auf dem Papier erinnert das neue Datenschutzrecht in China stark an das EU-Vorbild, die Datenschutz-Grundverordnung. In der Praxis dürfte das PIPL-Gesetz europäischen Unternehmen in der Volksrepublik das Leben eher schwieriger machen, analysiert Falk Steiner: Sie müssen neue Vorschriften beachten, der Datentransfer mit der Zentrale in Europa wird aber kaum erleichtert. Denn die rechtsstaatlichen Mängel in China verhindern eine Anerkennung der Regeln durch EU-Kommission und EuGH.
Angesichts zunehmender Wetterextreme gilt die Maxime: Jede eingesparte Tonne CO2 hilft. Viel Treibhausgas einsparen lässt sich beim Heizen und Kühlen von Gebäuden und im Flugverkehr. Nur wie, darüber streiten Gelehrte und Betroffene. Besonders der geplante Emissionshandel für den Gebäudesektor erregt die Gemüter, wie Timo Landenberger beschreibt. Der frühere Klimaberater der britischen Regierung Adair Turner wiederum fordert die Airlines im heutigen Standpunkt auf, ihren Widerstand gegen die CO2-Bepreisung aufzugeben.
Nun hat China den USA etwas voraus: ein nationales Datenschutzrecht. Das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (PIPL) wurde am Freitag vom Volkskongress verabschiedet und setzt der Erhebung, Verwendung und Weitergabe von Daten formal enge Grenzen (hier die englischsprachige Übersetzung des Gesetzes durch das Stanford DigiChina-Projekt).
Das Gesetz tritt bereits Anfang November in Kraft und ist ein weiterer Baustein im Bemühen der Volksrepublik, die Macht der inländischen Tech-Unternehmen zu beschneiden. Ende Juni hatte der Volkskongress ein neues Datensicherheitsrecht mit umfangreichen Lokalisierungspflichten beschlossen, vor wenigen Tagen erst wurde ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs im Internet vorgestellt.
Und auch im Wettbewerbsrecht hat die Führung in Peking den Kurs deutlich verschärft – Indizien dafür, dass der Staats- und Parteiführung die faktische Macht der Unternehmen missfällt. Zugleich wuchs der Regulierungsdruck, denn das Geschäftsgebaren in China ist sehr viel rustikaler und verbraucherfeindlicher als in anderen Teilen der Welt. Auch geostrategisch sind die aktuellen Vorstöße bemerkenswert: China kann in der Diskussion nun darauf verweisen, dass es umfangreiches kodifiziertes Recht gibt – und das auf einem zumindest theoretisch vergleichsweise hohen Standard.
Denn vieles an dem neuen Datenschutzrecht der Volksrepublik erinnert an die DSGVO, die in der EU seit 2018 in Kraft ist. Auch der chinesische Datenschutz funktioniert künftig nach dem Grundprinzip, dass die Datenerhebung und -verwendung in der Regel unzulässig ist. Das Datenschutzrecht definiert von diesem allgemeinen Verbot ausgehend dann die Ausnahmen: von der Einwilligung über die Datenverarbeitung zur Erfüllung von Verträgen bis hin zu gesetzlichen Erlaubnistatbeständen, etwa zu Zwecken der nationalen Sicherheit.
Auch die zulässigen Speicherfristen werden durch das neue Datenschutzrecht auf das notwendige Minimum beschränkt – allerdings nur dann, wenn dies technisch zumutbar ist. Eine weitere Anleihe aus der DSGVO: Das Gesetz gilt nicht nur für die Datenverarbeitung innerhalb Chinas, sondern auch extraterritorial, sobald Daten über Personen verarbeitet werden, die sich in China befinden.
Mit dem Gesetz wird auch das Datensammeln durch den Staat gesetzlich geregelt: Grundsätzlich unterliegen nach Artikel 3 des PIPL auch staatliche Stellen den Anforderungen des neuen Datenschutzrechts. Ein Datenmissbrauch durch Behörden oder einzelne Mitarbeiter ist grundsätzlich sanktionsbewehrt. Allerdings sind Datenspeicherungen und -weitergaben gleichwohl in großem Umfang möglich – soweit Behörden diese anordnen und hierfür ermächtigt sind.
“Auch mit dem neuen PIPL ist es sehr fraglich, ob China ein vergleichbares EU-Datenschutzniveau hat”, warnt denn auch der Bremer Jurist und Compliance-Unternehmer Dennis-Kenji Kipker. Für ihn liegt Chinas Datenschutzinitiative “eher im Wirtschaftsschutz und Interessen staatlicher Sicherheit begründet”.
Welche Folgen das neue Datenschutzrecht der Volksrepublik in der Praxis hat, wird sich erst mit der Zeit zeigen. Zum einen ist fraglich, ob die Paragrafen des chinesischen Datenschutzregimes tatsächlich mit Leben gefüllt werden. So sind, anders als in der EU, keine unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden geplant. “Auch in der Vergangenheit war es so, dass Datenschutzverstöße chinesischer Unternehmen in China eher stiefmütterlich behandelt wurden”, sagt Kipker.
Die Durchsetzung obliegt künftig in erster Linie staatlichen Behörden und den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Die sollen ihre Rechte künftig geltend machen können: Kapitel 4 des PIPL beschreibt ihre Rechte – inklusive eines Rechts auf Kopien der eigenen personenbezogenen Daten sowie des Rechts darauf, gegen Datenverarbeiter vor Gericht zu ziehen.
Der baden-württembergische Landesbeauftragte für den Datenschutz Stefan Brink zweifelt daran, dass sich hier mehr als nur der Gesetzestext ändert. Zwar müssten die Änderungen sehr genau geprüft werden. Aber ein anderes Beispiel zeige, dass in der Umsetzung nicht viel zu erwarten sei: “In China sehen wir schöne, gut lesbare Garantien von Menschenrechten, die von der Papierform her wirklich beachtlich sind. Aber sie finden halt keine Anwendung.” Es gebe keine rechtsstaatliche Unterteilung von Gewalten, keine Gerichte, die das Recht auch gegen Staat und einzelne Behörden durchsetzen würden, und auch keine unabhängigen Aufsichtsbehörden, so Brink.
Trotz der Ähnlichkeiten zur Datenschutzgrundverordnung auf dem Papier dürfte das Gesetz daher Datentransfers zwischen Europa und China rechtlich kaum vereinfachen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden weisen regelmäßig darauf hin, dass Unternehmen stets selbst die Verantwortung dafür tragen, welche Daten wo verarbeitet werden und sich von der Rechtmäßigkeit überzeugen müssen. Vereinfacht würde dies nur, wenn die EU-Kommission den chinesischen Rechtsrahmen als vergleichbar mit dem EU-Datenschutzniveau anerkennen würde.
Doch damit sei nicht zu rechnen, sagt Experte Dennis-Kenji Kipker. Er warnt davor, die neuen Regeln zu ignorieren: Europäische Unternehmen müssen sich in Zukunft mit einem weiteren, verhältnismäßig detaillierten und strengen chinesischen Gesetz beschäftigen, das eine extraterritoriale Wirkung entfalte – zusätzlich zum Cybersecurity Law, dem Datensicherheitsgesetz und dem Kryptografiegesetz. “Dessen Beachtung dürfte für die Geschäftstätigkeit auf dem chinesischen Markt unerlässlich sein.”
