die Grünen sind Frühaufsteher. Um 7:30 Uhr beginnt die Telefonkonferenz der Führungsriege aus dem Bund, immer mit dabei sind auch aus dem Europaparlament, Fraktionschefin Terry Reintke, und der Sprecher der deutschen Gruppe der Fraktion Die Grüne/EFA, Rasmus Andresen. Diese enge Einbindung der Themen mit europapolitischen Bezug unterscheidet die Grünen von den anderen Parteien, die Gründe kennt Markus Grabitz.
Auch mehrere Monate nach der Sabotage der Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September sind die Verantwortlichen noch immer nicht gefunden. Sorge bereitet die Frage, ob so ein Anschlag Vorbild für ähnliche Attacken sein kann, schließlich liegen die Untersee-Datenkabel schutzlos am Meeresgrund. Wie die Infrastruktur des Informationszeitalters besser vor Angriffen zu schützen ist, darüber hat sich Lisa-Martina Klein mit Experten unterhalten.
Klaus Müller hatte seine neue Aufgabe zu einem denkbar schwierigen Moment übernommen. Er begann seine Arbeit als Präsident der Bundesnetzagentur. Von 2014 bis Februar 2022 war er Vorstand und Repräsentant der Verbraucherzentrale Bundesverband, aus der Zeit kennt er viele Kollegen aus anderen Bundesbehörden. Das Zusammenspiel erleichtert ihm, eine Herausforderung dieses Winters – die Gasmangellage zu vermeiden – zu meistern. Constantin Eckner hat mit ihm gesprochen.
Der Arbeitstag für die Grünen-Führungsriege beginnt früh: Koordiniert von der Parteizentrale schalten sich jeden Morgen die Chefs von Partei und Fraktion und die grünen Bundesminister telefonisch zusammen, meist um 7:30 Uhr. Mit dabei aus dem Europaparlament sind Fraktionschefin Terry Reintke und der Chef der deutschen Grünen, Rasmus Andresen. Die Runde stimmt sich zu allen aktuellen Themen ab. In dem Call werden nicht nur Themen mit europapolitischem Bezug aufgerufen – aber eben auch.
Und das unterscheidet die Grünen von SPD und Union. Bei der SPD findet diese Abstimmung anlassbezogen statt. Für die Diskussion der langen Linien in der Europapolitik beruft Katarina Barley, die Europabeauftragte der Partei, alle vier bis sechs Wochen eine Siebener-Runde im Berliner Willy-Brandt-Haus ein. Mit dabei unter anderem: Jens Geier, der Chef der deutschen SPD-Abgeordneten im Europaparlament, der Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, sowie Bundestagsfraktionsvize Achim Post.
Bei der Union wiederum läuft die Abstimmung zwischen Berlin und Brüssel über Daniel Caspary. Der Chef der deutschen Gruppe im Europaparlament ist über diese Funktion Mitglied im CDU-Präsidium und nimmt an den 14-tägigen Sitzungen des Gremiums teil.
Die tägliche Einbindung der EP-Vertreter, 2014 etabliert, illustriert, wie wichtig die Grünen die EU-Ebene nehmen. Sie haben lange vor Ursula von der Leyens Green Deal erkannt, dass sich ihre umweltpolitische Agenda gut über den Umweg Brüssel durchsetzen lässt. In Workshops diskutierte die Partei, welche Organisationsstrukturen sie dafür braucht – Ergebnis neben den morgendlichen Calls war der neue Posten der europapolitischen Koordinatorin im Bundesvorstand.
In den Koalitionsverhandlungen für die Ampel sicherten sich die Grünen zudem das Vorschlagsrecht für den nächsten deutschen EU-Kommissar – vorausgesetzt, von der Leyen tritt keine zweite Amtszeit an. Mit dem Auswärtigen Amt und dem Wirtschaftsministerium sicherten sich die Frontleute Annalena Baerbock und Robert Habeck zudem die beiden Häuser, die für die Koordinierung der deutschen Europapolitik zuständig sind. Habeck holte mit Franziska Brantner und Sven Giegold überdies zwei erfahrene Ex-Europaabgeordnete in Leitungsfunktionen. Beide stimmen sich in unregelmäßigen Abständen mit den Parteifreunden im Europaparlament ab.
Mit Steffi Lemke und Cem Özdemir besetzt die Partei zudem das Umwelt- und das Landwirtschaftsressort. In der heißen Phase der Verhandlungen über das Fit for 55-Paket waren sie so gut aufgestellt – auch wenn Streitthemen wie das Aus für den Verbrennermotor auf höchster Koalitionsebene geklärt werden mussten.
Am Rand der Bundesratstagungen gibt es ein weiteres Format, in dem die Partei auch Europa-Themen koordiniert: Am Vorabend der Bundesratssitzung lädt der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum “G-Kamin” in die baden-württembergische Landesvertretung am Tiergarten. G-Kamin steht für grüner Kamin und leitet sich von der Kaminrunde ab, dem Format, in dem die CDU-geführten B-Länder vor der Bundesratssitzung tagen.
Beim G-Kamin trifft sich Kretschmann mit den Vize-Ministerpräsidenten seiner Partei, Spitzen der grünen Partei und Fraktion auf Bundesebene, den grünen Bundesministern. Auch Reintke und Andresen sind dabei. Darüber hinaus gibt es noch die grüne “europapolitische Schalte”: Die grünen Europaminister und Europa-Staatssekretäre der Landesregierungen sprechen sich ab, bevor die Europaministerkonferenz tagt.
In Brüssel bauen die Grünen in den Landesvertretungen ihren Einfluss Schritt für Schritt aus. Die Landesvertretungen sind zwar nicht in die Gesetzgebung der EU eingebunden. Sie haben aber eine wichtige Funktion als Horchposten: Um im frühen Stadium etwas über die Pläne der Kommission für die Gesetzgebung zu erfahren, sind sie unersetzlich. Die Landesvertretung Sachsen wird von der Grünen Stefanie Sift geleitet, die früher Mitarbeiterin einer Europaabgeordneten war. Die Partei ist Juniorpartner in der Regierung Sachsens und stellt mit Katja Meier die Europaministerin.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann arbeitet in seiner Brüsseler Landesvertretung weiter mit Leiter Bodo Lehmann (CDU) an der Spitze zusammen. Politisch verantwortlich ist Kretschmanns Vertrauter, der Europa-Staatssekretär Florian Hassler. Kretschmann hat mit Winfried Schröder überdies einen Parteifreund als Leiter des Ministerpräsidentenbüros in Brüssel in unmittelbarer Nähe Lehmanns installiert.
