die liberale Renew Europe-Fraktion versammelt sich aktuell in Wien: Die Rentrée der Abgeordneten nach der Sommerpause markiert zugleich den Startschuss in den anstehenden Wahlkampf – Anfang Juni 2024 wird bekanntlich das Europaparlament neu gewählt. Dabei werden die Liberalen schon einmal klarziehen, mit wem sie nach der Wahl nicht kooperieren wollen: “Wir lehnen die Zusammenarbeit mit antieuropäischen Parteien jetzt und nach den Wahlen 2024 ab”, heißt es in der “Wiener Erklärung”, die heute beschlossen werden soll und Table.Media im Entwurf vorliegt.
Die Fraktion um ihren Vorsitzenden Stéphane Séjourné erteilt damit den Gedankenspielen in der EVP eine klare Absage, nach der Wahl womöglich rechte Mehrheiten im Europaparlament zu suchen. EVP-Chef Manfred Weber hatte bereits den Kontakt gesucht zu Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, um sich neue Machtoptionen zu eröffnen. Zudem gingen die Christdemokraten zuletzt etwa beim Renaturierungsgesetz auf Kollisionskurs zu den bisherigen Bündnispartnern. Die Renew-Abgeordneten fordern die EVP nun unverhohlen auf, “Verantwortung zu übernehmen und sich wieder an unsere Koalitionsvereinbarung zu halten“.
Die politische Landschaft polarisiere sich zunehmend – einige konservative Parteien seien den Versuchungen des Illiberalismus erlegen, die politische Linke fröne einem ökonomischen Populismus. Renew hingegen versteht sich als Bollwerk des politischen Zentrums.
Die Liberalen wollen sich für Medienfreiheit und Rechte der LGBTQ-Community einsetzen und auch die ausstehenden Gesetzesvorschläge zum Green Deal beschließen. Sie unterstützen den Migrationspakt und fordern eine Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in den Schengenraum. Wirtschaftspolitisch drängen sie auf die strengere Durchsetzung der Binnenmarktregeln, weniger Bürokratie und größere Investitionsbudgets für Sektoren wie KI, Halbleiter und kritische Rohstoffe. Ob sie mit diesen Botschaften bei den Wählern durchdringen?
In Polen kommt der Wahlkampf vor den Parlamentswahlen am 15. Oktober langsam in Gang. Alle teilnehmenden Parteien haben ihre Kandidatenlisten vorgestellt – zuletzt die regierende Partei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) von Jaroslaw Kaczynski. Es gab zumindest eine dicke Überraschung: Kaczynski wird in Kielce, der Hauptstadt der ländlich-konservativen Heiligkreuz-Wojewodschaft (Swietokrzyskie), an den Start gehen – obwohl er in Warschau zu Hause ist. Wahrscheinlich will er einer Niederlage gegen Donald Tusk aus dem Weg gehen, der in der polnischen Hauptstadt haushoch gewinnen dürfte.
Dieser Wahlkampf, das kann man bereits heute sagen, wird der brutalste und schmutzigste in der Geschichte der jungen polnischen Demokratie. Die PiS und ihre Splittergruppen, die als Vereinigte Rechte das Land seit acht Jahren regieren, bedienen sich der Methoden der Populisten wie Donald Trump oder Viktor Orban, um an der Macht zu bleiben. Das national-konservative Regierungslager schreckt nicht vor offensichtlichen Lügen, um die Gegner zu diskreditieren. Die von der Regierung kontrollierten Medien fahren seit Monaten Schmutzkampagnen gegen die Opposition.
Doch auch die Parteiführung bedient sich einer Rhetorik, die in der EU noch nie gehört wurde. Bei einer Parteiveranstaltung im Juli hetzte Kaczynski gegen den Oppositionsführer: “Donald Tusk ist der wahre Feind unseres Volkes. Er darf in Polen nie wieder an die Macht kommen. Soll er in sein Deutschland gehen und dort Schaden anrichten!” Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nennt den Chef der liberalen Bürgerkoalition bei jeder Gelegenheit “Judas”, “Vaterlandsverräter” oder zumindest “Betrüger”. Die Ethik-Kommission des Sejm hat Kaczynski wegen seiner Äußerungen bereits eine Rüge erteilt – rechtliche Folgen hat sie keine.
Um an der Macht zu bleiben, setzt die PiS auf die bewährte Taktik. Sie schürt Ängste vor Deutschland und dem Ausverkauf des Landes; vor Migranten und vor den russischen Wagner-Söldnern, die angeblich jeden Augenblick in Polen einfallen könnten. Am 84. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939 erhob der Kultusminister und Warschauer PiS-Kandidat Piotr Glinski wieder einmal die Forderung nach deutschen Reparationen.
Um all diese Themen im Wahlkampf ausspielen zu können, hat die PiS-Mehrheit im Parlament ein Referendum beschlossen, das gleichzeitig mit den Parlamentswahlen stattfinden wird. Die vier suggestiv formulierten Fragen verhöhnen die Idee eines Volksentscheids.
Wer Polen retten will, muss alle Fragen mit “Nein” beantworten – und die PiS als Garanten der Souveränität wählen. Der Oppositionsführer hat zum Boykott des Referendums aufgerufen. “PiS macht einen illegalen Wahlkampf mit unseren Steuermitteln”, sagte Tusk. Während jeder Partei im Wahlkampf 40 Mio. Zloty (etwa neun Mio. Euro) zur Verfügung stehen, gibt es für das Referendum kein Ausgabenlimit.
Die letzten Umfragen sehen den PiS-Block mit 33 bis 38 Prozent weit vorn. Die Ergebnisse der anderen Parteien fallen je nach Meinungsforschungsinstitut sehr unterschiedlich aus: Die Bürgerkoalition von Donald Tusk liegt im Wählergunst zwischen 21 und 30 Prozent, die post-kommunistische Linke zwischen vier und neun Prozent, der “Dritte Weg” (eine Koalition der Bauernpartei PSL und der liberalen Polska 2050) zwischen fünf und zehn Prozent. Die beiden Gruppierungen, die zusammen mit der Bürgerkoalition eine Regierung bilden könnten, drohen an der Acht-Prozent-Hürde zu scheitern, die eine Koalition gewinnen muss, um in den Sejm einzuziehen.
Noch nicht sicher ist auch der Sejm-Einzug der ultrarechten “Konfederacja”. Für die Partei, die sich als eine Protestpartei gegen das politische Establishment positioniert, wollen zwischen sechs und zwölf Prozent der Polen stimmen. “Konfederacja”, die populistisch die Abschaffung von Steuern in ihr Programm schreibt, will weder mit PiS noch mit der KO koalieren. Doch bleibt sie dabei?
Sollte die Rechte die Wahl wieder gewinnen, muss sich Europa auf einen Dauerkonflikt einrichten. Denn eine neue PiS-Regierung wird noch viel radikaler als bisher. Sie wird endgültig die Kontrolle über die Gerichte übernehmen und die unabhängigen Medien zerschlagen wollen. Jaroslaw Kaczynski flirtet schon öffentlich mit dem Begriff des “sanften Autoritarismus”. Andrzej Rybak
Die anfängliche Skepsis scheint überwunden. Nach den informellen Treffen der Verteidigungs- und Außenminister im spanischen Toledo Ende August konnte Josep Borrell weitgehenden Konsens zu seinem Plan vermelden, die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine auf eine stabile Basis zu stellen. Und damit die sogenannte Europäische Friedensfazilität dafür um 20 Milliarden Euro aufzustocken.
Konkret sieht der EU-Außenbeauftragte für den Zeitraum von 2024 bis 2027 jährlich fünf Milliarden Euro vor, mit denen Rüstungsgüter für die Ukraine kofinanziert werden könnten.
Der Spanier prescht seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine immer mal wieder vor und setzt sich dann am Ende durch. Die Chancen stehen gut, dass die Mitgliedstaaten rechtzeitig vor Jahresende der Aufstockung der Mittel zustimmen. Es klingt nach viel Geld, entspricht aber in etwa den bisherigen Auszahlungen. Der Vorteil von Borrells Plan ist, dass der Topf der Friedensfazilität nicht mehr alle paar Monate neu aufgefüllt werden müsste. Das bietet bisher insbesondere Ungarn Gelegenheit für immer neue Erpressungsmanöver. Die Regierung von Viktor Orbán blockiert gerade eine achte Tranche von 500 Millionen Euro.
Der EU-Außenbeauftragte hat die Gefahr der Ermüdung der Öffentlichkeit im Hinterkopf und will die Hilfe berechenbar machen. Es sei wichtig, die Unterstützung der Ukraine langfristig aufzustellen, sagte auch Annalena Baerbock in Toledo. Schließlich gehe es um eine Investition in den “Frieden Europas”.
Gerade die deutsche Außenministerin hatte vor der Sommerpause noch deutlich skeptischer geklungen. Erschwert wurde die Debatte durch die Tatsache, dass die Kommission unabhängig von der Militärhilfe für die Ukraine für die Finanzperiode von 2021 bis 2027 einen Nachtrag von 66 Milliarden Euro plant.
