die Entlastung der europäischen Landwirte geht weiter. Die EU-Agrarminister werden beim heutigen Agrarrat in Brüssel voraussichtlich ohne jegliche Änderungen für die Vorschläge der Europäischen Kommission stimmen, Umweltvorgaben in der Gemeinsamen Agrarpolitik bis 2027 zu lockern. Informell haben sich die Botschafter bereits mehrheitlich für die GAP-Lockerungen ausgesprochen. Indem sie auf Änderungen verzichtet hat, will die belgische Ratspräsidentschaft Zeit sparen und eine Verabschiedung des Dossiers noch vor der Europawahl ermöglichen.
Deutschland dürfte sich bei der Abstimmung allerdings enthalten. Die Positionsfindung innerhalb der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen, man werde aber “dem beschleunigten Verfahren zur Behandlung des GAP-Legislativpaketes nicht im Wege stehen”, teilt ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit. Final abstimmen will sich die Ampel demnach erst, wenn das Votum des Parlaments vorliegt. Dann dürfte es aber zu spät sein, sich noch effektiv für eventuelle Änderungen einzusetzen.
Außerdem beim Agrarrat heute: Der ukrainische Agrarminister Mykola Solskyi ist zu Gast. Das ist vor allem deshalb pikant, weil die Trilog-Einigung zum Freihandel mit der Ukraine noch von Mitgliedstaaten bestätigt werden muss. Eigentlich sollten die EU-Botschafter bereits am Montag darüber abstimmen. Das Votum wurde aber auf Mittwoch verschoben. Auch darüber dürfte es unter den Agrarministerinnen erhöhten Gesprächsbedarf geben.
Herr Güllner, künstliche Intelligenz wird bereits seit längerem eingesetzt, um Menschen zu beeinflussen. Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz bei den Europawahlen 2024 spielen?
Akteure nutzen KI als Mittel für Informationsmanipulation oder Desinformation. Das ist nicht neu. Auch automatisierte Bots arbeiten immer mehr mit großen Sprachmodellen, den LLMs. Diese Gefahr sollten wir sehr, sehr ernst nehmen. Wir können davon ausgehen, dass die Weiterentwicklung der Technik dazu führen wird, dass diese Instrumente schneller, billiger und wahrscheinlich auch sehr viel einfacher anwendbar werden.
… und damit auch neue Probleme mit sich bringen.
Wir beobachten, dass nicht nur hoch spezialisierte und technikaffine Strukturen diese Techniken einsetzen. Sie kommen viel breitflächiger zum Einsatz. Wir erwarten, dass bei Desinformation- und Informationsmanipulation Quantität und Geschwindigkeit steigen. Die große Frage ist, ob sich auch die Qualität verändern wird.
Was bedeutet Qualität in diesem Zusammenhang?
Zum einen die handwerkliche Herangehensweise. Wahrscheinlich wird sich die Fehlerquote verringern. Zum anderen ist die Frage, ob wir einen Paradigmenwechsel sehen werden, also ganz neue Instrumente, Stichwort Deepfakes. Dafür haben wir momentan einzelne, kleinere Anhaltspunkte. Aber ich unterstreiche das Wort “momentan”. Wir sehen diesen Qualitätssprung noch nicht in der Anwendung. Das heißt aber nicht, dass das Risiko nicht besteht.
Von welchen Akteuren gehen die Gefahren aus?
Diese Frage ist immer sehr schwierig, weil man mit Zuordnung, mit Attribution arbeiten muss, um einen Akteur klar zu identifizieren. Das gilt besonders, wenn es um staatliche Akteure geht. Wir wissen, dass zum Beispiel Russland nach dem Prinzip des Ökosystems arbeitet: Die Mehrzahl der Aktivitäten wird von Netzwerken, Strukturen oder Akteuren ausgeführt, die wir dem staatlichen Akteur gar nicht direkt zuordnen können. Wenn die Anwendung einfacher wird, wird sich diese Tendenz weiter verstärken. In der Vergangenheit konnten wir tatsächlich Strukturen des russischen Sicherheitsapparates, also zum Beispiel Geheimdienste identifizieren, die an Operationen beteiligt waren.
Das wird in Zukunft schwieriger zu erkennen sein?
Davon gehe ich aus. Wir beobachten hier eine Kommerzialisierung. Immer mehr bezahlte Akteure führen die Arbeit aus, die “dreckige Arbeit”. Künftig müssen wir darauf schauen, welche Verbindungen zwischen diesen unterschiedlichen Akteuren im Hinblick auf finanzielle Abhängigkeiten bestehen.
Wenn wir über Desinformation und Manipulation sprechen, dann meist über Russland. Müssten wir uns nicht mehr Sorgen wegen China machen, gerade beim Einsatz von KI?
Wir schauen nicht nur auf einen Akteur, wir schauen auf alle Gefahren. Aber wir müssen den aktivsten Akteur besonders im Auge haben. Das ist und bleibt Russland. Mit Sorge sehen wir aber die zunehmenden Aktivitäten auch von chinesischen Akteuren. Wir stellen eine Überschneidung der geopolitischen Narrative fest. Denken Sie an das Beispiel der Bio-Waffenlabore, die man angeblich in der Ukraine gefunden haben will. Für die gibt es bis heute keine Beweise, aber viele Behauptungen, die auch sehr häufig von chinesischen Akteuren kamen. Ich warne jedoch davor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, die Taktiken sind verschieden.
Wenn auch Akteure mit weniger Expertise immer mehr KI einsetzen, wird dann allein die Menge einen großen Unterschied machen, oder sind wirklich nur hochprofessionelle Attacken gefährlich?
Je mehr Akteure wir haben, die authentisch aussehen, desto schwieriger wird es natürlich auch sie zu entdecken. Und je mehr die Grenze verschwimmt zwischen innenpolitischen, auch legitimen Akteuren und externen Akteuren, die diese Mittel als staatliches Instrument für taktische oder strategische Ziele einsetzen, desto schwieriger wird unsere Arbeit werden.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Nehmen Sie die Proteste der Landwirte, ein Thema von gesellschaftlicher Relevanz. Die Sorgen kann man als richtig oder falsch empfinden, aber es ist eine wichtige politische Frage. Da gibt es zwei Arten von Desinformationsakteuren: Innenpolitische, die die Auseinandersetzung nutzen, um zuzuspitzen, sich Gehör zu verschaffen, vielleicht sogar unauthentische Mittel einsetzen. Die Diskussion, die wir führen müssen: Wie legitim oder illegitim ist das? Und es gibt externe Akteure, die versuchen, solche gesellschaftlichen Diskussionen opportunistisch auszunutzen. Da ist es einfacher, die Illegitimität herauszulesen.
Auch Parteien setzen KI im Wahlkampf ein. Würden Sie Parteien empfehlen, lieber generell die Finger von KI zu lassen, weil es diesen gefährlichen Graubereich gibt?
Wir brauchen eine Debatte zur Legitimität der Mittel, die es ermöglichen, den Informationsraum zu manipulieren. Es gibt kommerzielle Dienste, mit denen Sie zum Beispiel Ihre Reichweite unglaublich erhöhen können, wie ein Megafon. Nach heutigen Regeln ist das nicht ausdrücklich illegal. Aus moralischer Sicht bleibt es aber fragwürdig. Wenn wir die freie Meinungsäußerung, den öffentlichen Diskurs schützen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die Stimmen authentisch sind.
Worin liegt das Problem?
Wenn Sie Stimmen hundertfach, tausendfach, zehntausendfach mit unauthentischen Mitteln verstärken, nehmen Sie viel mehr Raum ein als in einer echt geführten Debatte. Das trifft auf alle Akteure zu. 2012 haben wir noch mit großer Bewunderung auf die Kampagne von Barack Obama geschaut: was für eine interessante Kampagne mit Micro-Targeting und Amplifizierungstechniken! Jetzt sehen wir, wie schnell das zum Problem werden kann. Daher brauchen wir eine Debatte, ob es in Ordnung ist, sich für Geld eine enorme Amplifikation der Stimmen über Bots, Trolle und andere Mittel zu kaufen.
Beobachten Sie, dass Angreifer, die den Wahlkampf stören wollen, bereits entsprechende Vorbereitungen treffen oder schon aktiv sind?
Wir bereiten uns darauf vor, dass wir Stör- und Manipulationsversuche abwehren müssen. Das heißt aber nicht, dass wir auf jeden Fall eine große Welle an Desinformation sehen werden. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Falle der Angreifer tappen. Sie schüren Ängste um die Sicherheit des Prozesses. Damit haben sie ihr Ziel schon erreicht, den gesamten Prozess zu delegitimieren. Wenn die Menschen denken, “oh, da wird so viel Manipulation stattfinden, den Wahlen kann man sowieso nicht trauen”, werden sie gar nicht wählen gehen. Deswegen ist es mir wichtig zu sagen: Die Wahlen sind sicher, die Wahlen sind legitim, aber es gibt ein Risiko. Unsere Aufgabe ist es, dieses Risiko zu bewerten und entsprechend zu reagieren.
