eigentlich sollte er längst beendet sein. Nachdem der Trilog zur Politischen Werbung im Internet zunächst immer wieder verschoben wurde, soll die Sitzung am heutigen Abend endlich den Durchbruch bringen.
Die neue Verordnung soll die Europawahl im Juni gegen Manipulationen und äußere Einmischung absichern und Missbrauch wie etwa durch Cambridge Analytica oder beim Brexit-Referendum verhindern helfen. Für gezielte politische Werbung sollen künftig nur noch jene persönlichen Informationen genutzt werden dürfen, die von den Bürgern ausdrücklich freigegeben worden sind. Doch es gibt immer noch strittige Punkte.
Dazu zählen Klauseln zur Nicht-Diskriminierung und zum Verbot des Verkaufs von Anzeigen an Nicht-EU-Bürger und ausländische Organisationen sowie eine EU-weite Datenbank für Werbekampagnen, wie sie die Grünen fordern. Umstritten ist auch noch, was politische Werbung überhaupt ist. Die Definition hatte schon die Verhandlungen im IMCO-Ausschuss belastet. Auch das Verbot von personalisierter Werbung ist noch nicht in trockenen Tüchern.
“Wir hoffen, dass dies der finale Trilog sein wird, können es aber nicht mit Sicherheit sagen”, heißt es bei der grünen Europaabgeordneten Alexandra Geese. Auch bei der SPD herrscht noch Skepsis vor. “Auch in Deutschland gab es in den letzten Jahren zahlreiche Vorfälle ausländischer Einmischung und intransparenter Wahlwerbung”, sagt René Repasi, binnenmarktpolitischer Sprecher der Europa-SPD. Deshalb liege eine zügige Einigung auch in deutschem Interesse. Wir werden berichten.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die Kommission hat nach dem Angriff der Hamas auf Israel angekündigt, eine Überprüfung ihrer Unterstützung für Palästina einzuleiten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell habe ein Krisentreffen der Außenminister einberufen, um diese Frage und die nächsten Schritte zu diskutieren, sagte ein Kommissionssprecher am Montag. Und im Übrigen finanziere die EU in keiner Weise die Terrororganisation Hamas oder deren Aktivitäten.
Am Nachmittag hatte zunächst EU-Kommissar Olivér Várhelyi für Verwirrung gesorgt. Es könne kein “Business as usual” geben, postete er auf dem Kurznachrichtendienst X. Die EU-Kommission werde ihr gesamtes “Portfolio” im Wert von immerhin 691 Millionen Euro evaluieren, kündigte er an. Dabei sprach er offenbar über die Summe der zugesagten und noch nicht ausgezahlten EU-Gelder für die Palästinenser. Alle Zahlungen würden mit sofortiger Wirkung suspendiert, alle Projekte und Budgethilfen überprüft, so der für Erweiterung und Nachbarschaft zuständige Kommissar.
Dies war offenbar ein Alleingang des Kommissars: Am Abend stellte die Kommission dann fest, von einer Suspendierung könne keine Rede sein. Die Kommission starte eine dringliche Überprüfung, so schnell wie möglich und in Koordination mit den Mitgliedstaaten. Da im Moment keine Zahlungen vorgesehen seien, werde es in der Zwischenzeit auch keine Suspendierung geben.
Die EU hatte die Zahlungen 2021 schon einmal gestoppt, und zwar im Streit um die Finanzierung von palästinensischen Schulbüchern, in denen Hass auf Juden propagiert und zur Gewalt gegen Israel animiert wurde. Zeitweise gingen den Krankenhäusern die Medikamente aus, und Patienten konnten nicht mehr behandelt werden. Erst ein Jahr später wurden die Mittel dann freigegeben. Die EU finanziert unter anderem Beamtengehälter und Renten bei der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah, aber auch den Ausbau der Wasserversorgung in Gaza.
Für die Periode von 2021 bis 2024 hat die EU in ihrem mehrjährigen Finanzrahmen Gelder in Höhe von 1,177 Milliarden Euro für die Palästinensergebiete vorgesehen. Gut möglich, dass die Kommission am Montag unter Druck aus einzelnen Mitgliedstaaten vorpreschte. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg gab bekannt, dass sein Land alle Entwicklungsprojekte auf Eis legen wird. Konkret suspendiert sind Mittel in der Höhe von knapp 20 Millionen Euro. In Berlin verkündete die Entwicklungsministerin, Deutschland werde ebenfalls die Zahlungen überprüfen.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind zwar vor den USA und den Golfstaaten mit Abstand die größten Geldgeber der Palästinenser. Doch der politische Einfluss der Europäer hält sich in Grenzen. Nicht zuletzt, weil die EU-Staaten sich zum Nahostkonflikt in der Regel nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen können. So versuchte auch EU-Ratspräsident Charles Michel am Wochenende in einer ersten Reaktion den Spagat und warnte vage vor einer “weiteren Eskalation”, um gleichzeitig Israels Recht auf Selbstverteidigung zu betonen.
Am Montag blieb zunächst unklar, inwieweit der Stopp der Zahlungen ein Alleingang des ungarischen Kommissars war. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kritisierte die Suspendierung umgehend als falsch, da damit die gesamte palästinensische Bevölkerung bestraft werde. Auch Spanien und Irland sollen mit der Entscheidung nicht zufrieden gewesen sein. Zuständig für die Entscheidung seien zudem ausschließlich die Außenminister, betonte Asselborn. Diese sollen sich heute in Omans Hauptstadt Muskat am Rande eines ohnehin geplanten Treffens von Vertretern der Golfstaaten und der EU beraten. Amtskollegen, die nicht vor Ort sind, sollen sich per Video zuschalten können.
Aus dem EU-Parlament war das Echo auf die angekündigte Suspendierung der Gelder vorwiegend positiv. “Die Entscheidung der Kommission, in einem ersten Schritt zunächst alle Zahlungen einzufrieren und die finanzielle Unterstützung der palästinensischen Gebiete sorgsam zu prüfen, ist richtig”, schrieb der Sprecher der Grünen Europagruppe Rasmus Andresen. Es brauche humanitäre Hilfe, aber die EU dürfe weder direkt noch indirekt Terror finanzieren.
Auch die konservative EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU) fordert, dass die Zahlungen eingefroren werden, bis der Terror gegen Israel aufhört und eine verantwortungsvolle Hilfe für humanitäre Zwecke gesichert werden könne. Die palästinensische Autonomiebehörde habe hier bisher zu wenig Offenheit und Transparenz gezeigt. Die Ankündigung, alle EU-Gelder für die Palästinenser einzufrieren, sei das “einzig richtige Signal in diesen schweren Stunden für Israel”, so ebenfalls Niclas Herbst (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im EU-Parlament.
Im Kiewer Büro von Alex Lissitsa hängt ein Bild von einem Schneidebrett und einem Messer. Im Bild ist ein Text: “Wenn man viel teilt, bleibt nichts zum Regieren übrig.” Es kann eine Anspielung auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine sein, immerhin hatten russische Truppen gut 20 Prozent des ukrainischen Territoriums zwischenzeitlich besetzt. Die Botschaft des Bildes passt in jedem Fall aber zum Denken und Handeln des Geschäftsführers des ukrainischen Agrarunternehmens IMC Agro.
Mit 120.000 Hektar Anbaufläche ist es der zehntgrößte Agrarbetrieb des Landes. Die Invasion der russischen Armee im Februar 2022 traf den Konzern sofort. “100.000 Hektar waren besetzt, inklusive 1000 Milchkühe und einigen Silos”, berichtet Lissitsa. 44 Tage lang kontrollierten die Besatzer diese Fläche im Norden und Osten der Ukraine und hinterließen gewaltige Probleme.
