Raphaël Glucksmann (S&D) sieht in dem Korruptionsskandal, der das Europäische Parlament erschüttert, auch eine Chance: Für den Vorsitzenden des Ausschusses zu Einflussnahme aus dem Ausland ist der richtige Moment gekommen, um im EP für mehr Transparenz zu sorgen. Im Interview mit Claire Stam spricht er sich für eine europäische Anti-Korruptionsbehörde nach französischem Vorbild aus.
Beim heutigen spanisch-französischen Gipfeltreffen zwischen Pedro Sánchez und Emmanuel Macron soll es um die Vereinbarungen zum H2Med-Korridor gehen. Es wird erwartet, dass Spanien in Folge des Aufbaus der Wasserstoff-Pipeline bis 2030 fast zehn Prozent des in der EU verbrauchten Wasserstoffs exportieren wird. Darüber hinaus bringt die spanische Regierung zahlreiche weitere Wasserstoff-Projekte auf den Weg, wie Isabel Cuesta berichtet.
Aus der MidCat-Pipeline, deren Fan Bundeskanzler Olaf Scholz war, wurde aufgrund der französischen Blockade bekanntlich nichts. Die Pipeline war eines der Themen im vergangenen Jahr, an denen sich die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland zeigten. Die beiden Länder seien grundsätzlich starke Partner in Europa, schreiben Sébastien Treyer und Nicolas Berghmans vom Pariser Think-Tank IDDRI im Standpunkt. Doch um den Zusammenhalt der EU nicht zu gefährden, müssten sie in der Klima- und Energiepolitik enger zusammenarbeiten.
Herr Glucksmann, seit Jahren wird diskutiert, die Transparenz im Europäischen Parlament zu verbessern. Kommt jetzt etwas in Bewegung?
Der Moment ist jetzt da, den alle ergreifen müssen, die seit Jahren auf erweiterte Transparenzregeln drängen. Alle, die die Institution besser gegen Interessenkonflikte und ausländische Einflüsse schützen wollen, müssen jetzt handeln. Wir müssen diesen Moment nutzen, da die Aufmerksamkeit der Medien und auch von Pressure Groups da ist, und die fälligen Reformen umsetzen.
Was macht diese neue Dynamik so besonders?
Die Christdemokraten und Konservativen im Parlament haben lange Zeit Reformen für mehr Transparenz und Offenlegung von Interessenkonflikten blockiert. Jetzt beobachte ich einen deutlichen Wandel in der christdemokratischen Parteienfamilie EVP. Diese Veränderung wurde mit angestoßen von der Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Sie hat verstanden, dass dies auch ein Momentum für sie als Politikerin ist. Sie macht die Reform der Transparenzregeln jener Institution, der sie vorsteht, zu ihrer eigenen Sache. Und das eröffnet ein neues Zeitfenster.
Heißt es denn, es kommt ein entscheidender Impuls von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP)?
Sie wird darauf drängen, dass sich etwas tut. Und da Roberta Metsola von der christdemokratischen Parteienfamilie EVP kommt, trägt sie mit ihrem Engagement dazu bei, dass die Machtverhältnisse im Europaparlament bei dieser Frage in Bewegung kommen. Sie hat verstanden, dass sie die politische Führung übernehmen muss, dass sie die Initiative ergreifen muss und dass sie auch die Institution, die sie verkörpert, verteidigen muss.
Wie erklären Sie sich diese politische Offensive der Präsidentin des Europäischen Parlaments?
Roberta Metsola hat begriffen, dass sie hier eine geradezu historische Rolle spielen kann. Ich erinnere daran, dass sie die erste europäische Politikerin war, die den ukrainischen Präsidenten Selenski traf. Damit hat sie ihre Fähigkeit zur politischen Reaktion unter Beweis gestellt. Mein Eindruck ist, sie will ihre Rolle als Parlamentspräsidentin mit einem klaren und sehr politischen Amtsverständnis vorantreiben. In diesem Fall ist es eine gute Sache.
Wird die EVP sie in der Frage der Transparenz stützen?
Sie hat auf jedem Fall die Unterstützung der Mehrheit des Parlaments hinter sich. Das ist wichtig.
Um den ausländischen Einfluss zurückzudrängen, schlagen Sie die Schaffung einer neuen Antikorruptionsbehörde vor. Vorbild soll die “Haute Autorité” (Oberste Behörde) in Frankreich sein. Können Sie das näher erläutern?
Die Oberste Behörde für die Transparenz des öffentlichen Lebens (Haute Autorité pour la transparence de la vie publique, HATVP) ist eine unabhängige französische Verwaltungsbehörde, die 2013 geschaffen wurde. Ihr Auftrag ist, die Vermögens- und Interessenerklärungen öffentlicher Amtsträger entgegenzunehmen, zusammen mit der Steuerverwaltung zu prüfen und zu veröffentlichen. Sie kann von diesen auch zu Fragen der Berufsethik und Interessenkonflikten bei der Ausübung ihres Amtes konsultiert werden und auf Antrag des Premierministers oder aus eigener Initiative Empfehlungen aussprechen.
Warum braucht die EU so eine Behörde?
Eigentlich müsste es so eine Institution längst geben. Wir brauchen eine unabhängige europäische Institution, die das öffentliche Leben kontrolliert, überprüft und reguliert. In Frankreich trägt diese Behörde, die aus Richtern und Staatsanwälten besteht, dazu bei, die Rolle des Staates zu bekräftigen. Und eine solche Institution auf europäischer Ebene würde die Rolle und die Tätigkeit des Europäischen Parlaments bekräftigen. Wir dürfen nicht vergessen: Es waren gewisse Kräfte bereit, hohe Summen einzusetzen, um die Entscheidungen des Parlaments zu korrumpieren.
Beim bilateralen Gipfeltreffen zwischen Emmanuel Macron und Pedro Sánchez, das heute in Barcelona stattfindet, werden die Vereinbarungen zum H2Med-Korridor ausgearbeitet. Die Wasserstoff-Pipeline H2Med ist das Ergebnis der französischen Weigerung, sich an dem MidCat-Projekt zu beteiligen, das eine Verbindung zwischen Spanien und Frankreich über die Pyrenäen für den Transport von Erdgas und später Wasserstoff vorsah.
Stattdessen einigten sich Paris, Madrid und Lissabon auf ein neues Projekt namens BarMar. Der Name BarMar wurde in H2Med geändert, da Portugal sich bei dem Namen mit Verweis auf Barcelona und Marseille ausgeschlossen sah.
Für MidCat hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz vergangenen Sommer zum Höhepunkt der Gaskrise stark gemacht, weil Spanien über 30 Prozent der europäischen Kapazitäten zur Regasifizierung von Flüssiggas (LNG) verfügt. Sánchez hatte er eigens zu einer Kabinettstagung in Meseberg eingeladen. Später hatten Spanien und Frankreich in Aussicht gestellt, H2Med für eine Übergangszeit für den Transport von Erdgas zu nutzen – was sie später aber widerriefen. So ruhen auch deutsche Hoffnungen nun auf dem Export von grünem Wasserstoff von der iberischen Halbinsel.
Es wird erwartet, dass Spanien in Folge des Aufbaus des H2Med-Korridors bis 2030 fast zehn Prozent – rund zwei Millionen Tonnen pro Jahr – des in der EU verbrauchten Wasserstoffs exportieren wird. Dies wird die Position Spaniens und Portugals als führende Region bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien in der EU stärken.
Parallel zum Gipfeltreffen zwischen Sánchez und Macron veranstaltet der Netzbetreiber ENAGAS heute eine Konferenz zu grünem Wasserstoff, an der auch Franziska Brantner teilnehmen wird, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium.
