Table.Briefing: Europe

Frankreichs Mini-AKW-Pläne + Chatkontrolle + Energiepartnerschaft Afrika

  • Taxonomie: Frankreichs Plädoyer für Mini-AKW
  • Chatkontrolle: altes Thema mit neuer Aufregung
  • COP26: Mehrere Länder schließen Energiepartnerschaft mit Südafrika
  • Klimaschutz: Deutschland kritisiert China für unzureichende Zusagen
  • OECD-Studie: Schäden durch Klimawandel bei ärmsten Ländern am größten
  • Gates und von der Leyen starten Programm für grüne Investitionen
  • Methan-Pakt: über 100 Länder machen mit
  • Facebook will Gesichtserkennung abschalten
  • Portrait: Ursula Pachl von BEUC
Liebe Leserin, lieber Leser,

Dass Frankreich auf Atomenergie setzt, ist nichts Neues. Neu ist dagegen, wie mantrahaft Präsident Macron derzeit die Rolle der umstrittenen Energieform für die Reindustralisierung seines Landes sowie die Energiewende wiederholt. “Small Modular Reactors” heißt das Zauberwort, das Atomenergie-Gegnern die Luft aus den Segeln nehmen soll. Welches Potenzial wirklich hinter den Mini-AKWs steckt, warum die Zeiten für Kernkraft gut scheinen und welche Position Deutschland in der Taxonomie-Debatte einnimmt, analysiert Charlotte Wirth.

Die Zeiten für Kohlekraft sind dagegen unumstritten schlecht. Am dritten Tag der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen (COP26) vereinbarte Deutschland zusammen mit der EU, Frankreich, Großbritannien und den USA eine Energiepartnerschaft mit Südafrika, um das Land beim Ausstieg aus der klimaschädlichen Energieform zu unterstützen. Warum die Frage der Klimafinanzierung umstritten bleibt – Timo Landenberger hat die Details.

Chatkontrolle – das klingt wie Verkehrskontrolle und könnte ähnlich beliebt sein. Eine Welle in den Sozialen Medien hat das Thema nun aber in die öffentliche Aufmerksamkeit gespült, selbst die “Bild”- Zeitung berichtete. Warum dahinter mehr als Aktivismus steckt und welche regulatorischen Konflikte das Thema auf EU-Ebene offenlegt – Falk Steiner berichtet.

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Jasmin Kohl
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Analyse

Taxonomie: Frankreichs Plädoyer für Mini-AKW

“Die Atomkraft neu erfinden”: So nannte Emmanuel Macron im Oktober seine Vision von Frankreichs Energiewende. In seinem “France 2030”-Plan zur Reindustrialisierung des Landes spielt die Kernenergie eine zentrale Rolle: Eine Milliarde Euro will der französische Präsident in die Förderung kleiner Atommeiler investieren, sogenannter “Small Modular Reactors“. Zugleich plant Paris den Bau sechs neuer Druckwasserreaktoren.

Neu ist die Vehemenz, mit der Macron diese Linie sechs Monate vor den Präsidentschaftswahlen verteidigt. Kaum eine Rede des Präsidenten kommt derzeit ohne das Schlagwort “nucléaire” aus. Atom avanciert zur Wunderlösung zum Erreichen der EU-Klimaziele. Dabei geht es auch um das wirtschaftliche Überleben des französischen Energiekonzerns EDF, der größtenteils dem Staat gehört.

Doch damit Frankreich die nötigen Gelder mobilisieren kann, um die Vision der neuen Atomwende umzusetzen, braucht es vor allem eins: ein grünes Label. So erklärt sich, wieso Macron so stark darum kämpft, dass die Atomkraft in die Taxonomie für nachhaltige Investitionen aufgenommen wird (Europe.Table berichtete). Nachdem Frankreich mit seiner Vision im Rat lange Zeit isoliert war, liefern die steigenden Gaspreise neue Argumente.

“Die Energiekrise kommt zu einem guten Zeitpunkt für die Atomenergie”, drückt es das europäische Atomforum FORATOM aus und spricht von einem Wiederaufleben der Kernkraft. Durch die hohen Gaspreise drängen nicht mehr nur Frankreich und die osteuropäischen Staaten auf die Einstufung der Atomkraft als “nachhaltig”. In Belgien etwa, wo die Entscheidung zum Atomausstieg längst gefallen war, entflammt die Diskussion über das Ende der Laufzeitverlängerungen auf ein Neues und sorgt für starke Spannungen innerhalb der Regierung. Die Niederlande und Schweden haben sich angesichts der alarmierenden Energiepreise inzwischen auch auf die Seite der Pro-Nuklear-Länder gestellt. Der Druck auf die EU-Kommission steigt.

Taxonomie-Vorschlag kommt im November

Diese wollte die Taxonomie-Entscheidung zwischenzeitlich auf nächstes Jahr verschieben (Europe.Table berichtete). Doch nach dem Gipfeltreffen der EU27 Ende Oktober hat sich die Kommissionspräsidentin persönlich eingemischt. Nun will Ursula von der Leyen den entsprechenden Rechtsakt diesen Monat schon vorlegen und beugt sich damit dem Druck der atom- und gasfreundlichen Mitgliedsstaaten. Obwohl die delegierten Rechtsakte eigentlich Aufgabe der Kommission sind, zirkuliert bereits ein Vorschlag aus der Feder Frankreichs.

Luxemburgs Energieminister Claude Turmes warnt, durch die Aufnahme von Atomenergie zerstöre die Kommission die Glaubwürdigkeit der Taxonomie. Doch die Gegner, allen voran Luxemburg und Österreich, sind zunehmend isoliert.

Mit Deutschland hätten sie einen starken Alliierten, schließlich spricht sich das Bundesumweltministerium klar gegen die Atomkraft in der Taxonomie aus. Doch wird sich die scheidende Bundesregierung kaum auf die Seite der Atomkritiker stellen. Zu schwer wiegt das Interesse, dass auch Erdgas als Brückentechnologie ein nachhaltiges Label bekommt. Wie sich eine Ampel-Koalition positionieren würde, ist noch offen. Der Grünen-Unterhändler Sven Giegold betonte aber, seine Partei lehne die Aufnahme von Kernenergie in die Taxonomie entschieden ab.

Fokus auf kleine modullare Reaktoren

An der Ausgangslage hat sich jedoch nichts geändert. Der Bau neuer AKWs ist weiterhin teuer und langwierig. Die Sicherheit ist immer noch ein Problem. Die Suche nach Endlagern ist weiterhin ungelöst.

Seitens der Atomlobby fällt insbesondere ein Schlagwort, um der Kritik an der Kernenergie zu kontern: Small Modular Reactors. Es handelt sich dabei um Reaktoren, die deutlich kleiner sind als herkömmliche AKWs. Der Vorteil: Sie können ganz oder zum Teil in Fabriken hergestellt werden und dann an den Betriebsort gebracht werden. Dadurch, so das Argument der Atomindustrie, seien die Investitionskosten deutlich geringer als bei herkömmlichen AKWs.

Die SMR könnten so den Domino-Effekt liefern, den die Industrie für ihr Comeback braucht: eine serienmäßige Produktion, konkurrenzfähige Preise, angepasste Lieferketten, neue Expertise. “AKW-Projekte entstehen heute nach einer langen Pause, in denen keine Reaktoren gebaut wurden. Nun kommt wieder Fahrt auf”, sagt Andrei Goicea von Foratom.

Die SMR dienen demnach als wichtiges Eintrittstor für die von Macron angepriesene Neuerfindung der Atomkraft. “Viele Staaten können sich besser mit kleinen Reaktoren als mit großen AKW-Projekten anfreunden”, glaubt Goicea. Die kleinen Atommeiler könnten etwa für die Energie- und Wärmeproduktion von Städten oder zur Stromproduktion an Industriestandorten eingesetzt werden.

Einige Mitgliedsstaaten springen bereits auf diesen Zug auf. Frankreich will ab 2030 mit dem Bau kleiner Atommeiler beginnen und mobilisiert dafür eine Millarde Euro. Um die sechs Wasserkraftwerke zu ergänzen, mit denen Frankreich liebäugelt, wolle EDF mindestens ein Kraftwerk des Typs SMR bauen, sagte der EDF-Exekutivdirektor Xavier Ursat zu Capital.

Auf lange Sicht plant der französische Energiekonzern allerdings, die Technologie zu exportieren und im Ausland als Helfer in der Energewende zu vermarkten. Die Meiler hätten schließlich die Größe von Kohleminen, die es nun überall in der Welt zu ersetzen gelte. Das Potenzial sieht auch die Atomlobby. “Die alten Minen liefern den Standort und Netzanschluss für die SMR, und die Kohlearbeiter ließen sich zur Betreibung der SMR umschulen”, sagt Andrei Goicea.

Atomkraft statt erneuerbare Energien

In diesem Sinne wäre Frankreichs Vorstoß auch ein Schlag gegen den Ausbau erneuerbarer Energien, die ja eigentlich als langfristige Lösung in der Energiewende gehandelt werden. In Frankreich zumindest sind die Prioritäten klar: “France 2030” sieht nur 500 Millionen für den Ausbau erneuerbarer Energien vor, gegen eine Milliarde für die Atomkraft.

AKWs statt Kohlekraft: Eine Einstufung der Kernkraft als “nachhaltig” avanciert in diesem Sinne zum zentralen Argument, um diese Strategie zu finanzieren. Auch Polen, Tschechien, Rumänien, Bulgarien und Italien interessieren sich mit Blick auf die Energiewende zunehmend für die SMR. Warschau hat erst vergangenen September entsprechende Memorandum of Understanding mit US-amerikanischen und kanadischen Firmen unterschrieben. Gestern haben die USA und Bukarest ihre Zusammenarbeit beim Bau eines SMR in Rumänien durch die amerikanische Firma NuScale angekündigt.

Die EU-Kommission scheint der Technologie ihrerseits nicht abgeneigt. Die EU-Beratungsstelle JRC jedenfalls sieht die SMRs insbesondere als Lösung gegen die hohen Baukosten von AKWs. Immerhin gebe es bereits ein steigendes Interesse an diesen Reaktoren in der EU, schreiben die Forscher.

