dass die Meinungen in der Ampelkoalition beim Thema E-Fuels auseinandergehen, ist hinlänglich bekannt. Nun hat das Bundesverkehrsministerium einen Vorschlag vorgelegt, wie der Streit um das Verbrenner-Aus 2035 innerhalb der Bundesregierung gelöst werden kann. Nach Informationen von Table.Media wurde das Papier am gestrigen Nachmittag an die EU-Kommission verschickt. Es sei ein “großer Schritt nach vorne”, hieß es aus Regierungskreisen. Mehr erfahren Sie in den News.
Das Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen hat gezeigt, dass von der Leyen zunehmend auf den harten Kurs der USA gegen China einschwenkt. Von den Aussagen des Treffens überrascht zeigt sich Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament. Im Interview mit Eric Bonse plädiert er für einen rationalen Umgang mit China und warnt eindringlich vor einem Decoupling von der Volksrepublik. Außerdem erklärt er, warum die Auseinandersetzung um den Inflation Reduction Act der US-Amerikaner aus seiner Sicht noch längst nicht vorbei ist.
Heute treffen sich die EU-Umweltminister in Brüssel. Im Mittelpunkt des Umweltrats steht die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen. Streit gibt es im Vorfeld über die Schwellenwerte, ab denen Tierhaltungsbetriebe unter die Richtlinie fallen würden. Auch in Berlin war man sich offenbar nicht einig: Am Vorabend hatte die Bundesregierung noch keine gemeinsame Position gefunden. Die Revision der Industrial Emissions Directive (IED) ist von großer Bedeutung für Deutschland: Von den EU-weit 52.000 betroffenen Industrieanlagen stehen allein 13.000 in der Bundesrepublik, wie Claire Stam berichtet.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den Streit mit den USA über den Inflation Reduction Act (IRA) und die massiven US-Subventionen für grüne Technologien beenden. Nach ihrem Besuch bei Präsident Joe Biden in Washington zeigte sie sich optimistisch. Ist der Streit jetzt ausgeräumt?
Nein, der Streit ist nicht ausgeräumt. Es wird jetzt zwar vielleicht ein Abkommen zur Gleichstellung der EU mit jenen 20 Ländern geben, die mit den USA über einen Freihandelspakt verbunden sind. Bei der Lieferung von Rohstoffen für die Produktion in den USA, etwa von Batterien für Elektroautos, könnte dies durchaus Erleichterungen bringen. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Vereinbarung nur für in der EU gewonnene Rohstoffe gilt, wie etwa Lithium aus Schweden, oder auch für verarbeitete und recycelte. Von der Antwort hängt letztlich ab, wie viele Rohstoffe wir in die USA verkaufen können. Ich vermute, dass das Volumen begrenzt sein wird.
Das klingt eher mager …
Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die Subventionen jetzt auf beiden Seiten des Atlantiks transparenter werden sollen. Dazu soll es eine Arbeitsgruppe im TTC geben. Aber das war’s dann auch schon.
Wie geht es weiter?
Offen ist immer noch die wichtige Frage des Zusammenbaus der E-Autos. Nach meinen Informationen erfolgt er weiter zu 100 Prozent in den USA. Deshalb werden Batteriefabriken auch nahe an den Autofabriken gebaut – so wie bei Volkswagen, das ein Werk in Kanada errichten will. Darüber muss weiter im TTC geredet werden, dort gibt es eine Task-Force. Ich hoffe, dass noch Lockerungen möglich sein werden und warte auf entsprechende Guidelines der EU-Kommission. Sie könnten in ein paar Wochen kommen.
Das Problem der Abwanderung in die USA ist also nicht gelöst?
Nein, es ist nicht gelöst – im Gegenteil: Die Investitionen gehen weiter in Richtung der USA. Das Beispiel Volkswagen habe ich ja bereits erwähnt. Auch der chilenische E-Fuel-Hersteller HIF, auf den auch Porsche setzt, will ein großes Werk in Texas errichten. Diese Investitionen gehen uns in Europa verloren.
Sie haben auf die Möglichkeit einer Klage vor der Welthandelsorganisation hingewiesen. Sollte die Kommission jetzt Ernst machen?
Dafür ist es noch zu früh. Wenn alle Verhandlungen fertig sind, werden wir Bilanz ziehen. Das Parlament hat in seiner Resolution zum IRA die Möglichkeit einer Klage festgehalten. Allerdings sind wir hier in einem Dilemma. Schließlich ist die EU geopolitisch eng mit den USA verbunden. Andererseits müssen Klagen auch unter Freunden möglich sein. Ich persönlich sehe das sehr relaxt.
Ein anderes wichtiges Thema bei den Gesprächen in Washington war China. Wie bewerten Sie die Aussagen in dem gemeinsamen Statement, das Biden und von der Leyen veröffentlicht haben?
Diese Aussagen haben mich überrascht. Das Statement enthält eine ganze Reihe von Anti-China-Elementen. Da geht es um nicht-marktkonforme Praktiken, aber auch um die Sicherheitspolitik – wenn auch eher indirekt, über den Umweg Russland. Die Aussagen, die ich so nicht erwartet habe, beschwören das Risiko des Decoupling von China herauf. Erste Schritte auf diesem Weg sehen wir ja bereits. Denken Sie nur an die Exportkontrollen für Mikrochips, die die Niederlande auf Druck der USA eingeführt haben – ohne Absprache mit der EU. Dabei ist dies eine EU-Kompetenz. Auch die nun offenbar geplante Kontrolle von Investitionen in Drittstaaten – also vor allem nach China – macht mir Sorge. Das war bisher undenkbar.
In Berlin heißt es, man wolle kein Decoupling, sondern ein De-Risking. Was halten Sie davon?
Natürlich ist es ok, dass man Risiken sucht und mindert, etwa bei den Lieferketten aus China. Allerdings ist die Abhängigkeit nicht so groß, wie viele glauben. Nur 0,2 Prozent der Vorprodukte und 1,4 Prozent der Endprodukte sind eindeutig abhängig von China. Umgekehrt sind auch chinesische Hersteller vom europäischen Markt abhängig. Hinzu kommt, dass wir unsere Produktion teilweise freiwillig ausgelagert haben. So werden 60 Prozent des Lithiums in China verarbeitet. Das liegt aber vor allem daran, dass die EU ihre Verarbeitungskapazitäten ausgelagert hat – die Produktion gilt als zu schmutzig.
Vor diesem Hintergrund scheinen mir viele Befürchtungen übertrieben. Ich plädiere für einen rationalen Umgang mit China. Wenn es den USA darum geht, ihre eigene wirtschaftliche Dominanz zu stärken, dann müssen wir klare Kante zeigen! Ein Decoupling ergibt aus europäischer Sicht keinen Sinn.
Müssten deshalb nicht die Alarmglocken klingeln, vor allem in Deutschland? Schließlich ist China der wichtigste Handelspartner, noch vor den USA.
Wir haben natürlich eigene wirtschaftliche Interessen, und die müssen wir verteidigen. Aber wir haben in Europa auch schon gut auf die neue Lage reagiert. Gegen mögliche Gefahren im Handel mit China haben wir eine Arbeitsgruppe des TTC eingesetzt. Und gegen den Versuch, den Handel als Waffe gegen Litauen einzusetzen, haben wir uns in der EU gemeinsam gewehrt.
Bei all dem gilt es aber, die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen. Europa darf sich nicht von den USA überfahren lassen, wie in den Niederlanden geschehen. Die Probleme mit den Mikrochips muss man europäisch angehen, nicht national. Die Diskussion über dieses Thema ist noch nicht beendet!
Führt uns die EU-Kommission in eine US-gesteuerte Anti-China-Koalition?
So pauschal würde ich das nicht sagen. Von der Leyen hat zwar offenbar die Spur gewechselt. Aber nicht alle in der Kommission steigen in diesen Zug ein.
Auch Ratspräsident Charles Michel warnt vor blinder Gefolgschaft gegenüber den USA.
Ja, über die China-Politik gibt es intensive Diskussionen in Brüssel. Aber noch ist nichts entschieden. Warten wir doch erst mal die Gesetzgebungsvorschläge ab, danach wird sich das Europaparlament eine Meinung bilden.
Die Positionierung innerhalb der Bundesregierung gestalte sich schwierig, sagte eine diplomatische Quelle in Brüssel. Bei Redaktionsschluss hatte die Koalition in Berlin noch immer keine gemeinsame Linie gefunden. Die Revision der Industrial Emissions Directive (IED) ist von großer Bedeutung für Deutschland. Gestritten wird über die Änderung einer seit zehn Jahren geltenden Richtlinie: Es geht darum, wie industrielle Schadstoffemissionen in Luft, Wasser und Böden weiter reduziert werden. Von den EU-weit 52.000 betroffenen Industrieanlagen stehen allein 13.000 in Deutschland.