Das H2Med-Projekt umfasst zwei grenzüberschreitende Infrastrukturen, eine zwischen Celorico da Beira (Portugal) und Zamora (Spanien) sowie eine weitere unter Wasser zwischen Barcelona und Marseille. Teresa Ribera, Spaniens Ministerin für ökologischen Wandel, sagte diese Woche in einem Interview, dass die Pipeline 2028 oder 2029 in Betrieb gehen könnte.
Sie plädierte für eine Finanzierung mit europäischen Mitteln, da es sich um ein Projekt von gemeinsamem Interesse handele und nicht nur für die drei direkt beteiligten Staaten relevant sei. Ribera kündigte an, dass die EU-Kommission im Laufe des Jahres darüber entscheiden werde: “Wenn dies der Fall ist, wird die europäische Finanzierung 2024 erfolgen und die Arbeiten werden unmittelbar danach beginnen.”
Spanien bietet mit viel Sonne, Wind und Raum die besten Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff. In der sogenannten Hoja de Ruta del Hidrógeno (Wasserstoff-Fahrplan) hat die Regierung ein Budget von mehr als 1,5 Milliarden Euro für grünen Wasserstoff genehmigt. Nach Angaben des Ministeriums für den ökologischen Übergang wird geschätzt, dass der Plan bis zu 8,9 Milliarden Euro an privatem Kapital mobilisieren wird.
In diesem Monat hat die Regierung von Pedro Sánchez ein Dekret zur Förderung der grünen Wasserstoffindustrie verabschiedet, mit dem 74 Millionen Euro für die vier von Brüssel ausgewählten spanischen IPCEI-Projekte für grünen Wasserstoff bereitgestellt werden. Die Initiativen werden Investitionen von mehr als 245 Millionen mobilisieren.
Die Unternehmen H2B2 mit Sitz in Sevilla und Nordex mit Werken in Asturien und Navarra konzentrieren sich auf Elektrolyseure; Sener im Baskenland fördert den Bau einer Elektrolyseur-Fabrik; und Iveco mit Werken in Madrid, Valladolid und Barcelona plant die Herstellung von wasserstoffbetriebenen schweren Nutzfahrzeugen. Ministerin Ribera sagte, dass Spanien derzeit 20 Prozent aller weltweiten Investitionen in grünen Wasserstoff anziehe.
Die Region Extremadura will im Bereich des grünen Wasserstoffs am wettbewerbsfähigsten werden. Diese Woche unterzeichneten der Präsident von Extremadura, Guillermo Fernández Vara, und Arturo Gonzalo Aizpiri, CEO von ENAGAS, ein Protokoll zur Förderung von Wasserstoffinfrastrukturen in der Region. Bis 2030 will Extremadura 20 Prozent des in Spanien produzierten grünen Wasserstoffs erzeugen und eine Elektrolysekapazität von bis zu drei Gigawatt (GW) aufbauen. Geplant sind zudem 420 Kilometer Wasserstoffleitungen in der Region, die im Wesentlichen die derzeitige Gasinfrastruktur nachbilden.
Ein Förderinstrument in Spanien sind die sogenannten PERTE-Strategieprojekte für wirtschaftliche Erholung und Transformation, über die Mittel aus NextGenerationEU bereitgestellt werden. Für Wasserstoff relevant ist das PERTE für erneuerbare Energien, erneuerbaren Wasserstoff und Speicherung (ERHA). Die im Fahrplan für erneuerbaren Wasserstoff vorgesehenen Investitionen sind in vier Bereiche gegliedert, die sich von Forschung und Entwicklung bis zur kommerziellen Nutzung erstrecken: die industrielle Wertschöpfungskette, Pilotprojekte, sektorale Integration in großem Maßstab und europäische Marktintegration.
20.01.-29.01.2023, Berlin
Messe Die Internationale Grüne Woche
Die Internationale Grüne Woche ist eine Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau und befasst sich unter anderem mit den Themen Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und nachhaltige Landnutzung. INFOS & TICKETS
23.01.-24.01.2023, Berlin
Conference Fuels of the Future
This Conference on Renewable Mobility will provide an overview of the latest legal regulations, discuss possible courses of action, and present innovations in the field of renewable mobility. INFOS & REGISTRATION
23.01.-27.01.2023, Berlin/ online
BDI & PwC, Konferenz Unternehmensteuerkongress 2023
PwC und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befassen sich bei dieser Veranstaltung mit der Frage, welche steuerpolitischen Maßnahmen Unternehmen angesichts der Energiekrise unterstützen können. ANMELDUNG
24.01.2023 – 08:00-17:00 Uhr, Saarbrücken/ online
Konferenz Digital Commerce Summit Automotive & Industry
Die Themen dieser Konferenz sind Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich B2B-E-Commerce, die Folgen des digitalen Wandels für Unternehmen und mögliche Gefahren durch neue Technologien. INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 16:00-17:30 Uhr, online
Eco, Panel Disussion netTALK #1
Weitere Infos folgen auf der Webseite des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco). INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 16:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Conference A new era for European economic governance?
At this conference, participants will discuss what changes to the EU economic governance framework are needed to address the current crises and challenges. INFOS & REGISTRATION
24.01.2023 – 18:00-19:30 Uhr, online
HBS, Podiumsdiskussion Boden gut machen für sozial-ökologisches Wohnen
Die Referentinnen und Referenten der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) diskutieren, welche Bedingungen und politischen Instrumente notwendig sind, um sozial-ökologische Wohnprojekte zu unterstützen. INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 19:00-20:00 Uhr, online
FNF & AIM, Diskussion 2022 Krieg, 2023 Frieden?
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) und ALDE Individual Members (AIM) diskutieren im Gespräch mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, welche Erkenntnisse der russische Angriff auf die Ukraine mit sich gebracht hat und wie sich Deutschland und Europa sicherheitspolitisch positionieren können. INFOS & ANMELDUNG
24.01-25.01.2023, Brüssel (Belgien)
Conference 15th European Space Conference
This conference themed “Securing the Future of Europe in Space” will offer an opportunity for discussion and exchange for representatives of the industry, politics and society. REGISTRATION
Peter Van Kemseke wird neuer Berater in Sachen Green Deal im Kabinett von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das erfuhr Europe.Table aus der Kommission. Der Belgier folgt auf Kurt Vandenberghe, der am Montag sein neues Amt als Generaldirektor der GD Klima angetreten hat.
Van Kemseke hatte Vandenberghe zuvor schon in Energiefragen unterstützt. Er arbeitet seit mehreren Monaten im Kabinett von der Leyen, bislang ist er zuständig für Umwelt, Meere und Energie. Einige Aufgaben aus dem umfangreichen Portfolio des Green-Deal-Beraters könnten künftig vielleicht noch anders verteilt werden, hieß es am Mittwoch aus der Kommission.
Hauptaufgabe Van Kemsekes wird es sein, für von der Leyen den Kontakt zu Vizepräsident Frans Timmermans zu halten. Van Kemseke hat verschiedene diplomatische Stationen für die belgische Regierung, den Rat und die Kommission sowie bei NATO, OSZE und UN durchlaufen. Der promovierte Politikwissenschaftler war zudem als Autor und in der Lehre tätig. ber
Die spanische und die portugiesische Regierung bemühen sich diese Woche in Brüssel um eine Verlängerung der Gaspreisobergrenze, deren Ziel niedrigere Strompreise in beiden Ländern sind. Das iberische Modell soll nach dem Willen von Madrid und Lissabon über den kommenden Mai hinaus bis Ende 2024 bestehen bleiben.
Der Mechanismus trat im Juni vergangenen Jahres in Kraft. Dabei wird über eine Umlage auf die Kunden der Gaspreis für Kraftwerke subventioniert. Da Gaskraftwerke häufig den Preis setzen, soll so der Strompreis insgesamt sinken. Die Einführung des Mechanismus wurde nach Verhandlungen zwischen den Regierungen der beiden Länder und der Europäischen Kommission im vergangenen Frühjahr beschlossen.