Die NRW-Landesregierung wird wiederum von dem Grünen Rainer Steffens geleitet, der den Posten bereits unter Rot-Grün innehatte. In Düsseldorf gilt die Koalitionsvereinbarung, dass die CDU als größte Regierungspartei in Person von Nathanael Liminski den Europaminister stellt. Die Grünen benennen dafür die Führung der Brüsseler Vertretung.
Auch in Hessen gibt es einen grünen Juniorpartner in der Regierung. Die Brüsseler Landesvertretung wird seit langem von Friedrich von Heusinger (CDU) geleitet. Die grünen Landesminister schicken, wie das auch in anderen Ländern üblich ist, Fachbeamte zur Beobachtung der EU-Politik. Wirtschaftsminister Terik Al-Wazir hat Felix Holefleisch entsandt – ein Schwager von Annalena Baerbock. Mit Till Hoppe
Die Angst wächst, dass Untersee-Datenkabel und Landungspunkte zunehmend Ziel von hybrider Kriegsführung werden. Seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines diskutieren Politiker, Unternehmen und Militärs die mögliche gezielte Zerstörung der Unterseekabel intensiv. Technisch liegen diese Infrastrukturen des Informationszeitalters schutzlos am Meeresgrund.
Angriffe darauf gelten in Expertenkreisen als zunehmend wahrscheinlich. Immer mehr Nationen nähmen Seabed Warfare, also die Kriegsführung auf dem Meeresboden, in ihre militärischen Doktrinen auf, erklärt Ferdinand Alexander Gehringer, Experte für Cybersicherheit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in einem kürzlich veröffentlichten Papier. “Dazu kommt, dass russische, chinesische und amerikanische Militärs Techniken entwickeln, mit der Infrastruktur in einer Tiefe von 6.000 Metern zerstört werden kann”, sagt Gehringer.
So verfügt Russlands Seekriegsflotte über mindestens zwei U-Boote, die als Mutterschiff genutzt werden können und zwei unbemannte Klein-U-Boote (UUVs), die mit Greifarmen Kabel am Meeresgrund zerstören können. Die USA entwickeln autonome, bewaffnete Roboter-U-Boote. Und auch China hat bereits ein unbemanntes Unterwasserfahrzeug vorgestellt (HSU001). Die Aufrüstung hat in diesem Bereich gerade erst begonnen. Doch wer soll die Kabel vor Angriffen schützen?
Gehringer plädiert dafür, die Nato als militärische Ebene einzubeziehen. Das Joint Force Command Norfolk im Osten der USA, zuständig unter anderem für den Schutz von Unterseeinfrastruktur, reiche nicht. “So ein Projekt muss eine Aufgabe der gesamten Nato sein.”
Konkrete Überlegungen aus der Politik gibt es dazu bereits. Vor der Berliner Sicherheitskonferenz Ende November hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und der norwegische Ministerpräsident Jonas Støre für eine Koordinierungsstelle der Nato ausgesprochen, von der aus Gas-Pipelines und Internetleitungen auf dem Meeresboden geschützt werden sollen.
Scholz plädierte für eine effiziente Abstimmung zwischen Polizei und Militär, Akteure wie die Europäische Union und privatwirtschaftliche Unternehmen müssten gut eingebunden werden. Norwegen ist Deutschlands wichtigster Energielieferant, Deutschlands Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) liefert seit Jahren Norwegen seine U-Boote der Klasse 212.
Wichtig wäre aus Gehringers Sicht auch, dass die Nato-Mitgliedsländer die Unterwasser-Infrastruktur von vornherein bei ihrer Ausstattung mitbedenken. Für die Bundeswehr sieht er laut dem Papier eine Verdoppelung der U-Boote-Flotte, von sechs auf zwölf, und autonome Unterwasserfahrzeuge wie die “Seekatze” für notwendig an. Mit der Einbeziehung der Nato ergäben sich laut Gehringer weitere Vorteile: “Damit hätte die Nato eine ständige Aufgabe, es gäbe einheitliche Übungen, mehr Forschung und eine abgestimmte Seabed Warfare-Strategie.”
Auch die EU spielt bei dem Schutz der Unterseestrukturen eine wichtige Rolle. Knapp 170 Hochgeschwindigkeits-Datenkabel erreichen das EU-Festland auf dem Weg durch die Meere, Deutschland hat derzeit vier Landungspunkte mit acht Kabeln. Als neuralgisch gilt vor allem die primär mit Marseille verbundene Strecke entlang des Suezkanals, über die Europa mit Asien verbunden ist.
“Marseille spielt eine Hauptrolle für den Datenverkehr in Europa, Deutschland hat wenige Landungspunkte. Das heißt aber nicht, dass die Verantwortung deshalb hauptsächlich bei Frankreich liegen sollte. Wir brauchen vielmehr ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefühl für eine Infrastruktur, von der wir alle abhängig sind, ähnlich wie bei den Nordstream-Pipelines”, sagt Gehringer.
Die Schutzvorschriften für IT-Infrastruktur wurde erst im vergangenen Jahr mit der NIS2-Richtlinie überarbeitet. Der Europaabgeordnete Bart Groothuis (Renew) hat sie für das Parlament verhandelt und fordert eine enge Verzahnung über die Mitgliedstaaten, EU und Nato hinweg: “Wir brauchen einen Einblick in die Geschehnisse: Was genau ist passiert, wer steckt dahinter, was war der Grund dafür, dass dieses Internetkabel gekappt wurde.”
Dafür müsse es eine zentrale Stelle geben, fordert Groothuis, der vor seinem Abgeordnetenmandat in Brüssel Abteilungsleiter für die Cyberabwehr im niederländischen Verteidigungsministerium war. Auch die Küstenwachen müssten in das System eng eingebunden sein.
