von den Landtagswahlen am Sonntag in Hessen und Bayern dürfen die Ampelparteien nicht viel erwarten. Nach den jüngsten Umfragen laufen die Liberalen sowohl in Bayern als auch in Hessen Gefahr, es nicht in die Landtage zu schaffen. Die Sozialdemokraten könnten in Bayern ein einstelliges Ergebnis einfahren und hinter CSU, Grünen, Freien Wählern und AfD auf dem vierten Platz landen.
Auch in Hessen ist schon länger abzusehen, dass die Sozialdemokraten ihr Wahlziel, stärkste Kraft zu werden, nicht erreichen werden können. Sie konkurrieren abgeschlagen mit Grünen und einer erstarkten AfD um Rang zwei. Die Grünen werden wohl in beiden Bundesländern ebenfalls schlechter abschneiden als bei den letzten Landtagswahlen und allenfalls etwas über ihren sehr dürftigen bundesweiten Umfrageergebnissen landen.
Das wird Folgen haben sowohl auf die Zusammenarbeit in der Ampel als auch auf die deutsche Europapolitik. Die Ampelparteien werden sich stärker profilieren wollen. Absehbar ist, dass es den drei Regierungsparteien noch schwerer fallen wird, Kompromisse zu schmieden.
Schon in der Vergangenheit haben sich die Ampelparteien bei für die deutsche Industrie wichtigen Gesetzgebungsvorhaben, wie etwa zur Schadstoffnorm Euro 7, wiederholt so spät geeinigt, dass die Bundesregierung kaum mehr Einfluss nehmen konnte auf die Ratsposition. Wenn es jetzt noch konflikthafter wird im Binnenverhältnis der Koalition, dürfte die Ampel in Brüssel noch weniger geschlossen auftreten.
Für die wichtigsten Dossiers, die jetzt noch verhandelt werden, lässt dies wenig Gutes erwarten: In der Asylpolitik, dem Renaturierungsgesetz, bei den CO₂-Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge sowie bei der Luftreinhaltungsrichtlinie könnte die Bundesregierung nicht dazu in der Lage sein, das politische Gewicht Deutschlands angemessen in Brüssel in die Waagschale zu bringen. Wir werden Sie darüber natürlich wie gewohnt auf dem Laufenden halten.
Eigentlich sollte es ein lockeres Format für den ungezwungenen Austausch auf höchster Ebene sein. Aber vielleicht ist das Großevent mit knapp 50 Staats- und Regierungschefs einfach nicht der richtige Rahmen, um über Krieg und Frieden zu reden. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew reiste gar nicht erst an für das dritte Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC) in Granada. Das geplante bilaterale Gespräch über Schritte hin zu einer Normalisierung mit Armeniens Premier Nikol Paschinjan konnte deshalb nicht stattfinden.
Serbiens Aleksandar Vučić und Kosovos Vjosa Osmani kamen zwar beide pünktlich, gingen sich aber aus dem Weg. Solange Serbien für den “Akt der Aggression” in Nordkosovo nicht zur Rechenschaft gezogen werde, sei ein Dialog nicht möglich und könne man nicht einfach zur Tagesordnung zurückkehren, sagte Osmani. Derzeit gebe es keine Gesprächsbasis. Die kosovarische Präsidentin legte den Staats- und Regierungschefs nach eigenen Angaben neue Erkenntnisse vor, wonach Vučić hinter dem blutigen Angriff serbischer Paramilitärs auf eine Polizeipatrouille in Norden Kosovos stehe. Auf Seite der EU-Staaten zumindest gibt es allerdings trotz recht eindeutiger Faktenlage nach wie vor keinen Appetit, Sanktionen gegen Serbien zu verhängen.
Die Europäische Politische Gemeinschaft war ursprünglich eine Idee Macrons, auch um die Beitrittskandidaten etwas auf Distanz zu halten. Jetzt stößt das neue Format möglicherweise selbst an Grenzen. Zweimal hat es ganz gut geklappt mit den halbjährlichen Treffen, die abwechslungsweise in einem EU-Staat und außerhalb der EU stattfinden sollen. Die ersten EPC-Treffen in Prag und Chișinău waren vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands mehr oder weniger offizielle Anti-Putin-Gipfel.
In Spanien schien jedoch anders als in Tschechien und Moldau der Krieg weit weg. Der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine reicht zudem möglicherweise auf Dauer nicht als Klammer. Macrons Europäische Politische Gemeinschaft ohne Struktur, verbindliche Werte und klare Agenda wirkt wie eine leere Hülle.
Präsident Wolodymyr Selenskyj war zwar in Granada auch wieder dabei, aber erstmals mehr Nebendarsteller als Stargast im Kreis der Staats- und Regierungschefs. Dort ist eine gewisse Ermüdung zu spüren. Selenskyj warnte in Granada, Putin plane einen langen Krieg über mehrere Jahre. Die Europäer müssten sich auf eine längerfristige Unterstützung der Ukraine einstellen.
Russlands Krieg in der Ukraine, und dann noch Bergkarabach und der Nordkosovo. Europäer wirkten in Granada angesichts von Krieg und Krisen wie ohnmächtig. Aserbaidschans Präsident schien dem hochkarätigen Rendezvous jedenfalls ganz gezielt die kalte Schulter zu zeigen: Schon im Vorhinein hieß es: Präsident Ilham Alijew werde wegen der “antiaserbaidschanischen Stimmung” einiger Gipfelteilnehmer nicht nach Granada fliegen.
Gemeint ist in erster Linie Frankreich, dessen Außenministerin Catherine Colonna gerade in Jerewan war und dort die Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach verurteilt hat. Frankreich will das bedrängte Armenien zudem mit Waffen unterstützen.
Frankreich könne kein neutraler Vermittler sein, verbreite Ressentiments, lautet der Vorwurf aus Baku. Nicht alle in der EU positionieren sich so klar wie Frankreich, schließlich ist Aserbaidschan zuletzt wichtiger geworden als Energielieferant. Prominenter Abwesender war auch Recep Tayyip Erdoğan, der offiziell wegen einer Verkühlung absagte. Die Türkei sieht sich als Schutzmacht Aserbaidschans.
Es sei schade, dass Aserbaidschan und die Türkei als wichtiger Unterstützer nicht in Granada seien, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borrell: “Deshalb können wir nicht über so Schwerwiegendes reden wie die Flucht von mehr als 100.000 Menschen aus ihren Häusern als Folge militärischer Gewalt.”
Eine klare Position bezog das EU-Parlament, das am Donnerstag Aserbaidschan für seinen “ungerechtfertigten militärischen Angriff auf Bergkarabach” verurteilte. Der Angriff sei eine grobe Verletzung des Völkerrechts. Das Parlament forderte die EU-Staaten auf, Sanktionen gegen aserbaidschanische Regierungsmitglieder zu verhängen, die für mehrfache Verletzungen der Menschenrechte in Bergkarabach verantwortlich seien.
Am Rande des Gipfels kamen EU-Ratspräsident Charles Michel, Frankreichs Emmanuel Macron, sowie Bundeskanzler Olaf Scholz, mit Armeniens Premier Nikol Paschinjan zusammen. In einer Erklärung unterstrichen Scholz, Macron und Charles Michel ihre “unerschütterliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität, territoriale Integrität und Unverletzbarkeit von Armeniens Grenzen.” Armenien wird zudem weitere humanitäre Hilfe in Aussicht gestellt. Vertriebene hätten das Recht, ohne Bedingungen und unter internationaler Aufsicht in ihre Häuser zurückzukehren. Man werde weiter alle Bemühungen hin zu einer Normalisierung der Beziehung zwischen Armenien und Aserbaidschan unterstützen.
Während sich mit dem Bundestag, dem Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium bereits die ersten offiziellen Stellen der Bundesrepublik auf Bluesky eingefunden haben, ist von den Brüsseler Institutionen derzeit noch wenig zu sehen. “Wir beobachten, wie sich Bluesky entwickelt”, schrieb die Sprecherin der Kommissionsvertretung in Deutschland, Birgit Schmeitzner – natürlich auf ihrem Bluesky-Profil.
