kurz bevor sie gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach China reist, hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Grundsatzrede zur europäischen China-Politik gehalten. Die fiel erstaunlich deutlich aus, wie Amelie Richter in ihrer Analyse schreibt. “Unsere Beziehungen sind unausgewogen und werden durch Chinas staatskapitalistisches System zunehmend verzerrt”, sagte von der Leyen etwa. Peking dürften diese Aussagen sauer aufstoßen – und auch in Brüssel wird es wahrscheinlich nicht nur Beifall geben.
Die ganze Nacht haben die Unterhändler verhandelt, gestern Morgen gab es schließlich eine Einigung im letzten Trilog zur Erneuerbaren-Richtlinie: Bis 2030 muss die EU ein Erneuerbaren-Ziel von 42,5 statt 32 Prozent erreichen. Auf Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft gilt außerdem ein freiwilliger Aufschlag von 2,5 Prozent, den die Staaten gemeinsam anstreben sollen. Frankreich ist mit seinem umstrittenen Vorstoß für die Kernenergie gescheitert. Manuel Berkel fasst die Ergebnisse zusammen.
Der Net-Zero Industry Act soll Europas Wettbewerbsfähigkeit als Standort für klimafreundliche Technologien sichern. Wie Table.Media erfahren hat, wird der CDU-Abgeordnete Christian Ehler Berichterstatter des Europaparlaments für dieses zentrale Gesetzesvorhaben der EU. Eine deutsche Berichterstatterin wird es auch für den Critical Raw Materials Act geben – diese Aufgabe geht an die Vizepräsidentin des Parlaments, Nicola Beer (FDP), wie Sie in den News lesen.
Norbert Lins ist auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe des Bodensees aufgewachsen, die Familie hatte Milchkühe und Schweine. Heute ist Lins EU-Abgeordneter und Vorsitzender des mächtigen Agrarausschusses. In dieser Funktion war er maßgeblich an der GAP-Reform beteiligt. Man gebe die “Vergrünerung der GAP” nicht auf, auch wenn der russische Krieg gegen die Ukraine und die Getreidekrise aus seiner Sicht weiterhin Ausnahmen nötig machen. Mehr über den CDU-Politiker erfahren Sie im Porträt von Paul Meerkamp.
Kurz vor ihrer ersten Reise als EU-Kommissionschefin nach Peking hat Ursula von der Leyen in einer erstaunlich deutlichen Grundsatzrede eine Idee davon vermittelt, was sie in der chinesischen Hauptstadt vorzutragen hat. Bei der Veranstaltung der Denkfabriken European Policy Center und dem von Peking sanktionierten Merics-Institut am Donnerstag in Brüssel plädierte sie für eine EU-eigene und vereinte China-Politik.
Sie sprach sich für ein “De-risking” in strategischen Bereichen und nicht für ein volles Decoupling aus. Der sonst von offizieller Seite gebetsmühlenartig wiederholte EU-Dreiklang aus “Partner, Wettbewerber, Rivale” zur Beschreibung des Verhältnisses mit der Volksrepublik fehlte.
Von der Leyen wird kommende Woche gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nach China reisen. Die Rede setzte vorab einen herausfordernden Ton. Von der Leyen hatte sich in der Vergangenheit bereits kritisch zu einzelnen Aspekten der europäischen China-Politik geäußert. Eine reine Grundsatzrede über die Beziehungen zu Peking hielt sie nun allerdings zum ersten Mal. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Geopolitik:
Handel:
Die EU-Kommissionschefin legte mit der Rede einen unerwartet direkten Ton an den Tag und folgte ihrer sich zuletzt herauskristallisierenden Tendenz, in der China-Politik eine entschiedenere Position einzunehmen. Zu sehen war das bereits beim Treffen von der Leyens mit US-Präsident Joe Biden in Washington.
Peking wird die Rede eher sauer aufstoßen. China wird Brüssel – nicht zum ersten Mal – vorwerfen, den USA hörig zu sein.
Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF) bewertet den Auftritt der EU-Kommissionschefin als Durchbruch: “Von der Leyen hat die Rede über China geliefert, auf die Europa gewartet hat”, schrieb Barkin auf Twitter. Ob ganz Europa oder auch nur EU-Institutionen dem zustimmen werden, ist aber fraglich. Zuletzt hatte sich eine zunehmende Spaltung zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten erkennen lassen. EU-Ratschef Charles Michel war im November allein nach Peking gereist. Er sieht den konfrontativen Ansatz gegenüber China eher skeptisch.
Wie sehr von der Leyen ihren Ton bei der gemeinsamen Reise mit Macron beibehalten wird, wird sich zeigen. “Präsidentin von der Leyen und Präsident Macron haben in der jüngeren Vergangenheit mit Bezug auf China nicht immer die genau gleiche Melodie gesungen“, sagte der Grünen-Europapolitiker und Leiter der China-Delegation des EU-Parlaments, Reinhard Bütikofer, zu Table.Media. Der gemeinsame Besuch liefere nun eine Gelegenheit, “chinesische Spaltungsversuche ins Leere” laufen zu lassen.
Für den Ansatz, europäische Einheit in Peking zu demonstrieren, habe Macron auf jeden Fall bereits Lob verdient, findet Mathieu Duchâtel, Direktor des Asien-Programms am Pariser Institut Montaigne. “Natürlich wird er in Teilen Europas dafür kritisiert werden, dass er nicht miteinbeziehend genug war. Aber er hätte seinen Besuch rein bilateral machen können”, sagte Duchâtel. Was konkrete Ergebnisse des Besuchs angeht, zeigte sich der Außenpolitik-Experte aber weniger positiv: Die EU hofft auf eine positive chinesische Rolle im Russland-Ukraine-Krieg. Das sei eher unwahrscheinlich.