“Im digitalen Bereich sind wir damit auf dem Weg hin zu besserem Schutz”, attestiert Gehringer der EU. Mit der Richtlinie zum Schutz Kritischer Einheiten (CER) müssen die Mitgliedstaaten nun zudem den physischen Schutz der Kritischen Infrastrukturen verbessern. In Deutschland soll dies das neue Gesetz leisten, das 2023 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgeschlagen wird und für das im Dezember im Kabinett erste Eckpunkte beschlossen wurden. “Das Kritis-Dachgesetz ist ebenfalls ein erster, richtiger Schritt, zeigt aber, dass wir gerade erst anfangen, uns in Ansätzen mit dem Schutz Kritischer Infrastruktur zu beschäftigen”, sagt Gehringer.
11.01.2023 – 11:30-12:15 Uhr, online
BVMW, Vortrag Krise, was jetzt? Lernen Sie, wie WIR-Unternehmen das angehen!
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) widmet sich Krisenstrategien unter Einbindung der Mitarbeiter. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 16:00-17:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Discussion EU ETS Directive after trilogues: Discussion with Beatriz Yordi
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCTS) takes stock of the final shape of the EU ETS legislative text. INFOS & REGISTRATION
11.01.2023 – 17:30 Uhr, online
HSS, Seminar Einsatzgebiete der künstlichen Intelligenz in der Arbeits- und Unternehmenswelt
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) gibt einen Überblick über die Einsatzgebiete der künstlichen Intelligenz in der Arbeits- und Unternehmenswelt. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-21:00 Uhr, Berlin/online
HBS, Diskussion Vorenthalten, einbehalten, zweckentfremdet: Humanitäre Hilfe in Syrien
Die Heinrich-Böll-Stiftung beschäftigt sich mit dem Missbrauch humanitärer Hilfe in Syrien. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Kempten
FNF, Vortrag Der Iran in der Krise – Die innen- und außenpolitischen Dimensionen der islamischen Republik im 21. Jahrhundert
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) setzt sich mit der aktuellen politischen Lage im Iran auseinander. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-20:15 Uhr, online
FNF, Podiumsdiskussion ChinaPlus – Wissenschaft in und mit China
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) adressiert die Herausforderungen einer Deutsch-Chinesischen Wissenschaftskooperation. INFOS & ANMELDUNG
12.01.-13.01.2023, Güstrow
FES, Konferenz Die Energiewende als Innovationstreiber in der Landwirtschaft in MV?!
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie die gegenwärtigen Krisen genutzt werden können, um die Landwirtschaft in MV innovativ weiterzuentwickeln. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 08:15-09:30 Uhr, online
DENEFF, Seminar Dekarbonisierung-Fahrpläne der Industrie
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) lädt zum Energiespar-Workshop für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:00-20:00 Uhr, Leipzig
FES, Diskussion Deutschland und Europa in der Zeitenwende – Die EU als Motor für Frieden, Freiheit und soziale Sicherheit
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie Europa den ökonomischen, verteidigungsstrategischen und ökologischen Herausforderungen begegnen kann, um die Erwartungen als Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand gerade auch in schweren Zeiten zu erfüllen. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:30-21:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
KAS, Podiumsdiskussion Kann Deutschland sicherheitspolitische Führung? Über Deutschlands Rolle in der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert den deutschen Führungsanspruch in Europa. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:30-19:30 Uhr, online
FNF, Podiumsdiskussion Stabilitätsanker oder Sicherheitsrisiko? Die Rolle der Türkei in der NATO
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) beschäftigt sich mit der internationalen Rolle der Türkei. INFOS & ANMELDUNG
Ab sofort wird die EU-Kommission stärker überwachen, ob die Ziele des Politikprogramms für die digitale Dekade 2030 auch erreicht werden. Am Montag ist das Programm in Kraft getreten. Damit begann ein zyklischer Kooperationsprozess, bei dem die EU-Mitgliedstaaten zusammen mit Parlament, Rat und Kommission ihre Digitalpolitik so gestalten, dass sie Vorgaben in vier Bereichen umsetzen:
Die Ziele und Vorgaben sollen als Richtschnur der digitalen Dekade der Mitgliedstaaten dienen. Deren Maßnahmen bewertet die Kommission in einem jährlichen Fortschrittsbericht. Eine neue hochrangige Expertengruppe, der Beirat für die digitale Dekade, soll die Zusammenarbeit in Fragen des digitalen Wandels zwischen Kommission und Mitgliedstaaten stärken.
Kurz vor der offiziellen Vorstellung des Präsidentschaftsprogramms hat der neue schwedische EU-Ratsvorsitz die Erwartungen gedämpft. Bei den beiden zentralen Themen der nächsten sechs Monate – Ukraine und Migration – seien keine schnellen Durchbrüche zu erwarten, sagte der schwedische EU-Botschafter Lars Danielsson in Brüssel. “Wir werden es auf die schwedische Art machen und transparent arbeiten”, versprach er.
In der Ukraine-Politik will sich Schweden vor allem darum bemühen, die 27 EU-Staaten zusammenzuhalten. Außerdem soll es darum gehen, die im Zuge der Sanktionen eingefrorenen russischen Vermögen nutzbar zu machen, etwa für den Wiederaufbau in der Ukraine. Neue Sanktionen seien jedoch zunächst nicht zu erwarten, so Danielsson. Ein zehntes Sanktionspaket sei nicht in der Pipeline, “mit jedem neuen Paket wird es noch schwieriger”.
Bei der Migration will sich Schweden auf Vorarbeiten für eine politische Einigung konzentrieren. Im ersten Halbjahr sei diese aber nicht zu erwarten, so Danielsson. Es gehe darum, die Annäherung zwischen den “Frontstaaten” und den von Sekundärmigration betroffenen EU-Ländern zu vertiefen. Eigene Initiativen etwa für die freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen seien nicht geplant. “Wir sind die gehorsamen Diener der 27”, so der Botschafter. ebo
Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet für die kommenden Quartale mit einem sehr starken Lohnwachstum im Euro-Raum. Dies spiegele robuste Arbeitsmärkte wider, die die Abkühlung der Wirtschaft bislang gut verkraftet hätten, teilte die EZB am Montag in einem vorab veröffentlichten Artikel aus ihrem “Economic Bulletin” mit. Auch höhere Mindestlöhne und ein allgemeiner Aufholprozess der Löhne mit Blick auf die rasant gestiegene Inflation trügen dazu bei. Über die nahe Zukunft hinaus würden allerdings die erwartete Konjunkturabschwächung und entsprechende Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven Abwärtsdruck auf die Löhne ausüben.
