eine Einigung in Glasgow werde schwieriger, als sie es in Paris war, hat COP26-Präsident Alok Sharma prognostiziert. Das liegt vor allem daran, dass nun insbesondere die Industriestaaten gefragt sind, sich auf konkrete Maßnahmen zum weltweiten Klimaschutz zu verständigen. Dazu zählt auch, dass reiche Länder Geld für den globalen Süden bereitstellen – 100 Milliarden waren vereinbart. Lukas Scheid analysiert, wie es um dieses Versprechen steht.
Die biometrische Massenüberwachung in der EU nimmt zu – und das, obwohl die rechtliche Grundlage fehlt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Grünen/EFA-Fraktion beauftragte Studie, die auch Fälle in Deutschland nennt. Jasmin Kohl fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen und berichtet, welche Maßnahmen die Studienautoren der EU empfehlen.
Das Bundesumweltministerium hat alarmiert auf den Vorstoß von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert, Investitionen in Kernenergie in der Taxonomie-Verordnung als “nachhaltig” einzustufen. Man nehme mit großer Sorge die Tendenz wahr, dass die hohen Energiepreise als Vehikel genutzt werden, heißt es vom BMU. Mehr dazu lesen Sie in unseren News.
Bei der CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist der Planet weit ab vom Kurs der Pariser Klimaziele. Die Weltmeteorologieorganisation (WMO) erklärte am Montag, dass die Konzentration von Kohlendioxid im vergangenen Jahr stärker zugenommen hat als im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts – obwohl die Emissionen wegen Lockdown-Maßnahmen vorübergehend gesunken waren.
Auch bei den Zielen zur Finanzierung des weltweiten Klimaschutzes sah es lange nicht gut aus. COP26-Präsident Alok Sharma, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der britische Premier Boris Johnson forderten deshalb die Industriestaaten weltweit auf, mehr Finanzmittel für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern des globalen Südens bereitzustellen.
Die wohlhabendsten Länder des Planeten hatten sich schon 2009 darauf geeinigt, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar aufzuwenden. In den vergangenen Wochen wurde jedoch mehr und mehr deutlich, dass dieses Ziel schon 2020 nicht erreicht wurde. Zwar seien die Zahlen noch nicht vollständig, sagte ein pessimistischer Sharma am Montag, doch es sei “höchst unwahrscheinlich”, dass die Beiträge sich auf die anvisierten 100 Milliarden Dollar belaufen haben.
Dass das Ziel 2021 erreicht wird, gilt ebenfalls als unwahrscheinlich, obwohl unter anderem Deutschland, Großbritannien, die USA und Kanada ihre Beiträge bereits erhöht haben. Das neue Ziel lautet deshalb: 500 Milliarden von 2021 bis 2025. Damit haben die Industriestaaten die Möglichkeit, nicht erreichte Ziele nachträglich wettzumachen. Heißt: Werden die 100 Milliarden in einem Jahr nicht erreicht, soll die fehlende Summe zusätzlich in den Jahren darauf aufgetrieben werden. Eine verbindliche Zusage der Geberländer für diesen Zielpfad gibt es allerdings nicht.
In einem am Montag erschienenen Bericht von Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth und dem kanadischen Umweltminister Jonathan Wilkinson werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie das 100-Milliarden-Ziel künftig erreicht und sogar übertroffen werden soll. Im “Climate Finance Delivery Plan” werden allerdings auch die neuesten Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwähnt. Diesen zufolge erreichen die Industrienationen erst 2023 das 100-Milliarden-Ziel. 2024 und 2025 werden die Ziele schließlich übertroffen und – so die Prognose – die Versäumnisse der Vorjahre kompensieren.
Sowohl Sharma, der den Bericht in Auftrag gegeben hatte, als auch die beiden Autoren Flasbarth und Wilkinson erhoffen sich neuen Schwung durch die Veröffentlichung des Berichts. Sie sind zuversichtlich, dass sich die Finanzierungslücke stopfen lässt. Die Gründe dafür, dass die 100 Milliarden derzeit noch nicht erreicht werden, sehen die Autoren unter anderem in der noch zu geringen Geberlaune des Privatsektors. Der wesentliche Teil werde noch immer durch die öffentliche Hand bereitgestellt, sagte Flasbarth.
Laut dem Bericht räumen die Industrieländer ein, dass das Fehlen einer Gesamtstrategie für die Mobilisierung von Finanzmitteln aus dem Privatsektor und unzureichende Finanzinstrumente die Mobilisierung verlangsamt haben. Die Industrieländer wollen daher “innovative Ansätze” und “neue Finanzinstrumente” unterstützen, um den Zugang des Privatsektors in Bereiche und Regionen des globalen Südens zu ermöglichen, die sie bisher nicht erreicht haben.
Auch multilaterale Entwicklungsbanken sollen dazu bewegt werden, private Klimafinanzierung im globalen Süden stärker zu fördern. Allerdings betonen die Autoren des Berichts auch, dass der Anteil der Finanzhilfen ohne Rückzahlungspflicht im Vergleich zu den Darlehen und Krediten steigen müsse. Derzeit liege die Verteilung etwa bei 30 Prozent Zuschüssen und 70 Prozent Darlehen, sagte Sharma.
Die zusätzlichen finanziellen Mittel sollen vor allem in die Finanzierung der Klimaanpassung in den am meisten vom Klimawandel betroffenen Ländern fließen. Diese hinkt laut dem Bericht bislang noch hinterher im Vergleich zur Finanzierung für die Schadensminderung infolge des Klimawandels. Es gehe beim Erreichen des 100-Milliarden-Ziels nicht um Großzügigkeit, betonte Flasbarth am Montag. Es sei eine “wesentliche Grundvoraussetzung der gegenseitigen Verantwortung”, dass die Industriestaaten diese Gelder bereitstellen.
Der wachsende Druck hat die reichsten Länder des Planeten in den vergangenen Wochen und Monaten nicht nur dazu bewegt, ihre finanziellen Aufwendungen aufzustocken. Im Hinblick auf die Weltklimakonferenz hatten in den vergangenen Tagen mehrere Länder höhere Ambitionen verkündet. Australien – zuletzt häufig aufgrund fehlender Klimaziele in der Kritik – erklärte, bis 2050 CO2-neutral werden zu wollen. Auch Saudi-Arabien will dieses Ziel erreichen, allerdings erst zehn Jahre später (Europe.Table berichtete). Brasilien bekundete Kompromissbereitschaft in Glasgow bei der Frage über den Umgang mit Kohlenstoffsenken und Emissionszertifikaten.
Knapp drei Wochen nachdem sich die Mehrheit der Europaabgeordneten für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum ausgesprochen hat (Europe.Table berichtete), zeigt eine von der Grünen/EFA-Fraktion beauftragte Studie, dass die umstrittene Technologie innerhalb der EU zunehmend genutzt wird.
Die Studie soll eine erste Bestandsaufnahme von biometrischer Massenüberwachung in der EU liefern. Als Biometrie wird in diesem Kontext die Erkennung anhand körperlicher Merkmale wie dem Äußeren oder individueller Bewegungsmuster, aber auch spezieller Verhaltensweisen verstanden. Dazu untersuchte ein Forscherteam vergangene und aktuelle Fälle mit Fokus auf Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Ungarn. Egal ob Pilotprojekt oder uneingeschränkte Anwendung im öffentlichen Raum: Allen Fällen gemein sei, dass ihnen jegliche rechtliche Grundlage fehle. Laut Studie würden elf Mitgliedstaaten Gesichtserkennungs-Technologien auch bereits für strafrechtliche Ermittlungen anwenden.