Der Grad der Koordination zwischen Macron und von der Leyen bleibe abzuwarten, sagte Merics-EU-Experte Grzegorz Stec. “Angesichts seines erklärten Ziels, Chinas potenziellen positiven Beitrag zur Lösung des Krieges in der Ukraine näher zu betrachten, könnte Macron einen sanfteren und flexibleren Ton anschlagen.” Der Franzose hatte sich zuletzt nach dem G20-Gipfel für China als Vermittler ausgesprochen. Dieses Ziel könnte die selbstbewusste Linie von der Leyens jetzt aber beeinträchtigt haben, sagte Stec zu Table.Media.
Bis 2030 muss die EU ein Erneuerbaren-Ziel von 42,5 statt 32 Prozent erreichen. Darauf haben sich die Unterhändler in Brüssel nach durchverhandelter Nacht am Donnerstagmorgen im letzten Trilog zur Erneuerbaren-Richtlinie (RED) geeinigt. Auf Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft gilt außerdem ein freiwilliger Aufschlag von 2,5 Prozent, den die Staaten gemeinsam anstreben sollen.
Die Mitgliedstaaten waren nur mit einem Angebot von 40 Prozent in die Verhandlungen gegangen, Parlament und Kommission wollten verpflichtende 45 Prozent durchsetzen. Dennoch wurde das Ergebnis von den Beteiligten als Erfolg gewertet. “Die Einigung auf eine neue, ehrgeizige Richtlinie für erneuerbare Energien ist eine gute Nachricht für die erneuerbaren Energien nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt“, schrieben in einem gemeinsamen Statement Energiekommissarin Kadri Simson und der Chef der internationalen Erneuerbaren-Agentur (IRENA), Francesco La Camera.
Ob sie das ambitioniertere Erneuerbaren-Ziel wirklich mittragen, müssen die Mitgliedstaaten nun aber in einer Neuauflage ihrer nationalen Energie- und Klimapläne zeigen. Darin können sich die EU-Staaten ihre Ausbauziele nach eigenem Gusto stecken. Droht das gemeinsame Erneuerbaren-Ziel in Summe verfehlt zu werden, kann die Kommission nach der Governance-Verordnung nur auf Unionsebene tätig werden.
Die Kommentare zu dem gestrigen Beschluss konzentrierten sich aber vorerst auf den freiwilligen Zuschlag von 2,5 Prozent. Die europäische Ebene müsse Verantwortung übernehmen, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss: “Die EU muss in Zukunft auch Wind- und Solaranlagen bauen können.” Nicht ganz so weit gehen will Solar Power Europe. Für den “Top up” bestehe die Aufgabe nun darin, verfügbare EU-Instrumente zu nutzen, sagte CEO Walburga Hemetsberger. Mit RE Power EU hatte die Kommission den Mitgliedstaaten bereits zusätzliche Finanzmittel zugesagt.
Um den Erneuerbaren-Ausbau zu erleichtern, werden die Mittel zur Planungsbeschleunigung aus der Notfallverordnung des vergangenen Jahres dauerhaft in der RED festgeschrieben. In Beschleunigungszonen können etwa umweltrechtliche Prüfungen vereinfacht werden. Mit Abstrichen gelten die Vereinfachungen auch für den Netzausbau.
Politisch am umstrittensten war zuletzt die Rolle der Kernenergie. Frankreich wollte mit Unterstützung weiterer Staaten erreichen, dass auch “kohlenstoffarme Energieträger” auf die Erneuerbaren-Ziele angerechnet werden können. Heraus kam am Ende aber nur ein Abschlag auf die Wasserstoff-Quote in der Industrie.
Für alle Mitgliedstaaten gilt das Ziel, dass bis 2030 mindestens 42 Prozent des Wasserstoffs in der Industrie durch RFNBOs gedeckt werden müssen, also durch synthetische Energieträger, die mithilfe von Grünstrom erzeugt werden. Bis 2035 muss die Quote auf 60 Prozent ansteigen. Unter bestimmten Bedingungen können Staaten, die ihre Industrie bereits dekarbonisiert haben, einen minimalen Abschlag von einem Fünftel auf diese Quoten erhalten. Allerdings sind die Eintrittsschwellen laut dem Berichterstatter des Parlaments so hoch, dass Frankreich mit seinem geringen Erneuerbaren-Anteil davon noch lange Zeit nicht profitieren dürfte.
Nur ein Land dürfte die Regelung zunächst anwenden können, und das dürfte Schweden sein, sagte Markus Pieper (EVP) am Mittag vor der Presse. “Die, die es wollten, für die trifft es nicht zu”, schob der Abgeordnete hinterher.
Trotzdem besteht nun die Gefahr, dass die Regierung in Paris die Rolle der Atomkraft in den kommenden Jahren bei jedem Energie- und Klimadossier neu aufruft. Die “Freunde der Erneuerbaren” rund um Deutschland und Österreich täten also gut daran, mit Frankreich eine übergreifende Lösung für die Kernenergie zu finden.
Erneuerbaren- oder Wasserstoffziele werden mit der RED auch für den Verkehrs- und den Gebäudesektor geschaffen. Im Verkehr gelten außerdem Vorgaben für nachhaltige Biokraftstoffe.
Im Energiesektor ist die Nachhaltigkeit von Biomasse der größte Kritikpunkt von Umweltorganisationen an dem ausgehandelten Kompromiss. Die Verfeuerung zur Strom- und Wärmegewinnung kann nach der RED immer noch genutzt werden, um die Erneuerbaren-Ziele zu erfüllen. Für das waldreiche Schweden war dies sogar eines der Hauptziele seiner Ratspräsidentschaft. Die staatliche Förderung werde aber beendet, sagte Pieper.
Für den WWF kommt es allerdings auf den genauen Wortlaut an. Zwar werde direkte finanzielle Unterstützung für die energetische Verwertung von bestimmten Holzprodukten und Baumteilen beendet. Indirekte Anreize wie Steuererleichterungen blieben aber weiterhin erlaubt.
Die vorläufige Einigung muss nun noch formal bestätigt werden. Pieper rechnet Mitte Mai mit der Zustimmung des Parlaments und auch der Rat werde wohl noch vor der Sommerpause zustimmen.