Während die Social-Media-Umzugslaster des Berliner Politikbetriebs rollen, haben erst wenige Brüsseler Politikmacher ihre Koffer auf der Plattform abgestellt. Allerdings auch hier mit schnell wachsender Tendenz: So sind neben EP-Vizepräsidentin Katarina Barley (SPD) etwa auch die MEPs Andreas Schwab (CDU) Michael Bloss (Grüne), Tiemo Wölken (SPD), Terry Reintke (Grüne), Delara Burkhardt (SPD), der Österreicher Thomas Waitz (Grüne) und die Niederländerin Sophie in’t Veld (Volt/D66) auf der Plattform schon vertreten. Mit Renew und den Grünen unternehmen zudem zwei Fraktionen erste Gehversuche.
Was auffällt: Viele Akteure aus dem akademischen Umfeld rund um EU-Angelegenheiten haben sich bereits auf Bluesky eingefunden – von Nicolai von Ondarza (SWP) über Georgina Wright (Institut Montaigne) bis zu Anna Grzymala-Busse (Stanford) oder Thu Nguyen (Hertie School).
Könnte Bluesky also tatsächlich das bessere Twitter werden? Technisch jedenfalls hat es einen großen Vorteil gegenüber den denkbaren Alternativen: Oberflächlich betrachtet funktioniert es fast genauso wie der einstige Platzhirsch für politische Kommunikation. Umgewöhnen ist kaum nötig. Und die sogenannte kritische Masse, ab der sich auf Plattformen Diskurse von ganz alleine entwickeln und somit einen dauerhaften Mehrwert für die Beteiligten entwickeln, scheint zumindest in Berlin bereits erreicht. Dass auch viele europäische Medienvertreter auf der Plattform vertreten sind, selbstverständlich auch Table.Media, könnte die Attraktivität auch für den politischen Betrieb in Brüssel noch weiter erhöhen.
Noch ist die Plattform nicht allgemein zugänglich. Nutzer können Interessierte in begrenztem Umfang zu der Plattform einladen. Die erhalten ihrerseits dann wieder Einladungscodes: Ein Schneeballsystem, mit dem auch schon andere Social Media-Anbieter starteten, zuletzt etwa die Social-Audio-Plattform Clubhouse, die nach kurzem Höhenflug längst wieder vergessen scheint. Alternativ können Interessierte sich bei Bluesky auf eine Warteliste setzen lassen.
Doch ganz ohne Stolperfallen ist auch die neue Plattform nicht. 2019 wurde Bluesky als Projekt bei Twitter gestartet – und nur wenige Tage vor der Kaufofferte Musks in eine eigene Firma ausgegliedert. Jack Dorsey, einer der Twitter-Gründer, hatte Bluesky gestartet. Und das mit dem erklärten Ziel, keine Kontroversen- und Wutgeheul-belohnenden Algorithmen zu etablieren.
Wie sich die Plattform nun entwickelt, dürfte auch für die Regulierer in Brüssel spannend werden: Zwar ist Bluesky noch meilenweit vom VLOP-Status nach DSA entfernt. Doch spätestens ab Februar muss auch diese Plattform die Grundregeln des DSA befolgen. Noch erfüllt Bluesky wesentliche Voraussetzungen dafür nicht: Etwa die Nennung eines Ansprechpartners in der EU – und damit auch die Zuständigkeit einer Aufsichtsbehörde, solange es kein VLOP ist. Zudem hat der Betreiber seinen juristischen Sitz in den USA und beruft sich in der Datenschutzerklärung auf die EU-Standardvertragsklauseln für internationale Datentransfers, behält sich zugleich vor, Daten überall auf der Welt zu speichern. Aber einige Regeln sind dennoch spätestens ab Februar 2024 auch für die Plattform anwendbar. Da könnte mit der DSGVO viel Arbeit für TeamDatenschutz aufkommen – das ebenfalls bereits auf der Plattform aktiv ist.
Jian G. soll aus dem AfD-Europaparlamentarier und Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah in China eine große Nummer gemacht haben. Krahs chinesischstämmiger Mitarbeiter, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der “Silk Road Think Tank Association” (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.
Der Fall, über den das Nachrichtenportal t-online ausführlich berichtet hatte, scheint die Sorge des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu bestätigen. Krah soll dem Bericht zufolge enge Verbindungen nach China pflegen und finanzielle Zuwendungen von dort erhalten haben. Auch soll Krah Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobby-Netzwerk gegeben haben.
Das BfV hatte erst Ende Juli vor eben jener IDCPC gewarnt, weil sie “de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist”. Das BfV formulierte explizit: “Vermeiden Sie im Austausch mit IDCPC-Angehörigen alle Handlungen, die tatbestandlich im Sinne von Paragraf 99 StGB gewertet werden können.” Gemeint sind damit Tätigkeiten für den Geheimdienst einer fremden Macht.
Im Europaparlament kritisierte Krah beispielsweise die neue China-Strategie als “Neokolonialismus” und sagte, Dialog sei notwendig. Auch sprach er in der Vergangenheit von einem “Kalten Krieg 2.0 gegen Russland und China”. Einst studierte der Jurist in China und pflegte nach eigenen Angaben die Kontakte dorthin nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter.
“Damit fällt er dem ersten Anschein nach ins Standard-Narrativ der Anwerbung von ausländischen Informanten“, sagt Ralph Weber von der Universität Basel. In seiner Forschung beschäftigt sich der Politikwissenschaftler mit der Einflussnahme Chinas auf die Politik anderer Länder durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit (MSS).
Auch das BfV sagt: Die Vorgehensweise von Geheimdiensten ist immer ähnlich. “Sie forschen zunächst aus, wer interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet. Danach sprechen psychologisch geschulte Nachrichtendienstangehörige die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme an, etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz.”
Krah und auch G. weisen Interessenkonflikte zurück. Krah fiel in den vergangenen Jahren allerdings wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete. Sein Mitarbeiter indes war vor seiner Anstellung im Büro des Politikers als Geschäftsmann in Deutschland in diversen Branchen tätig.
Chinesische Spionage ist hierzulande wahrlich nicht Neues. Aber bislang beschränkt sich deren Wahrnehmung eher auf ein Werkzeug für den Raub geistigen Eigentums. 2018 ging beispielsweise der Fall des Kölner Chemie-Unternehmens Lanxess durch die Medien. Dort hatten chinesischstämmige Mitarbeiter über Jahre hinweg Betriebsgeheimnisse nach China weitergegeben. Erst gestern berichtete die Financial Times, dass belgische Sicherheitsdienste die europäische Logistiksparte der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba ins Visier genommen haben.
Auf dem Frachtflughafen in Lüttich gehen belgische Behörden Hinweisen auf “mögliche Spionage- und/oder Einmischungsaktivitäten” chinesischer Unternehmen “einschließlich Alibaba” nach, heißt es. Der Staatssicherheitsdienst (VSSE) ist alarmiert, weil die Gesetzgebung in China chinesische Unternehmen dazu zwingt, ihre Daten mit Behörden und Geheimdiensten zu teilen.
Doch auch die politische Dimension chinesischer Spionage drängt inzwischen verstärkt in den Vordergrund. Erst vor wenigen Wochen hatte die Verhaftung eines vermeintlichen chinesischen Spions aus dem Umfeld des britischen Parlaments für Aufsehen gesorgt.
Bislang gibt es weder eine Anklage, noch kursieren Details über die Zusammenarbeit des britischen Staatsbürgers mit einem Nachrichtendienst der Volksrepublik. Der Fall in Großbritannien aber reiht sich ein in Vorgänge, in denen es um den Verdacht geht, dass chinesische Interessen über rekrutierte Mittelsleute in politische Entscheidungsprozesse eines Ziellandes eingebracht werden.
“All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen”, sagt Einheitsfront-Experte Weber.
Er mahnt zu großer Aufmerksamkeit. Organisationen der Einheitsfront, die sich weltweit um ein besseres Image der KP bemühen und politischen Dissens ersticken wollen, würden dem Ministerium für Staatssicherheit bisweilen auch als Deckung dienen. Dennoch sei es wichtig, dass westliche Gesellschaften nicht in Hysterie verfielen und überall reflexartig chinesische Spionage witterten. Andernfalls, sagt Weber, profitiere die Kommunistische Partei von jeder Anschuldigung, die sich als falsch herausstellt.
