Table.Briefing: Europe

Deutschland bremst beim 14. Russland-Sanktionspaket + E-Auto-Zölle: Wie von der Leyen sich gegen Scholz durchsetzte

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn die Verteidigungsminister der Nato-Staaten heute und morgen im Hauptquartier der Allianz am Stadtrand von Brüssel tagen, erwartet sie ein volles Programm. Bis zum Gipfel in Washington bleibt noch knapp ein Monat, und das geplante “Ukraine-Paket” ist alles andere als bereit. Die letzten Monate hätten gezeigt, dass es Konsequenzen auf dem Schlachtfeld habe, wenn Hilfe für die Ukraine zu spät eintreffe, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Der Norweger legt zum Ende seiner Amtszeit etwas von seiner diplomatischen Zurückhaltung ab. Stoltenberg wird heute erneut auf “signifikanten Verpflichtungen” der Verbündeten drängen. 40 Milliarden Euro jährlich seien das Minimum. Referenz ist hier das Niveau der Hilfe der Verbündeten seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Der Generalsekretär erwartet zudem, dass die Minister seinem Plan zustimmen, wonach künftig die Nato die Koordination der bilateralen Militärhilfen vom US-geführten Ramsteinformat übernimmt. Ein Hindernis hat Stoltenberg am Mittwoch zu Besuch in Budapest aus dem Weg geräumt. Viktor Orbán versprach dort, das “Ukraine-Paket” nicht länger zu blockieren. Im Gegenzug bekommt Ungarn eine Art Opt-out, muss sich also weder personell noch finanziell beteiligen.

Die Diskussion um frisches Geld für die Ukraine wird auch den G7-Gipfel ab heute in Apulien dominieren. Im Detail dabei noch umstritten ein Vorschlag der USA, die blockierten russischen Zentralbankgelder als Hebel zu nutzen, um auf den Finanzmärkten 50 Milliarden Euro zu mobilisieren.

Für eine positive Nachricht könnten am Freitag in Brüssel die EU-Botschafter sorgen. Die Chancen stehen gut, dass das 14. Paket der Russlandsanktionen mit Maßnahmen gegen Umgehungsgeschäfte rechtzeitig zum Ukraine-Friedensgipfel in der Schweiz in Kraft treten kann. Wenn es nicht klappt, könnte es für einmal nicht an Ungarn, sondern an Deutschland liegen. So hat Berlin zum Ärger der belgischen Ratspräsidentschaft im letzten Moment neue Vorbehalte angemeldet.

Ihr
Stephan Israel
Bild von Stephan  Israel

Analyse

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E-Auto-Zölle: So hat von der Leyen sich gegen Scholz durchgesetzt

Im Tauziehen um die Einführung von Zusatzzöllen auf chinesische E-Autos – und deren Höhe – ging die erste Runde an die EU und das Team um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Brüssel hat die Zölle, mit bis zu 38 Prozent, sogar eher am oberen Ende dessen festgesetzt, was seit der ersten Ankündigung im Oktober im Gespräch war. Die deutsche Industrie und Teile der Regierung in Berlin wollten die Handelsmaßnahme noch abwenden und hätten sich lieber einen symbolischen Mini-Zoll gewünscht.

Zu groß war die Furcht der Exportnation Deutschland vor einem Handelskonflikt mit China, wie ihn die USA bereits vom Zaun gebrochen hat. Doch in der EU ist Deutschland nicht alleine, und andere einflussreiche Spieler wie Frankreich und Spanien waren klar dafür, reine Elektroautos aus China bei der Einfuhr teurer zu machen. Von der Leyen will die EU zudem als ernstzunehmenden geopolitischen Spieler positionieren. Dafür muss Brüssel nach ihrer Überzeugung auch Zähne zeigen.

Scholz wollte Peking nicht provozieren

Doch die deutsche Bundesregierung befürchtet nun, dass Peking zurückbeißt. Da Scholz die Zölle nicht verhindern konnte, drängte er in den vergangenen Wochen dem Vernehmen nach darauf, dass die Aufschläge nur so hoch ausfallen sollten, wie durch harte Fakten zur Subventionspraxis belegt werden könne. Die Regierung in Peking sollte nicht mehr als unbedingt nötig herausgefordert werden.

In der Ampel-Koalition haben Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner der Untersuchung deutlich positiver gegenübergestanden, hieß es in informierten Kreisen. Sie stehen für einen härteren Kurs gegenüber China als Scholz. 

Lindners Parteikollege Volker Wissing wandte sich am Mittwoch in seiner Rolle als Verkehrsminister dagegen offen gegen die Zölle. “Deutschland lebt vom Handel und produziert für die ganze Welt”, ließ Wissing gegenüber Table.Briefings mitteilen. “Deshalb treffen die Strafzölle der EU-Kommission deutsche Unternehmen und ihre Spitzenprodukte.” Die EU müsse bessere Standortbedingungen bieten, um seinerseits günstigere und bessere Autos anzubieten. Schutz durch Zölle erhöht nicht die Wettbewerbsfähigkeit.

Berlin will die Zölle immer noch abwenden

Ähnlich äußerte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit: Die Bundesregierung hoffe auf eine Einigung zwischen der EU-Kommission und der chinesischen Regierung. Denn Brüssel hat einen gesichtswahrenden Ausweg offengelassen und auch ausdrücklich mitgeteilt, das Gespräch mit der chinesischen Regierung zu suchen, um die Marktungleichgewichte noch gütlich aufzulösen. Es gibt eine erste Frist bis zu einem vorläufigen Inkrafttreten Anfang Juli und dann noch eine Übergangsphase bis November.

“Bis zum 4. Juli ist noch Zeit und es wäre aus unserer Sicht sehr wünschenswert, wenn man zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann”, sagte Hebestreit. Deutschland würde sich an den Gesprächen beteiligen, wenn dies gewünscht sei. Das sei allerdings derzeit “nicht abzusehen”.

EU bemühte sich um objektives Verfahren

Die EU hat sich ihrerseits Mühe gegeben, auf Bedenken von verschiedenen Seiten einzugehen. Sie hat die Einfuhrbelastung je nach Hersteller unterschiedlich festgesetzt, um die Zölle differenzierter zu gestalten. Der Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, ein enger Volkswagen-Partner, muss daher mehr zahlen (38,1 Prozent) als das reine Privatunternehmen BYD (17.4 Prozent), das aus Sicht der EU weniger unfaire Hilfen bekommen und besser kooperiert hat. Im Ergebnis zahlt der günstige Weltmarktführer BYD nun sogar geringere Zölle als Geely für Autos der schwedischen Marke Volvo.

Von der Leyen hat damit ihr Versprechen wahr gemacht und die Zölle an dem Versuch einer objektiven Messung der staatlichen Hilfen ausgerichtet. Dieses Unterfangen ist allerdings besonders schwierig. In Chinas Staatswirtschaft ist Industriepolitik praktisch von vorneherein eingebaut. Die Unis bilden die passenden Fachkräfte aus und stellen Forschungskapazitäten bereit; Materialien und Rohstoffe werden günstig beschafft – darunter Öl und Gas aus Russland; Fachkräfte sind günstig zu bekommen.

Günstige Steuern als unfairer Vorteil

Vor allem aber: Der Markt ist so groß, dass gewaltige Stückzahlen möglich sind. Ebenso ist es ein offenes Geheimnis, dass selbst dieses Marktpotenzial in der Kfz-Branche noch einmal deutlich von den Produktionskapazitäten übertroffen wird. Die Folge ist ein harter Preiskampf – und China würde die Überproduktion gerne exportieren.

Die EU fürchtet katastrophale Folgen für die Industrie inklusive des Verlusts von Millionen von Arbeitsplätzen. Denn wenn China anfängt, eine Ware billig zu exportieren, kann niemand sonst mithalten. Das zeigt das Schicksal zahlreicher Branchen von Textilien, Schiffen und Stahl bis hin zu Solarzellen und Handys.

Die Kommission hat bei ihrer Untersuchung jedoch nicht auf allgemeine Faktoren geachtet, sondern sich auf konkrete, vergleichsweise direkte Zuwendungen konzentriert, darunter:

  • Lithium und Batterien unter Weltmarktpreis,
  • Steuererleichterungen,
  • Kredite unter Marktzins,
  • preiswerter Grund und Boden in Gewerbegebieten und natürlich
  • direkte Zahlungen an die Unternehmen.

Subventionen auf allen Ebenen

Diese Vorteile kommen in den meisten Fällen nicht von der Zentralregierung in Peking, sondern von den Städten und Provinzen, die “ihrem” Champion bessere Chancen verschaffen wollen. Von der Leyen ist sich nach der Untersuchung sicher: “Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt.”

Deshalb hatte die Bundesregierung auch nur geringe Chancen, die Zölle abzuwenden. Die Mechanismen zur Abwehr von Preisdumping sind bei der EU schon lange etabliert; es ist zumindest ein Minimum an Objektivität eingebaut, indem die Untersuchung der zugrundeliegenden Subventionen vorgeschaltet ist.

Gelassene Reaktion Pekings erwartet

Während das Kanzleramt und Wirtschaftsverbände sich um chinesische Vergeltungsmaßnahmen sorgen, geben Experten vorerst Entwarnung. “Wir gehen davon aus, dass China zunächst gelassen vorgehen wird”, sagt Max Zenglein, Ökonom beim Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin.

Zenglein erwartet zwar Signale, die verdeutlichen sollen, dass die Zölle nicht ohne Folgen bleiben. Diese werden aber strategisch eingesetzt sein und sich vor allem gegen Befürworter der Handelsmaßnahmen wie Spanien und Frankreich richten. Die französischen Cognac-Hersteller zeigten sich am Mittwoch daher besonders besorgt.

Gegenüber Deutschlands Autoindustrie werde sich China voraussichtlich erst einmal zurückhalten. Schließlich handelt es sich um einen wichtigen Fürsprecher chinesischer Interessen in Europa. Die Zölle werden erst im November endgültig gemacht, bis dahin kann China noch verhandeln. Diese Zeit will Peking nutzen.