Dazu rät auch Stefan Brink, der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Baden-Württemberg: “So wenig sich der chinesische Staat an unsere Sichtweisen gebunden fühlt, so wichtig ist es für ausländische Unternehmen, sich nicht angreifbar zu machen.” Gerade in Kombination mit Datenlokalisierungsvorschriften spiele das Datenschutzrecht für hiesige Unternehmen eine zunehmende Rolle. “Wir sehen es im Bereich der Automobilindustrie, was es bedeutet, wenn die Daten von Fahrern chinesischer Fahrzeuge zum Beispiel an die Firmenzentrale nicht exportiert werden dürfen.”
Einige Vorschriften könnten auch zu unmittelbaren Konflikten für Unternehmen führen, die sich sowohl DSGVO- als auch PIPL-konform verhalten müssten.
Der chinesische IT-Konzern Huawei sieht hier aber keine Probleme auf sich zukommen: “Compliance ist stets von allerhöchster Priorität für Huawei, was heißt, dass wir jeweils der lokalen Regulierung strikt folgen”, so ein Sprecher auf Anfrage. Bislang jedenfalls könne man keinen Konflikt zwischen den Rechtsregimen erkennen. Auch die Social-Media-Plattform TikTok sieht keine Probleme: Die Mutterfirma ByteDance sei keine Firma nach chinesischem Recht und unterliege somit nicht dem PIPL, so eine Sprecherin. Daten europäischer Nutzer würden ausschließlich in Europa gespeichert.
Doch die politische Richtung ist mit dem PIPL aufgezeigt: China will aus der Datenschmuddelecke heraus. Das neue chinesische Datenschutzrecht sieht in Artikel 12 den Einsatz der Volksrepublik für eine internationale Normierung des Schutzes personenbezogener Daten und die gegenseitige Anerkennung von Standards vor. Begrüßt wird das von Huawei: “Eine internationale Anpassung von Kriterien und Standards verbessert die Effizienz und gibt Verbraucher:innen und Industrieunternehmen Sicherheit und Verlässlichkeit”, so der Sprecher.
Die chinesische Regierung sehe, dass die DSGVO einen Einfluss auf den Marktzugang für chinesische Unternehmen habe und dass chinesische Anbieter außen vor gelassen werden, sagt der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink. “Die Regierung will im Ergebnis eine Situation schaffen, bei der sie die Marktchancen der eigenen Unternehmen verbessern kann. Ihr strategisches Ziel: Marktbarrieren verringern.“
Die Initiative ist derzeit wohl primär als politische Spitze gegen die USA zu deuten, nachdem die PrivacyShield- und SafeHarbor-Vereinbarungen mit den USA vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt wurden. Ein Grund dafür waren die fehlenden Möglichkeiten für europäische Bürger, in den Vereinigten Staaten vor Gericht zu gehen.
Auch wenn China vorerst nur auf dem Papier mehr Schutz als die USA bietet: Das neue Datenschutzrecht beschränkt die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen, zumindest formal nicht auf Staatsbürger und Einwohner der Volksrepublik. Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink sieht dennoch wenig Chancen darauf, dass das PIPL vor EU-Kommission oder gar Europäischem Gerichtshof bestehen könnte: “Der EuGH schaut auch auf die Chancen, das Recht durchzusetzen. Und da sehen wir keine Möglichkeit gegen eine Rechtsverletzung durch ein chinesisches Unternehmen oder gar eine chinesische Behörde.”
Der schlafende Riese. Kein seltener Vergleich, wenn es um Emissionsminderung im Gebäudebereich geht. Schließlich entfallen 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU auf den Sektor, zugleich sind nach Angaben der EU-Kommission 75 Prozent des Gebäudebestands nicht energieeffizient. Viel Potenzial also.
Allerdings gilt der Gebäudebereich als besonders schwer zu dekarbonisieren. Der Großteil der Häuser, die im Jahr 2030 Europas Straßen säumen werden, steht bereits. Doch energetische Sanierungen sind aufwendig und vor allem teuer. Die Modernisierungsrate liegt aktuell bei gerade einmal einem Prozent. Das soll sich ändern.
Die Europäische Kommission will auch für den Gebäudebereich einen Emissionshandel einführen. Die CO2-Bepreisung soll das Heizen mit fossilen Brennstoffen unattraktiv machen und energetische Sanierungen vorantreiben. Das Vorhaben sorgte europaweit für einen Aufschrei. Kritiker bezweifeln die Lenkungswirkung und befürchten soziale Schieflagen.
Zudem war die Sorge groß, ein ETS werde die Maßnahmen aus der Lastenteilung (Effort Sharing) ablösen. Das sieht der Vorschlag der Kommission aber gar nicht vor, die Rede ist vielmehr von einem Policy-Mix. Für den 14. Dezember hat die Europäische Kommission ein weiteres Klima-Gesetzespaket angekündigt, das auch eine Novellierung der Gebäudeeffizienzrichtlinie beinhalten soll. Erwartet werden unter anderem Vorschläge zu sogenannten Nullenergie-Gebäuden, etwa mit konkreten Vorgaben zu einer möglichen Solarpflicht bei Neubauten oder Ladestationen für Elektroautos.
Auch für die Sanierung von Bestandsgebäuden soll es künftig höhere Auflagen hinsichtlich der Effizienzsteigerung geben. Für den öffentlichen Sektor hat sich die Kommission in ihren Vorschlägen zur Änderung der Energieeffizienzrichtlinie bereits auf eine Gebäude-Sanierungsrate von drei Prozent festgelegt.
Die Gemüter haben sich etwas beruhigt. Beim informellen Treffen der EU-Umweltminister in Ljubljana jedenfalls kündigten etliche Regierungen an, den Vorschlag prüfen zu wollen. Doch die Skepsis bleibt: “Die Menschen werden nicht 20.000 Euro für die Renovierung ihrer Häuser ausgeben, nur weil der Markt ihre Heizkosten um zehn Prozent erhöht”, sagt Thomas Pellerin-Carlin, Direktor des französischen Jaques Delors Energy Centre, zu Europe.Table. “Ganz zu schweigen von den Mietern, die den Preis zahlen werden, ohne dass sie einen Einfluss auf die Renovierungsarbeiten oder die Heizungssysteme haben.” Nicht nur in Frankreich werden deshalb heftige Gegenreaktionen befürchtet. Zu präsent sind die Bilder der Gelbwesten-Proteste aus dem Jahr 2018.
Für Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, ist das zu kurz gedacht. “Es geht auch um individuelle Entscheidungen zur Einsparung, und die Gemeinschaft der EU-Bürger hat hier mehr Ideen als einzelne Politiker. Da müssen wir alle Potenziale miterfassen.” Und das könne nur ein ETS leisten. Entscheidend sei dabei nicht, wer die Kosten trage, sondern wer die Innovationen auslösen könne: “Wir brauchen ein Instrument, mit dem ein Mieter eine Renovierung erzwingen kann, zum Beispiel in bestimmten Fällen einen Rechtsanspruch auf moderne Heizungen“.
Auch Matthias Buck, Direktor Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende, begrüßt die Einführung eines ETS für Gebäude: “Der Vorteil ist, dass er sowohl einen verlässlichen, europaweiten Preis für CO2-Emissionen schafft als auch eine Einnahmequelle darstellt, mit der die dringend notwendigen Investitionen in einen klimaneutralen Gebäudebestand unterstützt werden können”.
