es ist ein entschlossener Kampf, den die Außenministerinnen und Außenminister der Nato-Staaten bei ihrem zweitägigen Treffen in Brüssel führen. Und zwar den gegen das böse Narrativ von einer angeblich um sich greifenden Ukraine-Müdigkeit. Alle hätten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine bekräftigt, sagte Jens Stoltenberg.
Es klang angesichts wachsender Unsicherheit über die Finanzierung der westlichen Militärhilfen und der militärischen Pattsituation vor Ort wie eine Beschwörungsformel. Immerhin konnte der Nato-Generalsekretär auf verschiedene Zusagen der letzten Tage verweisen. Deutschland habe acht Milliarden Euro für nächstes Jahr in Aussicht gestellt, die Niederlande mehr als zwei Milliarden Euro. Und Rumänien habe ein Ausbildungszentrum eröffnet, um Piloten aus der Ukraine auf F-16 Kampfflugzeugen auszubilden. Die USA und Finnland hätten zudem mehr Luftabwehrraketen und Munition versprochen, sagte Stoltenberg.
Nach dem Auftakt gestern geht das Treffen heute weiter mit dem Nato-Ukrainerat, erstmals auf Ministerebene und mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba. “Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie sie uns braucht“, betonte Außenministerin Annalena Baerbock im Vorfeld. Für die Ukraine gehe es auch darum, ihre Bevölkerung in den russisch besetzten Gebieten aus brutaler Unterdrückung zu befreien. Sicherheit und Frieden in der Ukraine sei nicht zuletzt eine Versicherung für Frieden in ganz Europa.
Dass die Nato nicht ganz so geschlossen ist, zeigte sich allerdings an andere Stelle: Eigentlich war geplant, am Mittwoch bei einer feierlichen Zeremonie Schweden formell in das Verteidigungsbündnis aufzunehmen und vor dem Hauptquartier der Nato blaugelbe Flagge des 32. Mitglieds hochzuziehen. Doch die Türkei und Ungarn haben trotz Zusagen beim Gipfel vom Juli in Vilnius die Ratifizierung des Beitrittsprotokolls immer noch nicht abgeschlossen. In Ankara fehlt noch die Zustimmung des Parlaments.
Die Außenminister der beiden Nato-Staaten mussten sich von ihren Amtskollegen einigen Klartext anhören. Es brauche nur einen Anruf von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei seinen Abgeordneten, sagen Diplomaten, und es könnte mit Schwedens Beitritt noch vor Ende Jahr doch noch klappen.
In Dubai findet in diesem Jahr mit der COP28 die wichtigste UN-Klimakonferenz seit dem Pariser Gipfel von 2015 statt. Erstmals ziehen die etwa 200 Staaten der Rahmenkonvention UNFCCC mit dem “Global Stocktake” (GST) eine offizielle Bilanz ihrer Anstrengungen und legen wichtige Fundamente für künftige Maßnahmen. Zum Treffen vom 30. November bis zum 12. Dezember erwartet der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), bis zu 70.000 Besucher aus der ganzen Welt.
Für Europa ist der neue Klimakommissar Wopke Hoekstra der ranghöchste Verhandler in Dubai. Seit acht Wochen im Amt in Brüssel ist er seit dem allerdings kaum an seinem eigentlichen Arbeitsplatz. 13 Länder hat er seitdem bereist, an über 60 persönlichen Treffen oder Konferenzen hat er teilgenommen. Hoekstra tut das, was viele an seinem Vorgänger Frans Timmermans vermisst haben: Statt in Brüssel an Gesetzen zu arbeiten, knüpft er Vollzeit auf dem ganzen Globus Kontakte, schmiedet Bündnisse und versucht, die europäische Klimaagenda voranzubringen.
Insbesondere seine Reisen nach China und in die öl- und gasproduzierenden Länder Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dürften dazu gedient haben, ein ganz zentrales Vorhaben Europas für die COP28 vorzubereiten: Die Struktur des “Loss and Damage”-Fonds, der auf der COP27 beschlossen wurde, ist praktisch fertig. Jetzt geht es darum, wer ihn mit wie viel Kapital auffüllt. Für Europa ist klar: Wer in den vergangenen Jahrzehnten “signifikantes Wachstum” mithilfe fossiler Energien gemacht hat, sollte der Verantwortung für die Kompensation von Klimaschäden in den am meisten betroffenen Ländern nachkommen. Und dazu gehören China, Saudi-Arabien und die VAE.
Dazu kommt Europas Drängen auf einen Beschluss zum Ausstieg aus (“Phase out”) oder der Verminderung (“Phase down”) der Nutzung fossiler Brennstoffe. Es wird eines der strittigsten Themen sein, auch weil es das Gastgeberland VAE direkt in seinem Geschäftsmodell berührt. Dem Vernehmen nach soll Hoekstra dennoch bei seinen Gesprächen mit COP28-Präsident Sultan Al Jaber immer wieder auf eine Formulierung zu fossilen Brennstoffen gedrängt haben.
Doch auch im globalen Süden war Hoekstra aktiv. Vor allem, weil die Industrieländer noch immer vertrauensbildende Maßnahmen durchführen müssen, da das Versprechen der jährlich 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen für den Süden nur mit deutlicher Verspätung erreicht werden wird. Dennoch oder gerade deshalb hält Linda Kalcher, Exekutivdirektorin der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives, die Auswahl von Hoekstras Reisezielen für ausgewogen. Das Gleichgewicht zwischen den Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens sei da. Hoekstra wolle den verschiedenen Partnern zuhören. “Das ist wichtig, um Vertrauen zu bilden.”
