Aufatmen in der EU. In der Causa Nordirland-Protokoll ist am Montag die langersehnte Einigung erzielt worden. Großbritannien soll demnach künftig einfacher Waren nach Nordirland schiffen können. Da hilft auch ein Label namens “Not for EU”. Das soll verhindern, dass Waren dann unerlaubt weiter nach Irland gelangen, berichtet Till Hoppe. Doch der britische Premier Sunak muss sich noch die Zustimmung zu der Vereinbarung sichern.
Streit, Streit und nochmals Streit. So lassen sich die serbisch-kosovarischen Beziehungen der letzten Jahre zusammenfassen. Nun gibt es aber auch hier Hoffnung auf ein Ende der Eiszeit. Denn bis März sollen die Regierungschefs beider Länder einen Zehn-Punkte-Plan unterzeichnen. Die EU erhöht den Druck, berichtet Stephan Israel.
Beim Energieministertreffen in Stockholm gewinnt Frankreich neue Unterstützer für seine Atom-Initiativen. Deutschland will die EU-Mitglieder auf ein höheres Gassparziel verpflichten. Und Luxemburg und Finnland gelingt beim Ausbau der Erneuerbaren eine Pioniertat. Mehr lesen Sie in der Analyse von Manuel Berkel.
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Der Empfang von Ursula von der Leyen durch König Charles brachte die Hardliner in London und Belfast am Montag noch einmal in Wallung – sie witterten eine ungebührliche Politisierung der Monarchie. Den seit Längerem angebahnten Deal zwischen der EU-Kommissionspräsidentin und dem britischen Premier Rishi Sunak verhinderte die Aufregung aber nicht mehr: Beide verkündeten am Nachmittag, sich auf neue Regeln für den Handel mit Nordirland geeinigt zu haben und sprachen unisono von einem “neuen Kapitel” in den Beziehungen zwischen beiden Seiten.
Die vorläufige politische Vereinbarung zielt darauf, die Einfuhr von Waren aus Großbritannien nach Nordirland zu erleichtern – ohne ein Einfallstor in den EU-Binnenmarkt zu öffnen. Der damalige Premier Boris Johnson hatte im Zuge des Brexit-Deals 2019 eingewilligt, Nordirland im EU-Binnenmarkt zu belassen. So sollte eine harte Landgrenze zwischen der Republik Irland und dem Norden vermieden werden, die zu neuer neue Gewalt auf der Insel hätte führen können.
Um das zu verhindern, akzeptierte Johnson im Nordirland-Protokoll, dass britische Güter bei der Einfuhr in den nordirischen Häfen kontrolliert werden. Die Zollgrenze innerhalb des Vereinigten Königreichs war aber ein Stachel im Fleisch der Unionisten in Nordirland und der Brexit-Hardliner bei den regierenden Tories. Johnson eskalierte den Konflikt mit der EU im vergangenen Juni und brachte einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, der das gültige Abkommen ausgehebelt hätte.
Sein Nach-Nachfolger Sunak bemühte sich hingegen nach seinem Amtsantritt darum, den Disput in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission zu entschärfen und damit zugleich eine politische Krise in Nordirland zu beenden. Von der Leyen lobte die “sehr konstruktive Einstellung von Beginn an”.
Allerdings muss Sunak den Deal nun in seiner Partei und in der nordirischen Democratic Unionist Party verkaufen. DUP-Chef Jeffrey Donaldson sagte, es seien “in einer Reihe von Bereichen bedeutende Fortschritte erzielt” worden, gebe aber auch weiterhin wichtige Probleme. Seine Partei werde sich die Vereinbarung nun im Detail ansehen.
Das Nordirland-Protokoll geht dafür in einem neuen “Windsor-Framework” auf. Das ermöglicht es beiden Seiten, ihre Erfolge herauszustellen. Sunak kann den Hardlinern gegenüber argumentieren, substanzielle Änderungen an dem ungeliebten Protokoll erreicht zu haben: “Wir haben jeden Eindruck einer Grenze in der Irischen See beseitigt”, sagte er. Von der Leyen und ihr mit den Verhandlungen beauftragter Vize Maroš Šefčovič können darauf verweisen, das Nordirland-Protokoll als integraler Teil des EU-Austrittsabkommens werde nicht aufgeschnürt, die Integrität des Binnenmarktes bleibe gewahrt.
Das sieht die Vereinbarung vor:
Die Einigung wird in Brüssel mit Erleichterung aufgenommen: “Der gefundene Kompromiss ist insgesamt pragmatisch und bietet Anlass zu Hoffnung, dass die latente Dauerdebatte nun endlich beigelegt werden kann”, sagte David McAllister, der Co-Vorsitzende der Kontaktgruppe des Europaparlaments zum Vereinigten Königreich.
Auch in der Industrie herrscht Hoffnung: Verlässliche Bedingungen für den Handel seien sowohl für die europäische als auch die britische Industrie “Grundvoraussetzung, um die wirtschaftlichen Beziehungen auch nach dem Brexit positiv zu entwickeln”, sagte Holger Kunze, Leiter des Brüsseler Büros des Maschinenbauverbandes VDMA. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte, die Einigung über das Protokoll sei “dringend nötig, um den Negativtrend im Großbritanniengeschäft für die deutsche Wirtschaft zu stoppen”.
Das Thema, auf das sich derzeit in der EU die höchsten Erwartungen der Energiebranche richten, spielte gestern beim informellen Treffen der Energieminister nur eine untergeordnete Rolle. Für “Mitte März” kündigte Kommissarin Kadri Simson erneut den Gesetzesvorschlag zur Reform des Strommarktes an, der laut Contexte vom 14. auf den 16. März verschoben werden könnte.
Die einzig neue, wenn auch etwas nebulöse Ankündigung der Energiekommissarin: Man werde es Haushaltskunden ermöglichen, sich freiwillig für “Lieferverträge mit niedrigem Risiko” zu entscheiden. Gemeint sein könnten damit Verträge mit Laufzeiten jenseits von zwei Jahren, die derzeit in vielen EU-Staaten für Verbraucherverträge untersagt sind. Eingesetzt hat sich dafür etwa Eurelectric, um sowohl Kunden als auch Investoren, mehr Sicherheit über längere Zeiträume zu ermöglichen.
Zur Vorsicht bei der Strommarkt-Reform mahnte abermals Deutschland. “No regret”-Maßnahmen seien die Stärkung von Langzeitverträgen und leichtere Möglichkeiten für Differenzverträge zur Vergütung von erneuerbaren Energien. Solche CfDs sollten allerdings freiwillig bleiben und eher neue als bestehende Erzeugungsanlagen begünstigen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold. Priorität haben für den Grünen bei der Reform des Marktdesigns gute Investitionsbedingungen für erneuerbare Energien.
Eine ganz andere Priorität setzt dagegen Frankreich – und das zunehmend erfolgreich. Für heute hat Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher ein Treffen zur Atomenergie anberaumt, an dem laut Contexte Vertreter von zwölf weiteren Mitgliedstaaten teilnehmen (Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Tschechien, Schweden, Italien, Slowakei, Polen, Ungarn, Kroatien, Niederlande, Finnland). “Wir brauchen Strom aus Kernenergie, wenn wir unsere weltweiten und europäischen Klimaziele erreichen wollen”, sagte Pannier-Runacher gestern vor dem Beginn des Ministerrates.
Europäische Staaten müssten ihre Kräfte bündeln, was atomare Sicherheit, Lieferketten, Forschung und Entwicklung sowie die Sicherung von Fachwissen angeht. An anderer Stelle nannte sie auch Entsorgung als Thema. Es gelte, neue Reaktoren zu entwickeln und für die Dekarbonisierung der heimischen Industrie gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen wie in den USA, Großbritannien, China, Südkorea, Japan und Indien.