“Wir hoffen, dass die Studie politische Entscheidungsträger und Bürger:innen für diese unrechtmäßigen Praktiken sensibilisiert”, sagte die belgische Grünen-Europaabgeordnete Saskia Bricmont, die die Studie zusammen mit dem deutschen Piraten-Europaabgeordneten Patrick Breyer am Montag vorstellte. “Das politische Momentum ist da, um zu zeigen, wie gefährlich und unrechtmäßig diese Technologie ist“, so Bricmont weiter. Besonders beunruhigend sei für sie, dass es nur sehr wenige Menschen gebe, die alle mit dieser Technologie verbundenen Risiken in Bezug auf Grund- und Freiheitsrechte kennen würden.
Das fünfköpfige Forscherteam unter Leitung von Francesco Ragazzi, außerordentlicher Professor für internationale Beziehungen an der Universität Leiden, das die Studie für die Grüne/EFA-Fraktion durchgeführt hat, gibt sieben Empfehlungen ab.
Die EU soll:
Die Studie führt drei Fälle von biometrischer Massenüberwachung in Deutschland an. In Mannheim wird die Technologie bereits seit 2018 von der Polizei angewendet. Mithilfe von 86 Überwachungskameras und entsprechender Software untersucht sie die Bewegungsmuster von Individuen im öffentlichen Raum auf “verdächtiges Verhalten”. Laut Studie ist diese Praxis für die Verbrechensbekämpfung ineffizient, denn die Anzahl von Falschmeldungen ist hoch. “Umarmungen werden dabei als verdächtiges Verhalten interpretiert”, erläutert der Abgeordnete Breyer.
Bei dem Pilotprojekt “Sicherheitsbahnhof” am Berliner Südkreuz hatte die Bundespolizei von 2017 bis 2018 die Technologie dazu genutzt, um Gesichter aus Videoüberwachungsmaterial hochwertigen Fotos von Individuen zuzuordnen. Auch hier ist die Anzahl von fehlerhaften Erkennungen – also der automatisierten Verdächtigung Unschuldiger – für einen Praxisbetrieb deutlich zu hoch gewesen.
Anlässlich der Proteste beim G20-Gipfel in Hamburg 2017 hatte die Polizei Gesichtserkennung benutzt und dabei Merkmale wie Verhaltensmuster oder politisches Engagement von 100.000 Individuen in einer Datenbank gespeichert.
Die Studie stützt die Forderung der Grünen/EFA nach einem Verbot von biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum in der KI-Verordnung. Im Europäischen Parlament unterstützen auch Renew, S&D sowie GUE/NGL diesen Vorstoß. “Starker Widerspruch kommt von der EVP und von Teilen der ECR und ID“, sagt Breyer.
Ob es das Verbot in die KI-Verordnung schaffe, hänge vor allem davon ab, wie der Kompetenzstreit ausgehe, so Breyer. Sollte sich der Rechtsausschuss (JURI) tatsächlich die Federführung mit dem Binnenmarktausschuss teilen (Europe.Table berichtete), könne ein Verbot sehr viel schwieriger durchzusetzen sein. Denn es sei absehbar, dass der JURI-Berichterstatter aus der EVP-Fraktion kommen würde.
27.10.2021 – 09:00-17:00 Uhr, online
TÜV AI Konferenz 2021
Der TÜV-Verband beschäftigt sich in seiner diesjährigen AI Konferenz mit den technischen und regulatorischen Anforderungen für Künstliche Intelligenz. INFOS & Anmeldung
27.10.2021 – 09:00-13:00 Uhr, online
Eco, Konferenz Aus Smart City wird Klima Smart City
Auf dieser Veranstaltung diskutiert der Verband der Internetwirtschaft (Eco) die Einflüsse, die der Klimawandel auf die Realisierung der Smart-City-Version hat. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-17:30 Uhr, online
HBS, Konferenz Visionen für ein digitales Europa 2025
Bei diesem Event stellt die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) die Frage, wie Europas digitale Zukunft wertgebunden, innovativ und international anschlussfähig gestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-15:00 Uhr, online/Berlin
Konferenz 25. Building Smart Forum
Building Smart Germany befasst sich mit dem Stand und den Perspektiven der Digitalisierung in der Bauwirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
DE, Panel Discussion Uniting the twin transitions: There is no Green Deal without digital
This Digital Europe event addresses technologies that can support Europe’s most carbon intensive sectors in their quest for net zero. INFOS & REGISTRATION
27.10.2021 – 12:00-18:00 Uhr, Köln/online
Deutsche ICT und Medienakademie, Konferenz Future Digital Automotive: Welche Prios – Automatisiertes Fahren, Breitband im Auto, Neue Dienste?
Die Deutsche ICT und Medienakademie widmet sich der Frage, ob Automatisierung und Internet-on-Board die Entwicklung der Automobilwirtschaft evolutionieren oder revolutionieren. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 15:30-17:00 Uhr, online
EU-Landesvertretung Niedersachsen, Podiumsdiskussion Offshore-Windenergie als Schlüssel für die Energiewende – Chancen und Herausforderungen aus europäischer, deutscher und niedersächsischer Sicht
Die Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU beschäftigt sich mit dem Potenzial des Ausbaus von erneuerbarer Offshore-Windenergie für die Dekarbonisierungsstrategie der EU-Kommission. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 16:00-18:00 Uhr, online
FKIE, Podiumsdiskussion 17. Bonner Dialog für Cybersicherheit
Das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) stellt die Frage: Wem gehört die digitale Welt oder wie souverän sind wir noch? INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 09:30-18:00 Uhr, online
Convent, Konferenz 4. Jahrestagung Cybersecurity
Die Convent-Konferenz befasst sich mit den Fragen, wie Unternehmen die Sicherheit ihrer IT-Systeme gewährleisten können, wie sie ihre Mitarbeiter für sicherheitsrelevante Fragen sensibilisieren können und wie gut Deutschland in Sachen Cybersecurity im internationalen Vergleich aufgestellt ist. INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 10:00-13:30 Uhr, online
HBS, Konferenz Aus- und Weiterbildung für ein klimaneutrales Deutschland
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der notwendigen Transformation der Aus- und Weiterbildung angesichts des Wandels in Richtung einer Zero-Emission-Arbeitswelt. INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 14:00-17:00 Uhr, online
Dena, Podiumsdiskussion Klimaneutralität und THG-Kompensation
Die Deutsche Energie-Agentur diskutiert mit Stakeholdern mögliche Kriterien zur Nutzung des Begriffs “klimaneutral”. INFOS & ANMELDUNG
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plädiert dafür, Investitionen in Kernenergie in der Taxonomie-Verordnung als “nachhaltig” einzustufen, und auch unter den Mitgliedsstaaten wächst die Zahl der Unterstützer. Das Bundesumweltministerium (BMU) reagiert alarmiert: “Die Konsequenz einer Aufnahme der Atomenergie in die Taxonomie wäre Grünfärberei einer umweltschädlichen Risikotechnologie”, sagte ein Sprecher zu Europe.Table. Dies würde die Glaubwürdigkeit der Klassifizierung im Finanzmarkt “erheblich gefährden, wenn nicht gar zerstören”.
Von der Leyen hatte nach Abschluss des EU-Gipfels am Freitag mit Blick auf die Rekord-Energiepreise erklärt, man brauche mehr erneuerbaren Energien, aber auch “eine stabile Quelle, nuklear, und für den Übergang, Gas”. Die Kommission werde einen entsprechenden Vorschlag für die Taxonomie machen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, die Unterstützung für die Atomkraft sei im Rat so groß gewesen wie seit Jahren nicht. “Weniger als eine Handvoll Staaten” hätten sich dagegen ausgesprochen, dass die Kommission ihren Taxonomie-Vorschlag nun vorlege.