Der CO2-Preis entsteht über die Mineralölwirtschaft und wird von dieser an die Verbraucher weitergegeben. Einkommensschwache Haushalte bezahlen also im Verhältnis mehr. Die EU-Kommission schlägt deshalb die Einrichtung eines Klimasozialfonds vor, womit kräftig umverteilt werden soll. 25 Prozent der Einnahmen aus dem ETS für Gebäude und Straßenverkehr sollen in diesen Fonds fließen. Im Zeitraum 2026 bis 2032 mache das rund 72 Milliarden Euro aus, so die Berechnung der EU-Kommission.
Die übrigen 75 Prozent der Einnahmen sollen für klimafreundliche Investitionen zur Verfügung gestellt werden und in Eigenmittel der EU fließen. Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kritisiert: “Eigentlich müssten 100 Prozent zurückverteilt werden und nicht nur ein Viertel”.
Hinzu kommt die ungleiche Kaufkraft innerhalb Europas, die etwa in Deutschland fast doppelt so hoch ist wie in Bulgarien. Trotzdem würde in beiden Ländern der gleiche CO2-Preis fällig. Einer EU-weiten Umfrage zufolge geben bereits jetzt gut 30 Prozent der Bulgaren an, ihre Wohnung aufgrund zu hoher Kosten nicht ausreichend heizen zu können. Die geplante Umverteilung über einen Sozialfonds sei bei Weitem nicht ausreichend, das auszugleichen, kritisieren Experten.
Auch Länder mit besonders hohem Energieverbrauch wären stärker von den Auswirkungen einer ETS-Ausweitung betroffen. So könne sich der Anteil der Energiekosten für die ärmsten polnischen Haushalte nach der Einführung des ETS um 108 Prozent erhöhen, schrieb Karolina Zubel vom polnischen Thinktank CASE kürzlich in einem Standpunkt für Europe.Table. Polen lehne den Vorschlag deshalb ab.
Deutschland hingegen hat Anfang des Jahres bereits einen eigenen Emissionshandel eingeführt, der auch den Gebäudesektor umfasst und mit einem Fixpreis von 25 Euro pro Tonne CO2 gestartet ist. Der Preis soll graduell bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro pro Tonne steigen. Wie passt das zur Einführung des EU-ETS, dessen Einstiegspreis im Jahr darauf wohl deutlich geringer ausfallen wird? Einem Sprecher des Bundesumweltministeriums zufolge sei der nationale Brennstoffemissionshandel so angelegt, “dass er europäisiert werden könnte oder an ein europäisches System andocken könnte”.
Bei seinem Besuch in Kiew hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versprochen, die grüne Transformation der Ukraine durch eine enge Kooperation unterstützen zu wollen. Welches Ausmaß diese Zusammenarbeit haben wird, ließ er allerdings offen. Altmaier sprach lediglich davon, dass deutsche Unternehmen in der Ukraine investieren könnten und auch der Import von Wasserstoff denkbar sei.
Grund für den Besuch Altmaiers waren Gespräche mit seinem ukrainischen Amtskollegen Herman Haluschtschenko im Zusammenhang mit dem Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2, die Russland und Deutschland verbinden soll. Der Ukraine droht durch das Projekt sowohl ein finanzieller Verlust, da die bisherige Route von Russland nach Deutschland auf dem Landweg durch die Ukraine verläuft, als auch ein wichtiges Druckmittel gegenüber dem Kreml.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war schon am Sonntag nach Kiew gereist, um mit Präsident Wolodymyr Selenskyj über die Zukunft nach Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu sprechen. Merkel führte dabei an, dass die bestehende Infrastruktur für den Gastransit künftig für den Wasserstofftransport genutzt werden könnte und kündigte deutsche Unterstützung an (Europe.Table berichtete). luk
In Cottbus wurde am Montag das PtX Lab Lausitz eröffnet. Das Labor soll Politik, Industrie und Forschung dabei unterstützen, Innovationen auf dem Gebiet der Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis schneller marktfähig zu machen. Dabei geht es zum einen um technische Aspekte, etwa die Frage, wie PtX-Kraftstoffe nachhaltig hergestellt werden können. Ein Schwerpunkt wird außerdem sein, die ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Markthochlauf zu schaffen.
“Das PtX Lab Lausitz wird in Kombination mit der geplanten Demonstrationsanlage dazu beitragen, dass Forschungsergebnisse rasch den Weg in die Praxis finden. Es ist damit auch ein wichtiger Baustein, um den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft voranzubringen”, sagte Brandenburgs Energieminister Jörg Steinbach. Außerdem ist der Bau einer PtL-Produktionsanlage geplant, um PtX-Technologien auch praktisch demonstrieren zu können.
Insbesondere im See- und Luftverkehr gilt die Brennstoffzelle als wichtigste Technologie, um Emissionen zu reduzieren. Fast acht Prozent der Gesamtemissionen der EU kommen aus dem See- und Luftverkehr. Mit dem Green Deal hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die Emissionen im Verkehrssektor bis 2050 um 90 Prozent zu reduzieren. luk
Die katastrophalen Überschwemmungen in Deutschland und China führen uns einmal mehr die schreckliche globale Bedrohung durch den Klimawandel vor Augen. Wir müssen unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Wetterereignissen stärken und die Verringerung der Kohlendioxidemissionen beschleunigen, um das Ausmaß der Bedrohung in Zukunft in Grenzen zu halten.
Einen Tag vor der Hochwasserkatastrophe in Deutschland im vergangenen Monat hat die Europäische Union Maßnahmen zur Senkung der Emissionen um 55 Prozent bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 vorgestellt. Diese Maßnahmen beinhalten eine Bepreisung von Kohlenstoff mit einer strengeren Obergrenze für Emissionen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems sowie die Abschaffung kostenloser Emissionszertifikate für die Schwerindustrie und eine Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff für innereuropäische Flüge.
Der letztgenannte Vorschlag ist in der Branche auf Widerstand gestoßen: Der internationale Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) hält dagegen, dass “Steuern nicht die Antwort auf Nachhaltigkeit im Luftverkehr sind”. Tatsächlich sollte die Luftfahrtbranche, wie auch andere Sektoren, die CO2-Bepreisung als wirksames Instrument zur kostenoptimalen Emissionsreduzierung nutzen.
In einigen Sektoren werden Verbraucher durch die Dekarbonisierung finanziell besser dran sein. So werden etwa die europäischen Autofahrer innerhalb von zehn Jahren deutlich weniger für den Besitz und Betrieb ihrer Autos ausgeben, weil Elektrofahrzeuge viel effizienter sind als Benzin- oder Dieselfahrzeuge.
Aber in einigen Branchen, in deren Produktionsprozessen Emissionen als “schwer vermeidbar” gelten, wird die Dekarbonisierung mit Kosten verbunden sein. Die Fracht-Raten im Seeverkehr könnten um 50 Prozent oder mehr steigen, wenn Containerschiffe Ammoniak oder Methanol anstelle von Schweröl verbrennen. Ebenso könnten die Großhandelspreise für Stahl um etwa 30 Prozent steigen, wenn die Hersteller Wasserstoff als Reduktionsmittel anstelle von Koks verwenden oder bestehende Verfahren durch Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ergänzen.