Die mangelnde Expertise Hoekstras in Bezug auf die Klimaverhandlungen war lange ein großer Kritikpunkt. Für Kalcher ist das nicht nachvollziehbar, auch weil die Abwesenheit des allseits bekannten Timmermans kein Risiko sei. Zum einen, weil Hoekstras Erfahrung als Finanzminister in den Niederlanden bei den technischen Fragen zum Loss-and-Damage-Fonds von Vorteil sein könne. Zum anderen, weil die spanische Umweltministerin Teresa Ribera die EU auf der COP28 als Ratspräsidentin vertreten wird.
Ribera ist mit internationalen Klimaverhandlungen vertraut. Sie hat den Ruf, eine extrem gut vernetzte und angesehene Verhandlerin zu sein. “Es ist beruhigend, dass die spanische Präsidentschaft die EU bei der COP28 vertritt”, sagt Kalcher. Das sei eine gute Kombination mit dem neuen Kommissar.
Offiziell soll der Global Stocktake (GST) in eine rechtlich bindende Entscheidung der Konferenz münden: Was darin steht und welche Rahmenbedingungen für die Zukunft daraus folgen, wird bis zur letzten Minute hart umkämpft sein. Denn diese Leitplanken sollen sich in den nächsten Klimaplänen der Länder (NDC) wiederfinden, die 2025 vorgelegt werden sollen. Europa dürfte zu den ambitioniertesten zählen, mit einem CO₂-Reduktionsziel für 2035 von voraussichtlich 90 bis 95 Prozent.
Das Ziel, die globale Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln, steht ebenfalls auf der Agenda der Konferenz und soll die globale Energiewende voranbringen. Das Ziel wird von einer großen Anzahl der Länder mitgetragen, weshalb davon ausgegangen werden darf, dass dies zu den Einigungen der COP in Dubai zählen wird.
Das Thema Gesundheit im Klimawandel soll erstmals breiten Raum einnehmen. Eine Allianz aus Wissenschaft, Staaten und Zivilgesellschaft will dafür werben, die Risiken aus der Klimakrise für alle Bevölkerungen stärker in den Fokus zu nehmen. Der Waldschutz soll ebenfalls prominent vorkommen. Das Ende der Entwaldung ist schon öfter beschlossen, aber nie umgesetzt worden. Denn ohne ein Ende der Waldzerstörung wird es keine Chance auf das 1,5-Grad-Ziel geben. Ob das Thema in Dubai aber ein Teil der offiziellen Entscheidung wird, ist unklar.
Nicht auf dem offiziellen Programm, aber heiß debattiert werden die geopolitischen Krisen sein: Die Konferenz beginnt mit dem “Climate Action Summit” vieler Staats- und Regierungschefs, die sich am Rande des Treffens auch zur Geopolitik austauschen werden. Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird dafür nach Dubai reisen. Der Krieg um Gaza und der russische Angriff auf die Ukraine werden die Atmosphäre ebenso bestimmen wie die Spannungen zwischen den USA und China, die weltweite Inflation und Schuldenkrise und die Alarmsignale der Klimakrise.
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.
Im Trilog zur Gasmarkt-Verordnung prüfen die europäischen Gesetzgeber weiterhin Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, den Import von russischem Gas zu unterbinden. Für die Nacht von Montag auf Dienstag war eigentlich der letzte Trilog angesetzt. Weil aber in acht Punkten keine Einigung erzielt werden konnte, soll nun am 8. Dezember eine politische Einigung gefunden werden. Eines der noch offenen Themen sei die Rolle russischer Gasimporte, wie gestern aus Verhandlungskreisen verlautete.
Der polnische Berichterstatter Jerzy Buzek (EVP) hatte einen Artikel eingebracht, der die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet hätte, keine Gase mehr per Pipeline oder LNG-Terminals aus Russland zu importieren. Dieser Artikel 3a wurde Montagnacht gestrichen, wie aus einem internen Verhandlungsdokument hervorgeht, das Table.Media einsehen konnte.
Ganz vom Tisch sei ein Verbot allerdings noch nicht, wie gestern aus Verhandlungskreisen verlautete. Bei den juristischen Diensten der EU-Institutionen bestehe aber Unsicherheit, ob und wie sich Importbeschränkungen durchsetzen ließen. Grund seien zum einen WTO-Regeln, aber auch das Prinzip, dass die EU-Staaten selbstständig über ihren Energiemix entscheiden können.
Weiterhin diskutiert wird der Vorschlag aus der allgemeinen Ausrichtung des Rates, es den Mitgliedstaaten offenzulassen, ob sie Gaseinfuhren aus Russland verbieten. Neu ist laut dem Verhandlungsdokument von Montagnacht, dass EU-Staaten mit LNG-Terminals Anfragen von anderen Mitgliedstaaten ablehnen können, die gerne russisches Gas über eben ein solches Terminal importieren möchten.
Hauptgrund für die fehlende Einigung im jüngsten Trilog war aber der Streit über die Frage, welche Institution die langfristige Netzplanung für Wasserstoffleitungen durchführen soll. Das Parlament will die Aufgabe dem schon bestehenden Verband der Übertragungsnetzbetreiber ENTSOG übertragen und verspricht sich davon einen schnelleren Aufbau des Wasserstoffnetzes.
Rat und Kommission wollen dagegen ein unabhängiges Europäisches Netzwerk der Wasserstoffnetzbetreiber (ENNOH) aufbauen. Die Kommission soll nun eine technische Lösung erarbeiten.
Für sieben andere noch offenen Punkte – darunter die Importe von russischem Gas – wurden Montagnacht zumindest politische Leitlinien festgelegt. Vom Tisch ist voraussichtlich der Wunsch des Parlaments, die gemeinsame Gasbeschaffung während einer Energiekrise verpflichtend zu machen. “Das können wir als Parlament akzeptieren“, hieß es gestern aus Verhandlungskreisen. Dieser Punkt müsse aber Teil einer Gesamtlösung zu allen noch offenen Themen sein.