Schon länger setzen sich Australien und Neuseeland intensiv mit chinesischer Spionage auseinander. Als Teil des politischen Westens sind beide Staaten seit Jahren Ziele von Geheimdienstaktivitäten der Volksrepublik. Der Generalsekretär der Labor-Partei im australischen Bundesstaat New South Wales, Sam Dastyari, trat von seinem Posten zurück, nachdem er einen chinesischstämmigen Großspender seiner Partei vor Ermittlungen durch den australischen Geheimdienst gewarnt hatte.
In Neuseeland musste ein chinesischstämmiges Mitglied des Repräsentantenhauses zurücktreten, weil der Geheimdienst warnte. Der Parlamentarier Jian Yang war vor seiner Übersiedlung aus der Volksrepublik Mitglied der Kommunistischen Partei und hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Volksbefreiungsarmee gearbeitet. Diese Einzelheiten hatte er jahrelang verschwiegen. Unterdessen hatte er intensiv an der neuseeländischen China-Strategie mitgearbeitet.
09.10.2023 – 09:30 Uhr
Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Themen: Orientierungsaussprache zum Europäischen Semester 2023 (Auswirkungen neuer Technologien auf die Arbeit: Hin zu einem gerechten digitalen Wandel), Politische Einigung zur Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft, Orientierungsaussprache zur Konsolidierung und Stärkung der europäischen Sozialschutzsysteme. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Austausch mit Eric van der Burg (niederländischer Minister für Migration), Entwurf eines Entschließungsantrags zu Frontex auf der Grundlage der Untersuchung der Frontex-Kontrollgruppe des LIBE-Ausschusses, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Hochrangiger Bericht über die Zukunft des Binnenmarktes, Entwurf einer Stellungnahme zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts, Ernennung eines Mitglieds des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur suchterzeugenden Gestaltung von Online-Diensten und Verbraucherschutz im EU-Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur Umsetzung der Geoblocking-Verordnung aus dem Jahr 2018 im digitalen Binnenmarkt. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zur Ausarbeitung einer umfassenden europäischen Strategie für Häfen, Berichtsentwurf zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Berichtsentwurf zur Änderung einer Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (Richtlinie über Umweltaussagen), Entwurf einer Stellungnahme zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Sicherheit in der Sahelzone, einschließlich des beschleunigten Abzugs der UN-Mission in Mali (MINUSMA) und der Rolle der Wagner-Gruppe, Militärische Lage in Berg-Karabach und Beobachtungen der EU-Mission in Armenien zu den jüngsten Spannungen zwischen Aserbaidschan und Armenien, Stärkung der zivilen Reaktion der EU auf Krisen und Konflikte mit Joanneke Balfoort (Direktorin für Sicherheits- und Verteidigungspolitik). Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-17:45 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwurf zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2024, Berichtsentwurf zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der EU, Entwurf einer Stellungnahme zur Europäischen Wasserstoffbank. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 17:45-18:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP). Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 18:00-18:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und des Ausschusses für Recht (JURI)
Themen: Berichtsentwurf zur Haftung für fehlerhafte Produkte. Vorläufige Tagesordnung
10.10.2023
Trilog: Industrieemissionen (IED)
10.10.2023
Trilog: Methan-Richtlinie
11.10.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Werkzeugkasten Demografie. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwürfe zu turnusmäßigen Wechseln eines Teils der Mitglieder des Rechnungshofs, Berichtsentwurf zum Schutz der finanziellen Interessen der EU, Studie über Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der EU-Finanzierung von NGOs, die in EU-Politikbereichen auf dem Gebiet der EU tätig sind. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Änderung einer Verordnung im Hinblick auf die Verschärfung der CO₂-Emissionsnormen für neue schwere Nutzfahrzeuge und die Einbeziehung von Meldepflichten, Berichtsentwurf zu geothermischer Energie, Berichtsentwurf zur Verbesserung von Innovation und der industriellen und technologischen Wettbewerbsfähigkeit durch ein günstiges Umfeld für Start-up-Unternehmen und expandierende Jungunternehmen. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:30-13:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Änderung einer Verordnung in Bezug auf die Einführung neuer Module für die umweltökonomischen Gesamtrechnungen, Entwurf einer Stellungnahme zu gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:30-11:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Abstimmung über eine Auswahlliste von drei Kandidaten für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2023, Meinungsaustausch mit Salih Osman (Träger des Sacharow-Preises 2007) über die Entwicklung der Menschenrechtslage und der humanitären Situation im Sudan, Berichtsentwurf zur Rolle des Europäischen Parlaments und der parlamentarischen Demokratie in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Vorläufige Tagesordnung
EU-Parlaments und Mitgliedstaaten haben am Donnerstag eine vorläufige Einigung über den schrittweisen Abbau von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) getroffen. F-Gase sind hochgradig klimawirksam und führen zum Abbau der Ozonschicht. Die Trilog-Einigung muss noch formell im Plenum und im Rat bestätigt werden.
Der Einsatz von teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) soll bis 2050 vollständig eingestellt werden. Ab 2024 sollen sie über eine Quoten-Regelung für die Mitgliedstaaten bereits schrittweise heruntergefahren werden. Die Produktion von HFKW wird, gemessen an den von der Kommission zugeteilten Produktionsrechten für die Herstellung von HFKW, bis 2036 auf 15 Prozent reduziert.
Halbleiter sind, wie von der Kommission vorgeschlagen, von der HFKW-Quotenzuteilung ausgenommen. 2040 sollen die Regeln angesichts technologischer Entwicklung und der Verfügbarkeit von Alternativen zu HFKW für die betroffenen Anwendungsbereiche überprüft werden.
Ein starkes Ergebnis für den Klimaschutz, bezeichnet Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP, die Einigung. “Viele Alternativen für F-Gase sind schon auf dem Markt erhältlich und gerade deutsche Hersteller sind zum Beispiel bei Wärmepumpen oder elektrischen Schaltanlagen mit natürlichen Kältemitteln führend.” Das bringe Deutschland und Europa auch gegenüber klimaschädlicheren Produkten, beispielsweise aus China, in eine bessere Ausgangslage, sagt Liese.
Bas Eickhout, Grünen-Abgeordneter und Parlamentsberichterstatter für das Dossier, erklärte, Wärmepumpen seien für die europäische Energiewende unverzichtbar. “Dieser Deal stellt sicher, dass die Hersteller von Wärmepumpen in den kommenden Jahren auf klimafreundliche Alternativen umsteigen werden.” luk
In der ersten Trilogsitzung zum Renaturierungsgesetz nach der Sommerpause haben Parlament und Rat der Kommission den Auftrag gegeben, Vorschläge für mögliche Kompromisse auszuarbeiten. Das gilt insbesondere für die strittigen Themen wie die Wiedervernässung von Mooren, das Verschlechterungsverbot, die Ausweitung des Geltungsbereiches und die Finanzierung von Wiederherstellungsmaßnahmen. Bei sogenannten technischen Sitzungen, die in enger Taktfolge für die kommenden Wochen angesetzt sind, soll anschließend ausgelotet werden, ob sie die Basis für eine Einigung zwischen den Co-Gesetzgebern sein können.
Die letzte Trilog-Runde ist für den 7. November angepeilt. Bei dieser Sitzung wollen sich beide Seiten in einer Open-End-Sitzung einigen. Die gestrige Sitzung im Trilog war auf drei Stunden angesetzt, aber schon nach zwei Stunden vorbei. Aus Verhandlungskreisen heißt es, dass keine Verhandlungen stattfanden. Die Beteiligten hätten lediglich ihre Positionen zu den Artikeln vorgetragen und die bereits in den bisherigen technischen Sitzungen getroffenen Einigungen bestätigt. mgr/luk
Bei einer Geberkonferenz für den grünen Klimafonds der UN (Green Climate Fund – GCF) haben 25 Staaten am Donnerstag insgesamt 9,322 Milliarden US-Dollar für die internationale Klimafinanzierung angekündigt. Diese Summe ist allerdings rund eine halbe Milliarde niedriger als noch vor vier Jahren, als der Fonds das letzte Mal aufgefüllt wurde. Das liegt vor allem daran, dass fünf Geberländer zwar Gelder zugesagt haben, die genaue Summe aber erst in den kommenden Wochen beziffern wollen. Dazu gehören große Emittenten wie die USA und Australien, aber auch Schweden, die Schweiz und Italien. Mit deren Zusagen dürfte sich die Gesamtsumme noch erhöhen.