Gleichzeitig finanziert die Kommission unter Horizon 2022 mit drei Milliarden das insgesamt vier Milliarden Euro schwere Projekt zur Lizenzierung der Technologie, ELSMOR. Im Sommer organisierte die Kommission den “ersten EU-Workshop zu SMRs”, bei dem es darum ging, das Potenzial der Reaktoren zur Dekarbonisierung der EU zu untersuchen. SMR bieten “innovative Lösungen zur Energieversorgung” und ihre Entwicklung könnte zur Innovation und Resilienz der europäischen Industrie beitragen, antwortete Energiekommissarin Kadri Simson auf eine parlamentarische Anfrage von Tom Berendsen (EVP).

Auch SMR bergen Probleme

Unklar ist jedoch, ob die Reaktoren auf Dauer tatsächlich preiswerter sind. Momentan befinden sie sich nämlich erst in der Projektphase. Die Bundesagentur für atomare Sicherheit jedenfalls rechnet nicht mit einem Kostenabfall: “Signifikante Kostenersparnisse aufgrund stärkerer Modularität sind in den vergangenen Reaktorentwicklungen nicht zu beobachten und auch für die Zukunft nicht zu erwarten”, schreibt sie in einem Gutachten. Den Kostenvorsprung durch den Bau in der Fabrik würde sich demnach durch die Transportkosten ausgleichen. Gleichzeitig rechnet die BASE mit geringen Laufzeiten der Reaktoren und warnt vor einem schwierigen Rückbau.

Hinzu kommt, dass es eine Vielzahl von SMR braucht, um die Leistungskraft gewöhnlicher Reaktoren zu erreichen. BASE spricht von einem Faktor 3 bis 1000. Will heißen: Anstelle von heute rund 400 AKWs benötige man “den Bau von vielen Tausend bis Zehntausend SMR-Anlagen“, um die gleiche Leistung zu erreichen. Dadurch würde sich die Zahl der mit den Anlagen verbundenen Risiken ebenfalls vervielfachen. “SMR verlagern die Nachteile der nuklearen Energieproduktion von (vergleichsweise) wenigen Großanlagen auf viele Kleinanlagen”, kommentiert ein Sprecher des BMU.

Vor allem aber bringe auch die SMR keine Lösung zur Entsorgung des radioaktiven Abfalls: Dieses Problem würde demnach weiter auf zukünftige Generationen verschoben werden, kritisiert die BASE. Foratom kontert: Die EU sei gerade in dieser Frage ein Vorreiter und plane erste Projekte zu geologischen Tiefenlagern.

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    Aufregerthema Chatkontrolle: Mehr als Aktivismus

    Kern der Aufregung ist die Frage, inwiefern Anbieter von Onlineangeboten automatisiert oder von Hand in die Daten ihrer Nutzer schauen dürfen. Ein Unding? Oder unverzichtbar? Die wirkliche Debatte darum hat gerade erst begonnen – und wird sich in Zukunft noch verstärken.

    Alles ist verboten, was nicht erlaubt ist – dieser Grundsatz gilt im Datenschutzrecht seit langem. Und dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis betrifft alle möglichen Datenverarbeitungen: entweder es gibt per Gesetz einen Erlaubnistatbestand oder die Betroffenen müssen in die Verarbeitung personenbezogener Daten aktiv und informiert einwilligen. Doch wie verhält es sich mit Daten, die nicht nur auf dem Endgerät, sondern auch bei einem Diensteanbieter gespeichert sind? Dürfen Anbieter die dort liegenden Daten verarbeiten?

    Dieser Streit betrifft zum einen die Nutzung für eigene Zwecke der Anbieter, etwa um bei Googles Mailservice Gmail passende Werbung an Nutzer:innen auszuspielen. Aber auch andere Zwecke sind Teil der Diskussion: Sollten Anbieter in den gespeicherten Daten ihrer Nutzer:innen aktiv und automatisiert nach terroristischen Inhalten, Urheberrechtsverletzungen oder Videos und Bildern von Kindesmissbrauch suchen dürfen? Oder sollten sie dies sogar müssen? Wo sind dabei die Grenzen?

    Regulatorisches Durcheinander

    Darum wird seit Jahren intensiv gestritten, denn die Grenzen zwischen der lokalen Speicherung auf einem Endgerät und der gleichzeitigen Speicherung von Inhalten im Netz verwischen immer stärker. Die Vertraulichkeit der Übertragung von Daten über Telekommunikationsnetze regelt die E-Privacy-Richtlinie von 1997, die seitdem mehrfach überarbeitet wurde. Eigentlich sollte sie bereits 2018 als Gegenstück zur Datenschutzgrundverordnung ebenfalls überarbeitet vorliegen und eine Verordnung werden. Allerdings gibt es bis heute Streit um die E-Privacy-Verordnung, die bis auf weiteres nicht kommen dürfte, trotz kleiner Fortschritte am Ratskompromiss in den vergangenen Wochen (Europe.Table berichtete).

    Auch aufgrund dieser Verzögerungen wurden der E-Privacy-Richtlinie mit Wirkung zum Jahresende 2020 weitere Dienste unterworfen – unter anderem eben “interpersonale Kommunikationsdienste”, sprich: Programme, über die gechattet werden kann, ohne dass das Telefonnetz hierfür zuständig ist, wie WhatsApp, Threema oder Telegram.

    Diese Erweiterung sorgte für eine unerwartete Intervention seitens Ashton Kutcher: Der US-Schauspieler kontaktierte Ende Oktober 2020 die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und die SPD-Europaparlamentarierin Birgit Sippel öffentlich, was einigen Medienrummel auslöste. Kutcher setzt sich gegen die Verbreitung von Kindesmissbrauchs-Darstellungen ein – und sah ein Problem: Die Ausweitung der E-Privacy-Richtlinie hätte dazu geführt, dass Firmen wie Facebook, die bislang Inhalte per Algorithmen auf bereits bekannte Abbildungen von Kindesmissbrauch herausgefiltert hätten, dies nicht mehr tun dürften. Eine Sichtweise, die auch von rechtskundigeren Akteuren so geteilt wurde.

    Im Juli verabschiedete das Europaparlament kurz vor der Sommerpause dann eine Regelung, die dieses Verbot für maximal drei Jahre temporär aussetzt, wenn nicht eine andere Gesetzgebung vorher das Problem anders adressiert.

    Problem wird künftig wachsen

    Doch gelöst ist das Problem damit nicht. Der Trend zur Cloud und Onlinedienstleistern, von Microsoft und Apple über Dropbox bis hin zu Chatdiensten, bei denen ein Dritter die Daten bei sich speichert, bringt alte Konzepte der Regulierung in Not. War früher trennscharf zwischen laufender Kommunikation – beispielsweise einem Telefonat oder Faxversand – und ruhender Kommunikation – die E-Mail, die ausschließlich auf dem Rechner des Empfängers gespeichert wurde – zu unterscheiden, sind heute Inhalte sowohl ruhende als auch laufende Vorgänge.

    Was heute noch Einzelfälle sind, kann morgen schon sehr viel mehr Nutzer betreffen: Welche Datenströme im Edge-Computing sollen wann und durch wen untersucht werden dürfen? Wenn Endgeräte immer mehr zu Terminals für Clouddienste werden, was wird dann aus dem Grundrecht auf Privatsphäre, oder soll dies gegenüber automatisierten Systemen einfach nicht gelten?

    Debatte um Verschlüsselung gehört zum Kern

    Zudem fällt die Debatte mit einer zweiten zusammen: die um wirksame Verschlüsselung. Denn alle Untersuchungen von Inhalten durch Anbieter können ausschließlich in unverschlüsselten oder mit einem Generalschlüssel des Anbieters entschlüsselbaren Inhalten stattfinden. Wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verhindert das Mitlesen von einem Endgerät zu einem anderen – und auch in Cloudspeichern führt wirksame Verschlüsselung dazu, dass Anbieter nicht wissen können, was auf ihren Servern eigentlich liegt. Deshalb schließen viele Anbieter eine solche auch von vornherein aus und lassen sich in ihren Geschäftsbedingungen das Durchsuchen von Online-Backups und Onlinespeichern explizit erlauben.

    Doch gerade im Bereich der Messenger tobt derzeit eine intensive Auseinandersetzung, nachdem Apple angekündigt hatte, dass es nicht nur im iCloud-Speicher nach Abbildungen von Kindesmissbrauch suchen will (Europe.Table berichtete). Das Unternehmen will auch im iMessage, dem zum Betriebssystem iOS gehörigen Messenger-Dienst, eine Filterfunktion einbauen – wenn auch nur für Konten Minderjähriger, die einem Familienkonto zugeordnet sind.

    Weitere EU-Vorhaben im Werden

    Genau derartige Dinge aber könnten nun Gegenstand einer weiteren Regulierung werden – die eigentlich im Dezember kommen sollte. Dubravka Šuica und Margaritis Schinas sollten dann Maßnahmen vorstellen, um “Sexuellen Kindesmissbrauch Online effektiv zu bekämpfen”. Doch die Ankündigung ist in den vergangenen zwei Wochen vom Arbeitsplan der Kommission verschwunden.

    Der Umfang soll wohl breit sein: “Alle Kommunikationsmittel” sollten in den Vorschlag der Kommission einbezogen sein, inklusive privater Kommunikation. Zudem, so trug es der stellvertretende Generaldirektor der Generaldirektion Innen Olivier Onidi auf eine Frage des MdEP Patrick Breyer (Piraten/EFA) hin vor, sollte eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht dazu führen, dass Anbieter möglichen Verpflichtungen aus der Regulierung nicht nachkommen würdentechnisch aber ist das unmöglich: Eine wirklich sichere Verschlüsselung bietet stets auch vor Einblicken eines Vermittlungsdienstes Sicherheit.

    Die Debatte um die “Chatkontrolle” mag also eher ein Anlass sein. Über diese Themen intensiver zu diskutieren, ist aber höchste Zeitselbst wenn die vom deutschen Parlaments-Piraten und beruflichen Amtsrichter Breyer angestrengte Kampagne nicht der sachlichste Zugang zum Thema ist.

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      Energiepartnerschaft mit Südafrika besiegelt

      Das Ziel ist klar. Um die Erderwärmung jedoch tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, reichen reine Lippenbekenntnisse zur Klimaneutralität rund um die Mitte des Jahrhunderts nicht aus. Das hat BMU-Staatsekreter Jochen Flasbarth auf der Weltklimakonferenz in Glasgow noch einmal deutlich gemacht und mehr konkretes Engagement gefordert. Das Jahrzehnt sei entscheidend für klare Maßnahmen und in diesen Tagen würden in Glasgow dafür die Voraussetzungen geschaffen.