Weiterhin möchte das Parlament aber Wasserstoff in den gemeinsamen Gaseinkauf einbeziehen. Der Rat hat als Kompromiss vorgeschlagen, in einem Erwägungsgrund eine Absichtserklärung festzuschreiben, Wasserstoff dann EU-weit zu beschaffen, wenn ausreichende Mengen zur Verfügung stünden.
Derweil regte sich gestern im Parlament Kritik an der Einigung vom Montag zur Gasmarkt-Richtlinie. “Die Möglichkeit, dass Mitgliedsstaaten einzeln überprüfen können, ob Gasübertragungsnetzbetreiber ihre Wasserstoffpipelines nach 2030 weiter behalten und betreiben dürfen, spielt dem grünen Wirtschaftsministerium und der Bundesregierung in ihrer radikalen Umwälzung der deutschen Industrie leider in die Hände”, sagte Christian Ehler (CDU). ber
Die EU-Kommission hat am Dienstag grünes Licht gegeben für die Auszahlung von vier Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbauprogramm an Deutschland. Wenn der Rat der Mitgliedstaaten im Dezember wie erwartet zustimmt, kann die erste Tranche aus dem Programm Next Generation EU nach Berlin fließen. Die Bundesregierung hatte Mitte September die Auszahlung beantragt.
Insgesamt sind in dem 2021 aufgelegten Programm für Deutschland gut 30 Milliarden Euro bis Ende 2026 reserviert. 2024 werden voraussichtlich 14 Milliarden Euro fließen, in zwei weiteren Tranchen. Die EU-Gelder helfen den Haushältern der Ampel-Koalition aber kaum über die aktuellen Finanzengpässe hinweg: denn sie sind schon verbucht: “Die Zuschüsse sind in der Finanzplanung des Bundes bereits enthalten“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage.
Um die Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) zu erhalten, musste die Bundesregierung 36 einzelne Reformen oder Investitionen nachweisen. Die EU-Mittel refinanzieren nun Ausgaben des Bundes etwa für die Umweltprämie für Elektroautos, den Ausbau der Ladeinfrastruktur oder die Dekarbonisierung der Industrie. Auch für die Digitalisierung der Verwaltung und Laptops für Lehrer fließen die Gelder aus Brüssel. tho
Zwischen der EU und China laufen die letzten Vorbereitungen für das Gipfeltreffen in Peking kommende Woche. Wie der Europäische Auswärtige Dienst (EEAS) am Dienstag mitteilten, haben sich der stellvertretende Generalsekretär beim EEAS für politische Angelegenheiten, Enrique Mora, und Chinas Vize-Außenminister Sun Weidong zu mehreren Themen wie dem Ukraine-Krieg, die Lage im Nahen Osten sowie die Stabilität in der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer ausgetauscht. Die EU habe China bei der Begegnung vom Montag erneut aufgefordert, sich an einer Friedenslösung im Ukraine-Krieg zu beteiligen.
Der EU-China-Gipfel findet am kommenden Donnerstag und Freitag in Peking statt. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel werden Chinas Staatschef Xi Jinping treffen; beim eigentlichen Gipfel soll dann Premier Li Qiang neben den EU-Vertretern den Vorsitz übernehmen. Die Themen-Liste ist lang. Peking wird mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut seinen Unmut über die EU-Untersuchung zu E-Autos aus China kundtun.
Nach mehreren Jahren mit Videoschalte findet das Gipfeltreffen nun erstmals seit 2019 wieder persönlich statt. Im Jahr 2019 wurde die EU noch von Donald Tusk und Jean-Claude Juncker vertreten. Auf der chinesischen Seite hieß der Ministerpräsident Li Keqiang. Xi hatte im Dezember 2022 Charles Michel in Peking empfangen. Von der Leyen traf er zuletzt im April, kurz nachdem die EU-Kommissionspräsidentin eine Grundsatzrede zu China gehalten hatte. ari
Slowakische Lkw-Fahrer drohen damit, den wichtigsten Grenzübergang des Landes zur Ukraine ab Freitag zu blockieren. Hintergrund ist die Kritik an billiger Konkurrenz aus der Ukraine. Die Trucker wollen, dass die EU Maßnahmen ergreift, den Wettbewerb mit ukrainischen Spediteuren einzuschränken, sagte der Chef des slowakischen Lkw-Fahrerverbandes UNAS.
Polnische Lkw-Fahrer blockieren bereits seit Anfang November mehrere Grenzübergänge zur Ukraine. Sie fordern, dass die Europäische Union wieder ein Genehmigungssystem für ukrainische Lastwagenfahrer bei der Einreise in die EU und für EU-Lkw-Fahrer bei der Einreise in die Ukraine einführt, mit Ausnahmen für humanitäre Hilfe und Militärgüter. Die Genehmigungen wurden nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im vergangenen Jahr abgeschafft.
UNAS-Chef Stanislav Skála sagte, man werde bis Donnerstag auf eine Reaktion des Verkehrsministeriums warten, bevor es eine endgültige Entscheidung zur Blockade gebe. Am 4. Dezember treffen sich die EU-Verkehrsminister in Brüssel. Er habe aber keine großen Hoffnungen auf einen Durchbruch. “Es scheint, dass weder die ukrainische Seite noch die (Europäische) Kommission bereit sind, nachzugeben”, sagte er.
Die Ukraine kritisiert den Protest der Fahrer, weil dieser Exporte behindere und die Lieferung von lebenswichtigen Gütern wie Autogas ins Land verhindere. rtr
Finnland wird seinen letzten noch für den Personenverkehr geöffneten Grenzübergang nach Russland vorerst schließen. Das sagte der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo am Dienstag bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Zuletzt war nur noch ein Grenzübergang nördlich des Polarkreises geöffnet gewesen.
Finnland hat eine 1.340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Der einzige für den Personenverkehr noch geöffnete Grenzübergang zwischen Finnland und Russland bei Raja-Jooseppi soll ab Donnerstag geschlossen werden, zunächst für zwei Wochen. Einzig der Grenzbahnhof Vainikkala im Südosten Finnlands bleibt demnach für den Güterverkehr auf der Schiene geöffnet.
