eingeschüchtert von den USA? Diesen Eindruck will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gar nicht erst aufkommen lassen. Im Gegenteil. Bei der Vorstellung des “Green Deal Industrial Plans”, Europas Antwort auf den US-amerikanischen IRA, befand sie: “Wir lieben Wettbewerb.” Was sie genau vorhat, schreiben Manuel Berkel und Markus Grabitz
Frankreich will Treibhausgase in der Wirtschaft einsparen. Das Problem: Die Industrie hat da nicht so recht mitgezogen. Jetzt schwenkt Frankreich gleich ganz um und setzt auf eine neue Strategie. Wie es so weit kommen konnte und wie der Plan nun aussieht, berichtet Claire Stam.
Es ist durchaus ein symbolischer Ort, wo der US-Hersteller Wolfspeed die weltweit größte Produktionsstätte für Siliziumkarbid-Halbleiter errichten will. Im Saarland, und zwar auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks. Ab 2027 soll die Produktion der Chips losgehen. Die EU freut das: Denn sie will raus aus der Abhängigkeit von asiatischen Herstellern.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist wichtig, dass die EU nicht zur Getriebenen des Inflation Reduction Act (IRA) wird. Europa sei mit dem Green Deal früh dran gewesen, früher als andere Wirtschaftsräume. Das sagt sie, als sie am Mittwoch das Programm vorstellt, das die Abwanderung von Zukunftstechnologien in die USA verhindern soll. Denn dort wird jetzt mit hohen Subventionen um Industrien aus Europa gebuhlt. Das Programm der EU hat den Namen “Green Deal Industrial Plan”.
Europa sei bei den Net-Zero-Industrien schon weit vorne dabei, auch durch die massiven Hilfen der EU, die sie aufzählt: das kreditfinanzierte Konjunkturpaket Next Generation EU mit einem Volumen von 750 Milliarden und das Programm RepowerEU, mit dem sich die Union aus der Energieabhängigkeit Russlands lösen will. Das zusätzliche Volumen von RepowerEU beträgt bisher allerdings nur 20 Milliarden Euro.
Wenn jetzt Japan, Indien, das Vereinigte Königreich und – an letzter Stelle erwähnt sie – die USA die Transformation mit Staatsgeldern befeuern, dann begrüße die EU das: “Wir lieben Wettbewerb.” Erst danach stellt sie vor, wie die EU auf den IRA antworten will:
Im Zentrum stehen Finanzhilfen für die Unternehmen, die in Zukunftstechnologien investieren wollen: Hilfen entweder von den Mitgliedstaaten, wofür noch einmal die Regeln für staatliche Beihilfen zeitlich befristet bis 2025 gelockert werden sollen, Hilfen aber auch von der EU. Bei den EU-Hilfen will von der Leyen Zeit gewinnen. Sie spricht von einer “Brückenfunktion”, die die bereits bestehenden Finanztöpfe, InvestEU, der Innovationsfonds und RepowerEU, erfüllen sollen. Diese Töpfe sollen die nötigen Subventionen auszahlen, bis es das nächste Finanzinstrument gibt.
Dieses Finanzierungsinstrument ist der European Sovereignity Fund. Der noch zu schaffende Souveränitätsfonds solle Hilfen bereitstellen für Technologieprojekte, die für alle Mitgliedstaaten wichtig seien, sagte von der Leyen. Ziel sei das “gemeinsame Finanzieren von gemeinsamen Projekten“. Es passe gut, dass bis zum Sommer die Halbzeitüberprüfung des Mittelfristigen Finanzrahmens (MFR), des Finanzrahmens der EU für die Jahre 2021 bis 2027, anstehe.
Der Vorschlag für den Souveränitätsfonds werde nach dem Kassensturz der EU-Finanzen erfolgen. Weitere Details – wie viel Geld verteilt wird, wo es herkommen und ob dafür neue Schulden gemacht werden sollen – das verrät von der Leyen nicht: “Wir werden erst mit den Mitgliedstaaten sprechen müssen, danach kümmern wir uns um die Finanzarchitektur.”
Und so sieht der Zeitplan für die Antwort der EU auf den IRA aus: Die Kommunikation, die die Kommission jetzt beschlossen hat, soll von den Staats- und Regierungschefs beim Sondergipfel am 9. Februar diskutiert werden. Mitte März will die Kommission zwei Gesetzgebungsvorschläge präsentieren, die dann beim regulären Gipfel am 25. März auf dem Tisch liegen. Für den zeitlich befristeten Beihilferahmen soll es kein Gesetzesverfahren geben. Er soll nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten in Kraft treten.
Folgende zwei Gesetze sind in der Pipeline: Der Net-Zero-Industry-Act (Netto-Null-Industrie-Gesetz) soll die Genehmigungsverfahren für Solaranlagen, Batteriefabriken, Windparks und andere Zukunftstechnologien beschleunigen. Es gehe darum, überflüssige Bürokratie abzustreifen, die Zulassungsverfahren schneller und einfacher zu machen.
Zweitens zählt von der Leyen den “Critical-Raw-Materials-Act” auf. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass die EU-Industrien an Lithium für Batterien, seltene Erden und andere rare Rohstoffe herankommen, dass neue Lieferverträge abgeschlossen werden und dass das Sammeln von Rohstoffen und Recyclen perfektioniert wird.
Die EU will außerdem ihre Handelsagenda vorantreiben. Die Verhandlungen mit Mexiko, Chile, Neuseeland und Australien seien weit fortgeschritten, es gebe Positives von den Gesprächen mit Indien und Indonesien zu berichten. Die Verhandlungen über Mercosur bräuchten einen Neustart.
Die Beihilfeexpertin Sarah Blazek von der Kanzlei Noerr bewertet die Brüsseler Initiative positiv: “Die Kommission hat substanzielle und unaufgeregte Änderungsvorschläge vorgelegt. Insbesondere ist nachvollziehbar, dass der Befristete Beihilferahmen zu einem Rahmenwerk zur Gestaltung des ökologischen Wandels weiterentwickelt wird.”