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  • Volker Wissing
  • Zölle
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Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Zöllen auf chinesische E-Autos

Wie hoch fallen die Zölle aus?

Die EU-Kommission hat sich für vorläufige Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion entschieden. Diese fallen unterschiedlich hoch aus. Betroffen sind nur rein batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die EU veranschlagt bereits jetzt zehn Prozent Zoll auf chinesische E-Fahrzeuge. Die Zusatzzölle fallen zusätzlich zu diesen zehn Prozent an.

  • Der höchste Satz betrifft den Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, für dessen Produkte 38,1 Prozent an Zusatzzöllen erhoben werden sollen.
  • Die Autos von Geely, Inhaber von Volvo, sollen mit zusätzlich 20 Prozent belegt werden.
  • Der Weltmarktführer BYD wird unterdurchschnittlich mit zusätzlich 17 Prozent belastet.
  • Für alle anderen Anbieter gilt ein Zusatzzoll von 21 Prozent.

Wie wurden die Zölle berechnet?

Die Zölle entsprechen dem Durchschnitt der unfairen Subvention nach Untersuchung durch die EU, teilte die Brüsseler Behörde mit. Dieser Satz gilt vorerst beispielsweise auch für Tesla, das in Shanghai hergestellte Autos in die EU verschifft. Tesla hatte jedoch um eine einzelne Untersuchung seines Falls gebeten und könnte nun einen geringeren Zusatzzoll erhalten, wenn sich herausstellt, dass Tesla weniger Subventionen erhalten hat.

Warum sind die Zusatzzölle unterschiedlich hoch?

Die EU-Kommission hat nach eigenen Angaben die Höhe der Zusatzzölle auf Basis der Höhe der Subventionen und der Kooperation der Hersteller entschieden. SAIC habe den höchsten Satz erhalten, da an das Unternehmen die größten staatlichen Hilfen geflossen seien. SAIC hatte laut der Brüsseler Behörde allerdings auch nicht kooperiert und seine Zahlen nicht vorgelegt. Deshalb sei auf Basis der zugänglichen Fakten entschieden worden, hieß es aus der EU-Kommission. Die Hersteller Aiways, JAC, BMW, Chery, FAW, Changan, Dongfeng, GWM, Leapmotor, Nanjing Golden Dragon Bus, Nio, Tesla und Xpeng hatten dagegen kooperiert und wurden mit dem Durchschnittssatz von 21 Prozent belegt. Die betroffenen Hersteller haben drei Arbeitstage Zeit, sich gegen den berechneten Zollsatz auszusprechen.

Ab wann treten die Zusatzzölle Kraft?

Die vorläufigen Zusatzzölle gelten ab dem 4. Juli. Das bedeutet jedoch nicht, dass ab diesem Datum der Zusatzzoll bezahlt werden muss. Die Unternehmen müssen aber eine Bankgarantie bei der Einfuhr geben. Wenn sich die EU-Kommission zu endgültigen Zöllen entscheidet – das muss bis zum 4. November dieses Jahres passieren -, können die vorläufigen Zusatzabgaben voll angewandt werden. Das wäre auch rückwirkend möglich. Die EU würde dann die Bankgarantien einkassieren. Die Brüsseler Behörde kann endgültige Zölle aber auch einführen und dabei auf die rückwirkenden vorläufigen Zölle verzichten.

Was passiert bis zum 4. November?

Der Handelsausschuss des Europaparlaments prüft die Berechnung und Begründung der Zölle durch die Kommission. Die Zölle werden im Komitologieverfahren von den Mitgliedstaaten bestätigt. Bis zum 4. November kann sich die Höhe der Zölle noch ändern. Festgelegt wird neben der Höhe der Zölle auch die vorgeschlagene Dauer der Anwendung. In dieser Zeit gehen die Gespräche mit China weiter. Die Hoffnung ist, dass China in dieser Phase auf die Argumente der EU eingeht und die Höhe der Zölle im Nachgang reduziert werden kann.

Welche Subventionen hat die EU-Kommission festgestellt?

Die staatliche Subventionierung der chinesischen E-Fahrzeug-Produktion zieht sich laut der EU-Kommission durch die gesamte Wertschöpfungskette, auf Lokal-, Provinz- und nationaler Ebene. Das beginne bei zu günstig verkauftem Lithium, gehe über spezielle Finanzierungsvergünstigungen bis hin zu Steuererleichterungen. Die EU fand nach eigenen Angaben fallspezifische Subventionen bei einzelnen Herstellern und gemeinsame Subventionen für alle Hersteller.

Kann es sein, dass auf chinesische Hersteller weniger Zusatzzoll anfällt als auf europäische?

Ja. Europäische Hersteller, die in China produzieren und ihre Produkte in die EU einführen, müssen mit dem Durchschnittssatz von 21 Prozent rechnen – also mehr als BYD mit 17 Prozent oder Geely mit 20 Prozent. Auf Fahrzeuge aus dem Joint Venture von SAIC und VW würden ebenfalls die zusätzlichen 38,1 Prozent anfallen. Bisher würden die Fahrzeuge aus dem Joint Venture aber nicht in die EU exportiert. Entscheidend sei jedoch China als der Herstellungsort und nicht, ob es sich um einen chinesischen oder europäischen Hersteller handelt.

Wie werden sich die Zölle auf Kunden auswirken?

Das ist noch nicht ganz klar. Entscheidend dafür, ob die Zusatzzölle bei der Einfuhr gelten, ist einzig das Importdatum, nicht das Kaufdatum. Wer also im Mai ein E-Auto von BYD bestellt hat und darauf sechs Monate wartet, muss eventuell mit den Zusatzzöllen rechnen. Ob diese dann direkt auf die Kunden übertragen werden, hängt vom Kaufvertrag mit dem Händler oder Hersteller ab.

Gibt es weiterhin Gespräche mit China?

Die EU-Kommission hat am Mittwoch mehrfach betont, dass weiterhin eine gemeinsame Lösung mit der chinesischen Regierung gesucht werde und gewünscht wäre. Wie diese genau aussehen könnte, wurde jedoch offen gelassen. Peking sei zudem während der Untersuchung selbst nicht wirklich engagiert gewesen, etwas beizutragen, hieß es aus EU-Kreisen.

Wie hat China die Entscheidung aufgefasst?

Peking reagierte umgehend: Das chinesische Außenministerium teilte mit, alle Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, um entschieden die eigenen Interessen zu verteidigen. Sonderzölle der Europäischen Union auf Elektroautos würden Marktregeln verletzen, sagte Sprecher Lin Jian. Diese wären auch gegen die Interessen der EU. Die chinesische Handelskammer in der EU drückte “ihren Schock, ihre tiefe Enttäuschung und ihre tiefe Unzufriedenheit über diese protektionistische Handelsmaßnahme” aus. Die Untersuchung sei politisch motiviert und intransparent gewesen, warf die Handelskammer der EU-Kommission vor.

In welchen Industrien untersucht die EU-Kommission sonst noch Chinas Vorgehen?

  • Im Mai leitete die EU-Kommission eine Prüfung ein, bei der es um flachgewalzten rostfreien Stahl geht. Sie reagiert damit auf eine Beschwerde des europäischen Branchenverbands Eurofer.
  • Die EU-Kommission prüft zudem, ob europäische Zulieferer einen fairen Zugang zum chinesischen Markt für Medizintechnik haben.
  • EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kündigte eine Prüfung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien an. Dabei geht es um die Frage, ob chinesische Windkraftanlagen-Hersteller Subventionen für die Anlagen erhalten haben, die nach Europa geliefert werden sollten.
  • Eine Überprüfung von Solaranlagen-Herstellern wurde inzwischen eingestellt, nachdem sich die beiden chinesischen Unternehmen aus dem Bieterprozess um einen Solarpark in Rumänien zurückgezogen hatten.
  • Autoindustrie
  • EU
  • Handel

Termine

14.06.2024 – 09:00-17:00 Uhr, Florenz (Italien)
FSR, Seminar Urban nodes along the trans-european transport network: how can stakeholders work together?
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the challenges and enablers when discussing urban nodes. INFOS & REGISTRATION

17.06.-21.06.2024, online
ERA, Seminar Summer Course on EU Financial Regulation and Supervision
The Academy of European Law (ERA) provides a compact overview of the regulation and supervision of financial markets in the European Union. INFOS & REGISTRATION

17.06.-18.06.2024, Florenz (Italien)
EUI, Conference The disruptive market effect of generative AI
The Centre for a Digital Society (EUI) discusses the challenges ahead for antitrust and sector regulation. INFOS & ANMELDUNG

18.06.2024 – 09:00-10:30 Uhr, online
DGAP, Panel Discussion Staying the Course on EU Enlargement After the European Parliament Elections
The German Council on Foreign Relations (DGAP) discusses the future of EU enlargement in the context of the next EU political cycle. INFOS & REGISTRATION

18.06.2024 – 12:00-16:00 Uhr, Frankfurt/Main
ZIA, Seminar Fit für die CSRD – Fit für die Zukunft
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) informiert über die neuen Anforderungen der EU-Regulatorik CSRD. INFOS & ANMELDUNG

18.06.2024 – 19:00 Uhr, Hamburg
Körber Stiftung, Diskussion Eine gnadenlose Gesellschaft? Russland im Kriegszustand
Die Körber Stiftung beschäftigt sich mit dem Zustand der russischen Gesellschaft im Kriegszustand. INFOS & ANMELDUNG

News

Topjobs: Warum es am Montag spannend wird

Alle Augen richten sich nun auf das informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs am Montagabend in Brüssel. EVP-Chef Manfred Weber hat wiederholt deutlich gemacht, dass er spätestens an diesem Abend die Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen erwartet.

Aus Berlin heißt es, man arbeite darauf hin, am Montag ein Paket für die personelle Neuaufstellung der EU zu vereinbaren. Sobald es grünes Licht von Seiten des Rates für von der Leyen gebe, könnten EVP, S&D und Renew in die Verhandlungen über die politischen Vorhaben für das nächste Mandat einsteigen.

