knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl machen Deutschlands Kanzlerkandidaten Wahlkampf im Nachbarland. So war Olaf Scholz gestern zu Gast bei Emmanuel Macron und warb im Élysée-Palst unter anderem für seine Idee eines internationalen Klimaclubs. Und morgen empfängt der französische Präsident Scholz’ Kontrahenten Armin Laschet. Nur Annalena Baerbock verzichtet wohl auf einen Wahlkampf-Termin in Paris.
Dass auch die Liberalen Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung haben, stößt in Paris auf wenig Begeisterung. Man fürchtet, mit Lindner und Co, eigentlich in der gleichen Parteienfamilie wie Macron, seien die Verstetigung des Recovery Funds und eine Reform des Stabilitätspaktes zu einem Investitionspakt für Klimaschutz und Digitalisierung nicht zu machen, analysieren Till Hoppe und Tanja Kuchenbecker.
Die deutsche Wahl gehört europaweit zu den beherrschenden politischen Themen. Denn: nach der Wahl ist vor den Sondierungen. Wir werden uns daher in den kommenden Tagen verstärkt mit der Frage nach möglichen neuen Regierungskoalitionen auseinandersetzen, die die Rolle Deutschlands in der EU neu definieren könnten.
Mit besonderem Blick auf Europa, Green Deal und Digitalisierung haben wir die Wahlprogramme der großen Parteien unter die Lupe genommen und auf Konfliktlinien untersucht. Den Anfang machen wir mit dem 140 Seiten umfassenden gemeinsamen Papier von CDU und CSU. Längentechnisch ist das im Mittelfeld. Ausführlich wird es trotzdem – etwa beim Emissionshandel, dem Weg zur klimafreundlichen Mobilität oder bei der digitalen Souveränität. Im Laufe der nächsten Tage folgen Analysen der Programme von FDP, Grünen und SPD.
Wenn Emmanuel Macron um einen Kommentar zu den deutschen Wahlen und dem Ende der Ära von Kanzlerin Angela Merkel gebeten wird, lehnt er stets ab. Frankreichs Präsident will sich nicht öffentlich in die innenpolitischen Angelegenheiten Deutschlands einmischen. Auch beim Besuch von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Montag hielt sich Emmanuel Macron bedeckt.
Hinter den Kulissen sind seine Vertrauten aber durchaus aktiv. Macrons europapolitischer Berater Alexandre Adam hat bereits diskret Gespräche mit Vertretern der möglichen Regierungsparteien geführt. Frankreich übernimmt im Januar für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft und hofft, in der Zeit seine Ziele voranzubringen. Dafür braucht Paris die neue Bundesregierung.
Emmanuel Macron drängt vor allem auf eine Verstetigung des Corona-Aufbaufonds und auf eine Reform der Fiskalregeln: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum geben, um in Klimaschutz und Digitalisierung zu investieren. Von Erfolgen auf diesem Gebiet verspricht er sich offenkundig den stärksten Rückenwind für eine Wiederwahl im kommenden Mai. Daneben will er die Klimaschutzdossiers des “Fit for 55”-Pakets in der Ratspräsidentschaft vorantreiben.
Der Élysée-Palast dränge die Berliner Gesprächspartner daher, sagt ein Pariser Beobachter der europäischen Szene, die deutsche Position zur Reform des Stabilitätspaktes nicht schon in einem Koalitionsvertrag festzulegen. “Dann wäre die Debatte von vornherein beendet, wenn Frankreich die EU-Präsidentschaft im Januar übernimmt.” Paris hoffe auf eine Chance für eine echte Diskussion.
Allerdings blitzen Macrons Gesandte offenbar ausgerechnet bei der Partei ab, die der gleichen Parteienfamilie in Europa angehört: der FDP. Die Freidemokraten lehnen größeren Spielraum in den Fiskalregeln kategorisch ab. In ihrem Wahlprogramm spricht sich die Partei vielmehr dafür aus, die Sanktionen für diejenigen Länder zu verschärfen, die dauerhaft gegen die Regeln verstoßen.
Die Aussicht auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der FDP sorgt in Paris daher für erhebliche Unruhe. “Die ganze politische Klasse Frankreichs würde einfacher ohne die FDP arbeiten”, sagt Sébastien Maillard, Direktor des Institut Jacques Delors. Für Paris seien die Grünen der einfachere Partner.
Paul Maurice, Spezialist für deutsch-französische Beziehungen beim Forschungsinstitut Ifri, ergänzt: “Für Frankreich bedeutet die FDP ein großes Problem, weil sie dagegen ist, neues Kapital in Europa einzubringen”. Wenn die Liberalen in Person von Parteichef Christian Lindner in der neuen Regierung den Finanzminister-Posten erhielten, würden die Verhandlungen “kompliziert”.
Die Vorbehalte sind nicht unbegründet: “Dass der europäische Wiederaufbaufonds als Dauereinrichtung keine Mehrheit hat in Europa und wir den Stabi-Pakt schärfen und nicht verwässern wollen, das ist auch dem Elysée nicht neu”, sagt die stellvertretende FDP-Vorsitzende Nicola Beer. Allerdings hätten die Liberalen durch Gespräche und persönliche Treffen “eine sehr gute Basis geschaffen, um – sagen wir – auch kernigere Punkte in vertrauter Atmosphäre zu diskutieren”. Den Eindruck von Sorgen aufseiten Macrons teile sie daher nicht.
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments traf den französischen Präsidenten am Montagabend selbst, als Teil einer Delegation der liberalen Renew-Fraktion. Die FDP ist nicht die einzige politische Kraft in Berlin, die die von Frankreich oder Italien erhoffte Reform ablehnt. Bei CDU/CSU ist das Meinungsbild aber gemischter: Kanzlerkandidat Armin Laschet ist in seiner Position weniger kategorisch als etwa Fraktionschef Ralph Brinkhaus oder Friedrich Merz.
Laschet begrüßte den 750 Milliarden Euro großen EU-Aufbaufonds ausdrücklich. Der einstige Europaabgeordnete kennt die Nöte der hoch verschuldeten Länder. Mit ihm wären Kompromisse womöglich machbar, etwa eine an klare Bedingungen geknüpfte Anrechnung von Zukunftsinvestitionen auf die Defizitgrenzen. Dafür aber müsste der CDU-Chef erst große Widerstände in den eigenen Reihen überwinden.
Das Thema dürfte angesprochen werden, wenn Emmanuel Macron Laschet am Mittwoch in Paris empfängt. Auch mit einem Kanzler Olaf Scholz dürfte Emmanuel Macron leben können. Der Bundesfinanzminister hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Berlin in der Coronakrise dem schuldenfinanzierten EU-Aufbaufonds zustimmte.
Zur Frage, ob der Fonds verstetigt werden sollte, hält sich Scholz bislang bedeckt – die Debatte stehe jetzt nicht an. Zu einer Flexibilisierung des Stabilitätspaktes äußerte er sich am Montag in Paris erneut skeptisch: Die bestehenden Schuldenregeln sähen bereits ein großes Maß an Flexibilität vor. Er verweist dabei auf die weitgehende Aussetzung des Stabilitätspaktes zu Beginn der Corona-Krise, die noch bis Ende 2022 gilt.
Die Diskussion um eine Verstetigung des Aufbaufonds und eine Reform der Haushaltsregeln dürfte in den kommenden Monaten an Fahrt gewinnen. Beim informellen Treffen der EU-Finanzminister am Freitag und Samstag steht ein erster Austausch dazu auf der Agenda. Zudem plan die EU-Kommission, im Herbst eine neue Konsultation zur Reform des Paktes zu starten.