Der bisher unter dem Kürzel TCF bekannte Beihilferahmen soll künftig “Befristeter Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels“, kurz TCTF, heißen. Danach sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, Produktionskapazitäten für Net-Zero-Technologien zu subventionieren. Es ist der Kern des gestern vorgestellten Pakets. Offen bleibt vorerst, welche Branchen zu den bevorzugten Net-Zero-Technologien zählen werden.
“Bis die Kommission die neue Mitteilung zum TCTF vorlegt, werden viele Unternehmen und Wirtschaftsverbände auf die Mitgliedstaaten zugehen und versuchen, während der jetzt laufenden Konsultation ihre Positionen unterzubringen“, sagt der Beihilfeexperte Robin van der Hout von der Kanzlei Kapellmann und Partner.
Um die Mitgliedstaaten bereits im Vorfeld zu konsultieren, hatte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am 13. Januar einen Brief an die Mitgliedstaaten verschickt. Ausgerechnet zu diesem Kernpunkt der Industriestrategie antwortete die Bundesregierung Vestager aber nicht. Außer Deutschland hätten sich nur Slowenien, Zypern und Malta nicht geäußert, sagte gestern ein hochrangiger Kommissionsbeamter.
Wie Europe.Table erfuhr, hatten sich die Koalitionspartner in Berlin nicht auf eine gemeinsame Antwort einigen können – ein weiteres eklatantes Beispiel für die verbesserungsbedürftige europapolitische Koordinierung innerhalb der Bundesregierung. Von Manuel Berkel und Markus Grabitz
Mit ihrem ursprünglichen Plan zur Dekarbonisierung der Industrie hat sich die französische Regierung nicht durchgesetzt. Bis 2030 soll der Sektor, der für etwa 20 Prozent der nationalen CO₂-Emissionen verantwortlich ist, seine Treibhausgase um rund ein Drittel senken. Dabei helfen sollten Dekarbonisierungsfahrpläne für 19 Industriezweige, die diese eigentlich bis Ende Dezember 2022 vorlegen mussten. Allerdings: Nur vier von ihnen folgten dieser Verpflichtung – die Branchen Chemie, Bergbau und Metallurgie, Zement sowie Papier und Karton.
Die französische Regierung ändert deshalb ihre Strategie: Jetzt legt sie den Fokus nicht mehr auf ganze Branchen, sondern auf die 50 Industriestandorte mit der höchsten Emissionsintensität. Helfen dabei sollen “Verträge zur ökologischen Wende” mit den Unternehmen. Mit ihnen will der Staat Investitionen in neue Technologien zur Dekarbonisierung unterstützen, wenn sich Unternehmen zu einem ehrgeizigen Fahrplan für die Dekarbonisierung verpflichten, heißt es in Paris.
“Branchenspezifische Fahrpläne ermöglichen es, die technologischen Hebel für eine ganze Branche zu identifizieren, können aber nicht sehr genau sein”, begründet das französische Kabinett seine Entscheidung. “Indem wir uns für einen standortbezogenen Ansatz für die 50 größten Emittenten entscheiden, die für mehr als die Hälfte der Industrieemissionen verantwortlich sind, wollen wir effizienter sein und die Bewegung beschleunigen.”
Im März wird die im Finanz- und Wirtschaftsministerium ansässige Generaldirektion für Unternehmen eine erste Version der Verträge mit den betroffenen Standorten erstellen. Diese haben dann bis Juni Zeit, um sie umzusetzen.
Die vier Branchen, die ihre Fahrpläne bereits vorgelegt haben, wollen an ihnen festhalten. Sie sehen aus wie folgt:
Alle anderen der 19 verpflichteten Branchen haben keine Dekarbonisierungsstrategien vorgelegt, wollen es teilweise aber noch tun. “Wir arbeiten derzeit an dem Dokument und es sollte noch Anfang dieses Jahres fertig sein”, kündigt ein Sprecher von Ania, dem Interessenverband der Lebensmittelindustrie, an.
Der Verband, der mehr als dreißig Branchen “mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften” vertritt, erklärte zudem, dass die drei Sektoren mit den höchsten Emissionen im Lebensmittelsektor (Stärke-Herstellung, Zuckerfabriken, Milchprodukte) ihre eigenen Strategien für einen geringen CO₂-Ausstoß definieren werden. Bisher wurden jedoch noch keine Dokumente veröffentlicht.
Dasselbe gilt für den Branchenausschuss “Gesundheitsindustrie und -technologie”. Der Hauptgrund für die Verzögerung sei die Zusammensetzung des Ausschusses, sagt Thomas Borel, Direktor für wissenschaftliche Angelegenheiten bei der Organisation Leem, die Arzneimittelunternehmen vertritt. Ihm zufolge handelt es sich um eine Branche, die sowohl Akteure aus der Chemie, dem Vertrieb, als auch aus der Pharmaindustrie umfasst. “Wir haben begonnen, die Hebel zu identifizieren, die wir aktivieren könnten, wie das Ökodesign von Medikamenten und Verpackungen”, sagte der Leem-Vertreter. “Aber um auf Branchenebene voranzukommen, muss die Arbeit über alle Glieder hinweg durchgeführt werden.”
Eine Strategie soll im ersten Quartal 2023 vorgelegt werden. “Letztlich handelt es sich um ein ziemlich administratives Vorgehen“, bedauert ein Experte für das Thema im Wirtschafts- und Finanzministerium, der die geringe politische Tragweite des Ansatzes hervorhebt.
06.02.-10.02.2023, online
HBS, Konferenz 23. Außenpolitische Jahrestagung
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) nimmt die regionalen und globalen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in den Blick. INFOS & ANMELDUNG
06.02.2023 – 10:30-11:30 Uhr, online
EP, Diskussion EU-Emissionshandel, CO2-Preis auf Importe, Klima-Sozialfonds: Diskussion mit MEP Dr. Peter Liese (EVP)
Das EU-Parlament (EP) präsentiert, wie die drei im Dezember 2022 ausverhandelten EU-Klimaschutzinstrumente funktionieren. INFOS & ANMELDUNG
06.02.2023 – 16:30-19:00 Uhr, Berlin
FfZE, Konferenz Der rechtliche Rahmen für den raschen Wasserstoffhochlauf
Das Forum für Zukunftsenergien (FfZE) beschäftigt sich mit der Transformation von Erdgas zu Wasserstoff und den damit verbundenen Konsequenzen für die Netzinfrastruktur. PROGRAMM
06.02.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Tübingen
KAS, Diskussion 60 Jahre Élysée-Vertrag – Bilanz und Ausblick zur deutsch-französischen Freundschaft
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zieht eine Bilanz der deutsch-französischen Freundschaft und Zusammenarbeit in Europa und wirft einen Blick auf deren Zukunft. INFOS & ANMELDUNG
07.02.-09.02.2023, online
Konferenz Europe 2023
Die Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche debattieren Ideen, Lösungen und Ansätze zu relevanten Europa-Themen. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 09:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/ online
ENISA, Conference Cybersecurity Standardisation Conference 2023
The European Union Agency for Cybersecurity (ENISA) offers sessions on standardisation activities in the areas related to the emerging EU legislation. INFOS & REGISTRATION
07.02.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
TÜV, Podiumsdiskussion Brauchen wir eine KI-Zertifizierung?