Die Grünen wollen mitreden

Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Es gilt aber als machbar, die Gespräche binnen drei Wochen abzuschließen. Dann könnte noch in der ersten Sitzungswoche der zehnten Wahlperiode vom 16. bis 19. Juli in Straßburg die Wahl der Kommissionspräsidentin stattfinden.

Die Grünen werben dafür, in die Verhandlungen einbezogen zu werden. Spitzenkandidat Bas Eickhout sagte: “Auf Europa kommen in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu. Dafür bedarf es einer breit aufgestellten und stabilen parlamentarischen Mehrheit.” Die Grünen hätten bei den Kernthemen der Kommission im vergangenen Mandat stets ihre Zuverlässigkeit bewiesen. “Eine stabile Koalition ist nur mit den Grünen zusammen zu erreichen”, fügte Eickhout hinzu. mgr

  • EU-Kommission
  • Europäisches Parlament
  • EVP
  • Grüne/EFA
  • Renew
  • S+D
  • Ursula von der Leyen

Wie Macron um Unterstützung über seine Partei hinaus wirbt

Nach der überraschenden Auflösung der Nationalversammlung hat Emmanuel Macron seinen Schlachtplan für den Wahlkampf vorgestellt. Sein Ziel sei es, aus der aktuellen Minderheitsregierung herauszukommen und bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2027 wieder eine “klare Mehrheit” zu bekommen, sagte der französische Staatspräsident am Mittwoch vor der Presse in Paris. Er bestätigte, dass Premierminister Gabriel Attal die Kampagne des Präsidentenlagers anführen wird.

Er wolle mit den Neuwahlen dem Vormarsch der Rassemblement National entgegenwirken, sagte Macron, um nicht am Ende seiner Amtszeit “2027 der extremen Rechten die Schlüssel zur Macht in die Hand zu geben”. Er übernehme also die volle Verantwortung dafür. Einen möglichen Rücktritt im Falle einer Niederlage bei den Parlamentswahlen schob der Präsident beiseite: “Das ist absurd”, sagte er.

Appell an andere Gemäßigte für Bündnis

Macron zeigte sich zufrieden, eine Bewegung in Gang gesetzt zu haben, die “Klarheit” in einer “trüben politischen Landschaft” schaffe. Er wandte sich auch an andere Parteien, gemeinsam mit ihm eine demokratische Allianz gegen Marine Le Pens rechtsextreme Nationale Sammlungsbewegung (RN) zu schmieden. “Viele unserer Landsleute und politischen Führer, die sich nicht im extremistischen Fieber wiedererkennen” sollten “ein neues Projekt” aufbauen, sagte er.

Seit seiner Entscheidung über die Auflösung der Nationalversammlung am Sonntagabend würden “die Masken fallen”. Er ging insbesondere auf die Krise des rechten politischen Lagers ein, nachdem der Vorsitzende der Republikaner (LR), Eric Ciotti, angekündigt hatte, er wolle sich mit dem Rassemblement National verbünden. Macron sprach auch über die Verhandlungen auf der linken Seite zwischen Sozialisten, La France Insoumise, Grünen und Kommunisten und kritisierte diese “Apparatschiks”, die seiner Ansicht nach nicht regierungsfähig sind.

Républicains weiter auf Schlingerkurs

Derweil geht der Streit bei den konservativen Les Républicains weiter. “Wir haben Eric Ciotti gerade einstimmig aus unserer politischen Familie ausgeschlossen. Er ist kein Republikaner mehr“, twitterte etwa der Parteivorstand. Ciotti sieht das derweil anders. Er antwortete wiederum auf X: “Keine der in dieser Sitzung getroffenen Entscheidungen hat rechtliche Konsequenzen. Es kann strafrechtliche Folgen haben. Ich bin und bleibe der von den Mitgliedern gewählte Präsident unserer politischen Partei!”, schrieb er.

Der Wahlkampf findet in einem angespannten wirtschaftlichen Umfeld statt. Umfragen zufolge bleibt die Kaufkraft das wichtigste Thema für die Franzosen, noch vor Einwanderung und Sicherheit. So steigen die Gaspreise ab 1. Juli um zwölf Prozent. Anfang Juni stufte außerdem die US-Ratingagentur Standard & Poor’s die französischen Schulden von AA auf AA- herab. Diese Herabstufung erschüttert die politische Glaubwürdigkeit der Regierung, die gerne ihre wirtschaftliche Kompetenz betont.

Unsicherheit an den Finanzmärkten

Die Finanzmärkten reagieren nervös auf die überraschende Ankündigung Macrons. Der Risikoaufschlag auf französische Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen stieg auf den höchsten Stand seit Oktober. An der Börse kam es zu durchschnittlichen Tagesverlusten von knapp zwei Prozent, besonders stark belastet waren Banken, Energieversorger und Infrastrukturunternehmen.

Die Investoren machen sich Gedanken über den künftigen wirtschaftlichen Kurs Frankreichs. Laut der Analyse der Investmentbank Natixis könnte eine Regierung der extremen Rechten “die angehenden Reformen abrupt unterbrechen, während die öffentlichen Finanzen keinen haushaltspolitischen Spielraum für neue Ausgaben oder die Infragestellung bereits eingeleiteter Sparmaßnahmen lassen”. cst/lei

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  • Frankreich
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Transfermarkt: Wie viele Abgeordnete die EKR dazu gewonnen hat

In der ersten Fraktionssitzung der konservativen EKR-Fraktion nach der Europawahl sind fünf neue Mitglieder aufgenommen worden. Die Fraktion zählt jetzt 77 Mitglieder. EKR-Co-Fraktionschef Nicola Procaccini kündigte an, dass bis zur Konstituierung der Fraktion am 26. Juni weitere Abgeordnete zur Fraktion stoßen werden. Es handelt sich um Abgeordnete, die als Einzelkämpfer ins Europaparlament neu eingezogen sind. Sie kommen aus:

  • Zypern
  • Lettland
  • Luxemburg
  • Finnland
  • Kroatien mgr
  • EKR
  • Europäisches Parlament

Russisches Gas: Was die High-Level Group will

Unter den Mitgliedstaaten gibt es Unterstützung für eine Roadmap zum Vorhaben der EU, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Bei einem Treffen auf Botschafterebene mit der Generaldirektion Energie am Mittwoch hätten mehrere Teilnehmer eine Roadmap gefordert, sagte eine Quelle zu Table.Briefings. Es war das erste Treffen, nachdem Deutschland und Tschechien, unterstützt von weiteren Mitgliedstaaten, beim Energieministerrat Ende Mai eine High-Level Group zum Phase-out gefordert hatten.

Generaldirektorin Ditte Juul Jørgensen habe eine Roadmap als sinnvoll bezeichnet. Die Unterstützer versprechen sich von einem Fahrplan, die zögerlichen Staaten von einer Abkehr von russischem Gas zu überzeugen. Die Slowakei bezieht immer noch nennenswerte Mengen Pipelinegas aus Russland, mehrere Nordsee-Anrainer verzichten bisher nicht darauf, russisches LNG anzulanden.

Die Roadmap könne zum Beispiel Diversifizierungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Kosten aufschlüsseln und die nötigen Schritte für einen Phase-out aufzeigen, sagte die Quelle weiter. Für den 21. Juni hat Jørgensen ein Treffen auf Direktorenebene angekündigt, um über eine Roadmap zu beraten. Mehrere Mitgliedstaaten würden das Thema aber am liebsten auf Ministerebene heben. ber

  • Erdgas
  • LNG
  • Russland

So will die Kommission den Asyl- und Migrationspakt umsetzen

Die Kommission hat am Mittwoch den gemeinsamen Umsetzungsplan für das Asyl- und Migrationspakts vorgestellt. Der Plan legt zehn Umsetzungsfelder ​​fest, die alle Mitgliedstaaten erreichen müssen, um die neuen Rechtsvorschriften bis Mitte 2026 erfolgreich anwenden zu können, heißt es von der Kommission.

Zu den Bausteinen des Umsetzungsplans gehört etwa ein gemeinsames Migrations- und Asylinformationssystem (Eurodac), Verbesserungen für Asylsuchende, zum Beispiel beim Zugang zum Arbeitsmarkt und effizientere Rückführungsverfahren. Zentral ist der neue Solidaritätsmechanismus, mit dem erstmals ein ständiges und rechtsverbindliches Instrument geschaffen werden solle, damit “kein EU-Land allein gelassen wird, wenn es unter Druck gerät”, so die Kommission.

Die zehn Bausteine seien grundsätzlich voneinander abhängig und müssten parallel umgesetzt werden, betont die Kommission.

Die Rechtsinstrumente des Asyl- und Migrationspakts sind am 11. Juni 2024 in Kraft getreten und werden ab Juni 2026 angewendet. Die EU-Länder müssen bis Ende 2024 ihre nationalen Umsetzungspläne entwerfen, in denen sie konkrete Schritte vorstellen müssen. Der gemeinsame Umsetzungsplan dient laut Kommission als Vorlage für diese nationalen Umsetzungspläne. lei

  • Asyl
  • Asylpolitik
  • Migrationspolitik

Kleinanlegerstrategie: Was der Rat statt eines Provisionsverbotes fordert

Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten hat heute die Position des Rats zur Kleinanlegerstrategie angenommen – und zwar ohne ein von der Kommission ins Spiel gebrachtes Provisionsverbot für bestimmte Käufe ohne Beratung. Auch das EU-Parlament hat sich in seinem Standpunkt dagegen ausgesprochen. Daher dürfte der Punkt bei den anstehenden Trilogverhandlungen vom Tisch sein.

Kleinanleger sollen bei Investitionen an EU-Kapitalmärkten nach dem Willen der Mitgliedsstaaten künftig etwa leichter Zugang zu wichtigen und leicht verständlichen Informationen für Geldanlage-Produkte bekommen, wie der Rat am Mittwoch mitteilte. Generell solle die sogenannte Kleinanlegerstrategie für mehr Transparenz und Offenlegung sorgen.

Grundlage für die Verständigung der Länder ist ein Gesetzesvorschlag der Kommission aus dem vergangenen Jahr. Es solle sichergestellt werden, dass Kleinanleger fair behandelt würden und angemessen geschützt seien, hieß es damals.