Überraschend war die breite Allianz der Länder, die sich hinter Frankreich versammelten. Anfang des Monats hatte Pannier-Runacher bereits einen Brief an die Kommission geschrieben, in dem sie sich mit ihren Kollegen aus acht anderen EU-Staaten für Wasserstoff aus Kernenergie einsetzte. Neu hinzu kommen bei dem heutigen Treffen neben der schwedischen Ratspräsidentschaft noch Finnland, Italien und die Niederlande. Nur ein europäischer Staat mit Kernenergie fehlt in der Auflistung: Spanien, das unter der derzeitigen Regierung stark auf erneuerbare Energien setzt.
Offene Kritik kam von Luxemburgs Energieminister Claude Turmes. Das Treffen zur Atomenergie nannte der Grünen-Politiker Zeitverschwendung. Erneuerbare seien billiger und schneller zu bauen. In diesem Sinne konnte Turmes gestern einen Erfolg vermelden. Luxemburg und Finnland waren gestern die ersten EU-Staaten überhaupt, die ein Projekt zum grenzüberschreitenden Ausbau von erneuerbaren Energien vermelden konnten – ein Mechanismus aus der Governance-Verordnung zur Energieunion von 2018.
Luxemburg stellt dazu 40 Millionen Euro für die Beschaffung von erneuerbarer Energie bereit. Finnland ermöglicht im Gegenzug eine Ausschreibung für bis zu 400 Megawatt (MW) Photovoltaik in seinem Staatsgebiet. Durchführen wird die Ausschreibung die europäische CINEA-Agentur in den kommenden Wochen. Bis Jahresende hofft die Kommission auf eine zweite Runde mit weiteren EU-Staaten.
Deutlich früher lösen müssen die EU-Staaten die Frage, ob sie ihr freiwilliges Gassparziel von 15 Prozent verlängern. Ende März läuft es aus. Die Kommission betrachte eine Fortsetzung des Gassparens als eine “No-regret-Möglichkeit”. Erst beim nächsten, regulären Energierat am 28. März werden die Minister laut Simson einen Vorschlag zur Verlängerung der Regelung diskutieren.
Druck machte gestern schon einmal Deutschland. Giegold sprach sich klar für eine Verlängerung aus und sogar für ein höheres Ziel zum Gassparen, da die EU ihren Verbrauch an Gas sogar um mehr als 15 Prozent reduziert habe. Allerdings ging ein Großteil auf die milde Witterung zurück und schon in der Hochphase der Krise hatten sich einzelne Staaten wie Polen gegen verpflichtende Einsparungen ausgesprochen. Giegold warb für ein höheres Einsparziel mit dem Argument, es werde Spekulationen am Gasmarkt verhindern und die Preise dämpfen.
Der Druck ist enorm: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und Kosovos Regierungschef Albin Kurti sind am Montag in Brüssel zu einer neuen Runde im sogenannten Belgrad-Pristina-Dialog zusammengekommen. Die beiden Kontrahenten sollten diesmal nicht nur reden, sondern liefern. Auf dem Tisch ein Zehn-Punkte-Plan, den beide Seiten bis März unterzeichnen sollen. Nach Jahren des Stillstands will die EU endlich konkrete Schritte hin zu einer Normalisierung zwischen den beiden Ländern und Selbstverwaltung für die serbische Minderheit im Kosovo. Auch die USA drängen massiv.
Vor der Abreise nach Brüssel hatten Vučić und Kurti noch Post bekommen. Und zwar in Form eines gemeinsamen Briefs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Olaf Scholz und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auch das ist eine Premiere und soll wohl signalisieren, dass der ungelöste Konflikt auf dem Balkan jetzt Chefsache ist. Zulange haben die Mitgliedstaaten weggeschaut und das Problem Brüssel überlassen. Dort haben sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und sein Sondergesandter Miroslav Lajčák bisher mit wenig Erfolg als Mediatoren bemüht.
Zuletzt waren die Spannungen zwischen Belgrad und Pristina über die Weihnachtstage eskaliert, ausgelöst durch einen alten Streit um die gegenseitige Anerkennung von Autokennzeichen. Im Norden des Kosovo errichteten Angehörige der serbischen Minderheit Straßenblockaden und Belgrad drohte damit, Truppen zu entsenden. Das hat auch die internationale Gemeinschaft aufgeschreckt. Mit der Eskalation alle paar Monaten soll Schluss sein. “Wir glauben, dass es jetzt dringend ist, das Abkommen abzuschließen und seine Umsetzung sicherzustellen”, schreiben Macron, Scholz und Meloni im gemeinsamen Brief.
Inspiriert ist der ursprünglich deutsch-französische Plan vom Grundlagenvertrag von 1972 über die Beziehungen zwischen der damaligen Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Serbien müsste demnach Kosovo nicht explizit anerkennen, beide Seiten sollen sich aber zu gutnachbarlichen Beziehungen verpflichten. Konkret dürfte Belgrad den Beitritt Kosovos zu internationalen Organisationen wie der Uno oder dem Europarat nicht länger behindern. Beide Seiten müssten die jeweiligen nationalen Symbole des anderen akzeptieren, ebenso wie Pässe, Diplome, Autokennzeichen oder Zollstempel.
Selbst diese indirekte Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovo ist für den serbischen Präsidenten ein großer Schritt. Serbien betrachtet die ehemals von Belgrad kontrollierte Provinz bisher immer noch als Teil des Staatsgebiets. Eine radikalisierte Opposition warnt Vučić vor einem “Verrat”, einem “nationalen Desaster”.
Doch der Druck auf Albin Kurti ist möglicherweise noch größer, auch er müsste für einen Deal über seinen Schatten springen. EU und USA fordern mehr oder weniger ultimativ, dass der Regierungschef einen Verbund aus zehn mehrheitlich serbisch besiedelten Gemeinden mit weitgehender Selbstverwaltung zulässt. Genau dies hat Albin Kurti bei den Wahlen vor zwei Jahren explizit abgelehnt. Kurti befürchtet ein Szenario wie in Bosnien, wo die Republika Srpska den Gesamtstaat blockiert und permanent mit Abspaltung droht. Kosovos Premier hat zuletzt allerdings Flexibilität signalisiert und auch Vučić in Zugzwang gebracht.
Doch weshalb plötzlich diese plötzliche Eile, dieser Druck? Eine Rolle spielt Russlands Krieg gegen die Ukraine. Der Balkan ist Europas offene Flanke, die Moskau geschickt nutzt, um latente Spannungen anzuheizen und den Westen zusätzlich unter Druck zu setzen. Zuletzt wurden im Süden Serbiens an der Grenze zu Kosovo russische Söldner der sogenannten Wagner-Truppe gesichtet. Die EU und die USA möchten diese Flanke schließen. Und das geht nur mit einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina.
28.02.2023 – 12:00-14:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
FES, Discussion Entry points for developing a hydrogen foreign policy: How to build partnerships and balance climate protection and geopolitical risks?
The Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) discusses the paper Building partnerships for an international hydrogen economy: entry points for European policy action. INFOS & REGISTRATION
28.02.2023 – 19:00-20:15 Uhr, Brüssel (Belgien)
WV Stahl, Podiumsdiskussion Aufbruch in eine klimaneutrale Zukunft: Die Rolle von grünem Stahl
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) diskutiert den Green Deal Industrial Plan. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
TÜV, Podiumsdiskussion Euro 7 für Elektrofahrzeuge – ein Paradoxon?