Der TÜV setzt sich mit den Chancen und Risiken neuer Anwendungsbereiche von KI auseinander. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2022 – 10:00-13:00 Uhr, online
BVMed, Seminar EU-Medizinprodukte-Verordnung: Klinische Bewertung
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) klärt Fragen zu den Anforderungen, die aus der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) entstehen. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 18:00-19:30 Uhr, Dresden
FES, Diskussion Sind die USA noch ein verlässlicher Partner?
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) beschäftigt sich damit, welche Schlüsse Deutschland und die EU für ihr Bündnis mit den USA, die Hilfe für die Ukraine, den Umgang mit China und anderen zentrale Herausforderungen aus der aktuellen innenpolitischen Situation der USA ziehen sollten. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 18:00-19:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
SWP, Presentation Belarus and the War in Ukraine: How much Autonomy is left
The German Institute for International and Security Affairs (SWP) invites experts to discuss if the EU can still treat Belarus as an autonomous international actor and which instruments may still be available to influence the Lukashenko regime. ANMELDUNG VIA E-MAIL
Europa kommt bei der Ansiedlung wichtiger Technologien einen weiteren Schritt voran: Der US-Konzern Wolfspeed will im Saarland eine Chipfabrik für umgerechnet 2,75 Milliarden Euro bauen. Beteiligt mit einem Beitrag von rund 170 Millionen Euro ist der Autozulieferer ZF Friedrichshafen. Ein Großteil der Investition soll Wolfspeed-Chef Gregg Lowe zufolge über Subventionen finanziert werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte es “ein wichtiges Signal, dass der Standort Deutschland in einer schwierigen Lage weiter attraktiv ist, auch für Hochtechnologie.”
Die Fabrik soll auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks entstehen. Bund und Land stünden bereit, erhebliche Zuschüsse über den EU-Förderrahmen IPCEI zu leisten und hätten in Brüssel bereits eine Genehmigung angefragt, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. “Das grüne Licht der EU-Kommission steht noch aus.” Die Freigabe sei aber sicher.
Hergestellt werden sollen ab 2027 Siliziumkarbid-Halbleiter, mit denen die Reichweite von Elektroautos gesteigert werden könnte. Sie kommen auch in Energie- und Industrieanlagen zum Einsatz. Es werde die weltweit modernste und größte Fertigung dieser Bauteile, erklärten die Unternehmen. Wolfspeed und ZF wollen zudem ein Forschungszentrum errichten, um die Hochleistungschips weiterzuentwickeln. Der zweitgrößte deutsche Autozulieferer und traditionelle Getriebehersteller steckt wie die gesamte Branche mitten im Umbruch zur Elektromobilität.
Die EU will die Abhängigkeit Europas von Asien bei Halbleitern zu verringern. Der Chipmangel während der Corona-Pandemie hat der Industrie die Anfälligkeit globaler Lieferketten vor Augen geführt. Die Autoindustrie kämpfte mit massiven Produktionsausfällen, der Pkw-Absatz sank in Europa trotz hoher Nachfrage auf den tiefsten Stand seit knapp 30 Jahren.
Mit einem European Chips Act im Volumen von insgesamt 45 Milliarden Euro öffentlicher und privater Investitionen soll der Produktionsanteil von Halbleitern in Europa binnen zehn Jahren auf 20 Prozent der weltweiten Kapazitäten verdoppelt werden. Die Chipfabrik im Saarland ist Teil dessen. rtr
Nach der ITRE-Einigung zur Gasbinnenmarkt-Richtlinie drängt Berichterstatter Jens Geier (SPD) den Rat zu einer Positionierung noch im ersten Halbjahr. “Ich erwarte von der schwedischen Ratspräsidentschaft, die Verhandlungen über das Gaspaket zu priorisieren und die Allgemeine Ausrichtung noch vor dem Sommer zu verabschieden“, sagte Geier.
Bisher hat die schwedische Ratspräsidentschaft lediglich erklärt, die Triloge zur Erneuerbaren – und zur Effizienz-Richtlinie abschließen zu wollen. Hohe Priorität besitzt außerdem die Strommarktreform. Für andere Dossiers aus Fit for 55 könnte es deshalb eng werden: Im Frühjahr 2024 finden bereits die EU-Wahlen statt. Und in Spanien, das im Juli die Ratspräsidentschaft übernimmt, stehen nationale Wahlen in diesem Dezember an.
Am 9. Februar soll der ITRE die Position zur Gasmarkt-Richtlinie formal beschließen. Außerdem soll bereits ein Verhandlungsmandat für Richtlinie und Verordnung beschlossen werden. Die Abstimmung im Plenum könnte dadurch entfallen, solange die Entscheidung des Ausschusses im Plenum nicht angefochten wird.
Inhaltlich ermögliche die Einigung zur Richtlinie nun “Investitionen in die Wasserstoffinfrastruktur auf der Grundlage des bestehenden Erdgasnetzes, anstatt ein Investitionshemmnis darzustellen”, sagte Geier. ber
Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann soll den Menschenrechtsausschuss (DROI) im Europaparlament leiten. S&D-Fraktionschefin Iratxe García Peréz teilte bei der Fraktionskonferenz mit, dass der 66-jährige Abgeordnete aus Hessen am Montag Kandidat der Sozialisten bei der Wahl für die Leitung des Unterausschusses ist. Die Wahl ist nach dem Rücktritt der bisherigen Vorsitzenden Maria Arena (S&D) nötig. Arena musste im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um Eva Kaili zurücktreten, weil sie an einer Menschenrechtskonferenz in Doha teilgenommen hatte und sich die Kosten von dem Golfstaat bezahlen ließ.