Neben Deutschland lehnen auch Österreich, Luxemburg und Spanien die Kernkraft entschieden ab. “Es ist für uns offenkundig, dass die Herstellung von Kernbrennstoffen aus endlichen Ressourcen mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden ist”, so das BMU. Auch das Problem der sicheren Endlagerung radioaktiver Abfälle sei nach wie vor ungelöst. Damit könne Atomkraft nicht die Kriterien der Taxonomie erfüllen. Deutschland trete dem “entschieden entgegen”.
Man nehme mit großer Sorge die Tendenz wahr, dass die aktuelle Lage der Energiepreise als Vehikel genutzt werde, so das BMU. Beim heutigen Energierat dürfte das Thema abermals aufkommen. Zwar steht die Debatte um die EU-Taxonomie nicht auf der Tagesordnung, doch die Befürworter der Kernkraft werden ihre Position voraussichtlich auch in Luxemburg unterstreichen wollen. Dazu gehören neben Frankreich auch die Niederlande, Polen, Tschechien, Finnland und Ungarn.
Vor dem Treffen der EU-Energieminister haben sich Deutschland und acht weitere Mitgliedsstaaten gegen eine Reform der europäischen Strom- und Gasmärkte ausgesprochen. “Da die Preisanstiege globale Ursachen haben, sollten wir sehr vorsichtig sein, bevor wir in das Design der Binnenmärkte für Energie eingreifen”, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme. Mitgetragen wurde diese von den Niederlanden, Österreich, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Irland, Estland und Lettland.
Die Energieminister der 27 Mitgliedsstaaten beraten heute in Luxemburg erneut über Antworten auf die starken Preisanstiege bei Erdgas und Erdöl, die auf den Strompreis durchschlagen. Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland hatten sich dafür ausgesprochen, die Funktionsweise des Stromgroßmarktes zu überprüfen, bei dem der teuerste eingesetzte Energieträger den Preis bestimmt.
Die neun Mitgliedsstaaten sehen darin aber keine Lösung. Sie plädieren vielmehr dafür, die Anbindung zwischen den nationalen Elektrizitätsnetzen auszubauen, mit Blick auf das 15-Prozent-Ziel bis 2030. Auch der von Polen, Ungarn und Tschechien geäußerten Kritik an den geplanten Klimaschutzmaßnahmen widersprechen die Regierungen: “Eine gut organisierte Energiewende ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, um die Preise bezahlbar und berechenbar zu halten”, argumentieren sie. tho/luk
Für EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sind die Halbleiter mit ultrakleinen Strukturgrößen von weniger als fünf Nanometern “der wahre Markt der Zukunft”. Der Bundesverband der deutschen Industrie aber warnt davor, sich zu stark auf diesen Bereich zu konzentrieren: Das Beherrschen kleinerer Strukturgrößen von weniger als zehn Nanometern sei “nicht länger das Maß aller Dinge und insbesondere nicht entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg“, schreibt der BDI in einem neuen Positionspapier.
Während Technologien wie Maschinelles Lernen, 5G/6G und High Performance Computing eine solche bislang unerreichte Integrationsdichte benötigten, “werden gerade in der industriellen Produktion in großem Umfang auch weiterhin spezialisierte Chips in wesentlich größere Technologieknoten benötigt”.
Der Industrieverband befürchtet offenkundig, dass der Bedarf etwa der heimischen Autoindustrie vernachlässigt wird. Die EU-Kommission hat das Ziel ausgegeben, den Anteil Europas an der weltweiten Chipfertigung auf 20 Prozent zu verdoppeln. Dafür sollen massive Subventionen aus dem EU- und den nationalen Haushalten fließen. Zudem arbeitet Breton an einem “Chip Act”.
Er betont dabei immer wieder, Europa müsse in der Lage sein, “Leading Edge”-Halbleiter mit Strukturgrößen von weniger als fünf Nanometern zu entwickeln. Derzeit bestimmen TSMC aus Taiwan und Samsung aus Südkorea die Grenze des technisch Machbaren.
Der BDI hält dagegen, den Begriff “Leading Edge” nur auf Strukturgrößen von unter fünf Nanometern anzuwenden, “wäre falsch”. So seien etwa die für die Autoindustrie bedeutenden Leistungshalbleiter “weit diesseits von 5nm und Sensorzellen im Bereich von bis zu 350nm in ihren Klassen Leading Edge“. Daher sollten diese Bereiche höchste Priorität beim Ausbau der Produktionskapazitäten erhalten und die Bemühungen zum Ausbau der Kompetenzen im Chipdesign und bei der Schaffung geistigen Eigentums entsprechend ausgerichtet werden. tho
Facebook-Mitarbeiter haben das weltgrößte soziale Netzwerk jahrelang gewarnt, angesichts des rasanten Wachstums zu wenig gegen Hassrede und Falschinformationen zu tun. Das geht aus internen Dokumenten hervor, in die die Nachrichtenagentur Reuters Einsicht nehmen konnte, sowie aus Gesprächen mit fünf früheren Mitarbeitern.
Demzufolge wusste der US-Konzern, der mehr als 2,8 Milliarden Nutzer weltweit zählt, dass er zu wenig Mitarbeiter mit Sprachkenntnissen und Informationen über lokale Veranstaltungen beispielsweise in Schwellenländern eingestellt hatte. Das sei vor allem in von Gewaltausbrüchen besonders stark bedrohten Ländern wie Myanmar und Äthiopien gefährlich, warnte demnach ein Mitarbeiter intern. Aktuell ist Facebook in mehr als 190 Ländern aktiv und Inhalte werden in mehr als 160 Sprachen veröffentlicht. Mehr als 90 Prozent der monatlich aktiven Nutzer leben außerhalb der USA und Kanada.
Zudem geht aus den Dokumenten hervor, dass dem Konzern bewusst war, dass die Systeme zur Überwachung der Inhalte nicht ihren Aufgaben gerecht wurden und es für Nutzer verhältnismäßig kompliziert war, umstrittene Posts zu melden, die möglicherweise gegen die Regeln verstießen. Eine Firmensprecherin teilte auf Anfrage mit, Facebook beschäftige Muttersprachler, die Inhalte in mehr als 70 Sprachen weltweit prüften, und zudem auch Menschenrechtsexperten. Der frühere Chef des Politik-Geschäfts von Facebook im Nahen Osten, Ashraf Zeitoon, sagte, Facebook habe kolonial agiert und die Monetarisierung des Angebots über die Sicherheit der Nutzer gestellt.
Die Unterlagen sind unter denen, die von der Ex-Mitarbeiterin Frances Haugen der US-Börsenaufsicht SEC bereitgestellt wurden (Europe.Table berichtete). Sie fordert von dem weltgrößten Internetnetzwerk mehr Transparenz und spricht sich für eine Regulierung des am Markt rund eine Billion Dollar teuren US-Technologiekonzerns aus. rtr
Der britische Premierminister Boris Johnson mag nicht überall gut ankommen – insbesondere nicht bei den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, bei denen der Brexit für Irritationen sorgt. Doch da das Vereinigte Königreich im kommenden Monat Gastgeber der jüngsten Runde der globalen Klimaverhandlungen, der COP26, in Glasgow sein wird, muss die EU ihre Probleme mit Johnson beiseitelassen und bereit zur Zusammenarbeit sein.
Bislang sind die globalen Klimaverhandlungen innerhalb der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen eine Geschichte zweier europäischer Städte: Kopenhagen und Paris.
2009 kamen die Staats- und Regierungschefs der Welt und ihre nationalen Verhandlungsführer in Kopenhagen zusammen, um einen umfassenden Vertrag zu schließen, der die ganze Welt zu weitreichenden Maßnahmen verpflichten würde, um die schlimmsten Folgen der globalen Erwärmung zu verhindern. Das ist nicht gelungen.