Der von der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft ausgearbeitete Vorschlag erhöht die Schwellenwerte, ab denen Tierhaltungsbetriebe unter die Richtlinie fallen würden. So wurden die Werte für Rinder, Schweine und gemischte Betriebe auf 350 Großvieheinheiten (GVE) und für Geflügel auf 280 GVE angehoben – im Vergleich zu 300 bzw. 250 GVE in einer früheren Version. Bei den Tierzuchtanlagen konnte sich die Bundesregierung bisher nur auf 300 GVE bei Rindern einigen, so die diplomatische Quelle weiter.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, warnte vor den “gravierenden Folgen” der Änderung der Richtlinie. Der Verband stehe zwar zu den derzeit geltenden Schwellenwerten für Prüfungen der Emissionen in der Schweine- und Geflügelhaltung, lehnt aber eine weitere Absenkung grundsätzlich ab. Denn die würde die bäuerliche Tierhaltung mit kleinen und mittleren Tierhaltungen insbesondere treffen und “einen massiven Strukturbruch” zur Folge haben, sagt Rukwied.
Eine zusätzliche Einbeziehung der Rinderhaltung sei vor dem Hintergrund der vorhandenen Ställe, die fast ausschließlich natürlich belüftet seien, schon technisch nicht umsetzbar, so Rukwied weiter. Der Kompromissvorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft sieht eine stufenweise Absenkung der Schwellenwerte vor. Aus Sicht des Bauernverbandes ist dieses Vorgehen nicht geeignet, die Zielkonflikte zwischen Tierwohl und Emissionsschutz zu lösen. Stattdessen stelle es einen Ausstieg aus der Tierhaltung auf Raten dar, so Rukwied.
Für Christian Schaible ist hingegen die Diskussion zu intensiver Viehzucht “komplett fehlgeleitet”. Der Abteilungsleiter für den Bereich Zero Pollution Industry beim European Environmental Bureau (EEB) sagt: “Erstens soll der Anwendungsbereich für Rinder auf 350 Großvieheinheiten aufgeweicht werden, extensive Viehhaltung fliegt komplett raus”, sagte er. “Zweitens soll es ja noch gar keine konkreten Vorgaben für die Betriebe vor 2032 geben.”
Schaible hob außerdem die durch Nutztierhaltungsbetrieben verursachten Gesundheit- und Umweltbelastungen hervor, die sich jährlich laut der Europäischen Umweltagentur auf 433 Milliarden Euro beziffern. “Davon sind ein Viertel, also 100 Milliarden pro Jahr, ‘Made in Germany'”, sagte er. Die Ausweitung des Geltungsbereichs auf eine größere Zahl von Nutztierhaltungsbetrieben würde “zu einer Verringerung der Methan- und Ammoniakemissionen” mit einem entsprechenden Gesundheitsnutzen laut der Europäischen Kommission im Wert von über 5,5 Milliarden Euro pro Jahr führen, so Schaible weiter.
Die überarbeitete IED ist eine Schlüsselkomponente des Green Deal. Sie soll die Ziele der EU in Bezug auf die Vermeidung von Umweltverschmutzung und die Kreislaufwirtschaft sowie die Energiepolitik unterstützen, indem sie zur Umgestaltung der Industrie beitrage. Mit dem neuen Vorschlag werden mehr Anlagen in den Geltungsbereich der Richtlinie aufgenommen, insbesondere kapitalintensive Großbetriebe, die bisher nicht einbezogen waren, so die diplomatische Quelle.
Der Vorschlag wurde fast ein Jahr lang im Umweltrat verhandelt. Dabei wurden einige Bestimmungen über Sanktionen und Entschädigungen bei Verstößen gegen die Richtlinie gestrichen, um die Umsetzung der Bestimmungen in nationales Recht zu erleichtern.
Die EU-Umweltminister werden bei dem Treffen auch einen Meinungsaustausch über die Zertifizierung von Kohlenstoffaufnahmen führen. Geplant sind zudem Gespräche über den Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Gesetzgebung zu Verpackungen und Verpackungsabfällen. Außerdem werden sie über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser diskutieren.
Den Vorsitz im Umweltrat wird die schwedische Ministerin für Klima und Umwelt, Romina Pourmokhtari, führen. Die Europäische Kommission wird durch Exekutiv-Vizepräsidenten Frans Timmermans und Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius vertreten.
Wie lässt sich die Medienfreiheit in Europa am besten garantieren? In der Vergangenheit gaben unterschiedliche Mitgliedstaaten darauf ganz unterschiedliche Antworten. Und manche haben an der Freiheit der Presse ausdrücklich wenig Interesse. Genau das will EU-Vizepräsidentin Věra Jourová ändern und hat deshalb mit dem Media Freedom Act (MFA) eine Verordnung auf den Weg gebracht. Dass deren Inhalte strittig würden, war schon früh klar. Die Beteiligten streiten nicht zuletzt über die gewählte Rechtsgrundlage und das Rechtsinstrument.
Die Berichterstatterin des Europaparlaments, Sabine Verheyen (CDU), übt im Gespräch mit Table.Media scharfe Kritik an dem Vorschlag der Kommission. Aus vielen Einzelproblemen in den Mitgliedstaaten eine allgemeingültige europäische Lösung zu schaffen, funktioniere nicht auf dem Verordnungsweg. Die gewählte Rechtsgrundlage (die Binnenmarktklausel) und der Weg der Verordnung seien insbesondere in der Kombination problematisch.
“Ich versuche, diesen Rechtsakt zu retten”, sagt Verheyen im Gespräch mit Table.Media. “Wegen der Verträge, wegen des Amsterdamer Protokolls.” Die Sicherung der Medienvielfalt sei ausdrückliche Angelegenheit der Mitgliedstaaten, in Deutschland eben der Bundesländer, wie es in der Protokollerklärung zu den Amsterdamer Verträgen festgeschrieben sei. Das hieße nicht, dass man auf europäischem Weg keine Regelung finden könne. Aber das Instrument der Verordnung führe automatisch zu Problemen. Es drohten Klagen gegen die Verordnung und Unklarheiten, die mit einer Richtlinie vermeidbar wären.
Auch die Durchsetzbarkeit sei bei einer Verordnung schwieriger, meint Verheyen. Sie möchte deshalb aus der MFA-Verordnung zwei Gesetzesvorhaben machen: “Ich fände es sinnvoller und rechtssicherer, statt mit einer Verordnung mit Öffnungsklauseln wirklich einen Split in Verordnung und Richtlinie zu machen.” Eine solche Richtlinie müsste die EU-Kommission vorschlagen, da nur sie das Initiativrecht hat.
Zuletzt hatte die spanische Schattenberichterstatterin im CULT-Ausschuss Diana Riba i Giner (Grüne/EFA) bei “Contexte” ihre Zweifel an dem Vorhaben geäußert: Das Beispiel der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste (AVMD) zeige, dass die Mitgliedstaaten diese teilweise noch nicht umgesetzt hätten. Verheyen und ihre sozialdemokratische Kollegin Petra Kammerevert hätten diese Diskussion eröffnet. Ob die Idee des Splits überhaupt infrage kommt, sei aber noch nicht einmal mit EVP- und S&D-Fraktion geklärt.
“Man könnte mit einer Umsetzungsfrist von einem Jahr Teile der Verordnung in eine Richtlinie ummodeln”, widerspricht Verheyen. Der Media Freedom Act müsse für eine sachgerechte Lösung aufgeteilt werden: “Dann könnten wir die Bereiche, die unkritischer zu betrachten sind, was die Zuständigkeit der Kommission angeht, und die wirkliche Binnenmarktrelevanz oder Grundrechtsrelevanz haben, als Verordnung lassen und die anderen Teile in eine Richtlinie überführen.”
Verheyen hat sehr konkrete Vorstellungen davon, welche Regelungen besser in eine Richtlinie überführt werden sollten. Sie sieht ebenfalls das Problem bei der Implementierung der AVMD-Richtlinie in nationales Recht. Doch biete die MFA-Verordnung keine wirkliche Lösung für dieses Problem – hier müsse die Kommission eben Vertragsverletzungsverfahren einleiten, um den Druck zu erhöhen.
Der MFA-Verordnungsvorschlag der Kommission würde zudem an wichtigen Stellen, etwa bei den Anforderungen an den öffentlichen Rundfunk, von der AVMD-Richtlinie abweichen. Hier enthalten sowohl AVMD-Richtlinie als auch der MFA-Vorschlag Anforderungen an die Aufsichtsgremien und deren Unabhängigkeit.
Auch in der Arbeitsgruppe Audiovisuelle Medien des Rats wurde über eine mögliche Aufsplittung beraten. Allerdings scheiterte der Vorstoß, zumindest vorerst: An der Seite Deutschlands, für das hier zuständigkeitshalber die Bundesländer maßgeblich sind, wollte am Dienstag nur Polen den Vorschlag mittragen, berichtet “Contexte”.
Nachdem bereits der Bundesrat mit einer Subsidiaritätsrüge zum Media Freedom Act Stellung bezogen hatte, kommt nun auch Kritik von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Sie ist in Deutschland das für die Sicherung der Meinungsvielfalt im Privatfernsehen zuständige Gremium.