Nach dem D’Hondt-Proporzverfahren steht den Sozialisten der Vorsitz im Unterausschuss zu. Daher ist es wahrscheinlich, dass Bullmann gewählt wird. Bullmann ist bislang nicht Mitglied im Ausschuss. In der vergangenen Wahlperiode leitete er die S&D-Fraktion. mgr
Jetzt ist es offiziell: Die Französin Stéphanie Riso wechselt aus dem Kabinett von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an die Spitze der Generaldirektion Haushalt in der EU-Behörde. Wie die EU-Kommission in einer Pressemitteilung erklärte, startet die stellvertretende Kabinettschefin und von der Leyen-Vertraute ihren neuen Job am 16. Februar. Die Generaldirektion Haushalt (DG BUDG) ist für das Management des milliardenschweren EU-Budgets verantwortlich, darunter auch für die Aufnahme der Gelder an den internationalen Kapitalmärkten für das Programm NextGenerationEU.
Die Ökonomin Riso kann auf eine mehr als 20-jährige Karriere in der EU-Kommission zurückblicken. Sie war unter anderem Mitglied im Kabinett von EU-Währungskommissar Joaquin Almunia, stellvertretende Kabinettchefin bei dessen Nachfolger Olli Rehn sowie enge Beraterin von EU-Kommissar Michel Barnier ein, der die Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich führte. Seit Dezember 2019 ist die Französin stellvertretende Kabinettschefin im Team von Ursula von der Leyen. cr
Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und elf ihrer EU-Kollegen haben den Forderungen des Europäischen Parlaments nach weniger Schutz von Grauwölfen eine Absage erteilt. In einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an die Europäische Kommission machten sie deutlich, dass bestehende Ausnahmeregelungen etwa für den Abschuss von Tieren nicht gelockert werden sollten. Zuvor hatte das EU-Parlament die EU-Kommission im November aufgefordert, den Schutzstatus von Wölfen und Bären abzuschwächen. Hintergrund waren Klagen von Landwirten, dass die Raubtiere Nutztiere wie Schafe reißen.
Persönlich betroffen ist auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Ein Grauwolf hatte im vergangenen September ihr 30 Jahre altes Pony Dolly gerissen. Den zuständigen Behörden in Niedersachsen liegt ein Antrag auf eine Abschussgenehmigung des Wolfes vor. Er soll früheren Angaben zufolge mindestens 13 Tiere gerissen haben, darunter vor allem Schafe. dpa
2011 hätte Florian Hassler für die Grünen als Nachrücker in den Bundestag einziehen können. Der damals 34-Jährige entschied sich aber dagegen. Manch anderer hätte es vorgezogen, auf eigene Rechnung eine Abgeordnetenkarriere zu starten, anstatt in der zweiten Reihe der Politik weiterzumachen. Hassler fühlte sich aber dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann verpflichtet. Der hatte ihm angeboten, sein Büroleiter zu werden. Hassler ist seiner Linie treu geblieben. 2017 machte Kretschmann ihn zum Chef der Grundsatzabteilung in der Villa Reitzenstein, zuständig für Planung und Europa.
2021 holte Kretschmann ihn als Staatssekretär in sein mittlerweile drittes Kabinett. Der Titel ist bedeutender geworden, die Rolle von Hassler ähnlich geblieben: Er ist dort zuständig für die politische Koordinierung in der Regierungszentrale Villa Reitzenstein und für Europapolitik. Zum einen macht er das “trouble shooting” für Kretschmann, zum anderen ist er sein Europa-Versteher.
Anders als bei seinem Vorgänger Guido Wolf von der CDU, dem die Kompetenzen für Brüssel zugeschanzt wurden, um das Ministerium aufzuwerten, hat Hassler die EU in seiner politischen DNA. Nach seinem Studium (Politik und VWL) in Freiburg und Aix-en-Provence ging er nach Brüssel. Dort war er Büroleiter der Grünen- Europaabgeordneten Heide Rühle. Aus der Zeit kennt er auch die heutige Abgeordnete und Chefin des Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini (Grüne/EFA) und Außenministerin Annalena Baerbock, die damals ebenfalls für eine Grüne in Brüssel und Straßburg gearbeitet hat.
Heute wohnt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Stuttgart und geht in seiner Freizeit gern auf den Fußballplatz. Die Hälfte seiner Arbeitszeit als Staatssekretär vertritt er den MP und hält ihm den Rücken frei, die andere Hälfte widmet Hassler der Europapolitik. Dass Kretschmann die Koordinierung der Europapolitik wieder ins Staatsministerium geholt hat, zeigt, welchen Stellenwert er der EU-Gesetzgebung einräumt ist. Kretschmann kommt mit seinem Kabinett mindestens einmal im Jahr nach Brüssel und tagt dann in der Landesvertretung in der Rue Bellard. Da die Bundesländer keine Kompetenzen in der EU-Gesetzgebung haben, müssen sie geschickt ihre Interessen vertreten.
Hassler beobachtet die Gesetzgebung in Brüssel und redet mit Abgeordneten und Kommissaren. Etwa als sich sowohl die Kliniken im Land als auch die Industrie massiv über die Medizinprodukterichtlinie der EU beschwert haben und die ersten lebenswichtigen OPs in Kinderkliniken verschoben werden sollten. Ein anderes wichtiges Thema ist die Transformation der Autoindustrie. Im Stammland der Hersteller Mercedes und Porsche sowie der Zulieferer Bosch, Mahle und Co. schaut man auf Themen wie das Verbrenner-Aus und die künftige Schadstoffregulierung hochgradig aufmerksam. Auch die Novelle der Luftreinhaltungsrichtlinie, mit der neue Fahrverbote kommen könnten, wird in Stuttgart (“Messstelle Neckartor”) und manchen anderen Städten im Südwesten sehr genau verfolgt.