      Dazu gehört auch die Unterstützung der Schwellen- und Entwicklungsländer beim Umstieg auf grüne Technologien. Das Versprechen der Industrienationen, hierfür 100 Milliarden Dollar ab 2020 bereitzustellen, wird wohl erst mit dreijähriger Verspätung umgesetzt (Europe.Table berichtete). Dabei sei die Summe “kilometerweit vom tatsächlichen Bedarf der Ärmsten und Verletzlichsten gegenüber der Klimakrise entfernt”, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch. Die Frage der Klimafinanzierung bleibt weiter umstritten und gehört zu den Kernthemen der COP26.

      Ein wichtiger Schritt könnte hier die am Dienstag angekündigte Energiepartnerschaft mit Südafrika darstellen. Gemeinsam mit der EU, Frankreich, Großbritannien und den USA hat Deutschland zugesichert, das erste Partnerland auf der Südhalbkugel beim Kohleausstieg zu unterstützen. Germanwatch-Geschäftsführer Bals begrüßt die Initiative und fordert, diese nun zeitnah auf weitere kohleabhängige Schwellenländer wie Indien und Indonesien auszuweiten.

      90 Prozent des Stroms aus Kohle

      Südafrika ist der siebtgrößte Kohleproduzent der Welt und erzeugt beinahe 90 Prozent seines Strombedarfs aus dem fossilen Energieträger. Auf der globalen Rangliste des Kohlendioxid-Ausstoßes pro Kopf steht das Land auf Rang neun.

      Die neue Partnerschaft sieht über die kommenden fünf Jahre insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar an Finanzhilfen vor, ein Großteil davon als Kredite. Deutschland will hierzu knapp 700 Millionen Euro beitragen. Die Gelder sollen den Einstieg in erneuerbaren Energien ermöglichen, technologische Innovationen, einschließlich grünem Wasserstoff, für Südafrika bereitstellen und neue Arbeitsplätze schaffen. Nach wie vor arbeiten in dem Land mehr als 90.000 Arbeitskräfte in Kohleminen, die Arbeitslosigkeit ist hoch und die berufliche Perspektive für Jugendliche gering. Deutschland werde auch seine eigene Erfahrung zur Verfügung stellen. Schließlich sei auch hier der Kohleausstieg nicht einfach und dürfe nicht zulasten der Arbeitnehmer erfolgen, sagte BMZ-Staatssekretärin Maria Flachsbarth.

      In einem Bericht an die Vereinten Nationen hatte Südafrika bereits im September angekündigt, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um ein Drittel zu senken und mindestens sechs Kohlekraftwerke schließen zu wollen. Helen Mountford, Vizepräsidentin für Klima und Wirtschaft beim World Resources Institute (WRI), sagte zu Bloomberg, Südafrikas neuer Klimaplan “unterstreicht das Ziel, bis 2050 netto null Kohlendioxidemissionen zu erreichen, und schafft die Voraussetzungen dafür, dass das Land massiv in saubere Energie investiert und gleichzeitig den Übergang weg von der Kohle beschleunigt”.

      Energieversorger rationiert Strom

      Zuvor hatte der staatliche Energieversorger Eskom, verantwortlich für rund 90 Prozent der Stromerzeugung in Südafrika, viel Geld in den Bau neuer Kohlekraftwerke investiert und sich dabei hoch verschuldet. Doch die veralteten Anlagen im Land liefern nicht ausreichen Strom für den steigenden Bedarf der etwa 60 Millionen Südafrikaner:innen. Eskom muss deshalb bereits seit etlichen Jahren die Stromversorgung rationieren.

      Nun hat der größte Treibhausgasemittent Afrikas seinen Kreditgebern einen zehn-Milliarden-Dollar-Plan vorgeschlagen, der vorsieht, den Großteil seiner Kohlekraftwerke bis 2050 abzuschalten und auf erneuerbare Energien umzusteigen. Man spiele verschiedene Szenarien durch, um das Ziel der Netto-null-Emissionen bis 2050 zu erreichen, sagte Mandy Rambharos, Eskom-Abteilungsleiterin für Just Energy Transition. “Die ganze Welt stellt sich um, wir müssen auf diesen Zug aufspringen, damit Südafrika wettbewerbsfähig bleibt und unsere Wirtschaft wachsen kann.”

      Tatsächlich könne die Partnerschaft mit Südafrika für eine sozial gerechte Energiewende Maßstäbe für eine neue Phase der internationalen Klima-Zusammenarbeit setzen, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Ein erfolgreicher Kohleausstieg dort könne zu einer Blaupause für andere Regionen werden. Das Potenzial für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren auf dem afrikanischen Kontinent ist riesig, doch wird es bislang kaum genutzt.

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        Deutschland kritisiert China für unzureichende Klimaschutz-Zusagen

        Die deutsche Delegation beim Weltklimagipfel in Glasgow hat die bisherigen Zusagen des größten Treibhausgas-Emittenten kritisiert. “Die Rolle von China ist enttäuschend“, sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Dienstag nach den Eröffnungsreden und -erklärungen der Staats- und Regierungschefs. Zwar sei China in der Vergangenheit bei den Schwellenländern auch schon vorangegangen, aber “es ist überholt worden von etlichen anderen”, so Flasbarth. “Es ist dringend erforderlich, im Dialog mit China hier weiterzugehen.” Auch die USA hatten China kritisiert und erklärt, das Land könne mehr leisten.

        China hatte vor dem UN-Treffen in Glasgow sein bisheriges Ziel wiederholt, bis 2060 CO2-neutral zu werden. Zudem wolle man vor 2030 den Höhepunkt des CO2-Ausstoßes überschreiten.

        Erstellung eines Regelbuches in Glasgow

        Flasbarth wertete dagegen Ankündigungen von Russland und vor allem des drittgrößten Treibhausgas-Emittenten Indien als positiv. Indien habe früher stets die Industrieländer zum Handeln aufgefordert, nun aber mit 2070 selbst ein Ziel für die Klimaneutralität ausgegeben. Dies sei zwar zu spät, aber ein erster Schritt, der noch größer werden könne.

        Wichtig sei, dass man in Glasgow nun das sogenannte Regelbuch erstelle. Dabei geht es darum, Ziele der einzelnen Länder vergleichbar zu machen und gemeinsame Standards zu entwickeln. “Wir müssen diese Bremsen rausbekommen”, betonte Flasbarth. So gewinne die internationale Zusammenarbeit an Schwung. Dann glaube er auch daran, dass man das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erreichen könne. rtr

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          OECD-Studie: Schäden durch Klimawandel bei ärmsten Ländern am größten

          Die am wenigsten entwickelten Länder und kleine Inselstaaten sind unverhältnismäßig stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die im Rahmen der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) vorgestellt wurde.

          Die Risiken für Volkswirtschaften, Ökosysteme, Unternehmen und Menschen seien demnach für die sogenannten “Least Developed Countries” (LDCs) und die “Small Island Developing States (SIDS)” am größten, obwohl ihr Beitrag zum weltweiten Temperaturanstieg vergleichsweise gering ist. “Die Ärmsten leiden am meisten unter den klimabedingten Verlusten und Schäden”, kommentierte Maria Flachsbarth, die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Man müsse sich stärker um einen umfassenden Ansatz bemühen, damit niemand zurückgelassen wird. Dazu würde “mehr und bessere Klimarisikofinanzierung” beitragen, so Flachsbarth.

          Die Studienautoren empfehlen daher, die Erforschung und Überwachung von kritischen Kipppunkten für das Klima auszuweiten. Über die Auswirkungen der Klimaveränderung in Entwicklungsländern brauche es bessere Daten. Dafür seien internationale Partnerschaften notwendig.

          Industriestaaten in der Verantwortung LDCs und SIDS zu schützen

          Außerdem nehmen die Autoren der OECD-Studie die Industriestaaten einmal mehr in die Pflicht, ihrer Verpflichtung zur Finanzierung für die Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden nachzukommen. Dazu gehört auch die Entwicklung von Versicherungsmärkten, um die Deckung von Klimarisiken zu ermöglichen, heißt es in der Studie.

          Der Vorsitzende der LDCs, Sonam P. Wangdi aus Bhutan, forderte, dass Verluste und Schäden durch den Klimawandel in Glasgow priorisiert werden müssten. Finanzielle und technische Unterstützung zur Bewältigung von Verlusten und Schäden sei dringend erforderlich. Dass die Industriestaaten ihr 100 Milliarden-Ziel derzeit noch nicht erfüllen (Europe. Table berichtete), enttäusche ihn, so Wangdi. luk

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            Gates und von der Leyen starten Catalyst-Programm

            Das Prinzip sei ganz einfach, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim offiziellen Launch des Catalyst-Programms. Das gemeinsame Projekt der Europäischen Kommission, der Europäischen Investitionsbank und von Bill Gates’ Venture Fonds Breakthrough Energy soll über die kommenden Jahre eine Milliarde US-Dollar an Investitionen mobilisieren, um grünen Innovationen schneller zur Marktreife zu verhelfen. Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) fiel am Dienstagabend der offizielle Startschuss.

            Zahlreiche saubere Technologien, beispielsweise im Bereich der Erneuerbaren, seien erst nach jahrzehntelanger Forschung und Entwicklung heute konkurrenzfähig, sagte Gates in Glasgow. Man könne jedoch keine weiteren Jahrzehnte warten, bis das auch für neue Innovationen gilt. Ebendiese seien aber unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen.

            Catalyst-Trio konzentriert sich auf vier Technologien

            Bei seinen Investitionen will sich das Catalyst-Trio auf vier Technologien konzentrieren:

            • Direct Air Capture (DAC)
            • Grüner Wasserstoff
            • Langfristige Energiespeicherung (LDS)
            • Nachhaltiger Treibstoff für Flugverkehr (SAF)

            Die Cleantech-Bereiche hätten ihr Potenzial für den Klimaschutz bereits unter Beweis gestellt. Doch bis zu einer Nutzung im kommerziellen Maßstab sei es noch ein langer Weg, so Gates. Durch einen gemischten Finanzierungsansatz will Catalyst deshalb gezielt in entsprechende Projekte investieren, um den Preis für neue saubere Produkte deutlich zu senken und ihre Verfügbarkeit auf dem Markt zu erhöhen.

