die grüne Fraktion im Europaparlament zieht erste Konsequenzen aus dem Fall Malte Gallée. Bei ihrer Sitzung am Abend in Straßburg wurde ein Fahrplan zur Aufarbeitung beschlossen. Zudem sollen die internen Regeln bei Hinweisen auf Belästigung sowie sexuelle Belästigung überprüft werden. Es wurden auch Sofortmaßnahmen beschlossen. Dazu gehört, dass die Fraktion Betroffenen, die auf einen Fall hinweisen, zusätzliche Unterstützung gewährt: Ihnen soll professionell, psychologisch und medizinisch beigestanden werden. Auch für externe juristische Beratung werde die Fraktion sorgen.
Die Fraktion beschloss auch präventive Maßnahmen. So sollen Abgeordnete zu Beginn des Mandates verpflichtet werden, einen Verhaltenskodex (“Code of Conduct”) für die Arbeit im Parlament zu unterschreiben.
Der 30-jährige Abgeordnete Gallée, der erst 2022 ins Europaparlament als Nachrücker eingezogen ist, hatte vor Kurzem sein Mandat niedergelegt. Zuvor war er vom Stern mit Vorwürfen konfrontiert worden, gegenüber Mitarbeitern Grenzen überschritten zu haben. Gallée selbst sagt, dass er sich keiner Schuld bewusst sei.
Die Fraktionsführung steht unter Druck, weil ihr in dem Artikel von anonymer Seite auch vorgeworfen wurde, Hinweise von Betroffenen nicht weiterverfolgt zu haben. Fraktionschefin Terry Reintke ist von diesen Vorwürfen besonders getroffen. Sie hatte 2017 bei der MeToo-Debatte im Europaparlament Missbrauch angeprangert und gefordert, dass Opfer besser geschützt und Taten konsequenter geahndet werden müssen.
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Es ist schwierig, im EU-Rat etwas ohne Deutschland zu beschließen, so groß ist das Stimmgewicht des bevölkerungsreichsten Mitgliedstaates. Berlin wurde in dieser Woche nun aber schon zum zweiten Mal ausgebootet: 24 von 27 Regierungen stimmten am Mittwoch für das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit – nur Deutschland, Ungarn und Lettland hatten sich enthalten beziehungsweise dagegen gestimmt.
Am Montag hatte sich Berlin bereits beim Votum zur Plattformarbeitsrichtlinie in der Minderheit wiedergefunden, gemeinsam mit Paris. Möglich, dass am Freitag weitere Fälle folgen: Dann wird im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV1) voraussichtlich über die Verpackungsverordnung und erneut über die Lieferkettenrichtlinie abgestimmt. Ob im dritten Anlauf trotz deutscher Enthaltung eine qualifizierte Mehrheit für die CSDDD zustande kommt, ist laut Diplomaten offen. Bei der Verpackungsverordnung rangen die beteiligten Ministerien in Berlin gestern noch zäh um eine gemeinsame Linie.
Es waren jeweils FDP-Bundesminister, die eine Enthaltung der Bundesregierung erzwungen hatten. Die Abstimmungsniederlagen befeuern die Debatte, ob der kompromisslose Kurs von Christian Lindner oder Marco Buschmann den deutschen Interessen in Brüssel dient. “Es ist für mich unerträglich, dass die FDP nach dem Motto vorgeht: regieren, um in der EU zu blockieren”, sagt Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. “Das untergräbt die Verhandlungsposition Deutschlands.”
Lindner argumentiert, das Verbot für Produkte aus Zwangsarbeit verursache übermäßige Bürokratie für die Unternehmen. Er liegt damit auf der Linie von Industrieverbänden wie BusinessEurope: Die beschlossenen Regeln seien komplex und verursachten höhere Kosten für Unternehmen und die zuständigen Behörden, warnte Generaldirektor Markus Beyrer.
SPD-Politiker Lange widerspricht: Die Gesetzgebung sei “schlank und ohne bürokratische Überfrachtungen”. Die vergangene Woche im Trilog von Rat und Europaparlament verhandelte Verordnung sieht vor, dass Waren, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, nicht mehr auf dem EU-Binnenmarkt verkauft und von dort exportiert werden dürfen.
Die Kommission soll in einer Datenbank Informationen über Zwangsarbeitsrisiken sammeln und darin auch Berichte, etwa der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), berücksichtigen. Der Fokus liegt auf staatlich initiierter Zwangsarbeit, wie sie mutmaßlich in der chinesischen Provinz Xinjiang existiert. Nach Angaben der ILO wurden im Jahr 2021 rund 27,6 Millionen Menschen zur Arbeit gezwungen.
Bei der Plattformarbeitsrichtlinie hatte die Ampelkoalition bereits vor etlichen Monaten feststellen müssen, dass sie sich nicht auf eine Position einigen kann – und damit in den Verhandlungen außen vor war. “Wer nicht kompromissfähig ist, kann nicht mitgestalten”, bedauerte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der Abstimmung am Montag.
Bei den anderen Mitgliedstaaten sinkt inzwischen die Bereitschaft, auf deutsche Bedenken einzugehen: Eine Enthaltung habe zwar eine große Wirkung mit Blick auf die qualifizierte Mehrheit, heißt es bei der belgischen Ratspräsidentschaft. “Aber Deutschland ist nicht der einzige Mitgliedstaat und wir können nicht die internen Probleme der Koalition lösen.”
Dass sich die Berliner Bundesregierung in Brüssel wegen Uneinigkeit der Koalitionspartner enthalten, ist an sich nichts Neues – dafür hat sich längst der Begriff des German Vote eingebürgert. Allerdings häuften sich die Fälle zuletzt deutlich im Vergleich zu früheren Jahren. Nicolai von Ondarza, Forschungsgruppenleiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, spricht von einer “neuen Qualität”.
Die SWP-Forscher führen eine Datenbank der veröffentlichten Voten im Rat. Demnach wurde die Bundesregierung in den ersten beiden Jahren der Ampelkoalition nur einmal überstimmt. Im gesamten Erfassungszeitraum von 2010 bis September 2023 fand sich Berlin 28-mal in der Minderheit wieder, also im Durchschnitt knapp zweimal pro Jahr. Im Verlaufe der Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel war auch die Zahl der Enthaltungen kontinuierlich gesunken. In den vergangenen Monaten stieg sie nun kräftig an.
Der langjährige Europapolitiker Elmar Brok (CDU) spricht von “Arroganz” und “mangelndem Verständnis der europäischen Prozesse”. Bei den Koalitionspartnern heißt es, der FDP gehe es offenkundig darum, der eigenen Kernklientel zu zeigen, dass man unliebsamen EU-Gesetzen nicht zugestimmt habe. Die Liberalen kämpfen bei Umfragewerten um die fünf Prozent um ihre Stammwähler, und das offenkundig vor allem dort tun, wo es besonders sichtbar ist. Zumal sie mit der Union inzwischen wieder eine Konkurrenz neben sich haben, die sehr ähnliche Positionen mit noch mehr Verve vorträgt.
In der FDP wird hingegen darauf gepocht, falsche Vorhaben nicht mittragen zu können – und im Übrigen darauf verwiesen, dass man etwa bei der Reform der europäischen Fiskalregeln stets konstruktiv sei. Dort hatte sich Lindner früh und aktiv eingebracht, um mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire einen Kompromiss zu formen. Mit Stefan Braun
Im Streit um das umstrittene Amnestiegesetz hat Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sich den Forderungen des katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont gebeugt. Die Sozialisten (PSOE) und die separatistischen Parteien Junts und Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) einigten sich letzte Woche auf vier wichtige Änderungen des Gesetzes. Sie sollen am heutigen Donnerstag im Kongress verabschiedet werden.
Diese Änderungen zielen auf einen Schutz von Puigdemont ab, gegen den im Fall “Tsunami” wegen Terrorismus und im Fall “Voloh” wegen seiner Verbindungen zu Russland ermittelt wird. Die Regierung erklärte, die neue Version des Textes enthalte die Empfehlungen der Venedig-Kommission. Die Venedig-Kommission berät den Europarat in verfassungsrechtlichen Fragen. In einem Vorbericht hatte das Gremium seine Bereitschaft zur Zustimmung zum Amnestiegesetz signalisiert.
Die neuerlichen Änderungen an dem Amnestiegesetz wurden aus Sicht der Regierung nötig, nachdem Junts am 30. Januar gegen eine frühere Fassung gestimmt hatte. Zur Begründung hieß es, das Gesetz habe keinen vollständigen Schutz vor Terrorismusanklagen und keine Amnestie im Falle von Hochverrat vorgesehen. Zur juristischen Machbarkeit wird nun auf den Vorbericht der Venedig-Kommission zur Amnestie sowie auf das europäische und internationale Recht verwiesen. Dort wird unter anderem Terrorismus enger definiert als im spanischen Gesetzbuch.