Welche Abwehrmöglichkeiten haben Sie?
Das erste ist die Situational Awareness. Wir halten die Instrumente bereit, um Angriffe schnell entdecken und aufdecken zu können. Das zweite ist die Stärkung nicht nur unserer eigenen Reaktionsfähigkeit, kommunikativ, sondern auch in der Art und Weise, wie wir mit den Plattformen und Regulierungsbehörden zusammenarbeiten. Dafür haben wir jetzt den Digital Services Act (DSA). Er gibt uns neue Instrumente an die Hand, von Plattformen in präzisen Fällen die entsprechende Transparenz und Rechenschaftspflicht einzufordern. Die dritte Säule ist die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen, etwa Fact-Checking-Initiativen.
Der DSA ist noch frisch. Die Kommission hat Guidelines angekündigt, wie die Plattformen mit den systemischen Risiken Desinformationen und Wahlmanipulation umgehen sollen. Was erwarten Sie vom DSA?
Ich erwarte vom DSA sehr viel, allerdings kann ich von dem Instrument nicht mehr erwarten als das, wofür es geschaffen wurde. Wichtig ist der Austausch mit den Plattformen. Wir werden einen schleichenden Anstieg der Vorfälle sehen. Hier müssen alle Akteure – Plattformen, Zivilgesellschaft und Regierungsstellen – eng zusammenarbeiten, um das Phänomen zu verstehen: Wer macht was, warum, mit welchen Mitteln? Und dann die Konsequenzen daraus ziehen.
Alle Texte zu den Europawahlen 2024 finden Sie hier.
Eine Entlastungsmaßnahme für Bauern nach der anderen kam zuletzt von der Europäischen Kommission. Eines hatten sie gemeinsam: Präsentiert wurden die Zugeständnisse von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das ist ungewöhnlich, denn Fachthemen wie Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik sind normalerweise Sache des zuständigen Kommissars.
Doch Agrarkommissar Janusz Wojciechowski gerät immer mehr ins Abseits. Ein Grund: Angesichts von Bauernprotesten in vielen Ländern Europas und eines Europawahlkampfs, in dem von der Leyen erneut für die Kommissionsspitze antritt, hat die CDU-Politikerin das Thema Landwirtschaft zur Chefinnensache gemacht. Für Wojciechowski bleibt kaum mehr Raum, sich zu profilieren.
Von der Leyen und Wojciechowski sind zu Konkurrenten geworden, wenn es darum geht, wer die Lorbeeren für Entlastungen einheimst – ein Wettstreit, den die mächtigere und taktisch klügere von der Leyen meist für sich entscheidet. “Die Maßnahmen sind auf meine Initiative hin präsentiert worden – ich bin der Agrarkommissar”, versicherte Wojciechowski vergangene Woche vor EU-Abgeordneten mit Blick auf die vorgeschlagenen GAP-Lockerungen. Tatsächlich wurden die Lockerungen aber von der Kommissionspräsidentin angekündigt, von Wojciechowskis ursprünglichen Ideen hat es dagegen keine in den Entwurf geschafft.
Auch bei der Vorstellung der Vorschläge wenige Tage zuvor hatte dieser interne Konkurrenzkampf zu kuriosen Szenen geführt: Statt die Vorschläge in Brüssel als zuständiger Kommissar zu präsentieren, war Wojciechowski am Tag der Veröffentlichung in Polen und hatte dort am Nachmittag seine eigene Pressekonferenz angesetzt. Präsentieren konnte er aber letztlich nichts: Anders als geplant, veröffentlichte die Kommission die Vorschläge nicht am Morgen, sondern erst am Abend.
Zwar dürften letzte Änderungen am Entwurf für die Verzögerung verantwortlich gewesen sein. Dennoch spielte der Aufschub von der Leyen in die Karten. Denn so war sie es, die nach einem Telefonat mit dem polnischen Premier Donald Tusk die Maßnahmen zum Bürokratieabbau verkünden konnte.
Dass die Kommissionschefin ausgerechnet mit dem polnischen Premier sprach, ist ebenfalls symbolträchtig. Denn seitdem Tusk mit seinem Bündnis früherer Oppositionsparteien die Regierung in Polen stellt, hat der PiS-Mann Wojciechowski keine Rückendeckung mehr aus dem Heimatland.
Von der Leyen hat dadurch keinen Anreiz mehr, sich mit Wojciechowski gut zu stellen. Die Kommissare werden von der jeweiligen nationalen Regierung entsendet. Nach der Europawahl hat Wojciechowski also keine Chance, wieder Kommissar zu werden. Noch wichtiger für von der Leyen: Um sich die Unterstützung Polens für eine zweite Amtszeit zu sichern, muss sie nicht mehr die rechtskonservative PiS – und damit Wojciechowski – bei Laune halten, sondern ihren Parteikollegen Tusk.
Dass Wojciechowski immer wieder unverhohlen aus der Kommissionslinie ausschert, um die Interessen polnischer Bauern zu vertreten, muss von der Leyen seitdem nicht mehr tolerieren. So musste der Agrarkommissar Ende Februar – offenbar auf Druck aus der Kommission – öffentlich zurückrudern.
In einem Brief an den Vorsitzenden des EU-Agrarausschusses, Norbert Lins, der Table.Briefings vorliegt, hatte Wojciechowski unter anderem die Protestparole “Importe stoppen – Green Deal raus” wiederholt. Das spiegele nicht seine eigene Meinung wider. Er habe lediglich eine Forderung der Bauernproteste zitiert und dabei in seiner Wortwahl “die nötige Sorgfalt vermissen lassen“, räumte er später in einem öffentlichen Statement ein.
Die Episode zeigt auch, wie ungelenk Wojciechowski in seinem politischen Handeln häufig wirkt. Je vehementer er versucht, die Interessen seiner polnischen Partei und ihrer ländlichen Wählerklientel durchzusetzen, desto mehr scheint er sich in Brüssel ins Abseits zu schießen. Denn in seiner Rolle als EU-Kommissar, der die Interessen der gesamten Union im Blick haben soll, wird er damit immer weniger ernst genommen.
Paradoxerweise hat Wojciechowski damit auch im eigenen Lager das Vertrauen verloren. Nicht nur Stimmen aus der neuen Tusk-Regierung, auch sein eigener Parteivorsitzender, PiS-Chef Jarosław Kaczyński, forderte im Februar Wojciechowskis Rücktritt als Kommissar, nachdem polnische Landwirte erneut gegen den EU-Freihandel mit der Ukraine auf die Barrikaden gegangen waren.
So schaffte es der Agrarkommissar nicht nur, in Brüssel Unterstützung zu verspielen, weil er allzu offensichtlich die eigene Agenda verfolgt, sondern auch in Polen, weil er auf EU-Ebene nicht den nötigen Einfluss hat, um dies effektiv zu tun.
27.03.2024 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Nachhaltigkeits-Reporting – Überblick und Umsetzungstipps zu CSRD und ESRS
Der TÜV gibt einen Überblick über das Zusammenspiel der einzelnen Regelungen von CSRD und ESRS und gibt Tipps zu deren Umsetzung. INFOS & ANMELDUNG
27.03.2024 – 18:30 Uhr, Berlin
KAS, Vortrag Die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine – Vier Szenarien für das Jahr 2040
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, wie Deutschland und Polen in der Europäischen Union künftig zusammenarbeiten sollten, um gemeinsame Herausforderungen erfolgreich zu meistern. INFOS & ANMELDUNG
27.03.2024 – 19:00-20:15 Uhr, online
FNF, Diskussion Vision EU-30 Plus
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) beschäftigt sich mit der Frage, wie erweiterungsfähig die Europäischen Union aktuell ist. INFOS & ANMELDUNG
28.03.-29.03.2024, Berlin
STECONF Global Conference on Waste Management and Recycling
Science, Technology and Engineering Conferences (STECONF) addresses topics related to waste management and recycling, such as circular economy, zero waste strategies, waste-to-energy technologies, and sustainable waste management practices. INFOS & REGISTRATION
28.03.2024 – 15:00-17:00 Uhr, online
ERCST, Seminar ETS review of Carbon Leakage Risks for CBAM Export Goods
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) presents a paper on the topic of the carbon leakage risk for goods subject to CBAM and produced in the EU for export related to the review under the ETS of 2024. INFOS & REGISTRATION
Spitzenvertreter der Europäischen Union haben sich erfreut über die Resolution des Weltsicherheitsrats zu einer sofortigen Waffenruhe im Gazastreifen gezeigt und zur Umsetzung aufgerufen. “Die Umsetzung dieser Resolution ist für den Schutz aller Zivilisten von entscheidender Bedeutung”, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag im sozialen Netzwerk X. Ähnlich äußerten sich auch EU-Ratspräsident Charles Michel und der Außenbeauftragte Josep Borrell.