Die Medienaufsicht in Deutschland habe sich im Hinblick auf den Schutz und die Gewährleistung einer unabhängigen, vielfältigen und freien Medienlandschaft bewährt, sagt der KEK-Vorsitzende Georgios Gounalakis. “Der Media Freedom Act kann dieses Schutzniveau europaweit etablieren. Grundpfeiler dafür müssen jedoch das Staatsfernegebot und ein Bekenntnis zu unabhängigen Medien- und Aufsichtsstrukturen sein.”
Damit kritisiert die KEK vor allem die geplante Struktur der Aufsicht nach dem Media Freedom Act: “Die im Media Freedom Act vorgesehenen Einflussnahmemöglichkeiten der EU-Kommission widersprechen dem Grundsatz einer unabhängigen und staatsfernen Medienaufsicht”, kritisiert Gounalakis. Medien seien “eben nicht nur Wirtschaftsgut, sondern auch Kulturgut.” Genau das aber falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission.
Ob sich Verheyen mit ihrem Plan einer ergänzenden Richtlinie durchsetzen kann, ist offen. Vor allem der Zeitplan stellt sich ein gutes Jahr vor der Europawahl als Hindernis dar. Damit das Verfahren für den Media Freedom Act seinen geregelten Gang gehen kann, müsste er spätestens im Oktober im Parlament abschließend beraten sein, um ausreichend Zeit für den Trilog zu lassen.
Die mitberatenden Ausschüsse LIBE und IMCO müssten dafür vor Ende Mai ihre Berichte vorlegen. Auch der Rat ist in seinen Beratungen noch nicht sehr weit gekommen – hier wartet man auf ein Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes unter anderem zur Rechtsgrundlage.
17.03.2023 – 09:00 Uhr, online
EBD/EBÖ, Seminar De-Briefing EZB-Rat
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) und die Europäische Bewegung Österreich (EBÖ) informieren über die Ergebnisse des EZB-Rats. INFOS & ANMELDUNG
20.03.-24.03.2023, Bonn
FES, Seminar 100 Jahre Republik – Die Türkei vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) führt in das politische System der Türkei ein und setzt sich mit diversen Herausforderungen auseinander. INFOS & ANMELDUNG
20.03.-23.03.2023, Rust
Conference Cloudfest
Cloudfest connects the global cloud computing industry. INFOS & REGISTRATION
20.03.2023 – 11:00 Uhr, online
EBD, Seminar De-Briefing Umweltrat
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) nimmt die Sitzung des Rats für Umwelt vom 16. März 2023 in den Blick. INFOS & ANMELDUNG
20.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST Expert Consultation: CBAM and Flanking Measures for Industrial Decarbonisation
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the function of the CBAM in a portfolio of instruments for industrial decarbonisation, focusing on the role of additional support policies in an evolving global context. INFOS & REGISTRATION
20.03.2023 – 19:00-21:00 Uhr, Hannover/online
VWS, Podiumsdiskussion Nanotechnologie, Neuroenhancement, Umweltwissenschaften – Forschung im Wandel
Die Volkswagen-Stiftung setzt sich mit den Potenzialen und Herausforderungen von Neuroenhancement auseinander. INFOS & ANMELDUNG
20.03.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
Körber Forum, Podiumsgespräch Science-Fiction oder Realität? Künstliche Intelligenz als Chance im Alter
Das Körber Forum spricht über neue Perspektiven, die sich durch KI insbesondere für ältere Menschen ergeben. INFOS & ANMELDUNG
21.03.-13.07.2023, online
FSR, Seminar Regulation of the Power Sector
The Florence School of Regulation (FSR) highlights the connection between strategic governance of the power sector and economic growth. INFOS & REGISTRATION
21.03.-22.03.2023, Brüssel (Belgien)
Eurelectric, Conference EVision 2023 – Power Sector Accelerating e-mobility
Eurelectric adresses the need for clean and renewable electrification as a way to accelerate transport’s decarbonisation and reach energy independence. INFOS & REGISTRATION
21.03.2023 – 18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Diskussion Sustainable Finance: Umsetzbar und wichtig oder Hindernis für notwendige Innovationen im Mittelstand?
Der Freistaat Bayern diskutiert die Auswirkungen der EU-Taxonomie auf KMU. INFOS & ANMELDUNG
Das Bundesverkehrsministerium hat einen Vorschlag vorgelegt, wie der Streit über das Verbrenner-Aus 2035 gelöst werden kann. Wie das Bundesumweltministerium gegenüber Table.Media bestätigte, ist der Vorschlag am Mittwochnachmittag an die EU-Kommission verschickt worden. Er soll ermöglichen, dass auch nach 2035 noch Verbrennerfahrzeuge zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) betankt werden können.
Die Einzelheiten des Vorschlages blieben gestern noch unklar. Nach Angaben aus Regierungskreisen fordert das BMDV zum einen, die Vereinbarung zu den Flottengrenzwerten um einen delegierten Rechtsakt der Kommission zu ergänzen, der ein Anrechnungssystem für das Inverkehrbringen von E-Fuels schafft. Zudem schlägt das Ministerium vor, für mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge eine Sonderregelung in der existierenden Euro 6-Abgasnorm einzuführen. Der Vorschlag gehe in die richtige Richtung und sei ein “großer Schritt nach vorne”, hieß es in Verhandlungskreisen.
Verkehrsminister Volker Wissing macht eine Möglichkeit für E-Fuels in Verbrennern nach 2035 zur Bedingung, der Verschärfung der EU-Flottengrenzwerte doch noch zuzustimmen. Kurz vor der finalen Abstimmung im Rat der EU-Mitgliedstaaten hatte Wissing seine Zustimmung zurückgezogen, da die EU-Kommission keinen entsprechenden Vorschlag vorgelegt hatte. Die grünen Koalitionspartner und andere EU-Länder reagierten darüber verärgert.
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte Deutschlands Haltung. Die Bundesrepublik stehe mit dem Wunsch nach einer Klärung nicht alleine, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Die Grundsatzvereinbarung über ein Aus für den Verbrennermotor 2035 in der EU stehe, betonten beide Politiker. Jetzt gehe es noch um Detailfragen. Scholz drängt jedoch auf eine Klärung bis zum EU-Gipfel nächsten Donnerstag.
Sollte der Vorschlag des Verkehrsministers für Umweltministerium und Kanzleramt annehmbar sein, müssten zunächst die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten und anschließend ein Ministerrat der EU zustimmen. Auch das EU-Parlament müsste den Änderungen voraussichtlich noch einmal zustimmen. luk/tho
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson pocht auf eine technologische Aufholjagd der EU. “Es gibt keine europäische Autonomie ohne Wettbewerbsfähigkeit”, sagte der konservative Politiker am Mittwoch in Berlin vor einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz. Die EU-Firmen seien im Vergleich zu den amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Jahren zurückgefallen. Die Entwicklung gehe in die falsche Richtung und müsse korrigiert werden, sagte er mit Blick etwa auf Forschungsausgaben.
Die Debatte über die US-Subventionen für klimafreundliche Technologien müsse dabei freundschaftlich geführt werden, fügte Kristersson mit Blick auf den EU-Gipfel kommende Woche hinzu. Dort sollen Entscheidungen über eine europäische Antwort fallen. Schweden hat derzeit die halbjährige EU-Ratspräsidentschaft inne.
Gerade angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine sei klar, dass diejenigen Staaten enger zusammenarbeiten müssten, die die gleichen Werte teilten, sagte Kristersson. Er warnte zugleich davor, dass die EU-Staaten in dieser Konkurrenzsituation dabei zu sehr auf staatlichen Beihilfen setzen. Diese Beihilfen seien zwar manchmal nötig, dürften aber nicht der Normalfall werden, sagte er mit Blick auf milliardenschwere staatliche Zuschüsse für die Ansiedlungen von Fabriken.
Kristersson plädierte zudem dafür, auch die Rüstungsindustrie als “nachhaltig” anzusehen. Die Verteidigung der eigenen Länder sei ein nachhaltiges Ziel, das habe der russische Angriff auf die Ukraine gezeigt. Deshalb müsse auch die Verteidigungsindustrie nachhaltig sein.
Für die EU gebe es keinen Raum mehr für Naivität, sagte er in Bezug auf China. Man dürfe nicht abhängig von Ländern werden, mit denen man nicht die gleichen Werte teile. Zudem könne man nicht zulassen, dass Firmen aus Ländern auf dem EU-Binnenmarkt Zugang bekämen, die in ihren Ländern Hürden für europäische Firmen hätten, sagte er in Anspielung auf die Klagen von EU-Firmen über Restriktionen auf dem chinesischen Markt. rtr
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt Unternehmen weniger Bürokratie in Aussicht. “Wir werden bis zum Herbst konkrete Vorschläge vorlegen, um Berichtspflichten zu vereinfachen und um 25 Prozent zu reduzieren“, sagte sie vor dem Europaparlament. Insbesondere Mittelständler litten meist nicht unter einzelnen Nachweispflichten, sondern unter der “Riesensumme des Ganzen”.