Die finnische Regierung wirft Moskau vor, Asylbewerber ohne gültige Papiere gezielt nach Finnland durchzulassen. “Russland hat diese Situation verursacht und kann sie auch stoppen”, sagte Ministerpräsident Orpo. Es handle sich bei der sprunghaft angestiegenen Einreise von Asylbewerbern um “eine organisierte Aktivität” und nicht um einen echten Notfall. Angesichts der Zunahme der ankommenden Asylbewerber hatte die EU-Grenzschutzbehörde Frontex vergangene Woche erklärt, in Kürze 50 Beamte, weiteres Personal und Patrouillenfahrzeuge nach Finnland schicken zu wollen. Diese sollten etwa bei der Registrierung von Migranten, dem Prüfen von Dokumenten und als Dolmetscher helfen. rtr
Der UN-Ausschuss gegen Folter hat sich besorgt über Dänemarks Bestrebungen geäußert, Asylbewerber während der Prüfung ihrer Anträge in Drittländer wie Ruanda zu überstellen. Der Grund ist die Sorge um die Sicherheit der Migranten.
Die Kritik kommt zwei Wochen, nachdem der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs festgestellt hatte, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet werden kann, und damit ähnliche Pläne Großbritanniens zur Überstellung von Asylbewerbern nach Ruanda blockiert hatte. Der britische Premierminister Rishi Sunak erklärte, er werde ein Notgesetz verabschieden, um Ruanda zu einem sicheren Ziel für Migranten zu erklären.
Dänemark hat in den letzten zehn Jahren eine immer härtere Einwanderungspolitik betrieben und 2021 ein Gesetz verabschiedet, das es erlaubt, Flüchtlinge, die auf dänischem Boden ankommen, in Asylzentren in einem Partnerland zu bringen. Im vergangenen Jahr vereinbarte Dänemark mit Ruanda, die Einrichtung eines Programms zu prüfen, in dessen Rahmen in Dänemark ankommende Asylbewerber in das afrikanische Land überstellt werden könnten. Die dänische Regierung versucht nun, ein ähnliches Programm zusammen mit der EU oder anderen EU-Mitgliedern einzurichten. Bisher wurden aber noch keine Migranten nach Ruanda geschickt.
“Es bleibt das Ziel der Regierung, die Asylbearbeitung in Zusammenarbeit mit der EU in ein Partnerland zu verlagern“, erklärte Kaare Dybvad Bek, dänischer Minister für Einwanderung und Integration, schriftlich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das Urteil des Vereinigten Königreichs ändere nichts an der Tatsache, dass neue Lösungen erforderlich seien.
Der UN-Ausschuss äußerte sich in einem Bericht besorgt über die dänische Gesetzgebung und empfahl, sie unter Berücksichtigung internationaler Standards zu überarbeiten. Italien hat in diesem Monat angekündigt, in Albanien Lager zu errichten, in denen Migranten untergebracht werden sollen, die versuchen, an Land zu kommen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat angedeutet, dass er offen dafür wäre, Italiens Vorhaben in Albanien zu prüfen. rtr
Die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum ist im Zuge des straffen Zinserhöhungskurses der EZB erstmals seit acht Jahren wieder gesunken. Geldhäuser im Währungsgebiet gaben im Oktober 0,3 Prozent weniger Darlehen an Firmen aus als im Vorjahresmonat, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag mitteilte.
Letztmalig war die Kreditvergabe an Firmen im Juli 2015 geschrumpft, als die Wirtschaft der Eurozone in eine Deflation abzurutschen drohte. Im September hatte es noch zu einem schmalen Wachstum von 0,2 Prozent gereicht. Die Kreditkosten für Unternehmen sind im Zuge der EZB-Zinserhöhungen kräftig gestiegen. Dazu halten sich viele Firmen mit Investitionen aufgrund der schwachen Konjunktur zurück.
Inzwischen hat die EZB ihre Schlüsselsätze seit Sommer 2022 bereits zehn Mal in Serie angehoben. Im Oktober hatte sie auf ihrer Zinssitzung eine Pause eingelegt, weil die Inflation bereits kräftig zurückgegangen ist. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt aktuell bei 4,00 Prozent. Noch im Juni 2022 hatte der Satz bei minus 0,50 Prozent gelegen. rtr
Kurz vor seiner Verabschiedung könnte das EU-Gesetz für künstliche Intelligenz (AI Act) scheitern. Deutschland und Frankreich haben auf Druck einzelner heimischer KI-Unternehmen vor einigen Tagen einen Rückzieher gemacht. Der langwierig ausgehandelte Konsens könne die Innovation hemmen, meinen Berlin und Paris.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, wie der Vergleich von KI mit der Pharmabranche zeigt. Sehr leistungsfähige KI-Systeme wie GPT-4 können beispielsweise mit einer neuen Medikamentenkategorie verglichen werden, die enormes Potenzial, aber auch Risiken mit sich bringt.
Das KI-Gesetz der EU ist alles andere als perfekt. Aber es handelt sich um einen breit abgestützten Kompromiss, der das Potenzial von KI fördert und mögliche Risiken minimiert – sowie weltweite Ausstrahlung haben wird. Der Blick auf Innovation in der Pharmabranche zeigt, dass viele der nun vorgebrachten Argumente aus Deutschland und Frankreich kurzsichtig sind.
Nicolas Mayencourt ist Gründer und CEO von Dreamlab Technologies. Das Schweizer Cybersicherheitsunternehmen organisiert die Swiss Cyber Security Days 2024. David Marti ist Programmleiter KI bei Pour Demain. Der gemeinnützige Think-Tank führt bei den Swiss Cyber Security Days den AI Safety Prize durch.
es ist ein entschlossener Kampf, den die Außenministerinnen und Außenminister der Nato-Staaten bei ihrem zweitägigen Treffen in Brüssel führen. Und zwar den gegen das böse Narrativ von einer angeblich um sich greifenden Ukraine-Müdigkeit. Alle hätten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine bekräftigt, sagte Jens Stoltenberg.
