßte die Zusagen.
Den Zugeständnissen war ein Dialog mit Verbraucherschutzbehörden und der Europäischen Kommission (Consumer Protection Cooperation Network, CPC) vorausgegangen. Das CPC-Netzwerk hatte sich erstmals im Januar 2022 an Whatsapp gewandt. Zuvor hatten der Europäische Verbraucherverband (BEUC) und acht seiner Mitgliedsverbände auf mutmaßliche unlautere Praktiken von Whatsapp zu ihren Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien aufmerksam gemacht.
Im Einzelnen verpflichtet Whatsapp sich bei zukünftigen Aktualisierungen seiner Nutzungsbedingungen:
Das CPC wird aktiv überwachen, wie Whatsapp diese Verpflichtungen umsetzt, wenn es zukünftige Aktualisierungen seiner Richtlinien vornimmt. Gegebenenfalls wird es die Einhaltung durchsetzen – einschließlich der Möglichkeit, Geldbußen zu verhängen. Der Digital Services Act verpflichtet digitale Dienste, klare Geschäftsbedingungen zu haben. vis
Die Bundesregierung hat einem Beschluss des Rats der Europäischen Union von 2018 zur Einführung einer Sperrklausel bei Europawahlen zugestimmt. Sperrklausel wird auch Prozenthürde genannt. Das Kabinett entschied über einen vom Bundesinnenministerium vorgelegten Entwurf für das EU-Wahlakt-Zustimmungsgesetz. Damit Deutschlands Zustimmung wirksam wird, müssen noch zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages dafür stimmen. Zudem bedarf es zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
“Mit Inkrafttreten des Beschlusses des Rates ist die Bundesrepublik Deutschland unionsrechtlich verpflichtet, eine Mindestschwelle für die Sitzvergabe von nicht weniger als zwei Prozent festzulegen, da in Deutschland im Wahlgebiet 96 Sitze vergeben werden”, heißt es in dem nun vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf. Aktuell gibt es keine Sperrklausel.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte auf der Plattform “Abgeordnetenwatch” im Januar 2022 auf eine Frage zur Haltung der Ampel-Parteien zur Sperrklausel bei Europawahlen geantwortet: “Auch wir halten eine Stärkung des Europäischen Parlaments für sinnvoll. Dabei ergibt es auch Sinn, statt einer Fragmentierung der europäischen Parteienlandschaft klare Mehrheitsverhältnisse anzustreben.”
Es ist unwahrscheinlich, dass die Sperrklausel bereits bei der Wahl 2024 greift. Alle 27 Mitgliedstaaten müssen den Wahlakt ratifizieren. Außer Deutschland müssten dies noch Spanien und Malta erledigen. Malta gilt als machbar, in Spanien wird die Annahme ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass ein Koalitionspartner von Ministerpräsident betroffen wäre. dpa/mgr
Die europäische Bürgerbeauftragte ermittelt gegen die EU-Kommission. Anlass sind Flüge und Hotelübernachtungen, die vom Golfemirat Katar spendiert wurden. In einem Brief an Kommissionschefin Ursula von der Leyen vom Montag fordert die Bürgerbeauftragte Emily OʹReilly Informationen darüber, wie die Behörde “mit Anträgen auf Geschäftsreisen ihrer leitenden Mitarbeiter umgeht, die von Dritten bezahlt werden”. Zugleich fordert OʹReilly die Kommission dazu auf, ihre Regeln zu ändern und von Dritten bezahlte Reisekosten offenzulegen.
Konkret geht es bei der Untersuchung um Reisen des Leiters der Generaldirektion Mobilität und Verkehr – also den höchsten Beamten unter der zuständigen EU-Kommissarin Adina Vălean. Er war dem Magazin “Politico” zufolge seit 2015 mehrmals umsonst in der Business Class mit Qatar Airways geflogen. Vier dieser Flüge wurden demnach von der katarischen Regierung oder Gruppen bezahlt, die der Regierung nahestehen.
Einer Sprecherin der EU-Kommission zufolge wurden auch Kosten für Hotelübernachtungen übernommen. Zeitgleich verhandelte die EU-Kommission ein Flugabkommen mit Katar. Dies werfe “die berechtigte Frage nach einer möglichen unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung der EU in diesem Bereich auf”, sagte OʹReilly.
Katar steht bereits im Fokus eines Bestechungsskandals rund um das Europaparlament, der im Dezember öffentlich geworden war. Dem Land wird vorgeworfen, Einfluss auf politische Entscheidungen genommen zu haben. Mehrere Europaabgeordnete sitzen unter anderem wegen des Verdachts der Korruption und der Geldwäsche in Untersuchungshaft.
Wie ein Sprecher der EU-Kommission am Montag erklärte, hielt sich der Beamte im vorliegenden Fall an alle geltenden Regeln. Demnach ist er als Leiter der Generaldirektion dafür zuständig, mögliche Interessenkonflikte auch in solchen Fällen zu prüfen, die ihn selbst betreffen. Zugleich kündigte die Behörde an, die bestehenden Regeln verschärfen zu wollen. Reisekosten sollten in Zukunft von Dritten nur noch dann übernommen werden dürfen, wenn es sich um die Vereinten Nationen, die G7 oder G20 handelt.
Die Bürgerbeauftragte brachte in ihrem Schreiben auch ihr Missfallen über eine frühere Erklärung der EU-Kommission zum Ausdruck, wonach es keinen Interessenkonflikt gab, weil der Generaldirektor nicht Teil des Verhandlungsteams war. “Die Öffentlichkeit dürfte diese Unterscheidung nicht treffen”, befand O’Reilly und bat um eine Antwort bis zum 3. Juni. dpa
Estlands Regierungschefin Kaja Kallas sieht sich nach ihrem Wahlsieg vom Sonntag in ihrem harten Kurs gegenüber Russland bestätigt. Zuletzt hatte sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert, Russland müsse für die begangenen Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht werden. Die als “Eiserne Lady des Baltikums” bekannte Politikerin der wirtschaftsliberalen Reformpartei holte 37 von 101 Sitzen im Parlament von Tallinn – drei mehr als bei der vorherigen Wahl 2019.