Eineinhalb Jahre später gelten 35.000 Hektar als “war affected” – das Gebiet war vermint oder von Geschossen so versehrt, dass es vorübergehend nicht genutzt werden konnte. Ein Silo in Tschernihiw war von Raketen durchlöchert, die Kühe wurden lange nicht versorgt, mussten schließlich notgeschlachtet werden. 5.000 Hektar können weiterhin nicht genutzt werden, weil sie vermint sind. Zweimal bereits sind Traktorfahrer unerlaubterweise auf nicht geräumte Flächen gefahren, Minen explodierten, die Traktoren wurden beschädigt, die Fahrer des Unternehmens überlebten. Doch in anderen Fällen, wie Reuters erst Mitte September meldete, töten Minen auf den Feldern die Bauern.
Nach neuen Schätzungen der Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko gelten 174.000 Quadratkilometer als von Kriegsmitteln potenziell belastete Fläche. Im Norden, Osten und Süden der Ukraine sind viele Landwirte mit den gleichen Problemen konfrontiert:
Rund 32,8 Millionen Hektar Land in der Ukraine sind als Agrarfläche ausgewiesen – gut fünf Millionen Hektar, mehr als 15 Prozent, können aktuell als Kriegsfolge nicht genutzt werden. Je länger der Krieg dauert, je mehr Minen verlegt werden und explodieren, je mehr Artilleriegeschosse verschossen werden, desto mehr Agrarland wird geschädigt, heißt es in der GLOBSEC-Studie über Verminung in der Ukraine “Walking on Fire: Demining in Ukraine”.
“Keiner kümmert sich momentan um die Böden, jetzt geht es erstmal darum, zu überleben. Dass es Schäden gibt, ist ja keine Frage”, sagt der Unternehmer Lissitsa. Laut einer Untersuchung der ukrainischen Umweltschutzorganisation Ecoaction schädigen die Kämpfe in mehrfacher Weise die fruchtbare Erde: Veränderung der Böden durch Explosionen, Schützengräben, eingegrabener, schwerer Technik, Belastung durch Hitze und Erschütterungen sowie durch Schwermetalle und chemische Wirkungen nach Explosionen.
Besonders Minen und Artilleriegeschosse aus sowjetischer Produktion (für Haubitzen D-20 und D-30) setzten Schwermetalle frei, die sich im Humus ablagerten. Beispielhaft hat die NGO Ecoaction in zwei Regionen im Osten und im Süden genauere Bodenanalysen vorgenommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Teil der Agrarböden zu schwer belastet ist, er müsse als landwirtschaftliche Flächen aufgegeben werden, erläutert Mariia Diachuk auf Anfrage. Konkretere Angaben seien derzeit schwierig. “Zuerst müssen die Fläche von Minen geräumt werden, dann müssten komplexe Bodenuntersuchungen erfolgen.”
Das Unternehmen IMC Agro habe nach 44 Tagen Besatzung acht Monate gebraucht, um die meiste Fläche von Minen und Kriegsüberresten zu reinigen, berichtete Lissitsa. Staatliche Minenräumer und private Minenräumunternehmen – eine neue Branche im Land – hätten geholfen. “Aber Bodenanalysen haben wir noch nicht gemacht”, sagt er.
Aus Mangel an Minenräumern nehmen manche Landwirte das Problem selbst in die Hand. Sie rüsten Traktoren zu selbstfahrenden Fahrzeugen um, schalten schwere Walzen vor und fahren die Felder ab. Sie finden Minen, müssen nach den Explosionen häufig die Walzen reparieren oder ganz tauschen. Ein großes Problem sei aber, dass die genaue Zahl der Minen, und wo sie auf den Feldern verlegt seien, nicht bekannt sei, berichtet ein Farmer aus der Region Charkiw dem ukrainischen Portal dumka.media.
Obwohl viele Landwirte wegen des Krieges ihre Flächen nicht bewirtschaften können, melden staatliche Stellen eine sehr gute Ernte in diesem Jahr. Das bestätigt auch Lissitsa: “Wer hätte es ahnen können, dass wir mit weniger Düngemittel und weniger Pflanzenschutzmittel eine so gute Ernte haben werden. Das Wetter hat gut mitgespielt”, erläutert er. Aber das gelte auch für Russland. “Die fluten gerade den Weltmarkt mit ihrem Weizen, das drückt den Preis.”
Russland behindert zusätzlich den Export ukrainischer Produkte. “Wir haben im Odessa-Hafen Weizen und Mais im Wert von zehn Millionen Euro liegen. Aber nach sechs Monaten ist die Qualität inzwischen so, dass es nur noch für Futter reicht”, sagt Lissitsa. Nach dem Ausstieg Moskaus aus dem Getreideabkommen im Juli können der Weizen und der Mais nicht mehr exportiert werden. Zusätzlich beschießt Russland sowohl die Speicher im Odessa-Hafen als auch die Hafen-Anlage an der Donau in Ismajil, direkt an der rumänischen Grenze.
Auf die großen Probleme reagiert IMC Agro mit großen Investitionen: “Wir haben gerade 75 MAN-Lastwagen bestellt und dafür einen Kredit von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erhalten”, sagt Lissitsa. Früher hätten sie den Abtransport von Dienstleistern abwickeln lassen, doch die Preise für Logistik seien jetzt zu hoch. Also selbst machen.
Und bei den Lastwagen hören die Pläne nicht auf. Alex Lissitsa, der in Deutschland studiert hat, will die Standards im IMC Agro heben. Langfristig solle sich die Landwirtschaft in der Ukraine an den Normen der EU orientieren, sagt er.
11.10.-13.10.2023, Florenz (Italien)
EUI, Seminar Regulation and Integration of Renewable Energy
The European University Institute’s (EUI) training on the Regulation and Integration of Renewable Energy provides a comprehensive introduction to the topic with the latest updates, including developments in policy and regulation in the renewables industry and research. INFO
11.10.-12.10.2023, Berlin
BDEW, Symposium Treffpunkt Netze 2023
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) richtet Diskussionspanels zu Themen rund um die Energiewende ein, wie die Schaffung eines zukunftsfähigen Gasnetzes und die Finanzierung künftiger Netzinvestitionen. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 09:00-11:30 Uhr, Berlin
eco, Podiumsdiskussion Bedeutung des Ökosystems digitaler Infrastrukturen für den Standort Berlin
Auf der Veranstaltung wird eine Studie zu den CO2-Einsparungspotenzialen digitaler Technologien und Infrastrukturen vorgestellt mit anschließender Diskussion über die Bedeutung des Ökosystems digitaler Infrastrukturen für Berlin sowie politische Perspektiven zum Digitalstandort Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 09:30-12:00 Uhr, online
Zeit, Konferenz Sustainability Day 2023
Eine Bandbreite an Webtalks geht dem Themengebiet Unternehmensverantwortung in Nachhaltigkeit und sozialem Engagement auf den Grund. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 14:30-17:30 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Die Hürden der Umsetzung der AFIR-Verordnung auf nationaler Ebene
Beim Treffen des Arbeitskreises Energie und Verkehr des Forums für Zukunftsenergien (FZE) sprechen verschiedene Referenten aus Wirtschaft und Politik zur Umsetzung und Bedeutung der AFIR-Verordnung. INFOS
11.10.2023 – 15:00-16:00 Uhr, online
EUI, Seminar Law in the EU’s Circular Energy System: Biowaste, Biogas and Biofuel
The European University Institute (EUI) is gathering editors and contributors to launch the forthcoming book entitled ‘Law in the EU’s Circular Energy System: biofuel, biowaste and biogas’ and share their insights. INFO & REGISTRATION
12.10.-13.10.2023, Trier/online
ERA, Conference Annual Conference on European Consumer Law 2023
The European Law Academy (ERA) conference will provide consumer law practitioners an overview of the latest developments, legislative initiatives and CJEU jurisprudence in this field, such as the AI and Cyber Resilience Acts. INFO & REGISTRATION
12.10.2023 – 10:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Panel Discussion EU Climate Policy and Electricity Market – Launch Report
In this meeting, the European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) will present its final report on ‘EU Climate Policy and Electricity Market Design’, followed by remarks from the European Commission as well as a panel discussion and Q&A session. INFO & REGISTRATION
12.10.2023 – 10:30-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt angesichts der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes die für die Wärmewirtschaft relevanten Vorschriften vor, nimmt eine erste juristische Bewertung vor und diskutiert die Fragen der Teilnehmenden. INFOS & ANMELDUNG
12.10.2023 – 12:24-13:00 Uhr, online
EAB, Vortrag Europäische Sicherheit aus Ost-West Perspektiven
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zur Europawahl spricht die Europäische Akademie (EAB) mit Ivars Ijabs, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Lettland und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie im Europaparlament.