Provisionen: Sicherheitsvorkehrungen statt Verbot

Bei Verkäufen auf Provisionsbasis erhalten etwa Versicherungsvertreter prozentual Geld von den Versicherungen und Banken für die Vermittlung von Finanzprodukten. Je teurer das Produkt, desto mehr Provision bekommt in der Regel der Vertreter. Verbraucherschützer sehen dadurch die Gefahr von Interessenkonflikten. Nach Willen der EU-Länder sollen diese durch verschiedene Sicherheitsmaßnahmen verhindert werden, beispielsweise durch einen einheitlichen Test, mit dem sichergestellt werden soll, dass Berater im besten Interesse des Kunden handeln.

Die EU möchte, dass mehr Kleinanleger an den hiesigen Finanzmärkten investieren, damit mehr Kapital für den grünen und digitalen Wandel zur Verfügung steht. dpa/lei

  • Banken
  • Finanzmarkt

Aserbaidschan: Mindestens 25 Journalisten und Aktivisten vor COP29 festgenommen

Aserbaidschan hat nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im vergangenen Jahr mindestens 25 unabhängige Journalisten und Aktivisten festgenommen. Viele von ihnen befinden sich noch immer in Gewahrsam. Zuletzt wurden am 6. März sechs Journalistinnen und Journalisten des Online-Mediums Toplum TV in Baku festgenommen. Die Autoritäten durchsuchten zudem deren Büro und riegelten es ab. Infolgedessen seien auch die Kanäle von Toplum TV auf Instagram und YouTube gehackt und Beiträge darauf gelöscht worden, wie Human Rights Watch berichtet.

Aserbaidschan richtet im November 2024 in seiner Hauptstadt Baku die Weltklimakonferenz COP29 aus. Im Vorfeld dazu kam es vergangenen Freitag auf der UN-Zwischenkonferenz SB60 in Bonn zu Protesten, wie der Guardian berichtete. Aserbaidschan wurde aufgefordert, 23 armenische politische Gefangene freizulassen. Einige Protestierende warfen dem Land, das die COP29 zu einer “COP des Friedens” machen möchte, zudem Genozid vor.

Aserbaidschan ist nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten das dritte Austragungsland der COP in Folge, in dem die Menschenrechtslage bedenklich ist. Zwar garantieren die Vereinten Nation eine stärkere Presse- und Meinungsfreiheit, doch außerhalb des UN-Geländes ist deren Einfluss begrenzt. lb

  • Aserbaidschan
  • COP29
  • Menschenrechte

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Heads

Yolanda Díaz: Spaniens linke Allianzenschmiedin will weitermachen

Spaniens Arbeitsministerin Yolanda Díaz bei einer Pressekonfernezt des EU-Rats.

“Ich gehe nicht, ich bleibe”, so Yolanda Díaz am Dienstag, 24 Stunden nachdem sie ihren Rücktritt als Sumar-Chefin aufgrund des schlechten Ergebnisses bei den Europawahlen -4,65 Prozent der Stimmen, 3 Sitze – angekündigt hatte. Es ist nicht das erste Mal, dass die zweite Vizepräsidentin und Arbeitsministerin der Regierung von Pedro Sánchez ihre Aussagen nachträglich relativiert. “Palästina wird vom Fluss bis zum Meer frei sein”, sagte Díaz im Mai zum Entsetzen Israels. Auch da musste Díaz hinterher klären, dass sie das so nicht gemeint hatte. Nun, nach ihrem angekündigten Rücktritt am Montag, erörtert Díaz, dass sie doch nur den Posten der “Koordinatorin” verlässt, aber weiterhin in der “Executive” von Sumar bleibt.

Egal, ob sie nun doch bleibt oder ganz zurücktritt, das Wahlbündnis Sumar verbucht unter Díaz’ Führung wenige Erfolge. Seit Juli 2023 haben in Spanien fünf Wahlen stattgefunden: Parlamentswahlen, drei Regionalwahlen (Galicien, Baskenland und Katalonien) und zuletzt die Europawahlen. Die Ergebnisse von Sumar bei diesen Wahlen waren entweder schlecht oder katastrophal. In Galicien, Heimatregion von Díaz, erhielt Sumar nicht einmal zwei Prozent der Stimmen. Sumar, die 14 linke Minderheitenparteien vereint, ist erst ein Jahr alt; ihre Schwäche macht sich auch als Koalitionspartnerin von Sánchez bemerkbar. Díaz sagt nun, dass sie “die Koalitionsregierung schützt”, indem sie in Sumar bleibt.

Díaz schmiedet geschickt Allianzen

Díaz’ politische Karriere erstreckt sich über mehr als ein Vierteljahrhundert. Ein Kennzeichen dieser Karriere: Díaz gelingt es immer wieder, Allianzen mit politischen Schwergewichten zu schmieden, die bedeutender sind als sie selbst. Ebenso kennzeichnend: Immer wieder zerbrechen diese Allianzen in heftigen Streitigkeiten oder unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten.

Aufgewachsen in einer politisch engagierten Familie, war die Politik von Kind an Teil ihres täglichen Lebens. Díaz wurde 1971 in Fene geboren, einer galicischen Kleinstadt mit 13.000 Einwohnern an der Atlantikküste im Nordwesten Spaniens, zehn Kilometer von Ferrol entfernt, der Geburtsstadt von Francisco Franco. Mitten in der Franco-Diktatur war ihr Vater, Suso Díaz, ein heimlicher Anhänger der Kommunistischen Partei und ein bekannter Gewerkschafter. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität von Santiago de Compostela und wurde 1998 als Anwältin zugelassen. Im Jahr 1999 kandidierte sie auf der Liste der Izquierda Unida (IU) für den Stadtrat von Ferrol, schaffte aber nicht einmal den Einzug ins Parlament.

Frühe Zusammenarbeit mit Pablo Iglesias

Im Jahr 2007 gelang es ihr dank eines Bündnisses mit dem Sozialisten Vicente Irisarri, stellvertretende Bürgermeisterin von Ferrol zu werden. Die Koalition hielt jedoch knapp 16 Monate, wegen starken Differenzen mit Irisarri. 2012 verbündete sich Díaz mit dem galicischen Nationalisten Xosé Manuel Beiras, um Alternativa Galega de Esquerda (AEG) zu gründen und für die Regionalwahlen zu kandidieren. Die AEG schaffte es damals, in einer von der konservativenVolkspartei (PP) dominierten Region, die dritte politische Kraft zu werden. Einer ihrer engsten Berater in diesem Wahlkampf war der bis dahin noch unbekannte Pablo Iglesias, Gründer der Partei Podemos.

2015 schlossen sich AEG, IU und Podemos zusammen, um unter dem Namen En Marea bei den Parlamentswahlen für Galicien anzutreten. Das Dreierbündnis schaffte es, zweite Kraft in der Region zu werden. Der Bruch mit der AEG war jedoch ebenso bitter wie das Ende von Díaz’ Koalition mit den Sozialisten von Ferrol. Beiras beschuldigte Díaz sogar des Verrats.

Von Freundschaft zur Feindschaft mit Podemos

Dank Pablo Iglesias trat Díaz 2020 der Regierung von Pedro Sánchez bei und wurde zur Arbeitsministerin ernannt. Iglesias unterstützte Sánchez’ Amtseinführung im Jahr 2020 im Gegenzug dafür, dass seine Fraktion Unidas Podemos Ministerämter erhielt und Iglesias zum Vizepräsidenten ernannt wurde. Als Iglesias im März 2021 nach nur 14 Monaten im Amt zurücktrat, ernannte er Díaz zu seiner Nachfolgerin. So wurde Díaz plötzlich Spaniens Vizepräsidentin und Chefin von Unidas Podemos.

Der Bruch mit Iglesias und Unidas Podemos ließ nicht lange auf sich warten. Díaz vermied es, Podemos die dominante Rolle zu geben, die die Partei unter Iglesias in der Koalition mit der PSOE von Sánchez innehatte. Als Irene Montero, Ehefrau von Iglesias und ehemalige Gleichstellungsministerin, Ende 2022 und Anfang 2023 wegen des Scheiterns ihres “Nur Ja heißt Ja”-Gesetzes scharf kritisiert wurde, stand Díaz ihrer Fraktionskollegin nicht bei. Die Streitigkeiten mit Podemos spitzten sich zu, als Díaz nach der Gründung von Sumar und bei der Aufstellung der Listen für die Parlamentswahlen im Juli 2023 ihr Veto gegen Montero einlegte. Im Dezember machte Podemos ihren Bruch mit Díaz und Sumar offiziell.

Erfolge als Arbeitsministerin

Als Arbeitsministerin wird Díaz aber auch für einige Erfolge gelobt. In dieser Legislaturperiode gelang es ihr, den Mindestlohn auf 1.134 Euro anzuheben. Was ihre Arbeitsreform betrifft, sind die Meinungen geteilt. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass das vorrangige Ziel der Reform, die Stabilität der Arbeitsplätze zu fördern und den unverhältnismäßigen Einsatz von Zeitverträgen einzuschränken, nicht erreicht wurde. Zu den Herausforderungen dieser neuen Legislaturperiode gehören die Reduzierung der Arbeitszeiten auf 37,5 Stunden wöchentlich.