Spaniens Justizminister Félix Bolaños und weitere PSOE-Minister hatten den Entwurf der Venedig-Kommission in der ersten Märzwoche durchsickern lassen. Sie erklärten, die Amnestie werde vom EU-Gremium “voll und ganz gebilligt”.
Der Entwurf der Stellungnahme der Venedig-Kommission weist jedoch auf mehrere Punkte hin, die mit dem Gesetz und seinem Genehmigungsverfahren kollidieren. Das EU-Organ warnt davor, das Gesetz ohne Berichte von beratenden Gremien und im Eilverfahren durchzuziehen. Zudem mahnte es an, dass ein größerer Konsens und eine größere Debatte erforderlich seien, da das Amnestiegesetz eine “tiefe und virulente Spaltung” in der spanischen Gesellschaft hervorgerufen habe.
Diese Warnung steht im Gegensatz zu der Unterstützung, die das Amnestiegesetz aller Voraussicht nach am Donnerstag im Kongress erhalten wird: 178 der 350 Abgeordneten dürften sich dafür aussprechen, zwei mehr als die absolute Mehrheit. Diese knappe Mehrheit ist nur dank der sieben separatistischen Junts-Abgeordneten möglich.
Die Venedig-Kommission (eigentlicher Name Europäische Kommission für Demokratie durch Recht) betont, dass sie ihre Bewertungen auf der Grundlage der Fassung des Gesetzentwurfs vom 13. November 2023 vorgenommen hat und dass dieser daher nicht die jüngsten Änderungen seit diesem Datum enthalte. Die Kommission reiste Anfang Februar auf Einladung des Senats nach Spanien, um über das Amnestiegesetz zu berichten. Sie will ihren Abschlussbericht über das Gesetz am 15. März verabschieden.
Die Änderungen am Amnestiegesetz wurden auf der Grundlage der europäischen und internationalen Rechtsvorschriften vorgenommen. Im Falle von Terrorismus und Hochverrat wurden die Verweise auf das spanische Strafgesetzbuch gestrichen. In Bezug auf terroristische Straftaten heißt es etwa in der Änderung, dass Handlungen vom Anwendungsbereich der Amnestie ausgenommen sind, die “aufgrund ihres Zwecks als Terrorismus im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 eingestuft werden können.”
Was den Straftatbestand der Veruntreuung anbelangt, so fällt dieser “nur” unter die Amnestie, wenn er auf die Finanzierung, Deckung oder Erleichterung des “procés” abzielt sowie unter der Voraussetzung, dass keine persönliche Bereicherungsabsicht vorliegt. Insgesamt wurden mehr als zehn Millionen Euro veruntreut. Darüber hinaus gibt es Änderungen zum zeitlichen Anwendungsbereich der Schonfrist, die nun vom 1. November 2011 bis zum 13. November 2023 festgelegt wird.
Die Venedig-Kommission hat auch darauf hingewiesen, dass Amnestien keine personalisierten Maßnahmen sind, die für bestimmte Personengruppen gelten, sodass “die Kriterien nicht auf bestimmte Personen zugeschnitten sein sollten”. Auch der Anspruch der Versöhnung wird in dem Dokument der EU-Institutionen infrage gestellt: “Amnestien sind im Allgemeinen durch Gründe der sozialen und politischen Versöhnung motiviert” und müssten durch “kohärente Methoden und Verfahren erreicht werden”.
Die Regierung Sánchez betont immer wieder, dass das Ziel der Amnestie die Versöhnung mit Katalonien ist. Allerdings bestreiten Politiker der Junts und der ERC diese Position immer wieder und erklärten, der nächste Schritt nach der Amnestie sei die Erklärung der Unabhängigkeit.
15.03.-17.03.2024, Kevelaer
FES, Seminar Zukunft Europa
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) setzt sich mit diversen aktuellen Entwicklungen in der EU auseinander und erarbeitet Handlungsperspektiven, wie europäische Entscheidungsstrukturen durch politische Reformen gestärkt werden können. INFOS
15.03.-17.03.2024, Berlin
STECONF, Conference Global Conference on Waste Management and Recycling
This event brings together experts and professionals to discuss the latest developments, challenges, and solutions in waste management and recycling. It will feature a series of keynote speeches, panel discussions, and workshops covering a wide range of topics such as circular economy, zero waste strategies, and waste-to-energy technologies. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 09:30-17:00 Uhr, Warschau (Polen)/online
ECFR, Conference Warsaw European Conversation 2024
The European Council on Foreign Relations (ECFR) aims to better explain the intricacies of the political situation in Poland, shed light on the European policy of the new government and take stock of upcoming challenges for the EU and Poland. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 09:30-12:15 Uhr, Ljubljana (Slowenien)
Eurogas, Conference Eurogas Annual Regional Conference Slovenia: Securing gas supply and decarbonisation
European and national policymakers and thought leaders will meet to discuss the latest developments and challenges of the gas sector from a regional perspective, focusing on security of gas supply and the potential of renewable and low carbon gases in Slovenia. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 10:00-12:00 Uhr, online
FES, Presentation Collective Bargaining Practices on AI and Algorithmic Management in European services sectors
The Friedrich-Ebert-Foundation (FES) will launch and present its new research project on the challenges that are emerging in relation to the increased use of AI at work. Experts from the International Labour Organization and the European Commission will comment on the findings. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 12:30-13:30 Uhr, online
DIHK, Seminar Auf dem Weg in die Wasserstoffwirtschaft – Was können Unternehmen jetzt tun?
Angesichts aktueller Bemühungen der Bundesregierung um eine nationale Wasserstoffstrategie
lädt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) Branchenvertreterinnen ein, um der Frage nachzugehen, wie eine sinnvolle Strategie aussehen kann und wie sich Unternehmen für die Wasserstoffwirtschaft rüsten können. INFOS & ANMELDUNG
18.03.-19.03.2024, Mons (Belgien)
CoR, Conference European summit of regions and cities
The European Committee of the Regions (CoR) will gather thousands of mayors, councillors, regional ministers as well as European and global decisionmakers to debate the challenges and solutions for the future of Europe, concerning core topics such as democracy, sustainable development, and enlargement. INFO & REGISTRATION
18.03.2024 – 17:15-19:00 Uhr, Berlin
FZE, Vortrag Die Reform der Anreizregulierungsverodnung (ARegV)
Beim Forum für Zukunftsenergien (FZE) referieren und diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, Politik und Bundesnetzagentur über Anforderungen an die Reform der Anreizregulierungsverodnung aus juristischer Sicht sowie Optimierungspotenziale. INFOS
19.03-20.03.2024, Berlin/online
Die Zeit, Konferenz Europe 2024
Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft beschäftigen sich mit der Zukunft Europas und diskutieren dabei über Innovationsfähigkeit, die Chancen von Künstlicher Intelligenz für das Wirtschaftswachstum, Versorgungssicherheit und die Energiewende. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 08:30 Uhr, online
EBD/Table.Briefings, Diskussion Europa vor der Schicksalswahl – der Kandidaten-Check
Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Europawahl sprechen die Europäischen Bewegung Deutschland (EBD) und Table.Briefings mit Terry Reintke, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen und Fraktionsvorsitzenden der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, sowie mit Henning Vöpel vom Centrum für europäische Politik (cep) über die wirtschaftlichen Folgen des Green Deals. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 17:00-18:30 Uhr, online
HBS, Diskussion Green Cities 2035: Den Strukturwandel klimafreundlich gestalten
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) geht mit Gästen aus der Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft der Frage nach, wie Kommunen zu einem erfolgreichen Strukturwandel und der Vision einer nachhaltigen Regionalentwicklung beitragen können. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 18:30-20:30 Uhr, Berlin
Goethe Institut, Diskussion Europa vor den Wahlen
Katharina Braig, Referatsleiterin für Angelegenheiten des Europäischen Parlaments im Auswärtigen Amt, Manica Hauptman, Leiterin des Politischen Teams in der Vertretung der Europäischen Kommission und Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft und Wahlforscher an der Freien Universität Berlin, diskutieren über die Spannung zwischen nationalen Identitäten und der europäischen Integration sowie die Bedeutung von bildungspolitischen Programmen im Vorfeld der Europawahlen. INFOS & ANMELDUNG
Die seit Jahren geplante Ethikbehörde für die EU-Institutionen ist kurz vor dem Ziel bedrohlich ins Schlingern geraten. Der Europäische Rat, der Rat und die für eine Einigung im Europaparlament wichtige Fraktion der Europäischen Volkspartei signalisierten, dass sie die fertig ausgehandelte interinstitutionelle Vereinbarung nicht mittragen könnten.
Zunächst war eine Einigung im Parlament schon am Dienstag erwartet worden. Danach hieß es, es gebe noch Probleme im Rat, deshalb müsse man den Ausschuss der Ständigen Vertreter am Mittwoch abwarten. Nun wird eine Entscheidung am Donnerstag erwartet, wenn sich die Fraktionschefs des Europaparlaments treffen. Auch der AStV könnte sich des Themas erneut annehmen.