Der UN-Sicherheitsrat in New York hatte zuvor fast sechs Monate nach Kriegsbeginn erstmals eine “sofortige Waffenruhe” im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen ebenfalls die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln.
Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Ratsmitglieder stimmten dafür. Der völkerrechtlich bindende Beschluss zeigt die zunehmende internationale Isolation Israels. Auch steigt dadurch der internationale Druck auf die Konfliktparteien weiter.
Die EU hatte bereits in der vergangenen Woche zu einer Waffenruhe aufgerufen. In einer Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs hieß es, man fordere eine sofortige humanitäre Feuerpause “als Voraussetzung für einen dauerhaften Waffenstillstand, die bedingungslose Freilassung aller Geiseln und die Bereitstellung von humanitärer Hilfe”. dpa
Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Digital Markets Act (DMA) hat die Europäische Union (EU) Ermittlungen gegen Apple, die Alphabet-Tochter Google und die Facebook-Mutter Meta eingeleitet. Die drei US-Technologiekonzerne hätten Auflagen nicht erfüllt, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Insider hatten vor einigen Tagen über die geplanten Untersuchungen berichtet. Auch Berichterstatter Andreas Schwab (CDU) hatte im Interview mit Table.Briefings Zweifel geäußert, dass alle Marktteilnehmer bereits DMA-konform sind.
Die EU-Wettbewerbsbehörden wollen unter anderem die Geschäftspraktiken von Apple und Google in ihren jeweiligen App-Stores prüfen. Dem DMA zufolge müssen die Konzerne Drittanbietern von Software kostenlos ermöglichen, ihre Kunden auf Angebote außerhalb der genannten App-Stores hinzuweisen. Apple betonte, die jüngste Anpassung der Richtlinien für den App-Store seien aus Sicht des Unternehmens DMA-konform.
Bei Google werde zudem eine mögliche Bevorzugung eigener Angebote in den Ergebnissen der Internet-Suche unter die Lupe genommen. Darüber hinaus werde das neue Abonnement-Modell von Meta untersucht, bei dem Nutzer für eine werbefreie Version der Online-Netzwerke Facebook und Instagram zahlen müssen.
Seit Anfang März müssen sich Firmen an das Gesetz über digitale Märkte (DMA) halten. Es soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten und bessere Chancen für neue Rivalen sorgen. Die Grundannahme dabei ist, manche große Plattformbetreiber seien so mächtig geworden, dass sie ihre Marktposition zementieren könnten. Der DMA soll dies mit Regeln für die Gatekeeper (Torwächter) aufbrechen. Die Kommission machte bisher 22 Gatekeeper-Dienste von sechs Unternehmen aus. Darunter sind die US-Schwergewichte Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta.
Die Kommission will das am Montag eröffnete Verfahren innerhalb eines Jahres abschließen. Je nach Ergebnis der Untersuchung müssen die betroffenen Firmen Maßnahmen ergreifen, um Bedenken der Behörde auszuräumen. Wer sich nicht an das Gesetz hält, kann mit einer Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes belangt werden. Bei Wiederholungstätern sind 20 Prozent möglich. rtr/dpa
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat der EU-Kommission vorgeworfen, Deutschland unnötig viel Bürokratie aufzuzwingen. “Wir müssen aber auch darauf achten, dass wir nicht an anderer Stelle Bürokratie aufbauen: Die Kommission unter Ursula von der Leyen ist die größte Bürokratie-Quelle in ganz Europa”, schrieb der FDP-Politiker am Montag auf der Plattform X, wenige Monate vor der Europawahl.
Am Freitagnachmittag hat das Justizministerium, das innerhalb der Bundesregierung federführend für Bürokratieabbau zuständig ist, mitgeteilt, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung großer Unternehmen umzusetzen. “Dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet”, sagte Buschmann. “Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten.” Damit seien erhebliche Belastungen für die Wirtschaft verbunden. Die Richtlinie werde mit dem erforderlichen Mindestmaß umgesetzt, ohne zusätzliche Vorgaben Deutschlands.
Das Justizministerium hat mittlerweile einen ersten Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie an die Bundesländer und Verbände verschickt. Stellungnahmen sind bis zum 19. April möglich. Wirtschaftsprüfer sollen die Nachhaltigkeitsberichte abnehmen. Laut EU-Vorgaben wird die Anzahl der betroffenen Unternehmen von 12.000 auf 50.000 ausgeweitet, ebenso wie die verlangten Angaben.
Birgit Buth, Geschäftsführerin des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), begrüßt die “vorgesehene 1:1-Umsetzung der CSRD”, warnt aber, dass zusätzliche bürokratische Belastungen “unter allen Umständen vermieden” werden müssten. Richtig sei deshalb “die weitgehende Verknüpfung der Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes und der CSRD”.
Nicolette Behncke, Partnerin bei PwC, hält es für “eine deutsche Besonderheit und eine kleine Überraschung”, dass CSRD-Anwender von der Berichtspflicht nach dem Lieferkettengesetz befreit sind. Insgesamt erwartet sie “eher wenig Kritik” von den Unternehmen, da sich der Entwurf eng an der EU-Vorgabe orientiere. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft, glaubt, dass das Gesetz in dieser Form “für einen Aufbau von Nachhaltigkeits-Knowhow in den Unternehmen” sorgt. Sie befürchtet allerdings, dass die Prüfung der Berichte zu einer “Exklusivdomäne der Big Four” werden könnte. rtr/mw
Es wäre ein Schritt mit Signalwirkung für einen Abschied von fossilen Energien. Die EU-Kommission hat die Absicht, Partner der Beyond Oil and Gas Alliance (BOGA) zu werden. Über dieses bereits seit Längerem vorbereiteten Vorhaben wird die Kommission am heutigen Dienstag die Energieexperten der Mitgliedstaaten im Rat der EU informieren, wie aus der Tagesordnung hervorgeht.
Die BOGA wurde 2021 bei der COP26 in Glasgow von Dänemark und Costa Rica gegründet. Laut der offiziellen Deklaration verpflichten sich die “Mitglieder” und “Freunde” der Organisation, die Förderung von Öl und Gas mit den Pariser Klimazielen in Einklang zu bringen – wobei der Wortlaut sehr weich formuliert ist. Die Kategorie “Partner” ist bislang nicht auf der Website der BOGA zu finden. Eine Erläuterung des Kommissionsvorhabens konnten die beiden Organisationen am Montag zunächst nicht liefern.
Klimaschützer halten den Schritt für wirkungsvoll. “Eine Partnerschaft der EU-Kommission wäre ein großer Schritt für die Bekanntheit und Durchschlagskraft der BOGA“, sagt Thea Ulrich von Germanwatch. Bisher haben sich der BOGA noch keine der ganz großen internationalen Öl- und Gasförderländer angeschlossen.
“Wenn die Kommission EU-Mitgliedstaaten motivieren könnte, der BOGA beizutreten, hätte das schon einen Impact”, sagt Ulrich. Eine nennenswerte Ölförderung hätten Italien, Rumänien und Dänemark, bei Gas seien es die Niederlande und Rumänien. Die Niederlande und Rumänien sind derzeit noch nicht an der BOGA beteiligt. ber
Der Finanzierungsbedarf, um die europäischen Klimaziele zu erreichen und die europäische Wirtschaft zu dekarbonisieren, ist immens. Deshalb sind mehr Anreize zur Mobilisierung von privaten Finanzmitteln sowie eine effizientere Nutzung öffentlicher Gelder notwendig. Das geht aus einem Bericht des Thinktanks E3G gemeinsam mit Share Action und dem WWF hervor.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass zusätzlich zu den bereits beschlossenen Investitionen weitere rund 620 Milliarden Euro jährlich notwendig sind, um die Ziele des Green Deal und von REPowerEU zu erreichen.
Dreiviertel der Finanzierungslücke für die Dekarbonisierung könnten gefüllt werden, wenn Finanzmittel von “schädlichen oder überflüssigen” Aktivitäten – beispielsweise fossile Subventionen – umgeschichtet werden, schreiben die Autoren des Berichts. Dafür brauche es bessere Anreize, damit Investoren ihr Geld nachhaltig investieren.