Die Bepreisung von CO2-Emissionen ist daher notwendig, damit Hersteller, die kohlenstofffrei produzieren, mit der alten Technologie mit hohem Schadstoffausstoß konkurrieren können. Doch die Auswirkungen auf die Endverbraucher werden sehr gering sein. Wenn eine Tonne Stahl 30 Prozent mehr kostet, wird der Preis für ein Auto um weniger als ein Prozent steigen. Und selbst eine Erhöhung der Seefrachtraten um 100 Prozent wird sich mit weniger als einem Prozent auf den Preis einer in Bangladesch hergestellten und in Berlin oder New York gekauften Jeans auswirken.
In der Luftfahrt ist die Dekarbonisierung ebenfalls schwieriger. Dort könnten Elektromotoren kürzere Flüge ermöglichen, die kohlenstofffrei, nicht mit Schuldgefühlen verbunden und billiger sind als heute. Batterien sind derzeit aber noch viel zu schwer, um den elektrischen Antrieb auf der Langstrecke zu realisieren. Daher wird die Dekarbonisierung nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuel, SAF) erfordern, die den konventionellen Flugzeugtreibstoff ersetzen.
Unabhängig davon, ob es sich bei diesen SAF um Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe handelt (die mithilfe von Elektrizität aus Wasserstoff und CO2 hergestellt werden), werden sie mit ziemlicher Sicherheit mit einem Aufpreis verbunden sein. Dieser wird sich durch Innovation und Skalierung zwar im Laufe der Zeit verringern, aber nie ganz beseitigt werden.
Freie Märkte, freiwillige Maßnahmen und Innovation werden daher nicht ausreichen, um den Luftverkehr klimaneutral zu gestalten – auch die Politik ist gefragt. Eine Möglichkeit besteht darin, Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe billiger zu machen, und es gibt gute Gründe für eine öffentlich finanzierte Unterstützung der Technologieentwicklung.
Eine dauerhafte Subventionierung, die es der Luftfahrt-Industrie ermöglicht, die Kosten ihrer Kohlendioxidemissionen zu vermeiden, wäre jedoch inakzeptabel. Um die Kostenlücke zu schließen, bedarf es daher entweder einer CO2-Steuer auf konventionelles Kerosin oder Vorschriften zur Treibstoffnutzung, die die Fluggesellschaften zur Verwendung eines stetig steigenden Anteils von SAF verpflichten.
Die IATA argumentiert, dass solche Steuern “der Branche Geld entziehen würden, das in emissionssenkende Investitionen in Flottenerneuerung und saubere Technologien fließen könnte”. Dies spiegelt jedoch den weitverbreiteten Irrtum wider, dass Steuern, die die Geschäftskosten erhöhen, die Unternehmensgewinne verringern.
Wenn die Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff schrittweise eingeführt wird, wie die EU-Kommission vorschlägt, wird der Kostenanstieg an die Kunden in Form höherer Ticketpreise weitergegeben. Die Befürchtungen der Unternehmen, dass höhere Preise für CO2-Zertifikate zu geringeren Gewinnen führen, sind ebenso illusorisch wie die Träume grüner Lobbygruppen, dass sie die Wirtschaft “zur Kasse bitten” können.
In der Luftfahrt wird sich eine Kohlenstoffsteuer zudem erheblich auf die Kosten für die Verbraucher auswirken. Die Kosten für Stahl, Zement und Schifffahrt machen nur einen sehr geringen Teil des Preises von Endverbraucherprodukten aus. Flugbenzin hingegen schlägt mit etwa 20 Prozent der Gesamtkosten im Luftverkehr zu Buche. Wenn also die Treibstoffkosten um 50 Prozent steigen, könnten die Ticketpreise um rund zehn Prozent steigen.
Aber wenn das die Kosten für die Dekarbonisierung des Luftverkehrs sind, müssen wir das den Verbrauchern offen sagen und die höheren Preise im Zusammenhang betrachten. Teurere Flugtickets werden den Lebensstandard der Verbraucher nicht wesentlich beeinträchtigen, da Flugreisen etwa im Vereinigten Königreich nur rund 3 Prozent der gesamten Verbraucherausgaben ausmachen. Indessen werden viele Menschen stärker durch einen günstigeren Individual- und Straßengüterverkehr profitieren, als sie durch einen teureren Flugverkehr einbüßen.
Auch werden die höheren Flugkosten keine regressive Verteilungswirkung haben. Der Anteil der Ausgaben für den Luftverkehr an den Gesamtausgaben sinkt bei geringerem Einkommen. Die reicheren Verbraucher werden also den Löwenanteil der höheren Kosten tragen. Gleichzeitig werden in der Luftfahrt (und anderswo) die Kohlenstoffpreise starke Anreize zur Kostensenkung bieten.
Höhere Preise für konventionelles Kerosin werden, wenn sie rechtzeitig angezeigt und mit Vorschriften für die Treibstoffnutzung kombiniert werden, solide Geschäftsmodelle für die Herstellung von Biokraftstoffen oder synthetischen Kraftstoffen schaffen. Und die Erwartung höherer Treibstoffkosten wird zu einer verbesserten Konstruktion von Motoren und Flugzeugen führen. Dadurch könnte die Treibstoffeffizienz letztlich um 30 bis 40 Prozent gesteigert werden, was die langfristigen Auswirkungen höherer Treibstoffkosten auf die Ticketpreise deutlich verringern würde.
Einige Umweltschützer hoffen, die Emissionen des Luftverkehrs durch die Beschränkung von Flugreisen zu verringern. Die Luftverkehrsbranche argumentiert zu Recht, dass kohlenstoffarme Flüge machbar sind. Damit dies so schnell wie möglich Realität wird, sollte die Branche die CO2-Bepreisung begrüßen und sich für ihre Anwendung nicht nur in Europa, sondern weltweit einsetzen.
Dieser Text stammt von Project Syndicate. Aus dem Englischen übersetzt von Sandra Pontow.
Wer folgt wohl auf Angela Merkel? Das fragen sich derzeit nicht nur viele Bundesbürger mit Blick auf wild schwankende Umfragen – laut der jüngsten könnte ausgerechnet die SPD (!!!) stärkste Kraft werden. Auch in anderen EU-Ländern beschäftigt die Frage die Menschen, besonders in Frankreich. Die Dauerkanzlerin hat vier unterschiedliche Staatspräsidenten empfangen und das Nachbarland wie dessen politische Elite mitgeprägt.
Eine Schilderung von Clément Beaune lässt erahnen, wie sehr: Der Europastaatssekretär beschreibt in der Tageszeitung “l’Opinion”, wie er während des G20-Gipfels in Osaka 2019 übermüdet im Hotel ein Hemd zur Schnellreinigung gibt und sich beim Abholen in der Etage vertut. Statt des Hotelpersonals ist es Angela Merkel, die ihm öffnet mit den Worten: “Erfreut, Frankreich begrüßen zu dürfen!” Wortlos und mit peinlich berührtem Grinsen trollt sich Beaune.