Das neue Ethikgremium sollte ursprünglich Vertreter aller neun großen EU-Institutionen aufnehmen und gemeinsame ethische Standards ausarbeiten. Man wolle über die Annahme von Geschenken, die Bezahlung von Auslandsreisen und Treffen mit Lobbyisten reden, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Věra Jourová bei der Vorlage eines Vorschlags im vergangenen Jahr.
Doch die nach achtmonatigen Verhandlungen erreichte Einigung stößt überraschend auf Widerstand. Die Vereinbarung sei “ein Frontalangriff auf das Parlament und handwerklich schlecht gemacht”, erklärte der verfassungspolitische Sprecher der EVP-Fraktion Sven Simon (CDU). Die geplante Ansiedlung der Behörde bei der EU-Kommission stelle das Verfassungsprinzip der Gewaltenteilung auf den Kopf.
Im Rat war von einem “Mangel an Einheit” die Rede. Die geplante Vereinbarung erlaube es den EU-Staaten nicht, an der Ausarbeitung von ethischen Mindeststandards effektiv mitzuwirken. Mit einer ähnlichen Begründung zog sich auch der Präsident des Europäischen Rats, Charles Michel, aus den Gesprächen zurück. Ob es noch eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme gibt, ist unklar. Ohne den Rat und den Europäischen Rat macht der neue “Ethics Body” wenig Sinn – schließlich sind es neben Kommission und Parlament die mächtigsten EU-Gremien. ebo
Klares Votum: Bei der Abstimmung über den AI Act im Europäischen Parlament stimmten am Mittwoch 523 Abgeordnete für den Kompromisstext. Nur 46 Parlamentarier stimmten gegen das KI-Gesetz bei 49 Enthaltungen. “Dank des Parlaments werden inakzeptable KI-Praktiken in Europa verboten und die Rechte von Arbeitnehmern und Bürgern geschützt”, sagte Brando Benifei (S&D), einer der beiden Berichterstatter.
Nicht durchsetzen konnten sich die Parlamentarier allerdings bei dem vollständigen Verbot von biometrischer Fernidentifizierung im öffentlichen Raum. Die Abgeordneten sorgten jedoch dafür, dass auch generative künstliche Intelligenz in die Verordnung mit einbezogen wurde. Viel Streit gab es um die Frage, ob die europäische Regulierung Innovationen bremst und KI-Unternehmen abschreckt.
“Statt uns vor einem Hightech-Überwachungsstaat zu schützen, regelt der AI Act penibel, wie man ihn einführt”, kritisierte der Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei). So wichtig eine Regulierung von KI-Technologie sei, sei auch die Verteidigung der Demokratie gegen die Errichtung eines Überwachungsstaats.
Auch die FDP-Abgeordnete Svenja Hahn bedauerte, dass die Parlamentarier gegen die Mitgliedstaaten kein Verbot biometrischer Echtzeitüberwachung erreichen konnte. Es gelte nun dafür zu arbeiten, “dass nationale Regierungen künstliche Intelligenz nicht für Überwachung missbrauchen und dass Innovation ein Zuhause in Europa hat.” Die Mitgliedstaaten können schärfere Regeln einführen, als der AI Act das vorsieht. Bundesdigitalminister Volker Wissing kündigte an, bei der nationalen Umsetzung “maximale Spielräume für Innovationen zu nutzen”.
Dem Digitalverband Bitkom ist besonders wichtig, dass in Europa kein Flickenteppich an nationalstaatlichen Einzelregelungen entsteht. “Die Bundesregierung darf nicht die Fehler der Datenschutzgrundverordnung wiederholen und das nationale Regulierungskorsett so eng schnüren, dass den Unternehmen der Freiraum für Innovationen fehlt”, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.
Kommissar Thierry Breton ist nach eigenen Worten bereits dabei, das AI Office innerhalb seiner Dienststellen einzurichten. Die ersten Stellenausschreibungen für technische Experten sind bereits veröffentlicht. Das AI Office wird kurz nach Inkrafttreten des KI-Gesetzes seine Arbeit aufnehmen.
Das Gesetz muss noch in alle Sprachen der EU übersetzt werden. Breton geht davon aus, dass der Rat im April seine formale Zustimmung geben kann. Dann folgt im Mai die Veröffentlichung des Gesetzes im Amtsblatt. Es tritt dann schrittweise in Kraft: Verbote nach sechs Monaten (also vor Ende 2024), Vorschriften für KI-Modelle für allgemeine Zwecke nach zwölf Monaten (also bis 2025) und die meisten anderen Vorschriften nach zwei Jahren (also bis 2026). vis
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat mit großer Mehrheit den European Media Freedom Act (EMFA) angenommen. Damit treten in sechs Monaten unter anderem neue Transparenzpflichten für die Eigentümerschaft bei Medien, medienspezifische Regeln für die Moderation von Inhalten auf Social-Media-Plattformen und zusätzliche rechtsstaatliche Mindeststandards bei der Überwachung von Journalisten in Kraft.
Mit dem Medienfreiheitsgesetz will die EU auch eine engere Zusammenarbeit zwischen den Medienaufsichten in den Mitgliedstaaten erreichen. Hierfür gelten die ersten Artikel bereits in drei Monaten.
Bei den Verhandlungen hatte das Europaparlament lange mit dem Kompromisstext gehadert. Insbesondere die vielen Zugeständnisse an die Mitgliedstaaten sorgten bei vielen Abgeordneten für Stirnrunzeln und lautstarken Protest. Aus ganz unterschiedlichen Gründen hatten die EU-Mitgliedstaaten und die deutschen Bundesländer teilweise die Beschränkung von Überwachungsbefugnissen, teils die Regelungen zu staatlicher Förderung von Medien abgelehnt. Dazu kam Kritik an den Regelungen zur direkten und indirekten Eigentümerschaft bei Medien und Kritik an einer möglichen Einmischung beim Öffentlichen Rundfunk. Im Kompromisstext wurde einem Teil der Forderungen nachgegeben.
Journalistenorganisationen begrüßten die Neuregelungen, forderten die Mitgliedstaaten jedoch auf, über die Regularien der Verordnung hinausgehend Medien und deren Freiheit besser zu schützen. Bevor der EMFA in Kraft tritt, müssen auch die Mitgliedsstaaten noch zustimmen. Wesentliche Teile des formell als Verordnung verabschiedeten EMFA müssen dann im nationalen Recht umgesetzt werden, weshalb Kritiker auch von einer “Regulective” sprechen. fst
Die EU-Staaten haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf eine Fortsetzung der gemeinsamen Finanzierung von militärischer Ausrüstung für die Ukraine verständigt. Nach der am Mittwoch in Brüssel erzielten Einigung soll der Schritt die Lieferung von Waffen, Munition und anderen Gütern im Wert von mindestens fünf Milliarden Euro garantieren, wie aus Angaben der derzeitigen belgischen EU-Ratspräsidentschaft und Diplomaten hervorgeht.
Konkret ist dazu geplant, die Europäische Friedensfazilität (EFF) mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. Über dieses Finanzierungsinstrument können den EU-Mitgliedstaaten Ausgaben für die militärische Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine erstattet und gemeinsame Bestellungen bezahlt werden.
Schwierig gestalteten sich die Verhandlungen vor allem wegen Forderungen Deutschlands und Frankreichs. So gab die Bundesregierung erst die erforderliche Zustimmung, nachdem vereinbart wurde, bei den notwendigen Einzahlungen in die Friedensfazilität künftig bilaterale Unterstützungsleistungen für die Ukraine zu berücksichtigen. Berlin hatte zuvor argumentiert, dass bilaterale Hilfe oft schneller und effizienter geleistet werden könne. Zudem verwies die Bundesregierung darauf, dass Ungarn seit Monaten geplante Auszahlungen aus noch vorhandenen Friedensfazilität-Mitteln blockiert und das theoretisch auch in Zukunft weiter tun könnte, weil es für alle Auszahlungsentscheidung die Zustimmung aller Mitgliedstaaten braucht. Die neuen Regeln sollen es nun ermöglichen, dass bilaterale Hilfen in etwa zur Hälfte auf den EU-Finanzierungsbeitrag angerechnet werden können.
Der deutsche EU-Botschafter Michael Clauß bezeichnete die Einigung am Mittwochabend als “eine gute Nachricht für die Ukraine”. Sie ermögliche die besonders schnelle und unbürokratische bilaterale Lieferung von Militärgütern als Teil der EU-Unterstützung für die Ukraine, sagte er. dpa
Das Plenum des EU-Parlaments hat am Mittwochabend zwar für ein weiteres Jahr Freihandel mit der Ukraine gestimmt. Die Abgeordneten votierten aber für mehrere Änderungen, die Schutzmaßnahmen für Agrarimporte ausweiten. Damit verzögert sich der Prozess, weil Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten nötig werden.