Um private Finanzierung der Klimaziele voranzutreiben, schlagen die drei Organisationen sechs Prioritäten für die europäische Gesetzgebung vor:
Zudem müssten die öffentlichen Finanzmittel sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene erhöht werden, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank “grüner” gestaltet und Gelder besser als “Hebel” eingesetzt werden, raten die Autoren. kul
Die EU-Staaten wollen Exporte von Müll in Drittstaaten stärker einschränken. Damit solle den Zielen der Kreislaufwirtschaft und der Klimaneutralität Rechnung getragen werden, teilten die Mitgliedstaaten am Montag nach einem Treffen der EU-Umweltminister in Brüssel mit.
Durch die Überarbeitung der Abfallrichtlinie sollen EU-Staaten weniger Müll in Drittländer exportieren und mehr selbst verwerten. Mit der neuen Regel darf Müll nur noch in Länder außerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) exportiert werden, wenn das Zielland explizit zustimmt und nachweisen kann, dass der Müll umweltfreundlich verarbeitet wird.
Wie aus Zahlen des Statistikamts Eurostat hervorgeht, exportierte die EU im Jahr 2022 mehr als 32 Millionen Tonnen Abfall in die Nicht-EU-Länder. Davon gingen 39 Prozent in die Türkei (12,4 Millionen Tonnen), gefolgt von Indien (3,5 Millionen Tonnen), dem Vereinigten Königreich (2,0 Millionen Tonnen), der Schweiz (1,6 Millionen Tonnen) und Norwegen (1,6 Millionen Tonnen). dpa
Angesichts der verheerenden Waldbrände, die es in einigen EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen Sommern gegeben hat, finanziert die Kommission den Kauf von zwölf neuen Löschflugzeugen. So will sie die Kapazitäten von rescEU zur Brandbekämpfung aus der Luft stärken. EU-Mittel im Volumen von 600 Millionen Euro fließen dafür nach Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Portugal und Spanien. Die Länder werden die Machinen auch betreiben.
Die neuen Flugzeuge sollen in der gesamten EU bei der Brandbekämpfung zum Einsatz kommen. Sie werden ab 2027 ausgeliefert. Die bestehenden rescEU-Übergangsflugzeuge bleiben nach Angaben der Kommission in Betrieb sind, bis die gesamte Flotte einsatzbereit ist.
Wie die Kommission weiter mitteilte, hat Kroatien gerade ein Abkommen mit der Canadian Commercial Corporation zum Erwerb spezieller Löschflugzeuge unterzeichnet. Auch die griechische Regierung schloss kürzlich ein ähnliches Abkommen.
Vor fünf Jahren hat die Kommission das EU-Katastrophenschutzverfahren neu aufgestellt und rescEU gegründet. Vollständig von der EU finanziert, ist rescEU als europäische Notfallreserve eingerichtet und umfasst eine Flotte von Löschflugzeugen und Löschhubschraubern. Im Jahr 2023 kam rescEU 35 Mal zum Einsatz. Diese Einsätze kosteten schätzungsweise 110 Millionen Euro. Sie fanden unter anderem im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den Erdbeben in der Türkei und den Waldbränden in Tunesien und Griechenland. vis
Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten beraten gerade über die endgültige Fassung der PSD3-Zahlungsdiensterichtlinie. Die neuen Regeln für den Online-Handel sollen eine stärkere Harmonisierung der Vorschriften in der EU gewährleisten, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Zahlungsdienstleister schaffen und den Betrugsschutz verbessern.
Die Ausgestaltung der PSD3 bietet eine Chance, an die Erfolge ihrer Vorgängerin PSD2 anzuknüpfen und Innovationen im Zahlungsverkehr weiter voranzutreiben. Sie sollte aber auch deren Versäumnisse nachholen. Die bisherige Regulierung ist stark auf Endverbraucher und -verbraucherinnen zugeschnitten. Doch damit auch Unternehmen und Betriebe ihren Zahlungsverkehr sicherer und reibungsloser abwickeln können, sollten die Regelungen besser auf sie abgestimmt werden.
Eines der erfolgreichsten Elemente der PSD2 war die Einführung der starken Kundenauthentifizierung (SCA), mit der Millionen europäische Verbraucherinnen und Verbraucher durch Zwei-Faktor-Authentifizierung einen stärkeren Verbraucherschutz genießen. SCA hat nicht nur für mehr Vertrauen im E-Commerce und beim Online-Bezahlvorgang gesorgt, die Anforderungen haben auch zur Schaffung des einheitlichen europäischen Marktes für Zahlungen beigetragen, der zu einem regelrechten Fintech-Boom geführt hat. Ein Wachstum, das wir in Europa und insbesondere Deutschland gut gebrauchen können.
Die Bestimmungen zur starken Kundenauthentifizierung sind allerdings so weit gefasst, dass sie auch für Geschäftstransaktionen gelten. Das führt dazu, dass derzeit Mitarbeitende europäischer Unternehmen bei der Online-Zahlungsabwicklung genau die gleichen Sicherheitsstandards befolgen müssen wie beim Online-Banking zu Hause. Dabei wenden die meisten Betriebe bereits vertrauenswürdige Sicherheitslösungen an, die besseren Schutz versprechen als SCA allein.
Wer an digitales Bezahlen denkt, dem kommt in der Regel vor allem Online-Shopping in den Sinn. Die überwiegende Mehrheit aller Transaktionen wird jedoch zwischen Unternehmen getätigt. Das weltweite B2B-Zahlungsvolumen beträgt jährlich mehr als 120 Billionen US-Dollar, sechsmal höher als die Summe aller Konsumentenzahlungen. Eine Anpassung der Regelungen ist deshalb dringender denn je, wenn wir gigantische Reibungsverluste für Unternehmen vermeiden wollen.
Schon vor der Verabschiedung der PSD2 setzten Unternehmen in Europa beim Login in ihre Zahlungssoftware regelmäßig auf bewährte Methoden, wie Single-Sign-On-Lösungen, Hardware-Token oder Laptop-Zertifikate zur Authentifizierung. Das Hinzufügen von SCA wirkt da so, als ob man die Europäische Weltraumorganisation ESA zwingen würde, an ihre Raketen straßenverkehrskonforme Rückspiegel anzubringen. Größere Unternehmen sollten die Flexibilität haben, anhand ihrer eigenen Risikobewertung selbst zu entscheiden, ob die Aktivierung bestimmter Aspekte der starken Kundenauthentifizierung für sie sinnvoll ist oder nicht.
Ein gutes Beispiel dafür, wo SCA-Anforderungen die Geschäftstätigkeit eher behindern, sind die Bestimmungen, nach denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen nach einigen Minuten der Inaktivität erneut authentifizieren müssen. Anders als Verbraucherinnen und Verbraucher verbringen sie einen Großteil ihres Tages mit der Verwaltung von Zahlungen, dem Versenden von Rechnungen und dem Monitoring von Geschäftskennzahlen. Ebenfalls kommt es regelmäßig vor, dass Mitarbeitende oder Vorstände Geschäftskennzahlen oder -abläufe anhand der Zahlungssoftware live gegenüber Kunden oder Investoren präsentieren.
In beiden Szenarien müssen sich Unternehmensmitarbeitende oft mehrmals authentifizieren – ohne einen erkennbaren Sicherheitsvorteil. Denn beide Aktivitäten finden in gut geschützten Umgebungen mit zusätzlichen Sicherheitsanforderungen statt, die auch dann sicher bleiben, wenn die Aktivität kurzzeitig unterbrochen wird. Das Betrugsrisiko ist geringer als in vergleichbaren Szenarien für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Vor diesem Hintergrund sollten die Anforderungen zur starken Kundenauthentifizierung im Rahmen der PSD3 differenziert und überarbeitet werden. Vor allem braucht es eine Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Größe des zahlenden Unternehmens und das unterschiedliche Betrugsrisiko, das von der bloßen Verwaltung der Geschäftstätigkeit im Vergleich zur Auslösung einer Zahlung ausgeht.
Das Europäische Parlament plädiert in den Verhandlungen um die PSD3 für ein Mandat der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA, zielgerichtete begleitende technische Regulierungsstandards für SCA für Unternehmenskunden zu entwickeln. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten sich in ihrer abgestimmten Position den Forderungen anschließen und somit zu mehr Sicherheit, Innovation und Wachstum von Europas 27 Millionen Unternehmen beitragen.