Die Positionen, die Kretschmann etwa bei Euro 7 verfolgt, unterscheiden sich kaum von denen, die ein MP der Schwarzen vertreten hätte. Sehr zum Ärger von manchem Grünen-Abgeordneten aus dem Südwesten im Europaparlament, denen der Umstieg auf das Elektroauto nicht schnell genug gehen kann. Hassler macht keinen Hehl daraus, dass er die Nöte der Industrie versteht. In Böblingen gibt es seit mehr als 100 Jahren das Busreiseunternehmen Hassler, das Familienangehörigen gehört. Hassler muss man nicht erklären, dass es noch ein langer Weg ist, bis Fernreisen mit dem Bus CO2-neutral stattfinden können.
Und wenn Industriekommissar Thierry Breton demnächst einen Gesprächskreis startet, bei dem Hersteller und Zulieferer, die Wissenschaft, Gewerkschaften und die Politik an einem Tisch sitzen, um die Probleme der Transformation gemeinsam anzugehen, dann ist das eine Anleihe beim Strategiedialog, den Kretschmann und Hassler seit Jahren im Südwesten praktizieren und dafür gute Noten bekommen. Markus Grabitz
eingeschüchtert von den USA? Diesen Eindruck will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gar nicht erst aufkommen lassen. Im Gegenteil. Bei der Vorstellung des “Green Deal Industrial Plans”, Europas Antwort auf den US-amerikanischen IRA, befand sie: “Wir lieben Wettbewerb.” Was sie genau vorhat, schreiben Manuel Berkel und Markus Grabitz
Frankreich will Treibhausgase in der Wirtschaft einsparen. Das Problem: Die Industrie hat da nicht so recht mitgezogen. Jetzt schwenkt Frankreich gleich ganz um und setzt auf eine neue Strategie. Wie es so weit kommen konnte und wie der Plan nun aussieht, berichtet Claire Stam.
Es ist durchaus ein symbolischer Ort, wo der US-Hersteller Wolfspeed die weltweit größte Produktionsstätte für Siliziumkarbid-Halbleiter errichten will. Im Saarland, und zwar auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks. Ab 2027 soll die Produktion der Chips losgehen. Die EU freut das: Denn sie will raus aus der Abhängigkeit von asiatischen Herstellern.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist wichtig, dass die EU nicht zur Getriebenen des Inflation Reduction Act (IRA) wird. Europa sei mit dem Green Deal früh dran gewesen, früher als andere Wirtschaftsräume. Das sagt sie, als sie am Mittwoch das Programm vorstellt, das die Abwanderung von Zukunftstechnologien in die USA verhindern soll. Denn dort wird jetzt mit hohen Subventionen um Industrien aus Europa gebuhlt. Das Programm der EU hat den Namen “Green Deal Industrial Plan”.
Europa sei bei den Net-Zero-Industrien schon weit vorne dabei, auch durch die massiven Hilfen der EU, die sie aufzählt: das kreditfinanzierte Konjunkturpaket Next Generation EU mit einem Volumen von 750 Milliarden und das Programm RepowerEU, mit dem sich die Union aus der Energieabhängigkeit Russlands lösen will. Das zusätzliche Volumen von RepowerEU beträgt bisher allerdings nur 20 Milliarden Euro.
Wenn jetzt Japan, Indien, das Vereinigte Königreich und – an letzter Stelle erwähnt sie – die USA die Transformation mit Staatsgeldern befeuern, dann begrüße die EU das: “Wir lieben Wettbewerb.” Erst danach stellt sie vor, wie die EU auf den IRA antworten will:
Im Zentrum stehen Finanzhilfen für die Unternehmen, die in Zukunftstechnologien investieren wollen: Hilfen entweder von den Mitgliedstaaten, wofür noch einmal die Regeln für staatliche Beihilfen zeitlich befristet bis 2025 gelockert werden sollen, Hilfen aber auch von der EU. Bei den EU-Hilfen will von der Leyen Zeit gewinnen. Sie spricht von einer “Brückenfunktion”, die die bereits bestehenden Finanztöpfe, InvestEU, der Innovationsfonds und RepowerEU, erfüllen sollen. Diese Töpfe sollen die nötigen Subventionen auszahlen, bis es das nächste Finanzinstrument gibt.
Dieses Finanzierungsinstrument ist der European Sovereignity Fund. Der noch zu schaffende Souveränitätsfonds solle Hilfen bereitstellen für Technologieprojekte, die für alle Mitgliedstaaten wichtig seien, sagte von der Leyen. Ziel sei das “gemeinsame Finanzieren von gemeinsamen Projekten“. Es passe gut, dass bis zum Sommer die Halbzeitüberprüfung des Mittelfristigen Finanzrahmens (MFR), des Finanzrahmens der EU für die Jahre 2021 bis 2027, anstehe.
Der Vorschlag für den Souveränitätsfonds werde nach dem Kassensturz der EU-Finanzen erfolgen. Weitere Details – wie viel Geld verteilt wird, wo es herkommen und ob dafür neue Schulden gemacht werden sollen – das verrät von der Leyen nicht: “Wir werden erst mit den Mitgliedstaaten sprechen müssen, danach kümmern wir uns um die Finanzarchitektur.”
Und so sieht der Zeitplan für die Antwort der EU auf den IRA aus: Die Kommunikation, die die Kommission jetzt beschlossen hat, soll von den Staats- und Regierungschefs beim Sondergipfel am 9. Februar diskutiert werden. Mitte März will die Kommission zwei Gesetzgebungsvorschläge präsentieren, die dann beim regulären Gipfel am 25. März auf dem Tisch liegen. Für den zeitlich befristeten Beihilferahmen soll es kein Gesetzesverfahren geben. Er soll nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten in Kraft treten.
Folgende zwei Gesetze sind in der Pipeline: Der Net-Zero-Industry-Act (Netto-Null-Industrie-Gesetz) soll die Genehmigungsverfahren für Solaranlagen, Batteriefabriken, Windparks und andere Zukunftstechnologien beschleunigen. Es gehe darum, überflüssige Bürokratie abzustreifen, die Zulassungsverfahren schneller und einfacher zu machen.
Zweitens zählt von der Leyen den “Critical-Raw-Materials-Act” auf. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass die EU-Industrien an Lithium für Batterien, seltene Erden und andere rare Rohstoffe herankommen, dass neue Lieferverträge abgeschlossen werden und dass das Sammeln von Rohstoffen und Recyclen perfektioniert wird.