05.04.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative “Rettet Bienen und Landwirte!”, Initiative zur Übertragung von Strafverfahren. Vorläufige Tagesordnung
Das EU-Parlament hat am Donnerstag seine Verhandlungspositionen zur Reduzierung fluorierter Gase (F-Gase) und ozonabbauender Stoffe angenommen. Die beiden Gesetzesvorschläge sollen die Verwendung und den Handel mit den umwelt- und klimaschädlichen Substanzen stärker reglementieren und klimafreundliche Alternativen fördern. F-Gase gehören zur Gruppe der Treibhausgase und fallen somit unter das Pariser Abkommen. Das Treibhauspotenzial von F-Gasen liegt um ein 100 bis 24.000-faches über dem von CO₂.
Vor allem die Gesetzesverschärfungen zur Verwendung von F-Gasen dürfte erheblich Auswirkungen auf die verarbeitende Industrie Europas haben. Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) sind die am häufigsten verwendeten F-Gase und sollen bis 2050 vollständig verboten werden.
Neben HFKW gibt es noch Perfluorkohlenwasserstoffe (PFCs), Schwefelhexafluoride (SF6) und Stickstofftrifluoride (NF3), die in verschiedenen Industrieprozessen eingesetzt werden. Zum Beispiel in Sprays oder als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen oder zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz.
“Wir geben dem Markt ein klares Signal: Wechseln Sie zu sauberen Alternativen”, kommentierte Bas Eickhout (Grüne) die Annahme seines Berichts. Das sei nicht nur entscheidend für das Klima, sondern auch gut für die europäische Industrie, die so bei der Herstellung sauberer Produkte an der Spitze bleiben könne, so der Niederländer.
Die Wärmepumpen-Industrie übt erneut Kritik an dem Zeitplan, den das EU-Parlament vorschlägt. Dieser würde ein Verbot von F-Gasen für einige Wärmepumpentypen bereits ab 2026 bedeuten und “die Ambitionen der EU in Bezug auf Klima und Energiesicherheit untergraben”, schreibt der Europäische Wärmepumpenverband. Es gehe nicht darum, ein rotes Legosteinchen durch ein gelbes zu ersetzen, sagt Thomas Nowak, Generalsekretär des Verbands. “Diese Umstellung erfordert Zeit, Tests und Anpassungen.”
Im Gegensatz zu F-Gasen sind ozonabbauende Stoffe schon weitgehend verboten. Strenge Ausnahmen gibt es nur zur Herstellung von Chemikalien, für die ozonabbauende Stoffe als Ausgangsstoff notwendig sind, sowie für den Brandschutz etwa bei militärischer Ausrüstung und in Flugzeugen. Mit dem Gesetzesvorschlag der Kommission sollen die Befugnisse der Zoll- und Marktaufsichtsbehörden bei der Verhinderung des illegalen Handels der Substanzen gestärkt werden und an die neuen Vorschriften zur Umweltkriminalität angepasst werden.
Voraussichtlich kommende Woche wird der Rat seine Verhandlungsposition zu beiden Gesetzesvorschlägen abstimmen. Anschließend können die Trilogverhandlungen beginnen. luk
Der CDU-Abgeordnete Christian Ehler wird nach Informationen von Table.Media Berichterstatter des Europaparlaments für den Net-Zero Industry Act (NZIA). Der Koordinator der Christdemokraten im Industrie- und Energieausschuss (ITRE) übernimmt damit eine zentrale Rolle in den Verhandlungen über den Rechtsakt, der die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Standort für klimafreundliche Technologien wie Solar oder Wasserstoff sichern soll.
Die EVP-Fraktion hatte sich am Dienstag die Zuständigkeit für den NZIA gesichert, die liberale Renew-Fraktion jene für den Critical Raw Materials Act. Für den CRMA wird laut den Informationen ebenfalls eine deutsche Abgeordnete als Berichterstatterin zuständig sein: die Vizepräsidentin des Parlaments, Nicola Beer (FDP). Die S&D-Fraktion, die die Zuständigkeit für die Reform des Strommarktes an sich gezogen hat, wird voraussichtlich einen spanischen Abgeordneten mit dem Bericht beauftragen. tho
Das Europaparlament hat strengeren Regeln für mehr Lohntransparenz zugestimmt. Unternehmen in der EU mit mehr als 100 Angestellten müssen künftig Informationen zu Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen offenlegen. Das EU-Parlament sprach sich am Donnerstag in Brüssel mit 427 Stimmen bei 79 Gegenstimmen und 76 Enthaltungen für eine solche Regelung aus.
Für Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten gilt diese Pflicht nur, sobald sie von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin dazu aufgefordert werden. Mit der neuen Regelung sollen Gehälter leichter verglichen und eventuelle Lohnunterschiede aufgedeckt werden. Die EU-Länder müssen noch zustimmen, was als Formsache gilt.
Frauen verdienen den Angaben zufolge in der EU im Schnitt 13 Prozent weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap habe sich in den vergangenen Jahren nur minimal verkleinert.
Geheimhaltungsklauseln über das Gehalt sollen demnach in Verträgen verboten sein. Vorgesehen ist nach dem Willen der EU außerdem eine verpflichtende Untersuchung gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen, falls bei einem Unternehmen eine Lohndifferenz von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Wenn Arbeitgeber Verpflichtungen des Grundsatzes für gleiche Bezahlung nicht beachteten, hätten Arbeitnehmer das Recht, Entschädigung zu verlangen. dpa
Die Bundestagsfraktionen der Ampel-Koalition unterstützen Reformen des europäischen Wahlrechts. So sollten transnationale Listen eingeführt werden, die jeweils von den Spitzenkandidaten der Parteienfamilien angeführt werden, fordern SPD, Grüne und FDP in einem gemeinsamen Antrag, der am Donnerstag ins Plenum eingebracht wurde. Daneben sprechen sie sich für eine Sperrklausel bei der Europawahl von zwei bis fünf Prozent in größeren Mitgliedstaaten aus.