INFOS
12.10.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Panel Discussion Review of decarbonization policies for heavy-duty transport: ERCST’s recommendations for a successful decarbonization pathway
During this event, the European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) will present its report on legislative pathways to decarbonise heavy-duty transport which will then be discussed by panellists and participants. INFO & REGISTRATION
Der Industrie- und der Haushaltsausschuss des Europaparlaments haben am Montagabend über die gemeinsame Position zur geplanten Investitionsplattform STEP abgestimmt. In ihrem Bericht fordern die beiden Europaabgeordneten José Manuel Fernandes und Christian Ehler (beide EVP): “Strategische Projekte” nach dem Net-Zero Industry Act (NZIA) und dem Critical Raw Materials Act (CRMA) sollen auch direkten Zugang zu den STEP-Fördertöpfen erhalten. Sie sollen dafür automatisch ein sogenanntes Souveränitätssiegel erhalten.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Plattform “Strategic Technologies for Europe” im Juni vorgeschlagen, als Zwischenschritt zu einem Europäischen Souveränitätsfonds. STEP soll existierende Fonds wie den EU-Innovationsfonds oder InvestEU mit zehn Milliarden Euro zusätzlich ausstatten und den Zugang von Investoren in grüne oder digitale Technologien über ein gemeinsames Siegel erleichtern. Damit hofft von der Leyen eine Antwort etwa auf den Inflation Reduction Act der USA zu geben. Das Europaparlament fordert drei Milliarden Euro zusätzlich für STEP.
Fernandes und Ehler hatten die meisten Kompromisse bereits vor der gestrigen Abstimmung festgezurrt. Offen war lediglich ein Punkt: Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass nur ärmere Mitgliedstaaten ihre Mittel aus dem EU-Fonds für regionale Entwicklung zur Unterstützung der Industrie verwenden dürfen, wenn sie Investitionen im Rahmen von STEP tätigen. Fernandes und Ehler wollten diese Begrenzung aufheben, bekamen dafür aber keine Mehrheit. tho
Der Rat hat die überarbeitete Richtlinie für erneuerbare Energien (RED) sowie die ReFuelEU-Verordnung für den Luftverkehr angenommen. Die neue RED legt ein Ausbauziel von Erneuerbaren von 42,5 Prozent fest, ReFuelEU beinhaltet verpflichtende Quoten für nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF). Damit sind alle Vorhaben des “Fit for 55”-Gesetzespaketes von den Co-Gesetzgebern beschlossen und der Weg frei für die konkrete Umsetzung der EU-Klimaziele bis 2030.
Die angepasste Klimagesetzgebung der EU sorgt dafür, dass der Treibhausgasausstoß der EU bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 57 Prozent sinkt. Die EU hatte angekündigt, ihr bei der UN hinterlegtes Klimaziel (NDC) von minus 55 Prozent nach Abschluss der Verhandlungen auch offiziell auf den Wert von minus 57 Prozent anzuheben. Die Entscheidung darüber wollen die Minister am Montag beim Umweltrat treffen. mgr
Mit 33 Ja-Stimmen, zwei Gegenstimmen, ohne Enthaltungen haben der Rechtsausschuss (JURI) und der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) im EU-Parlament am Montag ihre Position zur aktualisierten Produkthaftung gebilligt. Ziel der Gesetzgebung ist, die Produkthaftung ins digitale Zeitalter zu bringen und Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen.
Erstmals fallen auch Software und Künstliche Intelligenz (KI) unter die Produkthaftungsrichtlinie (PLD) sowie recycelte Produkte. Das neue Gesetz soll zudem sicherstellen, dass Verbraucher auch dann für defekte Produkte entschädigt werden, wenn diese außerhalb der EU gekauft wurden. Zudem sieht der Gesetzesvorschlag eine Beweislasterleichterung bei komplexen Produkten vor.
Die Abgeordneten haben beschlossen, direkt in den Trilog einzutreten. Der Rat hatte seinen Standpunkt bereits im Juni angenommen. René Repasi (SPD), IMCO-Schattenberichterstatter der S&D-Fraktion, sagte Table.Media, dass er nicht erwarte, dass der Trilog noch in diesem Jahr beendet werde, ein Abschluss sei bis zur Europawahl möglich.
Als wichtigste Errungenschaften der Parlamentsposition für die Produkthaftung bezeichnete Repasi, dass Software nun als Produkt in den Anwendungsbereich falle. Daher werden auch Schäden, die von Software ausgehen, schadensersatzpflichtig. Das war unter den Abgeordneten zunächst umstritten. Wichtig sei auch, dass Datenverlust und Datenverfälschung ersatzfähige Schäden werden. Allerdings bedauert Repasi, dass Datenverlust und Datenverfälschung erst ab einem Mindestschaden von 1000 Euro schadensersatzpflichtig sind. Für alle anderen Schäden soll dagegen keine Mindestgrenze mehr gelten.
Wichtig ist auch, dass bei Software Kleinst- oder Kleinunternehmen von der Haftung ausgenommen sind, wenn ein anderer Wirtschaftsakteur haftbar ist. “Das hat meine Unterstützung, weil es mir darauf ankommt, dass es keine Haftungslücke gibt”, sagte Repasi. “Die verletzte Person hat sogar mehr davon, wenn ein wirtschaftlich stärkerer Akteur die Haftung übernimmt, anstatt eines Softwareentwicklers, der sofort Insolvenz anmelden könnte.”
Nicht durchsetzen konnten sich die Sozialdemokraten jedoch mit der Forderung, dass große Online-Plattformen (Very large Online Platforms im Sinne des DSA) haften sollen, wenn sonst niemand greifbar ist. Stattdessen sollen Mitgliedstaaten jetzt Haftungsfonds einführen. “Dabei konnten wir durchsetzen, dass kein öffentliches Geld für diese Fonds aufgewandt werden darf. Ansonsten wird ein Anreiz gesetzt, Verluste aufgrund fehlerhafter und gesundheitsgefährdender Produkte auf die Steuerzahler abzuwälzen”, sagte Repasi.
Da die Produkthaftung nun auch für Software gelten soll, haben die Abgeordneten damit auch die Haftung von KI geregelt. Da das KI-Gesetz (AI Act) sich noch im Trilog befindet, haben die Abgeordneten die Spezialregelung KI-Haftung noch gar nicht in Angriff genommen. “Das wird auch in diesem Mandat nicht mehr passieren”, sagte der designierte Berichterstatter für das Dossier, Axel Voss (CDU).
Nach seiner Auffassung ist eine Spezialgesetzgebung für KI jedoch notwendig, da die allgemeine Produkthaftung nicht die Hochrisiko-KI-Anwendungen umfasse. Voss möchte in den kommenden Wochen klären, ob aus der KI-Haftung eine Richtlinie oder eine Verordnung werden soll. Der EVP-Abgeordnete selbst plädiert für eine Verordnung. KI sei ein globales Phänomen und dafür sei ein europaweit einheitliches Haftungsregime nötig. vis
Kommenden Montag wollen sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beim Treffen der EU-Umweltminister auf ihr Verhandlungsmandat für die UN-Klimakonferenz in Dubai Ende November (COP28) einigen. Aus einem Entwurf der EU-Position – datiert auf den 29. September – geht hervor, dass der Einsatz von CO₂-Entnahmen (CCS) zur Erreichung der Klimaziele im Energiesektor nach wie vor umstritten ist.