Die Episode hat der Macron-Vertraute frei erfunden – sie ist Teil einer Sommerserie in der Zeitung, bei dem die Leser erraten sollen, welche Anekdoten stimmen und welche nicht. Beaune jedenfalls erschien sie realistisch genug – wer will sich schon vor Mutti blamieren? Till Hoppe
auf dem Papier erinnert das neue Datenschutzrecht in China stark an das EU-Vorbild, die Datenschutz-Grundverordnung. In der Praxis dürfte das PIPL-Gesetz europäischen Unternehmen in der Volksrepublik das Leben eher schwieriger machen, analysiert Falk Steiner: Sie müssen neue Vorschriften beachten, der Datentransfer mit der Zentrale in Europa wird aber kaum erleichtert. Denn die rechtsstaatlichen Mängel in China verhindern eine Anerkennung der Regeln durch EU-Kommission und EuGH.
Angesichts zunehmender Wetterextreme gilt die Maxime: Jede eingesparte Tonne CO2 hilft. Viel Treibhausgas einsparen lässt sich beim Heizen und Kühlen von Gebäuden und im Flugverkehr. Nur wie, darüber streiten Gelehrte und Betroffene. Besonders der geplante Emissionshandel für den Gebäudesektor erregt die Gemüter, wie Timo Landenberger beschreibt. Der frühere Klimaberater der britischen Regierung Adair Turner wiederum fordert die Airlines im heutigen Standpunkt auf, ihren Widerstand gegen die CO2-Bepreisung aufzugeben.
Nun hat China den USA etwas voraus: ein nationales Datenschutzrecht. Das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (PIPL) wurde am Freitag vom Volkskongress verabschiedet und setzt der Erhebung, Verwendung und Weitergabe von Daten formal enge Grenzen (hier die englischsprachige Übersetzung des Gesetzes durch das Stanford DigiChina-Projekt).
Das Gesetz tritt bereits Anfang November in Kraft und ist ein weiterer Baustein im Bemühen der Volksrepublik, die Macht der inländischen Tech-Unternehmen zu beschneiden. Ende Juni hatte der Volkskongress ein neues Datensicherheitsrecht mit umfangreichen Lokalisierungspflichten beschlossen, vor wenigen Tagen erst wurde ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs im Internet vorgestellt.
Und auch im Wettbewerbsrecht hat die Führung in Peking den Kurs deutlich verschärft – Indizien dafür, dass der Staats- und Parteiführung die faktische Macht der Unternehmen missfällt. Zugleich wuchs der Regulierungsdruck, denn das Geschäftsgebaren in China ist sehr viel rustikaler und verbraucherfeindlicher als in anderen Teilen der Welt. Auch geostrategisch sind die aktuellen Vorstöße bemerkenswert: China kann in der Diskussion nun darauf verweisen, dass es umfangreiches kodifiziertes Recht gibt – und das auf einem zumindest theoretisch vergleichsweise hohen Standard.
Denn vieles an dem neuen Datenschutzrecht der Volksrepublik erinnert an die DSGVO, die in der EU seit 2018 in Kraft ist. Auch der chinesische Datenschutz funktioniert künftig nach dem Grundprinzip, dass die Datenerhebung und -verwendung in der Regel unzulässig ist. Das Datenschutzrecht definiert von diesem allgemeinen Verbot ausgehend dann die Ausnahmen: von der Einwilligung über die Datenverarbeitung zur Erfüllung von Verträgen bis hin zu gesetzlichen Erlaubnistatbeständen, etwa zu Zwecken der nationalen Sicherheit.
Auch die zulässigen Speicherfristen werden durch das neue Datenschutzrecht auf das notwendige Minimum beschränkt – allerdings nur dann, wenn dies technisch zumutbar ist. Eine weitere Anleihe aus der DSGVO: Das Gesetz gilt nicht nur für die Datenverarbeitung innerhalb Chinas, sondern auch extraterritorial, sobald Daten über Personen verarbeitet werden, die sich in China befinden.
Mit dem Gesetz wird auch das Datensammeln durch den Staat gesetzlich geregelt: Grundsätzlich unterliegen nach Artikel 3 des PIPL auch staatliche Stellen den Anforderungen des neuen Datenschutzrechts. Ein Datenmissbrauch durch Behörden oder einzelne Mitarbeiter ist grundsätzlich sanktionsbewehrt. Allerdings sind Datenspeicherungen und -weitergaben gleichwohl in großem Umfang möglich – soweit Behörden diese anordnen und hierfür ermächtigt sind.
“Auch mit dem neuen PIPL ist es sehr fraglich, ob China ein vergleichbares EU-Datenschutzniveau hat”, warnt denn auch der Bremer Jurist und Compliance-Unternehmer Dennis-Kenji Kipker. Für ihn liegt Chinas Datenschutzinitiative “eher im Wirtschaftsschutz und Interessen staatlicher Sicherheit begründet”.
Welche Folgen das neue Datenschutzrecht der Volksrepublik in der Praxis hat, wird sich erst mit der Zeit zeigen. Zum einen ist fraglich, ob die Paragrafen des chinesischen Datenschutzregimes tatsächlich mit Leben gefüllt werden. So sind, anders als in der EU, keine unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden geplant. “Auch in der Vergangenheit war es so, dass Datenschutzverstöße chinesischer Unternehmen in China eher stiefmütterlich behandelt wurden”, sagt Kipker.
Die Durchsetzung obliegt künftig in erster Linie staatlichen Behörden und den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Die sollen ihre Rechte künftig geltend machen können: Kapitel 4 des PIPL beschreibt ihre Rechte – inklusive eines Rechts auf Kopien der eigenen personenbezogenen Daten sowie des Rechts darauf, gegen Datenverarbeiter vor Gericht zu ziehen.
Der baden-württembergische Landesbeauftragte für den Datenschutz Stefan Brink zweifelt daran, dass sich hier mehr als nur der Gesetzestext ändert. Zwar müssten die Änderungen sehr genau geprüft werden. Aber ein anderes Beispiel zeige, dass in der Umsetzung nicht viel zu erwarten sei: “In China sehen wir schöne, gut lesbare Garantien von Menschenrechten, die von der Papierform her wirklich beachtlich sind. Aber sie finden halt keine Anwendung.” Es gebe keine rechtsstaatliche Unterteilung von Gewalten, keine Gerichte, die das Recht auch gegen Staat und einzelne Behörden durchsetzen würden, und auch keine unabhängigen Aufsichtsbehörden, so Brink.
Trotz der Ähnlichkeiten zur Datenschutzgrundverordnung auf dem Papier dürfte das Gesetz daher Datentransfers zwischen Europa und China rechtlich kaum vereinfachen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden weisen regelmäßig darauf hin, dass Unternehmen stets selbst die Verantwortung dafür tragen, welche Daten wo verarbeitet werden und sich von der Rechtmäßigkeit überzeugen müssen. Vereinfacht würde dies nur, wenn die EU-Kommission den chinesischen Rechtsrahmen als vergleichbar mit dem EU-Datenschutzniveau anerkennen würde.
Doch damit sei nicht zu rechnen, sagt Experte Dennis-Kenji Kipker. Er warnt davor, die neuen Regeln zu ignorieren: Europäische Unternehmen müssen sich in Zukunft mit einem weiteren, verhältnismäßig detaillierten und strengen chinesischen Gesetz beschäftigen, das eine extraterritoriale Wirkung entfalte – zusätzlich zum Cybersecurity Law, dem Datensicherheitsgesetz und dem Kryptografiegesetz. “Dessen Beachtung dürfte für die Geschäftstätigkeit auf dem chinesischen Markt unerlässlich sein.”