Die EU will außerdem ihre Handelsagenda vorantreiben. Die Verhandlungen mit Mexiko, Chile, Neuseeland und Australien seien weit fortgeschritten, es gebe Positives von den Gesprächen mit Indien und Indonesien zu berichten. Die Verhandlungen über Mercosur bräuchten einen Neustart.
Die Beihilfeexpertin Sarah Blazek von der Kanzlei Noerr bewertet die Brüsseler Initiative positiv: “Die Kommission hat substanzielle und unaufgeregte Änderungsvorschläge vorgelegt. Insbesondere ist nachvollziehbar, dass der Befristete Beihilferahmen zu einem Rahmenwerk zur Gestaltung des ökologischen Wandels weiterentwickelt wird.”
Der bisher unter dem Kürzel TCF bekannte Beihilferahmen soll künftig “Befristeter Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels“, kurz TCTF, heißen. Danach sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, Produktionskapazitäten für Net-Zero-Technologien zu subventionieren. Es ist der Kern des gestern vorgestellten Pakets. Offen bleibt vorerst, welche Branchen zu den bevorzugten Net-Zero-Technologien zählen werden.
“Bis die Kommission die neue Mitteilung zum TCTF vorlegt, werden viele Unternehmen und Wirtschaftsverbände auf die Mitgliedstaaten zugehen und versuchen, während der jetzt laufenden Konsultation ihre Positionen unterzubringen“, sagt der Beihilfeexperte Robin van der Hout von der Kanzlei Kapellmann und Partner.
Um die Mitgliedstaaten bereits im Vorfeld zu konsultieren, hatte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am 13. Januar einen Brief an die Mitgliedstaaten verschickt. Ausgerechnet zu diesem Kernpunkt der Industriestrategie antwortete die Bundesregierung Vestager aber nicht. Außer Deutschland hätten sich nur Slowenien, Zypern und Malta nicht geäußert, sagte gestern ein hochrangiger Kommissionsbeamter.
Wie Europe.Table erfuhr, hatten sich die Koalitionspartner in Berlin nicht auf eine gemeinsame Antwort einigen können – ein weiteres eklatantes Beispiel für die verbesserungsbedürftige europapolitische Koordinierung innerhalb der Bundesregierung. Von Manuel Berkel und Markus Grabitz
Mit ihrem ursprünglichen Plan zur Dekarbonisierung der Industrie hat sich die französische Regierung nicht durchgesetzt. Bis 2030 soll der Sektor, der für etwa 20 Prozent der nationalen CO₂-Emissionen verantwortlich ist, seine Treibhausgase um rund ein Drittel senken. Dabei helfen sollten Dekarbonisierungsfahrpläne für 19 Industriezweige, die diese eigentlich bis Ende Dezember 2022 vorlegen mussten. Allerdings: Nur vier von ihnen folgten dieser Verpflichtung – die Branchen Chemie, Bergbau und Metallurgie, Zement sowie Papier und Karton.
Die französische Regierung ändert deshalb ihre Strategie: Jetzt legt sie den Fokus nicht mehr auf ganze Branchen, sondern auf die 50 Industriestandorte mit der höchsten Emissionsintensität. Helfen dabei sollen “Verträge zur ökologischen Wende” mit den Unternehmen. Mit ihnen will der Staat Investitionen in neue Technologien zur Dekarbonisierung unterstützen, wenn sich Unternehmen zu einem ehrgeizigen Fahrplan für die Dekarbonisierung verpflichten, heißt es in Paris.
“Branchenspezifische Fahrpläne ermöglichen es, die technologischen Hebel für eine ganze Branche zu identifizieren, können aber nicht sehr genau sein”, begründet das französische Kabinett seine Entscheidung. “Indem wir uns für einen standortbezogenen Ansatz für die 50 größten Emittenten entscheiden, die für mehr als die Hälfte der Industrieemissionen verantwortlich sind, wollen wir effizienter sein und die Bewegung beschleunigen.”
Im März wird die im Finanz- und Wirtschaftsministerium ansässige Generaldirektion für Unternehmen eine erste Version der Verträge mit den betroffenen Standorten erstellen. Diese haben dann bis Juni Zeit, um sie umzusetzen.
Die vier Branchen, die ihre Fahrpläne bereits vorgelegt haben, wollen an ihnen festhalten. Sie sehen aus wie folgt:
Alle anderen der 19 verpflichteten Branchen haben keine Dekarbonisierungsstrategien vorgelegt, wollen es teilweise aber noch tun. “Wir arbeiten derzeit an dem Dokument und es sollte noch Anfang dieses Jahres fertig sein”, kündigt ein Sprecher von Ania, dem Interessenverband der Lebensmittelindustrie, an.
Der Verband, der mehr als dreißig Branchen “mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften” vertritt, erklärte zudem, dass die drei Sektoren mit den höchsten Emissionen im Lebensmittelsektor (Stärke-Herstellung, Zuckerfabriken, Milchprodukte) ihre eigenen Strategien für einen geringen CO₂-Ausstoß definieren werden. Bisher wurden jedoch noch keine Dokumente veröffentlicht.
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Eine Strategie soll im ersten Quartal 2023 vorgelegt werden. “Letztlich handelt es sich um ein ziemlich administratives Vorgehen“, bedauert ein Experte für das Thema im Wirtschafts- und Finanzministerium, der die geringe politische Tragweite des Ansatzes hervorhebt.
06.02.-10.02.2023, online
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06.02.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Tübingen
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Konferenz Europe 2023
Die Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche debattieren Ideen, Lösungen und Ansätze zu relevanten Europa-Themen. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 09:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/ online
ENISA, Conference Cybersecurity Standardisation Conference 2023
The European Union Agency for Cybersecurity (ENISA) offers sessions on standardisation activities in the areas related to the emerging EU legislation. INFOS & REGISTRATION
07.02.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
TÜV, Podiumsdiskussion Brauchen wir eine KI-Zertifizierung?