Die Regierungsfraktionen schließen sich damit den meisten Forderungen des Europaparlaments an. Klärungsbedarf sehen sie hingegen noch bei den Forderungen nach Geschlechterparität auf den Wahllisten und einem EU-weit einheitlichen Wahltag. Die geforderten Änderungen kommen aber zu spät für die Europawahl im kommenden Jahr und werden daher frühestens für die Wahl 2029 greifen. Einzig die bereits von der Bundesregierung beschlossene Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre gilt bereits 2024.
Das Europaparlament hatte im vergangenen Mai einen Initiativantrag beschlossen, der unter anderem einen länderübergreifenden Wahlkreis mit 28 Plätzen zusätzlich zu den Wahlkreisen in den EU-Staaten fordert und eine Sperrklausel von 3,5 Prozent vorsieht. Die Mitgliedstaaten müssten dem aber einstimmig zustimmen.
Die jüngste Reform des Europäischen Wahlaktes aus dem Jahr 2018 ist immer noch nicht in Kraft getreten, da Spanien und Zypern noch nicht zugestimmt haben. Auch Deutschland hat sich viel Zeit gelassen, die Koalition will den Wahlakt nun aber in den kommenden Wochen verabschieden. tho
Nach Ansicht von Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona am Europäischen Gerichtshof (EuGH) darf VW wegen des Dieselskandals nicht zweimal bestraft werden. Der Konzern hatte weltweit 10,7 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit Prüfstandserkennung und Möglichkeit zur Abgasmanipulation verkauft. Dafür zahlte VW in einem Verfahren vor einem Braunschweiger Gericht eine Buße von einer Milliarde Euro.
Von den italienischen Behörden war gegen den Konzern eine Buße von fünf Millionen Euro verhängt worden. VW hatte nach Italien 70.000 Fahrzeuge mit Schummelsoftware verkauft. VW wehrte sich gegen die Buße in Italien, woraufhin sich der italienische Staatsrat mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH wandte.
In seinem Schlussantrag kommt der Generalanwalt zu der Überzeugung, dass beide Verfahren dieselbe juristische Person – nämlich Volkswagen – beträfen, und dass der sanktionierte Sachverhalt identisch sei. Daher verbiete sich eine zweite Sanktionierung. mgr
“Wir müssen die Landwirtschaft nachhaltiger machen und gleichzeitig die Erträge erhalten” – diese Forderung wiederholt Norbert Lins mehrfach. Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Vorsitzender des mächtigen Agrarausschusses ist er mit dafür verantwortlich, wie gut die Landwirtschaft auf dem Kontinent diesen Spagat meistert. Ob Fruchtfolgen, Humus-Aufbau oder Rebhühner – der 45-Jährige kennt die Materie schon seit seiner Kindheit. Lins ist auf einem Bauernhof im baden-württembergischen Danketsweiler aufgewachsen.
“Wir hatten vor allem Milchkühe und ein paar Schweine”, erzählt er. Mit elf Hektar sei der Hof schon für damalige Verhältnisse eher klein gewesen. Auch deshalb war es für ihn keine Option, den Bauernhof zu übernehmen. Lins begann stattdessen ein Studium des gehobenen Verwaltungsdienstes. Mit 18 Jahren trat er in die CDU ein.
Er konnte sich gut vorstellen, eines Tages in die Kommunalpolitik zu gehen. Doch ein Praktikum im EU-Parlament führte ihn zur Europapolitik. Als dann noch kurz vor dem Ende seines Studiums sein Parteifreund Andreas Schwab Abgeordneter wurde, ergab sich die perfekte Gelegenheit: Lins wurde sein Büroleiter.
“Das war im Endeffekt eine glückliche Fügung”, sagt er rückblickend. Er sei ein fleißiger Mensch, es brauche aber auch etwas “Glück des Tüchtigen”. Das habe ihm auch geholfen, als er 2014 selbst kandidierte und einen Abgeordnetensitz im Europäischen Parlament knapp ergatterte. Fünf Jahre später wurde er wiedergewählt – auch das gelang nur knapp.
Seitdem leitet Lins den Landwirtschaftsausschuss und war maßgeblich an der GAP-Reform beteiligt. Dass es bei den EU-Fördergeldern schnell um zwölfstellige Summen geht, verunsichert ihn nicht. Schließlich könne er die Milliarden immer runterbrechen auf das, was bei einem kleinen oder mittelgroßen Bauernhof ankomme.
Diese zu stärken, war ein Ziel der Reform. Außerdem sollte die Agrarpolitik der EU nachhaltiger werden. Hat das geklappt? “Da sind wir mit dieser Reform bestimmt noch nicht am Ziel, aber einen bedeutenden Schritt weiter”, sagt Lins.
Als mit dem Ukrainekrieg die Getreideexporte des Landes einbrachen, sprach er sich für Ausnahmen bei den geplanten Flächenstilllegungen und Fruchtwechseln aus. Das habe geholfen, die Getreidemärkte zu beruhigen. Nur leider sei in der Ukraine kein Frieden in Sicht. “Deshalb glaube ich persönlich, dass auch 2024 und 2025 Ausnahmen notwendig sind.”
Das bedeute nicht, dass man die “Vergrünerung der GAP” aufgebe, die Öko-Regelungen mit entsprechenden Fördermitteln stünden trotzdem bereit. Und er ist der Meinung, dass Fruchtwechsel sowieso stärkere Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft haben als Stilllegungen von Flächen: “Uns muss gelingen, dass wir aufhören, Mais auf Mais auf Mais anzubauen.”