  • Spanien

Personalie

Dragoș Tudorache wird im neuen AI Office Leiter der neu geschaffenen Einheit für KI-Sicherheit. Das berichtet Contexte. Tudorache, einer der beiden Ko-Berichterstatter für den AI Act im Europäischen Parlament, soll demnach in der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (CNECT) die Einheit A.3 übernehmen. Sie ist für die Sicherheit im Bereich der künstlichen Intelligenz zuständig und überwacht die Bewertung und Prüfung von Allzweck-KI-Modellen (GPAI), insbesondere solchen mit systemischen Risiken. Tudorache hatte sich während der Verhandlungen vehement für die Schaffung einer KI-Agentur oder eines KI-Büros auf europäischer Ebene eingesetzt. Die neue Organisationsstruktur des AI Office mit fünf Referaten und zwei Beratern wird am 16. Juni wirksam. vis

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wenn die Verteidigungsminister der Nato-Staaten heute und morgen im Hauptquartier der Allianz am Stadtrand von Brüssel tagen, erwartet sie ein volles Programm. Bis zum Gipfel in Washington bleibt noch knapp ein Monat, und das geplante “Ukraine-Paket” ist alles andere als bereit. Die letzten Monate hätten gezeigt, dass es Konsequenzen auf dem Schlachtfeld habe, wenn Hilfe für die Ukraine zu spät eintreffe, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

    Der Norweger legt zum Ende seiner Amtszeit etwas von seiner diplomatischen Zurückhaltung ab. Stoltenberg wird heute erneut auf “signifikanten Verpflichtungen” der Verbündeten drängen. 40 Milliarden Euro jährlich seien das Minimum. Referenz ist hier das Niveau der Hilfe der Verbündeten seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Der Generalsekretär erwartet zudem, dass die Minister seinem Plan zustimmen, wonach künftig die Nato die Koordination der bilateralen Militärhilfen vom US-geführten Ramsteinformat übernimmt. Ein Hindernis hat Stoltenberg am Mittwoch zu Besuch in Budapest aus dem Weg geräumt. Viktor Orbán versprach dort, das “Ukraine-Paket” nicht länger zu blockieren. Im Gegenzug bekommt Ungarn eine Art Opt-out, muss sich also weder personell noch finanziell beteiligen.

    Die Diskussion um frisches Geld für die Ukraine wird auch den G7-Gipfel ab heute in Apulien dominieren. Im Detail dabei noch umstritten ein Vorschlag der USA, die blockierten russischen Zentralbankgelder als Hebel zu nutzen, um auf den Finanzmärkten 50 Milliarden Euro zu mobilisieren.

    Für eine positive Nachricht könnten am Freitag in Brüssel die EU-Botschafter sorgen. Die Chancen stehen gut, dass das 14. Paket der Russlandsanktionen mit Maßnahmen gegen Umgehungsgeschäfte rechtzeitig zum Ukraine-Friedensgipfel in der Schweiz in Kraft treten kann. Wenn es nicht klappt, könnte es für einmal nicht an Ungarn, sondern an Deutschland liegen. So hat Berlin zum Ärger der belgischen Ratspräsidentschaft im letzten Moment neue Vorbehalte angemeldet.

    Ihr
    Stephan Israel
    Bild von Stephan  Israel

    Analyse

    Translation missing.

    E-Auto-Zölle: So hat von der Leyen sich gegen Scholz durchgesetzt

    Im Tauziehen um die Einführung von Zusatzzöllen auf chinesische E-Autos – und deren Höhe – ging die erste Runde an die EU und das Team um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Brüssel hat die Zölle, mit bis zu 38 Prozent, sogar eher am oberen Ende dessen festgesetzt, was seit der ersten Ankündigung im Oktober im Gespräch war. Die deutsche Industrie und Teile der Regierung in Berlin wollten die Handelsmaßnahme noch abwenden und hätten sich lieber einen symbolischen Mini-Zoll gewünscht.

    Zu groß war die Furcht der Exportnation Deutschland vor einem Handelskonflikt mit China, wie ihn die USA bereits vom Zaun gebrochen hat. Doch in der EU ist Deutschland nicht alleine, und andere einflussreiche Spieler wie Frankreich und Spanien waren klar dafür, reine Elektroautos aus China bei der Einfuhr teurer zu machen. Von der Leyen will die EU zudem als ernstzunehmenden geopolitischen Spieler positionieren. Dafür muss Brüssel nach ihrer Überzeugung auch Zähne zeigen.

    Scholz wollte Peking nicht provozieren

    Doch die deutsche Bundesregierung befürchtet nun, dass Peking zurückbeißt. Da Scholz die Zölle nicht verhindern konnte, drängte er in den vergangenen Wochen dem Vernehmen nach darauf, dass die Aufschläge nur so hoch ausfallen sollten, wie durch harte Fakten zur Subventionspraxis belegt werden könne. Die Regierung in Peking sollte nicht mehr als unbedingt nötig herausgefordert werden.

    In der Ampel-Koalition haben Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner der Untersuchung deutlich positiver gegenübergestanden, hieß es in informierten Kreisen. Sie stehen für einen härteren Kurs gegenüber China als Scholz. 

    Lindners Parteikollege Volker Wissing wandte sich am Mittwoch in seiner Rolle als Verkehrsminister dagegen offen gegen die Zölle. “Deutschland lebt vom Handel und produziert für die ganze Welt”, ließ Wissing gegenüber Table.Briefings mitteilen. “Deshalb treffen die Strafzölle der EU-Kommission deutsche Unternehmen und ihre Spitzenprodukte.” Die EU müsse bessere Standortbedingungen bieten, um seinerseits günstigere und bessere Autos anzubieten. Schutz durch Zölle erhöht nicht die Wettbewerbsfähigkeit.

    Berlin will die Zölle immer noch abwenden

    Ähnlich äußerte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit: Die Bundesregierung hoffe auf eine Einigung zwischen der EU-Kommission und der chinesischen Regierung. Denn Brüssel hat einen gesichtswahrenden Ausweg offengelassen und auch ausdrücklich mitgeteilt, das Gespräch mit der chinesischen Regierung zu suchen, um die Marktungleichgewichte noch gütlich aufzulösen. Es gibt eine erste Frist bis zu einem vorläufigen Inkrafttreten Anfang Juli und dann noch eine Übergangsphase bis November.

    “Bis zum 4. Juli ist noch Zeit und es wäre aus unserer Sicht sehr wünschenswert, wenn man zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann”, sagte Hebestreit. Deutschland würde sich an den Gesprächen beteiligen, wenn dies gewünscht sei. Das sei allerdings derzeit “nicht abzusehen”.

    EU bemühte sich um objektives Verfahren

    Die EU hat sich ihrerseits Mühe gegeben, auf Bedenken von verschiedenen Seiten einzugehen. Sie hat die Einfuhrbelastung je nach Hersteller unterschiedlich festgesetzt, um die Zölle differenzierter zu gestalten. Der Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, ein enger Volkswagen-Partner, muss daher mehr zahlen (38,1 Prozent) als das reine Privatunternehmen BYD (17.4 Prozent), das aus Sicht der EU weniger unfaire Hilfen bekommen und besser kooperiert hat. Im Ergebnis zahlt der günstige Weltmarktführer BYD nun sogar geringere Zölle als Geely für Autos der schwedischen Marke Volvo.

    Von der Leyen hat damit ihr Versprechen wahr gemacht und die Zölle an dem Versuch einer objektiven Messung der staatlichen Hilfen ausgerichtet. Dieses Unterfangen ist allerdings besonders schwierig. In Chinas Staatswirtschaft ist Industriepolitik praktisch von vorneherein eingebaut. Die Unis bilden die passenden Fachkräfte aus und stellen Forschungskapazitäten bereit; Materialien und Rohstoffe werden günstig beschafft – darunter Öl und Gas aus Russland; Fachkräfte sind günstig zu bekommen.

    Günstige Steuern als unfairer Vorteil

    Vor allem aber: Der Markt ist so groß, dass gewaltige Stückzahlen möglich sind. Ebenso ist es ein offenes Geheimnis, dass selbst dieses Marktpotenzial in der Kfz-Branche noch einmal deutlich von den Produktionskapazitäten übertroffen wird. Die Folge ist ein harter Preiskampf – und China würde die Überproduktion gerne exportieren.

    Die EU fürchtet katastrophale Folgen für die Industrie inklusive des Verlusts von Millionen von Arbeitsplätzen. Denn wenn China anfängt, eine Ware billig zu exportieren, kann niemand sonst mithalten. Das zeigt das Schicksal zahlreicher Branchen von Textilien, Schiffen und Stahl bis hin zu Solarzellen und Handys.

    Die Kommission hat bei ihrer Untersuchung jedoch nicht auf allgemeine Faktoren geachtet, sondern sich auf konkrete, vergleichsweise direkte Zuwendungen konzentriert, darunter:

    • Lithium und Batterien unter Weltmarktpreis,
    • Steuererleichterungen,
    • Kredite unter Marktzins,
    • preiswerter Grund und Boden in Gewerbegebieten und natürlich
    • direkte Zahlungen an die Unternehmen.

    Subventionen auf allen Ebenen

    Diese Vorteile kommen in den meisten Fällen nicht von der Zentralregierung in Peking, sondern von den Städten und Provinzen, die “ihrem” Champion bessere Chancen verschaffen wollen. Von der Leyen ist sich nach der Untersuchung sicher: “Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt.”

    Deshalb hatte die Bundesregierung auch nur geringe Chancen, die Zölle abzuwenden. Die Mechanismen zur Abwehr von Preisdumping sind bei der EU schon lange etabliert; es ist zumindest ein Minimum an Objektivität eingebaut, indem die Untersuchung der zugrundeliegenden Subventionen vorgeschaltet ist.

    Gelassene Reaktion Pekings erwartet

    Während das Kanzleramt und Wirtschaftsverbände sich um chinesische Vergeltungsmaßnahmen sorgen, geben Experten vorerst Entwarnung. “Wir gehen davon aus, dass China zunächst gelassen vorgehen wird”, sagt Max Zenglein, Ökonom beim Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin.

    Zenglein erwartet zwar Signale, die verdeutlichen sollen, dass die Zölle nicht ohne Folgen bleiben. Diese werden aber strategisch eingesetzt sein und sich vor allem gegen Befürworter der Handelsmaßnahmen wie Spanien und Frankreich richten. Die französischen Cognac-Hersteller zeigten sich am Mittwoch daher besonders besorgt.

    Gegenüber Deutschlands Autoindustrie werde sich China voraussichtlich erst einmal zurückhalten. Schließlich handelt es sich um einen wichtigen Fürsprecher chinesischer Interessen in Europa. Die Zölle werden erst im November endgültig gemacht, bis dahin kann China noch verhandeln. Diese Zeit will Peking nutzen.

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    • Volker Wissing
    • Zölle
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    Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Zöllen auf chinesische E-Autos

    Wie hoch fallen die Zölle aus?