“Kallas hat die Wahl ganz klar über die Außenpolitik gewonnen“, analysiert die Sicherheitsexpertin für die Baltischen Staaten, Elisabeth Bauer. Die Esten hätten Kallas entschiedenes Eintreten für EU-Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen in die Ukraine unterstützt. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird als “fundamentales Sicherheitsrisiko” empfunden, da Estland eine 300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt.
Im Interview mit Table.Media sagte die alte – und wohl auch neue – Regierungschefin: “Wir würden in dunklen Zeiten leben, wären wir nicht in der Nato. Deshalb haben wir auch keine Furcht. Wir glauben nicht, dass Russland ein Nato-Mitglied angreift, weil es eben auch ein Angriff auf die USA, Deutschland und Frankreich wäre.”
Ob die 45-jährige Juristin das Bündnis mit den Sozialdemokraten oder der konservativen Partei Isamaa weiterführt, ist unklar. Möglich wäre auch ein Zweierbündnis mit der ebenfalls liberalen Partei Eesti 200, die zum ersten Mal im Parlament ist. Außen- und sicherheitspolitisch liegen die beiden Parteien auf einer Linie. Eesti 200 hat bekannte Sicherheitspolitiker und potenzielle neue Minister in den eigenen Reihen, wie Ex-Verteidigungsminister Margus Tsahkna oder Ex-Außenminister Kalev Stoicescu, der ebenfalls Botschafter in den US und Kanada war. nana/dpa
Im öffentlichen Dienst geht es manchmal ganz schnell. Eine Versetzung hat Christoph Roth nach Brüssel gebracht. Von der Vertretung des Saarlands in Berlin in das europäische Pendant. Andere Stadt, anderes Land, aber die grundlegende Aufgabe blieb dieselbe: die saarländischen Interessen unterbringen. Das sei nicht immer so einfach bei einem Bundesland, das kein “Big Player” sei. Und trotzdem sagt Roth: “Ich war überrascht, wie offen man in Brüssel für die Interessen der Regionen ist.”
Roth hat sich in Brüssel direkt wohlgefühlt. Französisch prägt seinen Alltag, und das Frankofone begleitet ihn seit Jahren. Nach dem Philosophie-Studium in Berlin studierte er an der Sorbonne in Paris. Dann ging er zwar wieder zurück nach Berlin, dort arbeitete er aber weiter fleißig an seinem Französisch, wie er sagt. Im europäischen Ausland zu arbeiten, sei immer ein Traum gewesen. Schließlich habe ihn aber einfach zufällig eine freie Stelle ins Zentrum des EU-Politikbetriebs nach Belgien gebracht.
Nun ist er viel unterwegs. Im Saarland ist Roth, um zu erfahren, was den Menschen und Unternehmen wichtig ist. In Brüssel soll die Vertretung Pragmatismus in EU-Verhandlungen bringen. Und in Berlin gilt es über die aktuellen Debatten in der EU zu berichten. Denn obwohl die Verhandlungen über Saarlands Interessen auf europäischer Ebene in Brüssel ablaufen – die konkreten Entscheidungen gehen in Berlin über den Bundesrat.
Der Austausch sei wichtig. “Die Hauptstädte sind weit weg und da ist es nicht leicht zu wissen, was auf EU-Ebene passiert und was die Regionen brauchen“, sagt Roth und meint damit nicht nur das Saarland. Denn die Regionen sitzen im selben Boot, haben ähnliche Interessen und Probleme.
Deshalb gibt es seit 1995 die Kooperation zwischen dem Saarland, der französischen Region Grand Est, Luxemburg und Regionen Belgiens. “Wir sind ein eingespieltes Team.” Mit den französischen Kolleginnen und Kollegen teilt sich die Vertretung sogar ein Büro, und das nicht nur in Brüssel. Auch in Berlin und Paris halten die Vertretungen Räume für die Teams aus dem jeweils anderen Land frei. “Ein kleines Stück gelebtes Europa”, sagt Roth.
Es sind Überbleibsel der Corona-Pandemie, die die Regionen bewegen. “Mit voller Wucht” schlagen viele europäische Gesetze in der Großregion ein. Bei 250.000 Pendlern am Tag betreffe das viele administrative Bereiche: Arbeitsverträge, Kurzarbeits- oder Homeoffice-Regelungen. “Oft sind es kleine pragmatische Sachen, die aber während der Lockdowns zu echten Problemen wurden”, sagt Roth.
Aber auch der Green Deal betreffe das Saarland als Bundesland mit energieintensiven Unternehmen stark. Entscheidend sei, wie sich der Green Deal vor Ort umsetzen lasse, ohne bei der Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Produktion Abstriche machen zu müssen. Auch an den Prozessen rund um die Pläne für eine der weltweit größten Siliziumkarbid-Halbleiter-Fabriken im Saarland sei die Vertretung beteiligt gewesen. In Brüssel habe man unter anderem dafür sensibilisiert, Prüfungen zu beschleunigen.