Es heißt in dem Papier zwar, der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel erfordere den weltweiten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Doch davor steht noch immer das Wort “unabated” (zu Deutsch: unvermindert) in eckigen Klammern. Das bedeutet, ob das Wort im finalen Text auftaucht, ist noch immer Gegenstand von Diskussionen im Rat. Die Bezeichnung “unabated fossil fuels” wird im Kontext der internationalen Klimaverhandlungen für fossile Energieerzeugung ohne die Nutzung von CCS verwendet.
Die EU hat sich selbst zum Ziel gesetzt, CCS nur in den schwer zu dekarbonisierenden Sektoren anzuwenden. Die Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern zählt nicht dazu. Die EU-Kommission und der am Montag von den Mitgliedstaaten offiziell ernannte Klimakommissar Wopke Hoekstra wollen diese Forderung gerne auch global durchsetzen. Das Verhandlungsmandat für die COP28 legen jedoch die Länder fest.
In dem Entwurf fordern die Mitgliedstaaten auch die schrittweise Abschaffung “ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe” schnellstmöglich und vor 2025. Die Definition von “ineffizienten” Subventionen ist jedoch sehr vage. In einem vorherigen Entwurf war noch von “umweltschädlichen fossilen Subventionen” die Rede. Dieser Zusatz wurde nun offenbar gestrichen. luk
Zum Start einer ersten gemeinsamen Kabinettsklausur von Deutschland und Frankreich hat der französische Präsident Emmanuel Macron zu einer verstärkten Zusammenarbeit beider Länder aufgerufen. “Wir sehen, dass unsere beiden Nationen zusammenarbeiten müssen”, sagte Macron unter Verweis auf weltweite Krisen und Herausforderungen am Montag in Hamburg. “Ich würde sogar sagen, dass wir vielleicht noch mehr als früher gemeinsam eine treibende Kraft für unsere beiden Länder und unser Europa sein müssen.”
Dazu seien Pragmatismus und Effizienz nötig. Es gehe darum, aus beiden Ländern und aus Europa “eine geopolitische, militärische, technologische und wirtschaftliche Macht in einer zunehmend gestörten Welt” zu machen.
Man habe sich den Auftakt der deutsch-französischen Kabinettsklausur eigentlich anders vorgestellt, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz mit Blick auf die Lage in Israel und im Gazastreifen. “Wir nutzen das besondere Vertrauensverhältnis der deutsch-französischen Freundschaft dafür, Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für unsere Länder und für ganz Europa gemeinsam in den Blick zu nehmen”, sagte Scholz. “Klar ist, wir wollen ein einiges, ein starkes, ein souveränes Europa. Ein Europa, das auch technologisch in der Weltspitze mitspielt.”
“Zwei sehr grundsätzliche Themen nehmen wir uns vor: Zum einen, wie es gelingt, gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten fundamentalen Wandels zu gestalten. Und zum anderen: Wie wirken sich technologische Entwicklungen, zum Beispiel wie die künstliche Intelligenz auf unser Leben aus?”, sagte der Kanzler. dpa
Mit seiner jüngsten Auslandsreise Richtung Westbalkan und dem EU-Beitrittskandidaten Moldau hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Flagge gezeigt: Wirtschaftliche und politische Entwicklung gehen meistens Hand in Hand – Kooperation im Agrar- und Ernährungssektor über Landesgrenzen hinweg lohnt sich für uns alle.
Die Ministerreise fand – wieder einmal – in schwierigen Zeiten statt: Russland führt seit bald zwei Jahren Krieg gegen die Ukraine. Im Juli hat Russland das mühevoll verhandelte und unter Vermittlung der Vereinten Nationen zustande gekommene Getreideabkommen nicht verlängert. Schwarzmeer-Schiffe, die ukrainisches Getreide aus ukrainischen Häfen in alle Welt transportieren wollen, betrachtet der russische Aggressor erneut als legitimes militärisches Ziel. In Folge steigen die Getreidepreise weltweit. Auch andere Partner lässt Russland im Stich: Rund 100.000 Flüchtlinge sind das Ergebnis des Kriegs um die Enklave Bergkarabach im Südkaukasus.
Die wegen Russlands Krieg bitter notwendig gewordenen Landexportrouten für weltweit gehandelte ukrainische Agrarprodukte führen nun entsprechend durch die Europäische Union. Allerdings verhängen mehrere osteuropäische Mitgliedsstaaten, die direkt an die Ukraine grenzen, Importverbote, weil sie Einkommensverluste für die eigenen Bauern befürchten. Das eingespielte Miteinander von Produktion, Verarbeitung und Logistik steht also unter großem Druck – und all dies nach einer weltweiten Pandemie, deren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft, inklusive Lebensmittellieferketten, noch nicht überwunden sind.
Warum also stattet Özdemir ausgerechnet dem entfernten, kleinen Moldau einen Besuch ab? Die kleine ehemalige Sowjetrepublik liegt im Inland nicht weit von der Küste vom Schwarzen Meer entfernt und hat es geopolitisch ebenfalls nicht einfach. Trotzdem hat das Land zehntausende Flüchtlinge aus der Ukraine klaglos aufgenommen. Besonders ist Moldau aber vor allem wegen seines Zugangs zur Donau. Am südlichen Dreiländereck zwischen Rumänien und der Ukraine beschränkt sich der Donauzugang lediglich auf 450 Meter.
Umso größer ist die Bedeutung des kleinen und einzigen Donauhafens des Landes im Dorf Giurgiulești. Getreideexporte können hier trotz Russlands Krieg gegen die Ukraine abgewickelt werden. Am vergangenen Donnerstagabend traf sich Minister Özdemir dort mit seinem moldauischen Amtskollegen Vladimir Bolea. Die angespannte Situation in Giurgiulești war mit Händen zu greifen: Moldauische Getreide-LKWs stauen sich in der Spätsommerhitze tagelang in Richtung EU, ihnen kommen ukrainische Treibstoff-LKWs gen Odessa entgegen, Wachhunde kläffen an den zwei Grenzwachtürmen am Fluss und an den mannshohen Erdwällen, die die Ukraine zum eigenem Schutz aufgeschüttet hat.
Erst kurz vor dem Treffen erfuhr der moldauische Agrarminister Bolea, dass Rumänien die Grenze für moldauisches Getreide schließen will – ein echter Schlag ins Kontor von Bolea, der sein Land bis 2030 in die EU führen will und Rückschläge nicht gebrauchen kann.
Das Potenzial der Region für westliche Unternehmen ist beträchtlich: Nicht nur der begonnene EU-Beitrittsprozess erfordert neue Technologien und Audits, der Modernisierungsbedarf für Landtechnik ist groß, die Klimakrise erfordert auch in Moldau Stressresilienz im Pflanzenbau und Ressourcenschonung in der Tierhaltung. Die klimatischen Bedingungen sind für den Weinanbau ideal (Moldaus Winzereien sprechen für sich allein), im Süden finden sich jene extrem guten Podsol-Böden, für die die Ukraine weltberühmt ist.
Hier Einsatz zu zeigen für berechenbare politische Rahmenbedingungen, für wirtschaftlich starke ländliche Räume und nachhaltige Ansätze in der Agrarwirtschaft in Frieden und Freiheit – dies ist in unseren unruhigen Zeiten eine echte Investition in die Zukunft. Klar ist: Mit politischem Augenmaß können auch zukünftige EU-Erweiterungsrunden eine Erfolgsgeschichte werden. Denn egal ob Politik oder Wirtschaft: Ernährungssicherheit geht uns alle an.
eigentlich sollte er längst beendet sein. Nachdem der Trilog zur Politischen Werbung im Internet zunächst immer wieder verschoben wurde, soll die Sitzung am heutigen Abend endlich den Durchbruch bringen.