Die Generaldirektionen der Kommission sind bereits angewiesen, in ihren Themenbereichen nach entbehrlichen Vorgaben auf EU-Ebene zu suchen. Das angegebene Ziel zu erreichen, werde nicht einfach, so von der Leyen, “aber dieser Anstrengung müssen wir uns unterziehen”.
Die Leiterin des Brüsseler Büros der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Freya Lemcke, lobte die Pläne, forderte aber Taten: “Es wurden schon viele Ankündigungen gemacht, dass Bürokratieaufwand reduziert werden soll, aber bislang haperte es meist an der Umsetzung”. Zum Beispiel werde die angekündigte One-in-one-out-Regel auf EU-Ebene noch nicht angewandt. Die Herausforderung sei, den heutigen bürokratischen Aufwand aller Berichtspflichten zu messen und dann zu verringern.
Die Initiative ist Teil der Wettbewerbsfähigkeitsstrategie, die die Kommission heute vorlegen will. Von der Leyen kündigte an, gemeinsam mit der schwedischen Ratspräsidentschaft den Staats- und Regierungschefs vorzuschlagen, das europäische Ziel für die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu erhöhen. Um wie viel, lässt die Kommission noch offen.
Die EU hatte bereits 2002 ausgegeben, drei Prozent der Wirtschaftsleistung für F&E auszugeben. Die Fortschritte dorthin seien aber “sehr sehr langsam”, räumte von der Leyen ein. Der Anteil Europas an den F&E-Ausgaben weltweit sei in den vergangenen 20 Jahren überdies von 41 auf 31 Prozent gesunken. Daher müsse man sich hinsetzen und schauen, wie Europa besser werden könne.
Die Kommission legt heute eine Reihe von Vorschlägen vor, darunter den Net-Zero Industrial Act und den Critical Raw Materials Act. Teil des Pakets ist auch eine Mitteilung zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes, die Table.Media bereits vorliegt. Das Papier enthält aber kaum neue Ansätze. “Wie so oft besteht die Mitteilung der Kommission aus warmen Worten und wenigen konkreten Lösungsvorschlägen”, kritisierte Markus Ferber, der Koordinator der EVP-Fraktion im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments. tho
Die EU und Thailand nehmen nach knapp zehn Jahren Pause ihre Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wieder auf. In den kommenden Monaten solle es eine erste Verhandlungsrunde geben, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. Erstmals hatten beide Seiten 2013 Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen, diese nach der Machtübernahme durch das thailändische Militär 2014 jedoch ausgesetzt.
Im Zentrum soll unter anderem das Thema Nachhaltigkeit stehen. Die Kommission kündigte an, dass eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden soll, die wirtschaftliche, ökologische, menschenrechtliche und soziale Auswirkungen eines Abkommens analysiert.
Die EU ist der viertgrößte Handelspartner Thailands und drittgrößter Investor in dem Land. Dennoch sei die Union in Bezug auf wichtige Bereiche wie erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge und Mikrochips unterrepräsentiert, hieß es. dpa
Das französische Loi de Vigilance (LdV) ist das erste Gesetz seiner Art weltweit: Seit 2017 ist es in Kraft und verpflichtet große französische Unternehmen, menschenrechtliche Sorgfalt in ihren globalen Wertschöpfungsketten walten zu lassen. Die verpflichteten Unternehmen müssen Pläne zum Umgang mit Menschenrechts- und Umweltrisiken weltweit in ihrer gesamten Wertschöpfungskette erstellen und veröffentlichen. Bei Verstößen gegen diese Pflicht können Betroffene vor französischen Zivilgerichten klagen, Nachbesserung verlangen und, sofern eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und einem Schaden besteht, auch Schadensersatz verlangen.
Das erste Urteil nach diesem Gesetz zeigt nun: Allein ein gutes Gesetz verhilft den Menschen, denen es nutzen soll, nicht unbedingt zu ihrem Recht. Es kommt auf die Anwendung und Auslegung eines Gesetzes an.
2019 reichten zwei französische und vier ugandische Organisationen die erste Klage nach dem LdV ein. Sie richtete sich gegen die französische Ölfirma Total wegen einer Vernachlässigung ihrer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten bei ihrer Mega-Ölpipeline Eacop (East African Crude Oil Pipeline) in Uganda und dem Tilenga Projekt in Tansania.
Die längste beheizte Ölpipeline der Welt, die Total gemeinsam mit Staatsfirmen aus China, Uganda und Tansania baut, soll die Ölfelder im Westen Ugandas und insbesondere Ölquellen im ugandischen Naturschutzgebiet Murchison Falls mit dem Indischen Ozean verbinden. Für Total und seine Partner geht es um eine Milliarde Barrel Rohöl mit einem aktuellen Wert von 80 Milliarden US-Dollar. Klimaforscher haben berechnet, dass der Klimaabdruck des Projektes in seiner gesamten Laufzeit 25-mal so viel sein wird wie die derzeitigen CO₂-Jahresemissionen von Uganda und Tansania zusammen.
Die Kläger werfen TotalEnergies vor, für die Pipeline mehr als 100.000 Menschen von ihrem Land ohne angemessene Entschädigungen vertrieben und ohne Rücksicht auf die in dem Naturschutzgebiet lebenden bedrohten Arten agiert zu haben. Sie machten geltend, dass das Gericht Total verpflichten müsse, seine bestehenden Pläne zur Öl-Förderung und Pipeline entsprechend der Pflichten nach dem LdV zu gestalten und adäquate Maßnahmen zum Umgang mit den menschenrechtlichen Risiken zu treffen.
Außerdem sollte Total Entschädigungen an betroffene Gemeinschaften zahlen. In einem zivilrechtlichen Eilverfahren sollte das Gericht das Projekt aussetzen, solange die damit verbundenen Risiken nicht korrekt identifiziert und die nötigen Maßnahmen zur Beendigung von Menschenrechtsverletzungen und zur Verhinderung einer Umweltkatastrophe nicht umgesetzt sind.
Am 28. Februar 2023 wies das Gericht in Paris die Klage in diesem Eilverfahren ab. Es begründete seine Entscheidung mit formellen Argumenten. Die klagenden Organisationen hätten nicht das Verfahren eingehalten, weil sie nicht nach Klageeinreichung immer wieder eine formale Beschwerde gegen neu erstellte Sorgfaltspläne des Unternehmens einreichten und gleichzeitig in der mündlichen Verhandlung Ende 2022 Tatsachen vorbrachten, die sich nach 2019 ereignet hätten.
Im Übrigen könne das Gericht im Eilverfahren nur prüfen, ob das Unternehmen überhaupt Sorgfaltspläne nach dem LdV aufgestellt habe, was im konkreten Fall geschehen sein. Ob diese Pläne den inhaltlichen Anforderungen des Ldv genügen, müsse in einem ordentlichen Verfahren geklärt werden.
Dieses Urteil wirft die Frage auf: Sind französische Gerichte in der Lage, mit den Problemen globaler Wertschöpfungsketten umzugehen? Oder haben die NGO überspannte Erwartungen, wie der Anwalt von Total nahelegt, wenn er behauptet, dass sie eine “marxistische” Auslegung des Gesetzes anstreben.
Das Gericht berücksichtigt in seiner Entscheidung nicht den internationalen Rahmen, in dem das Gesetz entstanden ist. Das LdV ist ein Gesetz, das internationale Standards menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen in nationales Recht umsetzt. Nach den VN-Leitprinzipien geht es darum, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um menschenrechtliche Risiken zu verhindern und zu minimieren.
Es geht nicht darum, einfach nur einen Sorgfaltspflichtenplan zu erstellen. Mit der Fokussierung auf die Erstellung eines Sorgfaltsplans formalisiert das Gericht eine Pflicht, in der es um ein Bemühen um die im spezifischen Kontext am meisten angemessene Maßnahmen geht.
Sinn und Zweck von Sorgfaltspflichtgesetzen wie dem LdV ist es, präventiv zu wirken, Menschenrechtsverletzungen also zu verhindern. In der Auslegung des Pariser Gerichts kann das Eilverfahren, das eigentlich ebenso präventiv wirken soll, eben gerade keine aufschiebende Wirkung in der Hauptsache entfalten. Das ganze Verfahren läuft damit praktisch leer.
Die Klagenden können nun einerseits gegen diese Entscheidung im Eilverfahren in die zweite Instanz gehen, was einige Jahre dauern wird. Oder sie können versuchen, im Hauptverfahren doch noch Recht zu bekommen. Aber auch dieses wird seine Zeit brauchen. Bis es ein endgültiges Urteil gibt, wird das Pipelineprojekt wohl voll funktionsfähig und der Schaden an Umwelt und für sehr viele Menschen bereits geschehen sein.