Die aktuelle Regelung zum zoll- und quotenfreien Handel mit der Ukraine läuft Anfang Juni ab. Ist das neue Gesetz nicht rechtzeitig fertig verhandelt und verabschiedet, träten Quoten und Zölle automatisch wieder in Kraft. Der zuständige Handelsausschuss sowie die nationalen Botschafter hatten deshalb ohne Änderungen für den Kommissionsvorschlag gestimmt, um Zeit zu sparen.
Die von der Kommission vorgeschlagene Notbremse für Importe von Hühnerfleisch, Eier und Zucker will das Parlament auf Getreide und Honig ausweiten. Bauernverbänden und Agrarausschuss hatten das gefordert, die Ukraine lehnt einen solchen Schritt dagegen ab.
Zudem wollen die Abgeordneten die Notbremse bereits ab einem niedrigeren Importvolumen ziehen als vorgeschlagen. Der Wert soll sich nach dem durchschnittlichen Importvolumen der Jahre 2021 bis 2023 richten, statt nur nach 2022 und 2023. Damit würden die Schutzmaßnahmen schneller greifen, die Schwelle würde aber weniger weit abgesenkt, als der Agrarausschuss gefordert hatte.
Mit Spannung erwartet worden war, ob die Kommission den Vorschlag noch mit Zugeständnissen flankiert, um Kritiker zu überzeugen. Haushaltskommissar Johannes Hahn, der vor der Abstimmung vors Plenum trat, beschränkte sich aber auf unverbindliche Zusicherungen.
Die Kommission werde die Getreidemärkte “besonders aufmerksam” beobachten und wenn nötig in Zukunft eingreifen, versicherte er. Das reichte den Abgeordneten offenbar nicht aus, um von der Ausweitung der Schutzmaßnahmen auf Getreide abzusehen. jd
Das Europaparlament hat bei der Schadstoffnorm Euro 7 dem politischen Kompromiss zugestimmt. Euro 7 soll für Pkw, Lieferwagen, Busse und schwere Nutzfahrzeuge gelten. Erstmals gibt es auch Grenzwerte für den Abrieb von Bremsen und Reifen, sodass auch batterieelektrische Fahrzeuge von der Norm reguliert werden.
Es gibt auch Mindestanforderungen an die Haltbarkeit von Batterien. Bei Pkw und Lieferwagen wurden die Testbedingungen von Euro 6 fortgeschrieben, sodass keine neuen Belastungen auf die Hersteller zukommen. Bei Bussen und schweren Nutzfahrzeugen wurden die Grenzwerte verschärft. Dies gilt vor allem für Stickoxide und Feinstaub. Der Rat muss dem politischen Kompromiss noch zustimmen. mgr
In Brüssel wird eine Klausel in den vorgeschlagenen EU-Verpackungsvorschriften intensiv diskutiert: Die Vorgabe will Hersteller in China und anderswo auf der Welt dazu verpflichten, die in Europa für recycelte Kunststoffverpackungen geltenden Standards einzuhalten. Sollte der recycelte Kunststoff aus China nicht die gleichen Standards erfüllen, die von Herstellern in der EU gefordert werden, würde ihm der Zugang zum EU-Markt verwehrt.
Die chinesische Handelskammer in der EU mahnte am Mittwoch “die Notwendigkeit an, mögliche Handelsstörungen und Kostensteigerungen aufgrund übermäßig strenger Verpackungsanforderungen im Auge zu behalten”. Die Handelskammer betonte, die “Grundsätze der Fairness und Nichtdiskriminierung” müssten gewahrt und “keine Marktbarrieren” errichtet werden.
EU-Parlament und EU-Rat hatten sich auf die Verpackungsvorschrift vergangene Woche geeinigt. Auf die “Gleichwertigkeitskriterien”, auch “Spiegelklausel” (“mirror clause”) genannt, die recyceltes Plastik aus dem EU-Ausland betreffen, soll vor allem Frankreich bestanden haben.
Wie zu hören ist, befindet auch die Europäische Kommission den Vorschlag mit der Klausel aus Parlament und Rat als nicht unbedingt gut. Es handele sich dabei um ein “De-facto-Verbot”, zitiert die South China Morning Post einen EU-Beamten. Demzufolge will die EU-Kommission die anderen beiden EU-Institutionen dazu bewegen, auf die “Spiegelklausel” zu verzichten, um Protektionismus-Vorwürfe aus dem Globalen Süden zu umgehen. ari
Am Mittwoch hat sich das Parlament für den Bericht der irischen EVP-Abgeordneten Deirdre Clune zur europäischen Zollreform ausgesprochen. Das Verhandlungsmandat des Parlaments wurde mit 486 Stimmen gutgeheißen, bei nur 19 Gegenstimmen und 97 Enthaltungen.
Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag zur Zollreform im Mai 2023 vorgestellt. Ihr Ziel: Die aktuell 189 nationalen IT-Systeme der Zollbehörden sollen bis 2038 sukzessive von einem zentralen europäischen IT-System abgelöst werden, dem sogenannten EU Customs Data Hub. Zudem will die Kommission eine neue EU-Zollbehörde schaffen. Sie soll den Customs Data Hub verwalten und die Koordination zwischen den nationalen Zollbehörden sicherstellen.
Mit dem Vorschlag soll das System für Importeure vereinfacht werden, etwa indem gewisse Händler den Status eines “Trustet Traders” erhalten können, was die Abwicklung mit dem Zoll deutlich leichter machen soll. Zudem will die EU-Kommission durch diese Reform Betrug bekämpfen. Nach Schätzungen der Kommission wird der Wert von zwei Dritteln (65 Prozent) aller Importe in die EU als zu niedrig deklariert. Dies ist auch im eigenen Interesse, denn 75 Prozent der europäischen Zolleinnahmen fließen als EU-Eigenmittel in das EU-Budget.
Das Parlament ist in seiner Position vor allem von der Zeitachse vom Kommissionsvorschlag abgewichen. Statt ab 2038 soll der EU Customs Data Hub schon ab 2033 fertig implementiert sein. Und Unternehmen sollen den Data Hub schon ab 2030 freiwillig benutzen können, nicht erst ab 2033, wie von der Kommission vorgeschlagen.
Auf Seite der Mitgliedstaaten hat man es weniger eilig. Eine Ratsbeamtin sagte, die Mitgliedstaaten seien immer noch damit beschäftigt, den Kommissionsvorschlag zu prüfen. Unter der belgischen Ratspräsidentschaft sei noch nicht mit einer Einigung zu einer Allgemeinen Ausrichtung des Rats zu rechnen. jaa
Das Neue Europäische Bauhaus (NEB) bekommt 2024 die Summe von 40 Millionen Euro aus dem Forschungsetat Horizon Europe. Dies sehen nach Informationen von Table.Briefings die Pläne der Kommission für das NEB vor. Das Neue Europäische Bauhaus ist eine Initiative der Kommission, um den Green Deal etwa beim Bauen oder bei der Textilproduktion konkret anzuwenden und so mit dem Leben der Menschen zu verbinden.
In den Jahren 2025 bis 2027 sollen jeweils 120 Millionen Euro aus Horizon Europe für Forschungsaktivitäten bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen ähnliche Summen im Jahr für NEB-Aktivitäten im EU-Haushalt mobilisiert werden, die nicht der Forschung dienen. Die sogenannte NEB-Facility ist das Grundgerüst der finanziellen Förderung des NEB im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR).
Inhaltlich soll es darum gehen, einen Katalog von NEB-Kriterien für Bauprojekte zu entwickeln. Die Initiative steht unter dem Leitwort: “Beautiful, sustainable, together”. Wenn es messbare Kriterien für Bauprojekte gibt, sollen danach Kriterien für eine NEB-Produktion von Textilien entwickelt werden.
Das NEB basiert auf einer Idee von Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2020 aufgegriffen hat: “Ich möchte eine Sanierungswelle starten und unsere Union zur führenden Adresse in der Kreislaufwirtschaft machen.” Es handele sich nicht nur um ein Projekt der Umwelt und der Wirtschaft. “Es muss ein kulturelles Produkt Europas werden.”
Bislang hat die EU für das NEB etwa 250 Millionen Euro ausgegeben. Das NEB ist nicht einer fachlichen Generaldirektion zugeordnet, sondern Teil des horizontalen Joint Research Centers (JRC), das die Denkfabrik der Kommission ist. Im Juli hatte die Kommission angekündigt, das NEB über eine “EU-Mission in Horizon Europe” zu finanzieren. Für das NEB sollte eine sechste Mission gegründet werden. Doch bei den Mitgliedstaaten stieß der Vorschlag auf Widerstand. Nun hat sich die Kommission mit den Mitgliedstaaten auf die Finanzierung über die Facility geeinigt. mgr
die grüne Fraktion im Europaparlament zieht erste Konsequenzen aus dem Fall Malte Gallée. Bei ihrer Sitzung am Abend in Straßburg wurde ein Fahrplan zur Aufarbeitung beschlossen. Zudem sollen die internen Regeln bei Hinweisen auf Belästigung sowie sexuelle Belästigung überprüft werden. Es wurden auch Sofortmaßnahmen beschlossen. Dazu gehört, dass die Fraktion Betroffenen, die auf einen Fall hinweisen, zusätzliche Unterstützung gewährt: Ihnen soll professionell, psychologisch und medizinisch beigestanden werden. Auch für externe juristische Beratung werde die Fraktion sorgen.