Es sind solche europäischen Themen, über die Roth gerne redet. Lieber als über sich selbst. Ein bisschen etwas verrät er aber doch über sein Leben in Brüssel. Das findet nämlich abseits des Brüsseler Politikbetriebs ab. Statt in den typischen EU-Vierteln wohnt Roth in der Innenstadt. “Es war eine große Sorge von mir, nur in dieser einen Bubble zu bleiben.” Mitten im Zentrum aber ist es belebt. Besonders gerne sei er in der italienischen Community unterwegs. “So habe ich die Möglichkeit, mich europäisch zu öffnen, ohne die ganze Zeit im Politikbetrieb unterwegs zu sein.” Katharina Kausche
die französischen Gewerkschaften wehren sich erbittert gegen die Pläne von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Für heute sind erneut massive Proteste angekündigt, es ist der sechste Streiktag gegen die Rentenreform, Macrons ehrgeizigstes Vorhaben. Transportminister Clément Beaune, ein enger Vertrauter des Präsidenten, sagte bereits im Vorfeld: “Die Streiks werden am 7. März nicht aufhören.” Doch Macron habe nichts zu verlieren, schreibt Tanja Kuchenbecker.
Die Schweizer Staatssekretärin Livia Leu kommt heute für die achte Sondierungsrunde mit der EU-Kommission nach Brüssel. Es dürfte nicht die letzte sein: Die Gespräche über eine neue Grundlage für die bilaterale Beziehung verlaufen zäh, bei den Sondierungen geht es seit einem Jahr immer wieder um dieselben Fragen. Und das, obwohl die Zeit knapp wird. Stephan Israel analysiert, warum sich die EU und die Schweiz so schwer miteinander tun.
Grenzwerte, die sich stärker an den WHO-Empfehlungen orientieren, und Notfallmaßnahmen bei besonders schlechter Luft: Javi López (S&D), der Verhandlungsführer im Parlament für die Luftreinhaltungsrichtlinie, will den Vorschlag der Kommission nachschärfen. Was genau er plant, erfahren Sie in den News.
Frankreich steht erneut vor massiven Protesten gegen die Rentenreform. Am stärksten wird es wohl den Zug- und Flugverkehr treffen. Transportminister Clément Beaune, ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron, warnte: “Es wird einer der schwierigsten Tage, die wir erlebt haben.” Und Beaune ist überzeugt: “Die Streiks werden am 7. März nicht aufhören.” Die Regierung macht Stimmung gegen die Streiks, denn sie belasteten aus ihrer Sicht die arbeitende Bevölkerung.
Hintergrund der für die am heutigen Dienstag geplanten Demonstrationen ist die von Macrons Regierung geplante Rentenreform, bei der das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2030 von derzeit 62 auf 64 Jahre steigen soll. Es ist bereits der 6. Streiktag gegen die Reform. Macron hat bisher keine Zugeständnisse gemacht. Aufgerufen zu den Streiks hat ein Zusammenschluss aus acht Gewerkschaften und fünf Jugendschutzorganisationen. Die Gewerkschaften erwarten mehr als eine Million Teilnehmer. Und sie drohen damit, dass die Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen länger dauern könnten.
Heute soll der öffentliche Nahverkehr in Paris kaum noch funktionieren. Der Verkehr der Fernzüge wird stark eingeschränkt sein, nur einer von fünf Zügen soll fahren. Der Zugverkehr mit Deutschland und Spanien fällt ganz aus. Viele Lehrer werden streiken, ebenso sind Streiks in Energiebetrieben, auf Flughäfen, in Häfen und auf Schlachthöfen angekündigt. Lastwagenfahrer wollen Straßen blockieren.
Bisher sind laut Umfragen 71 Prozent der Bevölkerung gegen die Reform. Alle Gewerkschaften haben sich im Kampf vereint, was seit Jahren nicht mehr der Fall war. “Es ist eine sehr harte Reform, die die Bevölkerung ablehnt. Die öffentliche Meinung ist ein Pluspunkt für den Streik und vor allem für einen langandauernden Streik”, sagt der Historiker und Soziologe Stéphane Sirot, der auf Streiks und Gewerkschaften spezialisiert ist. Gut gewählt sei der Zeitpunkt auch. Die Schulferien sind vorbei, die nächsten kommen erst im April. Damit ist garantiert, dass die Gewerkschaften die Franzosen nicht schnell gegen sich aufbringen.
Der Druck auf die Regierung wächst. Die Gewerkschaft CGT, die in den Energiebetrieben die Mehrheit hat, duzte den Staatschef: “Emmanuel Macron, wenn du so weiter machst, wird es bei dir ganz dunkel.” Sie kündigte eine “schwarze Woche” ab Montag an.
Bertrand Dumont, Gewerkschaftsvertreter von Solidaires bei den Pariser Verkehrsbetrieben RATP, betonte: “Wenn Macron und seine Regierung ihr Projekt am Dienstagabend in die Schublade stecken, sind wir Mittwoch wieder bei der Arbeit.” Er geht davon aus, dass drei Streiktage in Folge reichen, damit die Regierung die Reform zurückzieht. “Alle Bereiche gehen gemeinsam dagegen vor”, sagte er.
Doch das könnte an Macrons Entschiedenheit scheitern. Mehrere Gründe sprechen dafür, dass dieser eisern an der Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre festhält. Die Rentenreform ist das ehrgeizigste Vorhaben seiner beiden Amtszeiten. Er kann nach zwei Amtszeiten nicht wiedergewählt werden und hat deshalb nichts zu verlieren. Verlierer wäre er nur, wenn die Rentenreform auch im zweiten Anlauf nicht durchkommt.
Einen ersten Anlauf hat er schon 2019 gemacht, dann kam die Pandemie dazwischen. Der Soziologe Vincent Tiberj, Professor bei Sciences Po in Bordeaux, hält es für unwahrscheinlich, dass Macron nachgibt. “Er ist zu weit gegangen, um das Risiko in Kauf zu nehmen.”
Macron geht strategisch vor. Zunächst einmal lenkte er von der Reform ab, indem er vor dem Streiktag für vier Tage nach Afrika reiste. Vor Ort zum Thema Rente befragt, sagte der Präsident nur, er habe “nicht viel Neues zu sagen”. Auch Premierministerin Élisabeth Borne hält sich derzeit zurück, weil es im Senat besser läuft als in der Nationalversammlung, in der es heftige Debatten mit den Linken gab.