Lins würde gerne weiter daran arbeiten. Mitte April geht es in seinem Kreisverband um die Nominierung für die nächste Europawahl. Er würde sich freuen, wenn dann auch der Wähler seinen “Fünf-Jahres-Vertrag verlängert”. Paul Meerkamp
kurz bevor sie gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach China reist, hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Grundsatzrede zur europäischen China-Politik gehalten. Die fiel erstaunlich deutlich aus, wie Amelie Richter in ihrer Analyse schreibt. “Unsere Beziehungen sind unausgewogen und werden durch Chinas staatskapitalistisches System zunehmend verzerrt”, sagte von der Leyen etwa. Peking dürften diese Aussagen sauer aufstoßen – und auch in Brüssel wird es wahrscheinlich nicht nur Beifall geben.
Die ganze Nacht haben die Unterhändler verhandelt, gestern Morgen gab es schließlich eine Einigung im letzten Trilog zur Erneuerbaren-Richtlinie: Bis 2030 muss die EU ein Erneuerbaren-Ziel von 42,5 statt 32 Prozent erreichen. Auf Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft gilt außerdem ein freiwilliger Aufschlag von 2,5 Prozent, den die Staaten gemeinsam anstreben sollen. Frankreich ist mit seinem umstrittenen Vorstoß für die Kernenergie gescheitert. Manuel Berkel fasst die Ergebnisse zusammen.
Der Net-Zero Industry Act soll Europas Wettbewerbsfähigkeit als Standort für klimafreundliche Technologien sichern. Wie Table.Media erfahren hat, wird der CDU-Abgeordnete Christian Ehler Berichterstatter des Europaparlaments für dieses zentrale Gesetzesvorhaben der EU. Eine deutsche Berichterstatterin wird es auch für den Critical Raw Materials Act geben – diese Aufgabe geht an die Vizepräsidentin des Parlaments, Nicola Beer (FDP), wie Sie in den News lesen.
Norbert Lins ist auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe des Bodensees aufgewachsen, die Familie hatte Milchkühe und Schweine. Heute ist Lins EU-Abgeordneter und Vorsitzender des mächtigen Agrarausschusses. In dieser Funktion war er maßgeblich an der GAP-Reform beteiligt. Man gebe die “Vergrünerung der GAP” nicht auf, auch wenn der russische Krieg gegen die Ukraine und die Getreidekrise aus seiner Sicht weiterhin Ausnahmen nötig machen. Mehr über den CDU-Politiker erfahren Sie im Porträt von Paul Meerkamp.
Kurz vor ihrer ersten Reise als EU-Kommissionschefin nach Peking hat Ursula von der Leyen in einer erstaunlich deutlichen Grundsatzrede eine Idee davon vermittelt, was sie in der chinesischen Hauptstadt vorzutragen hat. Bei der Veranstaltung der Denkfabriken European Policy Center und dem von Peking sanktionierten Merics-Institut am Donnerstag in Brüssel plädierte sie für eine EU-eigene und vereinte China-Politik.
Sie sprach sich für ein “De-risking” in strategischen Bereichen und nicht für ein volles Decoupling aus. Der sonst von offizieller Seite gebetsmühlenartig wiederholte EU-Dreiklang aus “Partner, Wettbewerber, Rivale” zur Beschreibung des Verhältnisses mit der Volksrepublik fehlte.
Von der Leyen wird kommende Woche gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nach China reisen. Die Rede setzte vorab einen herausfordernden Ton. Von der Leyen hatte sich in der Vergangenheit bereits kritisch zu einzelnen Aspekten der europäischen China-Politik geäußert. Eine reine Grundsatzrede über die Beziehungen zu Peking hielt sie nun allerdings zum ersten Mal. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Geopolitik:
Handel:
Die EU-Kommissionschefin legte mit der Rede einen unerwartet direkten Ton an den Tag und folgte ihrer sich zuletzt herauskristallisierenden Tendenz, in der China-Politik eine entschiedenere Position einzunehmen. Zu sehen war das bereits beim Treffen von der Leyens mit US-Präsident Joe Biden in Washington.
Peking wird die Rede eher sauer aufstoßen. China wird Brüssel – nicht zum ersten Mal – vorwerfen, den USA hörig zu sein.
Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF) bewertet den Auftritt der EU-Kommissionschefin als Durchbruch: “Von der Leyen hat die Rede über China geliefert, auf die Europa gewartet hat”, schrieb Barkin auf Twitter. Ob ganz Europa oder auch nur EU-Institutionen dem zustimmen werden, ist aber fraglich. Zuletzt hatte sich eine zunehmende Spaltung zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten erkennen lassen. EU-Ratschef Charles Michel war im November allein nach Peking gereist. Er sieht den konfrontativen Ansatz gegenüber China eher skeptisch.
Wie sehr von der Leyen ihren Ton bei der gemeinsamen Reise mit Macron beibehalten wird, wird sich zeigen. “Präsidentin von der Leyen und Präsident Macron haben in der jüngeren Vergangenheit mit Bezug auf China nicht immer die genau gleiche Melodie gesungen“, sagte der Grünen-Europapolitiker und Leiter der China-Delegation des EU-Parlaments, Reinhard Bütikofer, zu Table.Media. Der gemeinsame Besuch liefere nun eine Gelegenheit, “chinesische Spaltungsversuche ins Leere” laufen zu lassen.
Für den Ansatz, europäische Einheit in Peking zu demonstrieren, habe Macron auf jeden Fall bereits Lob verdient, findet Mathieu Duchâtel, Direktor des Asien-Programms am Pariser Institut Montaigne. “Natürlich wird er in Teilen Europas dafür kritisiert werden, dass er nicht miteinbeziehend genug war. Aber er hätte seinen Besuch rein bilateral machen können”, sagte Duchâtel. Was konkrete Ergebnisse des Besuchs angeht, zeigte sich der Außenpolitik-Experte aber weniger positiv: Die EU hofft auf eine positive chinesische Rolle im Russland-Ukraine-Krieg. Das sei eher unwahrscheinlich.