Die Fraktion beschloss auch präventive Maßnahmen. So sollen Abgeordnete zu Beginn des Mandates verpflichtet werden, einen Verhaltenskodex (“Code of Conduct”) für die Arbeit im Parlament zu unterschreiben.
Der 30-jährige Abgeordnete Gallée, der erst 2022 ins Europaparlament als Nachrücker eingezogen ist, hatte vor Kurzem sein Mandat niedergelegt. Zuvor war er vom Stern mit Vorwürfen konfrontiert worden, gegenüber Mitarbeitern Grenzen überschritten zu haben. Gallée selbst sagt, dass er sich keiner Schuld bewusst sei.
Die Fraktionsführung steht unter Druck, weil ihr in dem Artikel von anonymer Seite auch vorgeworfen wurde, Hinweise von Betroffenen nicht weiterverfolgt zu haben. Fraktionschefin Terry Reintke ist von diesen Vorwürfen besonders getroffen. Sie hatte 2017 bei der MeToo-Debatte im Europaparlament Missbrauch angeprangert und gefordert, dass Opfer besser geschützt und Taten konsequenter geahndet werden müssen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Es ist schwierig, im EU-Rat etwas ohne Deutschland zu beschließen, so groß ist das Stimmgewicht des bevölkerungsreichsten Mitgliedstaates. Berlin wurde in dieser Woche nun aber schon zum zweiten Mal ausgebootet: 24 von 27 Regierungen stimmten am Mittwoch für das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit – nur Deutschland, Ungarn und Lettland hatten sich enthalten beziehungsweise dagegen gestimmt.
Am Montag hatte sich Berlin bereits beim Votum zur Plattformarbeitsrichtlinie in der Minderheit wiedergefunden, gemeinsam mit Paris. Möglich, dass am Freitag weitere Fälle folgen: Dann wird im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV1) voraussichtlich über die Verpackungsverordnung und erneut über die Lieferkettenrichtlinie abgestimmt. Ob im dritten Anlauf trotz deutscher Enthaltung eine qualifizierte Mehrheit für die CSDDD zustande kommt, ist laut Diplomaten offen. Bei der Verpackungsverordnung rangen die beteiligten Ministerien in Berlin gestern noch zäh um eine gemeinsame Linie.
Es waren jeweils FDP-Bundesminister, die eine Enthaltung der Bundesregierung erzwungen hatten. Die Abstimmungsniederlagen befeuern die Debatte, ob der kompromisslose Kurs von Christian Lindner oder Marco Buschmann den deutschen Interessen in Brüssel dient. “Es ist für mich unerträglich, dass die FDP nach dem Motto vorgeht: regieren, um in der EU zu blockieren”, sagt Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. “Das untergräbt die Verhandlungsposition Deutschlands.”
Lindner argumentiert, das Verbot für Produkte aus Zwangsarbeit verursache übermäßige Bürokratie für die Unternehmen. Er liegt damit auf der Linie von Industrieverbänden wie BusinessEurope: Die beschlossenen Regeln seien komplex und verursachten höhere Kosten für Unternehmen und die zuständigen Behörden, warnte Generaldirektor Markus Beyrer.
SPD-Politiker Lange widerspricht: Die Gesetzgebung sei “schlank und ohne bürokratische Überfrachtungen”. Die vergangene Woche im Trilog von Rat und Europaparlament verhandelte Verordnung sieht vor, dass Waren, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, nicht mehr auf dem EU-Binnenmarkt verkauft und von dort exportiert werden dürfen.
Die Kommission soll in einer Datenbank Informationen über Zwangsarbeitsrisiken sammeln und darin auch Berichte, etwa der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), berücksichtigen. Der Fokus liegt auf staatlich initiierter Zwangsarbeit, wie sie mutmaßlich in der chinesischen Provinz Xinjiang existiert. Nach Angaben der ILO wurden im Jahr 2021 rund 27,6 Millionen Menschen zur Arbeit gezwungen.
Bei der Plattformarbeitsrichtlinie hatte die Ampelkoalition bereits vor etlichen Monaten feststellen müssen, dass sie sich nicht auf eine Position einigen kann – und damit in den Verhandlungen außen vor war. “Wer nicht kompromissfähig ist, kann nicht mitgestalten”, bedauerte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der Abstimmung am Montag.
Bei den anderen Mitgliedstaaten sinkt inzwischen die Bereitschaft, auf deutsche Bedenken einzugehen: Eine Enthaltung habe zwar eine große Wirkung mit Blick auf die qualifizierte Mehrheit, heißt es bei der belgischen Ratspräsidentschaft. “Aber Deutschland ist nicht der einzige Mitgliedstaat und wir können nicht die internen Probleme der Koalition lösen.”
Dass sich die Berliner Bundesregierung in Brüssel wegen Uneinigkeit der Koalitionspartner enthalten, ist an sich nichts Neues – dafür hat sich längst der Begriff des German Vote eingebürgert. Allerdings häuften sich die Fälle zuletzt deutlich im Vergleich zu früheren Jahren. Nicolai von Ondarza, Forschungsgruppenleiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, spricht von einer “neuen Qualität”.
Die SWP-Forscher führen eine Datenbank der veröffentlichten Voten im Rat. Demnach wurde die Bundesregierung in den ersten beiden Jahren der Ampelkoalition nur einmal überstimmt. Im gesamten Erfassungszeitraum von 2010 bis September 2023 fand sich Berlin 28-mal in der Minderheit wieder, also im Durchschnitt knapp zweimal pro Jahr. Im Verlaufe der Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel war auch die Zahl der Enthaltungen kontinuierlich gesunken. In den vergangenen Monaten stieg sie nun kräftig an.
Der langjährige Europapolitiker Elmar Brok (CDU) spricht von “Arroganz” und “mangelndem Verständnis der europäischen Prozesse”. Bei den Koalitionspartnern heißt es, der FDP gehe es offenkundig darum, der eigenen Kernklientel zu zeigen, dass man unliebsamen EU-Gesetzen nicht zugestimmt habe. Die Liberalen kämpfen bei Umfragewerten um die fünf Prozent um ihre Stammwähler, und das offenkundig vor allem dort tun, wo es besonders sichtbar ist. Zumal sie mit der Union inzwischen wieder eine Konkurrenz neben sich haben, die sehr ähnliche Positionen mit noch mehr Verve vorträgt.
In der FDP wird hingegen darauf gepocht, falsche Vorhaben nicht mittragen zu können – und im Übrigen darauf verwiesen, dass man etwa bei der Reform der europäischen Fiskalregeln stets konstruktiv sei. Dort hatte sich Lindner früh und aktiv eingebracht, um mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire einen Kompromiss zu formen. Mit Stefan Braun
Im Streit um das umstrittene Amnestiegesetz hat Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sich den Forderungen des katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont gebeugt. Die Sozialisten (PSOE) und die separatistischen Parteien Junts und Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) einigten sich letzte Woche auf vier wichtige Änderungen des Gesetzes. Sie sollen am heutigen Donnerstag im Kongress verabschiedet werden.
Diese Änderungen zielen auf einen Schutz von Puigdemont ab, gegen den im Fall “Tsunami” wegen Terrorismus und im Fall “Voloh” wegen seiner Verbindungen zu Russland ermittelt wird. Die Regierung erklärte, die neue Version des Textes enthalte die Empfehlungen der Venedig-Kommission. Die Venedig-Kommission berät den Europarat in verfassungsrechtlichen Fragen. In einem Vorbericht hatte das Gremium seine Bereitschaft zur Zustimmung zum Amnestiegesetz signalisiert.
Die neuerlichen Änderungen an dem Amnestiegesetz wurden aus Sicht der Regierung nötig, nachdem Junts am 30. Januar gegen eine frühere Fassung gestimmt hatte. Zur Begründung hieß es, das Gesetz habe keinen vollständigen Schutz vor Terrorismusanklagen und keine Amnestie im Falle von Hochverrat vorgesehen. Zur juristischen Machbarkeit wird nun auf den Vorbericht der Venedig-Kommission zur Amnestie sowie auf das europäische und internationale Recht verwiesen. Dort wird unter anderem Terrorismus enger definiert als im spanischen Gesetzbuch.