            Die Finanzierung soll über das Forschungsprogramm Horizon Europe und den Innovationsfonds im Rahmen von InvestEU erfolgen. Das Programm soll privates Kapital und Impact-Investments zur Finanzierung der ausgewählten Projekte mobilisieren. til

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              Über 100 Länder schließen sich Methan-Pakt an

              Mehr als 100 Länder haben sich den Bemühungen der USA und der EU angeschlossen, den Ausstoß des Treibhausgases Methan bis 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 zu senken. Methanemissionen sind ein entscheidender Mitverursacher für den Klimawandel (Europe.Table berichtete).

              Die “Global Methane Pledge”, die am Dienstag auf der COP26 in Glasgow vorgestellt wurde, nachdem sie im September angekündigt worden war, umfasst nun Länder, auf die fast die Hälfte der weltweiten Methanemissionen und 70 Prozent des globalen BIP entfallen, sagte US-Präsident Joe Biden. “Es wird unsere Volkswirtschaften ankurbeln, Methanlecks reduzieren und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.” Zudem könne man Methan auffangen, um es in neue Einnahmequellen umzuwandeln, so Biden.

              Sechs der größten Methanemittenten sind Teil des Pakts

              “Methan ist eines der Gase, die wir am schnellsten reduzieren können. Wenn wir das tun, wird sich der Klimawandel sofort verlangsamen”, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.

              Der Pakt umfasst sechs der zehn größten Methanemittenten der Welt: die Vereinigten Staaten, Brasilien, Indonesien, Nigeria, Pakistan und Mexiko. Dagegen haben sich China, Russland, Indien und der Iran, die ebenfalls zu den Top-10-Methanemittenten gehören, nicht angeschlossen. Diese Länder standen alle auf einer Liste, die als Zielländer für den Beitritt zu der Selbstverpflichtung identifiziert wurde, wie Reuters zuerst berichtete. rtr/luk

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                Facebook will Gesichtserkennung abschalten

                Facebook will zum Dezember sein Gesichtserkennungssystem abschalten, das Nutzer:innen automatisch in Fotos und Videos identifiziert. Das gab das Unternehmen am Dienstagnachmittag mit dem Hinweis auf wachsende gesellschaftliche Bedenken im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Technologie bekannt. Durch die Entscheidung sollen die Gesichtsdaten von über einer Milliarde Menschen gelöscht werden. Datenschützer und Organisationen, die für digitale Rechte eintreten, begrüßten die Ankündigung.

                Der Schritt folgt auf eine Welle von Kritik, der sich das Unternehmen nach den Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen ausgesetzt sah (Europe.Table berichtete).

                Facebook will nicht völlig auf Gesichtserkennung verzichten

                Jerome Pesenti, Vizepräsident für Künstliche Intelligenz bei Facebook, schrieb in einem Blog-Beitrag, dass sich bisher mehr als ein Drittel der täglich aktiven Facebook-Nutzer:innen für die Gesichtserkennung entschieden hatten. Völlig verzichten möchte das Unternehmen auf die Technologie aber auch künftig nicht. Für einige Anwendungsfälle wie die Identitätsüberprüfung wolle man “das mächtige Werkzeug” weiter verwenden.

                Facebook will offenbar auch den bislang mit den Nutzerbilddaten trainierten Algorithmus “DeepFace” weiterverwenden. Die US-Aufsichtsbehörde FTC hatte Anfang 2021 in einer Aufsehen erregenden Entscheidung den US-Anbieter Everalbum zum Löschen von Algorithmen verpflichtet, die mit unzulässig genutzten Bildern trainiert worden waren. rtr/koj

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                  Portrait

                  Ursula Pachl: Starker Gerechtigkeitssinn für Verbraucher:innen

                  Verbraucherschutz und Künstliche Intelligenz: Ursula Pachl, stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC
                  Ursula Pachl, stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC

                  “Die Künstliche Intelligenz wird momentan ganz heiß diskutiert hier in Brüssel”, sagt Ursula Pachl. Die stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC (Bureau Européen des Unions de Consommateurs), setzt sich seit über 20 Jahren für die Interessen der Verbraucher:innen ein. BEUC ist ein Dachverband von derzeit 45 Mitgliedern. Allen gemein: Sie sind unabhängige nationale Verbraucherverbände aus dem europäischen Raum. “Unsere Aufgabe ist es, die Interessen der Mitgliedsorganisationen und damit mittelbar der europäischen Verbraucher:innen zu vertreten und die europäische Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen.” Das macht der Verband vornehmlich dadurch, dass er Stellungnahmen zu europäischen, Verbraucherinteressen berührenden Gesetzesvorhaben in das Europäische Parlament einbringt.

                  Seit über 20 Jahren im Einsatz für Verbraucher:innen

                  Ursula Pachls Einsatz für Verbraucher:innen begann auf nationaler Ebene: “Mein erster Job nach dem Studium war im Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz in Wien. Dort habe ich mich für die Interessen der österreichischen Verbraucher:innen eingesetzt, indem ich schon damals Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben erarbeitete, beispielsweise ging es viel um Produktsicherheit.” Bevor Pachl ihren ersten Job antrat, studierte sie Rechtswissenschaften in Innsbruck. Ihre Motivation war schon damals, Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen: “Gerechtigkeit war mir schon immer wichtig, daher bin ich dankbar, mit meinem Beruf ein Stück weit etwas zu einer gerechteren Welt beitragen zu können.” 1997 bewarb sich Ursula Pachl auf die Stelle der Rechtsreferentin bei BEUC und arbeitet seither für den Verbraucherverband.

                  Online-Überwachung von Verbraucher:innen einschränken

                  Aktuell befasst sich Ursula Pachl vor allem mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI). Die Europäische Kommission hat im April einen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, welches den Einsatz der Technologie regeln soll. “Das ist der erste Gesetzesentwurf zum Thema Künstliche Intelligenz, den es weltweit gibt. Europa möchte in der KI-Regulierung den Ton angeben”, sagt Pachl. Aus Sicht von BEUC muss der Kommissions-Entwurf jedoch stark nachgebessert werden (Europe.Table berichtete): “Die ständige Online-Überwachung von Verbraucher:innen muss stärker durch die Regulierung eingeschränkt werden. Das neue Künstliche Intelligenz-Gesetz könne dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Sogenanntes Social Scoring – das Bewerten menschlichen Verhaltens – sollte verboten werden, und zwar nicht nur, wenn es von Behörden, sondern auch, wenn es von Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Ebenso nicht erlaubt sein sollte biometrische Identifikation in öffentlichen Räumen sowie die sogenannte Emotion Recognition, also die Emotionserkennung zu unter anderem wirtschaftlichen Zwecken. “Ich setze mich dafür ein, dass diese Verbote im neuen KI-Gesetz aufgenommen werden”, versichert Pachl.

                  Das Gesetz wird voraussichtlich 2023 vorliegen und zwei Jahre später für alle auf dem europäischen Markt agierenden Unternehmen gelten. Fraglich ist jedoch schon jetzt, wie zukünftig gegen Unternehmen vorgegangen werden kann, die ihren Sitz außerhalb Europas haben: “Gegen ein Unternehmen, das beispielsweise nur in Asien ansässig ist, wird man im Falle eines Verstoßes schwer vorgehen können“, sagt Pachl. Über die Frage, wie das Gesetz international durchgesetzt werden könne, werde also noch sehr viel überlegt und diskutiert werden müssen. Alina Jensen

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                    Apéropa

                    Werbung, die auf möglichst kleine Gruppen oder Einzelne maßgeschneidert ist – das versprechen die Onlinewerbedienstleister seit Jahren. Und tatsächlich ist die Technologie ausgereift und funktioniert. Vielleicht sogar zu ausgereift?

                    Denn um Werbung maximal zielgerichtet auszuspielen ist eine Erhebung von Daten nötig. Diese kommt zwar im Regelfall ohne den Namen der Person aus, erfasst aber ansonsten eine unglaubliche Menge Eigenschaften der jeweiligen Endgerätebediener statistisch und wertet diese algorithmisch aus.

                    Für manche ist es ein cleverer Businesscase, der Streuverluste in der Werbung minimieren soll (ob das Versprechen tatsächlich so erfüllt wird, kann an dieser Stelle offenbleiben). Für andere ist es schlicht die totale Überwachungsmaschine in Händen zweifelhafter Konzerne und gehört deshalb: verboten.

                    Ob in DSA oder DMA, ob in e-Privacy-Verordnung oder über die DSGVO: Werbung müsse wieder dümmer werden, fordern Bürgerrechtsaktivisten und manche Politiker. Doch auch unter Monopol-Aspekten ist es immer wieder Thema: Gerade die allergrößten Unternehmen stecken mit ihren Diensten an so vielen Stellen im Netz, dass sie damit quasi ganz nebenbei auch die schärfsten Datensätze über die Nutzer anfertigen können.

                    Da kommt es für eine Organisation wie das “Connected Commerce Council” natürlich wie gerufen, dass auch Europapolitiker wie der liberale Guy Verhofstadt auf diese Werbetechnik setzen.

                    Doch warum ist das für eine relative kleine Non-Profit-Organisation mit Sitz in den USA wichtig, die laut eigenen Aussagen kleinen und mittelständischen Unternehmen hilft, digitale Plattformen besser zu nutzen? Deren Präsident ganz selbstlos 2019 für 40 Stunden pro Woche gerade einmal 33.333 US-Dollar erhielt? Und deren Vizepräsident trotz Vollzeitjob sogar gar kein Salär erhielt? Vielleicht, weil fast der gesamte Vorstand aus dem Bereich Online-Marketingdienstleister stammt. Oder auch deshalb, weil die Partner der Organisation nicht zuletzt Amazon, Facebook und Google sind. Falk Steiner

                    Europe.Table Redaktion

                    EUROPE.TABLE REDAKTION

                    Licenses:
                      • Taxonomie: Frankreichs Plädoyer für Mini-AKW
                      • Chatkontrolle: altes Thema mit neuer Aufregung
                      • COP26: Mehrere Länder schließen Energiepartnerschaft mit Südafrika
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                      • Facebook will Gesichtserkennung abschalten
                      • Portrait: Ursula Pachl von BEUC
                      Liebe Leserin, lieber Leser,

                      Dass Frankreich auf Atomenergie setzt, ist nichts Neues. Neu ist dagegen, wie mantrahaft Präsident Macron derzeit die Rolle der umstrittenen Energieform für die Reindustralisierung seines Landes sowie die Energiewende wiederholt. “Small Modular Reactors” heißt das Zauberwort, das Atomenergie-Gegnern die Luft aus den Segeln nehmen soll. Welches Potenzial wirklich hinter den Mini-AKWs steckt, warum die Zeiten für Kernkraft gut scheinen und welche Position Deutschland in der Taxonomie-Debatte einnimmt, analysiert Charlotte Wirth.