Bis zum 12. März um Mitternacht muss der Senat die Debatte abschließen. Der eigentliche Streitpunkt, die Anhebung des Rentenalters, wurde auf die Tage nach dem Generalstreik verschoben, um die Proteste nicht anzuheizen. Der Senat wird von den Konservativen dominiert, die die Reform sogar noch verschärfen wollen.
Die Republikaner sind für Macron wichtig, weil sie darüber entscheiden, ob die Reform angenommen wird oder nicht. Er muss sie auf seine Seite ziehen, weil er nicht die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung hat.
Die Republikaner wollen die Spezialrentensysteme schneller abschaffen als die Regierung. Diese Spezialrentensysteme bedeuten große Vergünstigungen für verschiedene Sparten, etwa für Beschäftigte der Bahn SNCF und der Pariser RATP. Macron will die alten Rentenregeln für die Beschäftigten beibehalten und nur für Neuanstellungen ändern. Die Konservativen schlagen dagegen eine langsame Anpassung auch für die schon Beschäftigten vor, so wie für alle anderen Franzosen bei der Rentenreform auch.
Die Regierung sprach sich bisher dagegen aus. Dabei ging es bei Macrons Reform 2019 darum, genau diese Spezialregime schnell abzuschaffen. Die Proteste dagegen zogen sich wochenlang hin. Die Tageszeitung Le Monde kommentierte, die Regierung hoffe, dass die Bewegung verpufft, sie wolle die Streiks nicht noch anheizen.
Der Vorschlag der Republikaner birgt Konfliktpotential, doch Macron will die Reform möglichst schnell durchsetzen. Davon hängt ab, wie viel Handlungsspielraum er für die verbleibenden vier Jahre seiner Amtszeit hat.
Das Zeitfenster für einen Deal zwischen der Schweiz und der EU schließt sich langsam, aber sicher. Die Schweizer Staatssekretärin Livia Leu kommt heute bereits für die achte Sondierungsrunde mit der EU-Kommission nach Brüssel. Es dürfte nicht die letzte sein. In den Gesprächen geht um eine neue Grundlage für die bilaterale Beziehung, bisher festgeschrieben in einem komplexen Geflecht von über 120 Abkommen. Es ist der zweite Anlauf, nachdem die Schweizer Regierung zum Ärger der EU im Mai 2021 einseitig das Gespräch über einen praktisch fertigen sogenannten Rahmenvertrag abgebrochen hat.
Weshalb tun die Schweiz und die EU sich so schwer? Die bilateralen Abkommen sichern der Schweiz bisher einen sektoriellen Zugang zum Binnenmarkt. Eine maßgeschneiderte Lösung, welche die EU der Schweiz einst in der Erwartung eines späteren Vollbeitritts zum Club zugestanden hatte.
Ein Angebot, das die EU inzwischen bedauert. Die Schweizer Wirtschaft profitiert überdurchschnittlich von diesem privilegierten Zugang zum größten Binnenmarkt der Welt. Die Schweizer stehen in Brüssel im Ruf, “Rosinenpicker” zu sein. Das Beitrittsgesuch hat die Regierung in Bern längst zurückgezogen.
Das Problem für die EU: Die Abkommen mit der Schweiz sind statisch, während das EU-Recht sich dynamisch fortentwickelt. Die Homogenität des Binnenmarktrechts ist aus Sicht der EU nicht mehr gewährleistet. Auch fehlt eine Streitschlichtung. So protestieren zum Beispiel KMUs aus dem süddeutschen Raum seit Jahren vergeblich gegen bürokratische Hindernisse, wenn sie in der Schweiz Aufträge annehmen wollen. Brüssel sieht gewisse Schweizer Lohnschutzmaßnahmen im Widerspruch zu den bilateralen Abkommen.
Am Streit um den Schweizer Lohnschutz, die Rechte von EU-Bürgern in der Schweiz und um die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei der Streitschlichtung ist vor knapp zwei Jahren schon das Rahmenabkommen gescheitert. Die EU macht seither Druck, indem sie gewisse Abkommen wie jenes über die technischen Handelshemmnisse ihrerseits nicht mehr aktualisiert. Zudem verweigert Brüssel der Schweiz bisher die Vollassoziierung beim EU-Forschungsprogramm Horizon Europe.
Bei den Sondierungen stehen nun seit einem Jahr dieselben Fragen wieder im Fokus. Die EU will diesmal auf Nummer sicher gehen und die gegenseitigen Zugeständnisse in einer gemeinsamen Erklärung festschreiben. Die eigentlichen Verhandlungen könnten dann schnell gehen. Soweit zumindest die Theorie.
Die Schweizer Regierung strebt diesmal nach einer Paketlösung. Dazu sollen neben den sogenannten institutionellen Fragen wie der Streitschlichtung oder der dynamischen Rechtsübernahme neue Marktzugangsabkommen etwa beim Strom oder der Gesundheit gehören. In Bern erhofft man sich mehr Manövriermasse und bessere Chancen bei einer späteren Volksabstimmung. Allerdings wirft das Paket neue Fragen auf. So müsste sich die Regierung in Bern bei einem Elektrizitätsabkommen verpflichten, die Liberalisierungsschritte der EU beim Strommarkt nachzuvollziehen – das ist in der Schweiz höchst umstritten.
Nach der Sondierungsrunde der Staatssekretärin in Brüssel wird nächste Woche Maroš Šefčovič, Vizepräsident der EU-Kommission, in die Schweiz fahren und dort auch Außenminister Ignazio Cassis treffen. Das Treffen kam nur auf Drängen aus Brüssel zustande.