Spaniens Justizminister Félix Bolaños und weitere PSOE-Minister hatten den Entwurf der Venedig-Kommission in der ersten Märzwoche durchsickern lassen. Sie erklärten, die Amnestie werde vom EU-Gremium “voll und ganz gebilligt”.
Der Entwurf der Stellungnahme der Venedig-Kommission weist jedoch auf mehrere Punkte hin, die mit dem Gesetz und seinem Genehmigungsverfahren kollidieren. Das EU-Organ warnt davor, das Gesetz ohne Berichte von beratenden Gremien und im Eilverfahren durchzuziehen. Zudem mahnte es an, dass ein größerer Konsens und eine größere Debatte erforderlich seien, da das Amnestiegesetz eine “tiefe und virulente Spaltung” in der spanischen Gesellschaft hervorgerufen habe.
Diese Warnung steht im Gegensatz zu der Unterstützung, die das Amnestiegesetz aller Voraussicht nach am Donnerstag im Kongress erhalten wird: 178 der 350 Abgeordneten dürften sich dafür aussprechen, zwei mehr als die absolute Mehrheit. Diese knappe Mehrheit ist nur dank der sieben separatistischen Junts-Abgeordneten möglich.
Die Venedig-Kommission (eigentlicher Name Europäische Kommission für Demokratie durch Recht) betont, dass sie ihre Bewertungen auf der Grundlage der Fassung des Gesetzentwurfs vom 13. November 2023 vorgenommen hat und dass dieser daher nicht die jüngsten Änderungen seit diesem Datum enthalte. Die Kommission reiste Anfang Februar auf Einladung des Senats nach Spanien, um über das Amnestiegesetz zu berichten. Sie will ihren Abschlussbericht über das Gesetz am 15. März verabschieden.
Die Änderungen am Amnestiegesetz wurden auf der Grundlage der europäischen und internationalen Rechtsvorschriften vorgenommen. Im Falle von Terrorismus und Hochverrat wurden die Verweise auf das spanische Strafgesetzbuch gestrichen. In Bezug auf terroristische Straftaten heißt es etwa in der Änderung, dass Handlungen vom Anwendungsbereich der Amnestie ausgenommen sind, die “aufgrund ihres Zwecks als Terrorismus im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 eingestuft werden können.”
Was den Straftatbestand der Veruntreuung anbelangt, so fällt dieser “nur” unter die Amnestie, wenn er auf die Finanzierung, Deckung oder Erleichterung des “procés” abzielt sowie unter der Voraussetzung, dass keine persönliche Bereicherungsabsicht vorliegt. Insgesamt wurden mehr als zehn Millionen Euro veruntreut. Darüber hinaus gibt es Änderungen zum zeitlichen Anwendungsbereich der Schonfrist, die nun vom 1. November 2011 bis zum 13. November 2023 festgelegt wird.
Die Venedig-Kommission hat auch darauf hingewiesen, dass Amnestien keine personalisierten Maßnahmen sind, die für bestimmte Personengruppen gelten, sodass “die Kriterien nicht auf bestimmte Personen zugeschnitten sein sollten”. Auch der Anspruch der Versöhnung wird in dem Dokument der EU-Institutionen infrage gestellt: “Amnestien sind im Allgemeinen durch Gründe der sozialen und politischen Versöhnung motiviert” und müssten durch “kohärente Methoden und Verfahren erreicht werden”.
Die Regierung Sánchez betont immer wieder, dass das Ziel der Amnestie die Versöhnung mit Katalonien ist. Allerdings bestreiten Politiker der Junts und der ERC diese Position immer wieder und erklärten, der nächste Schritt nach der Amnestie sei die Erklärung der Unabhängigkeit.
15.03.-17.03.2024, Kevelaer
FES, Seminar Zukunft Europa
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) setzt sich mit diversen aktuellen Entwicklungen in der EU auseinander und erarbeitet Handlungsperspektiven, wie europäische Entscheidungsstrukturen durch politische Reformen gestärkt werden können. INFOS
15.03.-17.03.2024, Berlin
STECONF, Conference Global Conference on Waste Management and Recycling
This event brings together experts and professionals to discuss the latest developments, challenges, and solutions in waste management and recycling. It will feature a series of keynote speeches, panel discussions, and workshops covering a wide range of topics such as circular economy, zero waste strategies, and waste-to-energy technologies. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 09:30-17:00 Uhr, Warschau (Polen)/online
ECFR, Conference Warsaw European Conversation 2024
The European Council on Foreign Relations (ECFR) aims to better explain the intricacies of the political situation in Poland, shed light on the European policy of the new government and take stock of upcoming challenges for the EU and Poland. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 09:30-12:15 Uhr, Ljubljana (Slowenien)
Eurogas, Conference Eurogas Annual Regional Conference Slovenia: Securing gas supply and decarbonisation
European and national policymakers and thought leaders will meet to discuss the latest developments and challenges of the gas sector from a regional perspective, focusing on security of gas supply and the potential of renewable and low carbon gases in Slovenia. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 10:00-12:00 Uhr, online
FES, Presentation Collective Bargaining Practices on AI and Algorithmic Management in European services sectors
The Friedrich-Ebert-Foundation (FES) will launch and present its new research project on the challenges that are emerging in relation to the increased use of AI at work. Experts from the International Labour Organization and the European Commission will comment on the findings. INFO & REGISTRATION
15.03.2024 – 12:30-13:30 Uhr, online
DIHK, Seminar Auf dem Weg in die Wasserstoffwirtschaft – Was können Unternehmen jetzt tun?
Angesichts aktueller Bemühungen der Bundesregierung um eine nationale Wasserstoffstrategie
lädt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) Branchenvertreterinnen ein, um der Frage nachzugehen, wie eine sinnvolle Strategie aussehen kann und wie sich Unternehmen für die Wasserstoffwirtschaft rüsten können. INFOS & ANMELDUNG
18.03.-19.03.2024, Mons (Belgien)
CoR, Conference European summit of regions and cities
The European Committee of the Regions (CoR) will gather thousands of mayors, councillors, regional ministers as well as European and global decisionmakers to debate the challenges and solutions for the future of Europe, concerning core topics such as democracy, sustainable development, and enlargement. INFO & REGISTRATION
18.03.2024 – 17:15-19:00 Uhr, Berlin
FZE, Vortrag Die Reform der Anreizregulierungsverodnung (ARegV)
Beim Forum für Zukunftsenergien (FZE) referieren und diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, Politik und Bundesnetzagentur über Anforderungen an die Reform der Anreizregulierungsverodnung aus juristischer Sicht sowie Optimierungspotenziale. INFOS
19.03-20.03.2024, Berlin/online
Die Zeit, Konferenz Europe 2024
Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft beschäftigen sich mit der Zukunft Europas und diskutieren dabei über Innovationsfähigkeit, die Chancen von Künstlicher Intelligenz für das Wirtschaftswachstum, Versorgungssicherheit und die Energiewende. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 08:30 Uhr, online
EBD/Table.Briefings, Diskussion Europa vor der Schicksalswahl – der Kandidaten-Check
Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Europawahl sprechen die Europäischen Bewegung Deutschland (EBD) und Table.Briefings mit Terry Reintke, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen und Fraktionsvorsitzenden der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, sowie mit Henning Vöpel vom Centrum für europäische Politik (cep) über die wirtschaftlichen Folgen des Green Deals. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 17:00-18:30 Uhr, online
HBS, Diskussion Green Cities 2035: Den Strukturwandel klimafreundlich gestalten
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) geht mit Gästen aus der Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft der Frage nach, wie Kommunen zu einem erfolgreichen Strukturwandel und der Vision einer nachhaltigen Regionalentwicklung beitragen können. INFOS & ANMELDUNG
19.03.2024 – 18:30-20:30 Uhr, Berlin
Goethe Institut, Diskussion Europa vor den Wahlen
Katharina Braig, Referatsleiterin für Angelegenheiten des Europäischen Parlaments im Auswärtigen Amt, Manica Hauptman, Leiterin des Politischen Teams in der Vertretung der Europäischen Kommission und Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft und Wahlforscher an der Freien Universität Berlin, diskutieren über die Spannung zwischen nationalen Identitäten und der europäischen Integration sowie die Bedeutung von bildungspolitischen Programmen im Vorfeld der Europawahlen. INFOS & ANMELDUNG
Die seit Jahren geplante Ethikbehörde für die EU-Institutionen ist kurz vor dem Ziel bedrohlich ins Schlingern geraten. Der Europäische Rat, der Rat und die für eine Einigung im Europaparlament wichtige Fraktion der Europäischen Volkspartei signalisierten, dass sie die fertig ausgehandelte interinstitutionelle Vereinbarung nicht mittragen könnten.
Zunächst war eine Einigung im Parlament schon am Dienstag erwartet worden. Danach hieß es, es gebe noch Probleme im Rat, deshalb müsse man den Ausschuss der Ständigen Vertreter am Mittwoch abwarten. Nun wird eine Entscheidung am Donnerstag erwartet, wenn sich die Fraktionschefs des Europaparlaments treffen. Auch der AStV könnte sich des Themas erneut annehmen.