Der Grad der Koordination zwischen Macron und von der Leyen bleibe abzuwarten, sagte Merics-EU-Experte Grzegorz Stec. “Angesichts seines erklärten Ziels, Chinas potenziellen positiven Beitrag zur Lösung des Krieges in der Ukraine näher zu betrachten, könnte Macron einen sanfteren und flexibleren Ton anschlagen.” Der Franzose hatte sich zuletzt nach dem G20-Gipfel für China als Vermittler ausgesprochen. Dieses Ziel könnte die selbstbewusste Linie von der Leyens jetzt aber beeinträchtigt haben, sagte Stec zu Table.Media.
Bis 2030 muss die EU ein Erneuerbaren-Ziel von 42,5 statt 32 Prozent erreichen. Darauf haben sich die Unterhändler in Brüssel nach durchverhandelter Nacht am Donnerstagmorgen im letzten Trilog zur Erneuerbaren-Richtlinie (RED) geeinigt. Auf Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft gilt außerdem ein freiwilliger Aufschlag von 2,5 Prozent, den die Staaten gemeinsam anstreben sollen.
Die Mitgliedstaaten waren nur mit einem Angebot von 40 Prozent in die Verhandlungen gegangen, Parlament und Kommission wollten verpflichtende 45 Prozent durchsetzen. Dennoch wurde das Ergebnis von den Beteiligten als Erfolg gewertet. “Die Einigung auf eine neue, ehrgeizige Richtlinie für erneuerbare Energien ist eine gute Nachricht für die erneuerbaren Energien nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt“, schrieben in einem gemeinsamen Statement Energiekommissarin Kadri Simson und der Chef der internationalen Erneuerbaren-Agentur (IRENA), Francesco La Camera.
Ob sie das ambitioniertere Erneuerbaren-Ziel wirklich mittragen, müssen die Mitgliedstaaten nun aber in einer Neuauflage ihrer nationalen Energie- und Klimapläne zeigen. Darin können sich die EU-Staaten ihre Ausbauziele nach eigenem Gusto stecken. Droht das gemeinsame Erneuerbaren-Ziel in Summe verfehlt zu werden, kann die Kommission nach der Governance-Verordnung nur auf Unionsebene tätig werden.
Die Kommentare zu dem gestrigen Beschluss konzentrierten sich aber vorerst auf den freiwilligen Zuschlag von 2,5 Prozent. Die europäische Ebene müsse Verantwortung übernehmen, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss: “Die EU muss in Zukunft auch Wind- und Solaranlagen bauen können.” Nicht ganz so weit gehen will Solar Power Europe. Für den “Top up” bestehe die Aufgabe nun darin, verfügbare EU-Instrumente zu nutzen, sagte CEO Walburga Hemetsberger. Mit RE Power EU hatte die Kommission den Mitgliedstaaten bereits zusätzliche Finanzmittel zugesagt.
Um den Erneuerbaren-Ausbau zu erleichtern, werden die Mittel zur Planungsbeschleunigung aus der Notfallverordnung des vergangenen Jahres dauerhaft in der RED festgeschrieben. In Beschleunigungszonen können etwa umweltrechtliche Prüfungen vereinfacht werden. Mit Abstrichen gelten die Vereinfachungen auch für den Netzausbau.
Politisch am umstrittensten war zuletzt die Rolle der Kernenergie. Frankreich wollte mit Unterstützung weiterer Staaten erreichen, dass auch “kohlenstoffarme Energieträger” auf die Erneuerbaren-Ziele angerechnet werden können. Heraus kam am Ende aber nur ein Abschlag auf die Wasserstoff-Quote in der Industrie.
Für alle Mitgliedstaaten gilt das Ziel, dass bis 2030 mindestens 42 Prozent des Wasserstoffs in der Industrie durch RFNBOs gedeckt werden müssen, also durch synthetische Energieträger, die mithilfe von Grünstrom erzeugt werden. Bis 2035 muss die Quote auf 60 Prozent ansteigen. Unter bestimmten Bedingungen können Staaten, die ihre Industrie bereits dekarbonisiert haben, einen minimalen Abschlag von einem Fünftel auf diese Quoten erhalten. Allerdings sind die Eintrittsschwellen laut dem Berichterstatter des Parlaments so hoch, dass Frankreich mit seinem geringen Erneuerbaren-Anteil davon noch lange Zeit nicht profitieren dürfte.
Nur ein Land dürfte die Regelung zunächst anwenden können, und das dürfte Schweden sein, sagte Markus Pieper (EVP) am Mittag vor der Presse. “Die, die es wollten, für die trifft es nicht zu”, schob der Abgeordnete hinterher.
Trotzdem besteht nun die Gefahr, dass die Regierung in Paris die Rolle der Atomkraft in den kommenden Jahren bei jedem Energie- und Klimadossier neu aufruft. Die “Freunde der Erneuerbaren” rund um Deutschland und Österreich täten also gut daran, mit Frankreich eine übergreifende Lösung für die Kernenergie zu finden.
Erneuerbaren- oder Wasserstoffziele werden mit der RED auch für den Verkehrs- und den Gebäudesektor geschaffen. Im Verkehr gelten außerdem Vorgaben für nachhaltige Biokraftstoffe.
Im Energiesektor ist die Nachhaltigkeit von Biomasse der größte Kritikpunkt von Umweltorganisationen an dem ausgehandelten Kompromiss. Die Verfeuerung zur Strom- und Wärmegewinnung kann nach der RED immer noch genutzt werden, um die Erneuerbaren-Ziele zu erfüllen. Für das waldreiche Schweden war dies sogar eines der Hauptziele seiner Ratspräsidentschaft. Die staatliche Förderung werde aber beendet, sagte Pieper.
Für den WWF kommt es allerdings auf den genauen Wortlaut an. Zwar werde direkte finanzielle Unterstützung für die energetische Verwertung von bestimmten Holzprodukten und Baumteilen beendet. Indirekte Anreize wie Steuererleichterungen blieben aber weiterhin erlaubt.
Die vorläufige Einigung muss nun noch formal bestätigt werden. Pieper rechnet Mitte Mai mit der Zustimmung des Parlaments und auch der Rat werde wohl noch vor der Sommerpause zustimmen.