Zu viele der großen Akteure (und Emittenten) reisten ohne brauchbare Vorschläge zur Verringerung der Treibhausgasemissionen an, und während die Vereinigten Staaten, China und Indien in kleiner Runde ein unverbindliches Abkommen ausarbeiteten, das viele Fragen offen ließ, fanden sich die Staats- und Regierungschefs der EU in den Korridoren wieder. Die Vertreter der am meisten gefährdeten Länder schauten verzweifelt zu, wie ihre Anliegen wieder einmal beiseite geschoben wurden.
Eine entscheidende politische Fehleinschätzung hatte das Treffen in Kopenhagen zum Scheitern verurteilt: Die EU setzt sich nicht nur für ihre eigene Bevölkerung ein, sondern ist auch ein wichtiger Partner für die Länder, die am meisten von den schrecklichen Folgen des Klimawandels betroffen sind. Ohne die Partnerschaft Europas – und damit meine ich konkrete politische, praktische und finanzielle Hilfe – kommt den am stärksten gefährdeten Ländern bei den Verhandlungen keine Rolle zu und sie haben keine Wahl, was die Quellen und Bedingungen der ihnen zur Verfügung stehenden Unterstützung angeht.
Doch die EU hat aus dieser Erfahrung gelernt. Im Jahr 2011, auf der COP17 in Durban, Südafrika, setzte sie sich federführend für einen Fahrplan ein, um sicherzustellen, dass die am meisten gefährdeten Länder Mitspracherecht erhalten. Diese Initiative führte zu einem Ergebnis, das den Weg für das Pariser Klimaabkommen auf der COP21 vier Jahre später ebnete.
Als die internationalen Staats- und Regierungschefs 2015 in Paris zusammenkamen, spielten die Europäer erneut eine führende Rolle. Die EU half bei der Bildung der High Ambition Coalition, einer informellen Gruppe von Industrie- und Entwicklungsländern, die sich für das gemeinsame Ziel eines echten Übergangs zu einer grünen Wirtschaft einsetzen. Dieses Mal signalisierten die USA und China, dass sie das gemeinsame Interesse an Klimaschutzmaßnahmen verstanden haben.
Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen, wurde festgelegt, und die Industrieländer verpflichteten sich, die Bemühungen der ärmsten Länder zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu finanzieren. Die großen Volkswirtschaften waren gefordert, schnell zu handeln und die Vorteile ihres Reichtums und ihres Wissens zu teilen.
Das Pariser Abkommen wurde unterzeichnet, und plötzlich sah die Zukunft etwas besser aus. Doch in den sechs Jahren seither sind die jährlichen globalen Treibhausgasemissionen weiter gestiegen, selbst im Pandemiejahr 2020. Klimamodelle haben sich als niederschmetternd genau erwiesen, denn Überschwemmungen, Wirbelstürme, Waldbrände und tödliche Hitzewellen nehmen an Häufigkeit und Intensität zu. Und dies ist, wie wir wissen, erst der Anfang.
Während die Klimakrise früher in Diskussionen als Problem künftiger Generationen oder derjenigen betrachtet wurden, die bereits unter extremen Bedingungen leben, ist inzwischen auch Europa betroffen. Deutsche und Belgier kommen durch Überschwemmungen ums Leben und extreme Temperaturen haben ganze Gemeinden im Mittelmeerraum fest im Griff.
Und so kommen wir nach Glasgow. In diesem Jahr sollten alle Unterzeichner des Pariser Abkommens nach einer Bewertung ihrer Fortschritte an den Verhandlungstisch zurückkehren und bereit sein, ihre Zielsetzungen für Maßnahmen im eigenen Land zu erhöhen und – im Falle der reicheren Länder – ärmere Länder zu unterstützen. Doch die neuen Finanzierungszusagen reichen nicht aus. Und die nur wenige Monate vor der Übernahme des COP-Vorsitzes getroffene Entscheidung des Vereinigten Königreichs, seine zugesagten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 0,7 Prozent des BIP zu kürzen, war das falsche Signal.
Indessen scheinen sich Teile der britischen Regierung mehr auf Show als auf Substanz zu konzentrieren, und die USA und China scheinen mehr daran interessiert zu sein, sich gegenseitig hochzuschaukeln, als sich auf ihren jeweiligen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erwärmung zu konzentrieren. Die Aufgaben für die beiden größten Emittenten der Welt, gemeinsam für fast die Hälfte der globalen Emissionen verantwortlich, sind klar: Die USA müssen ihre Zusage zur Klimafinanzierung einhalten, und China muss aus der Kohleverbrennung aussteigen. Das eine ist so wichtig wie das andere.
Aber wo sind die Europäer? Nur wenige EU-Regierungen, wenn überhaupt, betreiben ernsthafte Diplomatie, um die High Ambition Coalition zu rekonstituieren, die erheblichen Anteil am erfolgreichen Zustandekommen des Pariser Abkommens hatte, und die EU übt keinen wirklichen Druck auf die USA aus, damit diese ihren Anteil an den 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr bereitstellen, die den armen Ländern jährlich für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen versprochen wurden.
Wenn die COP26 ihren rechtmäßigen Platz in der Geschichte als der Moment einnehmen soll, in dem die Welt wirklich beschloss, zusammenzuarbeiten, um die größte Bedrohung aller Zeiten zu bekämpfen, muss die EU Position beziehen. Die EU ist der reichste Handelsblock der Welt, die etablierteste diplomatische Kraft und das führende Beispiel für die Kraft von Toleranz und Fairness. Wenn sie keine Schlüsselrolle spielt, wird die COP26 scheitern.
Alle Menschen auf der ganzen Welt werden davon profitieren, wenn die EU, ihre Staats- und Regierungschefs und ihr diplomatischer Apparat jetzt handeln, um die Katastrophe abzuwenden und erfolgreich für globale, umfassende und ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen eintreten. Die UN-Klimakonferenz von Glasgow muss reale Summen und reale Emissionsreduzierungen hervorbringen. Ein weiteres Kopenhagen kann sich die Welt nicht leisten.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow, in Kooperation mit Project Syndicate, 2021
Margrethe Vestager wurde am Montag nach ihrem Besuch im FDP-Bundesvorstand gefragt, ob sie einen Rat für die Ampel-Unterhändler in Berlin habe. Nur einen, entgegnete die Vizepräsidentin der EU-Kommission, der sei überdies recht trivial: “Stellt sicher, dass ihr miteinander redet.”
Christian Lindner sollte sich den Rat dennoch zu Herzen nehmen. Der FDP-Chef nimmt das Credo der Vertraulichkeit in den Verhandlungen noch ernster als SPD und Grüne: Mitglieder des Verhandlungsteams erfuhren am vergangenen Donnerstag von ihrer Berufung erst, als Journalisten ihnen die Pressemitteilung der FDP-Geschäftsstelle weiterleiteten. Mit der Presse darf ohnehin nur der engste Führungskreis der Liberalen sprechen, allen anderen wurde absolute Funkstille verordnet.
Einen Wunsch äußerte Vestager übrigens auch: Die Berliner Unterhändler mögen sicherstellen, dass sie Europa mitbedachten “bei allem was sie tun”. Noch ist da ebenfalls Luft nach oben. Das Sondierungspapier jedenfalls erreicht bei europapolitischen Themen in etwa die Detailtiefe von Lindners gestrigem Bericht aus der Sitzung mit der Kommissarin: Man habe unterstrichen, “dass die FDP eine europäische Partei ist”. Till Hoppe
eine Einigung in Glasgow werde schwieriger, als sie es in Paris war, hat COP26-Präsident Alok Sharma prognostiziert. Das liegt vor allem daran, dass nun insbesondere die Industriestaaten gefragt sind, sich auf konkrete Maßnahmen zum weltweiten Klimaschutz zu verständigen. Dazu zählt auch, dass reiche Länder Geld für den globalen Süden bereitstellen – 100 Milliarden waren vereinbart. Lukas Scheid analysiert, wie es um dieses Versprechen steht.