Der TÜV geht der Frage nach, wieso Fahrzeuge mit Elektroantrieb jetzt Gegenstand der neuen Abgasnorm Euro 7 sind. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 09:30-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Vortrag Metropolregionen gestalten Transformation
Der Freistaat Bayern diskutiert mit Vertretern anderer Metropolräume in Europa und Europäischer Institutionen in Brüssel über Zukunftsfragen und die Sicherung der Handlungsfähigkeit der Metropolregionen im Rahmen der Kohäsionspolitik. ANMELDUNG VIA E-MAIL
01.03.2023 – 10:00-21:00 Uhr, Berlin
BVMW, Konferenz Zukunftstag Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) lädt zum Vernetzungstreffen. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Öffentliche Ladeinfrastruktur
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) diskutiert aktuelle Entwicklungen rund um das Thema öffentliche Ladeinfrastruktur. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 16:00-17:00 Uhr, online
SNV, Podiumsgespräch Der DSA und wie er sich durchsetzen lässt
Die Stiftung Neue Verantwortung (SNV) geht der Frage nach, wie sich mögliche Hürden bei der Durchsetzung des DSA überwinden lassen. INFOS & ANMELDUNG
02.03.-03.03.2023, Berlin
HBS, Konferenz Geschlechtergleichheit durch digitale Transformation?
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) nimmt das Thema Geschlechtergleichheit durch digitale Transformation in den Blick. INFOS & ANMELDUNG
02.03.2023 – 09:30-10:30 Uhr, online
Eco, Seminar Der Europäische Cyber Resilience Act
Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) diskutiert den Kommissionsvorschlag zum Cyber Resilience Act. INFOS & ANMELDUNG
02.03.2023 – 10:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Roundtable 2023 State of the EU ETS Report
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) hosts a meeting with a small group of invited stakeholders and policymakers, which will brainstorm on the presentation of the 2023 State of the EU ETS Report, to be released in April. INFOS
02.03.2023 – 14:00-15:00 Uhr, online
Eurogas, Conference Decarbonising buildings in Europe – Which technologies do we need to reach our climate targets?
Eurogas addresses the question which technologies are needed to reach our climate targets. INFOS & REGISTRATION
Die Niederlande sind der erste Mitgliedstaat, der sich nach der Vorstellung der Gigabit Infrastructure Initiative der EU klar positioniert. Das Land lehnt eine Kostenbeteiligung (Fair Share) der großen Technologiekonzerne an den Netzausbaukosten ab. Ein solcher Schritt könnte gegen die Regeln der Netzneutralität verstoßen und zu Preiserhöhungen für die Europäer führen, sagte die niederländische Wirtschaftsministerin Micky Adriaansens in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Mit der Gigabit Infrastructure Initiative, die Binnenmarktkommissar Thierry Breton vergangene Woche vorstellte, startete die Kommission auch eine Konsultation. Darin geht es unter anderem um die Frage, ob Big Tech die Investitionen für den kostspieligen Ausbau der Glasfaser- und breitbandigen Mobilfunknetze mitbezahlen sollen (Fair Share). Telekommunikationsunternehmen wie Deutsche Telekom, Orange oder Telefónica fordern seit langem einen Beitrag, denn nach ihren Angaben entfällt mehr als die Hälfte des Internetdatenverkehrs auf Google, Alphabet, Apple, Meta, Netflix, Amazon und Microsoft. Die angesprochenen Unternehmen geben dagegen an, selbst bereits Milliarden in Netztechnik zu investieren.
Die niederländische Wirtschaftsministerin Adriaansens sagte, ihre Regierung habe eine Studie bei der Wirtschaftsberatungsfirma Oxera in Auftrag gegeben, die die Nachteile einer solchen Kostenbeteiligung aufzeige. “Wir sollten zunächst das Problem analysieren und die normale Marktreaktion auf diese Herausforderungen untersuchen.”
Breton sieht das anders: “Wir erleben immense technologische Umwälzungen, die die Geschäftsmodelle aller Wirtschaftsakteure im digitalen Raum erheblich beeinflussen werden”, sagte der Binnenmarktkommissar in einer Rede auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Die heutigen Netze könnten mit dem massiven Wandel, der sich vollziehe, einfach nicht mehr Schritt halten.
Die Konsultation sei von vielen als Kampf um den gerechten Anteil zwischen Big Telco und Big Tech beschrieben worden, sagte Breton weiter. Es gehe aber darum, “den vor uns liegenden Riesensprung in Sachen Konnektivität zu erreichen”. Es sei an der Zeit, ernsthaft über die möglichen bestehenden Hindernisse für eine grenzüberschreitende Konsolidierung der Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste in der EU sowie über die Vorteile eines integrierten Marktes für Funkfrequenzen zu diskutieren.
Auf dem Mobile World Congress wird Breton, der früher einmal CEO von France Télécom war, zu bilateralen Gesprächen unter anderen mit Vodafone-CEO Margherita Della Valle, Intel-CEO Pat Gelsinger, Telekom-Chef Tim Höttges sowie den CEOs von Telefónica und Orange, José María Álvarez-Pallete und Christel Heydemann, zusammentreffen. vis
Beim informellen Treffen der EU-Verkehrsminister und deren Vertreter in Stockholm, bekräftigte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), die Forderung, dass E-Fuels auch in Pkw zum Einsatz kommen sollten. Um die Klimaziele des Verkehrssektors zu erreichen, reiche es nicht, den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für E-Autos priorisieren. Man brauche auch eine Tankinfrastruktur für Wasserstoff und dessen Derivate, sagte Theurer zu Beginn des Treffens.
E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis, die durch hohen Energieaufwand und die Zufuhr von CO₂, welches aus der Atmosphäre abgeschieden werden kann, CO₂-neutral hergestellt werden können und nahezu identisch sind mit herkömmlichem Treibstoff.
Theurer erwarte, dass die Kommission einen eigenen Legislativvorschlag macht, wie Autos mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, auch weiterhin zugelassen werden können. Er verwies dabei auf den Erwägungsgrund 9a der Trilog-Einigung zu den Pkw-Flottengrenzwerten. Darin fordern die Gesetzgeber die Kommission auf, einen Vorschlag zu machen, wie Verbrenner auch nach 2035 noch zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Das sei auch nach wie vor die Position der Bundesregierung, betonte Theurer.
Allerdings ist die Kommission nicht verpflichtet, dieser Forderung nachzukommen, da sie allein über das Initiativrecht verfügt, neue Gesetzesvorschläge zu machen. Klimakommissar Frans Timmermans erklärte schon mehrfach, das Verbrenner-Aus 2035 nicht zu revidieren.
Zudem heißt es in besagtem Recital 9a auch, dass dieser Vorschlag nur für Fahrzeuge gelten würde, die nicht unter die Regelungen der CO₂-Flottenziele fallen. Wie dies zu interpretieren ist und ob damit lediglich bestimmte Nutzfahrzeuge gemeint sind oder auch die bestehende Pkw-Flotte, ist sowohl in Bundesregierungs- als auch in EU-Kreisen nach wie vor umstritten.
Angesprochen auf die neue Euronorm für Pkw und Lieferwagen, sagte Theurer am Montag in Stockholm, man habe in der Bundesregierung noch keinen gemeinsamen Standpunkt zu Euro 7. Berlin befürworte zwar ehrgeizige Ziele für die neue Norm, es müsse jedoch noch über technische Details gesprochen werden, insbesondere über die Emissionsprüfung im realen Fahrbetrieb und deren Spezifikationen. Daran arbeite man, so Theurer. luk
Präsident Emmanuel Macron hat am Montagabend Frankreichs neue politische und militärische Afrikastrategie vorgestellt. “Afrika ist unser Partner”, sagte der französische Staatschef. Macron, der von Mittwoch an in Zentralafrika unterwegs ist, knüpfte mit dieser Aussage direkt an seine Rede von Ouagadougou von 2017 an, als er sagte, “Françafrique” gehöre der Vergangenheit an. Mit dem Schlagwort “Françafrique” wird in Frankreich eine neokoloniale Einmischung des französischen Staates in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Staaten bezeichnet.