Julia Kowalski ist Payments Policy Expertin für die EMEA-Region und Head of Public Policy Germany beim US-Zahlungsdienstleister Stripe. Sie verantwortet unter anderem Stripes Arbeit an europäischen Gesetzesvorhaben im Payments- und Finanzbereich.
die Entlastung der europäischen Landwirte geht weiter. Die EU-Agrarminister werden beim heutigen Agrarrat in Brüssel voraussichtlich ohne jegliche Änderungen für die Vorschläge der Europäischen Kommission stimmen, Umweltvorgaben in der Gemeinsamen Agrarpolitik bis 2027 zu lockern. Informell haben sich die Botschafter bereits mehrheitlich für die GAP-Lockerungen ausgesprochen. Indem sie auf Änderungen verzichtet hat, will die belgische Ratspräsidentschaft Zeit sparen und eine Verabschiedung des Dossiers noch vor der Europawahl ermöglichen.
Deutschland dürfte sich bei der Abstimmung allerdings enthalten. Die Positionsfindung innerhalb der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen, man werde aber “dem beschleunigten Verfahren zur Behandlung des GAP-Legislativpaketes nicht im Wege stehen”, teilt ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit. Final abstimmen will sich die Ampel demnach erst, wenn das Votum des Parlaments vorliegt. Dann dürfte es aber zu spät sein, sich noch effektiv für eventuelle Änderungen einzusetzen.
Außerdem beim Agrarrat heute: Der ukrainische Agrarminister Mykola Solskyi ist zu Gast. Das ist vor allem deshalb pikant, weil die Trilog-Einigung zum Freihandel mit der Ukraine noch von Mitgliedstaaten bestätigt werden muss. Eigentlich sollten die EU-Botschafter bereits am Montag darüber abstimmen. Das Votum wurde aber auf Mittwoch verschoben. Auch darüber dürfte es unter den Agrarministerinnen erhöhten Gesprächsbedarf geben.
Herr Güllner, künstliche Intelligenz wird bereits seit längerem eingesetzt, um Menschen zu beeinflussen. Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz bei den Europawahlen 2024 spielen?
Akteure nutzen KI als Mittel für Informationsmanipulation oder Desinformation. Das ist nicht neu. Auch automatisierte Bots arbeiten immer mehr mit großen Sprachmodellen, den LLMs. Diese Gefahr sollten wir sehr, sehr ernst nehmen. Wir können davon ausgehen, dass die Weiterentwicklung der Technik dazu führen wird, dass diese Instrumente schneller, billiger und wahrscheinlich auch sehr viel einfacher anwendbar werden.
… und damit auch neue Probleme mit sich bringen.
Wir beobachten, dass nicht nur hoch spezialisierte und technikaffine Strukturen diese Techniken einsetzen. Sie kommen viel breitflächiger zum Einsatz. Wir erwarten, dass bei Desinformation- und Informationsmanipulation Quantität und Geschwindigkeit steigen. Die große Frage ist, ob sich auch die Qualität verändern wird.
Was bedeutet Qualität in diesem Zusammenhang?
Zum einen die handwerkliche Herangehensweise. Wahrscheinlich wird sich die Fehlerquote verringern. Zum anderen ist die Frage, ob wir einen Paradigmenwechsel sehen werden, also ganz neue Instrumente, Stichwort Deepfakes. Dafür haben wir momentan einzelne, kleinere Anhaltspunkte. Aber ich unterstreiche das Wort “momentan”. Wir sehen diesen Qualitätssprung noch nicht in der Anwendung. Das heißt aber nicht, dass das Risiko nicht besteht.
Von welchen Akteuren gehen die Gefahren aus?
Diese Frage ist immer sehr schwierig, weil man mit Zuordnung, mit Attribution arbeiten muss, um einen Akteur klar zu identifizieren. Das gilt besonders, wenn es um staatliche Akteure geht. Wir wissen, dass zum Beispiel Russland nach dem Prinzip des Ökosystems arbeitet: Die Mehrzahl der Aktivitäten wird von Netzwerken, Strukturen oder Akteuren ausgeführt, die wir dem staatlichen Akteur gar nicht direkt zuordnen können. Wenn die Anwendung einfacher wird, wird sich diese Tendenz weiter verstärken. In der Vergangenheit konnten wir tatsächlich Strukturen des russischen Sicherheitsapparates, also zum Beispiel Geheimdienste identifizieren, die an Operationen beteiligt waren.
Das wird in Zukunft schwieriger zu erkennen sein?
Davon gehe ich aus. Wir beobachten hier eine Kommerzialisierung. Immer mehr bezahlte Akteure führen die Arbeit aus, die “dreckige Arbeit”. Künftig müssen wir darauf schauen, welche Verbindungen zwischen diesen unterschiedlichen Akteuren im Hinblick auf finanzielle Abhängigkeiten bestehen.
Wenn wir über Desinformation und Manipulation sprechen, dann meist über Russland. Müssten wir uns nicht mehr Sorgen wegen China machen, gerade beim Einsatz von KI?
Wir schauen nicht nur auf einen Akteur, wir schauen auf alle Gefahren. Aber wir müssen den aktivsten Akteur besonders im Auge haben. Das ist und bleibt Russland. Mit Sorge sehen wir aber die zunehmenden Aktivitäten auch von chinesischen Akteuren. Wir stellen eine Überschneidung der geopolitischen Narrative fest. Denken Sie an das Beispiel der Bio-Waffenlabore, die man angeblich in der Ukraine gefunden haben will. Für die gibt es bis heute keine Beweise, aber viele Behauptungen, die auch sehr häufig von chinesischen Akteuren kamen. Ich warne jedoch davor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, die Taktiken sind verschieden.
Wenn auch Akteure mit weniger Expertise immer mehr KI einsetzen, wird dann allein die Menge einen großen Unterschied machen, oder sind wirklich nur hochprofessionelle Attacken gefährlich?
Je mehr Akteure wir haben, die authentisch aussehen, desto schwieriger wird es natürlich auch sie zu entdecken. Und je mehr die Grenze verschwimmt zwischen innenpolitischen, auch legitimen Akteuren und externen Akteuren, die diese Mittel als staatliches Instrument für taktische oder strategische Ziele einsetzen, desto schwieriger wird unsere Arbeit werden.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Nehmen Sie die Proteste der Landwirte, ein Thema von gesellschaftlicher Relevanz. Die Sorgen kann man als richtig oder falsch empfinden, aber es ist eine wichtige politische Frage. Da gibt es zwei Arten von Desinformationsakteuren: Innenpolitische, die die Auseinandersetzung nutzen, um zuzuspitzen, sich Gehör zu verschaffen, vielleicht sogar unauthentische Mittel einsetzen. Die Diskussion, die wir führen müssen: Wie legitim oder illegitim ist das? Und es gibt externe Akteure, die versuchen, solche gesellschaftlichen Diskussionen opportunistisch auszunutzen. Da ist es einfacher, die Illegitimität herauszulesen.
Auch Parteien setzen KI im Wahlkampf ein. Würden Sie Parteien empfehlen, lieber generell die Finger von KI zu lassen, weil es diesen gefährlichen Graubereich gibt?
Wir brauchen eine Debatte zur Legitimität der Mittel, die es ermöglichen, den Informationsraum zu manipulieren. Es gibt kommerzielle Dienste, mit denen Sie zum Beispiel Ihre Reichweite unglaublich erhöhen können, wie ein Megafon. Nach heutigen Regeln ist das nicht ausdrücklich illegal. Aus moralischer Sicht bleibt es aber fragwürdig. Wenn wir die freie Meinungsäußerung, den öffentlichen Diskurs schützen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die Stimmen authentisch sind.
Worin liegt das Problem?
Wenn Sie Stimmen hundertfach, tausendfach, zehntausendfach mit unauthentischen Mitteln verstärken, nehmen Sie viel mehr Raum ein als in einer echt geführten Debatte. Das trifft auf alle Akteure zu. 2012 haben wir noch mit großer Bewunderung auf die Kampagne von Barack Obama geschaut: was für eine interessante Kampagne mit Micro-Targeting und Amplifizierungstechniken! Jetzt sehen wir, wie schnell das zum Problem werden kann. Daher brauchen wir eine Debatte, ob es in Ordnung ist, sich für Geld eine enorme Amplifikation der Stimmen über Bots, Trolle und andere Mittel zu kaufen.
Beobachten Sie, dass Angreifer, die den Wahlkampf stören wollen, bereits entsprechende Vorbereitungen treffen oder schon aktiv sind?