Der TÜV setzt sich mit den Chancen und Risiken neuer Anwendungsbereiche von KI auseinander. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2022 – 10:00-13:00 Uhr, online
BVMed, Seminar EU-Medizinprodukte-Verordnung: Klinische Bewertung
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) klärt Fragen zu den Anforderungen, die aus der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) entstehen. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 18:00-19:30 Uhr, Dresden
FES, Diskussion Sind die USA noch ein verlässlicher Partner?
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) beschäftigt sich damit, welche Schlüsse Deutschland und die EU für ihr Bündnis mit den USA, die Hilfe für die Ukraine, den Umgang mit China und anderen zentrale Herausforderungen aus der aktuellen innenpolitischen Situation der USA ziehen sollten. INFOS & ANMELDUNG
07.02.2023 – 18:00-19:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
SWP, Presentation Belarus and the War in Ukraine: How much Autonomy is left
The German Institute for International and Security Affairs (SWP) invites experts to discuss if the EU can still treat Belarus as an autonomous international actor and which instruments may still be available to influence the Lukashenko regime. ANMELDUNG VIA E-MAIL
Europa kommt bei der Ansiedlung wichtiger Technologien einen weiteren Schritt voran: Der US-Konzern Wolfspeed will im Saarland eine Chipfabrik für umgerechnet 2,75 Milliarden Euro bauen. Beteiligt mit einem Beitrag von rund 170 Millionen Euro ist der Autozulieferer ZF Friedrichshafen. Ein Großteil der Investition soll Wolfspeed-Chef Gregg Lowe zufolge über Subventionen finanziert werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte es “ein wichtiges Signal, dass der Standort Deutschland in einer schwierigen Lage weiter attraktiv ist, auch für Hochtechnologie.”
Die Fabrik soll auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks entstehen. Bund und Land stünden bereit, erhebliche Zuschüsse über den EU-Förderrahmen IPCEI zu leisten und hätten in Brüssel bereits eine Genehmigung angefragt, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. “Das grüne Licht der EU-Kommission steht noch aus.” Die Freigabe sei aber sicher.
Hergestellt werden sollen ab 2027 Siliziumkarbid-Halbleiter, mit denen die Reichweite von Elektroautos gesteigert werden könnte. Sie kommen auch in Energie- und Industrieanlagen zum Einsatz. Es werde die weltweit modernste und größte Fertigung dieser Bauteile, erklärten die Unternehmen. Wolfspeed und ZF wollen zudem ein Forschungszentrum errichten, um die Hochleistungschips weiterzuentwickeln. Der zweitgrößte deutsche Autozulieferer und traditionelle Getriebehersteller steckt wie die gesamte Branche mitten im Umbruch zur Elektromobilität.
Die EU will die Abhängigkeit Europas von Asien bei Halbleitern zu verringern. Der Chipmangel während der Corona-Pandemie hat der Industrie die Anfälligkeit globaler Lieferketten vor Augen geführt. Die Autoindustrie kämpfte mit massiven Produktionsausfällen, der Pkw-Absatz sank in Europa trotz hoher Nachfrage auf den tiefsten Stand seit knapp 30 Jahren.
Mit einem European Chips Act im Volumen von insgesamt 45 Milliarden Euro öffentlicher und privater Investitionen soll der Produktionsanteil von Halbleitern in Europa binnen zehn Jahren auf 20 Prozent der weltweiten Kapazitäten verdoppelt werden. Die Chipfabrik im Saarland ist Teil dessen. rtr
Nach der ITRE-Einigung zur Gasbinnenmarkt-Richtlinie drängt Berichterstatter Jens Geier (SPD) den Rat zu einer Positionierung noch im ersten Halbjahr. “Ich erwarte von der schwedischen Ratspräsidentschaft, die Verhandlungen über das Gaspaket zu priorisieren und die Allgemeine Ausrichtung noch vor dem Sommer zu verabschieden“, sagte Geier.
Bisher hat die schwedische Ratspräsidentschaft lediglich erklärt, die Triloge zur Erneuerbaren – und zur Effizienz-Richtlinie abschließen zu wollen. Hohe Priorität besitzt außerdem die Strommarktreform. Für andere Dossiers aus Fit for 55 könnte es deshalb eng werden: Im Frühjahr 2024 finden bereits die EU-Wahlen statt. Und in Spanien, das im Juli die Ratspräsidentschaft übernimmt, stehen nationale Wahlen in diesem Dezember an.
Am 9. Februar soll der ITRE die Position zur Gasmarkt-Richtlinie formal beschließen. Außerdem soll bereits ein Verhandlungsmandat für Richtlinie und Verordnung beschlossen werden. Die Abstimmung im Plenum könnte dadurch entfallen, solange die Entscheidung des Ausschusses im Plenum nicht angefochten wird.
Inhaltlich ermögliche die Einigung zur Richtlinie nun “Investitionen in die Wasserstoffinfrastruktur auf der Grundlage des bestehenden Erdgasnetzes, anstatt ein Investitionshemmnis darzustellen”, sagte Geier. ber
Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann soll den Menschenrechtsausschuss (DROI) im Europaparlament leiten. S&D-Fraktionschefin Iratxe García Peréz teilte bei der Fraktionskonferenz mit, dass der 66-jährige Abgeordnete aus Hessen am Montag Kandidat der Sozialisten bei der Wahl für die Leitung des Unterausschusses ist. Die Wahl ist nach dem Rücktritt der bisherigen Vorsitzenden Maria Arena (S&D) nötig. Arena musste im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um Eva Kaili zurücktreten, weil sie an einer Menschenrechtskonferenz in Doha teilgenommen hatte und sich die Kosten von dem Golfstaat bezahlen ließ.
Nach dem D’Hondt-Proporzverfahren steht den Sozialisten der Vorsitz im Unterausschuss zu. Daher ist es wahrscheinlich, dass Bullmann gewählt wird. Bullmann ist bislang nicht Mitglied im Ausschuss. In der vergangenen Wahlperiode leitete er die S&D-Fraktion. mgr
Jetzt ist es offiziell: Die Französin Stéphanie Riso wechselt aus dem Kabinett von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an die Spitze der Generaldirektion Haushalt in der EU-Behörde. Wie die EU-Kommission in einer Pressemitteilung erklärte, startet die stellvertretende Kabinettschefin und von der Leyen-Vertraute ihren neuen Job am 16. Februar. Die Generaldirektion Haushalt (DG BUDG) ist für das Management des milliardenschweren EU-Budgets verantwortlich, darunter auch für die Aufnahme der Gelder an den internationalen Kapitalmärkten für das Programm NextGenerationEU.