Während sich Macron 2017 allerdings vor allem an die afrikanische Jugend richtete, war sein gestriger Diskurs eine konkrete Antwort auf die wirtschaftliche und militärische Einflussnahme Chinas und Russlands auf dem Kontinent. Zwar nannte er beide Länder nicht, kritisierte aber die “finanzielle und militärische Raubgier” (prédation) mancher Staaten. Im Gegenzug dazu setze Frankreich auf eine “Partnerschaft auf Augenhöhe“. Macron kündigte konkrete Maßnahmen an:
Der französische Präsident betonte überraschend offen, dass Frankreich eigene Interessen in afrikanischen Staaten verfolge, etwa Werte wie Demokratie und Freiheit. Jedoch würde Paris seine Werte nicht aufzwingen, sondern auf Dialog setzen. Immer wieder nutzte Macron allerdings das Wort “Transaktion“, um die künftigen Beziehungen zwischen Frankreich und Afrika zu beschreiben – ganz so, als wolle er den “Dialog” vor allem auf eine wirtschaftliche Ebene bringen. Das passte auch zu seinem Aufruf an französische Unternehmen, sie sollen den Kontinent als “Wettbewerbsplatz” ernst nehmen.
Am Mittwoch reist Macron nach Gabun, Angola, in die Demokratische Republik Kongo und nach Kongo-Brazzaville. In Gabun nimmt er an einem Treffen zum Erhalt der Wälder des Kongobeckens teil. Der Kampf gegen den Klimawandel nahm in Macrons gestriger Rede allerdings keinen zentralen Platz ein. cw
Das Centrum für Europäische Politik (CEP) sieht im Kommissionsvorschlag über die Haftung für fehlerhafte Produkte Verbraucherrechte gestärkt, warnt jedoch im Detail vor Rechtsunsicherheit und Unschärfen. “Gerade mit Blick auf Software stärkt der Kommissionsvorschlag die Rechtssicherheit, da diese nun EU-weit als
Produkt gelten soll”, sagt CEP-Ökonom Marco Mazzone, der den Entwurf gemeinsam mit dem Juristen Lukas Harta analysiert hat. Allerdings seien Kernbegriffe in Bezug auf die Vorschriften zur Offenlegungspflicht und auf die Beweislast nicht hinreichend präzise, was wiederum zu Rechtsunsicherheit führe.
Im September 2022 hatte Justizkommissar Didier Reynders die Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt. Hintergrund ist, dass die bestehende Richtlinie aus dem Jahr 1985 an aktuelle Erfordernisse der Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft angepasst werden soll, so beispielsweise in Hinsicht auf Software. Am 2. März werden die Parlamentarier im Rechtsausschuss (JURI) und Binnenmarktausschuss (IMCO) über den Vorschlag der Kommission beraten.
Mazzone hält es für sachgerecht, dass Schäden, die etwa durch Updates verursacht werden, einer Haftungspflicht unterliegen. Ebenso begrüßt der CEP-Experte, dass der Selbstbehalt von 500 Euro wegfallen soll. Sein Kollege Harta sieht jedoch bei den Voraussetzungen für die Offenlegungspflicht und die Beweislastumkehr Kernbegriffe nicht hinreichend präzise definiert. “Beklagte sollen vor Gericht Beweismittel vorlegen. So etwas gibt es zwar schon, aber in der vorgeschlagenen Form lässt es den Mitgliedstaaten nicht genug Freiheit, eine für ihr Rechtssystem passgenaue Umsetzung zu finden”, kritisiert Harta.
Kritik übt Harta auch am Vorschlag, dass Unternehmen Updates für Softwareprodukte bis zu zehn Jahre bereitstellen sollen. Im Cyber Resilience Act seien nur fünf Jahren vorgesehen. “Wir plädieren für einheitliche Regelungen. Alles andere führt zu Konfusion”, sagt der CEP-Experte. vis
Vor ein paar Wochen feierte Thorsten Herdan in Chile. Der Anlass: Die Industrieanlage “Haru Oni”, die klimaneutralen Sprit herstellt, produzierte die ersten Liter E-Fuels. “Das war sehr imposant”, sagt Herdan über die Anlage von HIF Global. Zur Herstellung arbeitet die Anlage mit Strom aus einem Windrad, Wasser und CO₂. “Das sind noch homöopathische Mengen”, gibt Herdan zu. Der 56-Jährige ist Chef der HIF EMEA, der HIF-Tochter für Europa, den Mittleren Osten und Afrika – mit Sitz in Berlin. Die Pilotanlage, deren Aufbau vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wurde, schafft etwa eine Tankwagenfüllung E-Fuels im Monat. Das solle schnell mehr werden, findet Herdan. Dafür zu sorgen, ist auch seine Aufgabe.
Eine weitere, aktuelle Aufgabe: die Suche nach weiteren Kunden. Der erste Abnehmer für die “erneuerbaren Kohlenwasserstoffe“, wie er den klimaneutralen Sprit nennt, steht schon fest: die Porsche AG. Der Autobauer ist am Mutterunternehmen HIF beteiligt. Aber Herdan hat auch andere Branchen im Blick, ob Schifffahrt, Flugverkehr oder Landwirtschaft: “Das ist aktuell eine der größten Herausforderungen: die Kunden zu finden und davon zu überzeugen, uns langfristige Abnahmeverträge zu geben.” Die Langfristigkeit sei wichtig, um das Geschäft skalieren zu können.
Herdan selbst beschäftigt sich schon lange mit Energie und Motoren. Der gelernte Maschinenbauingenieur wechselte 2014 vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ins Bundeswirtschaftsministerium. Dort leitete er die Abteilung Energiepolitik und erarbeitete federführend die nationale Wasserstoffstrategie. Im vergangenen Jahr wurde Herdan dann Geschäftsführer beim E-Fuels-Unternehmen HIF EMEA. Für ihn die perfekte Aufgabe: “Mich treibt es an, etwas Neues aufzubauen.” Denn aufzubauen gibt es für Herdan und seine acht Kollegen so einiges. Nicht nur das Team soll bald schon doppelt so groß sein, sondern vor allem seien viele neue Anlagen in der Pipeline.
“Stufe eins umfasst 300 Megawatt. Da planen wir den kommerziellen Betrieb für Ende 2026.” Die folgenden Ausbaustufen sollen noch deutlich größer werden. Wann und wo er die erste Anlage in Europa eröffne, kann er noch nicht sagen. “Ich glaube, dass wir die ersten Anlagen im Mittleren Osten oder in Afrika bauen“, sagt er. Den Umweg über die Umwandlung in Kohlenwasserstoff zu gehen, ergebe vor allem dann Sinn, wenn keine Strom- oder Wasserstoff-Leitung in der Nähe existierten. “Da bietet der europäische Markt nicht so viel.” Wobei er schnell hinzufügt, dass er sich im Offshore-Bereich mittelfristig viel vorstellen könnte.
Die E-Fuels, die bald dann in etwas größerer Menge vorhanden sein sollen, sind vor allem für Sektoren interessant, in denen der Umstieg auf Elektroantriebe noch nicht in Sicht ist. Dass sich die Diskussion um E-Fuels in den letzten Wochen und Monaten vor allem um Pkw drehte, ärgert ihn deshalb. “Das ist eine brutale Verengung der Debatte”, meint Herdan, “weil suggeriert wird, dass es Motoren nur dort gäbe.” Er sieht E-Autos nicht als Kontrahenten, sondern findet: “Bei dem Klima-Desaster, was vor der Tür steht, müssen wir alle Optionen nutzen.” Paul Meerkamp
Aufatmen in der EU. In der Causa Nordirland-Protokoll ist am Montag die langersehnte Einigung erzielt worden. Großbritannien soll demnach künftig einfacher Waren nach Nordirland schiffen können. Da hilft auch ein Label namens “Not for EU”. Das soll verhindern, dass Waren dann unerlaubt weiter nach Irland gelangen, berichtet Till Hoppe. Doch der britische Premier Sunak muss sich noch die Zustimmung zu der Vereinbarung sichern.