Es klang angesichts wachsender Unsicherheit über die Finanzierung der westlichen Militärhilfen und der militärischen Pattsituation vor Ort wie eine Beschwörungsformel. Immerhin konnte der Nato-Generalsekretär auf verschiedene Zusagen der letzten Tage verweisen. Deutschland habe acht Milliarden Euro für nächstes Jahr in Aussicht gestellt, die Niederlande mehr als zwei Milliarden Euro. Und Rumänien habe ein Ausbildungszentrum eröffnet, um Piloten aus der Ukraine auf F-16 Kampfflugzeugen auszubilden. Die USA und Finnland hätten zudem mehr Luftabwehrraketen und Munition versprochen, sagte Stoltenberg.
Nach dem Auftakt gestern geht das Treffen heute weiter mit dem Nato-Ukrainerat, erstmals auf Ministerebene und mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba. “Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie sie uns braucht“, betonte Außenministerin Annalena Baerbock im Vorfeld. Für die Ukraine gehe es auch darum, ihre Bevölkerung in den russisch besetzten Gebieten aus brutaler Unterdrückung zu befreien. Sicherheit und Frieden in der Ukraine sei nicht zuletzt eine Versicherung für Frieden in ganz Europa.
Dass die Nato nicht ganz so geschlossen ist, zeigte sich allerdings an andere Stelle: Eigentlich war geplant, am Mittwoch bei einer feierlichen Zeremonie Schweden formell in das Verteidigungsbündnis aufzunehmen und vor dem Hauptquartier der Nato blaugelbe Flagge des 32. Mitglieds hochzuziehen. Doch die Türkei und Ungarn haben trotz Zusagen beim Gipfel vom Juli in Vilnius die Ratifizierung des Beitrittsprotokolls immer noch nicht abgeschlossen. In Ankara fehlt noch die Zustimmung des Parlaments.
Die Außenminister der beiden Nato-Staaten mussten sich von ihren Amtskollegen einigen Klartext anhören. Es brauche nur einen Anruf von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei seinen Abgeordneten, sagen Diplomaten, und es könnte mit Schwedens Beitritt noch vor Ende Jahr doch noch klappen.
In Dubai findet in diesem Jahr mit der COP28 die wichtigste UN-Klimakonferenz seit dem Pariser Gipfel von 2015 statt. Erstmals ziehen die etwa 200 Staaten der Rahmenkonvention UNFCCC mit dem “Global Stocktake” (GST) eine offizielle Bilanz ihrer Anstrengungen und legen wichtige Fundamente für künftige Maßnahmen. Zum Treffen vom 30. November bis zum 12. Dezember erwartet der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), bis zu 70.000 Besucher aus der ganzen Welt.
Für Europa ist der neue Klimakommissar Wopke Hoekstra der ranghöchste Verhandler in Dubai. Seit acht Wochen im Amt in Brüssel ist er seit dem allerdings kaum an seinem eigentlichen Arbeitsplatz. 13 Länder hat er seitdem bereist, an über 60 persönlichen Treffen oder Konferenzen hat er teilgenommen. Hoekstra tut das, was viele an seinem Vorgänger Frans Timmermans vermisst haben: Statt in Brüssel an Gesetzen zu arbeiten, knüpft er Vollzeit auf dem ganzen Globus Kontakte, schmiedet Bündnisse und versucht, die europäische Klimaagenda voranzubringen.
Insbesondere seine Reisen nach China und in die öl- und gasproduzierenden Länder Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dürften dazu gedient haben, ein ganz zentrales Vorhaben Europas für die COP28 vorzubereiten: Die Struktur des “Loss and Damage”-Fonds, der auf der COP27 beschlossen wurde, ist praktisch fertig. Jetzt geht es darum, wer ihn mit wie viel Kapital auffüllt. Für Europa ist klar: Wer in den vergangenen Jahrzehnten “signifikantes Wachstum” mithilfe fossiler Energien gemacht hat, sollte der Verantwortung für die Kompensation von Klimaschäden in den am meisten betroffenen Ländern nachkommen. Und dazu gehören China, Saudi-Arabien und die VAE.
Dazu kommt Europas Drängen auf einen Beschluss zum Ausstieg aus (“Phase out”) oder der Verminderung (“Phase down”) der Nutzung fossiler Brennstoffe. Es wird eines der strittigsten Themen sein, auch weil es das Gastgeberland VAE direkt in seinem Geschäftsmodell berührt. Dem Vernehmen nach soll Hoekstra dennoch bei seinen Gesprächen mit COP28-Präsident Sultan Al Jaber immer wieder auf eine Formulierung zu fossilen Brennstoffen gedrängt haben.
Doch auch im globalen Süden war Hoekstra aktiv. Vor allem, weil die Industrieländer noch immer vertrauensbildende Maßnahmen durchführen müssen, da das Versprechen der jährlich 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen für den Süden nur mit deutlicher Verspätung erreicht werden wird. Dennoch oder gerade deshalb hält Linda Kalcher, Exekutivdirektorin der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives, die Auswahl von Hoekstras Reisezielen für ausgewogen. Das Gleichgewicht zwischen den Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens sei da. Hoekstra wolle den verschiedenen Partnern zuhören. “Das ist wichtig, um Vertrauen zu bilden.”