Deutschland gibt allein 2,1 Milliarden Dollar. Man stehe zu seiner Verantwortung und leiste seinen “fairen Anteil”, sagte die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze in Bonn. Auf dieser Grundlage könne man nun auch andere auffordern, ebenfalls ihren fairen Anteil zu leisten. “Neben den anderen Industriestaaten sehe ich hier zunehmend auch Länder in der Verantwortung, die nicht zu den klassischen Gebern gehören: etwa die Golfstaaten, die mit fossilen Energien reich geworden sind; oder auch Schwellenländer wie China, die inzwischen große Anteile am weltweiten CO₂-Ausstoß haben.”
Schulze machte in Bonn deutlich, was auf der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28) eines der brennendsten Themen sein wird: Wer zahlt ein und wer bekommt etwas aus den Töpfen zur internationalen Klimafinanzierung? Das gilt auch beim Fonds für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels. Die Bundesregierung sieht ihre Position – und die der EU – nunmehr gestärkt, fortan auch China und die Öl-produzierenden Golfstaaten zu Geberländern zu machen.
Die erhöhten Beiträge von Deutschland, aber auch Irland und Slowenien seien auf der einen Seite ein Schritt nach vorn, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzierungsexperte bei Oxfam Deutschland. Auf der anderen Seite sei jedoch enttäuschend, dass Länder wie Frankreich, Finnland und Norwegen weniger zugesagt haben als noch für die letzte Wiederauffüllungsrunde des GCF.
Der Green Climate Fund wurde 2015 mit etwa zehn Milliarden US-Dollar geschaffen. Weil der damalige US-Präsident Donald Trump die Zusagen seines Vorgängers Barack Obama jedoch nicht einhalten wollte, reduzierte sich die Summe. 2019 wurde der GCF das erste Mal aufgefüllt. Die diesjährige Konferenz war die turnusmäßige zweite Auffüllung. Das Besondere am GCF ist, dass Entwicklungsländer – also die Nehmerländer – zu gleichen Teilen im Vorstand mitbestimmen können, was mit den Geldern passiert. Zudem sollen die Ausgaben jeweils zur Hälfte in Projekte zur Emissionsreduzierung und zur Klimaanpassung fließen. luk
Das Europäische Parlament hat am Donnerstag der Ernennung Wopke Hoekstras zum neuen EU-Klimakommissar offiziell zugestimmt. Am Donnerstag erhielt der ehemalige niederländische Außenminister bei der Abstimmung im Parlament eine große Mehrheit – 279 Ja-Stimmen gegen 173 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen.
Auch Maroš Šefčovič wurde vom Parlament als designierter Green-Deal-Kommissar gebilligt. Er erhielt 322 Ja-Stimmen gegen 158 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen, ebenfalls in geheimer Abstimmung.
Vor der Abstimmung hatte es Kritik an Hoekstra wegen dessen früheren Tätigkeiten, unter anderem für den Ölkonzern Shell, gegeben. Nach einem positiven Votum am Mittwoch im Umweltausschuss war aber erwartet worden, dass Hoekstra im EP bestätigt wird. Die EU-Länder müssen den Ernennungen noch zustimmen, bevor die beiden Kommissare ihr Amt antreten können. Dies gilt aber eher als Formsache. rtr/lei
Unterhändler der Europäischen Union und des südamerikanischen Staatenbunds Mercosur wollen Tempo machen mit den Verhandlungen für das Freihandelsabkommen. Ein Diplomat sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man befinde sich “in einer intensiven Verhandlungsphase”. Aktuell werde versucht, die Stellungnahmen beider Seiten zusammenzuführen.
Zu den strittigen Punkten soll es nun wöchentliche Gesprächsrunden geben, per Videokonferenz und persönlich, sagte ein Sprecher des brasilianischen Außenministeriums. Am 30. Oktober sollen dann die Chefunterhändler in Brasilia zusammenkommen, um eine Bilanz der erzielten Fortschritte zu ziehen.
Die Europäische Union hatte seit März auf die Antwort des Mercosur auf ihr Zusatzprotokoll gewartet. Diese Zusatzerklärung sieht Verpflichtungen für die Länder in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimawandel vor. Inzwischen gebe es einen einseitigen Gegenvorschlag, der die Grundlage für die Gespräche in dieser Woche in Brasilia bilde, erklärten zwei europäische Diplomaten gegenüber Reuters. Aktuell besteht die Hoffnung, das Abkommen noch bis Ende des Jahres abzuschließen.
Brasilien, das dem Mercosur derzeit vorsteht, ist mit den von der EU in einer Zusatzerklärung eingefügten Umweltschutzbestimmungen nicht einverstanden. “Das Addendum ist voller Auflagen, aber kein Wort über die Kosten für den Erhalt dieses Umweltgutes“, sagte Landwirtschaftsminister Carlos Fávaro gegenüber Reuters. Er sagte, die EU sei ein wichtiger Markt für Brasilien, warnte aber, dass sich in Asien und im Nahen Osten andere Märkte öffneten, die weniger restriktiv seien. rtr/lei
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will trotz eindringlicher Bitten der Ukraine vorerst keine Taurus-Marschflugkörper in das Kriegsgebiet liefern. Stattdessen sagte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag am Rande des Europa-Gipfels in Granada ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem für die Wintermonate zu. Sein vorläufiges Nein zu Taurus begründete Scholz damit, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, “was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind”, sagte Scholz vor Journalisten auf eine Frage nach den Gründen für seine Taurus-Entscheidung. “Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird.”
Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine bereits Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Ende Mai fragte Kiew offiziell auch bei der Bundesregierung an, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Scholz stand einer Lieferung von Anfang an skeptisch gegenüber. Dahinter steckt die Befürchtung, dass wegen der großen Reichweite mit den Raketen auch russisches Territorium angegriffen werden könnte -, auch wenn Kiew stets versichert hat, dies nicht zu tun. Auch die USA haben bisher keine entsprechenden Raketen vom Typ ATACMS geliefert. dpa
René Repasi hat ein ehrgeiziges Ziel: Im Frühjahr zum Ende der laufenden Legislaturperiode, soll das Recht auf Reparatur fertig verhandelt sein. Als Berichterstatter im Binnenmarktausschuss (IMCO) des EU-Parlaments wird sein Fokus deshalb in den kommenden Monaten auf diesem Gesetzesentwurf liegen.
“Dass meine Fraktion mir als blutjungem Anfänger mit gerade einmal etwas mehr als einem Jahr Erfahrung als Abgeordneter die Hauptverantwortung für ein sehr wichtiges Gesetzgebungsdossier gibt, ist schon ein Ausdruck ziemlicher Wertschätzung”, sagt der 43-jährige SPD-Parlamentarier. Deshalb will er jetzt auch gute Arbeit leisten. “Und die liefert man nicht, indem man schöne Reden hält”.
Bis November soll das EU-Parlament über seinen Bericht zur neuen Richtlinie abstimmen. Im Dezember sollen dann die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission beginnen. Und Ende April, so rechnet er auf einer Veranstaltung in Berlin vor, muss es eine Einigung geben, damit die Übersetzungen und die finalen Abstimmungen noch in dieser Legislaturperiode stattfinden können. Das sei sehr ambitioniert, räumt Repasi ein.
Das Recht auf Reparatur soll Verbraucherinnen und Verbrauchern einen gesetzlichen Anspruch gegenüber Herstellern gewähren: Wer etwas reparieren möchte, soll dies vom Hersteller verlangen dürfen. Dafür müssen die Preise marktgerecht sein, fordert Repasi. “Alle müssen sich eine Reparatur leisten können.”
Sein Berichtsentwurf sieht vor, dass die EU-Mitgliedstaaten finanzielle Anreize schaffen sollen. Anders als die EU-Kommission hält Repasi statt einer vollständigen erstmal nur eine Mindestharmonisierung der Rechtsvorschriften für sinnvoll. Das könne zu individuellen, inspirierenden Lösungen führen, wie in Österreich: Dort wurden Gelder aus dem EU-Coronafonds für den Reparaturbonus verwendet.