Streit, Streit und nochmals Streit. So lassen sich die serbisch-kosovarischen Beziehungen der letzten Jahre zusammenfassen. Nun gibt es aber auch hier Hoffnung auf ein Ende der Eiszeit. Denn bis März sollen die Regierungschefs beider Länder einen Zehn-Punkte-Plan unterzeichnen. Die EU erhöht den Druck, berichtet Stephan Israel.
Beim Energieministertreffen in Stockholm gewinnt Frankreich neue Unterstützer für seine Atom-Initiativen. Deutschland will die EU-Mitglieder auf ein höheres Gassparziel verpflichten. Und Luxemburg und Finnland gelingt beim Ausbau der Erneuerbaren eine Pioniertat. Mehr lesen Sie in der Analyse von Manuel Berkel.
Wenn Ihnen Europe.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Falls Ihnen diese Mail zugeschickt wurde: Hier können Sie das Briefing kostenlos testen.
Der Empfang von Ursula von der Leyen durch König Charles brachte die Hardliner in London und Belfast am Montag noch einmal in Wallung – sie witterten eine ungebührliche Politisierung der Monarchie. Den seit Längerem angebahnten Deal zwischen der EU-Kommissionspräsidentin und dem britischen Premier Rishi Sunak verhinderte die Aufregung aber nicht mehr: Beide verkündeten am Nachmittag, sich auf neue Regeln für den Handel mit Nordirland geeinigt zu haben und sprachen unisono von einem “neuen Kapitel” in den Beziehungen zwischen beiden Seiten.
Die vorläufige politische Vereinbarung zielt darauf, die Einfuhr von Waren aus Großbritannien nach Nordirland zu erleichtern – ohne ein Einfallstor in den EU-Binnenmarkt zu öffnen. Der damalige Premier Boris Johnson hatte im Zuge des Brexit-Deals 2019 eingewilligt, Nordirland im EU-Binnenmarkt zu belassen. So sollte eine harte Landgrenze zwischen der Republik Irland und dem Norden vermieden werden, die zu neuer neue Gewalt auf der Insel hätte führen können.
Um das zu verhindern, akzeptierte Johnson im Nordirland-Protokoll, dass britische Güter bei der Einfuhr in den nordirischen Häfen kontrolliert werden. Die Zollgrenze innerhalb des Vereinigten Königreichs war aber ein Stachel im Fleisch der Unionisten in Nordirland und der Brexit-Hardliner bei den regierenden Tories. Johnson eskalierte den Konflikt mit der EU im vergangenen Juni und brachte einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, der das gültige Abkommen ausgehebelt hätte.
Sein Nach-Nachfolger Sunak bemühte sich hingegen nach seinem Amtsantritt darum, den Disput in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission zu entschärfen und damit zugleich eine politische Krise in Nordirland zu beenden. Von der Leyen lobte die “sehr konstruktive Einstellung von Beginn an”.
Allerdings muss Sunak den Deal nun in seiner Partei und in der nordirischen Democratic Unionist Party verkaufen. DUP-Chef Jeffrey Donaldson sagte, es seien “in einer Reihe von Bereichen bedeutende Fortschritte erzielt” worden, gebe aber auch weiterhin wichtige Probleme. Seine Partei werde sich die Vereinbarung nun im Detail ansehen.
Das Nordirland-Protokoll geht dafür in einem neuen “Windsor-Framework” auf. Das ermöglicht es beiden Seiten, ihre Erfolge herauszustellen. Sunak kann den Hardlinern gegenüber argumentieren, substanzielle Änderungen an dem ungeliebten Protokoll erreicht zu haben: “Wir haben jeden Eindruck einer Grenze in der Irischen See beseitigt”, sagte er. Von der Leyen und ihr mit den Verhandlungen beauftragter Vize Maroš Šefčovič können darauf verweisen, das Nordirland-Protokoll als integraler Teil des EU-Austrittsabkommens werde nicht aufgeschnürt, die Integrität des Binnenmarktes bleibe gewahrt.
Das sieht die Vereinbarung vor:
Die Einigung wird in Brüssel mit Erleichterung aufgenommen: “Der gefundene Kompromiss ist insgesamt pragmatisch und bietet Anlass zu Hoffnung, dass die latente Dauerdebatte nun endlich beigelegt werden kann”, sagte David McAllister, der Co-Vorsitzende der Kontaktgruppe des Europaparlaments zum Vereinigten Königreich.
Auch in der Industrie herrscht Hoffnung: Verlässliche Bedingungen für den Handel seien sowohl für die europäische als auch die britische Industrie “Grundvoraussetzung, um die wirtschaftlichen Beziehungen auch nach dem Brexit positiv zu entwickeln”, sagte Holger Kunze, Leiter des Brüsseler Büros des Maschinenbauverbandes VDMA. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte, die Einigung über das Protokoll sei “dringend nötig, um den Negativtrend im Großbritanniengeschäft für die deutsche Wirtschaft zu stoppen”.
Das Thema, auf das sich derzeit in der EU die höchsten Erwartungen der Energiebranche richten, spielte gestern beim informellen Treffen der Energieminister nur eine untergeordnete Rolle. Für “Mitte März” kündigte Kommissarin Kadri Simson erneut den Gesetzesvorschlag zur Reform des Strommarktes an, der laut Contexte vom 14. auf den 16. März verschoben werden könnte.
Die einzig neue, wenn auch etwas nebulöse Ankündigung der Energiekommissarin: Man werde es Haushaltskunden ermöglichen, sich freiwillig für “Lieferverträge mit niedrigem Risiko” zu entscheiden. Gemeint sein könnten damit Verträge mit Laufzeiten jenseits von zwei Jahren, die derzeit in vielen EU-Staaten für Verbraucherverträge untersagt sind. Eingesetzt hat sich dafür etwa Eurelectric, um sowohl Kunden als auch Investoren, mehr Sicherheit über längere Zeiträume zu ermöglichen.
Zur Vorsicht bei der Strommarkt-Reform mahnte abermals Deutschland. “No regret”-Maßnahmen seien die Stärkung von Langzeitverträgen und leichtere Möglichkeiten für Differenzverträge zur Vergütung von erneuerbaren Energien. Solche CfDs sollten allerdings freiwillig bleiben und eher neue als bestehende Erzeugungsanlagen begünstigen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold. Priorität haben für den Grünen bei der Reform des Marktdesigns gute Investitionsbedingungen für erneuerbare Energien.
Eine ganz andere Priorität setzt dagegen Frankreich – und das zunehmend erfolgreich. Für heute hat Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher ein Treffen zur Atomenergie anberaumt, an dem laut Contexte Vertreter von zwölf weiteren Mitgliedstaaten teilnehmen (Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Tschechien, Schweden, Italien, Slowakei, Polen, Ungarn, Kroatien, Niederlande, Finnland). “Wir brauchen Strom aus Kernenergie, wenn wir unsere weltweiten und europäischen Klimaziele erreichen wollen”, sagte Pannier-Runacher gestern vor dem Beginn des Ministerrates.
Europäische Staaten müssten ihre Kräfte bündeln, was atomare Sicherheit, Lieferketten, Forschung und Entwicklung sowie die Sicherung von Fachwissen angeht. An anderer Stelle nannte sie auch Entsorgung als Thema. Es gelte, neue Reaktoren zu entwickeln und für die Dekarbonisierung der heimischen Industrie gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen wie in den USA, Großbritannien, China, Südkorea, Japan und Indien.