Dazu rät auch Stefan Brink, der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Baden-Württemberg: “So wenig sich der chinesische Staat an unsere Sichtweisen gebunden fühlt, so wichtig ist es für ausländische Unternehmen, sich nicht angreifbar zu machen.” Gerade in Kombination mit Datenlokalisierungsvorschriften spiele das Datenschutzrecht für hiesige Unternehmen eine zunehmende Rolle. “Wir sehen es im Bereich der Automobilindustrie, was es bedeutet, wenn die Daten von Fahrern chinesischer Fahrzeuge zum Beispiel an die Firmenzentrale nicht exportiert werden dürfen.”
Einige Vorschriften könnten auch zu unmittelbaren Konflikten für Unternehmen führen, die sich sowohl DSGVO- als auch PIPL-konform verhalten müssten.
Der chinesische IT-Konzern Huawei sieht hier aber keine Probleme auf sich zukommen: “Compliance ist stets von allerhöchster Priorität für Huawei, was heißt, dass wir jeweils der lokalen Regulierung strikt folgen”, so ein Sprecher auf Anfrage. Bislang jedenfalls könne man keinen Konflikt zwischen den Rechtsregimen erkennen. Auch die Social-Media-Plattform TikTok sieht keine Probleme: Die Mutterfirma ByteDance sei keine Firma nach chinesischem Recht und unterliege somit nicht dem PIPL, so eine Sprecherin. Daten europäischer Nutzer würden ausschließlich in Europa gespeichert.
Doch die politische Richtung ist mit dem PIPL aufgezeigt: China will aus der Datenschmuddelecke heraus. Das neue chinesische Datenschutzrecht sieht in Artikel 12 den Einsatz der Volksrepublik für eine internationale Normierung des Schutzes personenbezogener Daten und die gegenseitige Anerkennung von Standards vor. Begrüßt wird das von Huawei: “Eine internationale Anpassung von Kriterien und Standards verbessert die Effizienz und gibt Verbraucher:innen und Industrieunternehmen Sicherheit und Verlässlichkeit”, so der Sprecher.
Die chinesische Regierung sehe, dass die DSGVO einen Einfluss auf den Marktzugang für chinesische Unternehmen habe und dass chinesische Anbieter außen vor gelassen werden, sagt der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink. “Die Regierung will im Ergebnis eine Situation schaffen, bei der sie die Marktchancen der eigenen Unternehmen verbessern kann. Ihr strategisches Ziel: Marktbarrieren verringern.“
Die Initiative ist derzeit wohl primär als politische Spitze gegen die USA zu deuten, nachdem die PrivacyShield- und SafeHarbor-Vereinbarungen mit den USA vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt wurden. Ein Grund dafür waren die fehlenden Möglichkeiten für europäische Bürger, in den Vereinigten Staaten vor Gericht zu gehen.
Auch wenn China vorerst nur auf dem Papier mehr Schutz als die USA bietet: Das neue Datenschutzrecht beschränkt die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen, zumindest formal nicht auf Staatsbürger und Einwohner der Volksrepublik. Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink sieht dennoch wenig Chancen darauf, dass das PIPL vor EU-Kommission oder gar Europäischem Gerichtshof bestehen könnte: “Der EuGH schaut auch auf die Chancen, das Recht durchzusetzen. Und da sehen wir keine Möglichkeit gegen eine Rechtsverletzung durch ein chinesisches Unternehmen oder gar eine chinesische Behörde.”
Der schlafende Riese. Kein seltener Vergleich, wenn es um Emissionsminderung im Gebäudebereich geht. Schließlich entfallen 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU auf den Sektor, zugleich sind nach Angaben der EU-Kommission 75 Prozent des Gebäudebestands nicht energieeffizient. Viel Potenzial also.
Allerdings gilt der Gebäudebereich als besonders schwer zu dekarbonisieren. Der Großteil der Häuser, die im Jahr 2030 Europas Straßen säumen werden, steht bereits. Doch energetische Sanierungen sind aufwendig und vor allem teuer. Die Modernisierungsrate liegt aktuell bei gerade einmal einem Prozent. Das soll sich ändern.
Die Europäische Kommission will auch für den Gebäudebereich einen Emissionshandel einführen. Die CO2-Bepreisung soll das Heizen mit fossilen Brennstoffen unattraktiv machen und energetische Sanierungen vorantreiben. Das Vorhaben sorgte europaweit für einen Aufschrei. Kritiker bezweifeln die Lenkungswirkung und befürchten soziale Schieflagen.
Zudem war die Sorge groß, ein ETS werde die Maßnahmen aus der Lastenteilung (Effort Sharing) ablösen. Das sieht der Vorschlag der Kommission aber gar nicht vor, die Rede ist vielmehr von einem Policy-Mix. Für den 14. Dezember hat die Europäische Kommission ein weiteres Klima-Gesetzespaket angekündigt, das auch eine Novellierung der Gebäudeeffizienzrichtlinie beinhalten soll. Erwartet werden unter anderem Vorschläge zu sogenannten Nullenergie-Gebäuden, etwa mit konkreten Vorgaben zu einer möglichen Solarpflicht bei Neubauten oder Ladestationen für Elektroautos.
Auch für die Sanierung von Bestandsgebäuden soll es künftig höhere Auflagen hinsichtlich der Effizienzsteigerung geben. Für den öffentlichen Sektor hat sich die Kommission in ihren Vorschlägen zur Änderung der Energieeffizienzrichtlinie bereits auf eine Gebäude-Sanierungsrate von drei Prozent festgelegt.
Die Gemüter haben sich etwas beruhigt. Beim informellen Treffen der EU-Umweltminister in Ljubljana jedenfalls kündigten etliche Regierungen an, den Vorschlag prüfen zu wollen. Doch die Skepsis bleibt: “Die Menschen werden nicht 20.000 Euro für die Renovierung ihrer Häuser ausgeben, nur weil der Markt ihre Heizkosten um zehn Prozent erhöht”, sagt Thomas Pellerin-Carlin, Direktor des französischen Jaques Delors Energy Centre, zu Europe.Table. “Ganz zu schweigen von den Mietern, die den Preis zahlen werden, ohne dass sie einen Einfluss auf die Renovierungsarbeiten oder die Heizungssysteme haben.” Nicht nur in Frankreich werden deshalb heftige Gegenreaktionen befürchtet. Zu präsent sind die Bilder der Gelbwesten-Proteste aus dem Jahr 2018.
Für Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, ist das zu kurz gedacht. “Es geht auch um individuelle Entscheidungen zur Einsparung, und die Gemeinschaft der EU-Bürger hat hier mehr Ideen als einzelne Politiker. Da müssen wir alle Potenziale miterfassen.” Und das könne nur ein ETS leisten. Entscheidend sei dabei nicht, wer die Kosten trage, sondern wer die Innovationen auslösen könne: “Wir brauchen ein Instrument, mit dem ein Mieter eine Renovierung erzwingen kann, zum Beispiel in bestimmten Fällen einen Rechtsanspruch auf moderne Heizungen“.
Auch Matthias Buck, Direktor Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende, begrüßt die Einführung eines ETS für Gebäude: “Der Vorteil ist, dass er sowohl einen verlässlichen, europaweiten Preis für CO2-Emissionen schafft als auch eine Einnahmequelle darstellt, mit der die dringend notwendigen Investitionen in einen klimaneutralen Gebäudebestand unterstützt werden können”.