    Die EU-Kommission hat sich für vorläufige Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion entschieden. Diese fallen unterschiedlich hoch aus. Betroffen sind nur rein batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die EU veranschlagt bereits jetzt zehn Prozent Zoll auf chinesische E-Fahrzeuge. Die Zusatzzölle fallen zusätzlich zu diesen zehn Prozent an.

    • Der höchste Satz betrifft den Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, für dessen Produkte 38,1 Prozent an Zusatzzöllen erhoben werden sollen.
    • Die Autos von Geely, Inhaber von Volvo, sollen mit zusätzlich 20 Prozent belegt werden.
    • Der Weltmarktführer BYD wird unterdurchschnittlich mit zusätzlich 17 Prozent belastet.
    • Für alle anderen Anbieter gilt ein Zusatzzoll von 21 Prozent.

    Wie wurden die Zölle berechnet?

    Die Zölle entsprechen dem Durchschnitt der unfairen Subvention nach Untersuchung durch die EU, teilte die Brüsseler Behörde mit. Dieser Satz gilt vorerst beispielsweise auch für Tesla, das in Shanghai hergestellte Autos in die EU verschifft. Tesla hatte jedoch um eine einzelne Untersuchung seines Falls gebeten und könnte nun einen geringeren Zusatzzoll erhalten, wenn sich herausstellt, dass Tesla weniger Subventionen erhalten hat.

    Warum sind die Zusatzzölle unterschiedlich hoch?

    Die EU-Kommission hat nach eigenen Angaben die Höhe der Zusatzzölle auf Basis der Höhe der Subventionen und der Kooperation der Hersteller entschieden. SAIC habe den höchsten Satz erhalten, da an das Unternehmen die größten staatlichen Hilfen geflossen seien. SAIC hatte laut der Brüsseler Behörde allerdings auch nicht kooperiert und seine Zahlen nicht vorgelegt. Deshalb sei auf Basis der zugänglichen Fakten entschieden worden, hieß es aus der EU-Kommission. Die Hersteller Aiways, JAC, BMW, Chery, FAW, Changan, Dongfeng, GWM, Leapmotor, Nanjing Golden Dragon Bus, Nio, Tesla und Xpeng hatten dagegen kooperiert und wurden mit dem Durchschnittssatz von 21 Prozent belegt. Die betroffenen Hersteller haben drei Arbeitstage Zeit, sich gegen den berechneten Zollsatz auszusprechen.

    Ab wann treten die Zusatzzölle Kraft?

    Die vorläufigen Zusatzzölle gelten ab dem 4. Juli. Das bedeutet jedoch nicht, dass ab diesem Datum der Zusatzzoll bezahlt werden muss. Die Unternehmen müssen aber eine Bankgarantie bei der Einfuhr geben. Wenn sich die EU-Kommission zu endgültigen Zöllen entscheidet – das muss bis zum 4. November dieses Jahres passieren -, können die vorläufigen Zusatzabgaben voll angewandt werden. Das wäre auch rückwirkend möglich. Die EU würde dann die Bankgarantien einkassieren. Die Brüsseler Behörde kann endgültige Zölle aber auch einführen und dabei auf die rückwirkenden vorläufigen Zölle verzichten.

    Was passiert bis zum 4. November?

    Der Handelsausschuss des Europaparlaments prüft die Berechnung und Begründung der Zölle durch die Kommission. Die Zölle werden im Komitologieverfahren von den Mitgliedstaaten bestätigt. Bis zum 4. November kann sich die Höhe der Zölle noch ändern. Festgelegt wird neben der Höhe der Zölle auch die vorgeschlagene Dauer der Anwendung. In dieser Zeit gehen die Gespräche mit China weiter. Die Hoffnung ist, dass China in dieser Phase auf die Argumente der EU eingeht und die Höhe der Zölle im Nachgang reduziert werden kann.

    Welche Subventionen hat die EU-Kommission festgestellt?

    Die staatliche Subventionierung der chinesischen E-Fahrzeug-Produktion zieht sich laut der EU-Kommission durch die gesamte Wertschöpfungskette, auf Lokal-, Provinz- und nationaler Ebene. Das beginne bei zu günstig verkauftem Lithium, gehe über spezielle Finanzierungsvergünstigungen bis hin zu Steuererleichterungen. Die EU fand nach eigenen Angaben fallspezifische Subventionen bei einzelnen Herstellern und gemeinsame Subventionen für alle Hersteller.

    Kann es sein, dass auf chinesische Hersteller weniger Zusatzzoll anfällt als auf europäische?

    Ja. Europäische Hersteller, die in China produzieren und ihre Produkte in die EU einführen, müssen mit dem Durchschnittssatz von 21 Prozent rechnen – also mehr als BYD mit 17 Prozent oder Geely mit 20 Prozent. Auf Fahrzeuge aus dem Joint Venture von SAIC und VW würden ebenfalls die zusätzlichen 38,1 Prozent anfallen. Bisher würden die Fahrzeuge aus dem Joint Venture aber nicht in die EU exportiert. Entscheidend sei jedoch China als der Herstellungsort und nicht, ob es sich um einen chinesischen oder europäischen Hersteller handelt.

    Wie werden sich die Zölle auf Kunden auswirken?

    Das ist noch nicht ganz klar. Entscheidend dafür, ob die Zusatzzölle bei der Einfuhr gelten, ist einzig das Importdatum, nicht das Kaufdatum. Wer also im Mai ein E-Auto von BYD bestellt hat und darauf sechs Monate wartet, muss eventuell mit den Zusatzzöllen rechnen. Ob diese dann direkt auf die Kunden übertragen werden, hängt vom Kaufvertrag mit dem Händler oder Hersteller ab.

    Gibt es weiterhin Gespräche mit China?

    Die EU-Kommission hat am Mittwoch mehrfach betont, dass weiterhin eine gemeinsame Lösung mit der chinesischen Regierung gesucht werde und gewünscht wäre. Wie diese genau aussehen könnte, wurde jedoch offen gelassen. Peking sei zudem während der Untersuchung selbst nicht wirklich engagiert gewesen, etwas beizutragen, hieß es aus EU-Kreisen.

    Wie hat China die Entscheidung aufgefasst?

    Peking reagierte umgehend: Das chinesische Außenministerium teilte mit, alle Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, um entschieden die eigenen Interessen zu verteidigen. Sonderzölle der Europäischen Union auf Elektroautos würden Marktregeln verletzen, sagte Sprecher Lin Jian. Diese wären auch gegen die Interessen der EU. Die chinesische Handelskammer in der EU drückte “ihren Schock, ihre tiefe Enttäuschung und ihre tiefe Unzufriedenheit über diese protektionistische Handelsmaßnahme” aus. Die Untersuchung sei politisch motiviert und intransparent gewesen, warf die Handelskammer der EU-Kommission vor.

    In welchen Industrien untersucht die EU-Kommission sonst noch Chinas Vorgehen?

    • Im Mai leitete die EU-Kommission eine Prüfung ein, bei der es um flachgewalzten rostfreien Stahl geht. Sie reagiert damit auf eine Beschwerde des europäischen Branchenverbands Eurofer.
    • Die EU-Kommission prüft zudem, ob europäische Zulieferer einen fairen Zugang zum chinesischen Markt für Medizintechnik haben.
    • EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kündigte eine Prüfung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien an. Dabei geht es um die Frage, ob chinesische Windkraftanlagen-Hersteller Subventionen für die Anlagen erhalten haben, die nach Europa geliefert werden sollten.
    • Eine Überprüfung von Solaranlagen-Herstellern wurde inzwischen eingestellt, nachdem sich die beiden chinesischen Unternehmen aus dem Bieterprozess um einen Solarpark in Rumänien zurückgezogen hatten.
    • Autoindustrie
    • EU
    • Handel

    Termine

    14.06.2024 – 09:00-17:00 Uhr, Florenz (Italien)
    FSR, Seminar Urban nodes along the trans-european transport network: how can stakeholders work together?
    The Florence School of Regulation (FSR) addresses the challenges and enablers when discussing urban nodes. INFOS & REGISTRATION

    17.06.-21.06.2024, online
    ERA, Seminar Summer Course on EU Financial Regulation and Supervision
    The Academy of European Law (ERA) provides a compact overview of the regulation and supervision of financial markets in the European Union. INFOS & REGISTRATION

    17.06.-18.06.2024, Florenz (Italien)
    EUI, Conference The disruptive market effect of generative AI
    The Centre for a Digital Society (EUI) discusses the challenges ahead for antitrust and sector regulation. INFOS & ANMELDUNG

    18.06.2024 – 09:00-10:30 Uhr, online
    DGAP, Panel Discussion Staying the Course on EU Enlargement After the European Parliament Elections
    The German Council on Foreign Relations (DGAP) discusses the future of EU enlargement in the context of the next EU political cycle. INFOS & REGISTRATION

    18.06.2024 – 12:00-16:00 Uhr, Frankfurt/Main
    ZIA, Seminar Fit für die CSRD – Fit für die Zukunft
    Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) informiert über die neuen Anforderungen der EU-Regulatorik CSRD. INFOS & ANMELDUNG

    18.06.2024 – 19:00 Uhr, Hamburg
    Körber Stiftung, Diskussion Eine gnadenlose Gesellschaft? Russland im Kriegszustand
    Die Körber Stiftung beschäftigt sich mit dem Zustand der russischen Gesellschaft im Kriegszustand. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Topjobs: Warum es am Montag spannend wird

    Alle Augen richten sich nun auf das informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs am Montagabend in Brüssel. EVP-Chef Manfred Weber hat wiederholt deutlich gemacht, dass er spätestens an diesem Abend die Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen erwartet.

    Aus Berlin heißt es, man arbeite darauf hin, am Montag ein Paket für die personelle Neuaufstellung der EU zu vereinbaren. Sobald es grünes Licht von Seiten des Rates für von der Leyen gebe, könnten EVP, S&D und Renew in die Verhandlungen über die politischen Vorhaben für das nächste Mandat einsteigen.