Die mangelnde Expertise Hoekstras in Bezug auf die Klimaverhandlungen war lange ein großer Kritikpunkt. Für Kalcher ist das nicht nachvollziehbar, auch weil die Abwesenheit des allseits bekannten Timmermans kein Risiko sei. Zum einen, weil Hoekstras Erfahrung als Finanzminister in den Niederlanden bei den technischen Fragen zum Loss-and-Damage-Fonds von Vorteil sein könne. Zum anderen, weil die spanische Umweltministerin Teresa Ribera die EU auf der COP28 als Ratspräsidentin vertreten wird.
Ribera ist mit internationalen Klimaverhandlungen vertraut. Sie hat den Ruf, eine extrem gut vernetzte und angesehene Verhandlerin zu sein. “Es ist beruhigend, dass die spanische Präsidentschaft die EU bei der COP28 vertritt”, sagt Kalcher. Das sei eine gute Kombination mit dem neuen Kommissar.
Offiziell soll der Global Stocktake (GST) in eine rechtlich bindende Entscheidung der Konferenz münden: Was darin steht und welche Rahmenbedingungen für die Zukunft daraus folgen, wird bis zur letzten Minute hart umkämpft sein. Denn diese Leitplanken sollen sich in den nächsten Klimaplänen der Länder (NDC) wiederfinden, die 2025 vorgelegt werden sollen. Europa dürfte zu den ambitioniertesten zählen, mit einem CO₂-Reduktionsziel für 2035 von voraussichtlich 90 bis 95 Prozent.
Das Ziel, die globale Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln, steht ebenfalls auf der Agenda der Konferenz und soll die globale Energiewende voranbringen. Das Ziel wird von einer großen Anzahl der Länder mitgetragen, weshalb davon ausgegangen werden darf, dass dies zu den Einigungen der COP in Dubai zählen wird.
Das Thema Gesundheit im Klimawandel soll erstmals breiten Raum einnehmen. Eine Allianz aus Wissenschaft, Staaten und Zivilgesellschaft will dafür werben, die Risiken aus der Klimakrise für alle Bevölkerungen stärker in den Fokus zu nehmen. Der Waldschutz soll ebenfalls prominent vorkommen. Das Ende der Entwaldung ist schon öfter beschlossen, aber nie umgesetzt worden. Denn ohne ein Ende der Waldzerstörung wird es keine Chance auf das 1,5-Grad-Ziel geben. Ob das Thema in Dubai aber ein Teil der offiziellen Entscheidung wird, ist unklar.
Nicht auf dem offiziellen Programm, aber heiß debattiert werden die geopolitischen Krisen sein: Die Konferenz beginnt mit dem “Climate Action Summit” vieler Staats- und Regierungschefs, die sich am Rande des Treffens auch zur Geopolitik austauschen werden. Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird dafür nach Dubai reisen. Der Krieg um Gaza und der russische Angriff auf die Ukraine werden die Atmosphäre ebenso bestimmen wie die Spannungen zwischen den USA und China, die weltweite Inflation und Schuldenkrise und die Alarmsignale der Klimakrise.
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.
Im Trilog zur Gasmarkt-Verordnung prüfen die europäischen Gesetzgeber weiterhin Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, den Import von russischem Gas zu unterbinden. Für die Nacht von Montag auf Dienstag war eigentlich der letzte Trilog angesetzt. Weil aber in acht Punkten keine Einigung erzielt werden konnte, soll nun am 8. Dezember eine politische Einigung gefunden werden. Eines der noch offenen Themen sei die Rolle russischer Gasimporte, wie gestern aus Verhandlungskreisen verlautete.
Der polnische Berichterstatter Jerzy Buzek (EVP) hatte einen Artikel eingebracht, der die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet hätte, keine Gase mehr per Pipeline oder LNG-Terminals aus Russland zu importieren. Dieser Artikel 3a wurde Montagnacht gestrichen, wie aus einem internen Verhandlungsdokument hervorgeht, das Table.Media einsehen konnte.
Ganz vom Tisch sei ein Verbot allerdings noch nicht, wie gestern aus Verhandlungskreisen verlautete. Bei den juristischen Diensten der EU-Institutionen bestehe aber Unsicherheit, ob und wie sich Importbeschränkungen durchsetzen ließen. Grund seien zum einen WTO-Regeln, aber auch das Prinzip, dass die EU-Staaten selbstständig über ihren Energiemix entscheiden können.
Weiterhin diskutiert wird der Vorschlag aus der allgemeinen Ausrichtung des Rates, es den Mitgliedstaaten offenzulassen, ob sie Gaseinfuhren aus Russland verbieten. Neu ist laut dem Verhandlungsdokument von Montagnacht, dass EU-Staaten mit LNG-Terminals Anfragen von anderen Mitgliedstaaten ablehnen können, die gerne russisches Gas über eben ein solches Terminal importieren möchten.
Hauptgrund für die fehlende Einigung im jüngsten Trilog war aber der Streit über die Frage, welche Institution die langfristige Netzplanung für Wasserstoffleitungen durchführen soll. Das Parlament will die Aufgabe dem schon bestehenden Verband der Übertragungsnetzbetreiber ENTSOG übertragen und verspricht sich davon einen schnelleren Aufbau des Wasserstoffnetzes.
Rat und Kommission wollen dagegen ein unabhängiges Europäisches Netzwerk der Wasserstoffnetzbetreiber (ENNOH) aufbauen. Die Kommission soll nun eine technische Lösung erarbeiten.
Für sieben andere noch offenen Punkte – darunter die Importe von russischem Gas – wurden Montagnacht zumindest politische Leitlinien festgelegt. Vom Tisch ist voraussichtlich der Wunsch des Parlaments, die gemeinsame Gasbeschaffung während einer Energiekrise verpflichtend zu machen. “Das können wir als Parlament akzeptieren“, hieß es gestern aus Verhandlungskreisen. Dieser Punkt müsse aber Teil einer Gesamtlösung zu allen noch offenen Themen sein.