Die Zeit wird knapp, weil in der Schweiz im Herbst die beiden Parlamentskammern neu gewählt werden. Die Verhandlungen müssten zudem abgeschlossen werden, bevor 2024 das Mandat der derzeitigen EU-Kommission ausläuft. Beobachter halten den Zeitplan für unrealistisch. Unklar ist auch, ob die Schweizer Regierung in einem Wahljahr beim heiklen Europadossier überhaupt Weichenstellungen vornehmen will. Die Schweiz hat eine Allparteienregierung, blockiert durch innere Widersprüche. Einiges deutet darauf hin, dass die sieben gleichberechtigten Bundesrätinnen und Bundesräte sich in einem Wahljahr am Europadossier nicht die Finger verbrennen wollen.
Dabei müsste eigentlich die Unsicherheit angesichts des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine für die Schweiz Ansporn sein, das Verhältnis zum wichtigsten Partner und Absatzmarkt zu stabilisieren. Doch die Schweiz tut sich schwer mit ihrer “Zeitenwende”. Das Land galt lange als Oligarchenparadies und wichtigste Drehscheibe für den russischen Rohstoffhandel.
Die EU-Sanktionen hat die Regierung in Bern nach kurzem Zögern vor einem Jahr zwar fast vollständig übernommen. Wachsende Kritik gibt es inzwischen an der Umsetzung. So haben die Behörden bisher erst 7,5 Milliarden Franken blockiert, bei geschätzten 200 Milliarden Franken an Guthaben russischer Kundinnen und Kunden auf Schweizer Banken.
Im Dilemma ist die Regierung auch mit Blick auf die Lieferung von Kriegsgerät. Anfragen aus Deutschland, Spanien und Dänemark für die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern von Schweizer Herstellern an die Ukraine wurden in Bern zum Unverständnis der europäischen Partner bereits abschlägig beantwortet. Aktuell interessieren sich Deutschland und Tschechien nun für Leopard 2 Panzer, von denen 96 Stück in der Ostschweiz an einem geheimen Ort eingelagert sind.
Die Anfrage ist für die Regierung in Bern eine neue Belastungsprobe. Die Leoparde sollen nicht an die Ukraine geliefert werden, aber Lücken in den beiden EU-Staaten füllen. Verteidigungsministerin Viola Amherd signalisierte am Montag, dass die Schweiz auf einen Teil der Panzer verzichten könnte. Die Rede ist von einem Dutzend Stück. Schnell wird dies aber so oder so nicht möglich sein. Und die Anhänger der strikten Schweizer Neutralität melden bereits Widerspruch an.
07.03.-10.03.2023, Lyon (Frankreich)
EIT, Conference Global Industry 2023
The European Institute of Innovation & Technology (EIT) discusses answers to the challenges faced by industrial players today and vehicles for ever more ingenious efforts by manufacturers to combat the crises in Europe. INFOS & REGISTRATION
08.03.-09.03.2023, Brüssel (Belgien)/online
Conference Masters of Digital – A resilient digital Europe in times of crisis
Masters of Digital discusses the role of digital technology in addressing the multiple crises Europe is facing. INFOS & REGISTRATION
08.03.-09.03.2023, online
EEN International conference and matchmaking on Digitalization & Sustainability
The Enterprise Europe Network (EEN) focuses on the challenges for future production in Europe. INFOS & ANMELDUNG
08.03.2023 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
Deutsche Medienakademie, Konferenz Digitale Infrastruktur: Panta rhei?
Die Deutsche Medienakademie beleuchtet Themen rund um die Digitale Infrastruktur. INFOS & ANMELDUNG
08.03.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Panel Discussion Between two crucial winters: the outlook for gas markets in Europe
The Florence School of Regulation (FSR) explores the current outlook for European gas markets and aims at identifying which are the priority actions and initiatives to be undertaken in the next months as to ensure security of supply to Europe. INFOS & REGISTRATION
08.03.2023 – 19:00-22:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
BDI EU Industry Talk mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton über die aktuellen Herausforderungen für die Industrie in Europa. INFOS & ANMELDUNG
09.03.-10.03.2023, Brüssel (Belgien)
ERA Annual Conference on EU Law in the Pharmaceutical Sector 2023
The Academy of European Law (ERA) will bring legal practitioners working with the pharmaceutical sector up-to-date on the latest regulatory developments, legislative initiatives and case law. INFOS & REGISTRATION
09.03.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
DIHK, Seminar Mit Daten Energie sparen und Transformation schaffen
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt, wie sich anhand von Schwarmintelligenz Energie einsparen und erforderliche Energie sicherstellen lässt. INFOS & ANMELDUNG
Der Verhandlungsführer im Parlament für die Luftreinhaltungsrichtlinie, Javi López (S&D), will den Vorschlag der Kommission verschärfen. Sein Entwurf für den Bericht, der am 22. März im Umweltausschuss vorgestellt werden soll, sieht vor, die Grenzwerte für die Luftqualität im Jahr 2030 stärker an die Empfehlungen der WHO anzunähern, als die Kommission vorgeschlagen hatte.
Die Kommission schlägt vor, dass der Grenzwert für Feinpartikel (PM2,5) am Tag bei 25 Mikrogramm je Kubikmeter Luft liegt und nicht mehr als 18 Mal im Jahr überschritten werden darf. Der Jahresmittelwert soll höchstens 10 Mikrogramm betragen. López will den Grenzwert am Tag auf 15 Mikrogramm absenken. Wie die Kommission schlägt er vor, dass der Wert nicht mehr als 18 Mal im Kalenderjahr überschritten werden darf. Allerdings plädiert López für einen deutlich niedrigeren Jahresmittelwert von 5 Mikrogramm.
Bei Schwefeldioxid schlägt die Kommission einen Grenzwert von 350 Mikrogramm in der Stunde, 50 Mikrogramm am Tag und 20 Mikrogramm im Jahresmittel vor. López will einen Grenzwert von 200 Mikrogramm in der Stunde, 40 Mikrogramm am Tag und 20 Mikrogramm im Jahresmittel.