Repasi ist in Stutensee bei Karlsruhe aufgewachsen – übrigens genau wie Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. Beide waren am dortigen Thomas-Mann-Gymnasium einst Schülersprecher, was bereits Gegenstand einer Homestory in den Badischen Neuen Nachrichten war.
Sein Vater ist Ungar aus der Minderheit im früheren Jugoslawien. Ungarisch spricht Repasi jedoch nicht: Sein Vater habe die Sprache mit einer nicht positiv besetzten Kindheit verbunden und sie deshalb in Deutschland beiseitegeschoben. “Bei uns zu Hause wurde tatsächlich immer Deutsch gesprochen. Das habe ich immer als Verlust empfunden“, erzählt er. “Deshalb versuche ich, meinen eigenen Kindern, die ja nun auch in einer entsprechenden Situation sind, die deutsche Sprache zu vermitteln”. Seine Frau ist Polin, mit ihren Söhnen leben die beiden heute in Den Haag.
Dort wollte er eigentlich gar nicht hin: Nach seinem Jura-Studium war er “programmiert auf eine deutsche Wissenschaftskarriere”, erzählt er. Er hatte bereits einen Lehrstuhl in Heidelberg, sein Chef hatte ihm angeboten, zu habilitieren. “Dann kam die Liebe dazwischen. Und die hat mich dann 2015 zum Umziehen gebracht”.
2021 wurde Repasi zum Professor für Europarecht an der Erasmus Universität in Rotterdam ernannt. Dort forscht und lehrt er weiterhin, wenn auch in geringerem Umfang, seit er im Februar 2022 sein Mandat im EU-Parlament antrat. Er rückte für die langjährige SPD-Abgeordnete Evelyne Gebhardt nach, und vertritt seitdem Baden-Württemberg in Brüssel und Straßburg.
Auf seine neue Rolle als Abgeordneter war Repasi eigentlich bestens vorbereitet: Im EU-Parlament hatte er zuvor regelmäßig als Sachverständiger in Fragen des europäischen Verfassungsrechts und der Finanzmarktregulierung fungiert. Er war zudem regelmäßig als Experte zu Gast in der von Sven Giegold gegründeten Webinar-Reihe “Europe Calling”. Mit Giegold, heute Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, verbindet ihn eine persönliche Freundschaft und ein enger Austausch während dessen Abgeordnetenmandats bis 2021. In Brüssel sei ihm deshalb der Ruf als Grünen-Berater vorausgeeilt, erzählt Repasi augenzwinkernd.
Der Wechsel aus der Wissenschaft ins Parlament war für Repasi also kein Sprung ins kalte Wasser. “Aber wenn man in die Praxis geht, erlebt man natürlich trotzdem einen Praxisschock“, erzählt er. Dazu habe vor allem der Umgang mit den Lobbyisten gehört (“Irgendwann habe ich aufgehört, mit denen zu sprechen, aber dann fehlte irgendetwas.”), aber auch die Suche nach dem Ort, an dem Debatte stattfinde (“Ich habe ihn immer noch nicht gefunden”) und die Geheimnistuerei um die Triloge (“Als Wissenschaftler fragt man sich immer, wie das hinter den verschlossenen Türen läuft. Dann war ich dabei und fand das überhaupt nicht so spannend.”)
Gut findet er vor allem eines: “Die Möglichkeit, hier Dinge zu gestalten und wirklich zu verändern, ist enorm”, sagt er. Ein Europaabgeordneter habe viel mehr Freiheiten als die Kollegen im Bundestag oder im Landtag. Dafür zahle man zwar den Preis vieler Gespräche mit Lobbyisten. “Aber ich muss keine Regierung auf Wohl und Wehe unterstützen oder nicht unterstützen, kann politisch immer neue Wege suchen und erarbeiten”. Leonie Düngefeld
von den Landtagswahlen am Sonntag in Hessen und Bayern dürfen die Ampelparteien nicht viel erwarten. Nach den jüngsten Umfragen laufen die Liberalen sowohl in Bayern als auch in Hessen Gefahr, es nicht in die Landtage zu schaffen. Die Sozialdemokraten könnten in Bayern ein einstelliges Ergebnis einfahren und hinter CSU, Grünen, Freien Wählern und AfD auf dem vierten Platz landen.
Auch in Hessen ist schon länger abzusehen, dass die Sozialdemokraten ihr Wahlziel, stärkste Kraft zu werden, nicht erreichen werden können. Sie konkurrieren abgeschlagen mit Grünen und einer erstarkten AfD um Rang zwei. Die Grünen werden wohl in beiden Bundesländern ebenfalls schlechter abschneiden als bei den letzten Landtagswahlen und allenfalls etwas über ihren sehr dürftigen bundesweiten Umfrageergebnissen landen.
Das wird Folgen haben sowohl auf die Zusammenarbeit in der Ampel als auch auf die deutsche Europapolitik. Die Ampelparteien werden sich stärker profilieren wollen. Absehbar ist, dass es den drei Regierungsparteien noch schwerer fallen wird, Kompromisse zu schmieden.
Schon in der Vergangenheit haben sich die Ampelparteien bei für die deutsche Industrie wichtigen Gesetzgebungsvorhaben, wie etwa zur Schadstoffnorm Euro 7, wiederholt so spät geeinigt, dass die Bundesregierung kaum mehr Einfluss nehmen konnte auf die Ratsposition. Wenn es jetzt noch konflikthafter wird im Binnenverhältnis der Koalition, dürfte die Ampel in Brüssel noch weniger geschlossen auftreten.
Für die wichtigsten Dossiers, die jetzt noch verhandelt werden, lässt dies wenig Gutes erwarten: In der Asylpolitik, dem Renaturierungsgesetz, bei den CO₂-Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge sowie bei der Luftreinhaltungsrichtlinie könnte die Bundesregierung nicht dazu in der Lage sein, das politische Gewicht Deutschlands angemessen in Brüssel in die Waagschale zu bringen. Wir werden Sie darüber natürlich wie gewohnt auf dem Laufenden halten.
Eigentlich sollte es ein lockeres Format für den ungezwungenen Austausch auf höchster Ebene sein. Aber vielleicht ist das Großevent mit knapp 50 Staats- und Regierungschefs einfach nicht der richtige Rahmen, um über Krieg und Frieden zu reden. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew reiste gar nicht erst an für das dritte Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC) in Granada. Das geplante bilaterale Gespräch über Schritte hin zu einer Normalisierung mit Armeniens Premier Nikol Paschinjan konnte deshalb nicht stattfinden.
Serbiens Aleksandar Vučić und Kosovos Vjosa Osmani kamen zwar beide pünktlich, gingen sich aber aus dem Weg. Solange Serbien für den “Akt der Aggression” in Nordkosovo nicht zur Rechenschaft gezogen werde, sei ein Dialog nicht möglich und könne man nicht einfach zur Tagesordnung zurückkehren, sagte Osmani. Derzeit gebe es keine Gesprächsbasis. Die kosovarische Präsidentin legte den Staats- und Regierungschefs nach eigenen Angaben neue Erkenntnisse vor, wonach Vučić hinter dem blutigen Angriff serbischer Paramilitärs auf eine Polizeipatrouille in Norden Kosovos stehe. Auf Seite der EU-Staaten zumindest gibt es allerdings trotz recht eindeutiger Faktenlage nach wie vor keinen Appetit, Sanktionen gegen Serbien zu verhängen.
Die Europäische Politische Gemeinschaft war ursprünglich eine Idee Macrons, auch um die Beitrittskandidaten etwas auf Distanz zu halten. Jetzt stößt das neue Format möglicherweise selbst an Grenzen. Zweimal hat es ganz gut geklappt mit den halbjährlichen Treffen, die abwechslungsweise in einem EU-Staat und außerhalb der EU stattfinden sollen. Die ersten EPC-Treffen in Prag und Chișinău waren vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands mehr oder weniger offizielle Anti-Putin-Gipfel.