Wir bereiten uns darauf vor, dass wir Stör- und Manipulationsversuche abwehren müssen. Das heißt aber nicht, dass wir auf jeden Fall eine große Welle an Desinformation sehen werden. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Falle der Angreifer tappen. Sie schüren Ängste um die Sicherheit des Prozesses. Damit haben sie ihr Ziel schon erreicht, den gesamten Prozess zu delegitimieren. Wenn die Menschen denken, “oh, da wird so viel Manipulation stattfinden, den Wahlen kann man sowieso nicht trauen”, werden sie gar nicht wählen gehen. Deswegen ist es mir wichtig zu sagen: Die Wahlen sind sicher, die Wahlen sind legitim, aber es gibt ein Risiko. Unsere Aufgabe ist es, dieses Risiko zu bewerten und entsprechend zu reagieren.
Welche Abwehrmöglichkeiten haben Sie?
Das erste ist die Situational Awareness. Wir halten die Instrumente bereit, um Angriffe schnell entdecken und aufdecken zu können. Das zweite ist die Stärkung nicht nur unserer eigenen Reaktionsfähigkeit, kommunikativ, sondern auch in der Art und Weise, wie wir mit den Plattformen und Regulierungsbehörden zusammenarbeiten. Dafür haben wir jetzt den Digital Services Act (DSA). Er gibt uns neue Instrumente an die Hand, von Plattformen in präzisen Fällen die entsprechende Transparenz und Rechenschaftspflicht einzufordern. Die dritte Säule ist die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen, etwa Fact-Checking-Initiativen.
Der DSA ist noch frisch. Die Kommission hat Guidelines angekündigt, wie die Plattformen mit den systemischen Risiken Desinformationen und Wahlmanipulation umgehen sollen. Was erwarten Sie vom DSA?
Ich erwarte vom DSA sehr viel, allerdings kann ich von dem Instrument nicht mehr erwarten als das, wofür es geschaffen wurde. Wichtig ist der Austausch mit den Plattformen. Wir werden einen schleichenden Anstieg der Vorfälle sehen. Hier müssen alle Akteure – Plattformen, Zivilgesellschaft und Regierungsstellen – eng zusammenarbeiten, um das Phänomen zu verstehen: Wer macht was, warum, mit welchen Mitteln? Und dann die Konsequenzen daraus ziehen.
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Eine Entlastungsmaßnahme für Bauern nach der anderen kam zuletzt von der Europäischen Kommission. Eines hatten sie gemeinsam: Präsentiert wurden die Zugeständnisse von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das ist ungewöhnlich, denn Fachthemen wie Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik sind normalerweise Sache des zuständigen Kommissars.
Doch Agrarkommissar Janusz Wojciechowski gerät immer mehr ins Abseits. Ein Grund: Angesichts von Bauernprotesten in vielen Ländern Europas und eines Europawahlkampfs, in dem von der Leyen erneut für die Kommissionsspitze antritt, hat die CDU-Politikerin das Thema Landwirtschaft zur Chefinnensache gemacht. Für Wojciechowski bleibt kaum mehr Raum, sich zu profilieren.
Von der Leyen und Wojciechowski sind zu Konkurrenten geworden, wenn es darum geht, wer die Lorbeeren für Entlastungen einheimst – ein Wettstreit, den die mächtigere und taktisch klügere von der Leyen meist für sich entscheidet. “Die Maßnahmen sind auf meine Initiative hin präsentiert worden – ich bin der Agrarkommissar”, versicherte Wojciechowski vergangene Woche vor EU-Abgeordneten mit Blick auf die vorgeschlagenen GAP-Lockerungen. Tatsächlich wurden die Lockerungen aber von der Kommissionspräsidentin angekündigt, von Wojciechowskis ursprünglichen Ideen hat es dagegen keine in den Entwurf geschafft.
Auch bei der Vorstellung der Vorschläge wenige Tage zuvor hatte dieser interne Konkurrenzkampf zu kuriosen Szenen geführt: Statt die Vorschläge in Brüssel als zuständiger Kommissar zu präsentieren, war Wojciechowski am Tag der Veröffentlichung in Polen und hatte dort am Nachmittag seine eigene Pressekonferenz angesetzt. Präsentieren konnte er aber letztlich nichts: Anders als geplant, veröffentlichte die Kommission die Vorschläge nicht am Morgen, sondern erst am Abend.
Zwar dürften letzte Änderungen am Entwurf für die Verzögerung verantwortlich gewesen sein. Dennoch spielte der Aufschub von der Leyen in die Karten. Denn so war sie es, die nach einem Telefonat mit dem polnischen Premier Donald Tusk die Maßnahmen zum Bürokratieabbau verkünden konnte.
Dass die Kommissionschefin ausgerechnet mit dem polnischen Premier sprach, ist ebenfalls symbolträchtig. Denn seitdem Tusk mit seinem Bündnis früherer Oppositionsparteien die Regierung in Polen stellt, hat der PiS-Mann Wojciechowski keine Rückendeckung mehr aus dem Heimatland.
Von der Leyen hat dadurch keinen Anreiz mehr, sich mit Wojciechowski gut zu stellen. Die Kommissare werden von der jeweiligen nationalen Regierung entsendet. Nach der Europawahl hat Wojciechowski also keine Chance, wieder Kommissar zu werden. Noch wichtiger für von der Leyen: Um sich die Unterstützung Polens für eine zweite Amtszeit zu sichern, muss sie nicht mehr die rechtskonservative PiS – und damit Wojciechowski – bei Laune halten, sondern ihren Parteikollegen Tusk.
Dass Wojciechowski immer wieder unverhohlen aus der Kommissionslinie ausschert, um die Interessen polnischer Bauern zu vertreten, muss von der Leyen seitdem nicht mehr tolerieren. So musste der Agrarkommissar Ende Februar – offenbar auf Druck aus der Kommission – öffentlich zurückrudern.
In einem Brief an den Vorsitzenden des EU-Agrarausschusses, Norbert Lins, der Table.Briefings vorliegt, hatte Wojciechowski unter anderem die Protestparole “Importe stoppen – Green Deal raus” wiederholt. Das spiegele nicht seine eigene Meinung wider. Er habe lediglich eine Forderung der Bauernproteste zitiert und dabei in seiner Wortwahl “die nötige Sorgfalt vermissen lassen“, räumte er später in einem öffentlichen Statement ein.
Die Episode zeigt auch, wie ungelenk Wojciechowski in seinem politischen Handeln häufig wirkt. Je vehementer er versucht, die Interessen seiner polnischen Partei und ihrer ländlichen Wählerklientel durchzusetzen, desto mehr scheint er sich in Brüssel ins Abseits zu schießen. Denn in seiner Rolle als EU-Kommissar, der die Interessen der gesamten Union im Blick haben soll, wird er damit immer weniger ernst genommen.
Paradoxerweise hat Wojciechowski damit auch im eigenen Lager das Vertrauen verloren. Nicht nur Stimmen aus der neuen Tusk-Regierung, auch sein eigener Parteivorsitzender, PiS-Chef Jarosław Kaczyński, forderte im Februar Wojciechowskis Rücktritt als Kommissar, nachdem polnische Landwirte erneut gegen den EU-Freihandel mit der Ukraine auf die Barrikaden gegangen waren.
So schaffte es der Agrarkommissar nicht nur, in Brüssel Unterstützung zu verspielen, weil er allzu offensichtlich die eigene Agenda verfolgt, sondern auch in Polen, weil er auf EU-Ebene nicht den nötigen Einfluss hat, um dies effektiv zu tun.
27.03.2024 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Nachhaltigkeits-Reporting – Überblick und Umsetzungstipps zu CSRD und ESRS
Der TÜV gibt einen Überblick über das Zusammenspiel der einzelnen Regelungen von CSRD und ESRS und gibt Tipps zu deren Umsetzung. INFOS & ANMELDUNG
27.03.2024 – 18:30 Uhr, Berlin
KAS, Vortrag Die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine – Vier Szenarien für das Jahr 2040
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, wie Deutschland und Polen in der Europäischen Union künftig zusammenarbeiten sollten, um gemeinsame Herausforderungen erfolgreich zu meistern. INFOS & ANMELDUNG
27.03.2024 – 19:00-20:15 Uhr, online
FNF, Diskussion Vision EU-30 Plus
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) beschäftigt sich mit der Frage, wie erweiterungsfähig die Europäischen Union aktuell ist. INFOS & ANMELDUNG
28.03.-29.03.2024, Berlin
STECONF Global Conference on Waste Management and Recycling
Science, Technology and Engineering Conferences (STECONF) addresses topics related to waste management and recycling, such as circular economy, zero waste strategies, waste-to-energy technologies, and sustainable waste management practices. INFOS & REGISTRATION
28.03.2024 – 15:00-17:00 Uhr, online
ERCST, Seminar ETS review of Carbon Leakage Risks for CBAM Export Goods
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) presents a paper on the topic of the carbon leakage risk for goods subject to CBAM and produced in the EU for export related to the review under the ETS of 2024. INFOS & REGISTRATION
Spitzenvertreter der Europäischen Union haben sich erfreut über die Resolution des Weltsicherheitsrats zu einer sofortigen Waffenruhe im Gazastreifen gezeigt und zur Umsetzung aufgerufen. “Die Umsetzung dieser Resolution ist für den Schutz aller Zivilisten von entscheidender Bedeutung”, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag im sozialen Netzwerk X. Ähnlich äußerten sich auch EU-Ratspräsident Charles Michel und der Außenbeauftragte Josep Borrell.