Er will außerdem die Liste der Luftschadstoffe ergänzen, die durch die Richtlinie reguliert werden. López schlägt vor, dass es einen Grenzwert für Ozon gibt, der bei 120 Mikrogramm innerhalb von acht Stunden liegt und nicht mehr als dreimal im Kalenderjahr überschritten werden darf.
López plädiert zudem für Maßnahmen, wenn Grenzwerte bei der Luftverschmutzung überschritten werden. Während die Kommission hier nur wenige Maßnahmen vorsieht, etwa Anreize, auf ÖPNV und Niedrigemissionsfahrzeuge umzusteigen, listet López eine Vielzahl von Maßnahmen auf:
Die Kommission schlägt keine Notfallmaßnahmen bei besonders schlechter Luft vor. López schlägt viele Maßnahmen bei Notlagen vor:
Auf mehreren Gesprächsebenen wird an einer Lösung im Streit um E-Fuels in Neufahrzeugen nach 2035 gearbeitet. Kanzler Olaf Scholz sieht ebenso wie die FDP-Minister Volker Wissing und Christian Lindner die Kommission am Zug. Sie solle einen Vorschlag vorlegen, damit sichergestellt ist, dass Neufahrzeuge auch nach dem Verbrenner-Aus im Jahr 2035 noch mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen betrieben werden können.
Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass das Initiativrecht für Legislativvorschläge nur bei der Kommission liegt. Auch das Kanzleramt soll in Gespräche mit der Kommission eingebunden sein, habe aber mit Hinweis auf das Ressortprinzip abgelehnt, federführend die Verhandlungen mit der Kommission zu führen.
Der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans hatte in der Vergangenheit wiederholt weit von sich gewiesen, einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Nach Informationen von Table.Media hat Timmermans in den letzten Tagen auch abgelehnt, das direkte Gespräch mit Wissing zu führen. Es soll aber ein Gespräch auf der Ebene der Staatssekretäre mit dem Kabinettschef von Timmermans, Diederik Samsom, gegeben haben. Dabei habe der Beamte aber keinen Vorschlag in der Sache unterbreitet, heißt es in Berlin.
Auch die schwedische Regierung, die bis zum Sommer im Rat die Geschäfte führt, ist dem Vernehmen nach auf der Suche nach einem Ausweg. Dabei ist sie mit der Bundesregierung und mit anderen Mitgliedstaaten im Gespräch. Der Handlungsdruck für die schwedische Ratspräsidentschaft ist groß. Sollte wegen der E-Fuels die Abstimmung zu den CO₂-Flottengrenzwerten und dem Verbrenner-Aus im Rat scheitern, könnte es schwierig werden, das Gesetzgebungsverfahren noch bis zu den Europawahlen im Mai 2024 abzuschließen.
Falls der Kompromiss, der im Trilogverfahren erzielt wurde, im Rat keine Mehrheit bekommt, würde dies jedoch nicht zwangsläufig das Aus für das Gesetzgebungsverfahren bedeuten. Ein Vorschlag der Kommission, der den Wünschen der Bundesregierung bei E-Fuels Rechnung trägt, könnte auch auf anderer Ebene weiterverhandelt werden.
Die EU-Verträge sehen eine Zweite Lesung sowie ein förmliches Vermittlungsverfahren vor. Beides wird aber seit Jahren nicht mehr praktiziert, weil Kompromisse zwischen den CO-Gesetzgebern üblicherweise im Trilog gefunden und danach von beiden Kammern bestätigt werden.
Denkbar wäre auch, dass CO₂-Flottengrenzwerte und Verbrenner-Aus beschlossen und das E-Fuel-Dossier ausgegliedert und einem anderen Dossier zugeschlagen werden. Im Gespräch dafür ist etwa der Euro-7-Vorschlag, bei dem es um den Schadstoffausstoß von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen geht. mgr/tho
Der deutsche Abgeordnete Michael Bloss wird für die Grünen im Europaparlament die Reform des europäischen Strommarkts verhandeln. Das teilte Bloss gestern auf Twitter mit. “Mein Ziel ist es, das Stromsystem fit für 100 Prozent erneuerbare Energien zu machen”, sagte Bloss. Zudem gelte es, die Rückkehr “fossiler und atomarer Superkonzerne” zu stoppen. Der Grünen-Abgeordnete ist Mitglied im Industrie- und im Umweltausschuss.
Die Kommission will ihren Vorschlag für die Reform des Strommarktdesigns am 16. März vorlegen. Energiekommissarin Kadri Simson hatte das Parlament vergangene Woche gebeten, die Reform schnell zu verabschieden. Gegen ein beschleunigtes Verfahren hatte aber die EVP Bedenken geäußert. Die Reform wird von Frankreich, Spanien und anderen Staaten vorangetrieben, um die in der Krise gestiegenen Strompreise zu begrenzen.
Einer der strittigsten Punkte wird der regulatorische Rahmen für Atomkraftwerke. Das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium will dagegen den schnellen Neubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken vorantreiben. ber
Whatsapp hat sich verpflichtet, seine Praktiken zu ändern, um EU-Vorschriften zu entsprechen. Konkret kündigte die Meta-Tochter an, bei Änderungen der Nutzungsbedingungen transparenter zu sein. Außerdem bestätigte Whatsapp, dass es die personenbezogenen Daten der Nutzer nicht zu Werbezwecken an Dritte oder andere Meta-Unternehmen – einschließlich Facebook – weitergibt. Justizkommissar Didier Reynders begrüßte die Zusagen.