    Die Grünen wollen mitreden

    Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Es gilt aber als machbar, die Gespräche binnen drei Wochen abzuschließen. Dann könnte noch in der ersten Sitzungswoche der zehnten Wahlperiode vom 16. bis 19. Juli in Straßburg die Wahl der Kommissionspräsidentin stattfinden.

    Die Grünen werben dafür, in die Verhandlungen einbezogen zu werden. Spitzenkandidat Bas Eickhout sagte: “Auf Europa kommen in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu. Dafür bedarf es einer breit aufgestellten und stabilen parlamentarischen Mehrheit.” Die Grünen hätten bei den Kernthemen der Kommission im vergangenen Mandat stets ihre Zuverlässigkeit bewiesen. “Eine stabile Koalition ist nur mit den Grünen zusammen zu erreichen”, fügte Eickhout hinzu. mgr

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    Wie Macron um Unterstützung über seine Partei hinaus wirbt

    Nach der überraschenden Auflösung der Nationalversammlung hat Emmanuel Macron seinen Schlachtplan für den Wahlkampf vorgestellt. Sein Ziel sei es, aus der aktuellen Minderheitsregierung herauszukommen und bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2027 wieder eine “klare Mehrheit” zu bekommen, sagte der französische Staatspräsident am Mittwoch vor der Presse in Paris. Er bestätigte, dass Premierminister Gabriel Attal die Kampagne des Präsidentenlagers anführen wird.

    Er wolle mit den Neuwahlen dem Vormarsch der Rassemblement National entgegenwirken, sagte Macron, um nicht am Ende seiner Amtszeit “2027 der extremen Rechten die Schlüssel zur Macht in die Hand zu geben”. Er übernehme also die volle Verantwortung dafür. Einen möglichen Rücktritt im Falle einer Niederlage bei den Parlamentswahlen schob der Präsident beiseite: “Das ist absurd”, sagte er.

    Appell an andere Gemäßigte für Bündnis

    Macron zeigte sich zufrieden, eine Bewegung in Gang gesetzt zu haben, die “Klarheit” in einer “trüben politischen Landschaft” schaffe. Er wandte sich auch an andere Parteien, gemeinsam mit ihm eine demokratische Allianz gegen Marine Le Pens rechtsextreme Nationale Sammlungsbewegung (RN) zu schmieden. “Viele unserer Landsleute und politischen Führer, die sich nicht im extremistischen Fieber wiedererkennen” sollten “ein neues Projekt” aufbauen, sagte er.

    Seit seiner Entscheidung über die Auflösung der Nationalversammlung am Sonntagabend würden “die Masken fallen”. Er ging insbesondere auf die Krise des rechten politischen Lagers ein, nachdem der Vorsitzende der Republikaner (LR), Eric Ciotti, angekündigt hatte, er wolle sich mit dem Rassemblement National verbünden. Macron sprach auch über die Verhandlungen auf der linken Seite zwischen Sozialisten, La France Insoumise, Grünen und Kommunisten und kritisierte diese “Apparatschiks”, die seiner Ansicht nach nicht regierungsfähig sind.

    Républicains weiter auf Schlingerkurs

    Derweil geht der Streit bei den konservativen Les Républicains weiter. “Wir haben Eric Ciotti gerade einstimmig aus unserer politischen Familie ausgeschlossen. Er ist kein Republikaner mehr“, twitterte etwa der Parteivorstand. Ciotti sieht das derweil anders. Er antwortete wiederum auf X: “Keine der in dieser Sitzung getroffenen Entscheidungen hat rechtliche Konsequenzen. Es kann strafrechtliche Folgen haben. Ich bin und bleibe der von den Mitgliedern gewählte Präsident unserer politischen Partei!”, schrieb er.

    Der Wahlkampf findet in einem angespannten wirtschaftlichen Umfeld statt. Umfragen zufolge bleibt die Kaufkraft das wichtigste Thema für die Franzosen, noch vor Einwanderung und Sicherheit. So steigen die Gaspreise ab 1. Juli um zwölf Prozent. Anfang Juni stufte außerdem die US-Ratingagentur Standard & Poor’s die französischen Schulden von AA auf AA- herab. Diese Herabstufung erschüttert die politische Glaubwürdigkeit der Regierung, die gerne ihre wirtschaftliche Kompetenz betont.

    Unsicherheit an den Finanzmärkten

    Die Finanzmärkten reagieren nervös auf die überraschende Ankündigung Macrons. Der Risikoaufschlag auf französische Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen stieg auf den höchsten Stand seit Oktober. An der Börse kam es zu durchschnittlichen Tagesverlusten von knapp zwei Prozent, besonders stark belastet waren Banken, Energieversorger und Infrastrukturunternehmen.

    Die Investoren machen sich Gedanken über den künftigen wirtschaftlichen Kurs Frankreichs. Laut der Analyse der Investmentbank Natixis könnte eine Regierung der extremen Rechten “die angehenden Reformen abrupt unterbrechen, während die öffentlichen Finanzen keinen haushaltspolitischen Spielraum für neue Ausgaben oder die Infragestellung bereits eingeleiteter Sparmaßnahmen lassen”. cst/lei

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    Transfermarkt: Wie viele Abgeordnete die EKR dazu gewonnen hat

    In der ersten Fraktionssitzung der konservativen EKR-Fraktion nach der Europawahl sind fünf neue Mitglieder aufgenommen worden. Die Fraktion zählt jetzt 77 Mitglieder. EKR-Co-Fraktionschef Nicola Procaccini kündigte an, dass bis zur Konstituierung der Fraktion am 26. Juni weitere Abgeordnete zur Fraktion stoßen werden. Es handelt sich um Abgeordnete, die als Einzelkämpfer ins Europaparlament neu eingezogen sind. Sie kommen aus:

    • Zypern
    • Lettland
    • Luxemburg
    • Finnland
    • Kroatien mgr
    • EKR
    • Europäisches Parlament

    Russisches Gas: Was die High-Level Group will

    Unter den Mitgliedstaaten gibt es Unterstützung für eine Roadmap zum Vorhaben der EU, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Bei einem Treffen auf Botschafterebene mit der Generaldirektion Energie am Mittwoch hätten mehrere Teilnehmer eine Roadmap gefordert, sagte eine Quelle zu Table.Briefings. Es war das erste Treffen, nachdem Deutschland und Tschechien, unterstützt von weiteren Mitgliedstaaten, beim Energieministerrat Ende Mai eine High-Level Group zum Phase-out gefordert hatten.

    Generaldirektorin Ditte Juul Jørgensen habe eine Roadmap als sinnvoll bezeichnet. Die Unterstützer versprechen sich von einem Fahrplan, die zögerlichen Staaten von einer Abkehr von russischem Gas zu überzeugen. Die Slowakei bezieht immer noch nennenswerte Mengen Pipelinegas aus Russland, mehrere Nordsee-Anrainer verzichten bisher nicht darauf, russisches LNG anzulanden.

    Die Roadmap könne zum Beispiel Diversifizierungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Kosten aufschlüsseln und die nötigen Schritte für einen Phase-out aufzeigen, sagte die Quelle weiter. Für den 21. Juni hat Jørgensen ein Treffen auf Direktorenebene angekündigt, um über eine Roadmap zu beraten. Mehrere Mitgliedstaaten würden das Thema aber am liebsten auf Ministerebene heben. ber

    • Erdgas
    • LNG
    • Russland

    So will die Kommission den Asyl- und Migrationspakt umsetzen

    Die Kommission hat am Mittwoch den gemeinsamen Umsetzungsplan für das Asyl- und Migrationspakts vorgestellt. Der Plan legt zehn Umsetzungsfelder ​​fest, die alle Mitgliedstaaten erreichen müssen, um die neuen Rechtsvorschriften bis Mitte 2026 erfolgreich anwenden zu können, heißt es von der Kommission.

    Zu den Bausteinen des Umsetzungsplans gehört etwa ein gemeinsames Migrations- und Asylinformationssystem (Eurodac), Verbesserungen für Asylsuchende, zum Beispiel beim Zugang zum Arbeitsmarkt und effizientere Rückführungsverfahren. Zentral ist der neue Solidaritätsmechanismus, mit dem erstmals ein ständiges und rechtsverbindliches Instrument geschaffen werden solle, damit “kein EU-Land allein gelassen wird, wenn es unter Druck gerät”, so die Kommission.

    Die zehn Bausteine seien grundsätzlich voneinander abhängig und müssten parallel umgesetzt werden, betont die Kommission.

    Die Rechtsinstrumente des Asyl- und Migrationspakts sind am 11. Juni 2024 in Kraft getreten und werden ab Juni 2026 angewendet. Die EU-Länder müssen bis Ende 2024 ihre nationalen Umsetzungspläne entwerfen, in denen sie konkrete Schritte vorstellen müssen. Der gemeinsame Umsetzungsplan dient laut Kommission als Vorlage für diese nationalen Umsetzungspläne. lei

    • Asyl
    • Asylpolitik
    • Migrationspolitik

    Kleinanlegerstrategie: Was der Rat statt eines Provisionsverbotes fordert

    Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten hat heute die Position des Rats zur Kleinanlegerstrategie angenommen – und zwar ohne ein von der Kommission ins Spiel gebrachtes Provisionsverbot für bestimmte Käufe ohne Beratung. Auch das EU-Parlament hat sich in seinem Standpunkt dagegen ausgesprochen. Daher dürfte der Punkt bei den anstehenden Trilogverhandlungen vom Tisch sein.

    Kleinanleger sollen bei Investitionen an EU-Kapitalmärkten nach dem Willen der Mitgliedsstaaten künftig etwa leichter Zugang zu wichtigen und leicht verständlichen Informationen für Geldanlage-Produkte bekommen, wie der Rat am Mittwoch mitteilte. Generell solle die sogenannte Kleinanlegerstrategie für mehr Transparenz und Offenlegung sorgen.

    Grundlage für die Verständigung der Länder ist ein Gesetzesvorschlag der Kommission aus dem vergangenen Jahr. Es solle sichergestellt werden, dass Kleinanleger fair behandelt würden und angemessen geschützt seien, hieß es damals.