Der CO2-Preis entsteht über die Mineralölwirtschaft und wird von dieser an die Verbraucher weitergegeben. Einkommensschwache Haushalte bezahlen also im Verhältnis mehr. Die EU-Kommission schlägt deshalb die Einrichtung eines Klimasozialfonds vor, womit kräftig umverteilt werden soll. 25 Prozent der Einnahmen aus dem ETS für Gebäude und Straßenverkehr sollen in diesen Fonds fließen. Im Zeitraum 2026 bis 2032 mache das rund 72 Milliarden Euro aus, so die Berechnung der EU-Kommission.
Die übrigen 75 Prozent der Einnahmen sollen für klimafreundliche Investitionen zur Verfügung gestellt werden und in Eigenmittel der EU fließen. Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kritisiert: “Eigentlich müssten 100 Prozent zurückverteilt werden und nicht nur ein Viertel”.
Hinzu kommt die ungleiche Kaufkraft innerhalb Europas, die etwa in Deutschland fast doppelt so hoch ist wie in Bulgarien. Trotzdem würde in beiden Ländern der gleiche CO2-Preis fällig. Einer EU-weiten Umfrage zufolge geben bereits jetzt gut 30 Prozent der Bulgaren an, ihre Wohnung aufgrund zu hoher Kosten nicht ausreichend heizen zu können. Die geplante Umverteilung über einen Sozialfonds sei bei Weitem nicht ausreichend, das auszugleichen, kritisieren Experten.
Auch Länder mit besonders hohem Energieverbrauch wären stärker von den Auswirkungen einer ETS-Ausweitung betroffen. So könne sich der Anteil der Energiekosten für die ärmsten polnischen Haushalte nach der Einführung des ETS um 108 Prozent erhöhen, schrieb Karolina Zubel vom polnischen Thinktank CASE kürzlich in einem Standpunkt für Europe.Table. Polen lehne den Vorschlag deshalb ab.
Deutschland hingegen hat Anfang des Jahres bereits einen eigenen Emissionshandel eingeführt, der auch den Gebäudesektor umfasst und mit einem Fixpreis von 25 Euro pro Tonne CO2 gestartet ist. Der Preis soll graduell bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro pro Tonne steigen. Wie passt das zur Einführung des EU-ETS, dessen Einstiegspreis im Jahr darauf wohl deutlich geringer ausfallen wird? Einem Sprecher des Bundesumweltministeriums zufolge sei der nationale Brennstoffemissionshandel so angelegt, “dass er europäisiert werden könnte oder an ein europäisches System andocken könnte”.
Bei seinem Besuch in Kiew hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versprochen, die grüne Transformation der Ukraine durch eine enge Kooperation unterstützen zu wollen. Welches Ausmaß diese Zusammenarbeit haben wird, ließ er allerdings offen. Altmaier sprach lediglich davon, dass deutsche Unternehmen in der Ukraine investieren könnten und auch der Import von Wasserstoff denkbar sei.
Grund für den Besuch Altmaiers waren Gespräche mit seinem ukrainischen Amtskollegen Herman Haluschtschenko im Zusammenhang mit dem Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2, die Russland und Deutschland verbinden soll. Der Ukraine droht durch das Projekt sowohl ein finanzieller Verlust, da die bisherige Route von Russland nach Deutschland auf dem Landweg durch die Ukraine verläuft, als auch ein wichtiges Druckmittel gegenüber dem Kreml.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war schon am Sonntag nach Kiew gereist, um mit Präsident Wolodymyr Selenskyj über die Zukunft nach Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu sprechen. Merkel führte dabei an, dass die bestehende Infrastruktur für den Gastransit künftig für den Wasserstofftransport genutzt werden könnte und kündigte deutsche Unterstützung an (Europe.Table berichtete). luk
In Cottbus wurde am Montag das PtX Lab Lausitz eröffnet. Das Labor soll Politik, Industrie und Forschung dabei unterstützen, Innovationen auf dem Gebiet der Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis schneller marktfähig zu machen. Dabei geht es zum einen um technische Aspekte, etwa die Frage, wie PtX-Kraftstoffe nachhaltig hergestellt werden können. Ein Schwerpunkt wird außerdem sein, die ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Markthochlauf zu schaffen.
“Das PtX Lab Lausitz wird in Kombination mit der geplanten Demonstrationsanlage dazu beitragen, dass Forschungsergebnisse rasch den Weg in die Praxis finden. Es ist damit auch ein wichtiger Baustein, um den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft voranzubringen”, sagte Brandenburgs Energieminister Jörg Steinbach. Außerdem ist der Bau einer PtL-Produktionsanlage geplant, um PtX-Technologien auch praktisch demonstrieren zu können.
Insbesondere im See- und Luftverkehr gilt die Brennstoffzelle als wichtigste Technologie, um Emissionen zu reduzieren. Fast acht Prozent der Gesamtemissionen der EU kommen aus dem See- und Luftverkehr. Mit dem Green Deal hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die Emissionen im Verkehrssektor bis 2050 um 90 Prozent zu reduzieren. luk
Die katastrophalen Überschwemmungen in Deutschland und China führen uns einmal mehr die schreckliche globale Bedrohung durch den Klimawandel vor Augen. Wir müssen unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Wetterereignissen stärken und die Verringerung der Kohlendioxidemissionen beschleunigen, um das Ausmaß der Bedrohung in Zukunft in Grenzen zu halten.
Einen Tag vor der Hochwasserkatastrophe in Deutschland im vergangenen Monat hat die Europäische Union Maßnahmen zur Senkung der Emissionen um 55 Prozent bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 vorgestellt. Diese Maßnahmen beinhalten eine Bepreisung von Kohlenstoff mit einer strengeren Obergrenze für Emissionen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems sowie die Abschaffung kostenloser Emissionszertifikate für die Schwerindustrie und eine Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff für innereuropäische Flüge.
Der letztgenannte Vorschlag ist in der Branche auf Widerstand gestoßen: Der internationale Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) hält dagegen, dass “Steuern nicht die Antwort auf Nachhaltigkeit im Luftverkehr sind”. Tatsächlich sollte die Luftfahrtbranche, wie auch andere Sektoren, die CO2-Bepreisung als wirksames Instrument zur kostenoptimalen Emissionsreduzierung nutzen.
In einigen Sektoren werden Verbraucher durch die Dekarbonisierung finanziell besser dran sein. So werden etwa die europäischen Autofahrer innerhalb von zehn Jahren deutlich weniger für den Besitz und Betrieb ihrer Autos ausgeben, weil Elektrofahrzeuge viel effizienter sind als Benzin- oder Dieselfahrzeuge.
Aber in einigen Branchen, in deren Produktionsprozessen Emissionen als “schwer vermeidbar” gelten, wird die Dekarbonisierung mit Kosten verbunden sein. Die Fracht-Raten im Seeverkehr könnten um 50 Prozent oder mehr steigen, wenn Containerschiffe Ammoniak oder Methanol anstelle von Schweröl verbrennen. Ebenso könnten die Großhandelspreise für Stahl um etwa 30 Prozent steigen, wenn die Hersteller Wasserstoff als Reduktionsmittel anstelle von Koks verwenden oder bestehende Verfahren durch Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ergänzen.