Deutschland und andere Nettozahler wollen nun darauf drängen, dass bereits geplante Wirtschafts- und Budgethilfen für die Ukraine durch Umschichtungen im EU-Haushalt ermöglicht werden. Die Friedensfazilität ist hingegen ein Topf außerhalb des Budgets, weil die EU aus dem gemeinsamen Haushalt keine Rüstungsgüter finanzieren darf. Aber auch bei der Friedensfazilität muss Deutschland als größte Volkswirtschaft jeweils 25 Prozent beisteuern. Mitgliedstaaten können dann in Brüssel Rechnungen für Rüstungsgüter einreichen, die sie der Ukraine geliefert haben. Die Erstattungsquote liegt bei rund 50 Prozent.
Wer wie Deutschland zuletzt viel liefert, kann zeitweise mehr rückerstattet bekommen, als er einbezahlt hat. Osteuropäische Staaten wiederum nutzen den Fonds, um Bestände aus sowjetischen Zeiten zu modernisieren. Auch das hat in Brüssel schon für Diskussionen gesorgt. Erschwerend kommt hinzu, dass es keinen Überblick über die Auszahlungen gibt. Nicht alle Mitgliedstaaten sind interessiert, Lieferungen und Auszahlungen offenzulegen. Das EU-Parlament kann bei dem Fonds außerhalb des Haushalts nicht mitreden.
Die mangelnde Transparenz könnte für die Friedensfazilität noch zum politischen Problem werden. Und eigentlich war der Topf nicht vorgesehen, um im großen Stil Rüstungsgüter zu finanzieren. Die Mittel sollten dazu dienen, Streitkräfte in Drittstaaten insbesondere in Afrika bei der Modernisierung zu unterstützen. Von deutscher Seite gab es deshalb Fragen, ob die Friedensfazilität das richtige Instrument für die Ukraine-Hilfe sei. Nun soll es immerhin einen separaten Topf geben.
Werden die 20 Milliarden Euro reichen? Sollte Donald Trump im nächsten Jahr ein Comeback schaffen und die Unterstützung der USA zurückfahren, wahrscheinlich nicht. Kommt es wider Erwarten zu einem baldigen Waffenstillstand, könnten die Mittel für die Sicherheitsgarantien eingesetzt werden, die der Westen der Ukraine in Aussicht gestellt hat. Die 20 Milliarden Euro seien eine Obergrenze, beschwichtigte Josep Borrell in Toledo. Der Spanier wollte dem Eindruck entgegenwirken, dass die Friedensfazilität zum Fass ohne Boden wird.
Ein großer Streitpunkt ist der derzeitige Artikel 17 des EMFA. Nachdem im Digital Services Act die Moderationspflichten für alle Inhalte bei Plattformen und Suchmaschinen festgelegt wurden und eine Ausnahme für professionelle, eigenen Regelwerken unterliegenden Medien scheiterte, soll jetzt die Ausnahme von den DSA-Moderationsregeln über den EMFA kommen.
In den Erwägungsgründen heißt es nun zum Beispiel: “Um die Auswirkungen von Sperrungen oder Beschränkungen für die Informationsfreiheit der Nutzer so gering wie möglich zu halten, sollten sich sehr große Online-Plattformen bemühen, eine Begründung zu übermitteln, die dem Mediendiensteanbieter die Möglichkeit gibt, innerhalb von 24 Stunden vor Inkrafttreten der Sperrung oder Aussetzung auf die Begründung zu antworten.” Damit würden Inhalte professioneller Medien für die besonders großen Anbieter zumindest temporär sakrosankt gestellt.
Mit deutlichen Worten argumentiert der Digitalverband DotEurope dagegen. In einem Brief, den der Verband öffentlich gestellt hat, vertritt er, dass im DSA bereits Streitbeilegungsmechanismen vorgesehen seien. Außerdem würde mit der vorgesehenen “must-carry”-Regelung dem DSA diametral widersprochen. Durch den EMFA könnte gefährlicher Inhalt für 24 Stunden online bleiben müssen. Obendrein gäbe es keinen Grund für eine Bevorzugung dieser Medien, so die Plattformbetreiber.
Das halten Europaparlamentarier für eine ausgesprochen schwache Begründung: Die Medienfreiheit umfasse auch die Selbstkontrollmechanismen, wie etwa in Deutschland den Presserat. Warum die Anbieter-Nutzungsbedingungen über der Medienfreiheit stehen sollten, sei nicht erklärlich. Zugleich mussten sich die Plattformen zuletzt deutliche Kritik anhören: Ihre Maßnahmen gegen Desinformation reichten nicht aus. Zudem würden Außer-EU-Anbieter von den EMFA-Regelungen nicht umfasst, sofern sie sich nicht an vergleichbare Regeln hielten, so der Vorschlag der Parlamentarier.
Mit Argusaugen wird der EMFA aus den Bundesländern beobachtet. Denn in Deutschland haben die Staatskanzleien und Länderparlamente die Hoheit über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Immer wieder wurde in Deutschland darüber gestritten, inwieweit der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in neuen Medienformen aktiv sein darf. Die EU-Parlamentarier tendieren dazu, das klar zu bejahen: Neue Angebote als neue Inhalte, Formate und technische Weiterentwicklungen müssten möglich sein, damit die öffentlichen Anbieter ihre Wettbewerbsposition im Binnenmarkt halten könnten.
Auch an anderer Stelle werden die deutschen Beobachter sehr genau hinschauen: “Die Personen oder Gremien, die bei öffentlich-rechtlichen Medienanbietern die höchste Entscheidungsbefugnis haben, sollten nach vorhersehbaren, transparenten, diskriminierungsfreien, ausgewogenen und objektiven Kriterien ernannt und erforderlichenfalls entlassen werden, wobei die Qualifikation der Personen, die diese Positionen besetzen, gewährleistet sein muss.”
Dieser Vorschlag zielt nicht zuletzt auf Intendanzen, Verwaltungs- und Programmdirektoren, Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte. Ob das deutsche System diesen Anforderungen gerecht würde, ist Gegenstand innerdeutscher Debatten. Nicht zuletzt die Ereignisse um die RBB-Intendanz haben hier für intensive Diskussionen gesorgt. Deutschland ist hier dennoch nur einer von vielen gemeinten europäischen Staaten. Andere müssten ihre bisherige Praxis bei der Besetzung von Rundfunkspitzenpositionen in jedem Fall ändern.
Bei der Frage der direkten oder indirekten staatlichen Finanzierung von Medien will der Kultur-Auschuss nun auch die EU-Institutionen selbst und ihre Unterbehörden einschließen. Die EU-Kommission hatte das in ihrem Vorschlag nicht vorgesehen. Zugleich sieht der Ausschuss eine umfassende Definition der Akteure vor, die in staatlichem Interesse handeln und damit reguliert würden. Allerdings soll es für staatliche oder staatsnahe Akteure Möglichkeiten geben, etwa für Krisenfälle Werbebudgets einzukaufen. Nach welchen Kriterien das erfolge, müsse allerdings in nationalen Gesetzen transparent und vorab dargelegt werden.
Auch an einer anderen Stelle legen die Parlamentarier Wert auf mehr EU-Selbstbeschränkung: beim vorgesehenen Durchsetzungs- und Aufsichtsgremium. “Die Arbeit des Ausschusses soll unabhängig von der Kommission und jedem politischen oder wirtschaftlichen Einfluss erfolgen”, heißt es in Kompromissvorschlag 40. Dafür soll etwa ein unabhängiges Ausschusssekretariat sorgen. Unter anderem soll damit das Problem abgefedert werden, dass die EU-Kommission sich plötzlich zur Medienaufsicht aufschwingen könnte – im Namen der Medienfreiheit.
06.09.-07.09.2023, Köln
DVGW, Messe gat wat – Praktiker Tage
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) diskutiert die aktuellen Herausforderungen der Energie- und Wasserbranche. INFOS & ANMELDUNG
06.09.-07.09.2023, Brüssel (Belgien)
Conference Bruegel Annual Meetings
Bruegel discusses the most pressing economic issues of our time. INFO & REGISTRATION
06.09.2023 – 12:00-16:00 Uhr, Berlin/online
BDI, Diskussion Neues Deutschlandtempo der Transformation
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erörtert, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Beschleunigung der Klima-Transformation leisten kann. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 16:00-19:00 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Industriestrompreise – Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gewährleistet werden?
Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) diskutiert die Ausgestaltung eines möglichen Industriestrompreises. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 16:00-17:00 Uhr, online
SNV, Diskussion Deutschlands Plattformaufsicht im Aufbau: Hintergrundgespräch mit Andrea Sanders-Winter (BNetzA)
Die Stiftung Neue Verantwortung (SNV) beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Digital Services Act auf die deutsche Plattformaufsicht. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 18:30 Uhr, Berlin
KAS, Vortrag ERDE – Schlaue Städte sind grün
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) bringt Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen, um die Gestaltung zukunftsfähiger Städte zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.09.-08.09.2023, Münster
KAS, Konferenz Kommunalkongress 2023: Wie gelingt die Mobilitätswende für alle?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) nimmt die Mobilitätswende vor Ort in den Fokus und greift Erfahrungen auf, die Kommunen bei der Veränderung von Rahmenbedingungen für Mobilität gemacht haben. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Groß-Batteriespeicher
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) erläutert die wirtschaftlichen Potenziale und die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Anschluss und den Einsatz von Großbatteriespeichern. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2023 – 12:24-13:00 Uhr, online
EAB, Vortrag Frankreich und Deutschland in der EU – Live Interview mit Prof. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet
Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Europawahl spricht die Europäische Akademie Berlin (EAB) mit Prof. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet, Expertin in internationalen Beziehungen sowie deutscher und französischer Außen- und Europapolitik. INFOS
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wehrt sich gegen die Forderung der DG Clima, bei E-Fuels die Anforderung an die CO₂-Reduktion hochzuschrauben. Die DG Grow hatte vorgeschlagen, es bei der gängigen Definition zu belassen. Bei der E-Fuels-Konferenz in München, die vom Verkehrsministerium organisiert war, machte sich Wissing stark für eine praktikable Regelung, die die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren ermöglicht. Die Lösung könne “nicht 100 Prozent” sein.