Die biometrische Massenüberwachung in der EU nimmt zu – und das, obwohl die rechtliche Grundlage fehlt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Grünen/EFA-Fraktion beauftragte Studie, die auch Fälle in Deutschland nennt. Jasmin Kohl fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen und berichtet, welche Maßnahmen die Studienautoren der EU empfehlen.
Das Bundesumweltministerium hat alarmiert auf den Vorstoß von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert, Investitionen in Kernenergie in der Taxonomie-Verordnung als “nachhaltig” einzustufen. Man nehme mit großer Sorge die Tendenz wahr, dass die hohen Energiepreise als Vehikel genutzt werden, heißt es vom BMU. Mehr dazu lesen Sie in unseren News.
Bei der CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist der Planet weit ab vom Kurs der Pariser Klimaziele. Die Weltmeteorologieorganisation (WMO) erklärte am Montag, dass die Konzentration von Kohlendioxid im vergangenen Jahr stärker zugenommen hat als im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts – obwohl die Emissionen wegen Lockdown-Maßnahmen vorübergehend gesunken waren.
Auch bei den Zielen zur Finanzierung des weltweiten Klimaschutzes sah es lange nicht gut aus. COP26-Präsident Alok Sharma, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der britische Premier Boris Johnson forderten deshalb die Industriestaaten weltweit auf, mehr Finanzmittel für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern des globalen Südens bereitzustellen.
Die wohlhabendsten Länder des Planeten hatten sich schon 2009 darauf geeinigt, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar aufzuwenden. In den vergangenen Wochen wurde jedoch mehr und mehr deutlich, dass dieses Ziel schon 2020 nicht erreicht wurde. Zwar seien die Zahlen noch nicht vollständig, sagte ein pessimistischer Sharma am Montag, doch es sei “höchst unwahrscheinlich”, dass die Beiträge sich auf die anvisierten 100 Milliarden Dollar belaufen haben.
Dass das Ziel 2021 erreicht wird, gilt ebenfalls als unwahrscheinlich, obwohl unter anderem Deutschland, Großbritannien, die USA und Kanada ihre Beiträge bereits erhöht haben. Das neue Ziel lautet deshalb: 500 Milliarden von 2021 bis 2025. Damit haben die Industriestaaten die Möglichkeit, nicht erreichte Ziele nachträglich wettzumachen. Heißt: Werden die 100 Milliarden in einem Jahr nicht erreicht, soll die fehlende Summe zusätzlich in den Jahren darauf aufgetrieben werden. Eine verbindliche Zusage der Geberländer für diesen Zielpfad gibt es allerdings nicht.
In einem am Montag erschienenen Bericht von Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth und dem kanadischen Umweltminister Jonathan Wilkinson werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie das 100-Milliarden-Ziel künftig erreicht und sogar übertroffen werden soll. Im “Climate Finance Delivery Plan” werden allerdings auch die neuesten Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwähnt. Diesen zufolge erreichen die Industrienationen erst 2023 das 100-Milliarden-Ziel. 2024 und 2025 werden die Ziele schließlich übertroffen und – so die Prognose – die Versäumnisse der Vorjahre kompensieren.
Sowohl Sharma, der den Bericht in Auftrag gegeben hatte, als auch die beiden Autoren Flasbarth und Wilkinson erhoffen sich neuen Schwung durch die Veröffentlichung des Berichts. Sie sind zuversichtlich, dass sich die Finanzierungslücke stopfen lässt. Die Gründe dafür, dass die 100 Milliarden derzeit noch nicht erreicht werden, sehen die Autoren unter anderem in der noch zu geringen Geberlaune des Privatsektors. Der wesentliche Teil werde noch immer durch die öffentliche Hand bereitgestellt, sagte Flasbarth.
Laut dem Bericht räumen die Industrieländer ein, dass das Fehlen einer Gesamtstrategie für die Mobilisierung von Finanzmitteln aus dem Privatsektor und unzureichende Finanzinstrumente die Mobilisierung verlangsamt haben. Die Industrieländer wollen daher “innovative Ansätze” und “neue Finanzinstrumente” unterstützen, um den Zugang des Privatsektors in Bereiche und Regionen des globalen Südens zu ermöglichen, die sie bisher nicht erreicht haben.
Auch multilaterale Entwicklungsbanken sollen dazu bewegt werden, private Klimafinanzierung im globalen Süden stärker zu fördern. Allerdings betonen die Autoren des Berichts auch, dass der Anteil der Finanzhilfen ohne Rückzahlungspflicht im Vergleich zu den Darlehen und Krediten steigen müsse. Derzeit liege die Verteilung etwa bei 30 Prozent Zuschüssen und 70 Prozent Darlehen, sagte Sharma.
Die zusätzlichen finanziellen Mittel sollen vor allem in die Finanzierung der Klimaanpassung in den am meisten vom Klimawandel betroffenen Ländern fließen. Diese hinkt laut dem Bericht bislang noch hinterher im Vergleich zur Finanzierung für die Schadensminderung infolge des Klimawandels. Es gehe beim Erreichen des 100-Milliarden-Ziels nicht um Großzügigkeit, betonte Flasbarth am Montag. Es sei eine “wesentliche Grundvoraussetzung der gegenseitigen Verantwortung”, dass die Industriestaaten diese Gelder bereitstellen.
Der wachsende Druck hat die reichsten Länder des Planeten in den vergangenen Wochen und Monaten nicht nur dazu bewegt, ihre finanziellen Aufwendungen aufzustocken. Im Hinblick auf die Weltklimakonferenz hatten in den vergangenen Tagen mehrere Länder höhere Ambitionen verkündet. Australien – zuletzt häufig aufgrund fehlender Klimaziele in der Kritik – erklärte, bis 2050 CO2-neutral werden zu wollen. Auch Saudi-Arabien will dieses Ziel erreichen, allerdings erst zehn Jahre später (Europe.Table berichtete). Brasilien bekundete Kompromissbereitschaft in Glasgow bei der Frage über den Umgang mit Kohlenstoffsenken und Emissionszertifikaten.
Knapp drei Wochen nachdem sich die Mehrheit der Europaabgeordneten für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum ausgesprochen hat (Europe.Table berichtete), zeigt eine von der Grünen/EFA-Fraktion beauftragte Studie, dass die umstrittene Technologie innerhalb der EU zunehmend genutzt wird.
Die Studie soll eine erste Bestandsaufnahme von biometrischer Massenüberwachung in der EU liefern. Als Biometrie wird in diesem Kontext die Erkennung anhand körperlicher Merkmale wie dem Äußeren oder individueller Bewegungsmuster, aber auch spezieller Verhaltensweisen verstanden. Dazu untersuchte ein Forscherteam vergangene und aktuelle Fälle mit Fokus auf Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Ungarn. Egal ob Pilotprojekt oder uneingeschränkte Anwendung im öffentlichen Raum: Allen Fällen gemein sei, dass ihnen jegliche rechtliche Grundlage fehle. Laut Studie würden elf Mitgliedstaaten Gesichtserkennungs-Technologien auch bereits für strafrechtliche Ermittlungen anwenden.