Überraschend war die breite Allianz der Länder, die sich hinter Frankreich versammelten. Anfang des Monats hatte Pannier-Runacher bereits einen Brief an die Kommission geschrieben, in dem sie sich mit ihren Kollegen aus acht anderen EU-Staaten für Wasserstoff aus Kernenergie einsetzte. Neu hinzu kommen bei dem heutigen Treffen neben der schwedischen Ratspräsidentschaft noch Finnland, Italien und die Niederlande. Nur ein europäischer Staat mit Kernenergie fehlt in der Auflistung: Spanien, das unter der derzeitigen Regierung stark auf erneuerbare Energien setzt.
Offene Kritik kam von Luxemburgs Energieminister Claude Turmes. Das Treffen zur Atomenergie nannte der Grünen-Politiker Zeitverschwendung. Erneuerbare seien billiger und schneller zu bauen. In diesem Sinne konnte Turmes gestern einen Erfolg vermelden. Luxemburg und Finnland waren gestern die ersten EU-Staaten überhaupt, die ein Projekt zum grenzüberschreitenden Ausbau von erneuerbaren Energien vermelden konnten – ein Mechanismus aus der Governance-Verordnung zur Energieunion von 2018.
Luxemburg stellt dazu 40 Millionen Euro für die Beschaffung von erneuerbarer Energie bereit. Finnland ermöglicht im Gegenzug eine Ausschreibung für bis zu 400 Megawatt (MW) Photovoltaik in seinem Staatsgebiet. Durchführen wird die Ausschreibung die europäische CINEA-Agentur in den kommenden Wochen. Bis Jahresende hofft die Kommission auf eine zweite Runde mit weiteren EU-Staaten.
Deutlich früher lösen müssen die EU-Staaten die Frage, ob sie ihr freiwilliges Gassparziel von 15 Prozent verlängern. Ende März läuft es aus. Die Kommission betrachte eine Fortsetzung des Gassparens als eine “No-regret-Möglichkeit”. Erst beim nächsten, regulären Energierat am 28. März werden die Minister laut Simson einen Vorschlag zur Verlängerung der Regelung diskutieren.
Druck machte gestern schon einmal Deutschland. Giegold sprach sich klar für eine Verlängerung aus und sogar für ein höheres Ziel zum Gassparen, da die EU ihren Verbrauch an Gas sogar um mehr als 15 Prozent reduziert habe. Allerdings ging ein Großteil auf die milde Witterung zurück und schon in der Hochphase der Krise hatten sich einzelne Staaten wie Polen gegen verpflichtende Einsparungen ausgesprochen. Giegold warb für ein höheres Einsparziel mit dem Argument, es werde Spekulationen am Gasmarkt verhindern und die Preise dämpfen.
Der Druck ist enorm: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und Kosovos Regierungschef Albin Kurti sind am Montag in Brüssel zu einer neuen Runde im sogenannten Belgrad-Pristina-Dialog zusammengekommen. Die beiden Kontrahenten sollten diesmal nicht nur reden, sondern liefern. Auf dem Tisch ein Zehn-Punkte-Plan, den beide Seiten bis März unterzeichnen sollen. Nach Jahren des Stillstands will die EU endlich konkrete Schritte hin zu einer Normalisierung zwischen den beiden Ländern und Selbstverwaltung für die serbische Minderheit im Kosovo. Auch die USA drängen massiv.
Vor der Abreise nach Brüssel hatten Vučić und Kurti noch Post bekommen. Und zwar in Form eines gemeinsamen Briefs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Olaf Scholz und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auch das ist eine Premiere und soll wohl signalisieren, dass der ungelöste Konflikt auf dem Balkan jetzt Chefsache ist. Zulange haben die Mitgliedstaaten weggeschaut und das Problem Brüssel überlassen. Dort haben sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und sein Sondergesandter Miroslav Lajčák bisher mit wenig Erfolg als Mediatoren bemüht.
Zuletzt waren die Spannungen zwischen Belgrad und Pristina über die Weihnachtstage eskaliert, ausgelöst durch einen alten Streit um die gegenseitige Anerkennung von Autokennzeichen. Im Norden des Kosovo errichteten Angehörige der serbischen Minderheit Straßenblockaden und Belgrad drohte damit, Truppen zu entsenden. Das hat auch die internationale Gemeinschaft aufgeschreckt. Mit der Eskalation alle paar Monaten soll Schluss sein. “Wir glauben, dass es jetzt dringend ist, das Abkommen abzuschließen und seine Umsetzung sicherzustellen”, schreiben Macron, Scholz und Meloni im gemeinsamen Brief.
Inspiriert ist der ursprünglich deutsch-französische Plan vom Grundlagenvertrag von 1972 über die Beziehungen zwischen der damaligen Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Serbien müsste demnach Kosovo nicht explizit anerkennen, beide Seiten sollen sich aber zu gutnachbarlichen Beziehungen verpflichten. Konkret dürfte Belgrad den Beitritt Kosovos zu internationalen Organisationen wie der Uno oder dem Europarat nicht länger behindern. Beide Seiten müssten die jeweiligen nationalen Symbole des anderen akzeptieren, ebenso wie Pässe, Diplome, Autokennzeichen oder Zollstempel.
Selbst diese indirekte Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovo ist für den serbischen Präsidenten ein großer Schritt. Serbien betrachtet die ehemals von Belgrad kontrollierte Provinz bisher immer noch als Teil des Staatsgebiets. Eine radikalisierte Opposition warnt Vučić vor einem “Verrat”, einem “nationalen Desaster”.
Doch der Druck auf Albin Kurti ist möglicherweise noch größer, auch er müsste für einen Deal über seinen Schatten springen. EU und USA fordern mehr oder weniger ultimativ, dass der Regierungschef einen Verbund aus zehn mehrheitlich serbisch besiedelten Gemeinden mit weitgehender Selbstverwaltung zulässt. Genau dies hat Albin Kurti bei den Wahlen vor zwei Jahren explizit abgelehnt. Kurti befürchtet ein Szenario wie in Bosnien, wo die Republika Srpska den Gesamtstaat blockiert und permanent mit Abspaltung droht. Kosovos Premier hat zuletzt allerdings Flexibilität signalisiert und auch Vučić in Zugzwang gebracht.
Doch weshalb plötzlich diese plötzliche Eile, dieser Druck? Eine Rolle spielt Russlands Krieg gegen die Ukraine. Der Balkan ist Europas offene Flanke, die Moskau geschickt nutzt, um latente Spannungen anzuheizen und den Westen zusätzlich unter Druck zu setzen. Zuletzt wurden im Süden Serbiens an der Grenze zu Kosovo russische Söldner der sogenannten Wagner-Truppe gesichtet. Die EU und die USA möchten diese Flanke schließen. Und das geht nur mit einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina.
28.02.2023 – 12:00-14:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
FES, Discussion Entry points for developing a hydrogen foreign policy: How to build partnerships and balance climate protection and geopolitical risks?
The Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) discusses the paper Building partnerships for an international hydrogen economy: entry points for European policy action. INFOS & REGISTRATION
28.02.2023 – 19:00-20:15 Uhr, Brüssel (Belgien)
WV Stahl, Podiumsdiskussion Aufbruch in eine klimaneutrale Zukunft: Die Rolle von grünem Stahl
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) diskutiert den Green Deal Industrial Plan. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
TÜV, Podiumsdiskussion Euro 7 für Elektrofahrzeuge – ein Paradoxon?