Nun wollen Spanien und Portugal, dass der Mechanismus über den 31. Mai hinaus bis Ende 2024 verlängert wird. Die beiden für Energie zuständigen Minister – Teresa Ribera für Spanien und Duarte Cordeiro für Portugal – waren am Mittwoch in Brüssel, um der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager den offiziellen Antrag auf Fristverlängerung zu überreichen. Am heutigen Donnerstag wird der portugiesische Ministerpräsident António Costa in Brüssel auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen.
Das Treffen am Mittwoch, das anderthalb Stunden dauerte, brachte keine Entscheidung der Europäischen Kommission hervor. Madrid und Lissabon legten ihre Argumente dar, die Brüssel nun bewerten wird. Eine Sprecherin der Kommission sagte, Vestager, Ribera und Cordeiro hätten “Wettbewerbsfragen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Energiemarkt, erörtert”.
Die positiven Auswirkungen auf die Strompreise sind das Hauptargument, das die spanische und die portugiesische Regierung vorbringen. In Spanien beliefen sich die Einsparungen für die Verbraucher nach Berechnungen der Regierung von Juni bis Dezember auf 4,5 Milliarden Euro. Die Auswirkungen des Mechanismus waren vor allem ab August zu spüren, als die Gaspreise stiegen und mehr Wind und Regen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen beitrugen. Spanien ist derzeit das Land mit der niedrigsten jährlichen Inflationsrate in der Eurozone, wobei die Strompreise entscheidend zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
In Portugal rechnet die Regierung damit, dass der iberische Mechanismus bis Ende 2022 eine Senkung des Strompreises um 20 Prozent ermöglicht, was einer Gesamtersparnis für die Verbraucher von 489 Millionen Euro entspricht.
Es gibt jedoch noch andere Auswirkungen, die Brüssel Anlass zur Sorge geben könnten. Die Stromexporte von Spanien nach Frankreich sind ebenfalls stark gestiegen, was eine mögliche Wettbewerbsverzerrung aufzeigt und bedeutet, dass die französischen Verbraucher ebenfalls von den subventionierten spanischen Preisen profitieren. Sérgio Anselmo Aníbal
Der Luxemburger Sozialist Marc Angel ist neuer Vize-Präsident des Europaparlaments. Der 59-Jährige ist im dritten Wahlgang mit 307 Stimmen gewählt worden. Damit hat das Europaparlament wieder 14 Vize-Präsidenten. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem die bisherige Vize-Präsidentin Eva Kaili Anfang Dezember wegen Korruptionsverdachts festgenommen und ihr das Amt entzogen wurde.
Angel gehört dem Europaparlament seit 2019 an. Davor war er 15 Jahre lang Abgeordneter im luxemburgischen Parlament. Er hat Sprachen studiert und in Luxemburg als Lehrer gearbeitet. Er ist im Sozialausschuss EMPL und setzt sich unter anderem für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten ein. mgr
Die S&D-Fraktion setzt eine Kommission zur internen Aufarbeitung des Skandals um die ehemalige Vize-Präsidentin des Europaparlaments Eva Kaili ein: Geleitet wird die Kommission nach Informationen von Europe.Table von Silvana Bacigalupo und Richard Corbett. Bacigalupo ist Chefin von Transparency International in Spanien und Professorin für Strafrecht an der Universität in Madrid. Corbett war bis zum Brexit Europaabgeordneter und Mitglied der S&D-Fraktion. Er ist Autor des Buches “Definitive Guide to the rules of procedure of the European Parliament”.
Der belgische Sozialist Marc Tarabella wurde gestern von der Fraktion suspendiert. Die Suspendierung gilt mindestens so lange, wie die Ermittlungen gegen ihn laufen. Der Hauptverdächtige in dem Fall, Antonio Panzeri, hat am Montag ausgesagt, er habe dem Belgier 120.000 Euro an Bestechungsgeldern ausgezahlt.
Tarabella geriet bereits früh ins Visier der belgischen Ermittlungsbehörden. Bereits am 10. Dezember kam es zur Hausdurchsuchung in Anwesenheit der Präsidentin des Parlaments. Vergangene Woche wurde bekannt, dass er eine vom Emirat gesponsorte Reise nach Katar nicht deklariert hatte. Noch am Sonntag beteuerte Tarabellas Anwalt im belgischen Fernsehen seine Unschuld. Von der belgischen Parti Socialiste wurde er ebenfalls ausgeschlossen.
Der italienische Sozialist Andrea Cozzolino ist gestern freiwillig aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgetreten. Zuvor war er bereits von der Maghreb-Delegation und der Pegasus-Sonderkommission zurückgetreten. Cozzolino hatte unter anderem Eva Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi als Assistenten übernommen und soll im Parlament vor allem im Auftrag Marokkos gehandelt haben.
Am 13. Februar will das EU-Parlament voraussichtlich über die Aufhebung der Immunität der beiden Abgeordneten abstimmen. Dann erst können sie von der belgischen Justiz gehört werden. cw/mgr
Wegen des Streiks in Frankreich verschiebt das Europaparlament die Abstimmungen über das Trilogmandat des EMPL-Ausschusses zur Plattformarbeit und über den Initiativbericht “Europäische Betriebsräte”. Beide Abstimmungen waren für den heutigen Donnerstag vorgesehen und sollen nun bei der nächsten Straßburger Plenartagung (13. bis 16. Februar) stattfinden.
Die EU soll eine einheitliche Rechtsgrundlage für alle Europäischen Betriebsräte (EBR) schaffen. Das fordert der sozialpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Dennis Radtke (CDU), in seinem Initiativbericht. “Es ist wichtig, dass wir die Qualität der Arbeit von Betriebsräten auf ein höheres Niveau bringen.” Während das Management in den Unternehmen immer stärker länderübergreifend und auf EU-Ebene operiere, bedürfe es auch eines Rechtsrahmens, “der sicherstellt, dass die Mitbestimmung mithalten kann”.
Der Radtke-Initiativbericht schlägt vor:
Deutschland sieht noch erheblichen Änderungsbedarf beim Data Act und wünscht sich unter anderem eine klarere Abgrenzung von der DSGVO. Dies geht aus der Stellungnahme hervor, die Berlin nach Brüssel gesandt hat und Europe.Table in Auszügen vorliegt. Zuletzt hatte die gerade angetretene schwedische Ratspräsidentschaft ein Optionspapier verschickt und um Feedback der Mitgliedstaaten gebeten. Darüber diskutierte die Arbeitsgruppe Telekommunikation am 17. Januar. Auf dieser Grundlage plant der Ratsvorsitz, einen vierten Kompromisstext auszuarbeiten, den er den Mitgliedstaaten vor der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe am 31. Januar vorlegen will.
Im Einzelnen fordert die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme:
Als Beitrag zur Erreichung dieser Ziele erwägt die Bundesregierung, Anreize im B2C-Bereich zu schaffen, um die Datennutzung zu fördern und unlautere Geschäftspraktiken durch Unionsrecht zu verbieten, etwa den Datenzugriff und die Weiterverwendung durch Dritte. Diese unlauteren Geschäftspraktiken könnten unter anderem sein:
Auch der Bitkom und der Verband der Internetwirtschaft Eco haben ihre Positionen zum Data Act noch einmal deutlich gemacht. vis
Der ZVEI fordert, dass sich Europa in Handelsfragen nicht allein auf die WTO verlässt, sondern bilateral Handelsabkommen abschließt. Bei der Auftaktveranstaltung des Elektro- und Digitalverbandes verwies ZVEI-Präsident Gunther Kegel darauf, dass China immer öfter aus den WTO-Regeln ausschere. Wechselseitige Verträge und Freihandelsabkommen seien daher ein wichtiger Bestandteil der europäischen Handelspolitik.
“Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass in der WTO alles für uns geregelt wird“, sagte Kegel. Als Beispiel für so ein Abkommen nannte er Mercosur, aber Afrika und Indien seien perspektivisch ebenfalls wichtige Handelspartner und Rohstofflieferanten.
Neben China bereiten aber auch die USA dem ZVEI Sorgen: Der Inflation Reduction Act führe zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen der europäischen und der US-Wirtschaft. “Deshalb sind die Diskussionen rund um TTC schwierig, aber notwendig”, sagte Kugel. Die EU müsse versuchen, mit den Amerikanern wieder zu einem Ausgleich zu kommen.
Auch beim Chips Act weist der ZVEI auf Wettbewerbsverzerrungen hin. Während die EU dafür 43 Milliarden Euro bereitstellen wolle, statte die USA ihren Chips and Science Act mit 270 Milliarden US-Dollar aus. Eine weitere Herausforderung sei die Geschwindigkeit, Bundesregierung und Kommission müssten endlich handeln, sagte Kugel. “Wir warten darauf, dass die EU die Projekte auch freigibt, in den USA rollen die Bagger schon.” vis
Die Unterstützung Deutschlands und Frankreichs für die Umsetzung des europäischen Green Deal ist unerlässlich – und eindeutig. Sie zeigt sich insbesondere darin, dass Ende 2022 die Klimakomponente des Pakts angenommen wurde. Damit soll er an das Ziel angepasst werden, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken.
Aber reicht das aus? Die Energiekrise setzt alle EU-Staaten unter Druck. Viel Geld wurde ausgegeben, um die Covid-Pandemie zu bewältigen. Jetzt müssen die Regierungen ihre Ausgaben unter Kontrolle halten – und zugleich Lösungen finden für die aktuellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen.
Das europäische Projekt und der Zusammenhalt der Union sind durch die Folgen des Krieges in der Ukraine gefährdet. Die Pandemie hat zwar die europäische Solidarität gestärkt, und Deutschland und Frankreich arbeiten gemeinsam an der Wiederbelebung der Wirtschaft. Doch die Risiken einer Divergenz bleiben zahlreich. Ein Alleingang kann keine Option sein.
Die EU hat nach der russischen Invasion der Ukraine schnell Notfallmaßnahmen verabschiedet und eine Strategie entwickelt, um den Winter zu überstehen, ihren Energiemix anzupassen und Übergewinne abzuschöpfen. Die Mitgliedstaaten haben Unternehmen und Privathaushalte unterstützt. Aber viele Maßnahmen zielten in unterschiedliche Richtungen.
Natürlich ist jedes Land souverän darin, Lösungen für die sozialen Probleme zu finden, die diese Krise mit sich bringt. Der französische Energieschutzschild war besonders massiv und schützte die Haushalte vor den stärksten Preisanstiegen. Aber er war nicht gezielt genug auf die ärmsten Haushalte ausgerichtet, er ging nicht mit einer beschleunigten Förderung von Investitionen in energiesparende Geräte einher und er schützte die Unternehmen stärker als die Haushalte.
Deutschland wird seinerseits beschuldigt, mit seinem eigenen Hilfsprogramm eine Art wettbewerbsorientierte Abwertung zu organisieren, indem es die heimischen Energiepreise senkt, um seine Industrie zu unterstützen. Eine Koordinierung zwischen beiden Ländern scheint es nicht zu geben.
Der Wettlauf um wirtschaftliche Krisenhilfe, der bald zu einem Wettlauf um neue grüne Investitionen werden könnte, ist für andere Mitgliedstaaten besorgniserregend. Ihre öffentlichen Kassen sind nicht gut gefüllt. Es besteht die große Gefahr, dass diese Art der Krisenbewältigung zu einem wachsenden wirtschaftlichen Egoismus auf dem Kontinent führt. Sie wird derzeit nur teilweise durch Solidaritätsmechanismen rund um die gemeinsame Verschuldung wie NextGenerationEU abgewendet.
Unter diesen schädlichen politischen Bedingungen kann die EU nicht darauf verzichten, über neue Formen der gemeinsamen Verschuldung nachzudenken. Frankreich macht dazu Vorschläge, Deutschland wird eher als zurückhaltend angesehen. Beide sollten ihren Dialog dazu vertiefen – in Transparenz gegenüber den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere während des deutsch-französischen Ministerrats, der am kommenden Sonntag 60 Jahre Freundschaft und pragmatische Kompromisse rund um den Jahrestag des Élysée-Vertrags feiern wird.
Sollte man zur früheren, makroökonomischen Orthodoxie zurückkehren? Angesichts der Beträge, die die USA oder China auf den Tisch legen, ist es vernünftig, dass die europäischen Akteure nicht die letzten sind, die staatliche Beihilfen ebenfalls erlauben. Erst recht, wenn sie notwendig erscheinen, um die grüne Transformation der Industrie zu unterstützen.
Was jedoch nicht ausreichend diskutiert wird, ist die Verteilung der von den Mitgliedstaaten gezahlten staatlichen Beihilfen an die Unternehmen. Eine Statistik der EU-Kommission über die Beiträge innerhalb des befristeten Krisenrahmens spricht eine deutliche Sprache: Mehr als die Hälfte wird von Deutschland an seine Unternehmen gezahlt. 24 Prozent von Frankreich an seine eigenen Wirtschaftsakteure. Und den Rest teilen sich die anderen 25 Mitgliedstaaten!
Darüber muss man sprechen. Die Akteure und Mitgliedstaaten, die gegenüber staatlichen Beihilfen zurückhaltender und dem freien Wettbewerb verpflichtet sind, müssen angehört werden. Die europäische Antwort auf die amerikanischen und chinesischen Pläne muss mit ihnen gemeinsam aufgebaut werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb des Binnenmarkts noch verschärfen. Ein gemeinsamer Ansatz ist notwendig, um die grüne Industrie zu entfalten und zu unterstützen.
Wie sieht es in der Handelspolitik aus? Deutschland und Frankreich haben sich letztlich dazu geeinigt, wie der Klimaschutz in die Handelspolitik einbezogen werden soll. Aber für die Handelspartner der EU im Globalen Süden, insbesondere in Afrika, entstehen auch Risiken. Im Wettlauf um staatliche Beihilfen zwischen den großen Wirtschaftsmächten Asiens, Europas und der USA könnten sie von den Märkten verdrängt werden.
Zwar verspricht man ihnen, ihre Interessen zu berücksichtigen, wenn man bei ihnen grünes Gas oder Wasserstoff beziehen wird. Aber das verbirgt nur sehr schlecht die von den Mitgliedstaaten und insbesondere von Deutschland verfolgten individuellen Strategien. Die europäischen Akteure zeigen den afrikanischen Partnern nicht, dass sie die schädlichen Auswirkungen anderer großer, unkoordinierter Wirtschaftsentscheidungen auf ihr Potenzial, sich wirtschaftlich zu entwickeln, erkannt hätten. Auch das wird für das europäische Projekt sehr gefährlich sein.
Ob in der gemeinsamen Verschuldungspolitik, der staatlichen Förderung der klimafreundlichen Transformation oder der Handelspolitik mit Energiebezug: Wenn Deutschland und Frankreich, die beiden wirtschaftlichen Schwergewichte der EU, deren Zusammenhalt nicht gefährden wollen, müssen sie sich besser aufeinander abstimmen.
Sébastian Treyer ist der Exekutivdirektor des Pariser Nachhaltigkeits-Think-Tanks IDDRI. Nicolas Berghmans ist bei IDDRI führender Experte für Europäische Angelegenheiten, Energie und Klima.