Miriam Saage-Maaß ist Juristin und Legal Director beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), wo sie den Programmbereich für Wirtschaft und Menschenrechte aufgebaut hat. Sie hat an verschiedenen Gerichtsverfahren gegen Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Arbeitern in Bangladesch und Pakistan mitgearbeitet.
dass die Meinungen in der Ampelkoalition beim Thema E-Fuels auseinandergehen, ist hinlänglich bekannt. Nun hat das Bundesverkehrsministerium einen Vorschlag vorgelegt, wie der Streit um das Verbrenner-Aus 2035 innerhalb der Bundesregierung gelöst werden kann. Nach Informationen von Table.Media wurde das Papier am gestrigen Nachmittag an die EU-Kommission verschickt. Es sei ein “großer Schritt nach vorne”, hieß es aus Regierungskreisen. Mehr erfahren Sie in den News.
Das Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen hat gezeigt, dass von der Leyen zunehmend auf den harten Kurs der USA gegen China einschwenkt. Von den Aussagen des Treffens überrascht zeigt sich Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament. Im Interview mit Eric Bonse plädiert er für einen rationalen Umgang mit China und warnt eindringlich vor einem Decoupling von der Volksrepublik. Außerdem erklärt er, warum die Auseinandersetzung um den Inflation Reduction Act der US-Amerikaner aus seiner Sicht noch längst nicht vorbei ist.
Heute treffen sich die EU-Umweltminister in Brüssel. Im Mittelpunkt des Umweltrats steht die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen. Streit gibt es im Vorfeld über die Schwellenwerte, ab denen Tierhaltungsbetriebe unter die Richtlinie fallen würden. Auch in Berlin war man sich offenbar nicht einig: Am Vorabend hatte die Bundesregierung noch keine gemeinsame Position gefunden. Die Revision der Industrial Emissions Directive (IED) ist von großer Bedeutung für Deutschland: Von den EU-weit 52.000 betroffenen Industrieanlagen stehen allein 13.000 in der Bundesrepublik, wie Claire Stam berichtet.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den Streit mit den USA über den Inflation Reduction Act (IRA) und die massiven US-Subventionen für grüne Technologien beenden. Nach ihrem Besuch bei Präsident Joe Biden in Washington zeigte sie sich optimistisch. Ist der Streit jetzt ausgeräumt?
Nein, der Streit ist nicht ausgeräumt. Es wird jetzt zwar vielleicht ein Abkommen zur Gleichstellung der EU mit jenen 20 Ländern geben, die mit den USA über einen Freihandelspakt verbunden sind. Bei der Lieferung von Rohstoffen für die Produktion in den USA, etwa von Batterien für Elektroautos, könnte dies durchaus Erleichterungen bringen. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Vereinbarung nur für in der EU gewonnene Rohstoffe gilt, wie etwa Lithium aus Schweden, oder auch für verarbeitete und recycelte. Von der Antwort hängt letztlich ab, wie viele Rohstoffe wir in die USA verkaufen können. Ich vermute, dass das Volumen begrenzt sein wird.
Das klingt eher mager …
Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die Subventionen jetzt auf beiden Seiten des Atlantiks transparenter werden sollen. Dazu soll es eine Arbeitsgruppe im TTC geben. Aber das war’s dann auch schon.
Wie geht es weiter?
Offen ist immer noch die wichtige Frage des Zusammenbaus der E-Autos. Nach meinen Informationen erfolgt er weiter zu 100 Prozent in den USA. Deshalb werden Batteriefabriken auch nahe an den Autofabriken gebaut – so wie bei Volkswagen, das ein Werk in Kanada errichten will. Darüber muss weiter im TTC geredet werden, dort gibt es eine Task-Force. Ich hoffe, dass noch Lockerungen möglich sein werden und warte auf entsprechende Guidelines der EU-Kommission. Sie könnten in ein paar Wochen kommen.
Das Problem der Abwanderung in die USA ist also nicht gelöst?
Nein, es ist nicht gelöst – im Gegenteil: Die Investitionen gehen weiter in Richtung der USA. Das Beispiel Volkswagen habe ich ja bereits erwähnt. Auch der chilenische E-Fuel-Hersteller HIF, auf den auch Porsche setzt, will ein großes Werk in Texas errichten. Diese Investitionen gehen uns in Europa verloren.
Sie haben auf die Möglichkeit einer Klage vor der Welthandelsorganisation hingewiesen. Sollte die Kommission jetzt Ernst machen?
Dafür ist es noch zu früh. Wenn alle Verhandlungen fertig sind, werden wir Bilanz ziehen. Das Parlament hat in seiner Resolution zum IRA die Möglichkeit einer Klage festgehalten. Allerdings sind wir hier in einem Dilemma. Schließlich ist die EU geopolitisch eng mit den USA verbunden. Andererseits müssen Klagen auch unter Freunden möglich sein. Ich persönlich sehe das sehr relaxt.
Ein anderes wichtiges Thema bei den Gesprächen in Washington war China. Wie bewerten Sie die Aussagen in dem gemeinsamen Statement, das Biden und von der Leyen veröffentlicht haben?
Diese Aussagen haben mich überrascht. Das Statement enthält eine ganze Reihe von Anti-China-Elementen. Da geht es um nicht-marktkonforme Praktiken, aber auch um die Sicherheitspolitik – wenn auch eher indirekt, über den Umweg Russland. Die Aussagen, die ich so nicht erwartet habe, beschwören das Risiko des Decoupling von China herauf. Erste Schritte auf diesem Weg sehen wir ja bereits. Denken Sie nur an die Exportkontrollen für Mikrochips, die die Niederlande auf Druck der USA eingeführt haben – ohne Absprache mit der EU. Dabei ist dies eine EU-Kompetenz. Auch die nun offenbar geplante Kontrolle von Investitionen in Drittstaaten – also vor allem nach China – macht mir Sorge. Das war bisher undenkbar.
In Berlin heißt es, man wolle kein Decoupling, sondern ein De-Risking. Was halten Sie davon?
Natürlich ist es ok, dass man Risiken sucht und mindert, etwa bei den Lieferketten aus China. Allerdings ist die Abhängigkeit nicht so groß, wie viele glauben. Nur 0,2 Prozent der Vorprodukte und 1,4 Prozent der Endprodukte sind eindeutig abhängig von China. Umgekehrt sind auch chinesische Hersteller vom europäischen Markt abhängig. Hinzu kommt, dass wir unsere Produktion teilweise freiwillig ausgelagert haben. So werden 60 Prozent des Lithiums in China verarbeitet. Das liegt aber vor allem daran, dass die EU ihre Verarbeitungskapazitäten ausgelagert hat – die Produktion gilt als zu schmutzig.
Vor diesem Hintergrund scheinen mir viele Befürchtungen übertrieben. Ich plädiere für einen rationalen Umgang mit China. Wenn es den USA darum geht, ihre eigene wirtschaftliche Dominanz zu stärken, dann müssen wir klare Kante zeigen! Ein Decoupling ergibt aus europäischer Sicht keinen Sinn.
Müssten deshalb nicht die Alarmglocken klingeln, vor allem in Deutschland? Schließlich ist China der wichtigste Handelspartner, noch vor den USA.
Wir haben natürlich eigene wirtschaftliche Interessen, und die müssen wir verteidigen. Aber wir haben in Europa auch schon gut auf die neue Lage reagiert. Gegen mögliche Gefahren im Handel mit China haben wir eine Arbeitsgruppe des TTC eingesetzt. Und gegen den Versuch, den Handel als Waffe gegen Litauen einzusetzen, haben wir uns in der EU gemeinsam gewehrt.
Bei all dem gilt es aber, die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen. Europa darf sich nicht von den USA überfahren lassen, wie in den Niederlanden geschehen. Die Probleme mit den Mikrochips muss man europäisch angehen, nicht national. Die Diskussion über dieses Thema ist noch nicht beendet!
Führt uns die EU-Kommission in eine US-gesteuerte Anti-China-Koalition?
So pauschal würde ich das nicht sagen. Von der Leyen hat zwar offenbar die Spur gewechselt. Aber nicht alle in der Kommission steigen in diesen Zug ein.
Auch Ratspräsident Charles Michel warnt vor blinder Gefolgschaft gegenüber den USA.
Ja, über die China-Politik gibt es intensive Diskussionen in Brüssel. Aber noch ist nichts entschieden. Warten wir doch erst mal die Gesetzgebungsvorschläge ab, danach wird sich das Europaparlament eine Meinung bilden.
Die Positionierung innerhalb der Bundesregierung gestalte sich schwierig, sagte eine diplomatische Quelle in Brüssel. Bei Redaktionsschluss hatte die Koalition in Berlin noch immer keine gemeinsame Linie gefunden. Die Revision der Industrial Emissions Directive (IED) ist von großer Bedeutung für Deutschland. Gestritten wird über die Änderung einer seit zehn Jahren geltenden Richtlinie: Es geht darum, wie industrielle Schadstoffemissionen in Luft, Wasser und Böden weiter reduziert werden. Von den EU-weit 52.000 betroffenen Industrieanlagen stehen allein 13.000 in Deutschland.