Trotz der Rezessionssorgen hält sich der Arbeitsmarkt im Euro-Raum gut. Die Arbeitslosenquote verharrte nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat im November auf dem Vormonatswert von 6,5 Prozent. In dem Artikel weist die EZB allerdings darauf hin, dass die Konjunkturabkühlung wahrscheinlich dafür sorgen wird, dass das Lohnwachstum nicht aus dem Ruder läuft. Zwar seien die Realöhne inzwischen im Vergleich zur Zeit von vor der Corona-Pandemie erheblich gesunken. Dies könne Gewerkschaften unter Druck setzen, in den kommenden Tarifrunden stärkere Lohnanstiege zu verlangen. Der Kaufkraftverlust sei aber nur ein Faktor, der sich auf die Lohnforderungen der Gewerkschaften auswirke. “Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die aktuelle Wirtschaftslage dürften ebenfalls eine zentrale Rolle spielen”, heißt es in dem Bericht. rtr
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Zypern Unterstützung bei der angestrebten Wiedervereinigung mit dem Nordteil der Insel zugesagt. “Deutschland steht hier fest an Eurer Seite“, versicherte sie am Montag ihrem zyprischen Kollegen Ioannis Kasoulides bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Eine Lösung könne es nur auf Basis der Beschlüsse der Vereinten Nationen geben. “Eine Zwei-Staaten-Lösung für Zypern kommt nicht in Betracht”, betonte Baerbock. Deutschland stehe bereit, Zypern bei neuen Vorschlägen zum Dialog mit dem Norden zu unterstützen.
Zypern ist seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention geteilt. Die Türkische Republik Nordzypern im Norden der Insel wird nur von der Türkei anerkannt. Die gesamte Insel ist seit 2004 Mitglied der EU. Das Regelwerk und das Recht der EU werden jedoch nur im Süden angewandt. Zahlreiche internationale Bemühungen, die Teilung zu überwinden, sind bislang gescheitert.
Kasoulides sagte, wenn die aktuelle Situation so bleibe, werde dies zur Teilung führen. Aber: “Die Teilung kann keine Lösung sein.” Eine Lösung der Zypern-Frage könne jedoch erst nach den Wahlen in der Türkei beginnen. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei finden im Juni dieses Jahres statt. dpa
Klaus Müller befindet sich nach eigenen Aussagen seit langem “im Krisenmodus“. Am 1. März trat er sein neues Amt an – Russland hatte gerade die Ukraine überfallen. “Gleich war klar, dass die Energieversorgung das vordringliche Thema sein würde. Eine Krise drohte”, sagt der 51-Jährige. Als neuer Präsident der Bundesnetzagentur wollte er sich ursprünglich um einen Booster für erneuerbare Energien, den Stromnetzausbau und einiges mehr kümmern. Aber die größte Herausforderung sei aktuell natürlich, eine Gasmangellage zu vermeiden und das Land sicher durch den Winter zu bringen.
Müller arbeitete Anfang der Nullerjahre als Umwelt- und Landwirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein im Kabinett von Heide Simonis. Nach seiner Zeit in der Landespolitik wandte sich das Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen dem Verbraucherschutz zu und war von 2014 bis Februar 2022 Vorstand und Repräsentant der Verbraucherzentrale Bundesverband. Anschließend folgte der Wechsel zur Bundesnetzagentur und damit die Übernahme eines weiteren hochrangigen Amtes in der Bundesrepublik.
Auf die Frage, inwieweit er von seiner Vorerfahrung aus dem Verbraucherschutz profitiert, antwortet Müller: “Für mich sind Wettbewerb und faire Marktbedingungen die Schwestern des Verbraucherschutzes. Da haben wir als Verbraucherzentrale immer mit einem faszinierten Blick auf die Bundesnetzagentur geschaut. Zivilgesellschaftlicher Verbraucherschutz hat seine Rolle und behördlicher Verbraucherschutz genauso. Ich glaube, beide können sich richtig gut ergänzen.”
In der Zeit, in der er für die Verbraucherzentralen tätig war, seien jährlich bis zu 800.000 Beschwerden eingegangen. Wo diese eine strukturelle Relevanz hatten, seien sie an die Aufsichtsbehörden weitergegeben worden. Deshalb war Müller in den vergangenen Jahren mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dem Bundeskartellamt und eben auch mit der Bundesnetzagentur häufig im Austausch. “Als Chef der Bundesnetzagentur habe ich natürlich auch permanent mit anderen Behörden zu tun. Es ist vielleicht ein Vorteil, dass ich diese Zusammenarbeit schon kenne”, meint Müller.
Die Agentur ist nah dran an politischen Prozessen; schließlich setzt sie Gesetze um, die der Deutsche Bundestag beschlossen hat. Ein Beispiel sei hier der Stromnetzausbau. Diese Prozesse sind Müller aus seiner Zeit als Landesminister nicht fremd. Insgesamt betrachtet der 51-Jährige die Bundesnetzagentur nicht nur als Behörde, die ein Programm den Buchstaben und Kommata entsprechend abarbeite. “Ihre Aufgabe ist, ganz klar darauf hinzuweisen, wenn es effizienter, besser und nachhaltiger gehen kann. Das ist auch mein Verständnis einer modernen Agentur”, sagt Müller.
Darüber hinaus gibt es die europäische Dimension. Die Bundesnetzagentur ist auf vielen Kanälen im ständigen Austausch mit anderen europäischen Regulierungsbehörden. Die gegenwärtige Lage habe Müller bislang zwar nur eine begrenzte Zahl von Antrittsgesprächen erlaubt, wie er erzählt, aber trotz und gerade wegen der gegenwärtigen Lage sei es ihm wichtig, auch selbst mit den Schwesterbehörden im Kontakt zu sein. “Wir sprechen hier von Netzen, die sich über nationale Grenzen hinaus erstrecken. Wir sind vernetzt, verbunden mit anderen Ländern und stehen daher im Austausch miteinander. Jetzt, wo es darum geht, das Gas gerecht zu verteilen, zeigt sich, wie wichtig die Zusammenarbeit ist. Wir bekommen Gas aus Nachbarländern, zum Beispiel den Niederlanden, Frankreich und Belgien. Umgekehrt können wir Strom nach Frankreich oder Gas nach Süd-Ost-Europa liefern”, erklärt Müller. Constantin Eckner
die Grünen sind Frühaufsteher. Um 7:30 Uhr beginnt die Telefonkonferenz der Führungsriege aus dem Bund, immer mit dabei sind auch aus dem Europaparlament, Fraktionschefin Terry Reintke, und der Sprecher der deutschen Gruppe der Fraktion Die Grüne/EFA, Rasmus Andresen. Diese enge Einbindung der Themen mit europapolitischen Bezug unterscheidet die Grünen von den anderen Parteien, die Gründe kennt Markus Grabitz.