Allerdings gibt es auch innerhalb der Brüsseler Behörde unterschiedliche Sichtweisen. Während Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni eine Reform der Regeln für nötig hält, bremst Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Auch Österreich, der Niederlande und nordeuropäische Länder lehnen eine Aufweichung entschieden ab. Till Hoppe/ Tanja Kuchenbecker
07.09.-08.09.2021, Berlin/ online
DB, Konferenz Railway Forum Berlin
Auf dem 7. Railway Forum Berlin der Deutschen Bahn (DB) treffen über 1.400 Entscheider:innen und Fachkräfte der Bahnindustrie zusammen, um über zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2021 – 10:00-12:30 Uhr, online
Irights Lab, Diskussion Dateninnovationen für Planung, Bau und Zustandsbewertung von Gebäuden, Brücken und Straßen
Der Fachaustausch des Irights Labs gibt eine Einführung in die digitale Transformation der Baubranche und stellt konkrete Anwendungsbereiche digitaler Technologien vor. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2021 – 18:00-19:30 Uhr, Berlin
Polis 180, Diskussion Neue Wege für eine Transatlantische Klimapolitik – mit Jürgen Trittin (B’90/Grüne)
Im Rahmen des von Polis 180 organisieren Gesprächs soll erörtert werden, inwiefern die gemeinsame Bekämpfung des Klimwandels eine neue transatlantische Allianz zwischen Deutschland und den USA begründen kann. INFOS & ANMELDUNG
08.09.-09.09.2021, Frankfurt am Main
MFS, Konferenz Digitales Facility Management 2021
Die Veranstaltung des Management Forums Starnberg (MFS) beleuchtet die neuesten Trends in der Digitalisierung des Facility Managements, wie etwa Green Building, digitales Zutrittsmanagement oder den Einsatz von Drohnen. INFOS & ANMELDUNG
08.09.2021 – 16:00-17:30 Uhr, online
WIK, Seminar Blockchain in der Industrie 4.0
Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) lädt zur Auseinandersetzung mit der Nutzung von Blockchain-basierten Lösungen in mittelständischen Industrieunternehmen ein. INFOS & ANMELDUNG
08.09.2021 – 16:00-17:00 Uhr, online
EUA, Seminar Utilitising European technical assistance for municipal retrofits
This EU Agenda seminar addresses the role of building renovation for the reduction of energy consumption until the mid of the century. INFOS & REGISTRATION
08.09.2021 – 18:00-20:00 Uhr, online
HBöS, Podiumsdiskussion Wert der Digitalisierung
Die Heinrich Böll Stiftung (HBöS) wirft die Frage nach einer gemeinwohlorientierten Digitalisierung und damit verbundenen ethischen Herausforderungen auf, der sich die Gesellschaft stellen muss. INFOS & ANMELDUNG
09.09.2021 – 09:00-12:45 Uhr, online
BIMBA, Konferenz 8. Oldenburger BIM-Tag
Die BIM Baumeister Akademie (BIMBA) gibt eine Einführung in die Methode des Building Information Modeling (BIM). INFOS & ANMELDUNG
09.09.2021 – 09:00-11:30 Uhr, online
EUJC, Workshop Hydrogen in Transport, Industry and Power Generation
This event by the EU-Japan Centre (EUJC) provides the opportunity for exchange between experts from Japan and Europe and aks the question how hydrogen can contribute to a carbon neutral world. INFORMATION & REGISTRATION
09.09.2021 – 10:00-11:00 Uhr, online
Eco, Pressekonferenz Der Smart-City-Markt in Deutschland
Eco – Verband der Internetwirtschaft stellt anhand einer Studie vor, welche Nachhaltigkeitseffekte die Transformation zu Smart Cities mit sich bringt. INFOS & ANMELDUNG
CDU und CSU wollen die Funktionalität der EU erhöhen. Dafür soll es unter anderem weniger Einstimmigkeitsentscheidungen im Rat geben. Das Europäische Parlament soll ein Initiativrecht bekommen, bei EU-Wahlen soll es, ähnlich wie in Deutschland, eine Sperrklausel geben. Auch eine Verkleinerung der Kommission wird angestrebt – offen bleibt, in welchem Umfang.
Weltverantwortung
Weltpolitikfähigkeit ist das Unions-Ziel – für Deutschland und Europa. CDU und CSU wollen nicht nur einen Nationalen Sicherheitsrat, sondern auch Europas Außen- und Sicherheitspolitik enger verzahnen, Mehrheitsentscheidungen in der GASP einführen. Erste Schritte, wie eine EU-Cyberbrigade, ein EU-Hauptquartier sowie gemeinsame Integrationsschritte williger Mitgliedstaaten sollen langfristig den Nukleus für eine europäische Armee bilden.
Welthandelsordnung
Der “klimaneutrale Kontinent” soll auch wirtschaftspolitisch handlungsfähiger werden: die WTO-Reform und die Forderung nach Marktzugängen für EU-Unternehmen sowie die schnelle CETA-Ratifizierung und der Neustart von Handelsvertragsverhandlungen mit den USA haben bei den Unionsparteien einen festen Forderungs-Platz.
Asylpolitik
Die stets konfliktträchtige Asylpolitik soll so reformiert werden, dass die Aufnahmebedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten vergleichbar werden. An EU-Außengrenzen sollen Asyl-Entscheidungszentren eingerichtet und Frontex zu einer “echten Grenzpolizei mit hoheitlichen Befugnissen” ausgebaut werden.
Rechtsstaatsmechanismus
Nach kontroversen Debatten inklusive des Vetostreits mit Polen und Ungarn trat das Instrument Anfang des Jahres in der EU nun doch in Kraft. Auch CDU und CSU sprechen sich für die konsequente Ahndung von Verstößen gegen das Rechtsstaatsprinzip bis hin zur Streichung von EU-Mitteln und dem Entzug des Stimmrechts aus.
Stabilitätspakt und Fiskalpolitik
Nach der Pandemie wollen CDU und CSU die Fiskalregeln möglichst schnell wieder in Kraft setzen. Auch die gemeinsame Schuldenaufnahme über 750 Milliarden Euro zur Finanzierung des Wiederaufbau-Fonds müsse einmalig bleiben. Regelverletzungen des Stabilitätspakts sollen künftig konsequenter sanktioniert und Ermessensspielräume beim Defizitverfahren verringert werden. Dafür soll auch die Rolle des EU-Wirtschaftskommissars gestärkt werden – doch wie genau bleibt offen. Künftig soll es nach Unionswille zudem Insolvenzverfahren für Staaten geben.
Staatliche Vorgaben will die Union gering halten und setzt in erster Linie auf marktwirtschaftliche Ansätze. Dafür soll der Europäische Emissionshandel (ETS) ausgebaut, die CO2-Bepreisung in Deutschland gestrafft werden und möglichst schnell ein EU-ETS für Gebäude und Verkehr kommen. Einnahmen hieraus sollen durch Stromverbilligung zurück verteilt werden. Wortwörtlich: “Als Erstes schaffen wir die EEG-Umlage ab.”
Carbon Leakage
Zudem plädieren CDU und CSU für internationale Kooperationen, unter anderem, um der Gefahr des Carbon Leakage entgegenzuwirken. So sollen Europas Klimastandards beispielsweise über Handelsabkommen global durchgesetzt werden und internationale Partnerschaften die Einführung von Emissionshandelssystemen auch in Drittländern vorantreiben. Ein EU-Klimabeauftragter soll Europa dabei als globalen Akteur vertreten.
CBAM und CCD
Um die heimische Wirtschaft zu schützen, bekennt sich die Union außerdem zur Einführung eines WTO-konformen CO2-Grenzausgleichs (CBAM) und begrüßt die Möglichkeit der Carbon Contracts for Difference im Rahmen des EU-Beihilferechts, das derzeit von der Kommission überarbeitet wird.
Wasserstoff
Ein eigenes Unterkapitel widmen CDU und CSU dem Thema, wollen Deutschland “zum Wasserstoffland Nummer 1 machen” und die nötige Infrastruktur in Europa auf Basis vorhandener Gasleitungen weiter ausbauen. Die baldige Serienfertigung von Elektrolyseuren und anderer Wasserstoff-Technologie soll ermöglicht und das Förderprogramm H2-Global weiterentwickelt werden. Übergangsweise müsse dabei auch “blauer” Wasserstoff akzeptiert werden.
Mobilität
Technologieoffenheit ist hier das Stichwort: Neben der Elektrifizierung des Verkehrssektors müssten auch synthetische Kraftstoffe in Betracht gezogen werden, inklusive des möglichen Einsatzes von Wasserstoff im Schwerlasttransport. Die Ladeinfrastruktur soll deutlich ausgebaut werden, etwa durch Quoten bei Neubauten. Auch im Fernverkehr sollen Schnellladesäulen innerhalb von zehn Minuten erreichbar sein. Europa soll zum ersten Kontinent CO2-neutraler Mobilität werden. Dafür will die Union auch ein Programm “grenzüberschreitende Vernetzung” entwickeln. Dieselfahrverbote lehnen die Parteien aber ebenso ab wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen.
Flüge mit alternativen Kraftstoffen sollen von der Luftverkehrssteuer befreit werden. Daneben betont die Union die positiven Aspekte des Fliegens nebst des “immer realistischer” werdenden Einsatzes von Flugtaxen. Außerdem soll Schienenverkehr europaweit ausgebaut und weiter digitalisiert werden, auch, um den Güterverkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser zu verlagern.