Es geht um einen Dissens zwischen den beiden Generaldirektionen der EU-Kommission, welchen CO₂-Reduktionsgrad man für die Zulassung von E-Fuels-Fahrzeugen voraussetzt. Die 70-Prozent-Quote stammt aus der geltenden Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU von 2021 (RED II), wonach synthetische Kraftstoffe 70 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen müssen als fossile. Die DG Clima fordert, die Latte auf 100 Prozent CO₂-Reduktion zu legen.
Wissing fordert, dass der Gesetzesvorschlag der Kommission, wie sogenannte E-Fuels-only-Fahrzeuge auch nach 2035 zugelassen werden können, an die Definition aus der RED angeglichen wird. Er fürchtet, dass eine CO₂-Reduktion um 100 Prozent dafür sorgen würde, dass der Markthochlauf von E-Fuels scheitert. So würden Verbrenner-Fahrzeuge in Europa abgemeldet werden, weil sie nicht mit E-Fuels betrieben werden können, und anschließend woanders weiter mit fossilen Kraftstoffen laufen, erläutert er. “Damit haben wir keinen Beitrag zur Klimaneutralität”, sagte Wissing.
Auf der anderen Seite ist jedoch unklar, ob E-Fuels mit 70-prozentiger CO₂-Reduktion die Kriterien für klimaneutrale Fahrzeuge ab 2035 in der EU-Flottenregulierung erfüllen. Aus FDP-Kreisen heißt es daher, in einem weiteren Schritt könne die RED vor 2035 so angepasst werden, dass 100 Prozent erreicht werden. Auch Wissing versprach auf Nachfrage von Table.Media, das Ziel sei, dass E-Fuels am Ende klimaneutral seien.
Die Konferenz diente dem internationalen Austausch zwischen Regierungsvertretern, Wissenschaftlerinnen und der Industrie, wie der Markthochlauf von E-Fuels in allen Mobilitätsbereichen gelingen kann. Dabei betonte Japans Staatsministerin für Wirtschaft, Handel und Industrie, Fusae Ōta, dass eine solche Konferenz regelmäßig stattfinden müsse, da gemeinsame Qualitäts- und Zertifizierungsstandards notwendig seien, um Handels- und Exporthemmnisse zu verhindern.
Japan will, ähnlich wie Deutschland, die Klimaziele im Straßenverkehr auch mithilfe von synthetischen Kraftstoffen erreichen und setzt sich daher für einen internationalen Markt für E-Fuels ein, der sowohl die Bestandsfahrzeugflotte als auch Neuwagen versorgen soll. luk
Das Bundesinnenministerium unterzieht die 5G-Mobilfunknetze der deutschen Netzbetreiber einer weiteren Sicherheitskontrolle. Gegenwärtig würden die Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE in den bestehenden 5G-Netzen überprüft, teilte das BMI mit. Es lägen Anhaltspunkte vor, “dass ihr weiterer Einsatz die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik beeinträchtigen könnte”.
Dazu hat das Ministerium erneut einen detaillierten Fragebogen an die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone gesandt. Die Firmen sollen binnen einer Woche Informationen liefern. Einen ersten Fragebogen hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits im Frühjahr verschickt. Im neuen Fragebogen werden nun offenbar Details abgefragt, wo das Ministerium besondere Schwachstellen vermutet. Für Telekom, Vodafone und Telefónica bedeutet dieser Vorgang erheblichen Aufwand.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton hatte die Mitgliedstaaten bereits vor Monaten aufgefordert, risikobehaftete Anbieter beim Aufbau ihrer 5G-Mobilfunknetze auszuschließen. Namentlich erwähnte Breton Huawei und ZTE.
Auch Faeser hatte in der Vergangenheit betont, dass Deutschland seine Kommunikationsnetze schützen müsse. “Aus diesem Grund prüfen wir alle schon im 5G-Netz verbauten chinesischen Komponenten jetzt sehr genau”, sagte Faeser. “Wir werden Komponenten verbieten, wenn gravierende Sicherheitsrisiken bestehen.”
Allerdings gibt es bis jetzt keine konkreten Belege für akute Sicherheitsgefahren durch die zahlreichen Huawei-Komponenten in Deutschlands Mobilfunk- und Datennetzen. Doch das Umdenken seit Russlands Angriff auf die Ukraine gebietet es sowohl aus Sicht der EU-Kommission als auch aus Sicht der Bundesregierung, solche Szenarien zu prüfen und die Risiken zu erfassen.
Die Öffentlichkeit befürwortet zugleich mehr europäische Eigenständigkeit in der Netztechnik. China hatte seinerseits schon in den 1990er-Jahren starke Einschränkungen ausländischer Technologien innerhalb der Volksrepublik festgeschrieben, um Sicherheitsrisiken zu minimieren. fin/vis
Das Außenministerium in Stockholm und die EU-Kommission haben bestätigt, dass ein schwedischer Staatsbürger seit mehr als 500 Tagen im Iran unter fadenscheinigen Anschuldigungen festgehalten wird. Die “New York Times” hat am Montag über den 33-jährigen Mann berichtet, der Johan Floderus heißen und zuletzt beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) beschäftigt gewesen sein soll.
“Uns ist der Fall eines im Iran inhaftierten schwedischen Staatsangehörigen bekannt, und wir verfolgen ihn sehr genau”, sagte Peter Stano, Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Man stehe dabei in sehr engem Kontakt mit den schwedischen Behörden: “Im Interesse und zur Sicherheit der betroffenen Person können wir keine weiteren Informationen preisgeben”.
Allerdings bestätigt Stano nicht, dass der Schwede EU-Beamter ist. Im EU-Directory erscheint er allerdings sehr wohl. Er kann aber auch ein entsandter Mitarbeiter oder temporär Beschäftigter (gewesen) sein.
Der Schwede war mit Freunden privat im Iran und bei der Ausreise wegen angeblicher Spionage festgenommen worden. Die EU-Abgeordnete Hannah Neumann (Grüne) kritisierte auf Kurznachrichtendienst X, dass Borrell das Parlament nicht über die Bemühungen informiert habe, den Mann freizubekommen. Die Außenpolitikerin hätte zudem gerne gewusst, ob der Fall bei den Atomverhandlungen mit dem Iran zur Sprache gekommen sei, beziehungsweise einen Einfluss auf die Gespräche habe.
Dem Vernehmen nach haben es aber weder die schwedischen Behörden noch die Familie es bisher für opportun gehalten, mit dem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen. Anders als etwa die Familie des belgischen Hilfswerkmitarbeiters Olivier Vandecasteele, der im Mai nach 455 Tagen freigekommen ist und zeitweise zusammen mit dem Mann aus Schweden in derselben Zelle gesessen haben soll.
Der Belgier konnte im Austausch mit einem iranischen Ex-Diplomaten ausreisen, der in Antwerpen in einem Terrorprozess verurteilt worden war. Dem Vernehmen nach könnte die Führung in Teheran versuchen, mit dem inhaftierten Schweden einen hochrangigen iranischen Beamten freizupressen, der wegen Kriegsverbrechen vor einem Jahr in Stockholm zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Der Fall des festgehaltenen Schweden sei im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl willkürlicher Inhaftierungen von EU-Bürgern zu sehen, sagt auch Borrell-Sprecher Peter Stano: “Wir haben jede Gelegenheit genutzt und werden sie auch weiterhin nutzen, um das Thema bei den iranischen Behörden zur Sprache zu bringen, um in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Mitgliedstaaten die Freilassung aller willkürlich inhaftierten EU-Bürger zu erreichen.” sti
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nimmt heute am Afrikanischen Klimagipfel in Nairobi teil. Im Fokus des internationalen Treffens sollen die Themen grünes Wachstum und Klimafinanzierung in Afrika stehen. Das Treffen hat am Montag, 4. September, begonnen und dauert bis Mittwoch, 6. September. Beim Gipfel sind die afrikanischen Staatschefs aufgerufen, ambitioniertere Klimaziele zu formulieren. Kenias Regierung richtet den Gipfel gemeinsam mit der Kommission der Afrikanischen Union (AU) aus.
“Die Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, werden entscheidend sein, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten”, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung des kenianischen Präsidenten William Ruto, des designierten Präsidenten der Klimakonferenz in Abu Dhabi, Sultan Ahmed Al Jaber, und des Vorsitzenden der Kommission der AU, Moussa Faki Mahama. Die Industriestaaten müssten zudem die bereits zugesagten Hilfen zur Klimafinanzierung einhalten.