In Spanien schien jedoch anders als in Tschechien und Moldau der Krieg weit weg. Der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine reicht zudem möglicherweise auf Dauer nicht als Klammer. Macrons Europäische Politische Gemeinschaft ohne Struktur, verbindliche Werte und klare Agenda wirkt wie eine leere Hülle.
Präsident Wolodymyr Selenskyj war zwar in Granada auch wieder dabei, aber erstmals mehr Nebendarsteller als Stargast im Kreis der Staats- und Regierungschefs. Dort ist eine gewisse Ermüdung zu spüren. Selenskyj warnte in Granada, Putin plane einen langen Krieg über mehrere Jahre. Die Europäer müssten sich auf eine längerfristige Unterstützung der Ukraine einstellen.
Russlands Krieg in der Ukraine, und dann noch Bergkarabach und der Nordkosovo. Europäer wirkten in Granada angesichts von Krieg und Krisen wie ohnmächtig. Aserbaidschans Präsident schien dem hochkarätigen Rendezvous jedenfalls ganz gezielt die kalte Schulter zu zeigen: Schon im Vorhinein hieß es: Präsident Ilham Alijew werde wegen der “antiaserbaidschanischen Stimmung” einiger Gipfelteilnehmer nicht nach Granada fliegen.
Gemeint ist in erster Linie Frankreich, dessen Außenministerin Catherine Colonna gerade in Jerewan war und dort die Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach verurteilt hat. Frankreich will das bedrängte Armenien zudem mit Waffen unterstützen.
Frankreich könne kein neutraler Vermittler sein, verbreite Ressentiments, lautet der Vorwurf aus Baku. Nicht alle in der EU positionieren sich so klar wie Frankreich, schließlich ist Aserbaidschan zuletzt wichtiger geworden als Energielieferant. Prominenter Abwesender war auch Recep Tayyip Erdoğan, der offiziell wegen einer Verkühlung absagte. Die Türkei sieht sich als Schutzmacht Aserbaidschans.
Es sei schade, dass Aserbaidschan und die Türkei als wichtiger Unterstützer nicht in Granada seien, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borrell: “Deshalb können wir nicht über so Schwerwiegendes reden wie die Flucht von mehr als 100.000 Menschen aus ihren Häusern als Folge militärischer Gewalt.”
Eine klare Position bezog das EU-Parlament, das am Donnerstag Aserbaidschan für seinen “ungerechtfertigten militärischen Angriff auf Bergkarabach” verurteilte. Der Angriff sei eine grobe Verletzung des Völkerrechts. Das Parlament forderte die EU-Staaten auf, Sanktionen gegen aserbaidschanische Regierungsmitglieder zu verhängen, die für mehrfache Verletzungen der Menschenrechte in Bergkarabach verantwortlich seien.
Am Rande des Gipfels kamen EU-Ratspräsident Charles Michel, Frankreichs Emmanuel Macron, sowie Bundeskanzler Olaf Scholz, mit Armeniens Premier Nikol Paschinjan zusammen. In einer Erklärung unterstrichen Scholz, Macron und Charles Michel ihre “unerschütterliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität, territoriale Integrität und Unverletzbarkeit von Armeniens Grenzen.” Armenien wird zudem weitere humanitäre Hilfe in Aussicht gestellt. Vertriebene hätten das Recht, ohne Bedingungen und unter internationaler Aufsicht in ihre Häuser zurückzukehren. Man werde weiter alle Bemühungen hin zu einer Normalisierung der Beziehung zwischen Armenien und Aserbaidschan unterstützen.
Während sich mit dem Bundestag, dem Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium bereits die ersten offiziellen Stellen der Bundesrepublik auf Bluesky eingefunden haben, ist von den Brüsseler Institutionen derzeit noch wenig zu sehen. “Wir beobachten, wie sich Bluesky entwickelt”, schrieb die Sprecherin der Kommissionsvertretung in Deutschland, Birgit Schmeitzner – natürlich auf ihrem Bluesky-Profil.
Während die Social-Media-Umzugslaster des Berliner Politikbetriebs rollen, haben erst wenige Brüsseler Politikmacher ihre Koffer auf der Plattform abgestellt. Allerdings auch hier mit schnell wachsender Tendenz: So sind neben EP-Vizepräsidentin Katarina Barley (SPD) etwa auch die MEPs Andreas Schwab (CDU) Michael Bloss (Grüne), Tiemo Wölken (SPD), Terry Reintke (Grüne), Delara Burkhardt (SPD), der Österreicher Thomas Waitz (Grüne) und die Niederländerin Sophie in’t Veld (Volt/D66) auf der Plattform schon vertreten. Mit Renew und den Grünen unternehmen zudem zwei Fraktionen erste Gehversuche.
Was auffällt: Viele Akteure aus dem akademischen Umfeld rund um EU-Angelegenheiten haben sich bereits auf Bluesky eingefunden – von Nicolai von Ondarza (SWP) über Georgina Wright (Institut Montaigne) bis zu Anna Grzymala-Busse (Stanford) oder Thu Nguyen (Hertie School).
Könnte Bluesky also tatsächlich das bessere Twitter werden? Technisch jedenfalls hat es einen großen Vorteil gegenüber den denkbaren Alternativen: Oberflächlich betrachtet funktioniert es fast genauso wie der einstige Platzhirsch für politische Kommunikation. Umgewöhnen ist kaum nötig. Und die sogenannte kritische Masse, ab der sich auf Plattformen Diskurse von ganz alleine entwickeln und somit einen dauerhaften Mehrwert für die Beteiligten entwickeln, scheint zumindest in Berlin bereits erreicht. Dass auch viele europäische Medienvertreter auf der Plattform vertreten sind, selbstverständlich auch Table.Media, könnte die Attraktivität auch für den politischen Betrieb in Brüssel noch weiter erhöhen.
Noch ist die Plattform nicht allgemein zugänglich. Nutzer können Interessierte in begrenztem Umfang zu der Plattform einladen. Die erhalten ihrerseits dann wieder Einladungscodes: Ein Schneeballsystem, mit dem auch schon andere Social Media-Anbieter starteten, zuletzt etwa die Social-Audio-Plattform Clubhouse, die nach kurzem Höhenflug längst wieder vergessen scheint. Alternativ können Interessierte sich bei Bluesky auf eine Warteliste setzen lassen.
Doch ganz ohne Stolperfallen ist auch die neue Plattform nicht. 2019 wurde Bluesky als Projekt bei Twitter gestartet – und nur wenige Tage vor der Kaufofferte Musks in eine eigene Firma ausgegliedert. Jack Dorsey, einer der Twitter-Gründer, hatte Bluesky gestartet. Und das mit dem erklärten Ziel, keine Kontroversen- und Wutgeheul-belohnenden Algorithmen zu etablieren.
Wie sich die Plattform nun entwickelt, dürfte auch für die Regulierer in Brüssel spannend werden: Zwar ist Bluesky noch meilenweit vom VLOP-Status nach DSA entfernt. Doch spätestens ab Februar muss auch diese Plattform die Grundregeln des DSA befolgen. Noch erfüllt Bluesky wesentliche Voraussetzungen dafür nicht: Etwa die Nennung eines Ansprechpartners in der EU – und damit auch die Zuständigkeit einer Aufsichtsbehörde, solange es kein VLOP ist. Zudem hat der Betreiber seinen juristischen Sitz in den USA und beruft sich in der Datenschutzerklärung auf die EU-Standardvertragsklauseln für internationale Datentransfers, behält sich zugleich vor, Daten überall auf der Welt zu speichern. Aber einige Regeln sind dennoch spätestens ab Februar 2024 auch für die Plattform anwendbar. Da könnte mit der DSGVO viel Arbeit für TeamDatenschutz aufkommen – das ebenfalls bereits auf der Plattform aktiv ist.
Jian G. soll aus dem AfD-Europaparlamentarier und Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah in China eine große Nummer gemacht haben. Krahs chinesischstämmiger Mitarbeiter, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der “Silk Road Think Tank Association” (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.
Der Fall, über den das Nachrichtenportal t-online ausführlich berichtet hatte, scheint die Sorge des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu bestätigen. Krah soll dem Bericht zufolge enge Verbindungen nach China pflegen und finanzielle Zuwendungen von dort erhalten haben. Auch soll Krah Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobby-Netzwerk gegeben haben.