Komplizierte Startvoraussetzungen: In der jetzigen Bundesregierung waren Unionsminister für Mobilfunk- und Breitbandausbau, autonomes Fahren, Halbleiter, digitales Wettbewerbsrecht, und Verwaltungsdigitalisierung zuständig. Das Kanzleramt bekam erstmals ausdrückliche Digitalkompetenzen, inklusive Staatsministerin. Doch viele Probleme wurden nicht zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst.
Erst an diesem Montag brachte Armin Laschet mit seinem Zukunftsteam ein neues Positionspapier heraus, in dem viele bereits bekannte Vorhaben des Wahlprogramms noch einmal aufgriffen und konkretisiert wurden.
Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation
Nun soll es ein “Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation” lösen. Nicht näher ausbuchstabiert scheint es vor allem für Umsetzung – von Breitband bis Verwaltungsdigitalisierung – konzipiert. Ob es eine politische Rolle in europäischen Räten, beispielsweise in den Marktregulierungsdebatten, einnehmen soll, bleibt unklar.
Digitale Märkte
CDU und CSU streben einen kohärenten Bundes- und EU-Rechtsrahmen für digitale Plattformen an (Wechselwirkung GWB-Novelle und Digital Markets Act). Lediglich prüfen wollen sie zudem Interoperabilitätsverpflichtungen und Datenteilungspflichten. Konkret hingegen bei großen Anbietern: Die Interoperabilität von Messengern soll verbessert werden und es soll technische Standards für Datenmitnahme geben.
Digitale Dienstleistungen
Beim ebenfalls auf der Brüsseler Schlusskurve befindlichen Digital Services Act legt die Union Wert auf wirksame Strukturen und Verfahren für illegale Inhalte, bei der jedoch die Meinungsfreiheit stärker geschützt werden soll. Was das für die Zukunft des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes bedeutet, bleibt jedoch offen.
Datenpolitik
Daten sollen die Landwirtschaft künftig beflügeln: ein Agrardatenraum für nicht personenbezogene Daten soll in Gaia-X entstehen und beim Smart Farming unterstützen, eine Ausprägung der Absicht der Union, sichere Dateninfrastrukturen zu schaffen.
Digitale Souveränität
Die digitale Souveränität Deutschlands und Europas wollen die Unionsparteien in ausgewählten Bereichen stärken. Die Maßnahmen sollen auf das erklärte Ziel einzahlen, technologische Weltstandards zu setzen und mit eigenen Herstellern aus Europa weltmarktfähig souverän zu werden:
Digitalsteuer
Die Union setzt auf den Prozess im Rahmen der G20, innerhalb der EU soll diese durch eine gemeinsame Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage flankiert Wettbewerbsverzerrungen verhindern.
Digitale Sicherheitspolitik
CDU und CSU wollen auf EU-Ebene die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen, zu deren Möglichkeiten und Grenzen sich zuletzt der Europäische Gerichtshof intensiv einlassen musste.
Das Bekenntnis der Unionsparteien zur vertieften europäischen Integration ist an vielen Stellen durch programmatische Ziele beschränkt.
In der Europapolitik
In der Klima- und Umweltpolitik
In der Digitalpolitik
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hofft beim Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) auf eine Einigung im nächsten Frühjahr, sodass beide Gesetze am 01. Januar 2023 in Kraft treten können. Das sagte die Kommissions-Vizepräsidentin gestern im Sonderausschuss des EU-Parlaments zur Einflussnahme aus dem Ausland. Bei der Anhörung standen laufende Gesetzesinitiativen im Digitalbereich zur Diskussion.
Viele Parlamentarier brachten ihre Besorgnis über den wachsenden Einfluss von Fake News und politischen “Influencern” auf Wahlen zur Sprache. Vestager versicherte, dass die Kommission die Chancen und Risken der Digitalisierung gleichermaßen im Blick habe: “Wir sollten all das bekämpfen, was unseren Demokratien schadet, aber natürlich gleichzeitig Daten und Technologien zum Wohle unserer Demokratie und Gesellschaft nutzen.”
Die Vize-Vorsitzende des IMCO, Maria Manuel Leitão- Marques (S&D), zeigte sich in Bezug auf Online-Werbung besonders über das Micro-Targeting und Online-Werbung, die auf das Verhalten abzielt, besorgt. “Glaubt die Kommission wirklich, dass wir dem Problem nur mittels Transparenz und der Ermächtigung der Verbraucher beikommen?”, fragte sie rhetorisch und forderte stärkere Schutzmechanismen für die Verbraucher:innen und die Demokratie.
Vestager konterte, dass Online-Werbung gerade für kleine Unternehmen mit begrenztem Werbebudget ein wichtiges Mittel sei, um Kunden zu finden. “Wir müssen Transparenz schaffen und Nutzer schützen, aber dürfen die kleinen Unternehmen dabei nicht vergessen.” Genau das werde durch den Kommissionsvorschlag sichergestellt. Jasmin Kohl
Die Bundesregierung hat schwere Vorwürfe gegen Russland im Zusammenhang mit Cyberattacken auf Bundestags- und Landtagsabgeordnete im Vorfeld der Bundestagswahl erhoben. “Der Bundesregierung liegen verlässliche Erkenntnisse vor, aufgrund derer die Ghostwriter-Aktivitäten Cyberakteuren des russischen Staates und konkret dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet werden können”, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Montag in Berlin. Dies sei völlig inakzeptabel und eine Gefahr für Deutschland – was man der russischen Seite auch mitgeteilt habe. Ghostwriter ist der Name einer Angriffskampagne, die seit Februar bekannt ist.
Die Sprecherin sprach von einer schweren Belastung für die bilateralen Beziehungen. “Die Bundesregierung fordert die russische Regierung mit allem Nachdruck auf, die unzulässigen Cyberaktivitäten sofort einzustellen.” Man behalte sich “weitergehende Maßnahmen” vor.
Der Leiter des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang hatte im Juli die “Ghostwriter”-Angriffe als versuchte Vorbereitung für externe Einflussnahme auf die Bundestagswahl klassifiziert: die Vorgehensweise bei den seit Februar identifizierten Angriffen ziele insbesondere auf “private E-Mail-Adressen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Landtage und deren Mitarbeitenden.” Dieses seien sowohl für Leaks als auch für den Zugang zu SocialMedia- und anderen Plattformen potenzielle Einfallstore, so Haldenwang.
Der Militärgeheimdienst GRU und der Auslandsgeheimdienst SVR der Russischen Föderation gelten als zwei besonders in klandestinen Cyberoperationen engagierte Dienste. Eine von westlichen Akteuren als APT28 bezeichnete Einheit des GRU mit dem Spitznamen Fancy Bear hatte sich ab Ende 2014 in der Bundestags-IT Zugang zu Postfächern und Daten verschafft, was die bislang größte Cyberkrise eines Verfassungsorgans in Deutschland auslöste. fst/rtr
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt und so gut wie betriebsbereit. Das letzte Rohr sei gestern verschweißt worden und werde nun auf den Meeresboden abgesenkt, um mit dem restlichen Teil verbunden zu werden, teilte die Betreibergesellschaft mit. Noch in diesem Jahr will der russische Energiekonzern Gazprom mit den ersten Gaslieferungen nach Deutschland beginnen.
Dem Bauabschluss gingen teils zähe geopolitische Auseinandersetzungen, unter anderem mit den USA und dem Gastransitland Ukraine voraus. Ob Gazprom, Eigentümer der Ostsee-Pipeline und der Nord Stream 2 AG, den Betrieb allerdings wie geplant aufnehmen kann, bleibt aufgrund mehrere rechtlicher Hürden weiter fraglich.
So muss der Ostsee-Pipeline einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zufolge keine Befreiung von der verschärften EU-Gasmarktregulierung gewährt werden. Daneben wehrt sich die Deutsche Umwelthilfe mit zwei laufenden Klagen gegen den Betrieb von Nord Stream 2. til
Vor vier Jahren argumentierten wir, dass der Aufstieg von Elektrofahrzeugen (EVs) sowohl die Autoindustrie als auch den Ölmarkt auf den Kopf stellen würde. Wie bei der schnellen Verdrängung von Pferden durch Kraftfahrzeuge in den Vereinigten Staaten vor einem Jahrhundert würde der exponentielle Anstieg der Elektrofahrzeuge zu ihrer Übernahme des globalen Automarktes Anfang der 2040er Jahre führen. Öl würde die neue Kohle werden, wobei sich die Preise in Energieäquivalenten weiter auf etwa 15 US-Dollar pro Barrel annähern würden. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Folgen wären tiefgreifend.