“Wir hoffen, dass die Studie politische Entscheidungsträger und Bürger:innen für diese unrechtmäßigen Praktiken sensibilisiert”, sagte die belgische Grünen-Europaabgeordnete Saskia Bricmont, die die Studie zusammen mit dem deutschen Piraten-Europaabgeordneten Patrick Breyer am Montag vorstellte. “Das politische Momentum ist da, um zu zeigen, wie gefährlich und unrechtmäßig diese Technologie ist“, so Bricmont weiter. Besonders beunruhigend sei für sie, dass es nur sehr wenige Menschen gebe, die alle mit dieser Technologie verbundenen Risiken in Bezug auf Grund- und Freiheitsrechte kennen würden.
Das fünfköpfige Forscherteam unter Leitung von Francesco Ragazzi, außerordentlicher Professor für internationale Beziehungen an der Universität Leiden, das die Studie für die Grüne/EFA-Fraktion durchgeführt hat, gibt sieben Empfehlungen ab.
Die EU soll:
Die Studie führt drei Fälle von biometrischer Massenüberwachung in Deutschland an. In Mannheim wird die Technologie bereits seit 2018 von der Polizei angewendet. Mithilfe von 86 Überwachungskameras und entsprechender Software untersucht sie die Bewegungsmuster von Individuen im öffentlichen Raum auf “verdächtiges Verhalten”. Laut Studie ist diese Praxis für die Verbrechensbekämpfung ineffizient, denn die Anzahl von Falschmeldungen ist hoch. “Umarmungen werden dabei als verdächtiges Verhalten interpretiert”, erläutert der Abgeordnete Breyer.
Bei dem Pilotprojekt “Sicherheitsbahnhof” am Berliner Südkreuz hatte die Bundespolizei von 2017 bis 2018 die Technologie dazu genutzt, um Gesichter aus Videoüberwachungsmaterial hochwertigen Fotos von Individuen zuzuordnen. Auch hier ist die Anzahl von fehlerhaften Erkennungen – also der automatisierten Verdächtigung Unschuldiger – für einen Praxisbetrieb deutlich zu hoch gewesen.
Anlässlich der Proteste beim G20-Gipfel in Hamburg 2017 hatte die Polizei Gesichtserkennung benutzt und dabei Merkmale wie Verhaltensmuster oder politisches Engagement von 100.000 Individuen in einer Datenbank gespeichert.
Die Studie stützt die Forderung der Grünen/EFA nach einem Verbot von biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum in der KI-Verordnung. Im Europäischen Parlament unterstützen auch Renew, S&D sowie GUE/NGL diesen Vorstoß. “Starker Widerspruch kommt von der EVP und von Teilen der ECR und ID“, sagt Breyer.
Ob es das Verbot in die KI-Verordnung schaffe, hänge vor allem davon ab, wie der Kompetenzstreit ausgehe, so Breyer. Sollte sich der Rechtsausschuss (JURI) tatsächlich die Federführung mit dem Binnenmarktausschuss teilen (Europe.Table berichtete), könne ein Verbot sehr viel schwieriger durchzusetzen sein. Denn es sei absehbar, dass der JURI-Berichterstatter aus der EVP-Fraktion kommen würde.
27.10.2021 – 09:00-17:00 Uhr, online
TÜV AI Konferenz 2021
Der TÜV-Verband beschäftigt sich in seiner diesjährigen AI Konferenz mit den technischen und regulatorischen Anforderungen für Künstliche Intelligenz. INFOS & Anmeldung
27.10.2021 – 09:00-13:00 Uhr, online
Eco, Konferenz Aus Smart City wird Klima Smart City
Auf dieser Veranstaltung diskutiert der Verband der Internetwirtschaft (Eco) die Einflüsse, die der Klimawandel auf die Realisierung der Smart-City-Version hat. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-17:30 Uhr, online
HBS, Konferenz Visionen für ein digitales Europa 2025
Bei diesem Event stellt die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) die Frage, wie Europas digitale Zukunft wertgebunden, innovativ und international anschlussfähig gestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-15:00 Uhr, online/Berlin
Konferenz 25. Building Smart Forum
Building Smart Germany befasst sich mit dem Stand und den Perspektiven der Digitalisierung in der Bauwirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
DE, Panel Discussion Uniting the twin transitions: There is no Green Deal without digital
This Digital Europe event addresses technologies that can support Europe’s most carbon intensive sectors in their quest for net zero. INFOS & REGISTRATION
27.10.2021 – 12:00-18:00 Uhr, Köln/online
Deutsche ICT und Medienakademie, Konferenz Future Digital Automotive: Welche Prios – Automatisiertes Fahren, Breitband im Auto, Neue Dienste?
Die Deutsche ICT und Medienakademie widmet sich der Frage, ob Automatisierung und Internet-on-Board die Entwicklung der Automobilwirtschaft evolutionieren oder revolutionieren. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 15:30-17:00 Uhr, online
EU-Landesvertretung Niedersachsen, Podiumsdiskussion Offshore-Windenergie als Schlüssel für die Energiewende – Chancen und Herausforderungen aus europäischer, deutscher und niedersächsischer Sicht
Die Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU beschäftigt sich mit dem Potenzial des Ausbaus von erneuerbarer Offshore-Windenergie für die Dekarbonisierungsstrategie der EU-Kommission. INFOS & ANMELDUNG
27.10.2021 – 16:00-18:00 Uhr, online
FKIE, Podiumsdiskussion 17. Bonner Dialog für Cybersicherheit
Das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) stellt die Frage: Wem gehört die digitale Welt oder wie souverän sind wir noch? INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 09:30-18:00 Uhr, online
Convent, Konferenz 4. Jahrestagung Cybersecurity
Die Convent-Konferenz befasst sich mit den Fragen, wie Unternehmen die Sicherheit ihrer IT-Systeme gewährleisten können, wie sie ihre Mitarbeiter für sicherheitsrelevante Fragen sensibilisieren können und wie gut Deutschland in Sachen Cybersecurity im internationalen Vergleich aufgestellt ist. INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 10:00-13:30 Uhr, online
HBS, Konferenz Aus- und Weiterbildung für ein klimaneutrales Deutschland
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der notwendigen Transformation der Aus- und Weiterbildung angesichts des Wandels in Richtung einer Zero-Emission-Arbeitswelt. INFOS & ANMELDUNG
28.10.2021 – 14:00-17:00 Uhr, online
Dena, Podiumsdiskussion Klimaneutralität und THG-Kompensation
Die Deutsche Energie-Agentur diskutiert mit Stakeholdern mögliche Kriterien zur Nutzung des Begriffs “klimaneutral”. INFOS & ANMELDUNG
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plädiert dafür, Investitionen in Kernenergie in der Taxonomie-Verordnung als “nachhaltig” einzustufen, und auch unter den Mitgliedsstaaten wächst die Zahl der Unterstützer. Das Bundesumweltministerium (BMU) reagiert alarmiert: “Die Konsequenz einer Aufnahme der Atomenergie in die Taxonomie wäre Grünfärberei einer umweltschädlichen Risikotechnologie”, sagte ein Sprecher zu Europe.Table. Dies würde die Glaubwürdigkeit der Klassifizierung im Finanzmarkt “erheblich gefährden, wenn nicht gar zerstören”.
Von der Leyen hatte nach Abschluss des EU-Gipfels am Freitag mit Blick auf die Rekord-Energiepreise erklärt, man brauche mehr erneuerbaren Energien, aber auch “eine stabile Quelle, nuklear, und für den Übergang, Gas”. Die Kommission werde einen entsprechenden Vorschlag für die Taxonomie machen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, die Unterstützung für die Atomkraft sei im Rat so groß gewesen wie seit Jahren nicht. “Weniger als eine Handvoll Staaten” hätten sich dagegen ausgesprochen, dass die Kommission ihren Taxonomie-Vorschlag nun vorlege.