    Provisionen: Sicherheitsvorkehrungen statt Verbot

    Bei Verkäufen auf Provisionsbasis erhalten etwa Versicherungsvertreter prozentual Geld von den Versicherungen und Banken für die Vermittlung von Finanzprodukten. Je teurer das Produkt, desto mehr Provision bekommt in der Regel der Vertreter. Verbraucherschützer sehen dadurch die Gefahr von Interessenkonflikten. Nach Willen der EU-Länder sollen diese durch verschiedene Sicherheitsmaßnahmen verhindert werden, beispielsweise durch einen einheitlichen Test, mit dem sichergestellt werden soll, dass Berater im besten Interesse des Kunden handeln.

    Die EU möchte, dass mehr Kleinanleger an den hiesigen Finanzmärkten investieren, damit mehr Kapital für den grünen und digitalen Wandel zur Verfügung steht. dpa/lei

    • Banken
    • Finanzmarkt

    Aserbaidschan: Mindestens 25 Journalisten und Aktivisten vor COP29 festgenommen

    Aserbaidschan hat nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im vergangenen Jahr mindestens 25 unabhängige Journalisten und Aktivisten festgenommen. Viele von ihnen befinden sich noch immer in Gewahrsam. Zuletzt wurden am 6. März sechs Journalistinnen und Journalisten des Online-Mediums Toplum TV in Baku festgenommen. Die Autoritäten durchsuchten zudem deren Büro und riegelten es ab. Infolgedessen seien auch die Kanäle von Toplum TV auf Instagram und YouTube gehackt und Beiträge darauf gelöscht worden, wie Human Rights Watch berichtet.

    Aserbaidschan richtet im November 2024 in seiner Hauptstadt Baku die Weltklimakonferenz COP29 aus. Im Vorfeld dazu kam es vergangenen Freitag auf der UN-Zwischenkonferenz SB60 in Bonn zu Protesten, wie der Guardian berichtete. Aserbaidschan wurde aufgefordert, 23 armenische politische Gefangene freizulassen. Einige Protestierende warfen dem Land, das die COP29 zu einer “COP des Friedens” machen möchte, zudem Genozid vor.

    Aserbaidschan ist nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten das dritte Austragungsland der COP in Folge, in dem die Menschenrechtslage bedenklich ist. Zwar garantieren die Vereinten Nation eine stärkere Presse- und Meinungsfreiheit, doch außerhalb des UN-Geländes ist deren Einfluss begrenzt. lb

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    Yolanda Díaz: Spaniens linke Allianzenschmiedin will weitermachen

    Spaniens Arbeitsministerin Yolanda Díaz bei einer Pressekonfernezt des EU-Rats.

    “Ich gehe nicht, ich bleibe”, so Yolanda Díaz am Dienstag, 24 Stunden nachdem sie ihren Rücktritt als Sumar-Chefin aufgrund des schlechten Ergebnisses bei den Europawahlen -4,65 Prozent der Stimmen, 3 Sitze – angekündigt hatte. Es ist nicht das erste Mal, dass die zweite Vizepräsidentin und Arbeitsministerin der Regierung von Pedro Sánchez ihre Aussagen nachträglich relativiert. “Palästina wird vom Fluss bis zum Meer frei sein”, sagte Díaz im Mai zum Entsetzen Israels. Auch da musste Díaz hinterher klären, dass sie das so nicht gemeint hatte. Nun, nach ihrem angekündigten Rücktritt am Montag, erörtert Díaz, dass sie doch nur den Posten der “Koordinatorin” verlässt, aber weiterhin in der “Executive” von Sumar bleibt.

    Egal, ob sie nun doch bleibt oder ganz zurücktritt, das Wahlbündnis Sumar verbucht unter Díaz’ Führung wenige Erfolge. Seit Juli 2023 haben in Spanien fünf Wahlen stattgefunden: Parlamentswahlen, drei Regionalwahlen (Galicien, Baskenland und Katalonien) und zuletzt die Europawahlen. Die Ergebnisse von Sumar bei diesen Wahlen waren entweder schlecht oder katastrophal. In Galicien, Heimatregion von Díaz, erhielt Sumar nicht einmal zwei Prozent der Stimmen. Sumar, die 14 linke Minderheitenparteien vereint, ist erst ein Jahr alt; ihre Schwäche macht sich auch als Koalitionspartnerin von Sánchez bemerkbar. Díaz sagt nun, dass sie “die Koalitionsregierung schützt”, indem sie in Sumar bleibt.

    Díaz schmiedet geschickt Allianzen

    Díaz’ politische Karriere erstreckt sich über mehr als ein Vierteljahrhundert. Ein Kennzeichen dieser Karriere: Díaz gelingt es immer wieder, Allianzen mit politischen Schwergewichten zu schmieden, die bedeutender sind als sie selbst. Ebenso kennzeichnend: Immer wieder zerbrechen diese Allianzen in heftigen Streitigkeiten oder unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten.

    Aufgewachsen in einer politisch engagierten Familie, war die Politik von Kind an Teil ihres täglichen Lebens. Díaz wurde 1971 in Fene geboren, einer galicischen Kleinstadt mit 13.000 Einwohnern an der Atlantikküste im Nordwesten Spaniens, zehn Kilometer von Ferrol entfernt, der Geburtsstadt von Francisco Franco. Mitten in der Franco-Diktatur war ihr Vater, Suso Díaz, ein heimlicher Anhänger der Kommunistischen Partei und ein bekannter Gewerkschafter. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität von Santiago de Compostela und wurde 1998 als Anwältin zugelassen. Im Jahr 1999 kandidierte sie auf der Liste der Izquierda Unida (IU) für den Stadtrat von Ferrol, schaffte aber nicht einmal den Einzug ins Parlament.

    Frühe Zusammenarbeit mit Pablo Iglesias

    Im Jahr 2007 gelang es ihr dank eines Bündnisses mit dem Sozialisten Vicente Irisarri, stellvertretende Bürgermeisterin von Ferrol zu werden. Die Koalition hielt jedoch knapp 16 Monate, wegen starken Differenzen mit Irisarri. 2012 verbündete sich Díaz mit dem galicischen Nationalisten Xosé Manuel Beiras, um Alternativa Galega de Esquerda (AEG) zu gründen und für die Regionalwahlen zu kandidieren. Die AEG schaffte es damals, in einer von der konservativenVolkspartei (PP) dominierten Region, die dritte politische Kraft zu werden. Einer ihrer engsten Berater in diesem Wahlkampf war der bis dahin noch unbekannte Pablo Iglesias, Gründer der Partei Podemos.

    2015 schlossen sich AEG, IU und Podemos zusammen, um unter dem Namen En Marea bei den Parlamentswahlen für Galicien anzutreten. Das Dreierbündnis schaffte es, zweite Kraft in der Region zu werden. Der Bruch mit der AEG war jedoch ebenso bitter wie das Ende von Díaz’ Koalition mit den Sozialisten von Ferrol. Beiras beschuldigte Díaz sogar des Verrats.

    Von Freundschaft zur Feindschaft mit Podemos

    Dank Pablo Iglesias trat Díaz 2020 der Regierung von Pedro Sánchez bei und wurde zur Arbeitsministerin ernannt. Iglesias unterstützte Sánchez’ Amtseinführung im Jahr 2020 im Gegenzug dafür, dass seine Fraktion Unidas Podemos Ministerämter erhielt und Iglesias zum Vizepräsidenten ernannt wurde. Als Iglesias im März 2021 nach nur 14 Monaten im Amt zurücktrat, ernannte er Díaz zu seiner Nachfolgerin. So wurde Díaz plötzlich Spaniens Vizepräsidentin und Chefin von Unidas Podemos.

    Der Bruch mit Iglesias und Unidas Podemos ließ nicht lange auf sich warten. Díaz vermied es, Podemos die dominante Rolle zu geben, die die Partei unter Iglesias in der Koalition mit der PSOE von Sánchez innehatte. Als Irene Montero, Ehefrau von Iglesias und ehemalige Gleichstellungsministerin, Ende 2022 und Anfang 2023 wegen des Scheiterns ihres “Nur Ja heißt Ja”-Gesetzes scharf kritisiert wurde, stand Díaz ihrer Fraktionskollegin nicht bei. Die Streitigkeiten mit Podemos spitzten sich zu, als Díaz nach der Gründung von Sumar und bei der Aufstellung der Listen für die Parlamentswahlen im Juli 2023 ihr Veto gegen Montero einlegte. Im Dezember machte Podemos ihren Bruch mit Díaz und Sumar offiziell.

    Erfolge als Arbeitsministerin

    Als Arbeitsministerin wird Díaz aber auch für einige Erfolge gelobt. In dieser Legislaturperiode gelang es ihr, den Mindestlohn auf 1.134 Euro anzuheben. Was ihre Arbeitsreform betrifft, sind die Meinungen geteilt. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass das vorrangige Ziel der Reform, die Stabilität der Arbeitsplätze zu fördern und den unverhältnismäßigen Einsatz von Zeitverträgen einzuschränken, nicht erreicht wurde. Zu den Herausforderungen dieser neuen Legislaturperiode gehören die Reduzierung der Arbeitszeiten auf 37,5 Stunden wöchentlich.

    • Spanien

    Personalie

    Dragoș Tudorache wird im neuen AI Office Leiter der neu geschaffenen Einheit für KI-Sicherheit. Das berichtet Contexte. Tudorache, einer der beiden Ko-Berichterstatter für den AI Act im Europäischen Parlament, soll demnach in der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (CNECT) die Einheit A.3 übernehmen. Sie ist für die Sicherheit im Bereich der künstlichen Intelligenz zuständig und überwacht die Bewertung und Prüfung von Allzweck-KI-Modellen (GPAI), insbesondere solchen mit systemischen Risiken. Tudorache hatte sich während der Verhandlungen vehement für die Schaffung einer KI-Agentur oder eines KI-Büros auf europäischer Ebene eingesetzt. Die neue Organisationsstruktur des AI Office mit fünf Referaten und zwei Beratern wird am 16. Juni wirksam. vis

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