Seitdem hat sich die Transportrevolution nur intensiviert und die meisten Erwartungen konsequent übertroffen. Im Jahr 2020 gab es mehr als zehn Millionen Elektrofahrzeuge, nach einem Wachstum von mehr als 40 Prozent in den letzten Jahren. Dies steht im Einklang mit der Einführung von Kraftfahrzeugen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und wenn sich dieser Weg fortsetzt, werden Elektrofahrzeuge bis 2040 rund 60 Prozent und bis 2050 rund 90 Prozent des weltweiten Automarktes ausmachen. Diese Schätzungen übersteigen die Zahlen der International Energy Agency (IEA), die für 2040 etwa 330 Millionen Elektrofahrzeuge prognostiziert, und Bloomberg NEF, die einen weltweiten Anteil von 30 Prozent an Elektrofahrzeugen erwartet, aber weitgehend mit dem Net Zero-Szenario der IEA bis 2050 und dem Carbon Tracker/Imperial College London übereinstimmt.
Was wir kürzlich in China gesehen haben, sollte die Annahme widerlegen, dass die Einführung von Elektrofahrzeugen in Schwellen- und Entwicklungsländern um Jahrzehnte hinter der in Industrieländern zurückbleiben wird, was einen Zusammenbruch der weltweiten Ölnachfrage verzögern wird. Tatsächlich prognostizieren die IEA und andere eine steigende Ölnachfrage in den meisten Schwellenländern, die den Rückgang in den Industrieländern mehr als ausgleichen würde.
Tatsächlich hat Europa China bei den Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen erst im Jahr 2020 überholt, während China mit 4,5 Millionen Fahrzeugen der größte Elektrofahrzeugmarkt geblieben ist. Obwohl die COVID-19-Pandemie die Nachfrage nach Autos drastisch reduziert hat, ist der Elektrofahrzeugmarkt in vielen Ländern, einschließlich der Entwicklungsländer, weiterhin schnell gewachsen.
Schwellenländer haben bewiesen, dass sie auch in der EV-Branche Vorreiter sein können. Die chinesische Elektrofahrzeugindustrie hat die Kosten weiter gesenkt, da viele Marken um die Marktbeherrschung konkurrieren. Mehr als 400 Unternehmen sind in China in das EV-Geschäft eingestiegen, was an die frühen Tage der Automobilindustrie in den USA erinnert, als Hunderte von Unternehmen gegeneinander antraten, bevor Giganten wie Chrysler und Ford auftauchten. Die Lebenszeitkosten für den Besitz eines Elektrofahrzeugs sind aufgrund sinkender Batteriekosten stetig gesunken und sind bereits mit denen von Kraftfahrzeugen vergleichbar.
Das billigste Elektrofahrzeug auf dem Markt, hergestellt von Chinas SAIC Motor, übertrifft bereits Teslas Model 3, das beliebteste Elektrofahrzeug. Noch wichtiger ist, dass das SAIC-Modell mit einem Preis von nur wenigen tausend Dollar EVs in vielen Entwicklungsländern erschwinglich macht, so wie der Volkswagen Käfer und andere Modelle in diesen Ländern die ersten Autos populär gemacht haben.
Die Vitalität der Autoindustrie erinnert an ihre Blütezeit vor einem Jahrhundert. Der harte Wettbewerb um den EV-Markt wird die Kosten weiter senken, die Qualität steigern und die Technologie voranbringen, was nicht nur den Verbrauchern zugutekommt, sondern auch die Energiewende beschleunigt. Die Haupthindernisse für die Einführung wie Infrastruktur, Stromerzeugung und kurze Reichweite werden beseitigt. Wir sehen bereits mehr Ladestationen, den Aufstieg erneuerbarer Energien, eine verbesserte Batterieleistung und kontinuierliche Innovation.
Aber es reicht nicht aus, sich auf die Kräfte des Marktes zu verlassen. Neue Regelungen werden helfen, den Übergang zu beschleunigen. Die ab 2025 in Kraft tretenden EU-Emissionsvorschriften könnten die Marktaussichten völlig verändern, da Kraftfahrzeuge teure Technologien enthalten müssen, die sie deutlich weniger wettbewerbsfähig machen. In ähnlicher Weise musste die Autoindustrie nachziehen, nachdem die kalifornischen Politiker strengere Emissionsstandards in ihrem Bundesstaat (dem bevölkerungsreichsten der USA) vorgeschrieben hatten, was zu positiven Auswirkungen auf den Rest des Landes führte. Solche Mandate könnten bahnbrechend sein und einen positiven Kreislauf aus Skaleneffekten, Innovation und steigender Nachfrage auslösen.
Entwicklungsländer, die sich der EV-Revolution anschließen, können erhebliche makroökonomische Vorteile erzielen. Raffinierte Ölprodukte, vor allem Benzin, machen in den meisten afrikanischen Ländern den größten Anteil der Importe aus, einschließlich großer Ölexporteure wie Nigeria. Eine beschleunigte Einführung von Elektrofahrzeugen, die weniger Wartung und Ersatzteile erfordern, in Verbindung mit einem zuverlässigeren Stromnetz auf Basis erneuerbarer Energien würde in Zeiten steigender Auslandsverschuldung wertvolle Hartwährungsressourcen einsparen. Der expandierende globale EV-Markt bietet auch Chancen, in sich neu formierende Wertschöpfungsketten einzutreten.
Länder, die nicht ausreichend planen, sind hingegen mit erheblichen Risiken konfrontiert. Sie sitzen möglicherweise mit ungenutzten Raffinerien und Flotten veralteter Fahrzeuge fest, die nicht in der Lage sind, kritische Teile zu importieren, weil große Autohersteller ihre Produktion eingestellt hätten.
Angesichts der enormen Kosten der globalen Erwärmung kann die Ermutigung der Entwicklungsländer, sich der EV-Revolution anzuschließen, der Welt nur enorme Vorteile bringen. Entwicklungsländer können die sich abzeichnende Energiewende und Verkehrsrevolution nicht ignorieren und sollten dies als Chance sehen, neue Fähigkeiten zu schaffen und in neue Sektoren zu diversifizieren.
Die zusätzlichen Ausgaben, die für eine schnelle Einführung erforderlich sind, sind im Vergleich zu den wirtschaftlichen und menschlichen Kosten von Hitzewellen, Waldbränden, Entwaldung, Umweltverschmutzung, verringerter Biodiversität und möglicherweise schwerwiegenderen zukünftigen Pandemien winzig. Unsere Straßen sauberer, leiser und weniger überlastet zu machen, würde nicht nur unsere Lebensqualität, sondern auch ihre Nachhaltigkeit verbessern.
Reda Cherif, Senior Economist beim Internationalen Währungsfonds, ist assoziierte Forscherin am Bennett Institute for Public Policy der University of Cambridge. Fuad Hasanov, Senior Economist beim Internationalen Währungsfonds, ist außerordentlicher Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Georgetown University und assoziierter Forscher am Bennett Institute for Public Policy der University of Cambridge. Min Zhu, ein ehemaliger stellvertretender Geschäftsführer des Internationalen Währungsfonds, ist Vorsitzender des National Institute of Financial Research an der Tsinghua University.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicat.org
Houston, wir planen einen Weltraumbahnhof. Der gestrige Startschuss für Deutschlands Klein-Satelliten-Offensive ist eine Kampfansage an die großen Raumfahrernationen USA, Russland und China und Unternehmen wie Space-X. Deutschland will nicht länger nur zuschauen, wie alle Welt ins All fliegt und mischt seit neustem kräftig mit.
Als der Vorschlag für den Bau einer mobilen Offshore-Startplattform für Raketen in der Nordsee vor zwei Jahren erstmals publik wurde, hat man nicht nur heimlich über die Pläne geschmunzelt, sondern laut gelacht. Seit gestern gibt es offiziell die ersten Fluggäste. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellte gemeinsam mit der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) die ersten Kunden des geplanten Weltraumbahnhofs bei Bremerhaven vor.
Vier europäische Unternehmen – zwei deutsche, ein niederländisches und ein britisches – wollen ab 2023 lauter Kleinsatelliten ins All bringen, die sowohl kommerzielle als auch wissenschaftliche Zwecke erfüllen sollen. Der Bund beteiligt sich mit insgesamt zehn Milliarden Euro und setzt darauf, dass Investoren mit dem vierfachen Betrag nachziehen.