Den Zugeständnissen war ein Dialog mit Verbraucherschutzbehörden und der Europäischen Kommission (Consumer Protection Cooperation Network, CPC) vorausgegangen. Das CPC-Netzwerk hatte sich erstmals im Januar 2022 an Whatsapp gewandt. Zuvor hatten der Europäische Verbraucherverband (BEUC) und acht seiner Mitgliedsverbände auf mutmaßliche unlautere Praktiken von Whatsapp zu ihren Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien aufmerksam gemacht.
Im Einzelnen verpflichtet Whatsapp sich bei zukünftigen Aktualisierungen seiner Nutzungsbedingungen:
Das CPC wird aktiv überwachen, wie Whatsapp diese Verpflichtungen umsetzt, wenn es zukünftige Aktualisierungen seiner Richtlinien vornimmt. Gegebenenfalls wird es die Einhaltung durchsetzen – einschließlich der Möglichkeit, Geldbußen zu verhängen. Der Digital Services Act verpflichtet digitale Dienste, klare Geschäftsbedingungen zu haben. vis
Die Bundesregierung hat einem Beschluss des Rats der Europäischen Union von 2018 zur Einführung einer Sperrklausel bei Europawahlen zugestimmt. Sperrklausel wird auch Prozenthürde genannt. Das Kabinett entschied über einen vom Bundesinnenministerium vorgelegten Entwurf für das EU-Wahlakt-Zustimmungsgesetz. Damit Deutschlands Zustimmung wirksam wird, müssen noch zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages dafür stimmen. Zudem bedarf es zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
“Mit Inkrafttreten des Beschlusses des Rates ist die Bundesrepublik Deutschland unionsrechtlich verpflichtet, eine Mindestschwelle für die Sitzvergabe von nicht weniger als zwei Prozent festzulegen, da in Deutschland im Wahlgebiet 96 Sitze vergeben werden”, heißt es in dem nun vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf. Aktuell gibt es keine Sperrklausel.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte auf der Plattform “Abgeordnetenwatch” im Januar 2022 auf eine Frage zur Haltung der Ampel-Parteien zur Sperrklausel bei Europawahlen geantwortet: “Auch wir halten eine Stärkung des Europäischen Parlaments für sinnvoll. Dabei ergibt es auch Sinn, statt einer Fragmentierung der europäischen Parteienlandschaft klare Mehrheitsverhältnisse anzustreben.”
Es ist unwahrscheinlich, dass die Sperrklausel bereits bei der Wahl 2024 greift. Alle 27 Mitgliedstaaten müssen den Wahlakt ratifizieren. Außer Deutschland müssten dies noch Spanien und Malta erledigen. Malta gilt als machbar, in Spanien wird die Annahme ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass ein Koalitionspartner von Ministerpräsident betroffen wäre. dpa/mgr
Die europäische Bürgerbeauftragte ermittelt gegen die EU-Kommission. Anlass sind Flüge und Hotelübernachtungen, die vom Golfemirat Katar spendiert wurden. In einem Brief an Kommissionschefin Ursula von der Leyen vom Montag fordert die Bürgerbeauftragte Emily OʹReilly Informationen darüber, wie die Behörde “mit Anträgen auf Geschäftsreisen ihrer leitenden Mitarbeiter umgeht, die von Dritten bezahlt werden”. Zugleich fordert OʹReilly die Kommission dazu auf, ihre Regeln zu ändern und von Dritten bezahlte Reisekosten offenzulegen.
Konkret geht es bei der Untersuchung um Reisen des Leiters der Generaldirektion Mobilität und Verkehr – also den höchsten Beamten unter der zuständigen EU-Kommissarin Adina Vălean. Er war dem Magazin “Politico” zufolge seit 2015 mehrmals umsonst in der Business Class mit Qatar Airways geflogen. Vier dieser Flüge wurden demnach von der katarischen Regierung oder Gruppen bezahlt, die der Regierung nahestehen.
Einer Sprecherin der EU-Kommission zufolge wurden auch Kosten für Hotelübernachtungen übernommen. Zeitgleich verhandelte die EU-Kommission ein Flugabkommen mit Katar. Dies werfe “die berechtigte Frage nach einer möglichen unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung der EU in diesem Bereich auf”, sagte OʹReilly.
Katar steht bereits im Fokus eines Bestechungsskandals rund um das Europaparlament, der im Dezember öffentlich geworden war. Dem Land wird vorgeworfen, Einfluss auf politische Entscheidungen genommen zu haben. Mehrere Europaabgeordnete sitzen unter anderem wegen des Verdachts der Korruption und der Geldwäsche in Untersuchungshaft.
Wie ein Sprecher der EU-Kommission am Montag erklärte, hielt sich der Beamte im vorliegenden Fall an alle geltenden Regeln. Demnach ist er als Leiter der Generaldirektion dafür zuständig, mögliche Interessenkonflikte auch in solchen Fällen zu prüfen, die ihn selbst betreffen. Zugleich kündigte die Behörde an, die bestehenden Regeln verschärfen zu wollen. Reisekosten sollten in Zukunft von Dritten nur noch dann übernommen werden dürfen, wenn es sich um die Vereinten Nationen, die G7 oder G20 handelt.
Die Bürgerbeauftragte brachte in ihrem Schreiben auch ihr Missfallen über eine frühere Erklärung der EU-Kommission zum Ausdruck, wonach es keinen Interessenkonflikt gab, weil der Generaldirektor nicht Teil des Verhandlungsteams war. “Die Öffentlichkeit dürfte diese Unterscheidung nicht treffen”, befand O’Reilly und bat um eine Antwort bis zum 3. Juni. dpa
Estlands Regierungschefin Kaja Kallas sieht sich nach ihrem Wahlsieg vom Sonntag in ihrem harten Kurs gegenüber Russland bestätigt. Zuletzt hatte sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert, Russland müsse für die begangenen Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht werden. Die als “Eiserne Lady des Baltikums” bekannte Politikerin der wirtschaftsliberalen Reformpartei holte 37 von 101 Sitzen im Parlament von Tallinn – drei mehr als bei der vorherigen Wahl 2019.