Der TÜV geht der Frage nach, wieso Fahrzeuge mit Elektroantrieb jetzt Gegenstand der neuen Abgasnorm Euro 7 sind. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 09:30-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Vortrag Metropolregionen gestalten Transformation
Der Freistaat Bayern diskutiert mit Vertretern anderer Metropolräume in Europa und Europäischer Institutionen in Brüssel über Zukunftsfragen und die Sicherung der Handlungsfähigkeit der Metropolregionen im Rahmen der Kohäsionspolitik. ANMELDUNG VIA E-MAIL
01.03.2023 – 10:00-21:00 Uhr, Berlin
BVMW, Konferenz Zukunftstag Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) lädt zum Vernetzungstreffen. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Öffentliche Ladeinfrastruktur
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) diskutiert aktuelle Entwicklungen rund um das Thema öffentliche Ladeinfrastruktur. INFOS & ANMELDUNG
01.03.2023 – 16:00-17:00 Uhr, online
SNV, Podiumsgespräch Der DSA und wie er sich durchsetzen lässt
Die Stiftung Neue Verantwortung (SNV) geht der Frage nach, wie sich mögliche Hürden bei der Durchsetzung des DSA überwinden lassen. INFOS & ANMELDUNG
02.03.-03.03.2023, Berlin
HBS, Konferenz Geschlechtergleichheit durch digitale Transformation?
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) nimmt das Thema Geschlechtergleichheit durch digitale Transformation in den Blick. INFOS & ANMELDUNG
02.03.2023 – 09:30-10:30 Uhr, online
Eco, Seminar Der Europäische Cyber Resilience Act
Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) diskutiert den Kommissionsvorschlag zum Cyber Resilience Act. INFOS & ANMELDUNG
02.03.2023 – 10:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Roundtable 2023 State of the EU ETS Report
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) hosts a meeting with a small group of invited stakeholders and policymakers, which will brainstorm on the presentation of the 2023 State of the EU ETS Report, to be released in April. INFOS
02.03.2023 – 14:00-15:00 Uhr, online
Eurogas, Conference Decarbonising buildings in Europe – Which technologies do we need to reach our climate targets?
Eurogas addresses the question which technologies are needed to reach our climate targets. INFOS & REGISTRATION
Die Niederlande sind der erste Mitgliedstaat, der sich nach der Vorstellung der Gigabit Infrastructure Initiative der EU klar positioniert. Das Land lehnt eine Kostenbeteiligung (Fair Share) der großen Technologiekonzerne an den Netzausbaukosten ab. Ein solcher Schritt könnte gegen die Regeln der Netzneutralität verstoßen und zu Preiserhöhungen für die Europäer führen, sagte die niederländische Wirtschaftsministerin Micky Adriaansens in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Mit der Gigabit Infrastructure Initiative, die Binnenmarktkommissar Thierry Breton vergangene Woche vorstellte, startete die Kommission auch eine Konsultation. Darin geht es unter anderem um die Frage, ob Big Tech die Investitionen für den kostspieligen Ausbau der Glasfaser- und breitbandigen Mobilfunknetze mitbezahlen sollen (Fair Share). Telekommunikationsunternehmen wie Deutsche Telekom, Orange oder Telefónica fordern seit langem einen Beitrag, denn nach ihren Angaben entfällt mehr als die Hälfte des Internetdatenverkehrs auf Google, Alphabet, Apple, Meta, Netflix, Amazon und Microsoft. Die angesprochenen Unternehmen geben dagegen an, selbst bereits Milliarden in Netztechnik zu investieren.
Die niederländische Wirtschaftsministerin Adriaansens sagte, ihre Regierung habe eine Studie bei der Wirtschaftsberatungsfirma Oxera in Auftrag gegeben, die die Nachteile einer solchen Kostenbeteiligung aufzeige. “Wir sollten zunächst das Problem analysieren und die normale Marktreaktion auf diese Herausforderungen untersuchen.”
Breton sieht das anders: “Wir erleben immense technologische Umwälzungen, die die Geschäftsmodelle aller Wirtschaftsakteure im digitalen Raum erheblich beeinflussen werden”, sagte der Binnenmarktkommissar in einer Rede auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Die heutigen Netze könnten mit dem massiven Wandel, der sich vollziehe, einfach nicht mehr Schritt halten.
Die Konsultation sei von vielen als Kampf um den gerechten Anteil zwischen Big Telco und Big Tech beschrieben worden, sagte Breton weiter. Es gehe aber darum, “den vor uns liegenden Riesensprung in Sachen Konnektivität zu erreichen”. Es sei an der Zeit, ernsthaft über die möglichen bestehenden Hindernisse für eine grenzüberschreitende Konsolidierung der Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste in der EU sowie über die Vorteile eines integrierten Marktes für Funkfrequenzen zu diskutieren.
Auf dem Mobile World Congress wird Breton, der früher einmal CEO von France Télécom war, zu bilateralen Gesprächen unter anderen mit Vodafone-CEO Margherita Della Valle, Intel-CEO Pat Gelsinger, Telekom-Chef Tim Höttges sowie den CEOs von Telefónica und Orange, José María Álvarez-Pallete und Christel Heydemann, zusammentreffen. vis
Beim informellen Treffen der EU-Verkehrsminister und deren Vertreter in Stockholm, bekräftigte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), die Forderung, dass E-Fuels auch in Pkw zum Einsatz kommen sollten. Um die Klimaziele des Verkehrssektors zu erreichen, reiche es nicht, den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für E-Autos priorisieren. Man brauche auch eine Tankinfrastruktur für Wasserstoff und dessen Derivate, sagte Theurer zu Beginn des Treffens.
E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis, die durch hohen Energieaufwand und die Zufuhr von CO₂, welches aus der Atmosphäre abgeschieden werden kann, CO₂-neutral hergestellt werden können und nahezu identisch sind mit herkömmlichem Treibstoff.
Theurer erwarte, dass die Kommission einen eigenen Legislativvorschlag macht, wie Autos mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, auch weiterhin zugelassen werden können. Er verwies dabei auf den Erwägungsgrund 9a der Trilog-Einigung zu den Pkw-Flottengrenzwerten. Darin fordern die Gesetzgeber die Kommission auf, einen Vorschlag zu machen, wie Verbrenner auch nach 2035 noch zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Das sei auch nach wie vor die Position der Bundesregierung, betonte Theurer.
Allerdings ist die Kommission nicht verpflichtet, dieser Forderung nachzukommen, da sie allein über das Initiativrecht verfügt, neue Gesetzesvorschläge zu machen. Klimakommissar Frans Timmermans erklärte schon mehrfach, das Verbrenner-Aus 2035 nicht zu revidieren.
Zudem heißt es in besagtem Recital 9a auch, dass dieser Vorschlag nur für Fahrzeuge gelten würde, die nicht unter die Regelungen der CO₂-Flottenziele fallen. Wie dies zu interpretieren ist und ob damit lediglich bestimmte Nutzfahrzeuge gemeint sind oder auch die bestehende Pkw-Flotte, ist sowohl in Bundesregierungs- als auch in EU-Kreisen nach wie vor umstritten.
Angesprochen auf die neue Euronorm für Pkw und Lieferwagen, sagte Theurer am Montag in Stockholm, man habe in der Bundesregierung noch keinen gemeinsamen Standpunkt zu Euro 7. Berlin befürworte zwar ehrgeizige Ziele für die neue Norm, es müsse jedoch noch über technische Details gesprochen werden, insbesondere über die Emissionsprüfung im realen Fahrbetrieb und deren Spezifikationen. Daran arbeite man, so Theurer. luk
Präsident Emmanuel Macron hat am Montagabend Frankreichs neue politische und militärische Afrikastrategie vorgestellt. “Afrika ist unser Partner”, sagte der französische Staatschef. Macron, der von Mittwoch an in Zentralafrika unterwegs ist, knüpfte mit dieser Aussage direkt an seine Rede von Ouagadougou von 2017 an, als er sagte, “Françafrique” gehöre der Vergangenheit an. Mit dem Schlagwort “Françafrique” wird in Frankreich eine neokoloniale Einmischung des französischen Staates in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Staaten bezeichnet.