Der von der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft ausgearbeitete Vorschlag erhöht die Schwellenwerte, ab denen Tierhaltungsbetriebe unter die Richtlinie fallen würden. So wurden die Werte für Rinder, Schweine und gemischte Betriebe auf 350 Großvieheinheiten (GVE) und für Geflügel auf 280 GVE angehoben – im Vergleich zu 300 bzw. 250 GVE in einer früheren Version. Bei den Tierzuchtanlagen konnte sich die Bundesregierung bisher nur auf 300 GVE bei Rindern einigen, so die diplomatische Quelle weiter.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, warnte vor den “gravierenden Folgen” der Änderung der Richtlinie. Der Verband stehe zwar zu den derzeit geltenden Schwellenwerten für Prüfungen der Emissionen in der Schweine- und Geflügelhaltung, lehnt aber eine weitere Absenkung grundsätzlich ab. Denn die würde die bäuerliche Tierhaltung mit kleinen und mittleren Tierhaltungen insbesondere treffen und “einen massiven Strukturbruch” zur Folge haben, sagt Rukwied.
Eine zusätzliche Einbeziehung der Rinderhaltung sei vor dem Hintergrund der vorhandenen Ställe, die fast ausschließlich natürlich belüftet seien, schon technisch nicht umsetzbar, so Rukwied weiter. Der Kompromissvorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft sieht eine stufenweise Absenkung der Schwellenwerte vor. Aus Sicht des Bauernverbandes ist dieses Vorgehen nicht geeignet, die Zielkonflikte zwischen Tierwohl und Emissionsschutz zu lösen. Stattdessen stelle es einen Ausstieg aus der Tierhaltung auf Raten dar, so Rukwied.
Für Christian Schaible ist hingegen die Diskussion zu intensiver Viehzucht “komplett fehlgeleitet”. Der Abteilungsleiter für den Bereich Zero Pollution Industry beim European Environmental Bureau (EEB) sagt: “Erstens soll der Anwendungsbereich für Rinder auf 350 Großvieheinheiten aufgeweicht werden, extensive Viehhaltung fliegt komplett raus”, sagte er. “Zweitens soll es ja noch gar keine konkreten Vorgaben für die Betriebe vor 2032 geben.”
Schaible hob außerdem die durch Nutztierhaltungsbetrieben verursachten Gesundheit- und Umweltbelastungen hervor, die sich jährlich laut der Europäischen Umweltagentur auf 433 Milliarden Euro beziffern. “Davon sind ein Viertel, also 100 Milliarden pro Jahr, ‘Made in Germany'”, sagte er. Die Ausweitung des Geltungsbereichs auf eine größere Zahl von Nutztierhaltungsbetrieben würde “zu einer Verringerung der Methan- und Ammoniakemissionen” mit einem entsprechenden Gesundheitsnutzen laut der Europäischen Kommission im Wert von über 5,5 Milliarden Euro pro Jahr führen, so Schaible weiter.
Die überarbeitete IED ist eine Schlüsselkomponente des Green Deal. Sie soll die Ziele der EU in Bezug auf die Vermeidung von Umweltverschmutzung und die Kreislaufwirtschaft sowie die Energiepolitik unterstützen, indem sie zur Umgestaltung der Industrie beitrage. Mit dem neuen Vorschlag werden mehr Anlagen in den Geltungsbereich der Richtlinie aufgenommen, insbesondere kapitalintensive Großbetriebe, die bisher nicht einbezogen waren, so die diplomatische Quelle.
Der Vorschlag wurde fast ein Jahr lang im Umweltrat verhandelt. Dabei wurden einige Bestimmungen über Sanktionen und Entschädigungen bei Verstößen gegen die Richtlinie gestrichen, um die Umsetzung der Bestimmungen in nationales Recht zu erleichtern.
Die EU-Umweltminister werden bei dem Treffen auch einen Meinungsaustausch über die Zertifizierung von Kohlenstoffaufnahmen führen. Geplant sind zudem Gespräche über den Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Gesetzgebung zu Verpackungen und Verpackungsabfällen. Außerdem werden sie über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser diskutieren.
Den Vorsitz im Umweltrat wird die schwedische Ministerin für Klima und Umwelt, Romina Pourmokhtari, führen. Die Europäische Kommission wird durch Exekutiv-Vizepräsidenten Frans Timmermans und Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius vertreten.
Wie lässt sich die Medienfreiheit in Europa am besten garantieren? In der Vergangenheit gaben unterschiedliche Mitgliedstaaten darauf ganz unterschiedliche Antworten. Und manche haben an der Freiheit der Presse ausdrücklich wenig Interesse. Genau das will EU-Vizepräsidentin Věra Jourová ändern und hat deshalb mit dem Media Freedom Act (MFA) eine Verordnung auf den Weg gebracht. Dass deren Inhalte strittig würden, war schon früh klar. Die Beteiligten streiten nicht zuletzt über die gewählte Rechtsgrundlage und das Rechtsinstrument.
Die Berichterstatterin des Europaparlaments, Sabine Verheyen (CDU), übt im Gespräch mit Table.Media scharfe Kritik an dem Vorschlag der Kommission. Aus vielen Einzelproblemen in den Mitgliedstaaten eine allgemeingültige europäische Lösung zu schaffen, funktioniere nicht auf dem Verordnungsweg. Die gewählte Rechtsgrundlage (die Binnenmarktklausel) und der Weg der Verordnung seien insbesondere in der Kombination problematisch.
“Ich versuche, diesen Rechtsakt zu retten”, sagt Verheyen im Gespräch mit Table.Media. “Wegen der Verträge, wegen des Amsterdamer Protokolls.” Die Sicherung der Medienvielfalt sei ausdrückliche Angelegenheit der Mitgliedstaaten, in Deutschland eben der Bundesländer, wie es in der Protokollerklärung zu den Amsterdamer Verträgen festgeschrieben sei. Das hieße nicht, dass man auf europäischem Weg keine Regelung finden könne. Aber das Instrument der Verordnung führe automatisch zu Problemen. Es drohten Klagen gegen die Verordnung und Unklarheiten, die mit einer Richtlinie vermeidbar wären.
Auch die Durchsetzbarkeit sei bei einer Verordnung schwieriger, meint Verheyen. Sie möchte deshalb aus der MFA-Verordnung zwei Gesetzesvorhaben machen: “Ich fände es sinnvoller und rechtssicherer, statt mit einer Verordnung mit Öffnungsklauseln wirklich einen Split in Verordnung und Richtlinie zu machen.” Eine solche Richtlinie müsste die EU-Kommission vorschlagen, da nur sie das Initiativrecht hat.
Zuletzt hatte die spanische Schattenberichterstatterin im CULT-Ausschuss Diana Riba i Giner (Grüne/EFA) bei “Contexte” ihre Zweifel an dem Vorhaben geäußert: Das Beispiel der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste (AVMD) zeige, dass die Mitgliedstaaten diese teilweise noch nicht umgesetzt hätten. Verheyen und ihre sozialdemokratische Kollegin Petra Kammerevert hätten diese Diskussion eröffnet. Ob die Idee des Splits überhaupt infrage kommt, sei aber noch nicht einmal mit EVP- und S&D-Fraktion geklärt.
“Man könnte mit einer Umsetzungsfrist von einem Jahr Teile der Verordnung in eine Richtlinie ummodeln”, widerspricht Verheyen. Der Media Freedom Act müsse für eine sachgerechte Lösung aufgeteilt werden: “Dann könnten wir die Bereiche, die unkritischer zu betrachten sind, was die Zuständigkeit der Kommission angeht, und die wirkliche Binnenmarktrelevanz oder Grundrechtsrelevanz haben, als Verordnung lassen und die anderen Teile in eine Richtlinie überführen.”
Verheyen hat sehr konkrete Vorstellungen davon, welche Regelungen besser in eine Richtlinie überführt werden sollten. Sie sieht ebenfalls das Problem bei der Implementierung der AVMD-Richtlinie in nationales Recht. Doch biete die MFA-Verordnung keine wirkliche Lösung für dieses Problem – hier müsse die Kommission eben Vertragsverletzungsverfahren einleiten, um den Druck zu erhöhen.
Der MFA-Verordnungsvorschlag der Kommission würde zudem an wichtigen Stellen, etwa bei den Anforderungen an den öffentlichen Rundfunk, von der AVMD-Richtlinie abweichen. Hier enthalten sowohl AVMD-Richtlinie als auch der MFA-Vorschlag Anforderungen an die Aufsichtsgremien und deren Unabhängigkeit.
Auch in der Arbeitsgruppe Audiovisuelle Medien des Rats wurde über eine mögliche Aufsplittung beraten. Allerdings scheiterte der Vorstoß, zumindest vorerst: An der Seite Deutschlands, für das hier zuständigkeitshalber die Bundesländer maßgeblich sind, wollte am Dienstag nur Polen den Vorschlag mittragen, berichtet “Contexte”.
Nachdem bereits der Bundesrat mit einer Subsidiaritätsrüge zum Media Freedom Act Stellung bezogen hatte, kommt nun auch Kritik von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Sie ist in Deutschland das für die Sicherung der Meinungsvielfalt im Privatfernsehen zuständige Gremium.