                      Die Zeiten für Kohlekraft sind dagegen unumstritten schlecht. Am dritten Tag der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen (COP26) vereinbarte Deutschland zusammen mit der EU, Frankreich, Großbritannien und den USA eine Energiepartnerschaft mit Südafrika, um das Land beim Ausstieg aus der klimaschädlichen Energieform zu unterstützen. Warum die Frage der Klimafinanzierung umstritten bleibt – Timo Landenberger hat die Details.

                      Chatkontrolle – das klingt wie Verkehrskontrolle und könnte ähnlich beliebt sein. Eine Welle in den Sozialen Medien hat das Thema nun aber in die öffentliche Aufmerksamkeit gespült, selbst die “Bild”- Zeitung berichtete. Warum dahinter mehr als Aktivismus steckt und welche regulatorischen Konflikte das Thema auf EU-Ebene offenlegt – Falk Steiner berichtet.

                      Ihre
                      Jasmin Kohl
                      Bild von Jasmin  Kohl

                      Analyse

                      Taxonomie: Frankreichs Plädoyer für Mini-AKW

                      “Die Atomkraft neu erfinden”: So nannte Emmanuel Macron im Oktober seine Vision von Frankreichs Energiewende. In seinem “France 2030”-Plan zur Reindustrialisierung des Landes spielt die Kernenergie eine zentrale Rolle: Eine Milliarde Euro will der französische Präsident in die Förderung kleiner Atommeiler investieren, sogenannter “Small Modular Reactors“. Zugleich plant Paris den Bau sechs neuer Druckwasserreaktoren.

                      Neu ist die Vehemenz, mit der Macron diese Linie sechs Monate vor den Präsidentschaftswahlen verteidigt. Kaum eine Rede des Präsidenten kommt derzeit ohne das Schlagwort “nucléaire” aus. Atom avanciert zur Wunderlösung zum Erreichen der EU-Klimaziele. Dabei geht es auch um das wirtschaftliche Überleben des französischen Energiekonzerns EDF, der größtenteils dem Staat gehört.

                      Doch damit Frankreich die nötigen Gelder mobilisieren kann, um die Vision der neuen Atomwende umzusetzen, braucht es vor allem eins: ein grünes Label. So erklärt sich, wieso Macron so stark darum kämpft, dass die Atomkraft in die Taxonomie für nachhaltige Investitionen aufgenommen wird (Europe.Table berichtete). Nachdem Frankreich mit seiner Vision im Rat lange Zeit isoliert war, liefern die steigenden Gaspreise neue Argumente.

                      “Die Energiekrise kommt zu einem guten Zeitpunkt für die Atomenergie”, drückt es das europäische Atomforum FORATOM aus und spricht von einem Wiederaufleben der Kernkraft. Durch die hohen Gaspreise drängen nicht mehr nur Frankreich und die osteuropäischen Staaten auf die Einstufung der Atomkraft als “nachhaltig”. In Belgien etwa, wo die Entscheidung zum Atomausstieg längst gefallen war, entflammt die Diskussion über das Ende der Laufzeitverlängerungen auf ein Neues und sorgt für starke Spannungen innerhalb der Regierung. Die Niederlande und Schweden haben sich angesichts der alarmierenden Energiepreise inzwischen auch auf die Seite der Pro-Nuklear-Länder gestellt. Der Druck auf die EU-Kommission steigt.

                      Taxonomie-Vorschlag kommt im November

                      Diese wollte die Taxonomie-Entscheidung zwischenzeitlich auf nächstes Jahr verschieben (Europe.Table berichtete). Doch nach dem Gipfeltreffen der EU27 Ende Oktober hat sich die Kommissionspräsidentin persönlich eingemischt. Nun will Ursula von der Leyen den entsprechenden Rechtsakt diesen Monat schon vorlegen und beugt sich damit dem Druck der atom- und gasfreundlichen Mitgliedsstaaten. Obwohl die delegierten Rechtsakte eigentlich Aufgabe der Kommission sind, zirkuliert bereits ein Vorschlag aus der Feder Frankreichs.

                      Luxemburgs Energieminister Claude Turmes warnt, durch die Aufnahme von Atomenergie zerstöre die Kommission die Glaubwürdigkeit der Taxonomie. Doch die Gegner, allen voran Luxemburg und Österreich, sind zunehmend isoliert.

                      Mit Deutschland hätten sie einen starken Alliierten, schließlich spricht sich das Bundesumweltministerium klar gegen die Atomkraft in der Taxonomie aus. Doch wird sich die scheidende Bundesregierung kaum auf die Seite der Atomkritiker stellen. Zu schwer wiegt das Interesse, dass auch Erdgas als Brückentechnologie ein nachhaltiges Label bekommt. Wie sich eine Ampel-Koalition positionieren würde, ist noch offen. Der Grünen-Unterhändler Sven Giegold betonte aber, seine Partei lehne die Aufnahme von Kernenergie in die Taxonomie entschieden ab.

                      Fokus auf kleine modullare Reaktoren

                      An der Ausgangslage hat sich jedoch nichts geändert. Der Bau neuer AKWs ist weiterhin teuer und langwierig. Die Sicherheit ist immer noch ein Problem. Die Suche nach Endlagern ist weiterhin ungelöst.

                      Seitens der Atomlobby fällt insbesondere ein Schlagwort, um der Kritik an der Kernenergie zu kontern: Small Modular Reactors. Es handelt sich dabei um Reaktoren, die deutlich kleiner sind als herkömmliche AKWs. Der Vorteil: Sie können ganz oder zum Teil in Fabriken hergestellt werden und dann an den Betriebsort gebracht werden. Dadurch, so das Argument der Atomindustrie, seien die Investitionskosten deutlich geringer als bei herkömmlichen AKWs.

                      Die SMR könnten so den Domino-Effekt liefern, den die Industrie für ihr Comeback braucht: eine serienmäßige Produktion, konkurrenzfähige Preise, angepasste Lieferketten, neue Expertise. “AKW-Projekte entstehen heute nach einer langen Pause, in denen keine Reaktoren gebaut wurden. Nun kommt wieder Fahrt auf”, sagt Andrei Goicea von Foratom.

                      Die SMR dienen demnach als wichtiges Eintrittstor für die von Macron angepriesene Neuerfindung der Atomkraft. “Viele Staaten können sich besser mit kleinen Reaktoren als mit großen AKW-Projekten anfreunden”, glaubt Goicea. Die kleinen Atommeiler könnten etwa für die Energie- und Wärmeproduktion von Städten oder zur Stromproduktion an Industriestandorten eingesetzt werden.

                      Einige Mitgliedsstaaten springen bereits auf diesen Zug auf. Frankreich will ab 2030 mit dem Bau kleiner Atommeiler beginnen und mobilisiert dafür eine Millarde Euro. Um die sechs Wasserkraftwerke zu ergänzen, mit denen Frankreich liebäugelt, wolle EDF mindestens ein Kraftwerk des Typs SMR bauen, sagte der EDF-Exekutivdirektor Xavier Ursat zu Capital.

                      Auf lange Sicht plant der französische Energiekonzern allerdings, die Technologie zu exportieren und im Ausland als Helfer in der Energewende zu vermarkten. Die Meiler hätten schließlich die Größe von Kohleminen, die es nun überall in der Welt zu ersetzen gelte. Das Potenzial sieht auch die Atomlobby. “Die alten Minen liefern den Standort und Netzanschluss für die SMR, und die Kohlearbeiter ließen sich zur Betreibung der SMR umschulen”, sagt Andrei Goicea.

                      Atomkraft statt erneuerbare Energien

                      In diesem Sinne wäre Frankreichs Vorstoß auch ein Schlag gegen den Ausbau erneuerbarer Energien, die ja eigentlich als langfristige Lösung in der Energiewende gehandelt werden. In Frankreich zumindest sind die Prioritäten klar: “France 2030” sieht nur 500 Millionen für den Ausbau erneuerbarer Energien vor, gegen eine Milliarde für die Atomkraft.

                      AKWs statt Kohlekraft: Eine Einstufung der Kernkraft als “nachhaltig” avanciert in diesem Sinne zum zentralen Argument, um diese Strategie zu finanzieren. Auch Polen, Tschechien, Rumänien, Bulgarien und Italien interessieren sich mit Blick auf die Energiewende zunehmend für die SMR. Warschau hat erst vergangenen September entsprechende Memorandum of Understanding mit US-amerikanischen und kanadischen Firmen unterschrieben. Gestern haben die USA und Bukarest ihre Zusammenarbeit beim Bau eines SMR in Rumänien durch die amerikanische Firma NuScale angekündigt.

                      Die EU-Kommission scheint der Technologie ihrerseits nicht abgeneigt. Die EU-Beratungsstelle JRC jedenfalls sieht die SMRs insbesondere als Lösung gegen die hohen Baukosten von AKWs. Immerhin gebe es bereits ein steigendes Interesse an diesen Reaktoren in der EU, schreiben die Forscher.

                      Gleichzeitig finanziert die Kommission unter Horizon 2022 mit drei Milliarden das insgesamt vier Milliarden Euro schwere Projekt zur Lizenzierung der Technologie, ELSMOR. Im Sommer organisierte die Kommission den “ersten EU-Workshop zu SMRs”, bei dem es darum ging, das Potenzial der Reaktoren zur Dekarbonisierung der EU zu untersuchen. SMR bieten “innovative Lösungen zur Energieversorgung” und ihre Entwicklung könnte zur Innovation und Resilienz der europäischen Industrie beitragen, antwortete Energiekommissarin Kadri Simson auf eine parlamentarische Anfrage von Tom Berendsen (EVP).