Zudem sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das enorme Potenzial des Kontinents bei den Erneuerbaren Energien zu erschließen. Obwohl die afrikanischen Staaten nur für drei Prozent der historischen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, werden viele afrikanische Länder schon jetzt besonders stark von Klimakatastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen heimgesucht. dre.
Die Kommission weitet die laufende Konsultation zum Beutegreifer Wolf aus. Kommunen, Wissenschaftler und alle Interessierten sollen ihr bis zum 22. September aktuelle Daten über die wachsenden Wolfspopulationen und die Folgen melden. Die Kommission kündigt an: Auf der Grundlage der Daten werde sie über einen Vorschlag entscheiden, gegebenenfalls den Status des streng geschützten Wolfes zu verändern und den Rechtsrahmen zu aktualisieren. Die Kommission spricht zudem davon, dass die bereits bestehenden Maßnahmen der Behörden erweitert werden könnten.
Als einheimische Art ist der Wolf integraler Bestandteil des europäischen Naturerbes und spielt eine wichtige Rolle in den Ökosystemen. Nach der FFH-Richtlinie genießen die meisten Wolfspopulationen in Europa strengen Schutz. Er gibt aber Ausnahmemöglichkeiten. Die Kommission hatte eine Überprüfung der Vorschriften als Reaktion auf die Entschließung des Europäischen Parlaments in die Wege geleitet. Schätzungen gehen davon aus, dass in den vergangenen 20 Jahren die Wolfspopulation allein in Deutschland auf über 1500 Tiere gestiegen ist. Bauern beklagen sich darüber, dass ihr Nutzvieh immer wieder Opfer von Angriffen wird. mgr
Für eine resiliente Transformation zur Klimaneutralität muss die Politik die gesamte Wertschöpfungskette zentraler Technologien wie Fotovoltaik, Batterien und Elektrolyseure in den Blick nehmen und darf sich nicht nur auf die Versorgung mit Rohstoffen konzentrieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität.
Demnach sollten für besonders kritische Teile der Wertschöpfungskette (etwa Teile der PV-Industrie, die Herstellung von Permanentmagneten, die komplette Lieferkette von Lithium-Ionen-Batterien und die Produktion von grünem Stahl) mithilfe einer offensiveren Ansiedlungspolitik Märkte in Deutschland und der EU aufgebaut werden. Subventionen und befristete Betriebskostenbeihilfen können laut der Studie ein Level Playing Field zu Konkurrenten außerhalb Europas schaffen.
Wissenschaftler von Prognos, dem Öko-Institut und dem Wuppertal Institut haben in der Studie die Wertschöpfungsketten von sieben besonders kritischen Transformationstechnologien untersucht:
Für diese Schlüsseltechnologien werden sieben Rohstoffe hinsichtlich ihrer Förderung und Verarbeitung als kritisch bewertet: Graphit, Iridium, Kobalt, Lithium, Mangan, Nickel, sowie Leichte und Schwere Seltene Erden. Entschlossenes politisches Handeln, insbesondere in der Transformationsphase bis 2030/35, könne diese Kritikalität jedoch entscheidend abmildern.
Zu den Handlungsempfehlungen an die Politik zählt außerdem die Einführung eines Resilienz-Monitorings auf deutscher und europäischer Ebene, welches der Politik und Wirtschaft regelmäßig relevante Informationen liefern könnte. Um die Position deutscher und europäischer Unternehmen auf dem Weltmarkt zu stärken, empfiehlt die Studie gebündelte Einkaufsgemeinschaften für strategische Rohstoffe und Güter. Dafür müsste das Kartellrecht angepasst werden, das eine solche Einkaufsmacht bisher verhindert.
Laut den Wissenschaftlern sind resiliente Lieferketten eine entscheidende Frage der nationalen Sicherheit und Souveränität. Die Debatte konzentriere sich jedoch häufig nur auf die Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe und lasse außer Acht, dass es entlang der gesamten Lieferkette zu Versorgungsengpässen kommen kann. leo
Schon früh im Sommer soll der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow laut Medienberichten bei vielen privaten Gesprächen angedeutet haben, dass die grundsätzliche Zusage der Lieferungen der Kampfjets F-16 an Kiew sein letztes Großprojekt im Amt sein könnte. Am Sonntag schlug nun Präsident Wolodymyr Selenskyj tatsächlich einen Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums vor.
Der erfahrene Jurist Resnikow, der wohl Botschafter in Großbritannien werden wird, soll dem 41-jährigen Rustem Umerow weichen. Umerow leitet bisher den Staatsvermögensfond. Schon am heutigen Dienstag könnte das Parlament in Kiew über die Entlassung Resnikows abstimmen, am Mittwoch soll Umerow in neuer Funktion bestätigt werden. Beides gilt als Formsache.
Der 57-jährige gebürtige Lwiwer Resnikow hinterlässt das Verteidigungsministerium in einem besseren Zustand als vor seinem Amtsantritt wenige Monate vor Beginn der vollumfänglichen russischen Invasion. Dessen Vorgänger trug noch einen öffentlichen Konflikt mit dem Generalstab aus, was für reichlich Chaos sorgte.Resnikows größte Verdienste liegen vor allem in seiner erfolgreichen Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
Mit seinen guten Englisch- und Kommunikationsfähigkeiten entwickelte er einen guten Draht nach Washington, London, Berlin und Paris. Und auch im Ministerium herrschte trotz des russischen Angriffskrieges mehr Ordnung als früher.
Allerdings hat Resnikow nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ursprünglich eher ungern und vor allem auf ausdrückliche Bitte Selenskyjs Verteidigungsminister wurde. In der neuen Position des Boschafters in London dürfte er sich wohler fühlen.
Aber auch einige Korruptionsskandale, etwa die Beschaffung von Lebensmitteln für Soldaten zu überhöhten Preisen, haben ihre Rolle gespielt. In diesen war Resnikow nicht persönlich verwickelt, doch die öffentliche Kommunikation war trotz mehrerer Entlassungen und einiger Verbesserungen im Einkaufssystem nicht perfekt.
Die Ernennung von Rustem Umerow als Resnikows Nachfolger ist auch symbolisch. Umerow ist Krimtatar. Gerade jetzt, da die ukrainische Armee bei ihrer Gegenoffensive im Süden einige Erfolge auf dem Weg zum wichtigen Knotenpunkt Tokmak verzeichnet und als Ziel die Landbrücke zur annektierten Krim hat, ist Umerows Ernennung auch eine klare Ansage an Moskau: Die Krim ist für die Ukraine unverzichtbar. Doch ausschlaggebend war bei dieser Personalie freilich nicht die Symbolik.
Das Team um Selenskyj hat grundsätzlich nach einer Person gesucht, die zwei Kriterien erfüllt: Einerseits brauchte die Regierung in Kiew jemanden, der bei der Beschaffung im Verteidigungsministerium für mehr Transparenz sorgen kann. Diesbezüglich ist Umerow bisher als Leiter des Staatsvermögensfonds positiv aufgefallen. Die Behörde gilt traditionell als sehr korruptionsanfällig. Unter Umerows einjähriger Leitung gab es gar keine Skandale.
Andererseits war es Selenskyj wichtig, dass der unter Resnikow sehr erfolgreiche internationale Track nicht nachlässt. Auch dafür scheint Umerow, der ordentlich Englisch und Türkisch spricht, ein guter Kandidat zu sein. Er glänzt etwa durch ganz gute Verbindungen in die USA, anders als Resnikow hat er aber auch hervorragende Kontakte im Osten. “Er gehört zu den drei Menschen in der Ukraine, die direkten Kontakt mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan pflegen”, sagt etwa der führende Kiewer Politologe Wolodymyr Fessenko über ihn. Zu dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman hat Umerow angeblich auch einen guten Draht.
Kein Wunder also, dass der 41-Jährige nicht nur Wolodymyr Selenskyj und seine Frau Olena bei den Reisen etwa in der arabischen Welt begleitete, sondern auch beim Getreideabkommen, sowie beim Gefangenenaustausch eine wichtige Hintergrundrolle spielt. Dass Umerow gute Verhandlungsqualitäten vorzuweisen hat, zeigt auch die Tatsache, dass er Mitglied der ukrainischen Delegation bei russisch-ukrainischen Verhandlungen im letzten Jahr war. Seine anstehende Ernennung ist daher ein gut durchdachter Schritt von Selenskyj, der für positive Stimmen sowohl bei seiner Anhängerschaft als auch bei der Opposition sorgen dürfte.