Die neue Verordnung soll die Europawahl im Juni gegen Manipulationen und äußere Einmischung absichern und Missbrauch wie etwa durch Cambridge Analytica oder beim Brexit-Referendum verhindern helfen. Für gezielte politische Werbung sollen künftig nur noch jene persönlichen Informationen genutzt werden dürfen, die von den Bürgern ausdrücklich freigegeben worden sind. Doch es gibt immer noch strittige Punkte.
Dazu zählen Klauseln zur Nicht-Diskriminierung und zum Verbot des Verkaufs von Anzeigen an Nicht-EU-Bürger und ausländische Organisationen sowie eine EU-weite Datenbank für Werbekampagnen, wie sie die Grünen fordern. Umstritten ist auch noch, was politische Werbung überhaupt ist. Die Definition hatte schon die Verhandlungen im IMCO-Ausschuss belastet. Auch das Verbot von personalisierter Werbung ist noch nicht in trockenen Tüchern.
“Wir hoffen, dass dies der finale Trilog sein wird, können es aber nicht mit Sicherheit sagen”, heißt es bei der grünen Europaabgeordneten Alexandra Geese. Auch bei der SPD herrscht noch Skepsis vor. “Auch in Deutschland gab es in den letzten Jahren zahlreiche Vorfälle ausländischer Einmischung und intransparenter Wahlwerbung”, sagt René Repasi, binnenmarktpolitischer Sprecher der Europa-SPD. Deshalb liege eine zügige Einigung auch in deutschem Interesse. Wir werden berichten.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die Kommission hat nach dem Angriff der Hamas auf Israel angekündigt, eine Überprüfung ihrer Unterstützung für Palästina einzuleiten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell habe ein Krisentreffen der Außenminister einberufen, um diese Frage und die nächsten Schritte zu diskutieren, sagte ein Kommissionssprecher am Montag. Und im Übrigen finanziere die EU in keiner Weise die Terrororganisation Hamas oder deren Aktivitäten.
Am Nachmittag hatte zunächst EU-Kommissar Olivér Várhelyi für Verwirrung gesorgt. Es könne kein “Business as usual” geben, postete er auf dem Kurznachrichtendienst X. Die EU-Kommission werde ihr gesamtes “Portfolio” im Wert von immerhin 691 Millionen Euro evaluieren, kündigte er an. Dabei sprach er offenbar über die Summe der zugesagten und noch nicht ausgezahlten EU-Gelder für die Palästinenser. Alle Zahlungen würden mit sofortiger Wirkung suspendiert, alle Projekte und Budgethilfen überprüft, so der für Erweiterung und Nachbarschaft zuständige Kommissar.
Dies war offenbar ein Alleingang des Kommissars: Am Abend stellte die Kommission dann fest, von einer Suspendierung könne keine Rede sein. Die Kommission starte eine dringliche Überprüfung, so schnell wie möglich und in Koordination mit den Mitgliedstaaten. Da im Moment keine Zahlungen vorgesehen seien, werde es in der Zwischenzeit auch keine Suspendierung geben.
Die EU hatte die Zahlungen 2021 schon einmal gestoppt, und zwar im Streit um die Finanzierung von palästinensischen Schulbüchern, in denen Hass auf Juden propagiert und zur Gewalt gegen Israel animiert wurde. Zeitweise gingen den Krankenhäusern die Medikamente aus, und Patienten konnten nicht mehr behandelt werden. Erst ein Jahr später wurden die Mittel dann freigegeben. Die EU finanziert unter anderem Beamtengehälter und Renten bei der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah, aber auch den Ausbau der Wasserversorgung in Gaza.
Für die Periode von 2021 bis 2024 hat die EU in ihrem mehrjährigen Finanzrahmen Gelder in Höhe von 1,177 Milliarden Euro für die Palästinensergebiete vorgesehen. Gut möglich, dass die Kommission am Montag unter Druck aus einzelnen Mitgliedstaaten vorpreschte. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg gab bekannt, dass sein Land alle Entwicklungsprojekte auf Eis legen wird. Konkret suspendiert sind Mittel in der Höhe von knapp 20 Millionen Euro. In Berlin verkündete die Entwicklungsministerin, Deutschland werde ebenfalls die Zahlungen überprüfen.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind zwar vor den USA und den Golfstaaten mit Abstand die größten Geldgeber der Palästinenser. Doch der politische Einfluss der Europäer hält sich in Grenzen. Nicht zuletzt, weil die EU-Staaten sich zum Nahostkonflikt in der Regel nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen können. So versuchte auch EU-Ratspräsident Charles Michel am Wochenende in einer ersten Reaktion den Spagat und warnte vage vor einer “weiteren Eskalation”, um gleichzeitig Israels Recht auf Selbstverteidigung zu betonen.
Am Montag blieb zunächst unklar, inwieweit der Stopp der Zahlungen ein Alleingang des ungarischen Kommissars war. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kritisierte die Suspendierung umgehend als falsch, da damit die gesamte palästinensische Bevölkerung bestraft werde. Auch Spanien und Irland sollen mit der Entscheidung nicht zufrieden gewesen sein. Zuständig für die Entscheidung seien zudem ausschließlich die Außenminister, betonte Asselborn. Diese sollen sich heute in Omans Hauptstadt Muskat am Rande eines ohnehin geplanten Treffens von Vertretern der Golfstaaten und der EU beraten. Amtskollegen, die nicht vor Ort sind, sollen sich per Video zuschalten können.
Aus dem EU-Parlament war das Echo auf die angekündigte Suspendierung der Gelder vorwiegend positiv. “Die Entscheidung der Kommission, in einem ersten Schritt zunächst alle Zahlungen einzufrieren und die finanzielle Unterstützung der palästinensischen Gebiete sorgsam zu prüfen, ist richtig”, schrieb der Sprecher der Grünen Europagruppe Rasmus Andresen. Es brauche humanitäre Hilfe, aber die EU dürfe weder direkt noch indirekt Terror finanzieren.
Auch die konservative EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU) fordert, dass die Zahlungen eingefroren werden, bis der Terror gegen Israel aufhört und eine verantwortungsvolle Hilfe für humanitäre Zwecke gesichert werden könne. Die palästinensische Autonomiebehörde habe hier bisher zu wenig Offenheit und Transparenz gezeigt. Die Ankündigung, alle EU-Gelder für die Palästinenser einzufrieren, sei das “einzig richtige Signal in diesen schweren Stunden für Israel”, so ebenfalls Niclas Herbst (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im EU-Parlament.
Im Kiewer Büro von Alex Lissitsa hängt ein Bild von einem Schneidebrett und einem Messer. Im Bild ist ein Text: “Wenn man viel teilt, bleibt nichts zum Regieren übrig.” Es kann eine Anspielung auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine sein, immerhin hatten russische Truppen gut 20 Prozent des ukrainischen Territoriums zwischenzeitlich besetzt. Die Botschaft des Bildes passt in jedem Fall aber zum Denken und Handeln des Geschäftsführers des ukrainischen Agrarunternehmens IMC Agro.
Mit 120.000 Hektar Anbaufläche ist es der zehntgrößte Agrarbetrieb des Landes. Die Invasion der russischen Armee im Februar 2022 traf den Konzern sofort. “100.000 Hektar waren besetzt, inklusive 1000 Milchkühe und einigen Silos”, berichtet Lissitsa. 44 Tage lang kontrollierten die Besatzer diese Fläche im Norden und Osten der Ukraine und hinterließen gewaltige Probleme.