Weiterhin möchte das Parlament aber Wasserstoff in den gemeinsamen Gaseinkauf einbeziehen. Der Rat hat als Kompromiss vorgeschlagen, in einem Erwägungsgrund eine Absichtserklärung festzuschreiben, Wasserstoff dann EU-weit zu beschaffen, wenn ausreichende Mengen zur Verfügung stünden.
Derweil regte sich gestern im Parlament Kritik an der Einigung vom Montag zur Gasmarkt-Richtlinie. “Die Möglichkeit, dass Mitgliedsstaaten einzeln überprüfen können, ob Gasübertragungsnetzbetreiber ihre Wasserstoffpipelines nach 2030 weiter behalten und betreiben dürfen, spielt dem grünen Wirtschaftsministerium und der Bundesregierung in ihrer radikalen Umwälzung der deutschen Industrie leider in die Hände”, sagte Christian Ehler (CDU). ber
Die EU-Kommission hat am Dienstag grünes Licht gegeben für die Auszahlung von vier Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbauprogramm an Deutschland. Wenn der Rat der Mitgliedstaaten im Dezember wie erwartet zustimmt, kann die erste Tranche aus dem Programm Next Generation EU nach Berlin fließen. Die Bundesregierung hatte Mitte September die Auszahlung beantragt.
Insgesamt sind in dem 2021 aufgelegten Programm für Deutschland gut 30 Milliarden Euro bis Ende 2026 reserviert. 2024 werden voraussichtlich 14 Milliarden Euro fließen, in zwei weiteren Tranchen. Die EU-Gelder helfen den Haushältern der Ampel-Koalition aber kaum über die aktuellen Finanzengpässe hinweg: denn sie sind schon verbucht: “Die Zuschüsse sind in der Finanzplanung des Bundes bereits enthalten“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage.
Um die Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) zu erhalten, musste die Bundesregierung 36 einzelne Reformen oder Investitionen nachweisen. Die EU-Mittel refinanzieren nun Ausgaben des Bundes etwa für die Umweltprämie für Elektroautos, den Ausbau der Ladeinfrastruktur oder die Dekarbonisierung der Industrie. Auch für die Digitalisierung der Verwaltung und Laptops für Lehrer fließen die Gelder aus Brüssel. tho
Zwischen der EU und China laufen die letzten Vorbereitungen für das Gipfeltreffen in Peking kommende Woche. Wie der Europäische Auswärtige Dienst (EEAS) am Dienstag mitteilten, haben sich der stellvertretende Generalsekretär beim EEAS für politische Angelegenheiten, Enrique Mora, und Chinas Vize-Außenminister Sun Weidong zu mehreren Themen wie dem Ukraine-Krieg, die Lage im Nahen Osten sowie die Stabilität in der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer ausgetauscht. Die EU habe China bei der Begegnung vom Montag erneut aufgefordert, sich an einer Friedenslösung im Ukraine-Krieg zu beteiligen.
Der EU-China-Gipfel findet am kommenden Donnerstag und Freitag in Peking statt. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel werden Chinas Staatschef Xi Jinping treffen; beim eigentlichen Gipfel soll dann Premier Li Qiang neben den EU-Vertretern den Vorsitz übernehmen. Die Themen-Liste ist lang. Peking wird mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut seinen Unmut über die EU-Untersuchung zu E-Autos aus China kundtun.
Nach mehreren Jahren mit Videoschalte findet das Gipfeltreffen nun erstmals seit 2019 wieder persönlich statt. Im Jahr 2019 wurde die EU noch von Donald Tusk und Jean-Claude Juncker vertreten. Auf der chinesischen Seite hieß der Ministerpräsident Li Keqiang. Xi hatte im Dezember 2022 Charles Michel in Peking empfangen. Von der Leyen traf er zuletzt im April, kurz nachdem die EU-Kommissionspräsidentin eine Grundsatzrede zu China gehalten hatte. ari
Slowakische Lkw-Fahrer drohen damit, den wichtigsten Grenzübergang des Landes zur Ukraine ab Freitag zu blockieren. Hintergrund ist die Kritik an billiger Konkurrenz aus der Ukraine. Die Trucker wollen, dass die EU Maßnahmen ergreift, den Wettbewerb mit ukrainischen Spediteuren einzuschränken, sagte der Chef des slowakischen Lkw-Fahrerverbandes UNAS.
Polnische Lkw-Fahrer blockieren bereits seit Anfang November mehrere Grenzübergänge zur Ukraine. Sie fordern, dass die Europäische Union wieder ein Genehmigungssystem für ukrainische Lastwagenfahrer bei der Einreise in die EU und für EU-Lkw-Fahrer bei der Einreise in die Ukraine einführt, mit Ausnahmen für humanitäre Hilfe und Militärgüter. Die Genehmigungen wurden nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im vergangenen Jahr abgeschafft.
UNAS-Chef Stanislav Skála sagte, man werde bis Donnerstag auf eine Reaktion des Verkehrsministeriums warten, bevor es eine endgültige Entscheidung zur Blockade gebe. Am 4. Dezember treffen sich die EU-Verkehrsminister in Brüssel. Er habe aber keine großen Hoffnungen auf einen Durchbruch. “Es scheint, dass weder die ukrainische Seite noch die (Europäische) Kommission bereit sind, nachzugeben”, sagte er.
Die Ukraine kritisiert den Protest der Fahrer, weil dieser Exporte behindere und die Lieferung von lebenswichtigen Gütern wie Autogas ins Land verhindere. rtr
Finnland wird seinen letzten noch für den Personenverkehr geöffneten Grenzübergang nach Russland vorerst schließen. Das sagte der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo am Dienstag bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Zuletzt war nur noch ein Grenzübergang nördlich des Polarkreises geöffnet gewesen.
Finnland hat eine 1.340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Der einzige für den Personenverkehr noch geöffnete Grenzübergang zwischen Finnland und Russland bei Raja-Jooseppi soll ab Donnerstag geschlossen werden, zunächst für zwei Wochen. Einzig der Grenzbahnhof Vainikkala im Südosten Finnlands bleibt demnach für den Güterverkehr auf der Schiene geöffnet.