Raphaël Glucksmann (S&D) sieht in dem Korruptionsskandal, der das Europäische Parlament erschüttert, auch eine Chance: Für den Vorsitzenden des Ausschusses zu Einflussnahme aus dem Ausland ist der richtige Moment gekommen, um im EP für mehr Transparenz zu sorgen. Im Interview mit Claire Stam spricht er sich für eine europäische Anti-Korruptionsbehörde nach französischem Vorbild aus.
Beim heutigen spanisch-französischen Gipfeltreffen zwischen Pedro Sánchez und Emmanuel Macron soll es um die Vereinbarungen zum H2Med-Korridor gehen. Es wird erwartet, dass Spanien in Folge des Aufbaus der Wasserstoff-Pipeline bis 2030 fast zehn Prozent des in der EU verbrauchten Wasserstoffs exportieren wird. Darüber hinaus bringt die spanische Regierung zahlreiche weitere Wasserstoff-Projekte auf den Weg, wie Isabel Cuesta berichtet.
Aus der MidCat-Pipeline, deren Fan Bundeskanzler Olaf Scholz war, wurde aufgrund der französischen Blockade bekanntlich nichts. Die Pipeline war eines der Themen im vergangenen Jahr, an denen sich die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland zeigten. Die beiden Länder seien grundsätzlich starke Partner in Europa, schreiben Sébastien Treyer und Nicolas Berghmans vom Pariser Think-Tank IDDRI im Standpunkt. Doch um den Zusammenhalt der EU nicht zu gefährden, müssten sie in der Klima- und Energiepolitik enger zusammenarbeiten.
Herr Glucksmann, seit Jahren wird diskutiert, die Transparenz im Europäischen Parlament zu verbessern. Kommt jetzt etwas in Bewegung?
Der Moment ist jetzt da, den alle ergreifen müssen, die seit Jahren auf erweiterte Transparenzregeln drängen. Alle, die die Institution besser gegen Interessenkonflikte und ausländische Einflüsse schützen wollen, müssen jetzt handeln. Wir müssen diesen Moment nutzen, da die Aufmerksamkeit der Medien und auch von Pressure Groups da ist, und die fälligen Reformen umsetzen.
Was macht diese neue Dynamik so besonders?
Die Christdemokraten und Konservativen im Parlament haben lange Zeit Reformen für mehr Transparenz und Offenlegung von Interessenkonflikten blockiert. Jetzt beobachte ich einen deutlichen Wandel in der christdemokratischen Parteienfamilie EVP. Diese Veränderung wurde mit angestoßen von der Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Sie hat verstanden, dass dies auch ein Momentum für sie als Politikerin ist. Sie macht die Reform der Transparenzregeln jener Institution, der sie vorsteht, zu ihrer eigenen Sache. Und das eröffnet ein neues Zeitfenster.
Heißt es denn, es kommt ein entscheidender Impuls von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP)?
Sie wird darauf drängen, dass sich etwas tut. Und da Roberta Metsola von der christdemokratischen Parteienfamilie EVP kommt, trägt sie mit ihrem Engagement dazu bei, dass die Machtverhältnisse im Europaparlament bei dieser Frage in Bewegung kommen. Sie hat verstanden, dass sie die politische Führung übernehmen muss, dass sie die Initiative ergreifen muss und dass sie auch die Institution, die sie verkörpert, verteidigen muss.
Wie erklären Sie sich diese politische Offensive der Präsidentin des Europäischen Parlaments?
Roberta Metsola hat begriffen, dass sie hier eine geradezu historische Rolle spielen kann. Ich erinnere daran, dass sie die erste europäische Politikerin war, die den ukrainischen Präsidenten Selenski traf. Damit hat sie ihre Fähigkeit zur politischen Reaktion unter Beweis gestellt. Mein Eindruck ist, sie will ihre Rolle als Parlamentspräsidentin mit einem klaren und sehr politischen Amtsverständnis vorantreiben. In diesem Fall ist es eine gute Sache.
Wird die EVP sie in der Frage der Transparenz stützen?
Sie hat auf jedem Fall die Unterstützung der Mehrheit des Parlaments hinter sich. Das ist wichtig.
Um den ausländischen Einfluss zurückzudrängen, schlagen Sie die Schaffung einer neuen Antikorruptionsbehörde vor. Vorbild soll die “Haute Autorité” (Oberste Behörde) in Frankreich sein. Können Sie das näher erläutern?
Die Oberste Behörde für die Transparenz des öffentlichen Lebens (Haute Autorité pour la transparence de la vie publique, HATVP) ist eine unabhängige französische Verwaltungsbehörde, die 2013 geschaffen wurde. Ihr Auftrag ist, die Vermögens- und Interessenerklärungen öffentlicher Amtsträger entgegenzunehmen, zusammen mit der Steuerverwaltung zu prüfen und zu veröffentlichen. Sie kann von diesen auch zu Fragen der Berufsethik und Interessenkonflikten bei der Ausübung ihres Amtes konsultiert werden und auf Antrag des Premierministers oder aus eigener Initiative Empfehlungen aussprechen.
Warum braucht die EU so eine Behörde?
Eigentlich müsste es so eine Institution längst geben. Wir brauchen eine unabhängige europäische Institution, die das öffentliche Leben kontrolliert, überprüft und reguliert. In Frankreich trägt diese Behörde, die aus Richtern und Staatsanwälten besteht, dazu bei, die Rolle des Staates zu bekräftigen. Und eine solche Institution auf europäischer Ebene würde die Rolle und die Tätigkeit des Europäischen Parlaments bekräftigen. Wir dürfen nicht vergessen: Es waren gewisse Kräfte bereit, hohe Summen einzusetzen, um die Entscheidungen des Parlaments zu korrumpieren.
Beim bilateralen Gipfeltreffen zwischen Emmanuel Macron und Pedro Sánchez, das heute in Barcelona stattfindet, werden die Vereinbarungen zum H2Med-Korridor ausgearbeitet. Die Wasserstoff-Pipeline H2Med ist das Ergebnis der französischen Weigerung, sich an dem MidCat-Projekt zu beteiligen, das eine Verbindung zwischen Spanien und Frankreich über die Pyrenäen für den Transport von Erdgas und später Wasserstoff vorsah.
Stattdessen einigten sich Paris, Madrid und Lissabon auf ein neues Projekt namens BarMar. Der Name BarMar wurde in H2Med geändert, da Portugal sich bei dem Namen mit Verweis auf Barcelona und Marseille ausgeschlossen sah.
Für MidCat hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz vergangenen Sommer zum Höhepunkt der Gaskrise stark gemacht, weil Spanien über 30 Prozent der europäischen Kapazitäten zur Regasifizierung von Flüssiggas (LNG) verfügt. Sánchez hatte er eigens zu einer Kabinettstagung in Meseberg eingeladen. Später hatten Spanien und Frankreich in Aussicht gestellt, H2Med für eine Übergangszeit für den Transport von Erdgas zu nutzen – was sie später aber widerriefen. So ruhen auch deutsche Hoffnungen nun auf dem Export von grünem Wasserstoff von der iberischen Halbinsel.
Es wird erwartet, dass Spanien in Folge des Aufbaus des H2Med-Korridors bis 2030 fast zehn Prozent – rund zwei Millionen Tonnen pro Jahr – des in der EU verbrauchten Wasserstoffs exportieren wird. Dies wird die Position Spaniens und Portugals als führende Region bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien in der EU stärken.
Parallel zum Gipfeltreffen zwischen Sánchez und Macron veranstaltet der Netzbetreiber ENAGAS heute eine Konferenz zu grünem Wasserstoff, an der auch Franziska Brantner teilnehmen wird, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium.