Die Medienaufsicht in Deutschland habe sich im Hinblick auf den Schutz und die Gewährleistung einer unabhängigen, vielfältigen und freien Medienlandschaft bewährt, sagt der KEK-Vorsitzende Georgios Gounalakis. “Der Media Freedom Act kann dieses Schutzniveau europaweit etablieren. Grundpfeiler dafür müssen jedoch das Staatsfernegebot und ein Bekenntnis zu unabhängigen Medien- und Aufsichtsstrukturen sein.”
Damit kritisiert die KEK vor allem die geplante Struktur der Aufsicht nach dem Media Freedom Act: “Die im Media Freedom Act vorgesehenen Einflussnahmemöglichkeiten der EU-Kommission widersprechen dem Grundsatz einer unabhängigen und staatsfernen Medienaufsicht”, kritisiert Gounalakis. Medien seien “eben nicht nur Wirtschaftsgut, sondern auch Kulturgut.” Genau das aber falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission.
Ob sich Verheyen mit ihrem Plan einer ergänzenden Richtlinie durchsetzen kann, ist offen. Vor allem der Zeitplan stellt sich ein gutes Jahr vor der Europawahl als Hindernis dar. Damit das Verfahren für den Media Freedom Act seinen geregelten Gang gehen kann, müsste er spätestens im Oktober im Parlament abschließend beraten sein, um ausreichend Zeit für den Trilog zu lassen.
Die mitberatenden Ausschüsse LIBE und IMCO müssten dafür vor Ende Mai ihre Berichte vorlegen. Auch der Rat ist in seinen Beratungen noch nicht sehr weit gekommen – hier wartet man auf ein Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes unter anderem zur Rechtsgrundlage.
17.03.2023 – 09:00 Uhr, online
EBD/EBÖ, Seminar De-Briefing EZB-Rat
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) und die Europäische Bewegung Österreich (EBÖ) informieren über die Ergebnisse des EZB-Rats. INFOS & ANMELDUNG
20.03.-24.03.2023, Bonn
FES, Seminar 100 Jahre Republik – Die Türkei vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) führt in das politische System der Türkei ein und setzt sich mit diversen Herausforderungen auseinander. INFOS & ANMELDUNG
20.03.-23.03.2023, Rust
Conference Cloudfest
Cloudfest connects the global cloud computing industry. INFOS & REGISTRATION
20.03.2023 – 11:00 Uhr, online
EBD, Seminar De-Briefing Umweltrat
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) nimmt die Sitzung des Rats für Umwelt vom 16. März 2023 in den Blick. INFOS & ANMELDUNG
20.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST Expert Consultation: CBAM and Flanking Measures for Industrial Decarbonisation
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the function of the CBAM in a portfolio of instruments for industrial decarbonisation, focusing on the role of additional support policies in an evolving global context. INFOS & REGISTRATION
20.03.2023 – 19:00-21:00 Uhr, Hannover/online
VWS, Podiumsdiskussion Nanotechnologie, Neuroenhancement, Umweltwissenschaften – Forschung im Wandel
Die Volkswagen-Stiftung setzt sich mit den Potenzialen und Herausforderungen von Neuroenhancement auseinander. INFOS & ANMELDUNG
20.03.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
Körber Forum, Podiumsgespräch Science-Fiction oder Realität? Künstliche Intelligenz als Chance im Alter
Das Körber Forum spricht über neue Perspektiven, die sich durch KI insbesondere für ältere Menschen ergeben. INFOS & ANMELDUNG
21.03.-13.07.2023, online
FSR, Seminar Regulation of the Power Sector
The Florence School of Regulation (FSR) highlights the connection between strategic governance of the power sector and economic growth. INFOS & REGISTRATION
21.03.-22.03.2023, Brüssel (Belgien)
Eurelectric, Conference EVision 2023 – Power Sector Accelerating e-mobility
Eurelectric adresses the need for clean and renewable electrification as a way to accelerate transport’s decarbonisation and reach energy independence. INFOS & REGISTRATION
21.03.2023 – 18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Diskussion Sustainable Finance: Umsetzbar und wichtig oder Hindernis für notwendige Innovationen im Mittelstand?
Der Freistaat Bayern diskutiert die Auswirkungen der EU-Taxonomie auf KMU. INFOS & ANMELDUNG
Das Bundesverkehrsministerium hat einen Vorschlag vorgelegt, wie der Streit über das Verbrenner-Aus 2035 gelöst werden kann. Wie das Bundesumweltministerium gegenüber Table.Media bestätigte, ist der Vorschlag am Mittwochnachmittag an die EU-Kommission verschickt worden. Er soll ermöglichen, dass auch nach 2035 noch Verbrennerfahrzeuge zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) betankt werden können.
Die Einzelheiten des Vorschlages blieben gestern noch unklar. Nach Angaben aus Regierungskreisen fordert das BMDV zum einen, die Vereinbarung zu den Flottengrenzwerten um einen delegierten Rechtsakt der Kommission zu ergänzen, der ein Anrechnungssystem für das Inverkehrbringen von E-Fuels schafft. Zudem schlägt das Ministerium vor, für mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge eine Sonderregelung in der existierenden Euro 6-Abgasnorm einzuführen. Der Vorschlag gehe in die richtige Richtung und sei ein “großer Schritt nach vorne”, hieß es in Verhandlungskreisen.
Verkehrsminister Volker Wissing macht eine Möglichkeit für E-Fuels in Verbrennern nach 2035 zur Bedingung, der Verschärfung der EU-Flottengrenzwerte doch noch zuzustimmen. Kurz vor der finalen Abstimmung im Rat der EU-Mitgliedstaaten hatte Wissing seine Zustimmung zurückgezogen, da die EU-Kommission keinen entsprechenden Vorschlag vorgelegt hatte. Die grünen Koalitionspartner und andere EU-Länder reagierten darüber verärgert.
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte Deutschlands Haltung. Die Bundesrepublik stehe mit dem Wunsch nach einer Klärung nicht alleine, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Die Grundsatzvereinbarung über ein Aus für den Verbrennermotor 2035 in der EU stehe, betonten beide Politiker. Jetzt gehe es noch um Detailfragen. Scholz drängt jedoch auf eine Klärung bis zum EU-Gipfel nächsten Donnerstag.
Sollte der Vorschlag des Verkehrsministers für Umweltministerium und Kanzleramt annehmbar sein, müssten zunächst die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten und anschließend ein Ministerrat der EU zustimmen. Auch das EU-Parlament müsste den Änderungen voraussichtlich noch einmal zustimmen. luk/tho
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson pocht auf eine technologische Aufholjagd der EU. “Es gibt keine europäische Autonomie ohne Wettbewerbsfähigkeit”, sagte der konservative Politiker am Mittwoch in Berlin vor einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz. Die EU-Firmen seien im Vergleich zu den amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Jahren zurückgefallen. Die Entwicklung gehe in die falsche Richtung und müsse korrigiert werden, sagte er mit Blick etwa auf Forschungsausgaben.
Die Debatte über die US-Subventionen für klimafreundliche Technologien müsse dabei freundschaftlich geführt werden, fügte Kristersson mit Blick auf den EU-Gipfel kommende Woche hinzu. Dort sollen Entscheidungen über eine europäische Antwort fallen. Schweden hat derzeit die halbjährige EU-Ratspräsidentschaft inne.
Gerade angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine sei klar, dass diejenigen Staaten enger zusammenarbeiten müssten, die die gleichen Werte teilten, sagte Kristersson. Er warnte zugleich davor, dass die EU-Staaten in dieser Konkurrenzsituation dabei zu sehr auf staatlichen Beihilfen setzen. Diese Beihilfen seien zwar manchmal nötig, dürften aber nicht der Normalfall werden, sagte er mit Blick auf milliardenschwere staatliche Zuschüsse für die Ansiedlungen von Fabriken.
Kristersson plädierte zudem dafür, auch die Rüstungsindustrie als “nachhaltig” anzusehen. Die Verteidigung der eigenen Länder sei ein nachhaltiges Ziel, das habe der russische Angriff auf die Ukraine gezeigt. Deshalb müsse auch die Verteidigungsindustrie nachhaltig sein.
Für die EU gebe es keinen Raum mehr für Naivität, sagte er in Bezug auf China. Man dürfe nicht abhängig von Ländern werden, mit denen man nicht die gleichen Werte teile. Zudem könne man nicht zulassen, dass Firmen aus Ländern auf dem EU-Binnenmarkt Zugang bekämen, die in ihren Ländern Hürden für europäische Firmen hätten, sagte er in Anspielung auf die Klagen von EU-Firmen über Restriktionen auf dem chinesischen Markt. rtr
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt Unternehmen weniger Bürokratie in Aussicht. “Wir werden bis zum Herbst konkrete Vorschläge vorlegen, um Berichtspflichten zu vereinfachen und um 25 Prozent zu reduzieren“, sagte sie vor dem Europaparlament. Insbesondere Mittelständler litten meist nicht unter einzelnen Nachweispflichten, sondern unter der “Riesensumme des Ganzen”.