Auch mehrere Monate nach der Sabotage der Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September sind die Verantwortlichen noch immer nicht gefunden. Sorge bereitet die Frage, ob so ein Anschlag Vorbild für ähnliche Attacken sein kann, schließlich liegen die Untersee-Datenkabel schutzlos am Meeresgrund. Wie die Infrastruktur des Informationszeitalters besser vor Angriffen zu schützen ist, darüber hat sich Lisa-Martina Klein mit Experten unterhalten.
Klaus Müller hatte seine neue Aufgabe zu einem denkbar schwierigen Moment übernommen. Er begann seine Arbeit als Präsident der Bundesnetzagentur. Von 2014 bis Februar 2022 war er Vorstand und Repräsentant der Verbraucherzentrale Bundesverband, aus der Zeit kennt er viele Kollegen aus anderen Bundesbehörden. Das Zusammenspiel erleichtert ihm, eine Herausforderung dieses Winters – die Gasmangellage zu vermeiden – zu meistern. Constantin Eckner hat mit ihm gesprochen.
Der Arbeitstag für die Grünen-Führungsriege beginnt früh: Koordiniert von der Parteizentrale schalten sich jeden Morgen die Chefs von Partei und Fraktion und die grünen Bundesminister telefonisch zusammen, meist um 7:30 Uhr. Mit dabei aus dem Europaparlament sind Fraktionschefin Terry Reintke und der Chef der deutschen Grünen, Rasmus Andresen. Die Runde stimmt sich zu allen aktuellen Themen ab. In dem Call werden nicht nur Themen mit europapolitischem Bezug aufgerufen – aber eben auch.
Und das unterscheidet die Grünen von SPD und Union. Bei der SPD findet diese Abstimmung anlassbezogen statt. Für die Diskussion der langen Linien in der Europapolitik beruft Katarina Barley, die Europabeauftragte der Partei, alle vier bis sechs Wochen eine Siebener-Runde im Berliner Willy-Brandt-Haus ein. Mit dabei unter anderem: Jens Geier, der Chef der deutschen SPD-Abgeordneten im Europaparlament, der Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, sowie Bundestagsfraktionsvize Achim Post.
Bei der Union wiederum läuft die Abstimmung zwischen Berlin und Brüssel über Daniel Caspary. Der Chef der deutschen Gruppe im Europaparlament ist über diese Funktion Mitglied im CDU-Präsidium und nimmt an den 14-tägigen Sitzungen des Gremiums teil.
Die tägliche Einbindung der EP-Vertreter, 2014 etabliert, illustriert, wie wichtig die Grünen die EU-Ebene nehmen. Sie haben lange vor Ursula von der Leyens Green Deal erkannt, dass sich ihre umweltpolitische Agenda gut über den Umweg Brüssel durchsetzen lässt. In Workshops diskutierte die Partei, welche Organisationsstrukturen sie dafür braucht – Ergebnis neben den morgendlichen Calls war der neue Posten der europapolitischen Koordinatorin im Bundesvorstand.
In den Koalitionsverhandlungen für die Ampel sicherten sich die Grünen zudem das Vorschlagsrecht für den nächsten deutschen EU-Kommissar – vorausgesetzt, von der Leyen tritt keine zweite Amtszeit an. Mit dem Auswärtigen Amt und dem Wirtschaftsministerium sicherten sich die Frontleute Annalena Baerbock und Robert Habeck zudem die beiden Häuser, die für die Koordinierung der deutschen Europapolitik zuständig sind. Habeck holte mit Franziska Brantner und Sven Giegold überdies zwei erfahrene Ex-Europaabgeordnete in Leitungsfunktionen. Beide stimmen sich in unregelmäßigen Abständen mit den Parteifreunden im Europaparlament ab.
Mit Steffi Lemke und Cem Özdemir besetzt die Partei zudem das Umwelt- und das Landwirtschaftsressort. In der heißen Phase der Verhandlungen über das Fit for 55-Paket waren sie so gut aufgestellt – auch wenn Streitthemen wie das Aus für den Verbrennermotor auf höchster Koalitionsebene geklärt werden mussten.
Am Rand der Bundesratstagungen gibt es ein weiteres Format, in dem die Partei auch Europa-Themen koordiniert: Am Vorabend der Bundesratssitzung lädt der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum “G-Kamin” in die baden-württembergische Landesvertretung am Tiergarten. G-Kamin steht für grüner Kamin und leitet sich von der Kaminrunde ab, dem Format, in dem die CDU-geführten B-Länder vor der Bundesratssitzung tagen.
Beim G-Kamin trifft sich Kretschmann mit den Vize-Ministerpräsidenten seiner Partei, Spitzen der grünen Partei und Fraktion auf Bundesebene, den grünen Bundesministern. Auch Reintke und Andresen sind dabei. Darüber hinaus gibt es noch die grüne “europapolitische Schalte”: Die grünen Europaminister und Europa-Staatssekretäre der Landesregierungen sprechen sich ab, bevor die Europaministerkonferenz tagt.
In Brüssel bauen die Grünen in den Landesvertretungen ihren Einfluss Schritt für Schritt aus. Die Landesvertretungen sind zwar nicht in die Gesetzgebung der EU eingebunden. Sie haben aber eine wichtige Funktion als Horchposten: Um im frühen Stadium etwas über die Pläne der Kommission für die Gesetzgebung zu erfahren, sind sie unersetzlich. Die Landesvertretung Sachsen wird von der Grünen Stefanie Sift geleitet, die früher Mitarbeiterin einer Europaabgeordneten war. Die Partei ist Juniorpartner in der Regierung Sachsens und stellt mit Katja Meier die Europaministerin.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann arbeitet in seiner Brüsseler Landesvertretung weiter mit Leiter Bodo Lehmann (CDU) an der Spitze zusammen. Politisch verantwortlich ist Kretschmanns Vertrauter, der Europa-Staatssekretär Florian Hassler. Kretschmann hat mit Winfried Schröder überdies einen Parteifreund als Leiter des Ministerpräsidentenbüros in Brüssel in unmittelbarer Nähe Lehmanns installiert.