Das neue Ethikgremium sollte ursprünglich Vertreter aller neun großen EU-Institutionen aufnehmen und gemeinsame ethische Standards ausarbeiten. Man wolle über die Annahme von Geschenken, die Bezahlung von Auslandsreisen und Treffen mit Lobbyisten reden, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Věra Jourová bei der Vorlage eines Vorschlags im vergangenen Jahr.
Doch die nach achtmonatigen Verhandlungen erreichte Einigung stößt überraschend auf Widerstand. Die Vereinbarung sei “ein Frontalangriff auf das Parlament und handwerklich schlecht gemacht”, erklärte der verfassungspolitische Sprecher der EVP-Fraktion Sven Simon (CDU). Die geplante Ansiedlung der Behörde bei der EU-Kommission stelle das Verfassungsprinzip der Gewaltenteilung auf den Kopf.
Im Rat war von einem “Mangel an Einheit” die Rede. Die geplante Vereinbarung erlaube es den EU-Staaten nicht, an der Ausarbeitung von ethischen Mindeststandards effektiv mitzuwirken. Mit einer ähnlichen Begründung zog sich auch der Präsident des Europäischen Rats, Charles Michel, aus den Gesprächen zurück. Ob es noch eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme gibt, ist unklar. Ohne den Rat und den Europäischen Rat macht der neue “Ethics Body” wenig Sinn – schließlich sind es neben Kommission und Parlament die mächtigsten EU-Gremien. ebo
Klares Votum: Bei der Abstimmung über den AI Act im Europäischen Parlament stimmten am Mittwoch 523 Abgeordnete für den Kompromisstext. Nur 46 Parlamentarier stimmten gegen das KI-Gesetz bei 49 Enthaltungen. “Dank des Parlaments werden inakzeptable KI-Praktiken in Europa verboten und die Rechte von Arbeitnehmern und Bürgern geschützt”, sagte Brando Benifei (S&D), einer der beiden Berichterstatter.
Nicht durchsetzen konnten sich die Parlamentarier allerdings bei dem vollständigen Verbot von biometrischer Fernidentifizierung im öffentlichen Raum. Die Abgeordneten sorgten jedoch dafür, dass auch generative künstliche Intelligenz in die Verordnung mit einbezogen wurde. Viel Streit gab es um die Frage, ob die europäische Regulierung Innovationen bremst und KI-Unternehmen abschreckt.
“Statt uns vor einem Hightech-Überwachungsstaat zu schützen, regelt der AI Act penibel, wie man ihn einführt”, kritisierte der Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei). So wichtig eine Regulierung von KI-Technologie sei, sei auch die Verteidigung der Demokratie gegen die Errichtung eines Überwachungsstaats.
Auch die FDP-Abgeordnete Svenja Hahn bedauerte, dass die Parlamentarier gegen die Mitgliedstaaten kein Verbot biometrischer Echtzeitüberwachung erreichen konnte. Es gelte nun dafür zu arbeiten, “dass nationale Regierungen künstliche Intelligenz nicht für Überwachung missbrauchen und dass Innovation ein Zuhause in Europa hat.” Die Mitgliedstaaten können schärfere Regeln einführen, als der AI Act das vorsieht. Bundesdigitalminister Volker Wissing kündigte an, bei der nationalen Umsetzung “maximale Spielräume für Innovationen zu nutzen”.
Dem Digitalverband Bitkom ist besonders wichtig, dass in Europa kein Flickenteppich an nationalstaatlichen Einzelregelungen entsteht. “Die Bundesregierung darf nicht die Fehler der Datenschutzgrundverordnung wiederholen und das nationale Regulierungskorsett so eng schnüren, dass den Unternehmen der Freiraum für Innovationen fehlt”, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.
Kommissar Thierry Breton ist nach eigenen Worten bereits dabei, das AI Office innerhalb seiner Dienststellen einzurichten. Die ersten Stellenausschreibungen für technische Experten sind bereits veröffentlicht. Das AI Office wird kurz nach Inkrafttreten des KI-Gesetzes seine Arbeit aufnehmen.
Das Gesetz muss noch in alle Sprachen der EU übersetzt werden. Breton geht davon aus, dass der Rat im April seine formale Zustimmung geben kann. Dann folgt im Mai die Veröffentlichung des Gesetzes im Amtsblatt. Es tritt dann schrittweise in Kraft: Verbote nach sechs Monaten (also vor Ende 2024), Vorschriften für KI-Modelle für allgemeine Zwecke nach zwölf Monaten (also bis 2025) und die meisten anderen Vorschriften nach zwei Jahren (also bis 2026). vis
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat mit großer Mehrheit den European Media Freedom Act (EMFA) angenommen. Damit treten in sechs Monaten unter anderem neue Transparenzpflichten für die Eigentümerschaft bei Medien, medienspezifische Regeln für die Moderation von Inhalten auf Social-Media-Plattformen und zusätzliche rechtsstaatliche Mindeststandards bei der Überwachung von Journalisten in Kraft.
Mit dem Medienfreiheitsgesetz will die EU auch eine engere Zusammenarbeit zwischen den Medienaufsichten in den Mitgliedstaaten erreichen. Hierfür gelten die ersten Artikel bereits in drei Monaten.
Bei den Verhandlungen hatte das Europaparlament lange mit dem Kompromisstext gehadert. Insbesondere die vielen Zugeständnisse an die Mitgliedstaaten sorgten bei vielen Abgeordneten für Stirnrunzeln und lautstarken Protest. Aus ganz unterschiedlichen Gründen hatten die EU-Mitgliedstaaten und die deutschen Bundesländer teilweise die Beschränkung von Überwachungsbefugnissen, teils die Regelungen zu staatlicher Förderung von Medien abgelehnt. Dazu kam Kritik an den Regelungen zur direkten und indirekten Eigentümerschaft bei Medien und Kritik an einer möglichen Einmischung beim Öffentlichen Rundfunk. Im Kompromisstext wurde einem Teil der Forderungen nachgegeben.
Journalistenorganisationen begrüßten die Neuregelungen, forderten die Mitgliedstaaten jedoch auf, über die Regularien der Verordnung hinausgehend Medien und deren Freiheit besser zu schützen. Bevor der EMFA in Kraft tritt, müssen auch die Mitgliedsstaaten noch zustimmen. Wesentliche Teile des formell als Verordnung verabschiedeten EMFA müssen dann im nationalen Recht umgesetzt werden, weshalb Kritiker auch von einer “Regulective” sprechen. fst
Die EU-Staaten haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf eine Fortsetzung der gemeinsamen Finanzierung von militärischer Ausrüstung für die Ukraine verständigt. Nach der am Mittwoch in Brüssel erzielten Einigung soll der Schritt die Lieferung von Waffen, Munition und anderen Gütern im Wert von mindestens fünf Milliarden Euro garantieren, wie aus Angaben der derzeitigen belgischen EU-Ratspräsidentschaft und Diplomaten hervorgeht.
Konkret ist dazu geplant, die Europäische Friedensfazilität (EFF) mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. Über dieses Finanzierungsinstrument können den EU-Mitgliedstaaten Ausgaben für die militärische Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine erstattet und gemeinsame Bestellungen bezahlt werden.
Schwierig gestalteten sich die Verhandlungen vor allem wegen Forderungen Deutschlands und Frankreichs. So gab die Bundesregierung erst die erforderliche Zustimmung, nachdem vereinbart wurde, bei den notwendigen Einzahlungen in die Friedensfazilität künftig bilaterale Unterstützungsleistungen für die Ukraine zu berücksichtigen. Berlin hatte zuvor argumentiert, dass bilaterale Hilfe oft schneller und effizienter geleistet werden könne. Zudem verwies die Bundesregierung darauf, dass Ungarn seit Monaten geplante Auszahlungen aus noch vorhandenen Friedensfazilität-Mitteln blockiert und das theoretisch auch in Zukunft weiter tun könnte, weil es für alle Auszahlungsentscheidung die Zustimmung aller Mitgliedstaaten braucht. Die neuen Regeln sollen es nun ermöglichen, dass bilaterale Hilfen in etwa zur Hälfte auf den EU-Finanzierungsbeitrag angerechnet werden können.
Der deutsche EU-Botschafter Michael Clauß bezeichnete die Einigung am Mittwochabend als “eine gute Nachricht für die Ukraine”. Sie ermögliche die besonders schnelle und unbürokratische bilaterale Lieferung von Militärgütern als Teil der EU-Unterstützung für die Ukraine, sagte er. dpa
Das Plenum des EU-Parlaments hat am Mittwochabend zwar für ein weiteres Jahr Freihandel mit der Ukraine gestimmt. Die Abgeordneten votierten aber für mehrere Änderungen, die Schutzmaßnahmen für Agrarimporte ausweiten. Damit verzögert sich der Prozess, weil Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten nötig werden.