Neben Deutschland lehnen auch Österreich, Luxemburg und Spanien die Kernkraft entschieden ab. “Es ist für uns offenkundig, dass die Herstellung von Kernbrennstoffen aus endlichen Ressourcen mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden ist”, so das BMU. Auch das Problem der sicheren Endlagerung radioaktiver Abfälle sei nach wie vor ungelöst. Damit könne Atomkraft nicht die Kriterien der Taxonomie erfüllen. Deutschland trete dem “entschieden entgegen”.
Man nehme mit großer Sorge die Tendenz wahr, dass die aktuelle Lage der Energiepreise als Vehikel genutzt werde, so das BMU. Beim heutigen Energierat dürfte das Thema abermals aufkommen. Zwar steht die Debatte um die EU-Taxonomie nicht auf der Tagesordnung, doch die Befürworter der Kernkraft werden ihre Position voraussichtlich auch in Luxemburg unterstreichen wollen. Dazu gehören neben Frankreich auch die Niederlande, Polen, Tschechien, Finnland und Ungarn.
Vor dem Treffen der EU-Energieminister haben sich Deutschland und acht weitere Mitgliedsstaaten gegen eine Reform der europäischen Strom- und Gasmärkte ausgesprochen. “Da die Preisanstiege globale Ursachen haben, sollten wir sehr vorsichtig sein, bevor wir in das Design der Binnenmärkte für Energie eingreifen”, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme. Mitgetragen wurde diese von den Niederlanden, Österreich, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Irland, Estland und Lettland.
Die Energieminister der 27 Mitgliedsstaaten beraten heute in Luxemburg erneut über Antworten auf die starken Preisanstiege bei Erdgas und Erdöl, die auf den Strompreis durchschlagen. Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland hatten sich dafür ausgesprochen, die Funktionsweise des Stromgroßmarktes zu überprüfen, bei dem der teuerste eingesetzte Energieträger den Preis bestimmt.
Die neun Mitgliedsstaaten sehen darin aber keine Lösung. Sie plädieren vielmehr dafür, die Anbindung zwischen den nationalen Elektrizitätsnetzen auszubauen, mit Blick auf das 15-Prozent-Ziel bis 2030. Auch der von Polen, Ungarn und Tschechien geäußerten Kritik an den geplanten Klimaschutzmaßnahmen widersprechen die Regierungen: “Eine gut organisierte Energiewende ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, um die Preise bezahlbar und berechenbar zu halten”, argumentieren sie. tho/luk
Für EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sind die Halbleiter mit ultrakleinen Strukturgrößen von weniger als fünf Nanometern “der wahre Markt der Zukunft”. Der Bundesverband der deutschen Industrie aber warnt davor, sich zu stark auf diesen Bereich zu konzentrieren: Das Beherrschen kleinerer Strukturgrößen von weniger als zehn Nanometern sei “nicht länger das Maß aller Dinge und insbesondere nicht entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg“, schreibt der BDI in einem neuen Positionspapier.
Während Technologien wie Maschinelles Lernen, 5G/6G und High Performance Computing eine solche bislang unerreichte Integrationsdichte benötigten, “werden gerade in der industriellen Produktion in großem Umfang auch weiterhin spezialisierte Chips in wesentlich größere Technologieknoten benötigt”.
Der Industrieverband befürchtet offenkundig, dass der Bedarf etwa der heimischen Autoindustrie vernachlässigt wird. Die EU-Kommission hat das Ziel ausgegeben, den Anteil Europas an der weltweiten Chipfertigung auf 20 Prozent zu verdoppeln. Dafür sollen massive Subventionen aus dem EU- und den nationalen Haushalten fließen. Zudem arbeitet Breton an einem “Chip Act”.
Er betont dabei immer wieder, Europa müsse in der Lage sein, “Leading Edge”-Halbleiter mit Strukturgrößen von weniger als fünf Nanometern zu entwickeln. Derzeit bestimmen TSMC aus Taiwan und Samsung aus Südkorea die Grenze des technisch Machbaren.
Der BDI hält dagegen, den Begriff “Leading Edge” nur auf Strukturgrößen von unter fünf Nanometern anzuwenden, “wäre falsch”. So seien etwa die für die Autoindustrie bedeutenden Leistungshalbleiter “weit diesseits von 5nm und Sensorzellen im Bereich von bis zu 350nm in ihren Klassen Leading Edge“. Daher sollten diese Bereiche höchste Priorität beim Ausbau der Produktionskapazitäten erhalten und die Bemühungen zum Ausbau der Kompetenzen im Chipdesign und bei der Schaffung geistigen Eigentums entsprechend ausgerichtet werden. tho
Facebook-Mitarbeiter haben das weltgrößte soziale Netzwerk jahrelang gewarnt, angesichts des rasanten Wachstums zu wenig gegen Hassrede und Falschinformationen zu tun. Das geht aus internen Dokumenten hervor, in die die Nachrichtenagentur Reuters Einsicht nehmen konnte, sowie aus Gesprächen mit fünf früheren Mitarbeitern.
Demzufolge wusste der US-Konzern, der mehr als 2,8 Milliarden Nutzer weltweit zählt, dass er zu wenig Mitarbeiter mit Sprachkenntnissen und Informationen über lokale Veranstaltungen beispielsweise in Schwellenländern eingestellt hatte. Das sei vor allem in von Gewaltausbrüchen besonders stark bedrohten Ländern wie Myanmar und Äthiopien gefährlich, warnte demnach ein Mitarbeiter intern. Aktuell ist Facebook in mehr als 190 Ländern aktiv und Inhalte werden in mehr als 160 Sprachen veröffentlicht. Mehr als 90 Prozent der monatlich aktiven Nutzer leben außerhalb der USA und Kanada.
Zudem geht aus den Dokumenten hervor, dass dem Konzern bewusst war, dass die Systeme zur Überwachung der Inhalte nicht ihren Aufgaben gerecht wurden und es für Nutzer verhältnismäßig kompliziert war, umstrittene Posts zu melden, die möglicherweise gegen die Regeln verstießen. Eine Firmensprecherin teilte auf Anfrage mit, Facebook beschäftige Muttersprachler, die Inhalte in mehr als 70 Sprachen weltweit prüften, und zudem auch Menschenrechtsexperten. Der frühere Chef des Politik-Geschäfts von Facebook im Nahen Osten, Ashraf Zeitoon, sagte, Facebook habe kolonial agiert und die Monetarisierung des Angebots über die Sicherheit der Nutzer gestellt.
Die Unterlagen sind unter denen, die von der Ex-Mitarbeiterin Frances Haugen der US-Börsenaufsicht SEC bereitgestellt wurden (Europe.Table berichtete). Sie fordert von dem weltgrößten Internetnetzwerk mehr Transparenz und spricht sich für eine Regulierung des am Markt rund eine Billion Dollar teuren US-Technologiekonzerns aus. rtr
Der britische Premierminister Boris Johnson mag nicht überall gut ankommen – insbesondere nicht bei den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, bei denen der Brexit für Irritationen sorgt. Doch da das Vereinigte Königreich im kommenden Monat Gastgeber der jüngsten Runde der globalen Klimaverhandlungen, der COP26, in Glasgow sein wird, muss die EU ihre Probleme mit Johnson beiseitelassen und bereit zur Zusammenarbeit sein.
Bislang sind die globalen Klimaverhandlungen innerhalb der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen eine Geschichte zweier europäischer Städte: Kopenhagen und Paris.