Wenn das gelingt, wird in deutschen Gewässern demnächst Raumfahrtgeschichte geschrieben. Falls nicht, bleibt uns immer noch der Green Deal. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen “Europas Man on the Moon Moment”. Lukas Scheid
knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl machen Deutschlands Kanzlerkandidaten Wahlkampf im Nachbarland. So war Olaf Scholz gestern zu Gast bei Emmanuel Macron und warb im Élysée-Palst unter anderem für seine Idee eines internationalen Klimaclubs. Und morgen empfängt der französische Präsident Scholz’ Kontrahenten Armin Laschet. Nur Annalena Baerbock verzichtet wohl auf einen Wahlkampf-Termin in Paris.
Dass auch die Liberalen Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung haben, stößt in Paris auf wenig Begeisterung. Man fürchtet, mit Lindner und Co, eigentlich in der gleichen Parteienfamilie wie Macron, seien die Verstetigung des Recovery Funds und eine Reform des Stabilitätspaktes zu einem Investitionspakt für Klimaschutz und Digitalisierung nicht zu machen, analysieren Till Hoppe und Tanja Kuchenbecker.
Die deutsche Wahl gehört europaweit zu den beherrschenden politischen Themen. Denn: nach der Wahl ist vor den Sondierungen. Wir werden uns daher in den kommenden Tagen verstärkt mit der Frage nach möglichen neuen Regierungskoalitionen auseinandersetzen, die die Rolle Deutschlands in der EU neu definieren könnten.
Mit besonderem Blick auf Europa, Green Deal und Digitalisierung haben wir die Wahlprogramme der großen Parteien unter die Lupe genommen und auf Konfliktlinien untersucht. Den Anfang machen wir mit dem 140 Seiten umfassenden gemeinsamen Papier von CDU und CSU. Längentechnisch ist das im Mittelfeld. Ausführlich wird es trotzdem – etwa beim Emissionshandel, dem Weg zur klimafreundlichen Mobilität oder bei der digitalen Souveränität. Im Laufe der nächsten Tage folgen Analysen der Programme von FDP, Grünen und SPD.
Wenn Emmanuel Macron um einen Kommentar zu den deutschen Wahlen und dem Ende der Ära von Kanzlerin Angela Merkel gebeten wird, lehnt er stets ab. Frankreichs Präsident will sich nicht öffentlich in die innenpolitischen Angelegenheiten Deutschlands einmischen. Auch beim Besuch von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Montag hielt sich Emmanuel Macron bedeckt.
Hinter den Kulissen sind seine Vertrauten aber durchaus aktiv. Macrons europapolitischer Berater Alexandre Adam hat bereits diskret Gespräche mit Vertretern der möglichen Regierungsparteien geführt. Frankreich übernimmt im Januar für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft und hofft, in der Zeit seine Ziele voranzubringen. Dafür braucht Paris die neue Bundesregierung.
Emmanuel Macron drängt vor allem auf eine Verstetigung des Corona-Aufbaufonds und auf eine Reform der Fiskalregeln: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum geben, um in Klimaschutz und Digitalisierung zu investieren. Von Erfolgen auf diesem Gebiet verspricht er sich offenkundig den stärksten Rückenwind für eine Wiederwahl im kommenden Mai. Daneben will er die Klimaschutzdossiers des “Fit for 55”-Pakets in der Ratspräsidentschaft vorantreiben.
Der Élysée-Palast dränge die Berliner Gesprächspartner daher, sagt ein Pariser Beobachter der europäischen Szene, die deutsche Position zur Reform des Stabilitätspaktes nicht schon in einem Koalitionsvertrag festzulegen. “Dann wäre die Debatte von vornherein beendet, wenn Frankreich die EU-Präsidentschaft im Januar übernimmt.” Paris hoffe auf eine Chance für eine echte Diskussion.
Allerdings blitzen Macrons Gesandte offenbar ausgerechnet bei der Partei ab, die der gleichen Parteienfamilie in Europa angehört: der FDP. Die Freidemokraten lehnen größeren Spielraum in den Fiskalregeln kategorisch ab. In ihrem Wahlprogramm spricht sich die Partei vielmehr dafür aus, die Sanktionen für diejenigen Länder zu verschärfen, die dauerhaft gegen die Regeln verstoßen.
Die Aussicht auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der FDP sorgt in Paris daher für erhebliche Unruhe. “Die ganze politische Klasse Frankreichs würde einfacher ohne die FDP arbeiten”, sagt Sébastien Maillard, Direktor des Institut Jacques Delors. Für Paris seien die Grünen der einfachere Partner.
Paul Maurice, Spezialist für deutsch-französische Beziehungen beim Forschungsinstitut Ifri, ergänzt: “Für Frankreich bedeutet die FDP ein großes Problem, weil sie dagegen ist, neues Kapital in Europa einzubringen”. Wenn die Liberalen in Person von Parteichef Christian Lindner in der neuen Regierung den Finanzminister-Posten erhielten, würden die Verhandlungen “kompliziert”.
Die Vorbehalte sind nicht unbegründet: “Dass der europäische Wiederaufbaufonds als Dauereinrichtung keine Mehrheit hat in Europa und wir den Stabi-Pakt schärfen und nicht verwässern wollen, das ist auch dem Elysée nicht neu”, sagt die stellvertretende FDP-Vorsitzende Nicola Beer. Allerdings hätten die Liberalen durch Gespräche und persönliche Treffen “eine sehr gute Basis geschaffen, um – sagen wir – auch kernigere Punkte in vertrauter Atmosphäre zu diskutieren”. Den Eindruck von Sorgen aufseiten Macrons teile sie daher nicht.
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments traf den französischen Präsidenten am Montagabend selbst, als Teil einer Delegation der liberalen Renew-Fraktion. Die FDP ist nicht die einzige politische Kraft in Berlin, die die von Frankreich oder Italien erhoffte Reform ablehnt. Bei CDU/CSU ist das Meinungsbild aber gemischter: Kanzlerkandidat Armin Laschet ist in seiner Position weniger kategorisch als etwa Fraktionschef Ralph Brinkhaus oder Friedrich Merz.
Laschet begrüßte den 750 Milliarden Euro großen EU-Aufbaufonds ausdrücklich. Der einstige Europaabgeordnete kennt die Nöte der hoch verschuldeten Länder. Mit ihm wären Kompromisse womöglich machbar, etwa eine an klare Bedingungen geknüpfte Anrechnung von Zukunftsinvestitionen auf die Defizitgrenzen. Dafür aber müsste der CDU-Chef erst große Widerstände in den eigenen Reihen überwinden.
Das Thema dürfte angesprochen werden, wenn Emmanuel Macron Laschet am Mittwoch in Paris empfängt. Auch mit einem Kanzler Olaf Scholz dürfte Emmanuel Macron leben können. Der Bundesfinanzminister hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Berlin in der Coronakrise dem schuldenfinanzierten EU-Aufbaufonds zustimmte.
Zur Frage, ob der Fonds verstetigt werden sollte, hält sich Scholz bislang bedeckt – die Debatte stehe jetzt nicht an. Zu einer Flexibilisierung des Stabilitätspaktes äußerte er sich am Montag in Paris erneut skeptisch: Die bestehenden Schuldenregeln sähen bereits ein großes Maß an Flexibilität vor. Er verweist dabei auf die weitgehende Aussetzung des Stabilitätspaktes zu Beginn der Corona-Krise, die noch bis Ende 2022 gilt.
Die Diskussion um eine Verstetigung des Aufbaufonds und eine Reform der Haushaltsregeln dürfte in den kommenden Monaten an Fahrt gewinnen. Beim informellen Treffen der EU-Finanzminister am Freitag und Samstag steht ein erster Austausch dazu auf der Agenda. Zudem plan die EU-Kommission, im Herbst eine neue Konsultation zur Reform des Paktes zu starten.