05.04.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative “Rettet Bienen und Landwirte!”, Initiative zur Übertragung von Strafverfahren. Vorläufige Tagesordnung
Das EU-Parlament hat am Donnerstag seine Verhandlungspositionen zur Reduzierung fluorierter Gase (F-Gase) und ozonabbauender Stoffe angenommen. Die beiden Gesetzesvorschläge sollen die Verwendung und den Handel mit den umwelt- und klimaschädlichen Substanzen stärker reglementieren und klimafreundliche Alternativen fördern. F-Gase gehören zur Gruppe der Treibhausgase und fallen somit unter das Pariser Abkommen. Das Treibhauspotenzial von F-Gasen liegt um ein 100 bis 24.000-faches über dem von CO₂.
Vor allem die Gesetzesverschärfungen zur Verwendung von F-Gasen dürfte erheblich Auswirkungen auf die verarbeitende Industrie Europas haben. Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) sind die am häufigsten verwendeten F-Gase und sollen bis 2050 vollständig verboten werden.
Neben HFKW gibt es noch Perfluorkohlenwasserstoffe (PFCs), Schwefelhexafluoride (SF6) und Stickstofftrifluoride (NF3), die in verschiedenen Industrieprozessen eingesetzt werden. Zum Beispiel in Sprays oder als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen oder zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz.
“Wir geben dem Markt ein klares Signal: Wechseln Sie zu sauberen Alternativen”, kommentierte Bas Eickhout (Grüne) die Annahme seines Berichts. Das sei nicht nur entscheidend für das Klima, sondern auch gut für die europäische Industrie, die so bei der Herstellung sauberer Produkte an der Spitze bleiben könne, so der Niederländer.
Die Wärmepumpen-Industrie übt erneut Kritik an dem Zeitplan, den das EU-Parlament vorschlägt. Dieser würde ein Verbot von F-Gasen für einige Wärmepumpentypen bereits ab 2026 bedeuten und “die Ambitionen der EU in Bezug auf Klima und Energiesicherheit untergraben”, schreibt der Europäische Wärmepumpenverband. Es gehe nicht darum, ein rotes Legosteinchen durch ein gelbes zu ersetzen, sagt Thomas Nowak, Generalsekretär des Verbands. “Diese Umstellung erfordert Zeit, Tests und Anpassungen.”
Im Gegensatz zu F-Gasen sind ozonabbauende Stoffe schon weitgehend verboten. Strenge Ausnahmen gibt es nur zur Herstellung von Chemikalien, für die ozonabbauende Stoffe als Ausgangsstoff notwendig sind, sowie für den Brandschutz etwa bei militärischer Ausrüstung und in Flugzeugen. Mit dem Gesetzesvorschlag der Kommission sollen die Befugnisse der Zoll- und Marktaufsichtsbehörden bei der Verhinderung des illegalen Handels der Substanzen gestärkt werden und an die neuen Vorschriften zur Umweltkriminalität angepasst werden.
Voraussichtlich kommende Woche wird der Rat seine Verhandlungsposition zu beiden Gesetzesvorschlägen abstimmen. Anschließend können die Trilogverhandlungen beginnen. luk
Der CDU-Abgeordnete Christian Ehler wird nach Informationen von Table.Media Berichterstatter des Europaparlaments für den Net-Zero Industry Act (NZIA). Der Koordinator der Christdemokraten im Industrie- und Energieausschuss (ITRE) übernimmt damit eine zentrale Rolle in den Verhandlungen über den Rechtsakt, der die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Standort für klimafreundliche Technologien wie Solar oder Wasserstoff sichern soll.
Die EVP-Fraktion hatte sich am Dienstag die Zuständigkeit für den NZIA gesichert, die liberale Renew-Fraktion jene für den Critical Raw Materials Act. Für den CRMA wird laut den Informationen ebenfalls eine deutsche Abgeordnete als Berichterstatterin zuständig sein: die Vizepräsidentin des Parlaments, Nicola Beer (FDP). Die S&D-Fraktion, die die Zuständigkeit für die Reform des Strommarktes an sich gezogen hat, wird voraussichtlich einen spanischen Abgeordneten mit dem Bericht beauftragen. tho
Das Europaparlament hat strengeren Regeln für mehr Lohntransparenz zugestimmt. Unternehmen in der EU mit mehr als 100 Angestellten müssen künftig Informationen zu Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen offenlegen. Das EU-Parlament sprach sich am Donnerstag in Brüssel mit 427 Stimmen bei 79 Gegenstimmen und 76 Enthaltungen für eine solche Regelung aus.
Für Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten gilt diese Pflicht nur, sobald sie von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin dazu aufgefordert werden. Mit der neuen Regelung sollen Gehälter leichter verglichen und eventuelle Lohnunterschiede aufgedeckt werden. Die EU-Länder müssen noch zustimmen, was als Formsache gilt.
Frauen verdienen den Angaben zufolge in der EU im Schnitt 13 Prozent weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap habe sich in den vergangenen Jahren nur minimal verkleinert.
Geheimhaltungsklauseln über das Gehalt sollen demnach in Verträgen verboten sein. Vorgesehen ist nach dem Willen der EU außerdem eine verpflichtende Untersuchung gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen, falls bei einem Unternehmen eine Lohndifferenz von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Wenn Arbeitgeber Verpflichtungen des Grundsatzes für gleiche Bezahlung nicht beachteten, hätten Arbeitnehmer das Recht, Entschädigung zu verlangen. dpa
Die Bundestagsfraktionen der Ampel-Koalition unterstützen Reformen des europäischen Wahlrechts. So sollten transnationale Listen eingeführt werden, die jeweils von den Spitzenkandidaten der Parteienfamilien angeführt werden, fordern SPD, Grüne und FDP in einem gemeinsamen Antrag, der am Donnerstag ins Plenum eingebracht wurde. Daneben sprechen sie sich für eine Sperrklausel bei der Europawahl von zwei bis fünf Prozent in größeren Mitgliedstaaten aus.