Das BfV hatte erst Ende Juli vor eben jener IDCPC gewarnt, weil sie “de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist”. Das BfV formulierte explizit: “Vermeiden Sie im Austausch mit IDCPC-Angehörigen alle Handlungen, die tatbestandlich im Sinne von Paragraf 99 StGB gewertet werden können.” Gemeint sind damit Tätigkeiten für den Geheimdienst einer fremden Macht.
Im Europaparlament kritisierte Krah beispielsweise die neue China-Strategie als “Neokolonialismus” und sagte, Dialog sei notwendig. Auch sprach er in der Vergangenheit von einem “Kalten Krieg 2.0 gegen Russland und China”. Einst studierte der Jurist in China und pflegte nach eigenen Angaben die Kontakte dorthin nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter.
“Damit fällt er dem ersten Anschein nach ins Standard-Narrativ der Anwerbung von ausländischen Informanten“, sagt Ralph Weber von der Universität Basel. In seiner Forschung beschäftigt sich der Politikwissenschaftler mit der Einflussnahme Chinas auf die Politik anderer Länder durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit (MSS).
Auch das BfV sagt: Die Vorgehensweise von Geheimdiensten ist immer ähnlich. “Sie forschen zunächst aus, wer interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet. Danach sprechen psychologisch geschulte Nachrichtendienstangehörige die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme an, etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz.”
Krah und auch G. weisen Interessenkonflikte zurück. Krah fiel in den vergangenen Jahren allerdings wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete. Sein Mitarbeiter indes war vor seiner Anstellung im Büro des Politikers als Geschäftsmann in Deutschland in diversen Branchen tätig.
Chinesische Spionage ist hierzulande wahrlich nicht Neues. Aber bislang beschränkt sich deren Wahrnehmung eher auf ein Werkzeug für den Raub geistigen Eigentums. 2018 ging beispielsweise der Fall des Kölner Chemie-Unternehmens Lanxess durch die Medien. Dort hatten chinesischstämmige Mitarbeiter über Jahre hinweg Betriebsgeheimnisse nach China weitergegeben. Erst gestern berichtete die Financial Times, dass belgische Sicherheitsdienste die europäische Logistiksparte der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba ins Visier genommen haben.
Auf dem Frachtflughafen in Lüttich gehen belgische Behörden Hinweisen auf “mögliche Spionage- und/oder Einmischungsaktivitäten” chinesischer Unternehmen “einschließlich Alibaba” nach, heißt es. Der Staatssicherheitsdienst (VSSE) ist alarmiert, weil die Gesetzgebung in China chinesische Unternehmen dazu zwingt, ihre Daten mit Behörden und Geheimdiensten zu teilen.
Doch auch die politische Dimension chinesischer Spionage drängt inzwischen verstärkt in den Vordergrund. Erst vor wenigen Wochen hatte die Verhaftung eines vermeintlichen chinesischen Spions aus dem Umfeld des britischen Parlaments für Aufsehen gesorgt.
Bislang gibt es weder eine Anklage, noch kursieren Details über die Zusammenarbeit des britischen Staatsbürgers mit einem Nachrichtendienst der Volksrepublik. Der Fall in Großbritannien aber reiht sich ein in Vorgänge, in denen es um den Verdacht geht, dass chinesische Interessen über rekrutierte Mittelsleute in politische Entscheidungsprozesse eines Ziellandes eingebracht werden.
“All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen”, sagt Einheitsfront-Experte Weber.
Er mahnt zu großer Aufmerksamkeit. Organisationen der Einheitsfront, die sich weltweit um ein besseres Image der KP bemühen und politischen Dissens ersticken wollen, würden dem Ministerium für Staatssicherheit bisweilen auch als Deckung dienen. Dennoch sei es wichtig, dass westliche Gesellschaften nicht in Hysterie verfielen und überall reflexartig chinesische Spionage witterten. Andernfalls, sagt Weber, profitiere die Kommunistische Partei von jeder Anschuldigung, die sich als falsch herausstellt.
Schon länger setzen sich Australien und Neuseeland intensiv mit chinesischer Spionage auseinander. Als Teil des politischen Westens sind beide Staaten seit Jahren Ziele von Geheimdienstaktivitäten der Volksrepublik. Der Generalsekretär der Labor-Partei im australischen Bundesstaat New South Wales, Sam Dastyari, trat von seinem Posten zurück, nachdem er einen chinesischstämmigen Großspender seiner Partei vor Ermittlungen durch den australischen Geheimdienst gewarnt hatte.
In Neuseeland musste ein chinesischstämmiges Mitglied des Repräsentantenhauses zurücktreten, weil der Geheimdienst warnte. Der Parlamentarier Jian Yang war vor seiner Übersiedlung aus der Volksrepublik Mitglied der Kommunistischen Partei und hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Volksbefreiungsarmee gearbeitet. Diese Einzelheiten hatte er jahrelang verschwiegen. Unterdessen hatte er intensiv an der neuseeländischen China-Strategie mitgearbeitet.
09.10.2023 – 09:30 Uhr
Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Themen: Orientierungsaussprache zum Europäischen Semester 2023 (Auswirkungen neuer Technologien auf die Arbeit: Hin zu einem gerechten digitalen Wandel), Politische Einigung zur Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft, Orientierungsaussprache zur Konsolidierung und Stärkung der europäischen Sozialschutzsysteme. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Austausch mit Eric van der Burg (niederländischer Minister für Migration), Entwurf eines Entschließungsantrags zu Frontex auf der Grundlage der Untersuchung der Frontex-Kontrollgruppe des LIBE-Ausschusses, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Hochrangiger Bericht über die Zukunft des Binnenmarktes, Entwurf einer Stellungnahme zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts, Ernennung eines Mitglieds des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur suchterzeugenden Gestaltung von Online-Diensten und Verbraucherschutz im EU-Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur Umsetzung der Geoblocking-Verordnung aus dem Jahr 2018 im digitalen Binnenmarkt. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zur Ausarbeitung einer umfassenden europäischen Strategie für Häfen, Berichtsentwurf zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Berichtsentwurf zur Änderung einer Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (Richtlinie über Umweltaussagen), Entwurf einer Stellungnahme zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Sicherheit in der Sahelzone, einschließlich des beschleunigten Abzugs der UN-Mission in Mali (MINUSMA) und der Rolle der Wagner-Gruppe, Militärische Lage in Berg-Karabach und Beobachtungen der EU-Mission in Armenien zu den jüngsten Spannungen zwischen Aserbaidschan und Armenien, Stärkung der zivilen Reaktion der EU auf Krisen und Konflikte mit Joanneke Balfoort (Direktorin für Sicherheits- und Verteidigungspolitik). Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 15:00-17:45 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwurf zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2024, Berichtsentwurf zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der EU, Entwurf einer Stellungnahme zur Europäischen Wasserstoffbank. Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 17:45-18:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP). Vorläufige Tagesordnung
09.10.2023 – 18:00-18:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und des Ausschusses für Recht (JURI)
Themen: Berichtsentwurf zur Haftung für fehlerhafte Produkte. Vorläufige Tagesordnung
10.10.2023
Trilog: Industrieemissionen (IED)
10.10.2023
Trilog: Methan-Richtlinie
11.10.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Werkzeugkasten Demografie. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwürfe zu turnusmäßigen Wechseln eines Teils der Mitglieder des Rechnungshofs, Berichtsentwurf zum Schutz der finanziellen Interessen der EU, Studie über Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der EU-Finanzierung von NGOs, die in EU-Politikbereichen auf dem Gebiet der EU tätig sind. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Änderung einer Verordnung im Hinblick auf die Verschärfung der CO₂-Emissionsnormen für neue schwere Nutzfahrzeuge und die Einbeziehung von Meldepflichten, Berichtsentwurf zu geothermischer Energie, Berichtsentwurf zur Verbesserung von Innovation und der industriellen und technologischen Wettbewerbsfähigkeit durch ein günstiges Umfeld für Start-up-Unternehmen und expandierende Jungunternehmen. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:30-13:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Änderung einer Verordnung in Bezug auf die Einführung neuer Module für die umweltökonomischen Gesamtrechnungen, Entwurf einer Stellungnahme zu gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren. Vorläufige Tagesordnung
12.10.2023 – 09:30-11:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Abstimmung über eine Auswahlliste von drei Kandidaten für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2023, Meinungsaustausch mit Salih Osman (Träger des Sacharow-Preises 2007) über die Entwicklung der Menschenrechtslage und der humanitären Situation im Sudan, Berichtsentwurf zur Rolle des Europäischen Parlaments und der parlamentarischen Demokratie in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Vorläufige Tagesordnung
EU-Parlaments und Mitgliedstaaten haben am Donnerstag eine vorläufige Einigung über den schrittweisen Abbau von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) getroffen. F-Gase sind hochgradig klimawirksam und führen zum Abbau der Ozonschicht. Die Trilog-Einigung muss noch formell im Plenum und im Rat bestätigt werden.