Eineinhalb Jahre später gelten 35.000 Hektar als “war affected” – das Gebiet war vermint oder von Geschossen so versehrt, dass es vorübergehend nicht genutzt werden konnte. Ein Silo in Tschernihiw war von Raketen durchlöchert, die Kühe wurden lange nicht versorgt, mussten schließlich notgeschlachtet werden. 5.000 Hektar können weiterhin nicht genutzt werden, weil sie vermint sind. Zweimal bereits sind Traktorfahrer unerlaubterweise auf nicht geräumte Flächen gefahren, Minen explodierten, die Traktoren wurden beschädigt, die Fahrer des Unternehmens überlebten. Doch in anderen Fällen, wie Reuters erst Mitte September meldete, töten Minen auf den Feldern die Bauern.
Nach neuen Schätzungen der Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko gelten 174.000 Quadratkilometer als von Kriegsmitteln potenziell belastete Fläche. Im Norden, Osten und Süden der Ukraine sind viele Landwirte mit den gleichen Problemen konfrontiert:
Rund 32,8 Millionen Hektar Land in der Ukraine sind als Agrarfläche ausgewiesen – gut fünf Millionen Hektar, mehr als 15 Prozent, können aktuell als Kriegsfolge nicht genutzt werden. Je länger der Krieg dauert, je mehr Minen verlegt werden und explodieren, je mehr Artilleriegeschosse verschossen werden, desto mehr Agrarland wird geschädigt, heißt es in der GLOBSEC-Studie über Verminung in der Ukraine “Walking on Fire: Demining in Ukraine”.
“Keiner kümmert sich momentan um die Böden, jetzt geht es erstmal darum, zu überleben. Dass es Schäden gibt, ist ja keine Frage”, sagt der Unternehmer Lissitsa. Laut einer Untersuchung der ukrainischen Umweltschutzorganisation Ecoaction schädigen die Kämpfe in mehrfacher Weise die fruchtbare Erde: Veränderung der Böden durch Explosionen, Schützengräben, eingegrabener, schwerer Technik, Belastung durch Hitze und Erschütterungen sowie durch Schwermetalle und chemische Wirkungen nach Explosionen.
Besonders Minen und Artilleriegeschosse aus sowjetischer Produktion (für Haubitzen D-20 und D-30) setzten Schwermetalle frei, die sich im Humus ablagerten. Beispielhaft hat die NGO Ecoaction in zwei Regionen im Osten und im Süden genauere Bodenanalysen vorgenommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Teil der Agrarböden zu schwer belastet ist, er müsse als landwirtschaftliche Flächen aufgegeben werden, erläutert Mariia Diachuk auf Anfrage. Konkretere Angaben seien derzeit schwierig. “Zuerst müssen die Fläche von Minen geräumt werden, dann müssten komplexe Bodenuntersuchungen erfolgen.”
Das Unternehmen IMC Agro habe nach 44 Tagen Besatzung acht Monate gebraucht, um die meiste Fläche von Minen und Kriegsüberresten zu reinigen, berichtete Lissitsa. Staatliche Minenräumer und private Minenräumunternehmen – eine neue Branche im Land – hätten geholfen. “Aber Bodenanalysen haben wir noch nicht gemacht”, sagt er.
Aus Mangel an Minenräumern nehmen manche Landwirte das Problem selbst in die Hand. Sie rüsten Traktoren zu selbstfahrenden Fahrzeugen um, schalten schwere Walzen vor und fahren die Felder ab. Sie finden Minen, müssen nach den Explosionen häufig die Walzen reparieren oder ganz tauschen. Ein großes Problem sei aber, dass die genaue Zahl der Minen, und wo sie auf den Feldern verlegt seien, nicht bekannt sei, berichtet ein Farmer aus der Region Charkiw dem ukrainischen Portal dumka.media.
Obwohl viele Landwirte wegen des Krieges ihre Flächen nicht bewirtschaften können, melden staatliche Stellen eine sehr gute Ernte in diesem Jahr. Das bestätigt auch Lissitsa: “Wer hätte es ahnen können, dass wir mit weniger Düngemittel und weniger Pflanzenschutzmittel eine so gute Ernte haben werden. Das Wetter hat gut mitgespielt”, erläutert er. Aber das gelte auch für Russland. “Die fluten gerade den Weltmarkt mit ihrem Weizen, das drückt den Preis.”
Russland behindert zusätzlich den Export ukrainischer Produkte. “Wir haben im Odessa-Hafen Weizen und Mais im Wert von zehn Millionen Euro liegen. Aber nach sechs Monaten ist die Qualität inzwischen so, dass es nur noch für Futter reicht”, sagt Lissitsa. Nach dem Ausstieg Moskaus aus dem Getreideabkommen im Juli können der Weizen und der Mais nicht mehr exportiert werden. Zusätzlich beschießt Russland sowohl die Speicher im Odessa-Hafen als auch die Hafen-Anlage an der Donau in Ismajil, direkt an der rumänischen Grenze.
Auf die großen Probleme reagiert IMC Agro mit großen Investitionen: “Wir haben gerade 75 MAN-Lastwagen bestellt und dafür einen Kredit von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erhalten”, sagt Lissitsa. Früher hätten sie den Abtransport von Dienstleistern abwickeln lassen, doch die Preise für Logistik seien jetzt zu hoch. Also selbst machen.
Und bei den Lastwagen hören die Pläne nicht auf. Alex Lissitsa, der in Deutschland studiert hat, will die Standards im IMC Agro heben. Langfristig solle sich die Landwirtschaft in der Ukraine an den Normen der EU orientieren, sagt er.
11.10.-13.10.2023, Florenz (Italien)
EUI, Seminar Regulation and Integration of Renewable Energy
The European University Institute’s (EUI) training on the Regulation and Integration of Renewable Energy provides a comprehensive introduction to the topic with the latest updates, including developments in policy and regulation in the renewables industry and research. INFO
11.10.-12.10.2023, Berlin
BDEW, Symposium Treffpunkt Netze 2023
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) richtet Diskussionspanels zu Themen rund um die Energiewende ein, wie die Schaffung eines zukunftsfähigen Gasnetzes und die Finanzierung künftiger Netzinvestitionen. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 09:00-11:30 Uhr, Berlin
eco, Podiumsdiskussion Bedeutung des Ökosystems digitaler Infrastrukturen für den Standort Berlin
Auf der Veranstaltung wird eine Studie zu den CO2-Einsparungspotenzialen digitaler Technologien und Infrastrukturen vorgestellt mit anschließender Diskussion über die Bedeutung des Ökosystems digitaler Infrastrukturen für Berlin sowie politische Perspektiven zum Digitalstandort Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 09:30-12:00 Uhr, online
Zeit, Konferenz Sustainability Day 2023
Eine Bandbreite an Webtalks geht dem Themengebiet Unternehmensverantwortung in Nachhaltigkeit und sozialem Engagement auf den Grund. INFOS & ANMELDUNG
11.10.2023 – 14:30-17:30 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Die Hürden der Umsetzung der AFIR-Verordnung auf nationaler Ebene
Beim Treffen des Arbeitskreises Energie und Verkehr des Forums für Zukunftsenergien (FZE) sprechen verschiedene Referenten aus Wirtschaft und Politik zur Umsetzung und Bedeutung der AFIR-Verordnung. INFOS
11.10.2023 – 15:00-16:00 Uhr, online
EUI, Seminar Law in the EU’s Circular Energy System: Biowaste, Biogas and Biofuel
The European University Institute (EUI) is gathering editors and contributors to launch the forthcoming book entitled ‘Law in the EU’s Circular Energy System: biofuel, biowaste and biogas’ and share their insights. INFO & REGISTRATION
12.10.-13.10.2023, Trier/online
ERA, Conference Annual Conference on European Consumer Law 2023
The European Law Academy (ERA) conference will provide consumer law practitioners an overview of the latest developments, legislative initiatives and CJEU jurisprudence in this field, such as the AI and Cyber Resilience Acts. INFO & REGISTRATION
12.10.2023 – 10:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Panel Discussion EU Climate Policy and Electricity Market – Launch Report
In this meeting, the European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) will present its final report on ‘EU Climate Policy and Electricity Market Design’, followed by remarks from the European Commission as well as a panel discussion and Q&A session. INFO & REGISTRATION
12.10.2023 – 10:30-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt angesichts der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes die für die Wärmewirtschaft relevanten Vorschriften vor, nimmt eine erste juristische Bewertung vor und diskutiert die Fragen der Teilnehmenden. INFOS & ANMELDUNG
12.10.2023 – 12:24-13:00 Uhr, online
EAB, Vortrag Europäische Sicherheit aus Ost-West Perspektiven
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zur Europawahl spricht die Europäische Akademie (EAB) mit Ivars Ijabs, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Lettland und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie im Europaparlament.