Die NRW-Landesregierung wird wiederum von dem Grünen Rainer Steffens geleitet, der den Posten bereits unter Rot-Grün innehatte. In Düsseldorf gilt die Koalitionsvereinbarung, dass die CDU als größte Regierungspartei in Person von Nathanael Liminski den Europaminister stellt. Die Grünen benennen dafür die Führung der Brüsseler Vertretung.
Auch in Hessen gibt es einen grünen Juniorpartner in der Regierung. Die Brüsseler Landesvertretung wird seit langem von Friedrich von Heusinger (CDU) geleitet. Die grünen Landesminister schicken, wie das auch in anderen Ländern üblich ist, Fachbeamte zur Beobachtung der EU-Politik. Wirtschaftsminister Terik Al-Wazir hat Felix Holefleisch entsandt – ein Schwager von Annalena Baerbock. Mit Till Hoppe
Die Angst wächst, dass Untersee-Datenkabel und Landungspunkte zunehmend Ziel von hybrider Kriegsführung werden. Seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines diskutieren Politiker, Unternehmen und Militärs die mögliche gezielte Zerstörung der Unterseekabel intensiv. Technisch liegen diese Infrastrukturen des Informationszeitalters schutzlos am Meeresgrund.
Angriffe darauf gelten in Expertenkreisen als zunehmend wahrscheinlich. Immer mehr Nationen nähmen Seabed Warfare, also die Kriegsführung auf dem Meeresboden, in ihre militärischen Doktrinen auf, erklärt Ferdinand Alexander Gehringer, Experte für Cybersicherheit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in einem kürzlich veröffentlichten Papier. “Dazu kommt, dass russische, chinesische und amerikanische Militärs Techniken entwickeln, mit der Infrastruktur in einer Tiefe von 6.000 Metern zerstört werden kann”, sagt Gehringer.
So verfügt Russlands Seekriegsflotte über mindestens zwei U-Boote, die als Mutterschiff genutzt werden können und zwei unbemannte Klein-U-Boote (UUVs), die mit Greifarmen Kabel am Meeresgrund zerstören können. Die USA entwickeln autonome, bewaffnete Roboter-U-Boote. Und auch China hat bereits ein unbemanntes Unterwasserfahrzeug vorgestellt (HSU001). Die Aufrüstung hat in diesem Bereich gerade erst begonnen. Doch wer soll die Kabel vor Angriffen schützen?
Gehringer plädiert dafür, die Nato als militärische Ebene einzubeziehen. Das Joint Force Command Norfolk im Osten der USA, zuständig unter anderem für den Schutz von Unterseeinfrastruktur, reiche nicht. “So ein Projekt muss eine Aufgabe der gesamten Nato sein.”
Konkrete Überlegungen aus der Politik gibt es dazu bereits. Vor der Berliner Sicherheitskonferenz Ende November hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und der norwegische Ministerpräsident Jonas Støre für eine Koordinierungsstelle der Nato ausgesprochen, von der aus Gas-Pipelines und Internetleitungen auf dem Meeresboden geschützt werden sollen.
Scholz plädierte für eine effiziente Abstimmung zwischen Polizei und Militär, Akteure wie die Europäische Union und privatwirtschaftliche Unternehmen müssten gut eingebunden werden. Norwegen ist Deutschlands wichtigster Energielieferant, Deutschlands Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) liefert seit Jahren Norwegen seine U-Boote der Klasse 212.
Wichtig wäre aus Gehringers Sicht auch, dass die Nato-Mitgliedsländer die Unterwasser-Infrastruktur von vornherein bei ihrer Ausstattung mitbedenken. Für die Bundeswehr sieht er laut dem Papier eine Verdoppelung der U-Boote-Flotte, von sechs auf zwölf, und autonome Unterwasserfahrzeuge wie die “Seekatze” für notwendig an. Mit der Einbeziehung der Nato ergäben sich laut Gehringer weitere Vorteile: “Damit hätte die Nato eine ständige Aufgabe, es gäbe einheitliche Übungen, mehr Forschung und eine abgestimmte Seabed Warfare-Strategie.”
Auch die EU spielt bei dem Schutz der Unterseestrukturen eine wichtige Rolle. Knapp 170 Hochgeschwindigkeits-Datenkabel erreichen das EU-Festland auf dem Weg durch die Meere, Deutschland hat derzeit vier Landungspunkte mit acht Kabeln. Als neuralgisch gilt vor allem die primär mit Marseille verbundene Strecke entlang des Suezkanals, über die Europa mit Asien verbunden ist.
“Marseille spielt eine Hauptrolle für den Datenverkehr in Europa, Deutschland hat wenige Landungspunkte. Das heißt aber nicht, dass die Verantwortung deshalb hauptsächlich bei Frankreich liegen sollte. Wir brauchen vielmehr ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefühl für eine Infrastruktur, von der wir alle abhängig sind, ähnlich wie bei den Nordstream-Pipelines”, sagt Gehringer.
Die Schutzvorschriften für IT-Infrastruktur wurde erst im vergangenen Jahr mit der NIS2-Richtlinie überarbeitet. Der Europaabgeordnete Bart Groothuis (Renew) hat sie für das Parlament verhandelt und fordert eine enge Verzahnung über die Mitgliedstaaten, EU und Nato hinweg: “Wir brauchen einen Einblick in die Geschehnisse: Was genau ist passiert, wer steckt dahinter, was war der Grund dafür, dass dieses Internetkabel gekappt wurde.”
Dafür müsse es eine zentrale Stelle geben, fordert Groothuis, der vor seinem Abgeordnetenmandat in Brüssel Abteilungsleiter für die Cyberabwehr im niederländischen Verteidigungsministerium war. Auch die Küstenwachen müssten in das System eng eingebunden sein.
“Im digitalen Bereich sind wir damit auf dem Weg hin zu besserem Schutz”, attestiert Gehringer der EU. Mit der Richtlinie zum Schutz Kritischer Einheiten (CER) müssen die Mitgliedstaaten nun zudem den physischen Schutz der Kritischen Infrastrukturen verbessern. In Deutschland soll dies das neue Gesetz leisten, das 2023 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgeschlagen wird und für das im Dezember im Kabinett erste Eckpunkte beschlossen wurden. “Das Kritis-Dachgesetz ist ebenfalls ein erster, richtiger Schritt, zeigt aber, dass wir gerade erst anfangen, uns in Ansätzen mit dem Schutz Kritischer Infrastruktur zu beschäftigen”, sagt Gehringer.