Die aktuelle Regelung zum zoll- und quotenfreien Handel mit der Ukraine läuft Anfang Juni ab. Ist das neue Gesetz nicht rechtzeitig fertig verhandelt und verabschiedet, träten Quoten und Zölle automatisch wieder in Kraft. Der zuständige Handelsausschuss sowie die nationalen Botschafter hatten deshalb ohne Änderungen für den Kommissionsvorschlag gestimmt, um Zeit zu sparen.
Die von der Kommission vorgeschlagene Notbremse für Importe von Hühnerfleisch, Eier und Zucker will das Parlament auf Getreide und Honig ausweiten. Bauernverbänden und Agrarausschuss hatten das gefordert, die Ukraine lehnt einen solchen Schritt dagegen ab.
Zudem wollen die Abgeordneten die Notbremse bereits ab einem niedrigeren Importvolumen ziehen als vorgeschlagen. Der Wert soll sich nach dem durchschnittlichen Importvolumen der Jahre 2021 bis 2023 richten, statt nur nach 2022 und 2023. Damit würden die Schutzmaßnahmen schneller greifen, die Schwelle würde aber weniger weit abgesenkt, als der Agrarausschuss gefordert hatte.
Mit Spannung erwartet worden war, ob die Kommission den Vorschlag noch mit Zugeständnissen flankiert, um Kritiker zu überzeugen. Haushaltskommissar Johannes Hahn, der vor der Abstimmung vors Plenum trat, beschränkte sich aber auf unverbindliche Zusicherungen.
Die Kommission werde die Getreidemärkte “besonders aufmerksam” beobachten und wenn nötig in Zukunft eingreifen, versicherte er. Das reichte den Abgeordneten offenbar nicht aus, um von der Ausweitung der Schutzmaßnahmen auf Getreide abzusehen. jd
Das Europaparlament hat bei der Schadstoffnorm Euro 7 dem politischen Kompromiss zugestimmt. Euro 7 soll für Pkw, Lieferwagen, Busse und schwere Nutzfahrzeuge gelten. Erstmals gibt es auch Grenzwerte für den Abrieb von Bremsen und Reifen, sodass auch batterieelektrische Fahrzeuge von der Norm reguliert werden.
Es gibt auch Mindestanforderungen an die Haltbarkeit von Batterien. Bei Pkw und Lieferwagen wurden die Testbedingungen von Euro 6 fortgeschrieben, sodass keine neuen Belastungen auf die Hersteller zukommen. Bei Bussen und schweren Nutzfahrzeugen wurden die Grenzwerte verschärft. Dies gilt vor allem für Stickoxide und Feinstaub. Der Rat muss dem politischen Kompromiss noch zustimmen. mgr
In Brüssel wird eine Klausel in den vorgeschlagenen EU-Verpackungsvorschriften intensiv diskutiert: Die Vorgabe will Hersteller in China und anderswo auf der Welt dazu verpflichten, die in Europa für recycelte Kunststoffverpackungen geltenden Standards einzuhalten. Sollte der recycelte Kunststoff aus China nicht die gleichen Standards erfüllen, die von Herstellern in der EU gefordert werden, würde ihm der Zugang zum EU-Markt verwehrt.
Die chinesische Handelskammer in der EU mahnte am Mittwoch “die Notwendigkeit an, mögliche Handelsstörungen und Kostensteigerungen aufgrund übermäßig strenger Verpackungsanforderungen im Auge zu behalten”. Die Handelskammer betonte, die “Grundsätze der Fairness und Nichtdiskriminierung” müssten gewahrt und “keine Marktbarrieren” errichtet werden.
EU-Parlament und EU-Rat hatten sich auf die Verpackungsvorschrift vergangene Woche geeinigt. Auf die “Gleichwertigkeitskriterien”, auch “Spiegelklausel” (“mirror clause”) genannt, die recyceltes Plastik aus dem EU-Ausland betreffen, soll vor allem Frankreich bestanden haben.
Wie zu hören ist, befindet auch die Europäische Kommission den Vorschlag mit der Klausel aus Parlament und Rat als nicht unbedingt gut. Es handele sich dabei um ein “De-facto-Verbot”, zitiert die South China Morning Post einen EU-Beamten. Demzufolge will die EU-Kommission die anderen beiden EU-Institutionen dazu bewegen, auf die “Spiegelklausel” zu verzichten, um Protektionismus-Vorwürfe aus dem Globalen Süden zu umgehen. ari
Am Mittwoch hat sich das Parlament für den Bericht der irischen EVP-Abgeordneten Deirdre Clune zur europäischen Zollreform ausgesprochen. Das Verhandlungsmandat des Parlaments wurde mit 486 Stimmen gutgeheißen, bei nur 19 Gegenstimmen und 97 Enthaltungen.
Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag zur Zollreform im Mai 2023 vorgestellt. Ihr Ziel: Die aktuell 189 nationalen IT-Systeme der Zollbehörden sollen bis 2038 sukzessive von einem zentralen europäischen IT-System abgelöst werden, dem sogenannten EU Customs Data Hub. Zudem will die Kommission eine neue EU-Zollbehörde schaffen. Sie soll den Customs Data Hub verwalten und die Koordination zwischen den nationalen Zollbehörden sicherstellen.
Mit dem Vorschlag soll das System für Importeure vereinfacht werden, etwa indem gewisse Händler den Status eines “Trustet Traders” erhalten können, was die Abwicklung mit dem Zoll deutlich leichter machen soll. Zudem will die EU-Kommission durch diese Reform Betrug bekämpfen. Nach Schätzungen der Kommission wird der Wert von zwei Dritteln (65 Prozent) aller Importe in die EU als zu niedrig deklariert. Dies ist auch im eigenen Interesse, denn 75 Prozent der europäischen Zolleinnahmen fließen als EU-Eigenmittel in das EU-Budget.
Das Parlament ist in seiner Position vor allem von der Zeitachse vom Kommissionsvorschlag abgewichen. Statt ab 2038 soll der EU Customs Data Hub schon ab 2033 fertig implementiert sein. Und Unternehmen sollen den Data Hub schon ab 2030 freiwillig benutzen können, nicht erst ab 2033, wie von der Kommission vorgeschlagen.
Auf Seite der Mitgliedstaaten hat man es weniger eilig. Eine Ratsbeamtin sagte, die Mitgliedstaaten seien immer noch damit beschäftigt, den Kommissionsvorschlag zu prüfen. Unter der belgischen Ratspräsidentschaft sei noch nicht mit einer Einigung zu einer Allgemeinen Ausrichtung des Rats zu rechnen. jaa
Das Neue Europäische Bauhaus (NEB) bekommt 2024 die Summe von 40 Millionen Euro aus dem Forschungsetat Horizon Europe. Dies sehen nach Informationen von Table.Briefings die Pläne der Kommission für das NEB vor. Das Neue Europäische Bauhaus ist eine Initiative der Kommission, um den Green Deal etwa beim Bauen oder bei der Textilproduktion konkret anzuwenden und so mit dem Leben der Menschen zu verbinden.
In den Jahren 2025 bis 2027 sollen jeweils 120 Millionen Euro aus Horizon Europe für Forschungsaktivitäten bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen ähnliche Summen im Jahr für NEB-Aktivitäten im EU-Haushalt mobilisiert werden, die nicht der Forschung dienen. Die sogenannte NEB-Facility ist das Grundgerüst der finanziellen Förderung des NEB im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR).
Inhaltlich soll es darum gehen, einen Katalog von NEB-Kriterien für Bauprojekte zu entwickeln. Die Initiative steht unter dem Leitwort: “Beautiful, sustainable, together”. Wenn es messbare Kriterien für Bauprojekte gibt, sollen danach Kriterien für eine NEB-Produktion von Textilien entwickelt werden.
Das NEB basiert auf einer Idee von Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2020 aufgegriffen hat: “Ich möchte eine Sanierungswelle starten und unsere Union zur führenden Adresse in der Kreislaufwirtschaft machen.” Es handele sich nicht nur um ein Projekt der Umwelt und der Wirtschaft. “Es muss ein kulturelles Produkt Europas werden.”
Bislang hat die EU für das NEB etwa 250 Millionen Euro ausgegeben. Das NEB ist nicht einer fachlichen Generaldirektion zugeordnet, sondern Teil des horizontalen Joint Research Centers (JRC), das die Denkfabrik der Kommission ist. Im Juli hatte die Kommission angekündigt, das NEB über eine “EU-Mission in Horizon Europe” zu finanzieren. Für das NEB sollte eine sechste Mission gegründet werden. Doch bei den Mitgliedstaaten stieß der Vorschlag auf Widerstand. Nun hat sich die Kommission mit den Mitgliedstaaten auf die Finanzierung über die Facility geeinigt. mgr