Während sich Macron 2017 allerdings vor allem an die afrikanische Jugend richtete, war sein gestriger Diskurs eine konkrete Antwort auf die wirtschaftliche und militärische Einflussnahme Chinas und Russlands auf dem Kontinent. Zwar nannte er beide Länder nicht, kritisierte aber die “finanzielle und militärische Raubgier” (prédation) mancher Staaten. Im Gegenzug dazu setze Frankreich auf eine “Partnerschaft auf Augenhöhe“. Macron kündigte konkrete Maßnahmen an:
Der französische Präsident betonte überraschend offen, dass Frankreich eigene Interessen in afrikanischen Staaten verfolge, etwa Werte wie Demokratie und Freiheit. Jedoch würde Paris seine Werte nicht aufzwingen, sondern auf Dialog setzen. Immer wieder nutzte Macron allerdings das Wort “Transaktion“, um die künftigen Beziehungen zwischen Frankreich und Afrika zu beschreiben – ganz so, als wolle er den “Dialog” vor allem auf eine wirtschaftliche Ebene bringen. Das passte auch zu seinem Aufruf an französische Unternehmen, sie sollen den Kontinent als “Wettbewerbsplatz” ernst nehmen.
Am Mittwoch reist Macron nach Gabun, Angola, in die Demokratische Republik Kongo und nach Kongo-Brazzaville. In Gabun nimmt er an einem Treffen zum Erhalt der Wälder des Kongobeckens teil. Der Kampf gegen den Klimawandel nahm in Macrons gestriger Rede allerdings keinen zentralen Platz ein. cw
Das Centrum für Europäische Politik (CEP) sieht im Kommissionsvorschlag über die Haftung für fehlerhafte Produkte Verbraucherrechte gestärkt, warnt jedoch im Detail vor Rechtsunsicherheit und Unschärfen. “Gerade mit Blick auf Software stärkt der Kommissionsvorschlag die Rechtssicherheit, da diese nun EU-weit als
Produkt gelten soll”, sagt CEP-Ökonom Marco Mazzone, der den Entwurf gemeinsam mit dem Juristen Lukas Harta analysiert hat. Allerdings seien Kernbegriffe in Bezug auf die Vorschriften zur Offenlegungspflicht und auf die Beweislast nicht hinreichend präzise, was wiederum zu Rechtsunsicherheit führe.
Im September 2022 hatte Justizkommissar Didier Reynders die Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt. Hintergrund ist, dass die bestehende Richtlinie aus dem Jahr 1985 an aktuelle Erfordernisse der Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft angepasst werden soll, so beispielsweise in Hinsicht auf Software. Am 2. März werden die Parlamentarier im Rechtsausschuss (JURI) und Binnenmarktausschuss (IMCO) über den Vorschlag der Kommission beraten.
Mazzone hält es für sachgerecht, dass Schäden, die etwa durch Updates verursacht werden, einer Haftungspflicht unterliegen. Ebenso begrüßt der CEP-Experte, dass der Selbstbehalt von 500 Euro wegfallen soll. Sein Kollege Harta sieht jedoch bei den Voraussetzungen für die Offenlegungspflicht und die Beweislastumkehr Kernbegriffe nicht hinreichend präzise definiert. “Beklagte sollen vor Gericht Beweismittel vorlegen. So etwas gibt es zwar schon, aber in der vorgeschlagenen Form lässt es den Mitgliedstaaten nicht genug Freiheit, eine für ihr Rechtssystem passgenaue Umsetzung zu finden”, kritisiert Harta.
Kritik übt Harta auch am Vorschlag, dass Unternehmen Updates für Softwareprodukte bis zu zehn Jahre bereitstellen sollen. Im Cyber Resilience Act seien nur fünf Jahren vorgesehen. “Wir plädieren für einheitliche Regelungen. Alles andere führt zu Konfusion”, sagt der CEP-Experte. vis
Vor ein paar Wochen feierte Thorsten Herdan in Chile. Der Anlass: Die Industrieanlage “Haru Oni”, die klimaneutralen Sprit herstellt, produzierte die ersten Liter E-Fuels. “Das war sehr imposant”, sagt Herdan über die Anlage von HIF Global. Zur Herstellung arbeitet die Anlage mit Strom aus einem Windrad, Wasser und CO₂. “Das sind noch homöopathische Mengen”, gibt Herdan zu. Der 56-Jährige ist Chef der HIF EMEA, der HIF-Tochter für Europa, den Mittleren Osten und Afrika – mit Sitz in Berlin. Die Pilotanlage, deren Aufbau vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wurde, schafft etwa eine Tankwagenfüllung E-Fuels im Monat. Das solle schnell mehr werden, findet Herdan. Dafür zu sorgen, ist auch seine Aufgabe.
Eine weitere, aktuelle Aufgabe: die Suche nach weiteren Kunden. Der erste Abnehmer für die “erneuerbaren Kohlenwasserstoffe“, wie er den klimaneutralen Sprit nennt, steht schon fest: die Porsche AG. Der Autobauer ist am Mutterunternehmen HIF beteiligt. Aber Herdan hat auch andere Branchen im Blick, ob Schifffahrt, Flugverkehr oder Landwirtschaft: “Das ist aktuell eine der größten Herausforderungen: die Kunden zu finden und davon zu überzeugen, uns langfristige Abnahmeverträge zu geben.” Die Langfristigkeit sei wichtig, um das Geschäft skalieren zu können.
Herdan selbst beschäftigt sich schon lange mit Energie und Motoren. Der gelernte Maschinenbauingenieur wechselte 2014 vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ins Bundeswirtschaftsministerium. Dort leitete er die Abteilung Energiepolitik und erarbeitete federführend die nationale Wasserstoffstrategie. Im vergangenen Jahr wurde Herdan dann Geschäftsführer beim E-Fuels-Unternehmen HIF EMEA. Für ihn die perfekte Aufgabe: “Mich treibt es an, etwas Neues aufzubauen.” Denn aufzubauen gibt es für Herdan und seine acht Kollegen so einiges. Nicht nur das Team soll bald schon doppelt so groß sein, sondern vor allem seien viele neue Anlagen in der Pipeline.
“Stufe eins umfasst 300 Megawatt. Da planen wir den kommerziellen Betrieb für Ende 2026.” Die folgenden Ausbaustufen sollen noch deutlich größer werden. Wann und wo er die erste Anlage in Europa eröffne, kann er noch nicht sagen. “Ich glaube, dass wir die ersten Anlagen im Mittleren Osten oder in Afrika bauen“, sagt er. Den Umweg über die Umwandlung in Kohlenwasserstoff zu gehen, ergebe vor allem dann Sinn, wenn keine Strom- oder Wasserstoff-Leitung in der Nähe existierten. “Da bietet der europäische Markt nicht so viel.” Wobei er schnell hinzufügt, dass er sich im Offshore-Bereich mittelfristig viel vorstellen könnte.
Die E-Fuels, die bald dann in etwas größerer Menge vorhanden sein sollen, sind vor allem für Sektoren interessant, in denen der Umstieg auf Elektroantriebe noch nicht in Sicht ist. Dass sich die Diskussion um E-Fuels in den letzten Wochen und Monaten vor allem um Pkw drehte, ärgert ihn deshalb. “Das ist eine brutale Verengung der Debatte”, meint Herdan, “weil suggeriert wird, dass es Motoren nur dort gäbe.” Er sieht E-Autos nicht als Kontrahenten, sondern findet: “Bei dem Klima-Desaster, was vor der Tür steht, müssen wir alle Optionen nutzen.” Paul Meerkamp