Die finnische Regierung wirft Moskau vor, Asylbewerber ohne gültige Papiere gezielt nach Finnland durchzulassen. “Russland hat diese Situation verursacht und kann sie auch stoppen”, sagte Ministerpräsident Orpo. Es handle sich bei der sprunghaft angestiegenen Einreise von Asylbewerbern um “eine organisierte Aktivität” und nicht um einen echten Notfall. Angesichts der Zunahme der ankommenden Asylbewerber hatte die EU-Grenzschutzbehörde Frontex vergangene Woche erklärt, in Kürze 50 Beamte, weiteres Personal und Patrouillenfahrzeuge nach Finnland schicken zu wollen. Diese sollten etwa bei der Registrierung von Migranten, dem Prüfen von Dokumenten und als Dolmetscher helfen. rtr
Der UN-Ausschuss gegen Folter hat sich besorgt über Dänemarks Bestrebungen geäußert, Asylbewerber während der Prüfung ihrer Anträge in Drittländer wie Ruanda zu überstellen. Der Grund ist die Sorge um die Sicherheit der Migranten.
Die Kritik kommt zwei Wochen, nachdem der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs festgestellt hatte, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet werden kann, und damit ähnliche Pläne Großbritanniens zur Überstellung von Asylbewerbern nach Ruanda blockiert hatte. Der britische Premierminister Rishi Sunak erklärte, er werde ein Notgesetz verabschieden, um Ruanda zu einem sicheren Ziel für Migranten zu erklären.
Dänemark hat in den letzten zehn Jahren eine immer härtere Einwanderungspolitik betrieben und 2021 ein Gesetz verabschiedet, das es erlaubt, Flüchtlinge, die auf dänischem Boden ankommen, in Asylzentren in einem Partnerland zu bringen. Im vergangenen Jahr vereinbarte Dänemark mit Ruanda, die Einrichtung eines Programms zu prüfen, in dessen Rahmen in Dänemark ankommende Asylbewerber in das afrikanische Land überstellt werden könnten. Die dänische Regierung versucht nun, ein ähnliches Programm zusammen mit der EU oder anderen EU-Mitgliedern einzurichten. Bisher wurden aber noch keine Migranten nach Ruanda geschickt.
“Es bleibt das Ziel der Regierung, die Asylbearbeitung in Zusammenarbeit mit der EU in ein Partnerland zu verlagern“, erklärte Kaare Dybvad Bek, dänischer Minister für Einwanderung und Integration, schriftlich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das Urteil des Vereinigten Königreichs ändere nichts an der Tatsache, dass neue Lösungen erforderlich seien.
Der UN-Ausschuss äußerte sich in einem Bericht besorgt über die dänische Gesetzgebung und empfahl, sie unter Berücksichtigung internationaler Standards zu überarbeiten. Italien hat in diesem Monat angekündigt, in Albanien Lager zu errichten, in denen Migranten untergebracht werden sollen, die versuchen, an Land zu kommen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat angedeutet, dass er offen dafür wäre, Italiens Vorhaben in Albanien zu prüfen. rtr
Die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum ist im Zuge des straffen Zinserhöhungskurses der EZB erstmals seit acht Jahren wieder gesunken. Geldhäuser im Währungsgebiet gaben im Oktober 0,3 Prozent weniger Darlehen an Firmen aus als im Vorjahresmonat, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag mitteilte.
Letztmalig war die Kreditvergabe an Firmen im Juli 2015 geschrumpft, als die Wirtschaft der Eurozone in eine Deflation abzurutschen drohte. Im September hatte es noch zu einem schmalen Wachstum von 0,2 Prozent gereicht. Die Kreditkosten für Unternehmen sind im Zuge der EZB-Zinserhöhungen kräftig gestiegen. Dazu halten sich viele Firmen mit Investitionen aufgrund der schwachen Konjunktur zurück.
Inzwischen hat die EZB ihre Schlüsselsätze seit Sommer 2022 bereits zehn Mal in Serie angehoben. Im Oktober hatte sie auf ihrer Zinssitzung eine Pause eingelegt, weil die Inflation bereits kräftig zurückgegangen ist. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt aktuell bei 4,00 Prozent. Noch im Juni 2022 hatte der Satz bei minus 0,50 Prozent gelegen. rtr
Kurz vor seiner Verabschiedung könnte das EU-Gesetz für künstliche Intelligenz (AI Act) scheitern. Deutschland und Frankreich haben auf Druck einzelner heimischer KI-Unternehmen vor einigen Tagen einen Rückzieher gemacht. Der langwierig ausgehandelte Konsens könne die Innovation hemmen, meinen Berlin und Paris.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, wie der Vergleich von KI mit der Pharmabranche zeigt. Sehr leistungsfähige KI-Systeme wie GPT-4 können beispielsweise mit einer neuen Medikamentenkategorie verglichen werden, die enormes Potenzial, aber auch Risiken mit sich bringt.
Das KI-Gesetz der EU ist alles andere als perfekt. Aber es handelt sich um einen breit abgestützten Kompromiss, der das Potenzial von KI fördert und mögliche Risiken minimiert – sowie weltweite Ausstrahlung haben wird. Der Blick auf Innovation in der Pharmabranche zeigt, dass viele der nun vorgebrachten Argumente aus Deutschland und Frankreich kurzsichtig sind.
Nicolas Mayencourt ist Gründer und CEO von Dreamlab Technologies. Das Schweizer Cybersicherheitsunternehmen organisiert die Swiss Cyber Security Days 2024. David Marti ist Programmleiter KI bei Pour Demain. Der gemeinnützige Think-Tank führt bei den Swiss Cyber Security Days den AI Safety Prize durch.