Allerdings gibt es auch innerhalb der Brüsseler Behörde unterschiedliche Sichtweisen. Während Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni eine Reform der Regeln für nötig hält, bremst Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Auch Österreich, der Niederlande und nordeuropäische Länder lehnen eine Aufweichung entschieden ab. Till Hoppe/ Tanja Kuchenbecker
07.09.-08.09.2021, Berlin/ online
DB, Konferenz Railway Forum Berlin
Auf dem 7. Railway Forum Berlin der Deutschen Bahn (DB) treffen über 1.400 Entscheider:innen und Fachkräfte der Bahnindustrie zusammen, um über zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2021 – 10:00-12:30 Uhr, online
Irights Lab, Diskussion Dateninnovationen für Planung, Bau und Zustandsbewertung von Gebäuden, Brücken und Straßen
Der Fachaustausch des Irights Labs gibt eine Einführung in die digitale Transformation der Baubranche und stellt konkrete Anwendungsbereiche digitaler Technologien vor. INFOS & ANMELDUNG
07.09.2021 – 18:00-19:30 Uhr, Berlin
Polis 180, Diskussion Neue Wege für eine Transatlantische Klimapolitik – mit Jürgen Trittin (B’90/Grüne)
Im Rahmen des von Polis 180 organisieren Gesprächs soll erörtert werden, inwiefern die gemeinsame Bekämpfung des Klimwandels eine neue transatlantische Allianz zwischen Deutschland und den USA begründen kann. INFOS & ANMELDUNG
08.09.-09.09.2021, Frankfurt am Main
MFS, Konferenz Digitales Facility Management 2021
Die Veranstaltung des Management Forums Starnberg (MFS) beleuchtet die neuesten Trends in der Digitalisierung des Facility Managements, wie etwa Green Building, digitales Zutrittsmanagement oder den Einsatz von Drohnen. INFOS & ANMELDUNG
08.09.2021 – 16:00-17:30 Uhr, online
WIK, Seminar Blockchain in der Industrie 4.0
Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) lädt zur Auseinandersetzung mit der Nutzung von Blockchain-basierten Lösungen in mittelständischen Industrieunternehmen ein. INFOS & ANMELDUNG
08.09.2021 – 16:00-17:00 Uhr, online
EUA, Seminar Utilitising European technical assistance for municipal retrofits
This EU Agenda seminar addresses the role of building renovation for the reduction of energy consumption until the mid of the century. INFOS & REGISTRATION
08.09.2021 – 18:00-20:00 Uhr, online
HBöS, Podiumsdiskussion Wert der Digitalisierung
Die Heinrich Böll Stiftung (HBöS) wirft die Frage nach einer gemeinwohlorientierten Digitalisierung und damit verbundenen ethischen Herausforderungen auf, der sich die Gesellschaft stellen muss. INFOS & ANMELDUNG
09.09.2021 – 09:00-12:45 Uhr, online
BIMBA, Konferenz 8. Oldenburger BIM-Tag
Die BIM Baumeister Akademie (BIMBA) gibt eine Einführung in die Methode des Building Information Modeling (BIM). INFOS & ANMELDUNG
09.09.2021 – 09:00-11:30 Uhr, online
EUJC, Workshop Hydrogen in Transport, Industry and Power Generation
This event by the EU-Japan Centre (EUJC) provides the opportunity for exchange between experts from Japan and Europe and aks the question how hydrogen can contribute to a carbon neutral world. INFORMATION & REGISTRATION
09.09.2021 – 10:00-11:00 Uhr, online
Eco, Pressekonferenz Der Smart-City-Markt in Deutschland
Eco – Verband der Internetwirtschaft stellt anhand einer Studie vor, welche Nachhaltigkeitseffekte die Transformation zu Smart Cities mit sich bringt. INFOS & ANMELDUNG
CDU und CSU wollen die Funktionalität der EU erhöhen. Dafür soll es unter anderem weniger Einstimmigkeitsentscheidungen im Rat geben. Das Europäische Parlament soll ein Initiativrecht bekommen, bei EU-Wahlen soll es, ähnlich wie in Deutschland, eine Sperrklausel geben. Auch eine Verkleinerung der Kommission wird angestrebt – offen bleibt, in welchem Umfang.
Weltverantwortung
Weltpolitikfähigkeit ist das Unions-Ziel – für Deutschland und Europa. CDU und CSU wollen nicht nur einen Nationalen Sicherheitsrat, sondern auch Europas Außen- und Sicherheitspolitik enger verzahnen, Mehrheitsentscheidungen in der GASP einführen. Erste Schritte, wie eine EU-Cyberbrigade, ein EU-Hauptquartier sowie gemeinsame Integrationsschritte williger Mitgliedstaaten sollen langfristig den Nukleus für eine europäische Armee bilden.
Welthandelsordnung
Der “klimaneutrale Kontinent” soll auch wirtschaftspolitisch handlungsfähiger werden: die WTO-Reform und die Forderung nach Marktzugängen für EU-Unternehmen sowie die schnelle CETA-Ratifizierung und der Neustart von Handelsvertragsverhandlungen mit den USA haben bei den Unionsparteien einen festen Forderungs-Platz.
Asylpolitik
Die stets konfliktträchtige Asylpolitik soll so reformiert werden, dass die Aufnahmebedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten vergleichbar werden. An EU-Außengrenzen sollen Asyl-Entscheidungszentren eingerichtet und Frontex zu einer “echten Grenzpolizei mit hoheitlichen Befugnissen” ausgebaut werden.
Rechtsstaatsmechanismus
Nach kontroversen Debatten inklusive des Vetostreits mit Polen und Ungarn trat das Instrument Anfang des Jahres in der EU nun doch in Kraft. Auch CDU und CSU sprechen sich für die konsequente Ahndung von Verstößen gegen das Rechtsstaatsprinzip bis hin zur Streichung von EU-Mitteln und dem Entzug des Stimmrechts aus.
Stabilitätspakt und Fiskalpolitik
Nach der Pandemie wollen CDU und CSU die Fiskalregeln möglichst schnell wieder in Kraft setzen. Auch die gemeinsame Schuldenaufnahme über 750 Milliarden Euro zur Finanzierung des Wiederaufbau-Fonds müsse einmalig bleiben. Regelverletzungen des Stabilitätspakts sollen künftig konsequenter sanktioniert und Ermessensspielräume beim Defizitverfahren verringert werden. Dafür soll auch die Rolle des EU-Wirtschaftskommissars gestärkt werden – doch wie genau bleibt offen. Künftig soll es nach Unionswille zudem Insolvenzverfahren für Staaten geben.
Staatliche Vorgaben will die Union gering halten und setzt in erster Linie auf marktwirtschaftliche Ansätze. Dafür soll der Europäische Emissionshandel (ETS) ausgebaut, die CO2-Bepreisung in Deutschland gestrafft werden und möglichst schnell ein EU-ETS für Gebäude und Verkehr kommen. Einnahmen hieraus sollen durch Stromverbilligung zurück verteilt werden. Wortwörtlich: “Als Erstes schaffen wir die EEG-Umlage ab.”
Carbon Leakage
Zudem plädieren CDU und CSU für internationale Kooperationen, unter anderem, um der Gefahr des Carbon Leakage entgegenzuwirken. So sollen Europas Klimastandards beispielsweise über Handelsabkommen global durchgesetzt werden und internationale Partnerschaften die Einführung von Emissionshandelssystemen auch in Drittländern vorantreiben. Ein EU-Klimabeauftragter soll Europa dabei als globalen Akteur vertreten.
CBAM und CCD
Um die heimische Wirtschaft zu schützen, bekennt sich die Union außerdem zur Einführung eines WTO-konformen CO2-Grenzausgleichs (CBAM) und begrüßt die Möglichkeit der Carbon Contracts for Difference im Rahmen des EU-Beihilferechts, das derzeit von der Kommission überarbeitet wird.
Wasserstoff
Ein eigenes Unterkapitel widmen CDU und CSU dem Thema, wollen Deutschland “zum Wasserstoffland Nummer 1 machen” und die nötige Infrastruktur in Europa auf Basis vorhandener Gasleitungen weiter ausbauen. Die baldige Serienfertigung von Elektrolyseuren und anderer Wasserstoff-Technologie soll ermöglicht und das Förderprogramm H2-Global weiterentwickelt werden. Übergangsweise müsse dabei auch “blauer” Wasserstoff akzeptiert werden.
Mobilität
Technologieoffenheit ist hier das Stichwort: Neben der Elektrifizierung des Verkehrssektors müssten auch synthetische Kraftstoffe in Betracht gezogen werden, inklusive des möglichen Einsatzes von Wasserstoff im Schwerlasttransport. Die Ladeinfrastruktur soll deutlich ausgebaut werden, etwa durch Quoten bei Neubauten. Auch im Fernverkehr sollen Schnellladesäulen innerhalb von zehn Minuten erreichbar sein. Europa soll zum ersten Kontinent CO2-neutraler Mobilität werden. Dafür will die Union auch ein Programm “grenzüberschreitende Vernetzung” entwickeln. Dieselfahrverbote lehnen die Parteien aber ebenso ab wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen.
Flüge mit alternativen Kraftstoffen sollen von der Luftverkehrssteuer befreit werden. Daneben betont die Union die positiven Aspekte des Fliegens nebst des “immer realistischer” werdenden Einsatzes von Flugtaxen. Außerdem soll Schienenverkehr europaweit ausgebaut und weiter digitalisiert werden, auch, um den Güterverkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser zu verlagern.