2009 kamen die Staats- und Regierungschefs der Welt und ihre nationalen Verhandlungsführer in Kopenhagen zusammen, um einen umfassenden Vertrag zu schließen, der die ganze Welt zu weitreichenden Maßnahmen verpflichten würde, um die schlimmsten Folgen der globalen Erwärmung zu verhindern. Das ist nicht gelungen.
Zu viele der großen Akteure (und Emittenten) reisten ohne brauchbare Vorschläge zur Verringerung der Treibhausgasemissionen an, und während die Vereinigten Staaten, China und Indien in kleiner Runde ein unverbindliches Abkommen ausarbeiteten, das viele Fragen offen ließ, fanden sich die Staats- und Regierungschefs der EU in den Korridoren wieder. Die Vertreter der am meisten gefährdeten Länder schauten verzweifelt zu, wie ihre Anliegen wieder einmal beiseite geschoben wurden.
Eine entscheidende politische Fehleinschätzung hatte das Treffen in Kopenhagen zum Scheitern verurteilt: Die EU setzt sich nicht nur für ihre eigene Bevölkerung ein, sondern ist auch ein wichtiger Partner für die Länder, die am meisten von den schrecklichen Folgen des Klimawandels betroffen sind. Ohne die Partnerschaft Europas – und damit meine ich konkrete politische, praktische und finanzielle Hilfe – kommt den am stärksten gefährdeten Ländern bei den Verhandlungen keine Rolle zu und sie haben keine Wahl, was die Quellen und Bedingungen der ihnen zur Verfügung stehenden Unterstützung angeht.
Doch die EU hat aus dieser Erfahrung gelernt. Im Jahr 2011, auf der COP17 in Durban, Südafrika, setzte sie sich federführend für einen Fahrplan ein, um sicherzustellen, dass die am meisten gefährdeten Länder Mitspracherecht erhalten. Diese Initiative führte zu einem Ergebnis, das den Weg für das Pariser Klimaabkommen auf der COP21 vier Jahre später ebnete.
Als die internationalen Staats- und Regierungschefs 2015 in Paris zusammenkamen, spielten die Europäer erneut eine führende Rolle. Die EU half bei der Bildung der High Ambition Coalition, einer informellen Gruppe von Industrie- und Entwicklungsländern, die sich für das gemeinsame Ziel eines echten Übergangs zu einer grünen Wirtschaft einsetzen. Dieses Mal signalisierten die USA und China, dass sie das gemeinsame Interesse an Klimaschutzmaßnahmen verstanden haben.
Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen, wurde festgelegt, und die Industrieländer verpflichteten sich, die Bemühungen der ärmsten Länder zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu finanzieren. Die großen Volkswirtschaften waren gefordert, schnell zu handeln und die Vorteile ihres Reichtums und ihres Wissens zu teilen.
Das Pariser Abkommen wurde unterzeichnet, und plötzlich sah die Zukunft etwas besser aus. Doch in den sechs Jahren seither sind die jährlichen globalen Treibhausgasemissionen weiter gestiegen, selbst im Pandemiejahr 2020. Klimamodelle haben sich als niederschmetternd genau erwiesen, denn Überschwemmungen, Wirbelstürme, Waldbrände und tödliche Hitzewellen nehmen an Häufigkeit und Intensität zu. Und dies ist, wie wir wissen, erst der Anfang.
Während die Klimakrise früher in Diskussionen als Problem künftiger Generationen oder derjenigen betrachtet wurden, die bereits unter extremen Bedingungen leben, ist inzwischen auch Europa betroffen. Deutsche und Belgier kommen durch Überschwemmungen ums Leben und extreme Temperaturen haben ganze Gemeinden im Mittelmeerraum fest im Griff.
Und so kommen wir nach Glasgow. In diesem Jahr sollten alle Unterzeichner des Pariser Abkommens nach einer Bewertung ihrer Fortschritte an den Verhandlungstisch zurückkehren und bereit sein, ihre Zielsetzungen für Maßnahmen im eigenen Land zu erhöhen und – im Falle der reicheren Länder – ärmere Länder zu unterstützen. Doch die neuen Finanzierungszusagen reichen nicht aus. Und die nur wenige Monate vor der Übernahme des COP-Vorsitzes getroffene Entscheidung des Vereinigten Königreichs, seine zugesagten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 0,7 Prozent des BIP zu kürzen, war das falsche Signal.
Indessen scheinen sich Teile der britischen Regierung mehr auf Show als auf Substanz zu konzentrieren, und die USA und China scheinen mehr daran interessiert zu sein, sich gegenseitig hochzuschaukeln, als sich auf ihren jeweiligen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erwärmung zu konzentrieren. Die Aufgaben für die beiden größten Emittenten der Welt, gemeinsam für fast die Hälfte der globalen Emissionen verantwortlich, sind klar: Die USA müssen ihre Zusage zur Klimafinanzierung einhalten, und China muss aus der Kohleverbrennung aussteigen. Das eine ist so wichtig wie das andere.
Aber wo sind die Europäer? Nur wenige EU-Regierungen, wenn überhaupt, betreiben ernsthafte Diplomatie, um die High Ambition Coalition zu rekonstituieren, die erheblichen Anteil am erfolgreichen Zustandekommen des Pariser Abkommens hatte, und die EU übt keinen wirklichen Druck auf die USA aus, damit diese ihren Anteil an den 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr bereitstellen, die den armen Ländern jährlich für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen versprochen wurden.
Wenn die COP26 ihren rechtmäßigen Platz in der Geschichte als der Moment einnehmen soll, in dem die Welt wirklich beschloss, zusammenzuarbeiten, um die größte Bedrohung aller Zeiten zu bekämpfen, muss die EU Position beziehen. Die EU ist der reichste Handelsblock der Welt, die etablierteste diplomatische Kraft und das führende Beispiel für die Kraft von Toleranz und Fairness. Wenn sie keine Schlüsselrolle spielt, wird die COP26 scheitern.
Alle Menschen auf der ganzen Welt werden davon profitieren, wenn die EU, ihre Staats- und Regierungschefs und ihr diplomatischer Apparat jetzt handeln, um die Katastrophe abzuwenden und erfolgreich für globale, umfassende und ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen eintreten. Die UN-Klimakonferenz von Glasgow muss reale Summen und reale Emissionsreduzierungen hervorbringen. Ein weiteres Kopenhagen kann sich die Welt nicht leisten.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow, in Kooperation mit Project Syndicate, 2021
Margrethe Vestager wurde am Montag nach ihrem Besuch im FDP-Bundesvorstand gefragt, ob sie einen Rat für die Ampel-Unterhändler in Berlin habe. Nur einen, entgegnete die Vizepräsidentin der EU-Kommission, der sei überdies recht trivial: “Stellt sicher, dass ihr miteinander redet.”
Christian Lindner sollte sich den Rat dennoch zu Herzen nehmen. Der FDP-Chef nimmt das Credo der Vertraulichkeit in den Verhandlungen noch ernster als SPD und Grüne: Mitglieder des Verhandlungsteams erfuhren am vergangenen Donnerstag von ihrer Berufung erst, als Journalisten ihnen die Pressemitteilung der FDP-Geschäftsstelle weiterleiteten. Mit der Presse darf ohnehin nur der engste Führungskreis der Liberalen sprechen, allen anderen wurde absolute Funkstille verordnet.
Einen Wunsch äußerte Vestager übrigens auch: Die Berliner Unterhändler mögen sicherstellen, dass sie Europa mitbedachten “bei allem was sie tun”. Noch ist da ebenfalls Luft nach oben. Das Sondierungspapier jedenfalls erreicht bei europapolitischen Themen in etwa die Detailtiefe von Lindners gestrigem Bericht aus der Sitzung mit der Kommissarin: Man habe unterstrichen, “dass die FDP eine europäische Partei ist”. Till Hoppe