Zumal Umerow ursprünglich aus der Opposition stammt: 2019 wurde er zum Parlamentsabgeordneten der nationalliberalen Fraktion Stimme gewählt. Gleichzeitig hat er aber auch gute Beziehungen zu Andrij Jermak, dem mächtigen Leiter des Präsidialamtes von Selenskyj, von dem viele Personalentscheidungen abhängen. Ob Umerows diplomatische Fähigkeiten ihn auch für das Verteidigungsministerium qualifizieren, wird die Zeit zeigen. Denis Trobetskoy
die liberale Renew Europe-Fraktion versammelt sich aktuell in Wien: Die Rentrée der Abgeordneten nach der Sommerpause markiert zugleich den Startschuss in den anstehenden Wahlkampf – Anfang Juni 2024 wird bekanntlich das Europaparlament neu gewählt. Dabei werden die Liberalen schon einmal klarziehen, mit wem sie nach der Wahl nicht kooperieren wollen: “Wir lehnen die Zusammenarbeit mit antieuropäischen Parteien jetzt und nach den Wahlen 2024 ab”, heißt es in der “Wiener Erklärung”, die heute beschlossen werden soll und Table.Media im Entwurf vorliegt.
Die Fraktion um ihren Vorsitzenden Stéphane Séjourné erteilt damit den Gedankenspielen in der EVP eine klare Absage, nach der Wahl womöglich rechte Mehrheiten im Europaparlament zu suchen. EVP-Chef Manfred Weber hatte bereits den Kontakt gesucht zu Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, um sich neue Machtoptionen zu eröffnen. Zudem gingen die Christdemokraten zuletzt etwa beim Renaturierungsgesetz auf Kollisionskurs zu den bisherigen Bündnispartnern. Die Renew-Abgeordneten fordern die EVP nun unverhohlen auf, “Verantwortung zu übernehmen und sich wieder an unsere Koalitionsvereinbarung zu halten“.
Die politische Landschaft polarisiere sich zunehmend – einige konservative Parteien seien den Versuchungen des Illiberalismus erlegen, die politische Linke fröne einem ökonomischen Populismus. Renew hingegen versteht sich als Bollwerk des politischen Zentrums.
Die Liberalen wollen sich für Medienfreiheit und Rechte der LGBTQ-Community einsetzen und auch die ausstehenden Gesetzesvorschläge zum Green Deal beschließen. Sie unterstützen den Migrationspakt und fordern eine Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in den Schengenraum. Wirtschaftspolitisch drängen sie auf die strengere Durchsetzung der Binnenmarktregeln, weniger Bürokratie und größere Investitionsbudgets für Sektoren wie KI, Halbleiter und kritische Rohstoffe. Ob sie mit diesen Botschaften bei den Wählern durchdringen?
In Polen kommt der Wahlkampf vor den Parlamentswahlen am 15. Oktober langsam in Gang. Alle teilnehmenden Parteien haben ihre Kandidatenlisten vorgestellt – zuletzt die regierende Partei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) von Jaroslaw Kaczynski. Es gab zumindest eine dicke Überraschung: Kaczynski wird in Kielce, der Hauptstadt der ländlich-konservativen Heiligkreuz-Wojewodschaft (Swietokrzyskie), an den Start gehen – obwohl er in Warschau zu Hause ist. Wahrscheinlich will er einer Niederlage gegen Donald Tusk aus dem Weg gehen, der in der polnischen Hauptstadt haushoch gewinnen dürfte.
Dieser Wahlkampf, das kann man bereits heute sagen, wird der brutalste und schmutzigste in der Geschichte der jungen polnischen Demokratie. Die PiS und ihre Splittergruppen, die als Vereinigte Rechte das Land seit acht Jahren regieren, bedienen sich der Methoden der Populisten wie Donald Trump oder Viktor Orban, um an der Macht zu bleiben. Das national-konservative Regierungslager schreckt nicht vor offensichtlichen Lügen, um die Gegner zu diskreditieren. Die von der Regierung kontrollierten Medien fahren seit Monaten Schmutzkampagnen gegen die Opposition.
Doch auch die Parteiführung bedient sich einer Rhetorik, die in der EU noch nie gehört wurde. Bei einer Parteiveranstaltung im Juli hetzte Kaczynski gegen den Oppositionsführer: “Donald Tusk ist der wahre Feind unseres Volkes. Er darf in Polen nie wieder an die Macht kommen. Soll er in sein Deutschland gehen und dort Schaden anrichten!” Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nennt den Chef der liberalen Bürgerkoalition bei jeder Gelegenheit “Judas”, “Vaterlandsverräter” oder zumindest “Betrüger”. Die Ethik-Kommission des Sejm hat Kaczynski wegen seiner Äußerungen bereits eine Rüge erteilt – rechtliche Folgen hat sie keine.
Um an der Macht zu bleiben, setzt die PiS auf die bewährte Taktik. Sie schürt Ängste vor Deutschland und dem Ausverkauf des Landes; vor Migranten und vor den russischen Wagner-Söldnern, die angeblich jeden Augenblick in Polen einfallen könnten. Am 84. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939 erhob der Kultusminister und Warschauer PiS-Kandidat Piotr Glinski wieder einmal die Forderung nach deutschen Reparationen.
Um all diese Themen im Wahlkampf ausspielen zu können, hat die PiS-Mehrheit im Parlament ein Referendum beschlossen, das gleichzeitig mit den Parlamentswahlen stattfinden wird. Die vier suggestiv formulierten Fragen verhöhnen die Idee eines Volksentscheids.
Wer Polen retten will, muss alle Fragen mit “Nein” beantworten – und die PiS als Garanten der Souveränität wählen. Der Oppositionsführer hat zum Boykott des Referendums aufgerufen. “PiS macht einen illegalen Wahlkampf mit unseren Steuermitteln”, sagte Tusk. Während jeder Partei im Wahlkampf 40 Mio. Zloty (etwa neun Mio. Euro) zur Verfügung stehen, gibt es für das Referendum kein Ausgabenlimit.
Die letzten Umfragen sehen den PiS-Block mit 33 bis 38 Prozent weit vorn. Die Ergebnisse der anderen Parteien fallen je nach Meinungsforschungsinstitut sehr unterschiedlich aus: Die Bürgerkoalition von Donald Tusk liegt im Wählergunst zwischen 21 und 30 Prozent, die post-kommunistische Linke zwischen vier und neun Prozent, der “Dritte Weg” (eine Koalition der Bauernpartei PSL und der liberalen Polska 2050) zwischen fünf und zehn Prozent. Die beiden Gruppierungen, die zusammen mit der Bürgerkoalition eine Regierung bilden könnten, drohen an der Acht-Prozent-Hürde zu scheitern, die eine Koalition gewinnen muss, um in den Sejm einzuziehen.
Noch nicht sicher ist auch der Sejm-Einzug der ultrarechten “Konfederacja”. Für die Partei, die sich als eine Protestpartei gegen das politische Establishment positioniert, wollen zwischen sechs und zwölf Prozent der Polen stimmen. “Konfederacja”, die populistisch die Abschaffung von Steuern in ihr Programm schreibt, will weder mit PiS noch mit der KO koalieren. Doch bleibt sie dabei?
Sollte die Rechte die Wahl wieder gewinnen, muss sich Europa auf einen Dauerkonflikt einrichten. Denn eine neue PiS-Regierung wird noch viel radikaler als bisher. Sie wird endgültig die Kontrolle über die Gerichte übernehmen und die unabhängigen Medien zerschlagen wollen. Jaroslaw Kaczynski flirtet schon öffentlich mit dem Begriff des “sanften Autoritarismus”. Andrzej Rybak
Die anfängliche Skepsis scheint überwunden. Nach den informellen Treffen der Verteidigungs- und Außenminister im spanischen Toledo Ende August konnte Josep Borrell weitgehenden Konsens zu seinem Plan vermelden, die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine auf eine stabile Basis zu stellen. Und damit die sogenannte Europäische Friedensfazilität dafür um 20 Milliarden Euro aufzustocken.
Konkret sieht der EU-Außenbeauftragte für den Zeitraum von 2024 bis 2027 jährlich fünf Milliarden Euro vor, mit denen Rüstungsgüter für die Ukraine kofinanziert werden könnten.
Der Spanier prescht seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine immer mal wieder vor und setzt sich dann am Ende durch. Die Chancen stehen gut, dass die Mitgliedstaaten rechtzeitig vor Jahresende der Aufstockung der Mittel zustimmen. Es klingt nach viel Geld, entspricht aber in etwa den bisherigen Auszahlungen. Der Vorteil von Borrells Plan ist, dass der Topf der Friedensfazilität nicht mehr alle paar Monate neu aufgefüllt werden müsste. Das bietet bisher insbesondere Ungarn Gelegenheit für immer neue Erpressungsmanöver. Die Regierung von Viktor Orbán blockiert gerade eine achte Tranche von 500 Millionen Euro.
Der EU-Außenbeauftragte hat die Gefahr der Ermüdung der Öffentlichkeit im Hinterkopf und will die Hilfe berechenbar machen. Es sei wichtig, die Unterstützung der Ukraine langfristig aufzustellen, sagte auch Annalena Baerbock in Toledo. Schließlich gehe es um eine Investition in den “Frieden Europas”.
Gerade die deutsche Außenministerin hatte vor der Sommerpause noch deutlich skeptischer geklungen. Erschwert wurde die Debatte durch die Tatsache, dass die Kommission unabhängig von der Militärhilfe für die Ukraine für die Finanzperiode von 2021 bis 2027 einen Nachtrag von 66 Milliarden Euro plant.