                      Auch SMR bergen Probleme

                      Unklar ist jedoch, ob die Reaktoren auf Dauer tatsächlich preiswerter sind. Momentan befinden sie sich nämlich erst in der Projektphase. Die Bundesagentur für atomare Sicherheit jedenfalls rechnet nicht mit einem Kostenabfall: “Signifikante Kostenersparnisse aufgrund stärkerer Modularität sind in den vergangenen Reaktorentwicklungen nicht zu beobachten und auch für die Zukunft nicht zu erwarten”, schreibt sie in einem Gutachten. Den Kostenvorsprung durch den Bau in der Fabrik würde sich demnach durch die Transportkosten ausgleichen. Gleichzeitig rechnet die BASE mit geringen Laufzeiten der Reaktoren und warnt vor einem schwierigen Rückbau.

                      Hinzu kommt, dass es eine Vielzahl von SMR braucht, um die Leistungskraft gewöhnlicher Reaktoren zu erreichen. BASE spricht von einem Faktor 3 bis 1000. Will heißen: Anstelle von heute rund 400 AKWs benötige man “den Bau von vielen Tausend bis Zehntausend SMR-Anlagen“, um die gleiche Leistung zu erreichen. Dadurch würde sich die Zahl der mit den Anlagen verbundenen Risiken ebenfalls vervielfachen. “SMR verlagern die Nachteile der nuklearen Energieproduktion von (vergleichsweise) wenigen Großanlagen auf viele Kleinanlagen”, kommentiert ein Sprecher des BMU.

                      Vor allem aber bringe auch die SMR keine Lösung zur Entsorgung des radioaktiven Abfalls: Dieses Problem würde demnach weiter auf zukünftige Generationen verschoben werden, kritisiert die BASE. Foratom kontert: Die EU sei gerade in dieser Frage ein Vorreiter und plane erste Projekte zu geologischen Tiefenlagern.

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                        Aufregerthema Chatkontrolle: Mehr als Aktivismus

                        Kern der Aufregung ist die Frage, inwiefern Anbieter von Onlineangeboten automatisiert oder von Hand in die Daten ihrer Nutzer schauen dürfen. Ein Unding? Oder unverzichtbar? Die wirkliche Debatte darum hat gerade erst begonnen – und wird sich in Zukunft noch verstärken.

                        Alles ist verboten, was nicht erlaubt ist – dieser Grundsatz gilt im Datenschutzrecht seit langem. Und dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis betrifft alle möglichen Datenverarbeitungen: entweder es gibt per Gesetz einen Erlaubnistatbestand oder die Betroffenen müssen in die Verarbeitung personenbezogener Daten aktiv und informiert einwilligen. Doch wie verhält es sich mit Daten, die nicht nur auf dem Endgerät, sondern auch bei einem Diensteanbieter gespeichert sind? Dürfen Anbieter die dort liegenden Daten verarbeiten?

                        Dieser Streit betrifft zum einen die Nutzung für eigene Zwecke der Anbieter, etwa um bei Googles Mailservice Gmail passende Werbung an Nutzer:innen auszuspielen. Aber auch andere Zwecke sind Teil der Diskussion: Sollten Anbieter in den gespeicherten Daten ihrer Nutzer:innen aktiv und automatisiert nach terroristischen Inhalten, Urheberrechtsverletzungen oder Videos und Bildern von Kindesmissbrauch suchen dürfen? Oder sollten sie dies sogar müssen? Wo sind dabei die Grenzen?

                        Regulatorisches Durcheinander

                        Darum wird seit Jahren intensiv gestritten, denn die Grenzen zwischen der lokalen Speicherung auf einem Endgerät und der gleichzeitigen Speicherung von Inhalten im Netz verwischen immer stärker. Die Vertraulichkeit der Übertragung von Daten über Telekommunikationsnetze regelt die E-Privacy-Richtlinie von 1997, die seitdem mehrfach überarbeitet wurde. Eigentlich sollte sie bereits 2018 als Gegenstück zur Datenschutzgrundverordnung ebenfalls überarbeitet vorliegen und eine Verordnung werden. Allerdings gibt es bis heute Streit um die E-Privacy-Verordnung, die bis auf weiteres nicht kommen dürfte, trotz kleiner Fortschritte am Ratskompromiss in den vergangenen Wochen (Europe.Table berichtete).

                        Auch aufgrund dieser Verzögerungen wurden der E-Privacy-Richtlinie mit Wirkung zum Jahresende 2020 weitere Dienste unterworfen – unter anderem eben “interpersonale Kommunikationsdienste”, sprich: Programme, über die gechattet werden kann, ohne dass das Telefonnetz hierfür zuständig ist, wie WhatsApp, Threema oder Telegram.

                        Diese Erweiterung sorgte für eine unerwartete Intervention seitens Ashton Kutcher: Der US-Schauspieler kontaktierte Ende Oktober 2020 die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und die SPD-Europaparlamentarierin Birgit Sippel öffentlich, was einigen Medienrummel auslöste. Kutcher setzt sich gegen die Verbreitung von Kindesmissbrauchs-Darstellungen ein – und sah ein Problem: Die Ausweitung der E-Privacy-Richtlinie hätte dazu geführt, dass Firmen wie Facebook, die bislang Inhalte per Algorithmen auf bereits bekannte Abbildungen von Kindesmissbrauch herausgefiltert hätten, dies nicht mehr tun dürften. Eine Sichtweise, die auch von rechtskundigeren Akteuren so geteilt wurde.

                        Im Juli verabschiedete das Europaparlament kurz vor der Sommerpause dann eine Regelung, die dieses Verbot für maximal drei Jahre temporär aussetzt, wenn nicht eine andere Gesetzgebung vorher das Problem anders adressiert.

                        Problem wird künftig wachsen

                        Doch gelöst ist das Problem damit nicht. Der Trend zur Cloud und Onlinedienstleistern, von Microsoft und Apple über Dropbox bis hin zu Chatdiensten, bei denen ein Dritter die Daten bei sich speichert, bringt alte Konzepte der Regulierung in Not. War früher trennscharf zwischen laufender Kommunikation – beispielsweise einem Telefonat oder Faxversand – und ruhender Kommunikation – die E-Mail, die ausschließlich auf dem Rechner des Empfängers gespeichert wurde – zu unterscheiden, sind heute Inhalte sowohl ruhende als auch laufende Vorgänge.

                        Was heute noch Einzelfälle sind, kann morgen schon sehr viel mehr Nutzer betreffen: Welche Datenströme im Edge-Computing sollen wann und durch wen untersucht werden dürfen? Wenn Endgeräte immer mehr zu Terminals für Clouddienste werden, was wird dann aus dem Grundrecht auf Privatsphäre, oder soll dies gegenüber automatisierten Systemen einfach nicht gelten?

                        Debatte um Verschlüsselung gehört zum Kern

                        Zudem fällt die Debatte mit einer zweiten zusammen: die um wirksame Verschlüsselung. Denn alle Untersuchungen von Inhalten durch Anbieter können ausschließlich in unverschlüsselten oder mit einem Generalschlüssel des Anbieters entschlüsselbaren Inhalten stattfinden. Wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verhindert das Mitlesen von einem Endgerät zu einem anderen – und auch in Cloudspeichern führt wirksame Verschlüsselung dazu, dass Anbieter nicht wissen können, was auf ihren Servern eigentlich liegt. Deshalb schließen viele Anbieter eine solche auch von vornherein aus und lassen sich in ihren Geschäftsbedingungen das Durchsuchen von Online-Backups und Onlinespeichern explizit erlauben.

                        Doch gerade im Bereich der Messenger tobt derzeit eine intensive Auseinandersetzung, nachdem Apple angekündigt hatte, dass es nicht nur im iCloud-Speicher nach Abbildungen von Kindesmissbrauch suchen will (Europe.Table berichtete). Das Unternehmen will auch im iMessage, dem zum Betriebssystem iOS gehörigen Messenger-Dienst, eine Filterfunktion einbauen – wenn auch nur für Konten Minderjähriger, die einem Familienkonto zugeordnet sind.

                        Weitere EU-Vorhaben im Werden

                        Genau derartige Dinge aber könnten nun Gegenstand einer weiteren Regulierung werden – die eigentlich im Dezember kommen sollte. Dubravka Šuica und Margaritis Schinas sollten dann Maßnahmen vorstellen, um “Sexuellen Kindesmissbrauch Online effektiv zu bekämpfen”. Doch die Ankündigung ist in den vergangenen zwei Wochen vom Arbeitsplan der Kommission verschwunden.

                        Der Umfang soll wohl breit sein: “Alle Kommunikationsmittel” sollten in den Vorschlag der Kommission einbezogen sein, inklusive privater Kommunikation. Zudem, so trug es der stellvertretende Generaldirektor der Generaldirektion Innen Olivier Onidi auf eine Frage des MdEP Patrick Breyer (Piraten/EFA) hin vor, sollte eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht dazu führen, dass Anbieter möglichen Verpflichtungen aus der Regulierung nicht nachkommen würdentechnisch aber ist das unmöglich: Eine wirklich sichere Verschlüsselung bietet stets auch vor Einblicken eines Vermittlungsdienstes Sicherheit.

                        Die Debatte um die “Chatkontrolle” mag also eher ein Anlass sein. Über diese Themen intensiver zu diskutieren, ist aber höchste Zeitselbst wenn die vom deutschen Parlaments-Piraten und beruflichen Amtsrichter Breyer angestrengte Kampagne nicht der sachlichste Zugang zum Thema ist.

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                          Energiepartnerschaft mit Südafrika besiegelt

                          Das Ziel ist klar. Um die Erderwärmung jedoch tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, reichen reine Lippenbekenntnisse zur Klimaneutralität rund um die Mitte des Jahrhunderts nicht aus. Das hat BMU-Staatsekreter Jochen Flasbarth auf der Weltklimakonferenz in Glasgow noch einmal deutlich gemacht und mehr konkretes Engagement gefordert. Das Jahrzehnt sei entscheidend für klare Maßnahmen und in diesen Tagen würden in Glasgow dafür die Voraussetzungen geschaffen.

                          Dazu gehört auch die Unterstützung der Schwellen- und Entwicklungsländer beim Umstieg auf grüne Technologien. Das Versprechen der Industrienationen, hierfür 100 Milliarden Dollar ab 2020 bereitzustellen, wird wohl erst mit dreijähriger Verspätung umgesetzt (Europe.Table berichtete). Dabei sei die Summe “kilometerweit vom tatsächlichen Bedarf der Ärmsten und Verletzlichsten gegenüber der Klimakrise entfernt”, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch. Die Frage der Klimafinanzierung bleibt weiter umstritten und gehört zu den Kernthemen der COP26.