Der UN-Sicherheitsrat in New York hatte zuvor fast sechs Monate nach Kriegsbeginn erstmals eine “sofortige Waffenruhe” im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen ebenfalls die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln.
Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Ratsmitglieder stimmten dafür. Der völkerrechtlich bindende Beschluss zeigt die zunehmende internationale Isolation Israels. Auch steigt dadurch der internationale Druck auf die Konfliktparteien weiter.
Die EU hatte bereits in der vergangenen Woche zu einer Waffenruhe aufgerufen. In einer Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs hieß es, man fordere eine sofortige humanitäre Feuerpause “als Voraussetzung für einen dauerhaften Waffenstillstand, die bedingungslose Freilassung aller Geiseln und die Bereitstellung von humanitärer Hilfe”. dpa
Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Digital Markets Act (DMA) hat die Europäische Union (EU) Ermittlungen gegen Apple, die Alphabet-Tochter Google und die Facebook-Mutter Meta eingeleitet. Die drei US-Technologiekonzerne hätten Auflagen nicht erfüllt, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Insider hatten vor einigen Tagen über die geplanten Untersuchungen berichtet. Auch Berichterstatter Andreas Schwab (CDU) hatte im Interview mit Table.Briefings Zweifel geäußert, dass alle Marktteilnehmer bereits DMA-konform sind.
Die EU-Wettbewerbsbehörden wollen unter anderem die Geschäftspraktiken von Apple und Google in ihren jeweiligen App-Stores prüfen. Dem DMA zufolge müssen die Konzerne Drittanbietern von Software kostenlos ermöglichen, ihre Kunden auf Angebote außerhalb der genannten App-Stores hinzuweisen. Apple betonte, die jüngste Anpassung der Richtlinien für den App-Store seien aus Sicht des Unternehmens DMA-konform.
Bei Google werde zudem eine mögliche Bevorzugung eigener Angebote in den Ergebnissen der Internet-Suche unter die Lupe genommen. Darüber hinaus werde das neue Abonnement-Modell von Meta untersucht, bei dem Nutzer für eine werbefreie Version der Online-Netzwerke Facebook und Instagram zahlen müssen.
Seit Anfang März müssen sich Firmen an das Gesetz über digitale Märkte (DMA) halten. Es soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten und bessere Chancen für neue Rivalen sorgen. Die Grundannahme dabei ist, manche große Plattformbetreiber seien so mächtig geworden, dass sie ihre Marktposition zementieren könnten. Der DMA soll dies mit Regeln für die Gatekeeper (Torwächter) aufbrechen. Die Kommission machte bisher 22 Gatekeeper-Dienste von sechs Unternehmen aus. Darunter sind die US-Schwergewichte Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta.
Die Kommission will das am Montag eröffnete Verfahren innerhalb eines Jahres abschließen. Je nach Ergebnis der Untersuchung müssen die betroffenen Firmen Maßnahmen ergreifen, um Bedenken der Behörde auszuräumen. Wer sich nicht an das Gesetz hält, kann mit einer Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes belangt werden. Bei Wiederholungstätern sind 20 Prozent möglich. rtr/dpa
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat der EU-Kommission vorgeworfen, Deutschland unnötig viel Bürokratie aufzuzwingen. “Wir müssen aber auch darauf achten, dass wir nicht an anderer Stelle Bürokratie aufbauen: Die Kommission unter Ursula von der Leyen ist die größte Bürokratie-Quelle in ganz Europa”, schrieb der FDP-Politiker am Montag auf der Plattform X, wenige Monate vor der Europawahl.
Am Freitagnachmittag hat das Justizministerium, das innerhalb der Bundesregierung federführend für Bürokratieabbau zuständig ist, mitgeteilt, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung großer Unternehmen umzusetzen. “Dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet”, sagte Buschmann. “Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten.” Damit seien erhebliche Belastungen für die Wirtschaft verbunden. Die Richtlinie werde mit dem erforderlichen Mindestmaß umgesetzt, ohne zusätzliche Vorgaben Deutschlands.
Das Justizministerium hat mittlerweile einen ersten Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie an die Bundesländer und Verbände verschickt. Stellungnahmen sind bis zum 19. April möglich. Wirtschaftsprüfer sollen die Nachhaltigkeitsberichte abnehmen. Laut EU-Vorgaben wird die Anzahl der betroffenen Unternehmen von 12.000 auf 50.000 ausgeweitet, ebenso wie die verlangten Angaben.
Birgit Buth, Geschäftsführerin des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), begrüßt die “vorgesehene 1:1-Umsetzung der CSRD”, warnt aber, dass zusätzliche bürokratische Belastungen “unter allen Umständen vermieden” werden müssten. Richtig sei deshalb “die weitgehende Verknüpfung der Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes und der CSRD”.
Nicolette Behncke, Partnerin bei PwC, hält es für “eine deutsche Besonderheit und eine kleine Überraschung”, dass CSRD-Anwender von der Berichtspflicht nach dem Lieferkettengesetz befreit sind. Insgesamt erwartet sie “eher wenig Kritik” von den Unternehmen, da sich der Entwurf eng an der EU-Vorgabe orientiere. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft, glaubt, dass das Gesetz in dieser Form “für einen Aufbau von Nachhaltigkeits-Knowhow in den Unternehmen” sorgt. Sie befürchtet allerdings, dass die Prüfung der Berichte zu einer “Exklusivdomäne der Big Four” werden könnte. rtr/mw
Es wäre ein Schritt mit Signalwirkung für einen Abschied von fossilen Energien. Die EU-Kommission hat die Absicht, Partner der Beyond Oil and Gas Alliance (BOGA) zu werden. Über dieses bereits seit Längerem vorbereiteten Vorhaben wird die Kommission am heutigen Dienstag die Energieexperten der Mitgliedstaaten im Rat der EU informieren, wie aus der Tagesordnung hervorgeht.
Die BOGA wurde 2021 bei der COP26 in Glasgow von Dänemark und Costa Rica gegründet. Laut der offiziellen Deklaration verpflichten sich die “Mitglieder” und “Freunde” der Organisation, die Förderung von Öl und Gas mit den Pariser Klimazielen in Einklang zu bringen – wobei der Wortlaut sehr weich formuliert ist. Die Kategorie “Partner” ist bislang nicht auf der Website der BOGA zu finden. Eine Erläuterung des Kommissionsvorhabens konnten die beiden Organisationen am Montag zunächst nicht liefern.
Klimaschützer halten den Schritt für wirkungsvoll. “Eine Partnerschaft der EU-Kommission wäre ein großer Schritt für die Bekanntheit und Durchschlagskraft der BOGA“, sagt Thea Ulrich von Germanwatch. Bisher haben sich der BOGA noch keine der ganz großen internationalen Öl- und Gasförderländer angeschlossen.
“Wenn die Kommission EU-Mitgliedstaaten motivieren könnte, der BOGA beizutreten, hätte das schon einen Impact”, sagt Ulrich. Eine nennenswerte Ölförderung hätten Italien, Rumänien und Dänemark, bei Gas seien es die Niederlande und Rumänien. Die Niederlande und Rumänien sind derzeit noch nicht an der BOGA beteiligt. ber
Der Finanzierungsbedarf, um die europäischen Klimaziele zu erreichen und die europäische Wirtschaft zu dekarbonisieren, ist immens. Deshalb sind mehr Anreize zur Mobilisierung von privaten Finanzmitteln sowie eine effizientere Nutzung öffentlicher Gelder notwendig. Das geht aus einem Bericht des Thinktanks E3G gemeinsam mit Share Action und dem WWF hervor.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass zusätzlich zu den bereits beschlossenen Investitionen weitere rund 620 Milliarden Euro jährlich notwendig sind, um die Ziele des Green Deal und von REPowerEU zu erreichen.
Dreiviertel der Finanzierungslücke für die Dekarbonisierung könnten gefüllt werden, wenn Finanzmittel von “schädlichen oder überflüssigen” Aktivitäten – beispielsweise fossile Subventionen – umgeschichtet werden, schreiben die Autoren des Berichts. Dafür brauche es bessere Anreize, damit Investoren ihr Geld nachhaltig investieren.