Deutschland und andere Nettozahler wollen nun darauf drängen, dass bereits geplante Wirtschafts- und Budgethilfen für die Ukraine durch Umschichtungen im EU-Haushalt ermöglicht werden. Die Friedensfazilität ist hingegen ein Topf außerhalb des Budgets, weil die EU aus dem gemeinsamen Haushalt keine Rüstungsgüter finanzieren darf. Aber auch bei der Friedensfazilität muss Deutschland als größte Volkswirtschaft jeweils 25 Prozent beisteuern. Mitgliedstaaten können dann in Brüssel Rechnungen für Rüstungsgüter einreichen, die sie der Ukraine geliefert haben. Die Erstattungsquote liegt bei rund 50 Prozent.
Wer wie Deutschland zuletzt viel liefert, kann zeitweise mehr rückerstattet bekommen, als er einbezahlt hat. Osteuropäische Staaten wiederum nutzen den Fonds, um Bestände aus sowjetischen Zeiten zu modernisieren. Auch das hat in Brüssel schon für Diskussionen gesorgt. Erschwerend kommt hinzu, dass es keinen Überblick über die Auszahlungen gibt. Nicht alle Mitgliedstaaten sind interessiert, Lieferungen und Auszahlungen offenzulegen. Das EU-Parlament kann bei dem Fonds außerhalb des Haushalts nicht mitreden.
Die mangelnde Transparenz könnte für die Friedensfazilität noch zum politischen Problem werden. Und eigentlich war der Topf nicht vorgesehen, um im großen Stil Rüstungsgüter zu finanzieren. Die Mittel sollten dazu dienen, Streitkräfte in Drittstaaten insbesondere in Afrika bei der Modernisierung zu unterstützen. Von deutscher Seite gab es deshalb Fragen, ob die Friedensfazilität das richtige Instrument für die Ukraine-Hilfe sei. Nun soll es immerhin einen separaten Topf geben.
Werden die 20 Milliarden Euro reichen? Sollte Donald Trump im nächsten Jahr ein Comeback schaffen und die Unterstützung der USA zurückfahren, wahrscheinlich nicht. Kommt es wider Erwarten zu einem baldigen Waffenstillstand, könnten die Mittel für die Sicherheitsgarantien eingesetzt werden, die der Westen der Ukraine in Aussicht gestellt hat. Die 20 Milliarden Euro seien eine Obergrenze, beschwichtigte Josep Borrell in Toledo. Der Spanier wollte dem Eindruck entgegenwirken, dass die Friedensfazilität zum Fass ohne Boden wird.
Ein großer Streitpunkt ist der derzeitige Artikel 17 des EMFA. Nachdem im Digital Services Act die Moderationspflichten für alle Inhalte bei Plattformen und Suchmaschinen festgelegt wurden und eine Ausnahme für professionelle, eigenen Regelwerken unterliegenden Medien scheiterte, soll jetzt die Ausnahme von den DSA-Moderationsregeln über den EMFA kommen.
In den Erwägungsgründen heißt es nun zum Beispiel: “Um die Auswirkungen von Sperrungen oder Beschränkungen für die Informationsfreiheit der Nutzer so gering wie möglich zu halten, sollten sich sehr große Online-Plattformen bemühen, eine Begründung zu übermitteln, die dem Mediendiensteanbieter die Möglichkeit gibt, innerhalb von 24 Stunden vor Inkrafttreten der Sperrung oder Aussetzung auf die Begründung zu antworten.” Damit würden Inhalte professioneller Medien für die besonders großen Anbieter zumindest temporär sakrosankt gestellt.
Mit deutlichen Worten argumentiert der Digitalverband DotEurope dagegen. In einem Brief, den der Verband öffentlich gestellt hat, vertritt er, dass im DSA bereits Streitbeilegungsmechanismen vorgesehen seien. Außerdem würde mit der vorgesehenen “must-carry”-Regelung dem DSA diametral widersprochen. Durch den EMFA könnte gefährlicher Inhalt für 24 Stunden online bleiben müssen. Obendrein gäbe es keinen Grund für eine Bevorzugung dieser Medien, so die Plattformbetreiber.
Das halten Europaparlamentarier für eine ausgesprochen schwache Begründung: Die Medienfreiheit umfasse auch die Selbstkontrollmechanismen, wie etwa in Deutschland den Presserat. Warum die Anbieter-Nutzungsbedingungen über der Medienfreiheit stehen sollten, sei nicht erklärlich. Zugleich mussten sich die Plattformen zuletzt deutliche Kritik anhören: Ihre Maßnahmen gegen Desinformation reichten nicht aus. Zudem würden Außer-EU-Anbieter von den EMFA-Regelungen nicht umfasst, sofern sie sich nicht an vergleichbare Regeln hielten, so der Vorschlag der Parlamentarier.
Mit Argusaugen wird der EMFA aus den Bundesländern beobachtet. Denn in Deutschland haben die Staatskanzleien und Länderparlamente die Hoheit über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Immer wieder wurde in Deutschland darüber gestritten, inwieweit der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in neuen Medienformen aktiv sein darf. Die EU-Parlamentarier tendieren dazu, das klar zu bejahen: Neue Angebote als neue Inhalte, Formate und technische Weiterentwicklungen müssten möglich sein, damit die öffentlichen Anbieter ihre Wettbewerbsposition im Binnenmarkt halten könnten.
Auch an anderer Stelle werden die deutschen Beobachter sehr genau hinschauen: “Die Personen oder Gremien, die bei öffentlich-rechtlichen Medienanbietern die höchste Entscheidungsbefugnis haben, sollten nach vorhersehbaren, transparenten, diskriminierungsfreien, ausgewogenen und objektiven Kriterien ernannt und erforderlichenfalls entlassen werden, wobei die Qualifikation der Personen, die diese Positionen besetzen, gewährleistet sein muss.”
Dieser Vorschlag zielt nicht zuletzt auf Intendanzen, Verwaltungs- und Programmdirektoren, Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte. Ob das deutsche System diesen Anforderungen gerecht würde, ist Gegenstand innerdeutscher Debatten. Nicht zuletzt die Ereignisse um die RBB-Intendanz haben hier für intensive Diskussionen gesorgt. Deutschland ist hier dennoch nur einer von vielen gemeinten europäischen Staaten. Andere müssten ihre bisherige Praxis bei der Besetzung von Rundfunkspitzenpositionen in jedem Fall ändern.
Bei der Frage der direkten oder indirekten staatlichen Finanzierung von Medien will der Kultur-Auschuss nun auch die EU-Institutionen selbst und ihre Unterbehörden einschließen. Die EU-Kommission hatte das in ihrem Vorschlag nicht vorgesehen. Zugleich sieht der Ausschuss eine umfassende Definition der Akteure vor, die in staatlichem Interesse handeln und damit reguliert würden. Allerdings soll es für staatliche oder staatsnahe Akteure Möglichkeiten geben, etwa für Krisenfälle Werbebudgets einzukaufen. Nach welchen Kriterien das erfolge, müsse allerdings in nationalen Gesetzen transparent und vorab dargelegt werden.
Auch an einer anderen Stelle legen die Parlamentarier Wert auf mehr EU-Selbstbeschränkung: beim vorgesehenen Durchsetzungs- und Aufsichtsgremium. “Die Arbeit des Ausschusses soll unabhängig von der Kommission und jedem politischen oder wirtschaftlichen Einfluss erfolgen”, heißt es in Kompromissvorschlag 40. Dafür soll etwa ein unabhängiges Ausschusssekretariat sorgen. Unter anderem soll damit das Problem abgefedert werden, dass die EU-Kommission sich plötzlich zur Medienaufsicht aufschwingen könnte – im Namen der Medienfreiheit.
06.09.-07.09.2023, Köln
DVGW, Messe gat wat – Praktiker Tage
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) diskutiert die aktuellen Herausforderungen der Energie- und Wasserbranche. INFOS & ANMELDUNG
06.09.-07.09.2023, Brüssel (Belgien)
Conference Bruegel Annual Meetings
Bruegel discusses the most pressing economic issues of our time. INFO & REGISTRATION
06.09.2023 – 12:00-16:00 Uhr, Berlin/online
BDI, Diskussion Neues Deutschlandtempo der Transformation
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erörtert, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Beschleunigung der Klima-Transformation leisten kann. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 16:00-19:00 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Industriestrompreise – Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gewährleistet werden?
Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) diskutiert die Ausgestaltung eines möglichen Industriestrompreises. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 16:00-17:00 Uhr, online
SNV, Diskussion Deutschlands Plattformaufsicht im Aufbau: Hintergrundgespräch mit Andrea Sanders-Winter (BNetzA)
Die Stiftung Neue Verantwortung (SNV) beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Digital Services Act auf die deutsche Plattformaufsicht. INFOS & ANMELDUNG
06.09.2023 – 18:30 Uhr, Berlin
KAS, Vortrag ERDE – Schlaue Städte sind grün
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) bringt Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen, um die Gestaltung zukunftsfähiger Städte zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.09.-08.09.2023, Münster
KAS, Konferenz Kommunalkongress 2023: Wie gelingt die Mobilitätswende für alle?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) nimmt die Mobilitätswende vor Ort in den Fokus und greift Erfahrungen auf, die Kommunen bei der Veränderung von Rahmenbedingungen für Mobilität gemacht haben. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Groß-Batteriespeicher
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) erläutert die wirtschaftlichen Potenziale und die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Anschluss und den Einsatz von Großbatteriespeichern. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2023 – 12:24-13:00 Uhr, online
EAB, Vortrag Frankreich und Deutschland in der EU – Live Interview mit Prof. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet
Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Europawahl spricht die Europäische Akademie Berlin (EAB) mit Prof. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet, Expertin in internationalen Beziehungen sowie deutscher und französischer Außen- und Europapolitik. INFOS
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wehrt sich gegen die Forderung der DG Clima, bei E-Fuels die Anforderung an die CO₂-Reduktion hochzuschrauben. Die DG Grow hatte vorgeschlagen, es bei der gängigen Definition zu belassen. Bei der E-Fuels-Konferenz in München, die vom Verkehrsministerium organisiert war, machte sich Wissing stark für eine praktikable Regelung, die die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren ermöglicht. Die Lösung könne “nicht 100 Prozent” sein.