Komplizierte Startvoraussetzungen: In der jetzigen Bundesregierung waren Unionsminister für Mobilfunk- und Breitbandausbau, autonomes Fahren, Halbleiter, digitales Wettbewerbsrecht, und Verwaltungsdigitalisierung zuständig. Das Kanzleramt bekam erstmals ausdrückliche Digitalkompetenzen, inklusive Staatsministerin. Doch viele Probleme wurden nicht zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst.
Erst an diesem Montag brachte Armin Laschet mit seinem Zukunftsteam ein neues Positionspapier heraus, in dem viele bereits bekannte Vorhaben des Wahlprogramms noch einmal aufgriffen und konkretisiert wurden.
Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation
Nun soll es ein “Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation” lösen. Nicht näher ausbuchstabiert scheint es vor allem für Umsetzung – von Breitband bis Verwaltungsdigitalisierung – konzipiert. Ob es eine politische Rolle in europäischen Räten, beispielsweise in den Marktregulierungsdebatten, einnehmen soll, bleibt unklar.
Digitale Märkte
CDU und CSU streben einen kohärenten Bundes- und EU-Rechtsrahmen für digitale Plattformen an (Wechselwirkung GWB-Novelle und Digital Markets Act). Lediglich prüfen wollen sie zudem Interoperabilitätsverpflichtungen und Datenteilungspflichten. Konkret hingegen bei großen Anbietern: Die Interoperabilität von Messengern soll verbessert werden und es soll technische Standards für Datenmitnahme geben.
Digitale Dienstleistungen
Beim ebenfalls auf der Brüsseler Schlusskurve befindlichen Digital Services Act legt die Union Wert auf wirksame Strukturen und Verfahren für illegale Inhalte, bei der jedoch die Meinungsfreiheit stärker geschützt werden soll. Was das für die Zukunft des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes bedeutet, bleibt jedoch offen.
Datenpolitik
Daten sollen die Landwirtschaft künftig beflügeln: ein Agrardatenraum für nicht personenbezogene Daten soll in Gaia-X entstehen und beim Smart Farming unterstützen, eine Ausprägung der Absicht der Union, sichere Dateninfrastrukturen zu schaffen.
Digitale Souveränität
Die digitale Souveränität Deutschlands und Europas wollen die Unionsparteien in ausgewählten Bereichen stärken. Die Maßnahmen sollen auf das erklärte Ziel einzahlen, technologische Weltstandards zu setzen und mit eigenen Herstellern aus Europa weltmarktfähig souverän zu werden:
Digitalsteuer
Die Union setzt auf den Prozess im Rahmen der G20, innerhalb der EU soll diese durch eine gemeinsame Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage flankiert Wettbewerbsverzerrungen verhindern.
Digitale Sicherheitspolitik
CDU und CSU wollen auf EU-Ebene die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen, zu deren Möglichkeiten und Grenzen sich zuletzt der Europäische Gerichtshof intensiv einlassen musste.
Das Bekenntnis der Unionsparteien zur vertieften europäischen Integration ist an vielen Stellen durch programmatische Ziele beschränkt.
In der Europapolitik
In der Klima- und Umweltpolitik
In der Digitalpolitik
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hofft beim Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) auf eine Einigung im nächsten Frühjahr, sodass beide Gesetze am 01. Januar 2023 in Kraft treten können. Das sagte die Kommissions-Vizepräsidentin gestern im Sonderausschuss des EU-Parlaments zur Einflussnahme aus dem Ausland. Bei der Anhörung standen laufende Gesetzesinitiativen im Digitalbereich zur Diskussion.
Viele Parlamentarier brachten ihre Besorgnis über den wachsenden Einfluss von Fake News und politischen “Influencern” auf Wahlen zur Sprache. Vestager versicherte, dass die Kommission die Chancen und Risken der Digitalisierung gleichermaßen im Blick habe: “Wir sollten all das bekämpfen, was unseren Demokratien schadet, aber natürlich gleichzeitig Daten und Technologien zum Wohle unserer Demokratie und Gesellschaft nutzen.”
Die Vize-Vorsitzende des IMCO, Maria Manuel Leitão- Marques (S&D), zeigte sich in Bezug auf Online-Werbung besonders über das Micro-Targeting und Online-Werbung, die auf das Verhalten abzielt, besorgt. “Glaubt die Kommission wirklich, dass wir dem Problem nur mittels Transparenz und der Ermächtigung der Verbraucher beikommen?”, fragte sie rhetorisch und forderte stärkere Schutzmechanismen für die Verbraucher:innen und die Demokratie.
Vestager konterte, dass Online-Werbung gerade für kleine Unternehmen mit begrenztem Werbebudget ein wichtiges Mittel sei, um Kunden zu finden. “Wir müssen Transparenz schaffen und Nutzer schützen, aber dürfen die kleinen Unternehmen dabei nicht vergessen.” Genau das werde durch den Kommissionsvorschlag sichergestellt. Jasmin Kohl
Die Bundesregierung hat schwere Vorwürfe gegen Russland im Zusammenhang mit Cyberattacken auf Bundestags- und Landtagsabgeordnete im Vorfeld der Bundestagswahl erhoben. “Der Bundesregierung liegen verlässliche Erkenntnisse vor, aufgrund derer die Ghostwriter-Aktivitäten Cyberakteuren des russischen Staates und konkret dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet werden können”, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Montag in Berlin. Dies sei völlig inakzeptabel und eine Gefahr für Deutschland – was man der russischen Seite auch mitgeteilt habe. Ghostwriter ist der Name einer Angriffskampagne, die seit Februar bekannt ist.
Die Sprecherin sprach von einer schweren Belastung für die bilateralen Beziehungen. “Die Bundesregierung fordert die russische Regierung mit allem Nachdruck auf, die unzulässigen Cyberaktivitäten sofort einzustellen.” Man behalte sich “weitergehende Maßnahmen” vor.
Der Leiter des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang hatte im Juli die “Ghostwriter”-Angriffe als versuchte Vorbereitung für externe Einflussnahme auf die Bundestagswahl klassifiziert: die Vorgehensweise bei den seit Februar identifizierten Angriffen ziele insbesondere auf “private E-Mail-Adressen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Landtage und deren Mitarbeitenden.” Dieses seien sowohl für Leaks als auch für den Zugang zu SocialMedia- und anderen Plattformen potenzielle Einfallstore, so Haldenwang.
Der Militärgeheimdienst GRU und der Auslandsgeheimdienst SVR der Russischen Föderation gelten als zwei besonders in klandestinen Cyberoperationen engagierte Dienste. Eine von westlichen Akteuren als APT28 bezeichnete Einheit des GRU mit dem Spitznamen Fancy Bear hatte sich ab Ende 2014 in der Bundestags-IT Zugang zu Postfächern und Daten verschafft, was die bislang größte Cyberkrise eines Verfassungsorgans in Deutschland auslöste. fst/rtr
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt und so gut wie betriebsbereit. Das letzte Rohr sei gestern verschweißt worden und werde nun auf den Meeresboden abgesenkt, um mit dem restlichen Teil verbunden zu werden, teilte die Betreibergesellschaft mit. Noch in diesem Jahr will der russische Energiekonzern Gazprom mit den ersten Gaslieferungen nach Deutschland beginnen.
Dem Bauabschluss gingen teils zähe geopolitische Auseinandersetzungen, unter anderem mit den USA und dem Gastransitland Ukraine voraus. Ob Gazprom, Eigentümer der Ostsee-Pipeline und der Nord Stream 2 AG, den Betrieb allerdings wie geplant aufnehmen kann, bleibt aufgrund mehrere rechtlicher Hürden weiter fraglich.
So muss der Ostsee-Pipeline einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zufolge keine Befreiung von der verschärften EU-Gasmarktregulierung gewährt werden. Daneben wehrt sich die Deutsche Umwelthilfe mit zwei laufenden Klagen gegen den Betrieb von Nord Stream 2. til
Vor vier Jahren argumentierten wir, dass der Aufstieg von Elektrofahrzeugen (EVs) sowohl die Autoindustrie als auch den Ölmarkt auf den Kopf stellen würde. Wie bei der schnellen Verdrängung von Pferden durch Kraftfahrzeuge in den Vereinigten Staaten vor einem Jahrhundert würde der exponentielle Anstieg der Elektrofahrzeuge zu ihrer Übernahme des globalen Automarktes Anfang der 2040er Jahre führen. Öl würde die neue Kohle werden, wobei sich die Preise in Energieäquivalenten weiter auf etwa 15 US-Dollar pro Barrel annähern würden. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Folgen wären tiefgreifend.