INFOS
12.10.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Panel Discussion Review of decarbonization policies for heavy-duty transport: ERCST’s recommendations for a successful decarbonization pathway
During this event, the European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) will present its report on legislative pathways to decarbonise heavy-duty transport which will then be discussed by panellists and participants. INFO & REGISTRATION
Der Industrie- und der Haushaltsausschuss des Europaparlaments haben am Montagabend über die gemeinsame Position zur geplanten Investitionsplattform STEP abgestimmt. In ihrem Bericht fordern die beiden Europaabgeordneten José Manuel Fernandes und Christian Ehler (beide EVP): “Strategische Projekte” nach dem Net-Zero Industry Act (NZIA) und dem Critical Raw Materials Act (CRMA) sollen auch direkten Zugang zu den STEP-Fördertöpfen erhalten. Sie sollen dafür automatisch ein sogenanntes Souveränitätssiegel erhalten.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Plattform “Strategic Technologies for Europe” im Juni vorgeschlagen, als Zwischenschritt zu einem Europäischen Souveränitätsfonds. STEP soll existierende Fonds wie den EU-Innovationsfonds oder InvestEU mit zehn Milliarden Euro zusätzlich ausstatten und den Zugang von Investoren in grüne oder digitale Technologien über ein gemeinsames Siegel erleichtern. Damit hofft von der Leyen eine Antwort etwa auf den Inflation Reduction Act der USA zu geben. Das Europaparlament fordert drei Milliarden Euro zusätzlich für STEP.
Fernandes und Ehler hatten die meisten Kompromisse bereits vor der gestrigen Abstimmung festgezurrt. Offen war lediglich ein Punkt: Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass nur ärmere Mitgliedstaaten ihre Mittel aus dem EU-Fonds für regionale Entwicklung zur Unterstützung der Industrie verwenden dürfen, wenn sie Investitionen im Rahmen von STEP tätigen. Fernandes und Ehler wollten diese Begrenzung aufheben, bekamen dafür aber keine Mehrheit. tho
Der Rat hat die überarbeitete Richtlinie für erneuerbare Energien (RED) sowie die ReFuelEU-Verordnung für den Luftverkehr angenommen. Die neue RED legt ein Ausbauziel von Erneuerbaren von 42,5 Prozent fest, ReFuelEU beinhaltet verpflichtende Quoten für nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF). Damit sind alle Vorhaben des “Fit for 55”-Gesetzespaketes von den Co-Gesetzgebern beschlossen und der Weg frei für die konkrete Umsetzung der EU-Klimaziele bis 2030.
Die angepasste Klimagesetzgebung der EU sorgt dafür, dass der Treibhausgasausstoß der EU bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 57 Prozent sinkt. Die EU hatte angekündigt, ihr bei der UN hinterlegtes Klimaziel (NDC) von minus 55 Prozent nach Abschluss der Verhandlungen auch offiziell auf den Wert von minus 57 Prozent anzuheben. Die Entscheidung darüber wollen die Minister am Montag beim Umweltrat treffen. mgr
Mit 33 Ja-Stimmen, zwei Gegenstimmen, ohne Enthaltungen haben der Rechtsausschuss (JURI) und der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) im EU-Parlament am Montag ihre Position zur aktualisierten Produkthaftung gebilligt. Ziel der Gesetzgebung ist, die Produkthaftung ins digitale Zeitalter zu bringen und Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen.
Erstmals fallen auch Software und Künstliche Intelligenz (KI) unter die Produkthaftungsrichtlinie (PLD) sowie recycelte Produkte. Das neue Gesetz soll zudem sicherstellen, dass Verbraucher auch dann für defekte Produkte entschädigt werden, wenn diese außerhalb der EU gekauft wurden. Zudem sieht der Gesetzesvorschlag eine Beweislasterleichterung bei komplexen Produkten vor.
Die Abgeordneten haben beschlossen, direkt in den Trilog einzutreten. Der Rat hatte seinen Standpunkt bereits im Juni angenommen. René Repasi (SPD), IMCO-Schattenberichterstatter der S&D-Fraktion, sagte Table.Media, dass er nicht erwarte, dass der Trilog noch in diesem Jahr beendet werde, ein Abschluss sei bis zur Europawahl möglich.
Als wichtigste Errungenschaften der Parlamentsposition für die Produkthaftung bezeichnete Repasi, dass Software nun als Produkt in den Anwendungsbereich falle. Daher werden auch Schäden, die von Software ausgehen, schadensersatzpflichtig. Das war unter den Abgeordneten zunächst umstritten. Wichtig sei auch, dass Datenverlust und Datenverfälschung ersatzfähige Schäden werden. Allerdings bedauert Repasi, dass Datenverlust und Datenverfälschung erst ab einem Mindestschaden von 1000 Euro schadensersatzpflichtig sind. Für alle anderen Schäden soll dagegen keine Mindestgrenze mehr gelten.
Wichtig ist auch, dass bei Software Kleinst- oder Kleinunternehmen von der Haftung ausgenommen sind, wenn ein anderer Wirtschaftsakteur haftbar ist. “Das hat meine Unterstützung, weil es mir darauf ankommt, dass es keine Haftungslücke gibt”, sagte Repasi. “Die verletzte Person hat sogar mehr davon, wenn ein wirtschaftlich stärkerer Akteur die Haftung übernimmt, anstatt eines Softwareentwicklers, der sofort Insolvenz anmelden könnte.”
Nicht durchsetzen konnten sich die Sozialdemokraten jedoch mit der Forderung, dass große Online-Plattformen (Very large Online Platforms im Sinne des DSA) haften sollen, wenn sonst niemand greifbar ist. Stattdessen sollen Mitgliedstaaten jetzt Haftungsfonds einführen. “Dabei konnten wir durchsetzen, dass kein öffentliches Geld für diese Fonds aufgewandt werden darf. Ansonsten wird ein Anreiz gesetzt, Verluste aufgrund fehlerhafter und gesundheitsgefährdender Produkte auf die Steuerzahler abzuwälzen”, sagte Repasi.
Da die Produkthaftung nun auch für Software gelten soll, haben die Abgeordneten damit auch die Haftung von KI geregelt. Da das KI-Gesetz (AI Act) sich noch im Trilog befindet, haben die Abgeordneten die Spezialregelung KI-Haftung noch gar nicht in Angriff genommen. “Das wird auch in diesem Mandat nicht mehr passieren”, sagte der designierte Berichterstatter für das Dossier, Axel Voss (CDU).
Nach seiner Auffassung ist eine Spezialgesetzgebung für KI jedoch notwendig, da die allgemeine Produkthaftung nicht die Hochrisiko-KI-Anwendungen umfasse. Voss möchte in den kommenden Wochen klären, ob aus der KI-Haftung eine Richtlinie oder eine Verordnung werden soll. Der EVP-Abgeordnete selbst plädiert für eine Verordnung. KI sei ein globales Phänomen und dafür sei ein europaweit einheitliches Haftungsregime nötig. vis
Kommenden Montag wollen sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beim Treffen der EU-Umweltminister auf ihr Verhandlungsmandat für die UN-Klimakonferenz in Dubai Ende November (COP28) einigen. Aus einem Entwurf der EU-Position – datiert auf den 29. September – geht hervor, dass der Einsatz von CO₂-Entnahmen (CCS) zur Erreichung der Klimaziele im Energiesektor nach wie vor umstritten ist.