Die Regierungsfraktionen schließen sich damit den meisten Forderungen des Europaparlaments an. Klärungsbedarf sehen sie hingegen noch bei den Forderungen nach Geschlechterparität auf den Wahllisten und einem EU-weit einheitlichen Wahltag. Die geforderten Änderungen kommen aber zu spät für die Europawahl im kommenden Jahr und werden daher frühestens für die Wahl 2029 greifen. Einzig die bereits von der Bundesregierung beschlossene Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre gilt bereits 2024.
Das Europaparlament hatte im vergangenen Mai einen Initiativantrag beschlossen, der unter anderem einen länderübergreifenden Wahlkreis mit 28 Plätzen zusätzlich zu den Wahlkreisen in den EU-Staaten fordert und eine Sperrklausel von 3,5 Prozent vorsieht. Die Mitgliedstaaten müssten dem aber einstimmig zustimmen.
Die jüngste Reform des Europäischen Wahlaktes aus dem Jahr 2018 ist immer noch nicht in Kraft getreten, da Spanien und Zypern noch nicht zugestimmt haben. Auch Deutschland hat sich viel Zeit gelassen, die Koalition will den Wahlakt nun aber in den kommenden Wochen verabschieden. tho
Nach Ansicht von Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona am Europäischen Gerichtshof (EuGH) darf VW wegen des Dieselskandals nicht zweimal bestraft werden. Der Konzern hatte weltweit 10,7 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit Prüfstandserkennung und Möglichkeit zur Abgasmanipulation verkauft. Dafür zahlte VW in einem Verfahren vor einem Braunschweiger Gericht eine Buße von einer Milliarde Euro.
Von den italienischen Behörden war gegen den Konzern eine Buße von fünf Millionen Euro verhängt worden. VW hatte nach Italien 70.000 Fahrzeuge mit Schummelsoftware verkauft. VW wehrte sich gegen die Buße in Italien, woraufhin sich der italienische Staatsrat mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH wandte.
In seinem Schlussantrag kommt der Generalanwalt zu der Überzeugung, dass beide Verfahren dieselbe juristische Person – nämlich Volkswagen – beträfen, und dass der sanktionierte Sachverhalt identisch sei. Daher verbiete sich eine zweite Sanktionierung. mgr
“Wir müssen die Landwirtschaft nachhaltiger machen und gleichzeitig die Erträge erhalten” – diese Forderung wiederholt Norbert Lins mehrfach. Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Vorsitzender des mächtigen Agrarausschusses ist er mit dafür verantwortlich, wie gut die Landwirtschaft auf dem Kontinent diesen Spagat meistert. Ob Fruchtfolgen, Humus-Aufbau oder Rebhühner – der 45-Jährige kennt die Materie schon seit seiner Kindheit. Lins ist auf einem Bauernhof im baden-württembergischen Danketsweiler aufgewachsen.
“Wir hatten vor allem Milchkühe und ein paar Schweine”, erzählt er. Mit elf Hektar sei der Hof schon für damalige Verhältnisse eher klein gewesen. Auch deshalb war es für ihn keine Option, den Bauernhof zu übernehmen. Lins begann stattdessen ein Studium des gehobenen Verwaltungsdienstes. Mit 18 Jahren trat er in die CDU ein.
Er konnte sich gut vorstellen, eines Tages in die Kommunalpolitik zu gehen. Doch ein Praktikum im EU-Parlament führte ihn zur Europapolitik. Als dann noch kurz vor dem Ende seines Studiums sein Parteifreund Andreas Schwab Abgeordneter wurde, ergab sich die perfekte Gelegenheit: Lins wurde sein Büroleiter.
“Das war im Endeffekt eine glückliche Fügung”, sagt er rückblickend. Er sei ein fleißiger Mensch, es brauche aber auch etwas “Glück des Tüchtigen”. Das habe ihm auch geholfen, als er 2014 selbst kandidierte und einen Abgeordnetensitz im Europäischen Parlament knapp ergatterte. Fünf Jahre später wurde er wiedergewählt – auch das gelang nur knapp.
Seitdem leitet Lins den Landwirtschaftsausschuss und war maßgeblich an der GAP-Reform beteiligt. Dass es bei den EU-Fördergeldern schnell um zwölfstellige Summen geht, verunsichert ihn nicht. Schließlich könne er die Milliarden immer runterbrechen auf das, was bei einem kleinen oder mittelgroßen Bauernhof ankomme.
Diese zu stärken, war ein Ziel der Reform. Außerdem sollte die Agrarpolitik der EU nachhaltiger werden. Hat das geklappt? “Da sind wir mit dieser Reform bestimmt noch nicht am Ziel, aber einen bedeutenden Schritt weiter”, sagt Lins.
Als mit dem Ukrainekrieg die Getreideexporte des Landes einbrachen, sprach er sich für Ausnahmen bei den geplanten Flächenstilllegungen und Fruchtwechseln aus. Das habe geholfen, die Getreidemärkte zu beruhigen. Nur leider sei in der Ukraine kein Frieden in Sicht. “Deshalb glaube ich persönlich, dass auch 2024 und 2025 Ausnahmen notwendig sind.”
Das bedeute nicht, dass man die “Vergrünerung der GAP” aufgebe, die Öko-Regelungen mit entsprechenden Fördermitteln stünden trotzdem bereit. Und er ist der Meinung, dass Fruchtwechsel sowieso stärkere Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft haben als Stilllegungen von Flächen: “Uns muss gelingen, dass wir aufhören, Mais auf Mais auf Mais anzubauen.”
Lins würde gerne weiter daran arbeiten. Mitte April geht es in seinem Kreisverband um die Nominierung für die nächste Europawahl. Er würde sich freuen, wenn dann auch der Wähler seinen “Fünf-Jahres-Vertrag verlängert”. Paul Meerkamp