Seitdem hat sich die Transportrevolution nur intensiviert und die meisten Erwartungen konsequent übertroffen. Im Jahr 2020 gab es mehr als zehn Millionen Elektrofahrzeuge, nach einem Wachstum von mehr als 40 Prozent in den letzten Jahren. Dies steht im Einklang mit der Einführung von Kraftfahrzeugen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und wenn sich dieser Weg fortsetzt, werden Elektrofahrzeuge bis 2040 rund 60 Prozent und bis 2050 rund 90 Prozent des weltweiten Automarktes ausmachen. Diese Schätzungen übersteigen die Zahlen der International Energy Agency (IEA), die für 2040 etwa 330 Millionen Elektrofahrzeuge prognostiziert, und Bloomberg NEF, die einen weltweiten Anteil von 30 Prozent an Elektrofahrzeugen erwartet, aber weitgehend mit dem Net Zero-Szenario der IEA bis 2050 und dem Carbon Tracker/Imperial College London übereinstimmt.
Was wir kürzlich in China gesehen haben, sollte die Annahme widerlegen, dass die Einführung von Elektrofahrzeugen in Schwellen- und Entwicklungsländern um Jahrzehnte hinter der in Industrieländern zurückbleiben wird, was einen Zusammenbruch der weltweiten Ölnachfrage verzögern wird. Tatsächlich prognostizieren die IEA und andere eine steigende Ölnachfrage in den meisten Schwellenländern, die den Rückgang in den Industrieländern mehr als ausgleichen würde.
Tatsächlich hat Europa China bei den Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen erst im Jahr 2020 überholt, während China mit 4,5 Millionen Fahrzeugen der größte Elektrofahrzeugmarkt geblieben ist. Obwohl die COVID-19-Pandemie die Nachfrage nach Autos drastisch reduziert hat, ist der Elektrofahrzeugmarkt in vielen Ländern, einschließlich der Entwicklungsländer, weiterhin schnell gewachsen.
Schwellenländer haben bewiesen, dass sie auch in der EV-Branche Vorreiter sein können. Die chinesische Elektrofahrzeugindustrie hat die Kosten weiter gesenkt, da viele Marken um die Marktbeherrschung konkurrieren. Mehr als 400 Unternehmen sind in China in das EV-Geschäft eingestiegen, was an die frühen Tage der Automobilindustrie in den USA erinnert, als Hunderte von Unternehmen gegeneinander antraten, bevor Giganten wie Chrysler und Ford auftauchten. Die Lebenszeitkosten für den Besitz eines Elektrofahrzeugs sind aufgrund sinkender Batteriekosten stetig gesunken und sind bereits mit denen von Kraftfahrzeugen vergleichbar.
Das billigste Elektrofahrzeug auf dem Markt, hergestellt von Chinas SAIC Motor, übertrifft bereits Teslas Model 3, das beliebteste Elektrofahrzeug. Noch wichtiger ist, dass das SAIC-Modell mit einem Preis von nur wenigen tausend Dollar EVs in vielen Entwicklungsländern erschwinglich macht, so wie der Volkswagen Käfer und andere Modelle in diesen Ländern die ersten Autos populär gemacht haben.
Die Vitalität der Autoindustrie erinnert an ihre Blütezeit vor einem Jahrhundert. Der harte Wettbewerb um den EV-Markt wird die Kosten weiter senken, die Qualität steigern und die Technologie voranbringen, was nicht nur den Verbrauchern zugutekommt, sondern auch die Energiewende beschleunigt. Die Haupthindernisse für die Einführung wie Infrastruktur, Stromerzeugung und kurze Reichweite werden beseitigt. Wir sehen bereits mehr Ladestationen, den Aufstieg erneuerbarer Energien, eine verbesserte Batterieleistung und kontinuierliche Innovation.
Aber es reicht nicht aus, sich auf die Kräfte des Marktes zu verlassen. Neue Regelungen werden helfen, den Übergang zu beschleunigen. Die ab 2025 in Kraft tretenden EU-Emissionsvorschriften könnten die Marktaussichten völlig verändern, da Kraftfahrzeuge teure Technologien enthalten müssen, die sie deutlich weniger wettbewerbsfähig machen. In ähnlicher Weise musste die Autoindustrie nachziehen, nachdem die kalifornischen Politiker strengere Emissionsstandards in ihrem Bundesstaat (dem bevölkerungsreichsten der USA) vorgeschrieben hatten, was zu positiven Auswirkungen auf den Rest des Landes führte. Solche Mandate könnten bahnbrechend sein und einen positiven Kreislauf aus Skaleneffekten, Innovation und steigender Nachfrage auslösen.
Entwicklungsländer, die sich der EV-Revolution anschließen, können erhebliche makroökonomische Vorteile erzielen. Raffinierte Ölprodukte, vor allem Benzin, machen in den meisten afrikanischen Ländern den größten Anteil der Importe aus, einschließlich großer Ölexporteure wie Nigeria. Eine beschleunigte Einführung von Elektrofahrzeugen, die weniger Wartung und Ersatzteile erfordern, in Verbindung mit einem zuverlässigeren Stromnetz auf Basis erneuerbarer Energien würde in Zeiten steigender Auslandsverschuldung wertvolle Hartwährungsressourcen einsparen. Der expandierende globale EV-Markt bietet auch Chancen, in sich neu formierende Wertschöpfungsketten einzutreten.
Länder, die nicht ausreichend planen, sind hingegen mit erheblichen Risiken konfrontiert. Sie sitzen möglicherweise mit ungenutzten Raffinerien und Flotten veralteter Fahrzeuge fest, die nicht in der Lage sind, kritische Teile zu importieren, weil große Autohersteller ihre Produktion eingestellt hätten.
Angesichts der enormen Kosten der globalen Erwärmung kann die Ermutigung der Entwicklungsländer, sich der EV-Revolution anzuschließen, der Welt nur enorme Vorteile bringen. Entwicklungsländer können die sich abzeichnende Energiewende und Verkehrsrevolution nicht ignorieren und sollten dies als Chance sehen, neue Fähigkeiten zu schaffen und in neue Sektoren zu diversifizieren.
Die zusätzlichen Ausgaben, die für eine schnelle Einführung erforderlich sind, sind im Vergleich zu den wirtschaftlichen und menschlichen Kosten von Hitzewellen, Waldbränden, Entwaldung, Umweltverschmutzung, verringerter Biodiversität und möglicherweise schwerwiegenderen zukünftigen Pandemien winzig. Unsere Straßen sauberer, leiser und weniger überlastet zu machen, würde nicht nur unsere Lebensqualität, sondern auch ihre Nachhaltigkeit verbessern.
Reda Cherif, Senior Economist beim Internationalen Währungsfonds, ist assoziierte Forscherin am Bennett Institute for Public Policy der University of Cambridge. Fuad Hasanov, Senior Economist beim Internationalen Währungsfonds, ist außerordentlicher Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Georgetown University und assoziierter Forscher am Bennett Institute for Public Policy der University of Cambridge. Min Zhu, ein ehemaliger stellvertretender Geschäftsführer des Internationalen Währungsfonds, ist Vorsitzender des National Institute of Financial Research an der Tsinghua University.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
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Houston, wir planen einen Weltraumbahnhof. Der gestrige Startschuss für Deutschlands Klein-Satelliten-Offensive ist eine Kampfansage an die großen Raumfahrernationen USA, Russland und China und Unternehmen wie Space-X. Deutschland will nicht länger nur zuschauen, wie alle Welt ins All fliegt und mischt seit neustem kräftig mit.
Als der Vorschlag für den Bau einer mobilen Offshore-Startplattform für Raketen in der Nordsee vor zwei Jahren erstmals publik wurde, hat man nicht nur heimlich über die Pläne geschmunzelt, sondern laut gelacht. Seit gestern gibt es offiziell die ersten Fluggäste. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellte gemeinsam mit der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) die ersten Kunden des geplanten Weltraumbahnhofs bei Bremerhaven vor.
Vier europäische Unternehmen – zwei deutsche, ein niederländisches und ein britisches – wollen ab 2023 lauter Kleinsatelliten ins All bringen, die sowohl kommerzielle als auch wissenschaftliche Zwecke erfüllen sollen. Der Bund beteiligt sich mit insgesamt zehn Milliarden Euro und setzt darauf, dass Investoren mit dem vierfachen Betrag nachziehen.
Wenn das gelingt, wird in deutschen Gewässern demnächst Raumfahrtgeschichte geschrieben. Falls nicht, bleibt uns immer noch der Green Deal. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen “Europas Man on the Moon Moment”. Lukas Scheid