11.01.2023 – 11:30-12:15 Uhr, online
BVMW, Vortrag Krise, was jetzt? Lernen Sie, wie WIR-Unternehmen das angehen!
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) widmet sich Krisenstrategien unter Einbindung der Mitarbeiter. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 16:00-17:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Discussion EU ETS Directive after trilogues: Discussion with Beatriz Yordi
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCTS) takes stock of the final shape of the EU ETS legislative text. INFOS & REGISTRATION
11.01.2023 – 17:30 Uhr, online
HSS, Seminar Einsatzgebiete der künstlichen Intelligenz in der Arbeits- und Unternehmenswelt
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) gibt einen Überblick über die Einsatzgebiete der künstlichen Intelligenz in der Arbeits- und Unternehmenswelt. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-21:00 Uhr, Berlin/online
HBS, Diskussion Vorenthalten, einbehalten, zweckentfremdet: Humanitäre Hilfe in Syrien
Die Heinrich-Böll-Stiftung beschäftigt sich mit dem Missbrauch humanitärer Hilfe in Syrien. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Kempten
FNF, Vortrag Der Iran in der Krise – Die innen- und außenpolitischen Dimensionen der islamischen Republik im 21. Jahrhundert
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) setzt sich mit der aktuellen politischen Lage im Iran auseinander. INFOS & ANMELDUNG
11.01.2023 – 19:00-20:15 Uhr, online
FNF, Podiumsdiskussion ChinaPlus – Wissenschaft in und mit China
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) adressiert die Herausforderungen einer Deutsch-Chinesischen Wissenschaftskooperation. INFOS & ANMELDUNG
12.01.-13.01.2023, Güstrow
FES, Konferenz Die Energiewende als Innovationstreiber in der Landwirtschaft in MV?!
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie die gegenwärtigen Krisen genutzt werden können, um die Landwirtschaft in MV innovativ weiterzuentwickeln. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 08:15-09:30 Uhr, online
DENEFF, Seminar Dekarbonisierung-Fahrpläne der Industrie
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) lädt zum Energiespar-Workshop für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:00-20:00 Uhr, Leipzig
FES, Diskussion Deutschland und Europa in der Zeitenwende – Die EU als Motor für Frieden, Freiheit und soziale Sicherheit
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie Europa den ökonomischen, verteidigungsstrategischen und ökologischen Herausforderungen begegnen kann, um die Erwartungen als Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand gerade auch in schweren Zeiten zu erfüllen. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:30-21:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
KAS, Podiumsdiskussion Kann Deutschland sicherheitspolitische Führung? Über Deutschlands Rolle in der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert den deutschen Führungsanspruch in Europa. INFOS & ANMELDUNG
12.01.2023 – 18:30-19:30 Uhr, online
FNF, Podiumsdiskussion Stabilitätsanker oder Sicherheitsrisiko? Die Rolle der Türkei in der NATO
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) beschäftigt sich mit der internationalen Rolle der Türkei. INFOS & ANMELDUNG
Ab sofort wird die EU-Kommission stärker überwachen, ob die Ziele des Politikprogramms für die digitale Dekade 2030 auch erreicht werden. Am Montag ist das Programm in Kraft getreten. Damit begann ein zyklischer Kooperationsprozess, bei dem die EU-Mitgliedstaaten zusammen mit Parlament, Rat und Kommission ihre Digitalpolitik so gestalten, dass sie Vorgaben in vier Bereichen umsetzen:
Die Ziele und Vorgaben sollen als Richtschnur der digitalen Dekade der Mitgliedstaaten dienen. Deren Maßnahmen bewertet die Kommission in einem jährlichen Fortschrittsbericht. Eine neue hochrangige Expertengruppe, der Beirat für die digitale Dekade, soll die Zusammenarbeit in Fragen des digitalen Wandels zwischen Kommission und Mitgliedstaaten stärken.
Kurz vor der offiziellen Vorstellung des Präsidentschaftsprogramms hat der neue schwedische EU-Ratsvorsitz die Erwartungen gedämpft. Bei den beiden zentralen Themen der nächsten sechs Monate – Ukraine und Migration – seien keine schnellen Durchbrüche zu erwarten, sagte der schwedische EU-Botschafter Lars Danielsson in Brüssel. “Wir werden es auf die schwedische Art machen und transparent arbeiten”, versprach er.
In der Ukraine-Politik will sich Schweden vor allem darum bemühen, die 27 EU-Staaten zusammenzuhalten. Außerdem soll es darum gehen, die im Zuge der Sanktionen eingefrorenen russischen Vermögen nutzbar zu machen, etwa für den Wiederaufbau in der Ukraine. Neue Sanktionen seien jedoch zunächst nicht zu erwarten, so Danielsson. Ein zehntes Sanktionspaket sei nicht in der Pipeline, “mit jedem neuen Paket wird es noch schwieriger”.
Bei der Migration will sich Schweden auf Vorarbeiten für eine politische Einigung konzentrieren. Im ersten Halbjahr sei diese aber nicht zu erwarten, so Danielsson. Es gehe darum, die Annäherung zwischen den “Frontstaaten” und den von Sekundärmigration betroffenen EU-Ländern zu vertiefen. Eigene Initiativen etwa für die freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen seien nicht geplant. “Wir sind die gehorsamen Diener der 27”, so der Botschafter. ebo
Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet für die kommenden Quartale mit einem sehr starken Lohnwachstum im Euro-Raum. Dies spiegele robuste Arbeitsmärkte wider, die die Abkühlung der Wirtschaft bislang gut verkraftet hätten, teilte die EZB am Montag in einem vorab veröffentlichten Artikel aus ihrem “Economic Bulletin” mit. Auch höhere Mindestlöhne und ein allgemeiner Aufholprozess der Löhne mit Blick auf die rasant gestiegene Inflation trügen dazu bei. Über die nahe Zukunft hinaus würden allerdings die erwartete Konjunkturabschwächung und entsprechende Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven Abwärtsdruck auf die Löhne ausüben.