                          Ein wichtiger Schritt könnte hier die am Dienstag angekündigte Energiepartnerschaft mit Südafrika darstellen. Gemeinsam mit der EU, Frankreich, Großbritannien und den USA hat Deutschland zugesichert, das erste Partnerland auf der Südhalbkugel beim Kohleausstieg zu unterstützen. Germanwatch-Geschäftsführer Bals begrüßt die Initiative und fordert, diese nun zeitnah auf weitere kohleabhängige Schwellenländer wie Indien und Indonesien auszuweiten.

                          90 Prozent des Stroms aus Kohle

                          Südafrika ist der siebtgrößte Kohleproduzent der Welt und erzeugt beinahe 90 Prozent seines Strombedarfs aus dem fossilen Energieträger. Auf der globalen Rangliste des Kohlendioxid-Ausstoßes pro Kopf steht das Land auf Rang neun.

                          Die neue Partnerschaft sieht über die kommenden fünf Jahre insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar an Finanzhilfen vor, ein Großteil davon als Kredite. Deutschland will hierzu knapp 700 Millionen Euro beitragen. Die Gelder sollen den Einstieg in erneuerbaren Energien ermöglichen, technologische Innovationen, einschließlich grünem Wasserstoff, für Südafrika bereitstellen und neue Arbeitsplätze schaffen. Nach wie vor arbeiten in dem Land mehr als 90.000 Arbeitskräfte in Kohleminen, die Arbeitslosigkeit ist hoch und die berufliche Perspektive für Jugendliche gering. Deutschland werde auch seine eigene Erfahrung zur Verfügung stellen. Schließlich sei auch hier der Kohleausstieg nicht einfach und dürfe nicht zulasten der Arbeitnehmer erfolgen, sagte BMZ-Staatssekretärin Maria Flachsbarth.

                          In einem Bericht an die Vereinten Nationen hatte Südafrika bereits im September angekündigt, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um ein Drittel zu senken und mindestens sechs Kohlekraftwerke schließen zu wollen. Helen Mountford, Vizepräsidentin für Klima und Wirtschaft beim World Resources Institute (WRI), sagte zu Bloomberg, Südafrikas neuer Klimaplan “unterstreicht das Ziel, bis 2050 netto null Kohlendioxidemissionen zu erreichen, und schafft die Voraussetzungen dafür, dass das Land massiv in saubere Energie investiert und gleichzeitig den Übergang weg von der Kohle beschleunigt”.

                          Energieversorger rationiert Strom

                          Zuvor hatte der staatliche Energieversorger Eskom, verantwortlich für rund 90 Prozent der Stromerzeugung in Südafrika, viel Geld in den Bau neuer Kohlekraftwerke investiert und sich dabei hoch verschuldet. Doch die veralteten Anlagen im Land liefern nicht ausreichen Strom für den steigenden Bedarf der etwa 60 Millionen Südafrikaner:innen. Eskom muss deshalb bereits seit etlichen Jahren die Stromversorgung rationieren.

                          Nun hat der größte Treibhausgasemittent Afrikas seinen Kreditgebern einen zehn-Milliarden-Dollar-Plan vorgeschlagen, der vorsieht, den Großteil seiner Kohlekraftwerke bis 2050 abzuschalten und auf erneuerbare Energien umzusteigen. Man spiele verschiedene Szenarien durch, um das Ziel der Netto-null-Emissionen bis 2050 zu erreichen, sagte Mandy Rambharos, Eskom-Abteilungsleiterin für Just Energy Transition. “Die ganze Welt stellt sich um, wir müssen auf diesen Zug aufspringen, damit Südafrika wettbewerbsfähig bleibt und unsere Wirtschaft wachsen kann.”

                          Tatsächlich könne die Partnerschaft mit Südafrika für eine sozial gerechte Energiewende Maßstäbe für eine neue Phase der internationalen Klima-Zusammenarbeit setzen, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Ein erfolgreicher Kohleausstieg dort könne zu einer Blaupause für andere Regionen werden. Das Potenzial für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren auf dem afrikanischen Kontinent ist riesig, doch wird es bislang kaum genutzt.

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                            News

                            Deutschland kritisiert China für unzureichende Klimaschutz-Zusagen

                            Die deutsche Delegation beim Weltklimagipfel in Glasgow hat die bisherigen Zusagen des größten Treibhausgas-Emittenten kritisiert. “Die Rolle von China ist enttäuschend“, sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Dienstag nach den Eröffnungsreden und -erklärungen der Staats- und Regierungschefs. Zwar sei China in der Vergangenheit bei den Schwellenländern auch schon vorangegangen, aber “es ist überholt worden von etlichen anderen”, so Flasbarth. “Es ist dringend erforderlich, im Dialog mit China hier weiterzugehen.” Auch die USA hatten China kritisiert und erklärt, das Land könne mehr leisten.

                            China hatte vor dem UN-Treffen in Glasgow sein bisheriges Ziel wiederholt, bis 2060 CO2-neutral zu werden. Zudem wolle man vor 2030 den Höhepunkt des CO2-Ausstoßes überschreiten.

                            Erstellung eines Regelbuches in Glasgow

                            Flasbarth wertete dagegen Ankündigungen von Russland und vor allem des drittgrößten Treibhausgas-Emittenten Indien als positiv. Indien habe früher stets die Industrieländer zum Handeln aufgefordert, nun aber mit 2070 selbst ein Ziel für die Klimaneutralität ausgegeben. Dies sei zwar zu spät, aber ein erster Schritt, der noch größer werden könne.

                            Wichtig sei, dass man in Glasgow nun das sogenannte Regelbuch erstelle. Dabei geht es darum, Ziele der einzelnen Länder vergleichbar zu machen und gemeinsame Standards zu entwickeln. “Wir müssen diese Bremsen rausbekommen”, betonte Flasbarth. So gewinne die internationale Zusammenarbeit an Schwung. Dann glaube er auch daran, dass man das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erreichen könne. rtr

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                              OECD-Studie: Schäden durch Klimawandel bei ärmsten Ländern am größten

                              Die am wenigsten entwickelten Länder und kleine Inselstaaten sind unverhältnismäßig stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die im Rahmen der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) vorgestellt wurde.

                              Die Risiken für Volkswirtschaften, Ökosysteme, Unternehmen und Menschen seien demnach für die sogenannten “Least Developed Countries” (LDCs) und die “Small Island Developing States (SIDS)” am größten, obwohl ihr Beitrag zum weltweiten Temperaturanstieg vergleichsweise gering ist. “Die Ärmsten leiden am meisten unter den klimabedingten Verlusten und Schäden”, kommentierte Maria Flachsbarth, die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Man müsse sich stärker um einen umfassenden Ansatz bemühen, damit niemand zurückgelassen wird. Dazu würde “mehr und bessere Klimarisikofinanzierung” beitragen, so Flachsbarth.

                              Die Studienautoren empfehlen daher, die Erforschung und Überwachung von kritischen Kipppunkten für das Klima auszuweiten. Über die Auswirkungen der Klimaveränderung in Entwicklungsländern brauche es bessere Daten. Dafür seien internationale Partnerschaften notwendig.

                              Industriestaaten in der Verantwortung LDCs und SIDS zu schützen

                              Außerdem nehmen die Autoren der OECD-Studie die Industriestaaten einmal mehr in die Pflicht, ihrer Verpflichtung zur Finanzierung für die Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden nachzukommen. Dazu gehört auch die Entwicklung von Versicherungsmärkten, um die Deckung von Klimarisiken zu ermöglichen, heißt es in der Studie.

                              Der Vorsitzende der LDCs, Sonam P. Wangdi aus Bhutan, forderte, dass Verluste und Schäden durch den Klimawandel in Glasgow priorisiert werden müssten. Finanzielle und technische Unterstützung zur Bewältigung von Verlusten und Schäden sei dringend erforderlich. Dass die Industriestaaten ihr 100 Milliarden-Ziel derzeit noch nicht erfüllen (Europe. Table berichtete), enttäusche ihn, so Wangdi. luk

                                • Klima & Umwelt
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                                Gates und von der Leyen starten Catalyst-Programm

                                Das Prinzip sei ganz einfach, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim offiziellen Launch des Catalyst-Programms. Das gemeinsame Projekt der Europäischen Kommission, der Europäischen Investitionsbank und von Bill Gates’ Venture Fonds Breakthrough Energy soll über die kommenden Jahre eine Milliarde US-Dollar an Investitionen mobilisieren, um grünen Innovationen schneller zur Marktreife zu verhelfen. Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) fiel am Dienstagabend der offizielle Startschuss.

                                Zahlreiche saubere Technologien, beispielsweise im Bereich der Erneuerbaren, seien erst nach jahrzehntelanger Forschung und Entwicklung heute konkurrenzfähig, sagte Gates in Glasgow. Man könne jedoch keine weiteren Jahrzehnte warten, bis das auch für neue Innovationen gilt. Ebendiese seien aber unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen.

                                Catalyst-Trio konzentriert sich auf vier Technologien

                                Bei seinen Investitionen will sich das Catalyst-Trio auf vier Technologien konzentrieren:

                                • Direct Air Capture (DAC)
                                • Grüner Wasserstoff
                                • Langfristige Energiespeicherung (LDS)
                                • Nachhaltiger Treibstoff für Flugverkehr (SAF)

                                Die Cleantech-Bereiche hätten ihr Potenzial für den Klimaschutz bereits unter Beweis gestellt. Doch bis zu einer Nutzung im kommerziellen Maßstab sei es noch ein langer Weg, so Gates. Durch einen gemischten Finanzierungsansatz will Catalyst deshalb gezielt in entsprechende Projekte investieren, um den Preis für neue saubere Produkte deutlich zu senken und ihre Verfügbarkeit auf dem Markt zu erhöhen.

                                Die Finanzierung soll über das Forschungsprogramm Horizon Europe und den Innovationsfonds im Rahmen von InvestEU erfolgen. Das Programm soll privates Kapital und Impact-Investments zur Finanzierung der ausgewählten Projekte mobilisieren. til

                                  • Breakthrough
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                                  • Ursula von der Leyen

                                  Über 100 Länder schließen sich Methan-Pakt an

                                  Mehr als 100 Länder haben sich den Bemühungen der USA und der EU angeschlossen, den Ausstoß des Treibhausgases Methan bis 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 zu senken. Methanemissionen sind ein entscheidender Mitverursacher für den Klimawandel (Europe.Table berichtete).