Das H2Med-Projekt umfasst zwei grenzüberschreitende Infrastrukturen, eine zwischen Celorico da Beira (Portugal) und Zamora (Spanien) sowie eine weitere unter Wasser zwischen Barcelona und Marseille. Teresa Ribera, Spaniens Ministerin für ökologischen Wandel, sagte diese Woche in einem Interview, dass die Pipeline 2028 oder 2029 in Betrieb gehen könnte.
Sie plädierte für eine Finanzierung mit europäischen Mitteln, da es sich um ein Projekt von gemeinsamem Interesse handele und nicht nur für die drei direkt beteiligten Staaten relevant sei. Ribera kündigte an, dass die EU-Kommission im Laufe des Jahres darüber entscheiden werde: “Wenn dies der Fall ist, wird die europäische Finanzierung 2024 erfolgen und die Arbeiten werden unmittelbar danach beginnen.”
Spanien bietet mit viel Sonne, Wind und Raum die besten Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff. In der sogenannten Hoja de Ruta del Hidrógeno (Wasserstoff-Fahrplan) hat die Regierung ein Budget von mehr als 1,5 Milliarden Euro für grünen Wasserstoff genehmigt. Nach Angaben des Ministeriums für den ökologischen Übergang wird geschätzt, dass der Plan bis zu 8,9 Milliarden Euro an privatem Kapital mobilisieren wird.
In diesem Monat hat die Regierung von Pedro Sánchez ein Dekret zur Förderung der grünen Wasserstoffindustrie verabschiedet, mit dem 74 Millionen Euro für die vier von Brüssel ausgewählten spanischen IPCEI-Projekte für grünen Wasserstoff bereitgestellt werden. Die Initiativen werden Investitionen von mehr als 245 Millionen mobilisieren.
Die Unternehmen H2B2 mit Sitz in Sevilla und Nordex mit Werken in Asturien und Navarra konzentrieren sich auf Elektrolyseure; Sener im Baskenland fördert den Bau einer Elektrolyseur-Fabrik; und Iveco mit Werken in Madrid, Valladolid und Barcelona plant die Herstellung von wasserstoffbetriebenen schweren Nutzfahrzeugen. Ministerin Ribera sagte, dass Spanien derzeit 20 Prozent aller weltweiten Investitionen in grünen Wasserstoff anziehe.
Die Region Extremadura will im Bereich des grünen Wasserstoffs am wettbewerbsfähigsten werden. Diese Woche unterzeichneten der Präsident von Extremadura, Guillermo Fernández Vara, und Arturo Gonzalo Aizpiri, CEO von ENAGAS, ein Protokoll zur Förderung von Wasserstoffinfrastrukturen in der Region. Bis 2030 will Extremadura 20 Prozent des in Spanien produzierten grünen Wasserstoffs erzeugen und eine Elektrolysekapazität von bis zu drei Gigawatt (GW) aufbauen. Geplant sind zudem 420 Kilometer Wasserstoffleitungen in der Region, die im Wesentlichen die derzeitige Gasinfrastruktur nachbilden.
Ein Förderinstrument in Spanien sind die sogenannten PERTE-Strategieprojekte für wirtschaftliche Erholung und Transformation, über die Mittel aus NextGenerationEU bereitgestellt werden. Für Wasserstoff relevant ist das PERTE für erneuerbare Energien, erneuerbaren Wasserstoff und Speicherung (ERHA). Die im Fahrplan für erneuerbaren Wasserstoff vorgesehenen Investitionen sind in vier Bereiche gegliedert, die sich von Forschung und Entwicklung bis zur kommerziellen Nutzung erstrecken: die industrielle Wertschöpfungskette, Pilotprojekte, sektorale Integration in großem Maßstab und europäische Marktintegration.
20.01.-29.01.2023, Berlin
Messe Die Internationale Grüne Woche
Die Internationale Grüne Woche ist eine Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau und befasst sich unter anderem mit den Themen Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und nachhaltige Landnutzung. INFOS & TICKETS
23.01.-24.01.2023, Berlin
Conference Fuels of the Future
This Conference on Renewable Mobility will provide an overview of the latest legal regulations, discuss possible courses of action, and present innovations in the field of renewable mobility. INFOS & REGISTRATION
23.01.-27.01.2023, Berlin/ online
BDI & PwC, Konferenz Unternehmensteuerkongress 2023
PwC und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befassen sich bei dieser Veranstaltung mit der Frage, welche steuerpolitischen Maßnahmen Unternehmen angesichts der Energiekrise unterstützen können. ANMELDUNG
24.01.2023 – 08:00-17:00 Uhr, Saarbrücken/ online
Konferenz Digital Commerce Summit Automotive & Industry
Die Themen dieser Konferenz sind Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich B2B-E-Commerce, die Folgen des digitalen Wandels für Unternehmen und mögliche Gefahren durch neue Technologien. INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 16:00-17:30 Uhr, online
Eco, Panel Disussion netTALK #1
Weitere Infos folgen auf der Webseite des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco). INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 16:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Conference A new era for European economic governance?
At this conference, participants will discuss what changes to the EU economic governance framework are needed to address the current crises and challenges. INFOS & REGISTRATION
24.01.2023 – 18:00-19:30 Uhr, online
HBS, Podiumsdiskussion Boden gut machen für sozial-ökologisches Wohnen
Die Referentinnen und Referenten der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) diskutieren, welche Bedingungen und politischen Instrumente notwendig sind, um sozial-ökologische Wohnprojekte zu unterstützen. INFOS & ANMELDUNG
24.01.2023 – 19:00-20:00 Uhr, online
FNF & AIM, Diskussion 2022 Krieg, 2023 Frieden?
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) und ALDE Individual Members (AIM) diskutieren im Gespräch mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, welche Erkenntnisse der russische Angriff auf die Ukraine mit sich gebracht hat und wie sich Deutschland und Europa sicherheitspolitisch positionieren können. INFOS & ANMELDUNG
24.01-25.01.2023, Brüssel (Belgien)
Conference 15th European Space Conference
This conference themed “Securing the Future of Europe in Space” will offer an opportunity for discussion and exchange for representatives of the industry, politics and society. REGISTRATION
Peter Van Kemseke wird neuer Berater in Sachen Green Deal im Kabinett von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das erfuhr Europe.Table aus der Kommission. Der Belgier folgt auf Kurt Vandenberghe, der am Montag sein neues Amt als Generaldirektor der GD Klima angetreten hat.
Van Kemseke hatte Vandenberghe zuvor schon in Energiefragen unterstützt. Er arbeitet seit mehreren Monaten im Kabinett von der Leyen, bislang ist er zuständig für Umwelt, Meere und Energie. Einige Aufgaben aus dem umfangreichen Portfolio des Green-Deal-Beraters könnten künftig vielleicht noch anders verteilt werden, hieß es am Mittwoch aus der Kommission.
Hauptaufgabe Van Kemsekes wird es sein, für von der Leyen den Kontakt zu Vizepräsident Frans Timmermans zu halten. Van Kemseke hat verschiedene diplomatische Stationen für die belgische Regierung, den Rat und die Kommission sowie bei NATO, OSZE und UN durchlaufen. Der promovierte Politikwissenschaftler war zudem als Autor und in der Lehre tätig. ber
Die spanische und die portugiesische Regierung bemühen sich diese Woche in Brüssel um eine Verlängerung der Gaspreisobergrenze, deren Ziel niedrigere Strompreise in beiden Ländern sind. Das iberische Modell soll nach dem Willen von Madrid und Lissabon über den kommenden Mai hinaus bis Ende 2024 bestehen bleiben.
Der Mechanismus trat im Juni vergangenen Jahres in Kraft. Dabei wird über eine Umlage auf die Kunden der Gaspreis für Kraftwerke subventioniert. Da Gaskraftwerke häufig den Preis setzen, soll so der Strompreis insgesamt sinken. Die Einführung des Mechanismus wurde nach Verhandlungen zwischen den Regierungen der beiden Länder und der Europäischen Kommission im vergangenen Frühjahr beschlossen.