Trotz der Rezessionssorgen hält sich der Arbeitsmarkt im Euro-Raum gut. Die Arbeitslosenquote verharrte nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat im November auf dem Vormonatswert von 6,5 Prozent. In dem Artikel weist die EZB allerdings darauf hin, dass die Konjunkturabkühlung wahrscheinlich dafür sorgen wird, dass das Lohnwachstum nicht aus dem Ruder läuft. Zwar seien die Realöhne inzwischen im Vergleich zur Zeit von vor der Corona-Pandemie erheblich gesunken. Dies könne Gewerkschaften unter Druck setzen, in den kommenden Tarifrunden stärkere Lohnanstiege zu verlangen. Der Kaufkraftverlust sei aber nur ein Faktor, der sich auf die Lohnforderungen der Gewerkschaften auswirke. “Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die aktuelle Wirtschaftslage dürften ebenfalls eine zentrale Rolle spielen”, heißt es in dem Bericht. rtr
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Zypern Unterstützung bei der angestrebten Wiedervereinigung mit dem Nordteil der Insel zugesagt. “Deutschland steht hier fest an Eurer Seite“, versicherte sie am Montag ihrem zyprischen Kollegen Ioannis Kasoulides bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Eine Lösung könne es nur auf Basis der Beschlüsse der Vereinten Nationen geben. “Eine Zwei-Staaten-Lösung für Zypern kommt nicht in Betracht”, betonte Baerbock. Deutschland stehe bereit, Zypern bei neuen Vorschlägen zum Dialog mit dem Norden zu unterstützen.
Zypern ist seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention geteilt. Die Türkische Republik Nordzypern im Norden der Insel wird nur von der Türkei anerkannt. Die gesamte Insel ist seit 2004 Mitglied der EU. Das Regelwerk und das Recht der EU werden jedoch nur im Süden angewandt. Zahlreiche internationale Bemühungen, die Teilung zu überwinden, sind bislang gescheitert.
Kasoulides sagte, wenn die aktuelle Situation so bleibe, werde dies zur Teilung führen. Aber: “Die Teilung kann keine Lösung sein.” Eine Lösung der Zypern-Frage könne jedoch erst nach den Wahlen in der Türkei beginnen. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei finden im Juni dieses Jahres statt. dpa
Klaus Müller befindet sich nach eigenen Aussagen seit langem “im Krisenmodus“. Am 1. März trat er sein neues Amt an – Russland hatte gerade die Ukraine überfallen. “Gleich war klar, dass die Energieversorgung das vordringliche Thema sein würde. Eine Krise drohte”, sagt der 51-Jährige. Als neuer Präsident der Bundesnetzagentur wollte er sich ursprünglich um einen Booster für erneuerbare Energien, den Stromnetzausbau und einiges mehr kümmern. Aber die größte Herausforderung sei aktuell natürlich, eine Gasmangellage zu vermeiden und das Land sicher durch den Winter zu bringen.
Müller arbeitete Anfang der Nullerjahre als Umwelt- und Landwirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein im Kabinett von Heide Simonis. Nach seiner Zeit in der Landespolitik wandte sich das Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen dem Verbraucherschutz zu und war von 2014 bis Februar 2022 Vorstand und Repräsentant der Verbraucherzentrale Bundesverband. Anschließend folgte der Wechsel zur Bundesnetzagentur und damit die Übernahme eines weiteren hochrangigen Amtes in der Bundesrepublik.
Auf die Frage, inwieweit er von seiner Vorerfahrung aus dem Verbraucherschutz profitiert, antwortet Müller: “Für mich sind Wettbewerb und faire Marktbedingungen die Schwestern des Verbraucherschutzes. Da haben wir als Verbraucherzentrale immer mit einem faszinierten Blick auf die Bundesnetzagentur geschaut. Zivilgesellschaftlicher Verbraucherschutz hat seine Rolle und behördlicher Verbraucherschutz genauso. Ich glaube, beide können sich richtig gut ergänzen.”
In der Zeit, in der er für die Verbraucherzentralen tätig war, seien jährlich bis zu 800.000 Beschwerden eingegangen. Wo diese eine strukturelle Relevanz hatten, seien sie an die Aufsichtsbehörden weitergegeben worden. Deshalb war Müller in den vergangenen Jahren mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dem Bundeskartellamt und eben auch mit der Bundesnetzagentur häufig im Austausch. “Als Chef der Bundesnetzagentur habe ich natürlich auch permanent mit anderen Behörden zu tun. Es ist vielleicht ein Vorteil, dass ich diese Zusammenarbeit schon kenne”, meint Müller.
Die Agentur ist nah dran an politischen Prozessen; schließlich setzt sie Gesetze um, die der Deutsche Bundestag beschlossen hat. Ein Beispiel sei hier der Stromnetzausbau. Diese Prozesse sind Müller aus seiner Zeit als Landesminister nicht fremd. Insgesamt betrachtet der 51-Jährige die Bundesnetzagentur nicht nur als Behörde, die ein Programm den Buchstaben und Kommata entsprechend abarbeite. “Ihre Aufgabe ist, ganz klar darauf hinzuweisen, wenn es effizienter, besser und nachhaltiger gehen kann. Das ist auch mein Verständnis einer modernen Agentur”, sagt Müller.
Darüber hinaus gibt es die europäische Dimension. Die Bundesnetzagentur ist auf vielen Kanälen im ständigen Austausch mit anderen europäischen Regulierungsbehörden. Die gegenwärtige Lage habe Müller bislang zwar nur eine begrenzte Zahl von Antrittsgesprächen erlaubt, wie er erzählt, aber trotz und gerade wegen der gegenwärtigen Lage sei es ihm wichtig, auch selbst mit den Schwesterbehörden im Kontakt zu sein. “Wir sprechen hier von Netzen, die sich über nationale Grenzen hinaus erstrecken. Wir sind vernetzt, verbunden mit anderen Ländern und stehen daher im Austausch miteinander. Jetzt, wo es darum geht, das Gas gerecht zu verteilen, zeigt sich, wie wichtig die Zusammenarbeit ist. Wir bekommen Gas aus Nachbarländern, zum Beispiel den Niederlanden, Frankreich und Belgien. Umgekehrt können wir Strom nach Frankreich oder Gas nach Süd-Ost-Europa liefern”, erklärt Müller. Constantin Eckner