                                  Die “Global Methane Pledge”, die am Dienstag auf der COP26 in Glasgow vorgestellt wurde, nachdem sie im September angekündigt worden war, umfasst nun Länder, auf die fast die Hälfte der weltweiten Methanemissionen und 70 Prozent des globalen BIP entfallen, sagte US-Präsident Joe Biden. “Es wird unsere Volkswirtschaften ankurbeln, Methanlecks reduzieren und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.” Zudem könne man Methan auffangen, um es in neue Einnahmequellen umzuwandeln, so Biden.

                                  Sechs der größten Methanemittenten sind Teil des Pakts

                                  “Methan ist eines der Gase, die wir am schnellsten reduzieren können. Wenn wir das tun, wird sich der Klimawandel sofort verlangsamen”, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.

                                  Der Pakt umfasst sechs der zehn größten Methanemittenten der Welt: die Vereinigten Staaten, Brasilien, Indonesien, Nigeria, Pakistan und Mexiko. Dagegen haben sich China, Russland, Indien und der Iran, die ebenfalls zu den Top-10-Methanemittenten gehören, nicht angeschlossen. Diese Länder standen alle auf einer Liste, die als Zielländer für den Beitritt zu der Selbstverpflichtung identifiziert wurde, wie Reuters zuerst berichtete. rtr/luk

                                    • COP26
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                                    Facebook will Gesichtserkennung abschalten

                                    Facebook will zum Dezember sein Gesichtserkennungssystem abschalten, das Nutzer:innen automatisch in Fotos und Videos identifiziert. Das gab das Unternehmen am Dienstagnachmittag mit dem Hinweis auf wachsende gesellschaftliche Bedenken im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Technologie bekannt. Durch die Entscheidung sollen die Gesichtsdaten von über einer Milliarde Menschen gelöscht werden. Datenschützer und Organisationen, die für digitale Rechte eintreten, begrüßten die Ankündigung.

                                    Der Schritt folgt auf eine Welle von Kritik, der sich das Unternehmen nach den Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen ausgesetzt sah (Europe.Table berichtete).

                                    Facebook will nicht völlig auf Gesichtserkennung verzichten

                                    Jerome Pesenti, Vizepräsident für Künstliche Intelligenz bei Facebook, schrieb in einem Blog-Beitrag, dass sich bisher mehr als ein Drittel der täglich aktiven Facebook-Nutzer:innen für die Gesichtserkennung entschieden hatten. Völlig verzichten möchte das Unternehmen auf die Technologie aber auch künftig nicht. Für einige Anwendungsfälle wie die Identitätsüberprüfung wolle man “das mächtige Werkzeug” weiter verwenden.

                                    Facebook will offenbar auch den bislang mit den Nutzerbilddaten trainierten Algorithmus “DeepFace” weiterverwenden. Die US-Aufsichtsbehörde FTC hatte Anfang 2021 in einer Aufsehen erregenden Entscheidung den US-Anbieter Everalbum zum Löschen von Algorithmen verpflichtet, die mit unzulässig genutzten Bildern trainiert worden waren. rtr/koj

                                      • Datenschutz
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                                      Presseschau

                                      Was der Pakt zur Rettung der Wälder bedeutet FAZ
                                      At COP26, more than 100 countries commit to reducing methane emissions POLITICO
                                      Verwirrung um festgesetzten britischen Kutter: Darf “Cornelis Gert Jan” Le Havre verlassen? SPIEGEL
                                      Messages from Macron to Morrison leaked amid submarine deal row REUTERS
                                      Four more UK energy suppliers go bust amid high gas prices GUARDIAN
                                      EU wegen gefälschter Corona-Impfzertifikate aus Russland besorgt STANDARD
                                      Commission stands by €2 million EU grant for synthetic meat EURACTIV

                                      Portrait

                                      Ursula Pachl: Starker Gerechtigkeitssinn für Verbraucher:innen

                                      Verbraucherschutz und Künstliche Intelligenz: Ursula Pachl, stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC
                                      Ursula Pachl, stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC

                                      “Die Künstliche Intelligenz wird momentan ganz heiß diskutiert hier in Brüssel”, sagt Ursula Pachl. Die stellvertretende Generaldirektorin des europäischen Verbraucherverbands BEUC (Bureau Européen des Unions de Consommateurs), setzt sich seit über 20 Jahren für die Interessen der Verbraucher:innen ein. BEUC ist ein Dachverband von derzeit 45 Mitgliedern. Allen gemein: Sie sind unabhängige nationale Verbraucherverbände aus dem europäischen Raum. “Unsere Aufgabe ist es, die Interessen der Mitgliedsorganisationen und damit mittelbar der europäischen Verbraucher:innen zu vertreten und die europäische Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen.” Das macht der Verband vornehmlich dadurch, dass er Stellungnahmen zu europäischen, Verbraucherinteressen berührenden Gesetzesvorhaben in das Europäische Parlament einbringt.

                                      Seit über 20 Jahren im Einsatz für Verbraucher:innen

                                      Ursula Pachls Einsatz für Verbraucher:innen begann auf nationaler Ebene: “Mein erster Job nach dem Studium war im Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz in Wien. Dort habe ich mich für die Interessen der österreichischen Verbraucher:innen eingesetzt, indem ich schon damals Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben erarbeitete, beispielsweise ging es viel um Produktsicherheit.” Bevor Pachl ihren ersten Job antrat, studierte sie Rechtswissenschaften in Innsbruck. Ihre Motivation war schon damals, Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen: “Gerechtigkeit war mir schon immer wichtig, daher bin ich dankbar, mit meinem Beruf ein Stück weit etwas zu einer gerechteren Welt beitragen zu können.” 1997 bewarb sich Ursula Pachl auf die Stelle der Rechtsreferentin bei BEUC und arbeitet seither für den Verbraucherverband.

                                      Online-Überwachung von Verbraucher:innen einschränken

                                      Aktuell befasst sich Ursula Pachl vor allem mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI). Die Europäische Kommission hat im April einen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, welches den Einsatz der Technologie regeln soll. “Das ist der erste Gesetzesentwurf zum Thema Künstliche Intelligenz, den es weltweit gibt. Europa möchte in der KI-Regulierung den Ton angeben”, sagt Pachl. Aus Sicht von BEUC muss der Kommissions-Entwurf jedoch stark nachgebessert werden (Europe.Table berichtete): “Die ständige Online-Überwachung von Verbraucher:innen muss stärker durch die Regulierung eingeschränkt werden. Das neue Künstliche Intelligenz-Gesetz könne dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Sogenanntes Social Scoring – das Bewerten menschlichen Verhaltens – sollte verboten werden, und zwar nicht nur, wenn es von Behörden, sondern auch, wenn es von Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Ebenso nicht erlaubt sein sollte biometrische Identifikation in öffentlichen Räumen sowie die sogenannte Emotion Recognition, also die Emotionserkennung zu unter anderem wirtschaftlichen Zwecken. “Ich setze mich dafür ein, dass diese Verbote im neuen KI-Gesetz aufgenommen werden”, versichert Pachl.

                                      Das Gesetz wird voraussichtlich 2023 vorliegen und zwei Jahre später für alle auf dem europäischen Markt agierenden Unternehmen gelten. Fraglich ist jedoch schon jetzt, wie zukünftig gegen Unternehmen vorgegangen werden kann, die ihren Sitz außerhalb Europas haben: “Gegen ein Unternehmen, das beispielsweise nur in Asien ansässig ist, wird man im Falle eines Verstoßes schwer vorgehen können“, sagt Pachl. Über die Frage, wie das Gesetz international durchgesetzt werden könne, werde also noch sehr viel überlegt und diskutiert werden müssen. Alina Jensen

                                        • Digitalisierung
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                                        Apéropa

                                        Werbung, die auf möglichst kleine Gruppen oder Einzelne maßgeschneidert ist – das versprechen die Onlinewerbedienstleister seit Jahren. Und tatsächlich ist die Technologie ausgereift und funktioniert. Vielleicht sogar zu ausgereift?

                                        Denn um Werbung maximal zielgerichtet auszuspielen ist eine Erhebung von Daten nötig. Diese kommt zwar im Regelfall ohne den Namen der Person aus, erfasst aber ansonsten eine unglaubliche Menge Eigenschaften der jeweiligen Endgerätebediener statistisch und wertet diese algorithmisch aus.

                                        Für manche ist es ein cleverer Businesscase, der Streuverluste in der Werbung minimieren soll (ob das Versprechen tatsächlich so erfüllt wird, kann an dieser Stelle offenbleiben). Für andere ist es schlicht die totale Überwachungsmaschine in Händen zweifelhafter Konzerne und gehört deshalb: verboten.

                                        Ob in DSA oder DMA, ob in e-Privacy-Verordnung oder über die DSGVO: Werbung müsse wieder dümmer werden, fordern Bürgerrechtsaktivisten und manche Politiker. Doch auch unter Monopol-Aspekten ist es immer wieder Thema: Gerade die allergrößten Unternehmen stecken mit ihren Diensten an so vielen Stellen im Netz, dass sie damit quasi ganz nebenbei auch die schärfsten Datensätze über die Nutzer anfertigen können.

                                        Da kommt es für eine Organisation wie das “Connected Commerce Council” natürlich wie gerufen, dass auch Europapolitiker wie der liberale Guy Verhofstadt auf diese Werbetechnik setzen.

                                        Doch warum ist das für eine relative kleine Non-Profit-Organisation mit Sitz in den USA wichtig, die laut eigenen Aussagen kleinen und mittelständischen Unternehmen hilft, digitale Plattformen besser zu nutzen? Deren Präsident ganz selbstlos 2019 für 40 Stunden pro Woche gerade einmal 33.333 US-Dollar erhielt? Und deren Vizepräsident trotz Vollzeitjob sogar gar kein Salär erhielt? Vielleicht, weil fast der gesamte Vorstand aus dem Bereich Online-Marketingdienstleister stammt. Oder auch deshalb, weil die Partner der Organisation nicht zuletzt Amazon, Facebook und Google sind. Falk Steiner

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