Um private Finanzierung der Klimaziele voranzutreiben, schlagen die drei Organisationen sechs Prioritäten für die europäische Gesetzgebung vor:
Zudem müssten die öffentlichen Finanzmittel sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene erhöht werden, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank “grüner” gestaltet und Gelder besser als “Hebel” eingesetzt werden, raten die Autoren. kul
Die EU-Staaten wollen Exporte von Müll in Drittstaaten stärker einschränken. Damit solle den Zielen der Kreislaufwirtschaft und der Klimaneutralität Rechnung getragen werden, teilten die Mitgliedstaaten am Montag nach einem Treffen der EU-Umweltminister in Brüssel mit.
Durch die Überarbeitung der Abfallrichtlinie sollen EU-Staaten weniger Müll in Drittländer exportieren und mehr selbst verwerten. Mit der neuen Regel darf Müll nur noch in Länder außerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) exportiert werden, wenn das Zielland explizit zustimmt und nachweisen kann, dass der Müll umweltfreundlich verarbeitet wird.
Wie aus Zahlen des Statistikamts Eurostat hervorgeht, exportierte die EU im Jahr 2022 mehr als 32 Millionen Tonnen Abfall in die Nicht-EU-Länder. Davon gingen 39 Prozent in die Türkei (12,4 Millionen Tonnen), gefolgt von Indien (3,5 Millionen Tonnen), dem Vereinigten Königreich (2,0 Millionen Tonnen), der Schweiz (1,6 Millionen Tonnen) und Norwegen (1,6 Millionen Tonnen). dpa
Angesichts der verheerenden Waldbrände, die es in einigen EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen Sommern gegeben hat, finanziert die Kommission den Kauf von zwölf neuen Löschflugzeugen. So will sie die Kapazitäten von rescEU zur Brandbekämpfung aus der Luft stärken. EU-Mittel im Volumen von 600 Millionen Euro fließen dafür nach Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Portugal und Spanien. Die Länder werden die Machinen auch betreiben.
Die neuen Flugzeuge sollen in der gesamten EU bei der Brandbekämpfung zum Einsatz kommen. Sie werden ab 2027 ausgeliefert. Die bestehenden rescEU-Übergangsflugzeuge bleiben nach Angaben der Kommission in Betrieb sind, bis die gesamte Flotte einsatzbereit ist.
Wie die Kommission weiter mitteilte, hat Kroatien gerade ein Abkommen mit der Canadian Commercial Corporation zum Erwerb spezieller Löschflugzeuge unterzeichnet. Auch die griechische Regierung schloss kürzlich ein ähnliches Abkommen.
Vor fünf Jahren hat die Kommission das EU-Katastrophenschutzverfahren neu aufgestellt und rescEU gegründet. Vollständig von der EU finanziert, ist rescEU als europäische Notfallreserve eingerichtet und umfasst eine Flotte von Löschflugzeugen und Löschhubschraubern. Im Jahr 2023 kam rescEU 35 Mal zum Einsatz. Diese Einsätze kosteten schätzungsweise 110 Millionen Euro. Sie fanden unter anderem im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den Erdbeben in der Türkei und den Waldbränden in Tunesien und Griechenland. vis
Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten beraten gerade über die endgültige Fassung der PSD3-Zahlungsdiensterichtlinie. Die neuen Regeln für den Online-Handel sollen eine stärkere Harmonisierung der Vorschriften in der EU gewährleisten, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Zahlungsdienstleister schaffen und den Betrugsschutz verbessern.
Die Ausgestaltung der PSD3 bietet eine Chance, an die Erfolge ihrer Vorgängerin PSD2 anzuknüpfen und Innovationen im Zahlungsverkehr weiter voranzutreiben. Sie sollte aber auch deren Versäumnisse nachholen. Die bisherige Regulierung ist stark auf Endverbraucher und -verbraucherinnen zugeschnitten. Doch damit auch Unternehmen und Betriebe ihren Zahlungsverkehr sicherer und reibungsloser abwickeln können, sollten die Regelungen besser auf sie abgestimmt werden.
Eines der erfolgreichsten Elemente der PSD2 war die Einführung der starken Kundenauthentifizierung (SCA), mit der Millionen europäische Verbraucherinnen und Verbraucher durch Zwei-Faktor-Authentifizierung einen stärkeren Verbraucherschutz genießen. SCA hat nicht nur für mehr Vertrauen im E-Commerce und beim Online-Bezahlvorgang gesorgt, die Anforderungen haben auch zur Schaffung des einheitlichen europäischen Marktes für Zahlungen beigetragen, der zu einem regelrechten Fintech-Boom geführt hat. Ein Wachstum, das wir in Europa und insbesondere Deutschland gut gebrauchen können.
Die Bestimmungen zur starken Kundenauthentifizierung sind allerdings so weit gefasst, dass sie auch für Geschäftstransaktionen gelten. Das führt dazu, dass derzeit Mitarbeitende europäischer Unternehmen bei der Online-Zahlungsabwicklung genau die gleichen Sicherheitsstandards befolgen müssen wie beim Online-Banking zu Hause. Dabei wenden die meisten Betriebe bereits vertrauenswürdige Sicherheitslösungen an, die besseren Schutz versprechen als SCA allein.
Wer an digitales Bezahlen denkt, dem kommt in der Regel vor allem Online-Shopping in den Sinn. Die überwiegende Mehrheit aller Transaktionen wird jedoch zwischen Unternehmen getätigt. Das weltweite B2B-Zahlungsvolumen beträgt jährlich mehr als 120 Billionen US-Dollar, sechsmal höher als die Summe aller Konsumentenzahlungen. Eine Anpassung der Regelungen ist deshalb dringender denn je, wenn wir gigantische Reibungsverluste für Unternehmen vermeiden wollen.
Schon vor der Verabschiedung der PSD2 setzten Unternehmen in Europa beim Login in ihre Zahlungssoftware regelmäßig auf bewährte Methoden, wie Single-Sign-On-Lösungen, Hardware-Token oder Laptop-Zertifikate zur Authentifizierung. Das Hinzufügen von SCA wirkt da so, als ob man die Europäische Weltraumorganisation ESA zwingen würde, an ihre Raketen straßenverkehrskonforme Rückspiegel anzubringen. Größere Unternehmen sollten die Flexibilität haben, anhand ihrer eigenen Risikobewertung selbst zu entscheiden, ob die Aktivierung bestimmter Aspekte der starken Kundenauthentifizierung für sie sinnvoll ist oder nicht.
Ein gutes Beispiel dafür, wo SCA-Anforderungen die Geschäftstätigkeit eher behindern, sind die Bestimmungen, nach denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen nach einigen Minuten der Inaktivität erneut authentifizieren müssen. Anders als Verbraucherinnen und Verbraucher verbringen sie einen Großteil ihres Tages mit der Verwaltung von Zahlungen, dem Versenden von Rechnungen und dem Monitoring von Geschäftskennzahlen. Ebenfalls kommt es regelmäßig vor, dass Mitarbeitende oder Vorstände Geschäftskennzahlen oder -abläufe anhand der Zahlungssoftware live gegenüber Kunden oder Investoren präsentieren.
In beiden Szenarien müssen sich Unternehmensmitarbeitende oft mehrmals authentifizieren – ohne einen erkennbaren Sicherheitsvorteil. Denn beide Aktivitäten finden in gut geschützten Umgebungen mit zusätzlichen Sicherheitsanforderungen statt, die auch dann sicher bleiben, wenn die Aktivität kurzzeitig unterbrochen wird. Das Betrugsrisiko ist geringer als in vergleichbaren Szenarien für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Vor diesem Hintergrund sollten die Anforderungen zur starken Kundenauthentifizierung im Rahmen der PSD3 differenziert und überarbeitet werden. Vor allem braucht es eine Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Größe des zahlenden Unternehmens und das unterschiedliche Betrugsrisiko, das von der bloßen Verwaltung der Geschäftstätigkeit im Vergleich zur Auslösung einer Zahlung ausgeht.
Das Europäische Parlament plädiert in den Verhandlungen um die PSD3 für ein Mandat der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA, zielgerichtete begleitende technische Regulierungsstandards für SCA für Unternehmenskunden zu entwickeln. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten sich in ihrer abgestimmten Position den Forderungen anschließen und somit zu mehr Sicherheit, Innovation und Wachstum von Europas 27 Millionen Unternehmen beitragen.
Julia Kowalski ist Payments Policy Expertin für die EMEA-Region und Head of Public Policy Germany beim US-Zahlungsdienstleister Stripe. Sie verantwortet unter anderem Stripes Arbeit an europäischen Gesetzesvorhaben im Payments- und Finanzbereich.