Die Bepreisung von CO2-Emissionen ist daher notwendig, damit Hersteller, die kohlenstofffrei produzieren, mit der alten Technologie mit hohem Schadstoffausstoß konkurrieren können. Doch die Auswirkungen auf die Endverbraucher werden sehr gering sein. Wenn eine Tonne Stahl 30 Prozent mehr kostet, wird der Preis für ein Auto um weniger als ein Prozent steigen. Und selbst eine Erhöhung der Seefrachtraten um 100 Prozent wird sich mit weniger als einem Prozent auf den Preis einer in Bangladesch hergestellten und in Berlin oder New York gekauften Jeans auswirken.
In der Luftfahrt ist die Dekarbonisierung ebenfalls schwieriger. Dort könnten Elektromotoren kürzere Flüge ermöglichen, die kohlenstofffrei, nicht mit Schuldgefühlen verbunden und billiger sind als heute. Batterien sind derzeit aber noch viel zu schwer, um den elektrischen Antrieb auf der Langstrecke zu realisieren. Daher wird die Dekarbonisierung nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuel, SAF) erfordern, die den konventionellen Flugzeugtreibstoff ersetzen.
Unabhängig davon, ob es sich bei diesen SAF um Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe handelt (die mithilfe von Elektrizität aus Wasserstoff und CO2 hergestellt werden), werden sie mit ziemlicher Sicherheit mit einem Aufpreis verbunden sein. Dieser wird sich durch Innovation und Skalierung zwar im Laufe der Zeit verringern, aber nie ganz beseitigt werden.
Freie Märkte, freiwillige Maßnahmen und Innovation werden daher nicht ausreichen, um den Luftverkehr klimaneutral zu gestalten – auch die Politik ist gefragt. Eine Möglichkeit besteht darin, Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe billiger zu machen, und es gibt gute Gründe für eine öffentlich finanzierte Unterstützung der Technologieentwicklung.
Eine dauerhafte Subventionierung, die es der Luftfahrt-Industrie ermöglicht, die Kosten ihrer Kohlendioxidemissionen zu vermeiden, wäre jedoch inakzeptabel. Um die Kostenlücke zu schließen, bedarf es daher entweder einer CO2-Steuer auf konventionelles Kerosin oder Vorschriften zur Treibstoffnutzung, die die Fluggesellschaften zur Verwendung eines stetig steigenden Anteils von SAF verpflichten.
Die IATA argumentiert, dass solche Steuern “der Branche Geld entziehen würden, das in emissionssenkende Investitionen in Flottenerneuerung und saubere Technologien fließen könnte”. Dies spiegelt jedoch den weitverbreiteten Irrtum wider, dass Steuern, die die Geschäftskosten erhöhen, die Unternehmensgewinne verringern.
Wenn die Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff schrittweise eingeführt wird, wie die EU-Kommission vorschlägt, wird der Kostenanstieg an die Kunden in Form höherer Ticketpreise weitergegeben. Die Befürchtungen der Unternehmen, dass höhere Preise für CO2-Zertifikate zu geringeren Gewinnen führen, sind ebenso illusorisch wie die Träume grüner Lobbygruppen, dass sie die Wirtschaft “zur Kasse bitten” können.
In der Luftfahrt wird sich eine Kohlenstoffsteuer zudem erheblich auf die Kosten für die Verbraucher auswirken. Die Kosten für Stahl, Zement und Schifffahrt machen nur einen sehr geringen Teil des Preises von Endverbraucherprodukten aus. Flugbenzin hingegen schlägt mit etwa 20 Prozent der Gesamtkosten im Luftverkehr zu Buche. Wenn also die Treibstoffkosten um 50 Prozent steigen, könnten die Ticketpreise um rund zehn Prozent steigen.
Aber wenn das die Kosten für die Dekarbonisierung des Luftverkehrs sind, müssen wir das den Verbrauchern offen sagen und die höheren Preise im Zusammenhang betrachten. Teurere Flugtickets werden den Lebensstandard der Verbraucher nicht wesentlich beeinträchtigen, da Flugreisen etwa im Vereinigten Königreich nur rund 3 Prozent der gesamten Verbraucherausgaben ausmachen. Indessen werden viele Menschen stärker durch einen günstigeren Individual- und Straßengüterverkehr profitieren, als sie durch einen teureren Flugverkehr einbüßen.
Auch werden die höheren Flugkosten keine regressive Verteilungswirkung haben. Der Anteil der Ausgaben für den Luftverkehr an den Gesamtausgaben sinkt bei geringerem Einkommen. Die reicheren Verbraucher werden also den Löwenanteil der höheren Kosten tragen. Gleichzeitig werden in der Luftfahrt (und anderswo) die Kohlenstoffpreise starke Anreize zur Kostensenkung bieten.
Höhere Preise für konventionelles Kerosin werden, wenn sie rechtzeitig angezeigt und mit Vorschriften für die Treibstoffnutzung kombiniert werden, solide Geschäftsmodelle für die Herstellung von Biokraftstoffen oder synthetischen Kraftstoffen schaffen. Und die Erwartung höherer Treibstoffkosten wird zu einer verbesserten Konstruktion von Motoren und Flugzeugen führen. Dadurch könnte die Treibstoffeffizienz letztlich um 30 bis 40 Prozent gesteigert werden, was die langfristigen Auswirkungen höherer Treibstoffkosten auf die Ticketpreise deutlich verringern würde.
Einige Umweltschützer hoffen, die Emissionen des Luftverkehrs durch die Beschränkung von Flugreisen zu verringern. Die Luftverkehrsbranche argumentiert zu Recht, dass kohlenstoffarme Flüge machbar sind. Damit dies so schnell wie möglich Realität wird, sollte die Branche die CO2-Bepreisung begrüßen und sich für ihre Anwendung nicht nur in Europa, sondern weltweit einsetzen.
Dieser Text stammt von Project Syndicate. Aus dem Englischen übersetzt von Sandra Pontow.
Wer folgt wohl auf Angela Merkel? Das fragen sich derzeit nicht nur viele Bundesbürger mit Blick auf wild schwankende Umfragen – laut der jüngsten könnte ausgerechnet die SPD (!!!) stärkste Kraft werden. Auch in anderen EU-Ländern beschäftigt die Frage die Menschen, besonders in Frankreich. Die Dauerkanzlerin hat vier unterschiedliche Staatspräsidenten empfangen und das Nachbarland wie dessen politische Elite mitgeprägt.
Eine Schilderung von Clément Beaune lässt erahnen, wie sehr: Der Europastaatssekretär beschreibt in der Tageszeitung “l’Opinion”, wie er während des G20-Gipfels in Osaka 2019 übermüdet im Hotel ein Hemd zur Schnellreinigung gibt und sich beim Abholen in der Etage vertut. Statt des Hotelpersonals ist es Angela Merkel, die ihm öffnet mit den Worten: “Erfreut, Frankreich begrüßen zu dürfen!” Wortlos und mit peinlich berührtem Grinsen trollt sich Beaune.
Die Episode hat der Macron-Vertraute frei erfunden – sie ist Teil einer Sommerserie in der Zeitung, bei dem die Leser erraten sollen, welche Anekdoten stimmen und welche nicht. Beaune jedenfalls erschien sie realistisch genug – wer will sich schon vor Mutti blamieren? Till Hoppe