“Kallas hat die Wahl ganz klar über die Außenpolitik gewonnen“, analysiert die Sicherheitsexpertin für die Baltischen Staaten, Elisabeth Bauer. Die Esten hätten Kallas entschiedenes Eintreten für EU-Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen in die Ukraine unterstützt. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird als “fundamentales Sicherheitsrisiko” empfunden, da Estland eine 300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt.
Im Interview mit Table.Media sagte die alte – und wohl auch neue – Regierungschefin: “Wir würden in dunklen Zeiten leben, wären wir nicht in der Nato. Deshalb haben wir auch keine Furcht. Wir glauben nicht, dass Russland ein Nato-Mitglied angreift, weil es eben auch ein Angriff auf die USA, Deutschland und Frankreich wäre.”
Ob die 45-jährige Juristin das Bündnis mit den Sozialdemokraten oder der konservativen Partei Isamaa weiterführt, ist unklar. Möglich wäre auch ein Zweierbündnis mit der ebenfalls liberalen Partei Eesti 200, die zum ersten Mal im Parlament ist. Außen- und sicherheitspolitisch liegen die beiden Parteien auf einer Linie. Eesti 200 hat bekannte Sicherheitspolitiker und potenzielle neue Minister in den eigenen Reihen, wie Ex-Verteidigungsminister Margus Tsahkna oder Ex-Außenminister Kalev Stoicescu, der ebenfalls Botschafter in den US und Kanada war. nana/dpa
Im öffentlichen Dienst geht es manchmal ganz schnell. Eine Versetzung hat Christoph Roth nach Brüssel gebracht. Von der Vertretung des Saarlands in Berlin in das europäische Pendant. Andere Stadt, anderes Land, aber die grundlegende Aufgabe blieb dieselbe: die saarländischen Interessen unterbringen. Das sei nicht immer so einfach bei einem Bundesland, das kein “Big Player” sei. Und trotzdem sagt Roth: “Ich war überrascht, wie offen man in Brüssel für die Interessen der Regionen ist.”
Roth hat sich in Brüssel direkt wohlgefühlt. Französisch prägt seinen Alltag, und das Frankofone begleitet ihn seit Jahren. Nach dem Philosophie-Studium in Berlin studierte er an der Sorbonne in Paris. Dann ging er zwar wieder zurück nach Berlin, dort arbeitete er aber weiter fleißig an seinem Französisch, wie er sagt. Im europäischen Ausland zu arbeiten, sei immer ein Traum gewesen. Schließlich habe ihn aber einfach zufällig eine freie Stelle ins Zentrum des EU-Politikbetriebs nach Belgien gebracht.
Nun ist er viel unterwegs. Im Saarland ist Roth, um zu erfahren, was den Menschen und Unternehmen wichtig ist. In Brüssel soll die Vertretung Pragmatismus in EU-Verhandlungen bringen. Und in Berlin gilt es über die aktuellen Debatten in der EU zu berichten. Denn obwohl die Verhandlungen über Saarlands Interessen auf europäischer Ebene in Brüssel ablaufen – die konkreten Entscheidungen gehen in Berlin über den Bundesrat.
Der Austausch sei wichtig. “Die Hauptstädte sind weit weg und da ist es nicht leicht zu wissen, was auf EU-Ebene passiert und was die Regionen brauchen“, sagt Roth und meint damit nicht nur das Saarland. Denn die Regionen sitzen im selben Boot, haben ähnliche Interessen und Probleme.
Deshalb gibt es seit 1995 die Kooperation zwischen dem Saarland, der französischen Region Grand Est, Luxemburg und Regionen Belgiens. “Wir sind ein eingespieltes Team.” Mit den französischen Kolleginnen und Kollegen teilt sich die Vertretung sogar ein Büro, und das nicht nur in Brüssel. Auch in Berlin und Paris halten die Vertretungen Räume für die Teams aus dem jeweils anderen Land frei. “Ein kleines Stück gelebtes Europa”, sagt Roth.
Es sind Überbleibsel der Corona-Pandemie, die die Regionen bewegen. “Mit voller Wucht” schlagen viele europäische Gesetze in der Großregion ein. Bei 250.000 Pendlern am Tag betreffe das viele administrative Bereiche: Arbeitsverträge, Kurzarbeits- oder Homeoffice-Regelungen. “Oft sind es kleine pragmatische Sachen, die aber während der Lockdowns zu echten Problemen wurden”, sagt Roth.
Aber auch der Green Deal betreffe das Saarland als Bundesland mit energieintensiven Unternehmen stark. Entscheidend sei, wie sich der Green Deal vor Ort umsetzen lasse, ohne bei der Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Produktion Abstriche machen zu müssen. Auch an den Prozessen rund um die Pläne für eine der weltweit größten Siliziumkarbid-Halbleiter-Fabriken im Saarland sei die Vertretung beteiligt gewesen. In Brüssel habe man unter anderem dafür sensibilisiert, Prüfungen zu beschleunigen.
Es sind solche europäischen Themen, über die Roth gerne redet. Lieber als über sich selbst. Ein bisschen etwas verrät er aber doch über sein Leben in Brüssel. Das findet nämlich abseits des Brüsseler Politikbetriebs ab. Statt in den typischen EU-Vierteln wohnt Roth in der Innenstadt. “Es war eine große Sorge von mir, nur in dieser einen Bubble zu bleiben.” Mitten im Zentrum aber ist es belebt. Besonders gerne sei er in der italienischen Community unterwegs. “So habe ich die Möglichkeit, mich europäisch zu öffnen, ohne die ganze Zeit im Politikbetrieb unterwegs zu sein.” Katharina Kausche