Nun wollen Spanien und Portugal, dass der Mechanismus über den 31. Mai hinaus bis Ende 2024 verlängert wird. Die beiden für Energie zuständigen Minister – Teresa Ribera für Spanien und Duarte Cordeiro für Portugal – waren am Mittwoch in Brüssel, um der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager den offiziellen Antrag auf Fristverlängerung zu überreichen. Am heutigen Donnerstag wird der portugiesische Ministerpräsident António Costa in Brüssel auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen.
Das Treffen am Mittwoch, das anderthalb Stunden dauerte, brachte keine Entscheidung der Europäischen Kommission hervor. Madrid und Lissabon legten ihre Argumente dar, die Brüssel nun bewerten wird. Eine Sprecherin der Kommission sagte, Vestager, Ribera und Cordeiro hätten “Wettbewerbsfragen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Energiemarkt, erörtert”.
Die positiven Auswirkungen auf die Strompreise sind das Hauptargument, das die spanische und die portugiesische Regierung vorbringen. In Spanien beliefen sich die Einsparungen für die Verbraucher nach Berechnungen der Regierung von Juni bis Dezember auf 4,5 Milliarden Euro. Die Auswirkungen des Mechanismus waren vor allem ab August zu spüren, als die Gaspreise stiegen und mehr Wind und Regen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen beitrugen. Spanien ist derzeit das Land mit der niedrigsten jährlichen Inflationsrate in der Eurozone, wobei die Strompreise entscheidend zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
In Portugal rechnet die Regierung damit, dass der iberische Mechanismus bis Ende 2022 eine Senkung des Strompreises um 20 Prozent ermöglicht, was einer Gesamtersparnis für die Verbraucher von 489 Millionen Euro entspricht.
Es gibt jedoch noch andere Auswirkungen, die Brüssel Anlass zur Sorge geben könnten. Die Stromexporte von Spanien nach Frankreich sind ebenfalls stark gestiegen, was eine mögliche Wettbewerbsverzerrung aufzeigt und bedeutet, dass die französischen Verbraucher ebenfalls von den subventionierten spanischen Preisen profitieren. Sérgio Anselmo Aníbal
Der Luxemburger Sozialist Marc Angel ist neuer Vize-Präsident des Europaparlaments. Der 59-Jährige ist im dritten Wahlgang mit 307 Stimmen gewählt worden. Damit hat das Europaparlament wieder 14 Vize-Präsidenten. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem die bisherige Vize-Präsidentin Eva Kaili Anfang Dezember wegen Korruptionsverdachts festgenommen und ihr das Amt entzogen wurde.
Angel gehört dem Europaparlament seit 2019 an. Davor war er 15 Jahre lang Abgeordneter im luxemburgischen Parlament. Er hat Sprachen studiert und in Luxemburg als Lehrer gearbeitet. Er ist im Sozialausschuss EMPL und setzt sich unter anderem für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten ein. mgr
Die S&D-Fraktion setzt eine Kommission zur internen Aufarbeitung des Skandals um die ehemalige Vize-Präsidentin des Europaparlaments Eva Kaili ein: Geleitet wird die Kommission nach Informationen von Europe.Table von Silvana Bacigalupo und Richard Corbett. Bacigalupo ist Chefin von Transparency International in Spanien und Professorin für Strafrecht an der Universität in Madrid. Corbett war bis zum Brexit Europaabgeordneter und Mitglied der S&D-Fraktion. Er ist Autor des Buches “Definitive Guide to the rules of procedure of the European Parliament”.
Der belgische Sozialist Marc Tarabella wurde gestern von der Fraktion suspendiert. Die Suspendierung gilt mindestens so lange, wie die Ermittlungen gegen ihn laufen. Der Hauptverdächtige in dem Fall, Antonio Panzeri, hat am Montag ausgesagt, er habe dem Belgier 120.000 Euro an Bestechungsgeldern ausgezahlt.
Tarabella geriet bereits früh ins Visier der belgischen Ermittlungsbehörden. Bereits am 10. Dezember kam es zur Hausdurchsuchung in Anwesenheit der Präsidentin des Parlaments. Vergangene Woche wurde bekannt, dass er eine vom Emirat gesponsorte Reise nach Katar nicht deklariert hatte. Noch am Sonntag beteuerte Tarabellas Anwalt im belgischen Fernsehen seine Unschuld. Von der belgischen Parti Socialiste wurde er ebenfalls ausgeschlossen.
Der italienische Sozialist Andrea Cozzolino ist gestern freiwillig aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgetreten. Zuvor war er bereits von der Maghreb-Delegation und der Pegasus-Sonderkommission zurückgetreten. Cozzolino hatte unter anderem Eva Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi als Assistenten übernommen und soll im Parlament vor allem im Auftrag Marokkos gehandelt haben.
Am 13. Februar will das EU-Parlament voraussichtlich über die Aufhebung der Immunität der beiden Abgeordneten abstimmen. Dann erst können sie von der belgischen Justiz gehört werden. cw/mgr
Wegen des Streiks in Frankreich verschiebt das Europaparlament die Abstimmungen über das Trilogmandat des EMPL-Ausschusses zur Plattformarbeit und über den Initiativbericht “Europäische Betriebsräte”. Beide Abstimmungen waren für den heutigen Donnerstag vorgesehen und sollen nun bei der nächsten Straßburger Plenartagung (13. bis 16. Februar) stattfinden.
Die EU soll eine einheitliche Rechtsgrundlage für alle Europäischen Betriebsräte (EBR) schaffen. Das fordert der sozialpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Dennis Radtke (CDU), in seinem Initiativbericht. “Es ist wichtig, dass wir die Qualität der Arbeit von Betriebsräten auf ein höheres Niveau bringen.” Während das Management in den Unternehmen immer stärker länderübergreifend und auf EU-Ebene operiere, bedürfe es auch eines Rechtsrahmens, “der sicherstellt, dass die Mitbestimmung mithalten kann”.
Der Radtke-Initiativbericht schlägt vor:
Deutschland sieht noch erheblichen Änderungsbedarf beim Data Act und wünscht sich unter anderem eine klarere Abgrenzung von der DSGVO. Dies geht aus der Stellungnahme hervor, die Berlin nach Brüssel gesandt hat und Europe.Table in Auszügen vorliegt. Zuletzt hatte die gerade angetretene schwedische Ratspräsidentschaft ein Optionspapier verschickt und um Feedback der Mitgliedstaaten gebeten. Darüber diskutierte die Arbeitsgruppe Telekommunikation am 17. Januar. Auf dieser Grundlage plant der Ratsvorsitz, einen vierten Kompromisstext auszuarbeiten, den er den Mitgliedstaaten vor der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe am 31. Januar vorlegen will.
Im Einzelnen fordert die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme:
Als Beitrag zur Erreichung dieser Ziele erwägt die Bundesregierung, Anreize im B2C-Bereich zu schaffen, um die Datennutzung zu fördern und unlautere Geschäftspraktiken durch Unionsrecht zu verbieten, etwa den Datenzugriff und die Weiterverwendung durch Dritte. Diese unlauteren Geschäftspraktiken könnten unter anderem sein:
Auch der Bitkom und der Verband der Internetwirtschaft Eco haben ihre Positionen zum Data Act noch einmal deutlich gemacht. vis
Der ZVEI fordert, dass sich Europa in Handelsfragen nicht allein auf die WTO verlässt, sondern bilateral Handelsabkommen abschließt. Bei der Auftaktveranstaltung des Elektro- und Digitalverbandes verwies ZVEI-Präsident Gunther Kegel darauf, dass China immer öfter aus den WTO-Regeln ausschere. Wechselseitige Verträge und Freihandelsabkommen seien daher ein wichtiger Bestandteil der europäischen Handelspolitik.
“Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass in der WTO alles für uns geregelt wird“, sagte Kegel. Als Beispiel für so ein Abkommen nannte er Mercosur, aber Afrika und Indien seien perspektivisch ebenfalls wichtige Handelspartner und Rohstofflieferanten.
Neben China bereiten aber auch die USA dem ZVEI Sorgen: Der Inflation Reduction Act führe zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen der europäischen und der US-Wirtschaft. “Deshalb sind die Diskussionen rund um TTC schwierig, aber notwendig”, sagte Kugel. Die EU müsse versuchen, mit den Amerikanern wieder zu einem Ausgleich zu kommen.
Auch beim Chips Act weist der ZVEI auf Wettbewerbsverzerrungen hin. Während die EU dafür 43 Milliarden Euro bereitstellen wolle, statte die USA ihren Chips and Science Act mit 270 Milliarden US-Dollar aus. Eine weitere Herausforderung sei die Geschwindigkeit, Bundesregierung und Kommission müssten endlich handeln, sagte Kugel. “Wir warten darauf, dass die EU die Projekte auch freigibt, in den USA rollen die Bagger schon.” vis
Die Unterstützung Deutschlands und Frankreichs für die Umsetzung des europäischen Green Deal ist unerlässlich – und eindeutig. Sie zeigt sich insbesondere darin, dass Ende 2022 die Klimakomponente des Pakts angenommen wurde. Damit soll er an das Ziel angepasst werden, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken.
Aber reicht das aus? Die Energiekrise setzt alle EU-Staaten unter Druck. Viel Geld wurde ausgegeben, um die Covid-Pandemie zu bewältigen. Jetzt müssen die Regierungen ihre Ausgaben unter Kontrolle halten – und zugleich Lösungen finden für die aktuellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen.
Das europäische Projekt und der Zusammenhalt der Union sind durch die Folgen des Krieges in der Ukraine gefährdet. Die Pandemie hat zwar die europäische Solidarität gestärkt, und Deutschland und Frankreich arbeiten gemeinsam an der Wiederbelebung der Wirtschaft. Doch die Risiken einer Divergenz bleiben zahlreich. Ein Alleingang kann keine Option sein.
Die EU hat nach der russischen Invasion der Ukraine schnell Notfallmaßnahmen verabschiedet und eine Strategie entwickelt, um den Winter zu überstehen, ihren Energiemix anzupassen und Übergewinne abzuschöpfen. Die Mitgliedstaaten haben Unternehmen und Privathaushalte unterstützt. Aber viele Maßnahmen zielten in unterschiedliche Richtungen.
Natürlich ist jedes Land souverän darin, Lösungen für die sozialen Probleme zu finden, die diese Krise mit sich bringt. Der französische Energieschutzschild war besonders massiv und schützte die Haushalte vor den stärksten Preisanstiegen. Aber er war nicht gezielt genug auf die ärmsten Haushalte ausgerichtet, er ging nicht mit einer beschleunigten Förderung von Investitionen in energiesparende Geräte einher und er schützte die Unternehmen stärker als die Haushalte.
Deutschland wird seinerseits beschuldigt, mit seinem eigenen Hilfsprogramm eine Art wettbewerbsorientierte Abwertung zu organisieren, indem es die heimischen Energiepreise senkt, um seine Industrie zu unterstützen. Eine Koordinierung zwischen beiden Ländern scheint es nicht zu geben.
Der Wettlauf um wirtschaftliche Krisenhilfe, der bald zu einem Wettlauf um neue grüne Investitionen werden könnte, ist für andere Mitgliedstaaten besorgniserregend. Ihre öffentlichen Kassen sind nicht gut gefüllt. Es besteht die große Gefahr, dass diese Art der Krisenbewältigung zu einem wachsenden wirtschaftlichen Egoismus auf dem Kontinent führt. Sie wird derzeit nur teilweise durch Solidaritätsmechanismen rund um die gemeinsame Verschuldung wie NextGenerationEU abgewendet.
Unter diesen schädlichen politischen Bedingungen kann die EU nicht darauf verzichten, über neue Formen der gemeinsamen Verschuldung nachzudenken. Frankreich macht dazu Vorschläge, Deutschland wird eher als zurückhaltend angesehen. Beide sollten ihren Dialog dazu vertiefen – in Transparenz gegenüber den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere während des deutsch-französischen Ministerrats, der am kommenden Sonntag 60 Jahre Freundschaft und pragmatische Kompromisse rund um den Jahrestag des Élysée-Vertrags feiern wird.
Sollte man zur früheren, makroökonomischen Orthodoxie zurückkehren? Angesichts der Beträge, die die USA oder China auf den Tisch legen, ist es vernünftig, dass die europäischen Akteure nicht die letzten sind, die staatliche Beihilfen ebenfalls erlauben. Erst recht, wenn sie notwendig erscheinen, um die grüne Transformation der Industrie zu unterstützen.
Was jedoch nicht ausreichend diskutiert wird, ist die Verteilung der von den Mitgliedstaaten gezahlten staatlichen Beihilfen an die Unternehmen. Eine Statistik der EU-Kommission über die Beiträge innerhalb des befristeten Krisenrahmens spricht eine deutliche Sprache: Mehr als die Hälfte wird von Deutschland an seine Unternehmen gezahlt. 24 Prozent von Frankreich an seine eigenen Wirtschaftsakteure. Und den Rest teilen sich die anderen 25 Mitgliedstaaten!
Darüber muss man sprechen. Die Akteure und Mitgliedstaaten, die gegenüber staatlichen Beihilfen zurückhaltender und dem freien Wettbewerb verpflichtet sind, müssen angehört werden. Die europäische Antwort auf die amerikanischen und chinesischen Pläne muss mit ihnen gemeinsam aufgebaut werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb des Binnenmarkts noch verschärfen. Ein gemeinsamer Ansatz ist notwendig, um die grüne Industrie zu entfalten und zu unterstützen.
Wie sieht es in der Handelspolitik aus? Deutschland und Frankreich haben sich letztlich dazu geeinigt, wie der Klimaschutz in die Handelspolitik einbezogen werden soll. Aber für die Handelspartner der EU im Globalen Süden, insbesondere in Afrika, entstehen auch Risiken. Im Wettlauf um staatliche Beihilfen zwischen den großen Wirtschaftsmächten Asiens, Europas und der USA könnten sie von den Märkten verdrängt werden.
Zwar verspricht man ihnen, ihre Interessen zu berücksichtigen, wenn man bei ihnen grünes Gas oder Wasserstoff beziehen wird. Aber das verbirgt nur sehr schlecht die von den Mitgliedstaaten und insbesondere von Deutschland verfolgten individuellen Strategien. Die europäischen Akteure zeigen den afrikanischen Partnern nicht, dass sie die schädlichen Auswirkungen anderer großer, unkoordinierter Wirtschaftsentscheidungen auf ihr Potenzial, sich wirtschaftlich zu entwickeln, erkannt hätten. Auch das wird für das europäische Projekt sehr gefährlich sein.
Ob in der gemeinsamen Verschuldungspolitik, der staatlichen Förderung der klimafreundlichen Transformation oder der Handelspolitik mit Energiebezug: Wenn Deutschland und Frankreich, die beiden wirtschaftlichen Schwergewichte der EU, deren Zusammenhalt nicht gefährden wollen, müssen sie sich besser aufeinander abstimmen.
Sébastian Treyer ist der Exekutivdirektor des Pariser Nachhaltigkeits-Think-Tanks IDDRI. Nicolas Berghmans ist bei IDDRI führender Experte für Europäische Angelegenheiten, Energie und Klima.