Es geht um einen Dissens zwischen den beiden Generaldirektionen der EU-Kommission, welchen CO₂-Reduktionsgrad man für die Zulassung von E-Fuels-Fahrzeugen voraussetzt. Die 70-Prozent-Quote stammt aus der geltenden Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU von 2021 (RED II), wonach synthetische Kraftstoffe 70 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen müssen als fossile. Die DG Clima fordert, die Latte auf 100 Prozent CO₂-Reduktion zu legen.
Wissing fordert, dass der Gesetzesvorschlag der Kommission, wie sogenannte E-Fuels-only-Fahrzeuge auch nach 2035 zugelassen werden können, an die Definition aus der RED angeglichen wird. Er fürchtet, dass eine CO₂-Reduktion um 100 Prozent dafür sorgen würde, dass der Markthochlauf von E-Fuels scheitert. So würden Verbrenner-Fahrzeuge in Europa abgemeldet werden, weil sie nicht mit E-Fuels betrieben werden können, und anschließend woanders weiter mit fossilen Kraftstoffen laufen, erläutert er. “Damit haben wir keinen Beitrag zur Klimaneutralität”, sagte Wissing.
Auf der anderen Seite ist jedoch unklar, ob E-Fuels mit 70-prozentiger CO₂-Reduktion die Kriterien für klimaneutrale Fahrzeuge ab 2035 in der EU-Flottenregulierung erfüllen. Aus FDP-Kreisen heißt es daher, in einem weiteren Schritt könne die RED vor 2035 so angepasst werden, dass 100 Prozent erreicht werden. Auch Wissing versprach auf Nachfrage von Table.Media, das Ziel sei, dass E-Fuels am Ende klimaneutral seien.
Die Konferenz diente dem internationalen Austausch zwischen Regierungsvertretern, Wissenschaftlerinnen und der Industrie, wie der Markthochlauf von E-Fuels in allen Mobilitätsbereichen gelingen kann. Dabei betonte Japans Staatsministerin für Wirtschaft, Handel und Industrie, Fusae Ōta, dass eine solche Konferenz regelmäßig stattfinden müsse, da gemeinsame Qualitäts- und Zertifizierungsstandards notwendig seien, um Handels- und Exporthemmnisse zu verhindern.
Japan will, ähnlich wie Deutschland, die Klimaziele im Straßenverkehr auch mithilfe von synthetischen Kraftstoffen erreichen und setzt sich daher für einen internationalen Markt für E-Fuels ein, der sowohl die Bestandsfahrzeugflotte als auch Neuwagen versorgen soll. luk
Das Bundesinnenministerium unterzieht die 5G-Mobilfunknetze der deutschen Netzbetreiber einer weiteren Sicherheitskontrolle. Gegenwärtig würden die Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE in den bestehenden 5G-Netzen überprüft, teilte das BMI mit. Es lägen Anhaltspunkte vor, “dass ihr weiterer Einsatz die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik beeinträchtigen könnte”.
Dazu hat das Ministerium erneut einen detaillierten Fragebogen an die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone gesandt. Die Firmen sollen binnen einer Woche Informationen liefern. Einen ersten Fragebogen hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits im Frühjahr verschickt. Im neuen Fragebogen werden nun offenbar Details abgefragt, wo das Ministerium besondere Schwachstellen vermutet. Für Telekom, Vodafone und Telefónica bedeutet dieser Vorgang erheblichen Aufwand.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton hatte die Mitgliedstaaten bereits vor Monaten aufgefordert, risikobehaftete Anbieter beim Aufbau ihrer 5G-Mobilfunknetze auszuschließen. Namentlich erwähnte Breton Huawei und ZTE.
Auch Faeser hatte in der Vergangenheit betont, dass Deutschland seine Kommunikationsnetze schützen müsse. “Aus diesem Grund prüfen wir alle schon im 5G-Netz verbauten chinesischen Komponenten jetzt sehr genau”, sagte Faeser. “Wir werden Komponenten verbieten, wenn gravierende Sicherheitsrisiken bestehen.”
Allerdings gibt es bis jetzt keine konkreten Belege für akute Sicherheitsgefahren durch die zahlreichen Huawei-Komponenten in Deutschlands Mobilfunk- und Datennetzen. Doch das Umdenken seit Russlands Angriff auf die Ukraine gebietet es sowohl aus Sicht der EU-Kommission als auch aus Sicht der Bundesregierung, solche Szenarien zu prüfen und die Risiken zu erfassen.
Die Öffentlichkeit befürwortet zugleich mehr europäische Eigenständigkeit in der Netztechnik. China hatte seinerseits schon in den 1990er-Jahren starke Einschränkungen ausländischer Technologien innerhalb der Volksrepublik festgeschrieben, um Sicherheitsrisiken zu minimieren. fin/vis
Das Außenministerium in Stockholm und die EU-Kommission haben bestätigt, dass ein schwedischer Staatsbürger seit mehr als 500 Tagen im Iran unter fadenscheinigen Anschuldigungen festgehalten wird. Die “New York Times” hat am Montag über den 33-jährigen Mann berichtet, der Johan Floderus heißen und zuletzt beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) beschäftigt gewesen sein soll.
“Uns ist der Fall eines im Iran inhaftierten schwedischen Staatsangehörigen bekannt, und wir verfolgen ihn sehr genau”, sagte Peter Stano, Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Man stehe dabei in sehr engem Kontakt mit den schwedischen Behörden: “Im Interesse und zur Sicherheit der betroffenen Person können wir keine weiteren Informationen preisgeben”.
Allerdings bestätigt Stano nicht, dass der Schwede EU-Beamter ist. Im EU-Directory erscheint er allerdings sehr wohl. Er kann aber auch ein entsandter Mitarbeiter oder temporär Beschäftigter (gewesen) sein.
Der Schwede war mit Freunden privat im Iran und bei der Ausreise wegen angeblicher Spionage festgenommen worden. Die EU-Abgeordnete Hannah Neumann (Grüne) kritisierte auf Kurznachrichtendienst X, dass Borrell das Parlament nicht über die Bemühungen informiert habe, den Mann freizubekommen. Die Außenpolitikerin hätte zudem gerne gewusst, ob der Fall bei den Atomverhandlungen mit dem Iran zur Sprache gekommen sei, beziehungsweise einen Einfluss auf die Gespräche habe.
Dem Vernehmen nach haben es aber weder die schwedischen Behörden noch die Familie es bisher für opportun gehalten, mit dem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen. Anders als etwa die Familie des belgischen Hilfswerkmitarbeiters Olivier Vandecasteele, der im Mai nach 455 Tagen freigekommen ist und zeitweise zusammen mit dem Mann aus Schweden in derselben Zelle gesessen haben soll.
Der Belgier konnte im Austausch mit einem iranischen Ex-Diplomaten ausreisen, der in Antwerpen in einem Terrorprozess verurteilt worden war. Dem Vernehmen nach könnte die Führung in Teheran versuchen, mit dem inhaftierten Schweden einen hochrangigen iranischen Beamten freizupressen, der wegen Kriegsverbrechen vor einem Jahr in Stockholm zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Der Fall des festgehaltenen Schweden sei im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl willkürlicher Inhaftierungen von EU-Bürgern zu sehen, sagt auch Borrell-Sprecher Peter Stano: “Wir haben jede Gelegenheit genutzt und werden sie auch weiterhin nutzen, um das Thema bei den iranischen Behörden zur Sprache zu bringen, um in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Mitgliedstaaten die Freilassung aller willkürlich inhaftierten EU-Bürger zu erreichen.” sti
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nimmt heute am Afrikanischen Klimagipfel in Nairobi teil. Im Fokus des internationalen Treffens sollen die Themen grünes Wachstum und Klimafinanzierung in Afrika stehen. Das Treffen hat am Montag, 4. September, begonnen und dauert bis Mittwoch, 6. September. Beim Gipfel sind die afrikanischen Staatschefs aufgerufen, ambitioniertere Klimaziele zu formulieren. Kenias Regierung richtet den Gipfel gemeinsam mit der Kommission der Afrikanischen Union (AU) aus.
“Die Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, werden entscheidend sein, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten”, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung des kenianischen Präsidenten William Ruto, des designierten Präsidenten der Klimakonferenz in Abu Dhabi, Sultan Ahmed Al Jaber, und des Vorsitzenden der Kommission der AU, Moussa Faki Mahama. Die Industriestaaten müssten zudem die bereits zugesagten Hilfen zur Klimafinanzierung einhalten.