Die Ökonomin Riso kann auf eine mehr als 20-jährige Karriere in der EU-Kommission zurückblicken. Sie war unter anderem Mitglied im Kabinett von EU-Währungskommissar Joaquin Almunia, stellvertretende Kabinettchefin bei dessen Nachfolger Olli Rehn sowie enge Beraterin von EU-Kommissar Michel Barnier ein, der die Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich führte. Seit Dezember 2019 ist die Französin stellvertretende Kabinettschefin im Team von Ursula von der Leyen. cr
Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und elf ihrer EU-Kollegen haben den Forderungen des Europäischen Parlaments nach weniger Schutz von Grauwölfen eine Absage erteilt. In einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an die Europäische Kommission machten sie deutlich, dass bestehende Ausnahmeregelungen etwa für den Abschuss von Tieren nicht gelockert werden sollten. Zuvor hatte das EU-Parlament die EU-Kommission im November aufgefordert, den Schutzstatus von Wölfen und Bären abzuschwächen. Hintergrund waren Klagen von Landwirten, dass die Raubtiere Nutztiere wie Schafe reißen.
Persönlich betroffen ist auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Ein Grauwolf hatte im vergangenen September ihr 30 Jahre altes Pony Dolly gerissen. Den zuständigen Behörden in Niedersachsen liegt ein Antrag auf eine Abschussgenehmigung des Wolfes vor. Er soll früheren Angaben zufolge mindestens 13 Tiere gerissen haben, darunter vor allem Schafe. dpa
2011 hätte Florian Hassler für die Grünen als Nachrücker in den Bundestag einziehen können. Der damals 34-Jährige entschied sich aber dagegen. Manch anderer hätte es vorgezogen, auf eigene Rechnung eine Abgeordnetenkarriere zu starten, anstatt in der zweiten Reihe der Politik weiterzumachen. Hassler fühlte sich aber dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann verpflichtet. Der hatte ihm angeboten, sein Büroleiter zu werden. Hassler ist seiner Linie treu geblieben. 2017 machte Kretschmann ihn zum Chef der Grundsatzabteilung in der Villa Reitzenstein, zuständig für Planung und Europa.
2021 holte Kretschmann ihn als Staatssekretär in sein mittlerweile drittes Kabinett. Der Titel ist bedeutender geworden, die Rolle von Hassler ähnlich geblieben: Er ist dort zuständig für die politische Koordinierung in der Regierungszentrale Villa Reitzenstein und für Europapolitik. Zum einen macht er das “trouble shooting” für Kretschmann, zum anderen ist er sein Europa-Versteher.
Anders als bei seinem Vorgänger Guido Wolf von der CDU, dem die Kompetenzen für Brüssel zugeschanzt wurden, um das Ministerium aufzuwerten, hat Hassler die EU in seiner politischen DNA. Nach seinem Studium (Politik und VWL) in Freiburg und Aix-en-Provence ging er nach Brüssel. Dort war er Büroleiter der Grünen- Europaabgeordneten Heide Rühle. Aus der Zeit kennt er auch die heutige Abgeordnete und Chefin des Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini (Grüne/EFA) und Außenministerin Annalena Baerbock, die damals ebenfalls für eine Grüne in Brüssel und Straßburg gearbeitet hat.
Heute wohnt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Stuttgart und geht in seiner Freizeit gern auf den Fußballplatz. Die Hälfte seiner Arbeitszeit als Staatssekretär vertritt er den MP und hält ihm den Rücken frei, die andere Hälfte widmet Hassler der Europapolitik. Dass Kretschmann die Koordinierung der Europapolitik wieder ins Staatsministerium geholt hat, zeigt, welchen Stellenwert er der EU-Gesetzgebung einräumt ist. Kretschmann kommt mit seinem Kabinett mindestens einmal im Jahr nach Brüssel und tagt dann in der Landesvertretung in der Rue Bellard. Da die Bundesländer keine Kompetenzen in der EU-Gesetzgebung haben, müssen sie geschickt ihre Interessen vertreten.
Hassler beobachtet die Gesetzgebung in Brüssel und redet mit Abgeordneten und Kommissaren. Etwa als sich sowohl die Kliniken im Land als auch die Industrie massiv über die Medizinprodukterichtlinie der EU beschwert haben und die ersten lebenswichtigen OPs in Kinderkliniken verschoben werden sollten. Ein anderes wichtiges Thema ist die Transformation der Autoindustrie. Im Stammland der Hersteller Mercedes und Porsche sowie der Zulieferer Bosch, Mahle und Co. schaut man auf Themen wie das Verbrenner-Aus und die künftige Schadstoffregulierung hochgradig aufmerksam. Auch die Novelle der Luftreinhaltungsrichtlinie, mit der neue Fahrverbote kommen könnten, wird in Stuttgart (“Messstelle Neckartor”) und manchen anderen Städten im Südwesten sehr genau verfolgt.
Die Positionen, die Kretschmann etwa bei Euro 7 verfolgt, unterscheiden sich kaum von denen, die ein MP der Schwarzen vertreten hätte. Sehr zum Ärger von manchem Grünen-Abgeordneten aus dem Südwesten im Europaparlament, denen der Umstieg auf das Elektroauto nicht schnell genug gehen kann. Hassler macht keinen Hehl daraus, dass er die Nöte der Industrie versteht. In Böblingen gibt es seit mehr als 100 Jahren das Busreiseunternehmen Hassler, das Familienangehörigen gehört. Hassler muss man nicht erklären, dass es noch ein langer Weg ist, bis Fernreisen mit dem Bus CO2-neutral stattfinden können.
Und wenn Industriekommissar Thierry Breton demnächst einen Gesprächskreis startet, bei dem Hersteller und Zulieferer, die Wissenschaft, Gewerkschaften und die Politik an einem Tisch sitzen, um die Probleme der Transformation gemeinsam anzugehen, dann ist das eine Anleihe beim Strategiedialog, den Kretschmann und Hassler seit Jahren im Südwesten praktizieren und dafür gute Noten bekommen. Markus Grabitz