Es heißt in dem Papier zwar, der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel erfordere den weltweiten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Doch davor steht noch immer das Wort “unabated” (zu Deutsch: unvermindert) in eckigen Klammern. Das bedeutet, ob das Wort im finalen Text auftaucht, ist noch immer Gegenstand von Diskussionen im Rat. Die Bezeichnung “unabated fossil fuels” wird im Kontext der internationalen Klimaverhandlungen für fossile Energieerzeugung ohne die Nutzung von CCS verwendet.
Die EU hat sich selbst zum Ziel gesetzt, CCS nur in den schwer zu dekarbonisierenden Sektoren anzuwenden. Die Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern zählt nicht dazu. Die EU-Kommission und der am Montag von den Mitgliedstaaten offiziell ernannte Klimakommissar Wopke Hoekstra wollen diese Forderung gerne auch global durchsetzen. Das Verhandlungsmandat für die COP28 legen jedoch die Länder fest.
In dem Entwurf fordern die Mitgliedstaaten auch die schrittweise Abschaffung “ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe” schnellstmöglich und vor 2025. Die Definition von “ineffizienten” Subventionen ist jedoch sehr vage. In einem vorherigen Entwurf war noch von “umweltschädlichen fossilen Subventionen” die Rede. Dieser Zusatz wurde nun offenbar gestrichen. luk
Zum Start einer ersten gemeinsamen Kabinettsklausur von Deutschland und Frankreich hat der französische Präsident Emmanuel Macron zu einer verstärkten Zusammenarbeit beider Länder aufgerufen. “Wir sehen, dass unsere beiden Nationen zusammenarbeiten müssen”, sagte Macron unter Verweis auf weltweite Krisen und Herausforderungen am Montag in Hamburg. “Ich würde sogar sagen, dass wir vielleicht noch mehr als früher gemeinsam eine treibende Kraft für unsere beiden Länder und unser Europa sein müssen.”
Dazu seien Pragmatismus und Effizienz nötig. Es gehe darum, aus beiden Ländern und aus Europa “eine geopolitische, militärische, technologische und wirtschaftliche Macht in einer zunehmend gestörten Welt” zu machen.
Man habe sich den Auftakt der deutsch-französischen Kabinettsklausur eigentlich anders vorgestellt, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz mit Blick auf die Lage in Israel und im Gazastreifen. “Wir nutzen das besondere Vertrauensverhältnis der deutsch-französischen Freundschaft dafür, Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für unsere Länder und für ganz Europa gemeinsam in den Blick zu nehmen”, sagte Scholz. “Klar ist, wir wollen ein einiges, ein starkes, ein souveränes Europa. Ein Europa, das auch technologisch in der Weltspitze mitspielt.”
“Zwei sehr grundsätzliche Themen nehmen wir uns vor: Zum einen, wie es gelingt, gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten fundamentalen Wandels zu gestalten. Und zum anderen: Wie wirken sich technologische Entwicklungen, zum Beispiel wie die künstliche Intelligenz auf unser Leben aus?”, sagte der Kanzler. dpa
Mit seiner jüngsten Auslandsreise Richtung Westbalkan und dem EU-Beitrittskandidaten Moldau hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Flagge gezeigt: Wirtschaftliche und politische Entwicklung gehen meistens Hand in Hand – Kooperation im Agrar- und Ernährungssektor über Landesgrenzen hinweg lohnt sich für uns alle.
Die Ministerreise fand – wieder einmal – in schwierigen Zeiten statt: Russland führt seit bald zwei Jahren Krieg gegen die Ukraine. Im Juli hat Russland das mühevoll verhandelte und unter Vermittlung der Vereinten Nationen zustande gekommene Getreideabkommen nicht verlängert. Schwarzmeer-Schiffe, die ukrainisches Getreide aus ukrainischen Häfen in alle Welt transportieren wollen, betrachtet der russische Aggressor erneut als legitimes militärisches Ziel. In Folge steigen die Getreidepreise weltweit. Auch andere Partner lässt Russland im Stich: Rund 100.000 Flüchtlinge sind das Ergebnis des Kriegs um die Enklave Bergkarabach im Südkaukasus.
Die wegen Russlands Krieg bitter notwendig gewordenen Landexportrouten für weltweit gehandelte ukrainische Agrarprodukte führen nun entsprechend durch die Europäische Union. Allerdings verhängen mehrere osteuropäische Mitgliedsstaaten, die direkt an die Ukraine grenzen, Importverbote, weil sie Einkommensverluste für die eigenen Bauern befürchten. Das eingespielte Miteinander von Produktion, Verarbeitung und Logistik steht also unter großem Druck – und all dies nach einer weltweiten Pandemie, deren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft, inklusive Lebensmittellieferketten, noch nicht überwunden sind.
Warum also stattet Özdemir ausgerechnet dem entfernten, kleinen Moldau einen Besuch ab? Die kleine ehemalige Sowjetrepublik liegt im Inland nicht weit von der Küste vom Schwarzen Meer entfernt und hat es geopolitisch ebenfalls nicht einfach. Trotzdem hat das Land zehntausende Flüchtlinge aus der Ukraine klaglos aufgenommen. Besonders ist Moldau aber vor allem wegen seines Zugangs zur Donau. Am südlichen Dreiländereck zwischen Rumänien und der Ukraine beschränkt sich der Donauzugang lediglich auf 450 Meter.
Umso größer ist die Bedeutung des kleinen und einzigen Donauhafens des Landes im Dorf Giurgiulești. Getreideexporte können hier trotz Russlands Krieg gegen die Ukraine abgewickelt werden. Am vergangenen Donnerstagabend traf sich Minister Özdemir dort mit seinem moldauischen Amtskollegen Vladimir Bolea. Die angespannte Situation in Giurgiulești war mit Händen zu greifen: Moldauische Getreide-LKWs stauen sich in der Spätsommerhitze tagelang in Richtung EU, ihnen kommen ukrainische Treibstoff-LKWs gen Odessa entgegen, Wachhunde kläffen an den zwei Grenzwachtürmen am Fluss und an den mannshohen Erdwällen, die die Ukraine zum eigenem Schutz aufgeschüttet hat.
Erst kurz vor dem Treffen erfuhr der moldauische Agrarminister Bolea, dass Rumänien die Grenze für moldauisches Getreide schließen will – ein echter Schlag ins Kontor von Bolea, der sein Land bis 2030 in die EU führen will und Rückschläge nicht gebrauchen kann.
Das Potenzial der Region für westliche Unternehmen ist beträchtlich: Nicht nur der begonnene EU-Beitrittsprozess erfordert neue Technologien und Audits, der Modernisierungsbedarf für Landtechnik ist groß, die Klimakrise erfordert auch in Moldau Stressresilienz im Pflanzenbau und Ressourcenschonung in der Tierhaltung. Die klimatischen Bedingungen sind für den Weinanbau ideal (Moldaus Winzereien sprechen für sich allein), im Süden finden sich jene extrem guten Podsol-Böden, für die die Ukraine weltberühmt ist.
Hier Einsatz zu zeigen für berechenbare politische Rahmenbedingungen, für wirtschaftlich starke ländliche Räume und nachhaltige Ansätze in der Agrarwirtschaft in Frieden und Freiheit – dies ist in unseren unruhigen Zeiten eine echte Investition in die Zukunft. Klar ist: Mit politischem Augenmaß können auch zukünftige EU-Erweiterungsrunden eine Erfolgsgeschichte werden. Denn egal ob Politik oder Wirtschaft: Ernährungssicherheit geht uns alle an.