Zudem sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das enorme Potenzial des Kontinents bei den Erneuerbaren Energien zu erschließen. Obwohl die afrikanischen Staaten nur für drei Prozent der historischen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, werden viele afrikanische Länder schon jetzt besonders stark von Klimakatastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen heimgesucht. dre.
Die Kommission weitet die laufende Konsultation zum Beutegreifer Wolf aus. Kommunen, Wissenschaftler und alle Interessierten sollen ihr bis zum 22. September aktuelle Daten über die wachsenden Wolfspopulationen und die Folgen melden. Die Kommission kündigt an: Auf der Grundlage der Daten werde sie über einen Vorschlag entscheiden, gegebenenfalls den Status des streng geschützten Wolfes zu verändern und den Rechtsrahmen zu aktualisieren. Die Kommission spricht zudem davon, dass die bereits bestehenden Maßnahmen der Behörden erweitert werden könnten.
Als einheimische Art ist der Wolf integraler Bestandteil des europäischen Naturerbes und spielt eine wichtige Rolle in den Ökosystemen. Nach der FFH-Richtlinie genießen die meisten Wolfspopulationen in Europa strengen Schutz. Er gibt aber Ausnahmemöglichkeiten. Die Kommission hatte eine Überprüfung der Vorschriften als Reaktion auf die Entschließung des Europäischen Parlaments in die Wege geleitet. Schätzungen gehen davon aus, dass in den vergangenen 20 Jahren die Wolfspopulation allein in Deutschland auf über 1500 Tiere gestiegen ist. Bauern beklagen sich darüber, dass ihr Nutzvieh immer wieder Opfer von Angriffen wird. mgr
Für eine resiliente Transformation zur Klimaneutralität muss die Politik die gesamte Wertschöpfungskette zentraler Technologien wie Fotovoltaik, Batterien und Elektrolyseure in den Blick nehmen und darf sich nicht nur auf die Versorgung mit Rohstoffen konzentrieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität.
Demnach sollten für besonders kritische Teile der Wertschöpfungskette (etwa Teile der PV-Industrie, die Herstellung von Permanentmagneten, die komplette Lieferkette von Lithium-Ionen-Batterien und die Produktion von grünem Stahl) mithilfe einer offensiveren Ansiedlungspolitik Märkte in Deutschland und der EU aufgebaut werden. Subventionen und befristete Betriebskostenbeihilfen können laut der Studie ein Level Playing Field zu Konkurrenten außerhalb Europas schaffen.
Wissenschaftler von Prognos, dem Öko-Institut und dem Wuppertal Institut haben in der Studie die Wertschöpfungsketten von sieben besonders kritischen Transformationstechnologien untersucht:
Für diese Schlüsseltechnologien werden sieben Rohstoffe hinsichtlich ihrer Förderung und Verarbeitung als kritisch bewertet: Graphit, Iridium, Kobalt, Lithium, Mangan, Nickel, sowie Leichte und Schwere Seltene Erden. Entschlossenes politisches Handeln, insbesondere in der Transformationsphase bis 2030/35, könne diese Kritikalität jedoch entscheidend abmildern.
Zu den Handlungsempfehlungen an die Politik zählt außerdem die Einführung eines Resilienz-Monitorings auf deutscher und europäischer Ebene, welches der Politik und Wirtschaft regelmäßig relevante Informationen liefern könnte. Um die Position deutscher und europäischer Unternehmen auf dem Weltmarkt zu stärken, empfiehlt die Studie gebündelte Einkaufsgemeinschaften für strategische Rohstoffe und Güter. Dafür müsste das Kartellrecht angepasst werden, das eine solche Einkaufsmacht bisher verhindert.
Laut den Wissenschaftlern sind resiliente Lieferketten eine entscheidende Frage der nationalen Sicherheit und Souveränität. Die Debatte konzentriere sich jedoch häufig nur auf die Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe und lasse außer Acht, dass es entlang der gesamten Lieferkette zu Versorgungsengpässen kommen kann. leo
Schon früh im Sommer soll der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow laut Medienberichten bei vielen privaten Gesprächen angedeutet haben, dass die grundsätzliche Zusage der Lieferungen der Kampfjets F-16 an Kiew sein letztes Großprojekt im Amt sein könnte. Am Sonntag schlug nun Präsident Wolodymyr Selenskyj tatsächlich einen Wechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums vor.
Der erfahrene Jurist Resnikow, der wohl Botschafter in Großbritannien werden wird, soll dem 41-jährigen Rustem Umerow weichen. Umerow leitet bisher den Staatsvermögensfond. Schon am heutigen Dienstag könnte das Parlament in Kiew über die Entlassung Resnikows abstimmen, am Mittwoch soll Umerow in neuer Funktion bestätigt werden. Beides gilt als Formsache.
Der 57-jährige gebürtige Lwiwer Resnikow hinterlässt das Verteidigungsministerium in einem besseren Zustand als vor seinem Amtsantritt wenige Monate vor Beginn der vollumfänglichen russischen Invasion. Dessen Vorgänger trug noch einen öffentlichen Konflikt mit dem Generalstab aus, was für reichlich Chaos sorgte.Resnikows größte Verdienste liegen vor allem in seiner erfolgreichen Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
Mit seinen guten Englisch- und Kommunikationsfähigkeiten entwickelte er einen guten Draht nach Washington, London, Berlin und Paris. Und auch im Ministerium herrschte trotz des russischen Angriffskrieges mehr Ordnung als früher.
Allerdings hat Resnikow nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ursprünglich eher ungern und vor allem auf ausdrückliche Bitte Selenskyjs Verteidigungsminister wurde. In der neuen Position des Boschafters in London dürfte er sich wohler fühlen.
Aber auch einige Korruptionsskandale, etwa die Beschaffung von Lebensmitteln für Soldaten zu überhöhten Preisen, haben ihre Rolle gespielt. In diesen war Resnikow nicht persönlich verwickelt, doch die öffentliche Kommunikation war trotz mehrerer Entlassungen und einiger Verbesserungen im Einkaufssystem nicht perfekt.
Die Ernennung von Rustem Umerow als Resnikows Nachfolger ist auch symbolisch. Umerow ist Krimtatar. Gerade jetzt, da die ukrainische Armee bei ihrer Gegenoffensive im Süden einige Erfolge auf dem Weg zum wichtigen Knotenpunkt Tokmak verzeichnet und als Ziel die Landbrücke zur annektierten Krim hat, ist Umerows Ernennung auch eine klare Ansage an Moskau: Die Krim ist für die Ukraine unverzichtbar. Doch ausschlaggebend war bei dieser Personalie freilich nicht die Symbolik.
Das Team um Selenskyj hat grundsätzlich nach einer Person gesucht, die zwei Kriterien erfüllt: Einerseits brauchte die Regierung in Kiew jemanden, der bei der Beschaffung im Verteidigungsministerium für mehr Transparenz sorgen kann. Diesbezüglich ist Umerow bisher als Leiter des Staatsvermögensfonds positiv aufgefallen. Die Behörde gilt traditionell als sehr korruptionsanfällig. Unter Umerows einjähriger Leitung gab es gar keine Skandale.
Andererseits war es Selenskyj wichtig, dass der unter Resnikow sehr erfolgreiche internationale Track nicht nachlässt. Auch dafür scheint Umerow, der ordentlich Englisch und Türkisch spricht, ein guter Kandidat zu sein. Er glänzt etwa durch ganz gute Verbindungen in die USA, anders als Resnikow hat er aber auch hervorragende Kontakte im Osten. “Er gehört zu den drei Menschen in der Ukraine, die direkten Kontakt mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan pflegen”, sagt etwa der führende Kiewer Politologe Wolodymyr Fessenko über ihn. Zu dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman hat Umerow angeblich auch einen guten Draht.
Kein Wunder also, dass der 41-Jährige nicht nur Wolodymyr Selenskyj und seine Frau Olena bei den Reisen etwa in der arabischen Welt begleitete, sondern auch beim Getreideabkommen, sowie beim Gefangenenaustausch eine wichtige Hintergrundrolle spielt. Dass Umerow gute Verhandlungsqualitäten vorzuweisen hat, zeigt auch die Tatsache, dass er Mitglied der ukrainischen Delegation bei russisch-ukrainischen Verhandlungen im letzten Jahr war. Seine anstehende Ernennung ist daher ein gut durchdachter Schritt von Selenskyj, der für positive Stimmen sowohl bei seiner Anhängerschaft als auch bei der Opposition sorgen dürfte.
Zumal Umerow ursprünglich aus der Opposition stammt: 2019 wurde er zum Parlamentsabgeordneten der nationalliberalen Fraktion Stimme gewählt. Gleichzeitig hat er aber auch gute Beziehungen zu Andrij Jermak, dem mächtigen Leiter des Präsidialamtes von Selenskyj, von dem viele Personalentscheidungen abhängen. Ob Umerows diplomatische Fähigkeiten ihn auch für das Verteidigungsministerium qualifizieren, wird die Zeit zeigen. Denis Trobetskoy