Die Generaldirektionen der Kommission sind bereits angewiesen, in ihren Themenbereichen nach entbehrlichen Vorgaben auf EU-Ebene zu suchen. Das angegebene Ziel zu erreichen, werde nicht einfach, so von der Leyen, “aber dieser Anstrengung müssen wir uns unterziehen”.
Die Leiterin des Brüsseler Büros der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Freya Lemcke, lobte die Pläne, forderte aber Taten: “Es wurden schon viele Ankündigungen gemacht, dass Bürokratieaufwand reduziert werden soll, aber bislang haperte es meist an der Umsetzung”. Zum Beispiel werde die angekündigte One-in-one-out-Regel auf EU-Ebene noch nicht angewandt. Die Herausforderung sei, den heutigen bürokratischen Aufwand aller Berichtspflichten zu messen und dann zu verringern.
Die Initiative ist Teil der Wettbewerbsfähigkeitsstrategie, die die Kommission heute vorlegen will. Von der Leyen kündigte an, gemeinsam mit der schwedischen Ratspräsidentschaft den Staats- und Regierungschefs vorzuschlagen, das europäische Ziel für die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu erhöhen. Um wie viel, lässt die Kommission noch offen.
Die EU hatte bereits 2002 ausgegeben, drei Prozent der Wirtschaftsleistung für F&E auszugeben. Die Fortschritte dorthin seien aber “sehr sehr langsam”, räumte von der Leyen ein. Der Anteil Europas an den F&E-Ausgaben weltweit sei in den vergangenen 20 Jahren überdies von 41 auf 31 Prozent gesunken. Daher müsse man sich hinsetzen und schauen, wie Europa besser werden könne.
Die Kommission legt heute eine Reihe von Vorschlägen vor, darunter den Net-Zero Industrial Act und den Critical Raw Materials Act. Teil des Pakets ist auch eine Mitteilung zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes, die Table.Media bereits vorliegt. Das Papier enthält aber kaum neue Ansätze. “Wie so oft besteht die Mitteilung der Kommission aus warmen Worten und wenigen konkreten Lösungsvorschlägen”, kritisierte Markus Ferber, der Koordinator der EVP-Fraktion im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments. tho
Die EU und Thailand nehmen nach knapp zehn Jahren Pause ihre Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wieder auf. In den kommenden Monaten solle es eine erste Verhandlungsrunde geben, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. Erstmals hatten beide Seiten 2013 Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen, diese nach der Machtübernahme durch das thailändische Militär 2014 jedoch ausgesetzt.
Im Zentrum soll unter anderem das Thema Nachhaltigkeit stehen. Die Kommission kündigte an, dass eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden soll, die wirtschaftliche, ökologische, menschenrechtliche und soziale Auswirkungen eines Abkommens analysiert.
Die EU ist der viertgrößte Handelspartner Thailands und drittgrößter Investor in dem Land. Dennoch sei die Union in Bezug auf wichtige Bereiche wie erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge und Mikrochips unterrepräsentiert, hieß es. dpa
Das französische Loi de Vigilance (LdV) ist das erste Gesetz seiner Art weltweit: Seit 2017 ist es in Kraft und verpflichtet große französische Unternehmen, menschenrechtliche Sorgfalt in ihren globalen Wertschöpfungsketten walten zu lassen. Die verpflichteten Unternehmen müssen Pläne zum Umgang mit Menschenrechts- und Umweltrisiken weltweit in ihrer gesamten Wertschöpfungskette erstellen und veröffentlichen. Bei Verstößen gegen diese Pflicht können Betroffene vor französischen Zivilgerichten klagen, Nachbesserung verlangen und, sofern eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und einem Schaden besteht, auch Schadensersatz verlangen.
Das erste Urteil nach diesem Gesetz zeigt nun: Allein ein gutes Gesetz verhilft den Menschen, denen es nutzen soll, nicht unbedingt zu ihrem Recht. Es kommt auf die Anwendung und Auslegung eines Gesetzes an.
2019 reichten zwei französische und vier ugandische Organisationen die erste Klage nach dem LdV ein. Sie richtete sich gegen die französische Ölfirma Total wegen einer Vernachlässigung ihrer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten bei ihrer Mega-Ölpipeline Eacop (East African Crude Oil Pipeline) in Uganda und dem Tilenga Projekt in Tansania.
Die längste beheizte Ölpipeline der Welt, die Total gemeinsam mit Staatsfirmen aus China, Uganda und Tansania baut, soll die Ölfelder im Westen Ugandas und insbesondere Ölquellen im ugandischen Naturschutzgebiet Murchison Falls mit dem Indischen Ozean verbinden. Für Total und seine Partner geht es um eine Milliarde Barrel Rohöl mit einem aktuellen Wert von 80 Milliarden US-Dollar. Klimaforscher haben berechnet, dass der Klimaabdruck des Projektes in seiner gesamten Laufzeit 25-mal so viel sein wird wie die derzeitigen CO₂-Jahresemissionen von Uganda und Tansania zusammen.
Die Kläger werfen TotalEnergies vor, für die Pipeline mehr als 100.000 Menschen von ihrem Land ohne angemessene Entschädigungen vertrieben und ohne Rücksicht auf die in dem Naturschutzgebiet lebenden bedrohten Arten agiert zu haben. Sie machten geltend, dass das Gericht Total verpflichten müsse, seine bestehenden Pläne zur Öl-Förderung und Pipeline entsprechend der Pflichten nach dem LdV zu gestalten und adäquate Maßnahmen zum Umgang mit den menschenrechtlichen Risiken zu treffen.
Außerdem sollte Total Entschädigungen an betroffene Gemeinschaften zahlen. In einem zivilrechtlichen Eilverfahren sollte das Gericht das Projekt aussetzen, solange die damit verbundenen Risiken nicht korrekt identifiziert und die nötigen Maßnahmen zur Beendigung von Menschenrechtsverletzungen und zur Verhinderung einer Umweltkatastrophe nicht umgesetzt sind.
Am 28. Februar 2023 wies das Gericht in Paris die Klage in diesem Eilverfahren ab. Es begründete seine Entscheidung mit formellen Argumenten. Die klagenden Organisationen hätten nicht das Verfahren eingehalten, weil sie nicht nach Klageeinreichung immer wieder eine formale Beschwerde gegen neu erstellte Sorgfaltspläne des Unternehmens einreichten und gleichzeitig in der mündlichen Verhandlung Ende 2022 Tatsachen vorbrachten, die sich nach 2019 ereignet hätten.
Im Übrigen könne das Gericht im Eilverfahren nur prüfen, ob das Unternehmen überhaupt Sorgfaltspläne nach dem LdV aufgestellt habe, was im konkreten Fall geschehen sein. Ob diese Pläne den inhaltlichen Anforderungen des Ldv genügen, müsse in einem ordentlichen Verfahren geklärt werden.
Dieses Urteil wirft die Frage auf: Sind französische Gerichte in der Lage, mit den Problemen globaler Wertschöpfungsketten umzugehen? Oder haben die NGO überspannte Erwartungen, wie der Anwalt von Total nahelegt, wenn er behauptet, dass sie eine “marxistische” Auslegung des Gesetzes anstreben.
Das Gericht berücksichtigt in seiner Entscheidung nicht den internationalen Rahmen, in dem das Gesetz entstanden ist. Das LdV ist ein Gesetz, das internationale Standards menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen in nationales Recht umsetzt. Nach den VN-Leitprinzipien geht es darum, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um menschenrechtliche Risiken zu verhindern und zu minimieren.
Es geht nicht darum, einfach nur einen Sorgfaltspflichtenplan zu erstellen. Mit der Fokussierung auf die Erstellung eines Sorgfaltsplans formalisiert das Gericht eine Pflicht, in der es um ein Bemühen um die im spezifischen Kontext am meisten angemessene Maßnahmen geht.
Sinn und Zweck von Sorgfaltspflichtgesetzen wie dem LdV ist es, präventiv zu wirken, Menschenrechtsverletzungen also zu verhindern. In der Auslegung des Pariser Gerichts kann das Eilverfahren, das eigentlich ebenso präventiv wirken soll, eben gerade keine aufschiebende Wirkung in der Hauptsache entfalten. Das ganze Verfahren läuft damit praktisch leer.
Die Klagenden können nun einerseits gegen diese Entscheidung im Eilverfahren in die zweite Instanz gehen, was einige Jahre dauern wird. Oder sie können versuchen, im Hauptverfahren doch noch Recht zu bekommen. Aber auch dieses wird seine Zeit brauchen. Bis es ein endgültiges Urteil gibt, wird das Pipelineprojekt wohl voll funktionsfähig und der Schaden an Umwelt und für sehr viele Menschen bereits geschehen sein.
Miriam Saage-Maaß ist Juristin und Legal Director beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), wo sie den Programmbereich für Wirtschaft und Menschenrechte aufgebaut hat. Sie hat an verschiedenen Gerichtsverfahren gegen Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Arbeitern in Bangladesch und Pakistan mitgearbeitet.