Der Einsatz von teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) soll bis 2050 vollständig eingestellt werden. Ab 2024 sollen sie über eine Quoten-Regelung für die Mitgliedstaaten bereits schrittweise heruntergefahren werden. Die Produktion von HFKW wird, gemessen an den von der Kommission zugeteilten Produktionsrechten für die Herstellung von HFKW, bis 2036 auf 15 Prozent reduziert.
Halbleiter sind, wie von der Kommission vorgeschlagen, von der HFKW-Quotenzuteilung ausgenommen. 2040 sollen die Regeln angesichts technologischer Entwicklung und der Verfügbarkeit von Alternativen zu HFKW für die betroffenen Anwendungsbereiche überprüft werden.
Ein starkes Ergebnis für den Klimaschutz, bezeichnet Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP, die Einigung. “Viele Alternativen für F-Gase sind schon auf dem Markt erhältlich und gerade deutsche Hersteller sind zum Beispiel bei Wärmepumpen oder elektrischen Schaltanlagen mit natürlichen Kältemitteln führend.” Das bringe Deutschland und Europa auch gegenüber klimaschädlicheren Produkten, beispielsweise aus China, in eine bessere Ausgangslage, sagt Liese.
Bas Eickhout, Grünen-Abgeordneter und Parlamentsberichterstatter für das Dossier, erklärte, Wärmepumpen seien für die europäische Energiewende unverzichtbar. “Dieser Deal stellt sicher, dass die Hersteller von Wärmepumpen in den kommenden Jahren auf klimafreundliche Alternativen umsteigen werden.” luk
In der ersten Trilogsitzung zum Renaturierungsgesetz nach der Sommerpause haben Parlament und Rat der Kommission den Auftrag gegeben, Vorschläge für mögliche Kompromisse auszuarbeiten. Das gilt insbesondere für die strittigen Themen wie die Wiedervernässung von Mooren, das Verschlechterungsverbot, die Ausweitung des Geltungsbereiches und die Finanzierung von Wiederherstellungsmaßnahmen. Bei sogenannten technischen Sitzungen, die in enger Taktfolge für die kommenden Wochen angesetzt sind, soll anschließend ausgelotet werden, ob sie die Basis für eine Einigung zwischen den Co-Gesetzgebern sein können.
Die letzte Trilog-Runde ist für den 7. November angepeilt. Bei dieser Sitzung wollen sich beide Seiten in einer Open-End-Sitzung einigen. Die gestrige Sitzung im Trilog war auf drei Stunden angesetzt, aber schon nach zwei Stunden vorbei. Aus Verhandlungskreisen heißt es, dass keine Verhandlungen stattfanden. Die Beteiligten hätten lediglich ihre Positionen zu den Artikeln vorgetragen und die bereits in den bisherigen technischen Sitzungen getroffenen Einigungen bestätigt. mgr/luk
Bei einer Geberkonferenz für den grünen Klimafonds der UN (Green Climate Fund – GCF) haben 25 Staaten am Donnerstag insgesamt 9,322 Milliarden US-Dollar für die internationale Klimafinanzierung angekündigt. Diese Summe ist allerdings rund eine halbe Milliarde niedriger als noch vor vier Jahren, als der Fonds das letzte Mal aufgefüllt wurde. Das liegt vor allem daran, dass fünf Geberländer zwar Gelder zugesagt haben, die genaue Summe aber erst in den kommenden Wochen beziffern wollen. Dazu gehören große Emittenten wie die USA und Australien, aber auch Schweden, die Schweiz und Italien. Mit deren Zusagen dürfte sich die Gesamtsumme noch erhöhen.
Deutschland gibt allein 2,1 Milliarden Dollar. Man stehe zu seiner Verantwortung und leiste seinen “fairen Anteil”, sagte die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze in Bonn. Auf dieser Grundlage könne man nun auch andere auffordern, ebenfalls ihren fairen Anteil zu leisten. “Neben den anderen Industriestaaten sehe ich hier zunehmend auch Länder in der Verantwortung, die nicht zu den klassischen Gebern gehören: etwa die Golfstaaten, die mit fossilen Energien reich geworden sind; oder auch Schwellenländer wie China, die inzwischen große Anteile am weltweiten CO₂-Ausstoß haben.”
Schulze machte in Bonn deutlich, was auf der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28) eines der brennendsten Themen sein wird: Wer zahlt ein und wer bekommt etwas aus den Töpfen zur internationalen Klimafinanzierung? Das gilt auch beim Fonds für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels. Die Bundesregierung sieht ihre Position – und die der EU – nunmehr gestärkt, fortan auch China und die Öl-produzierenden Golfstaaten zu Geberländern zu machen.
Die erhöhten Beiträge von Deutschland, aber auch Irland und Slowenien seien auf der einen Seite ein Schritt nach vorn, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzierungsexperte bei Oxfam Deutschland. Auf der anderen Seite sei jedoch enttäuschend, dass Länder wie Frankreich, Finnland und Norwegen weniger zugesagt haben als noch für die letzte Wiederauffüllungsrunde des GCF.
Der Green Climate Fund wurde 2015 mit etwa zehn Milliarden US-Dollar geschaffen. Weil der damalige US-Präsident Donald Trump die Zusagen seines Vorgängers Barack Obama jedoch nicht einhalten wollte, reduzierte sich die Summe. 2019 wurde der GCF das erste Mal aufgefüllt. Die diesjährige Konferenz war die turnusmäßige zweite Auffüllung. Das Besondere am GCF ist, dass Entwicklungsländer – also die Nehmerländer – zu gleichen Teilen im Vorstand mitbestimmen können, was mit den Geldern passiert. Zudem sollen die Ausgaben jeweils zur Hälfte in Projekte zur Emissionsreduzierung und zur Klimaanpassung fließen. luk
Das Europäische Parlament hat am Donnerstag der Ernennung Wopke Hoekstras zum neuen EU-Klimakommissar offiziell zugestimmt. Am Donnerstag erhielt der ehemalige niederländische Außenminister bei der Abstimmung im Parlament eine große Mehrheit – 279 Ja-Stimmen gegen 173 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen.
Auch Maroš Šefčovič wurde vom Parlament als designierter Green-Deal-Kommissar gebilligt. Er erhielt 322 Ja-Stimmen gegen 158 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen, ebenfalls in geheimer Abstimmung.
Vor der Abstimmung hatte es Kritik an Hoekstra wegen dessen früheren Tätigkeiten, unter anderem für den Ölkonzern Shell, gegeben. Nach einem positiven Votum am Mittwoch im Umweltausschuss war aber erwartet worden, dass Hoekstra im EP bestätigt wird. Die EU-Länder müssen den Ernennungen noch zustimmen, bevor die beiden Kommissare ihr Amt antreten können. Dies gilt aber eher als Formsache. rtr/lei
Unterhändler der Europäischen Union und des südamerikanischen Staatenbunds Mercosur wollen Tempo machen mit den Verhandlungen für das Freihandelsabkommen. Ein Diplomat sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man befinde sich “in einer intensiven Verhandlungsphase”. Aktuell werde versucht, die Stellungnahmen beider Seiten zusammenzuführen.
Zu den strittigen Punkten soll es nun wöchentliche Gesprächsrunden geben, per Videokonferenz und persönlich, sagte ein Sprecher des brasilianischen Außenministeriums. Am 30. Oktober sollen dann die Chefunterhändler in Brasilia zusammenkommen, um eine Bilanz der erzielten Fortschritte zu ziehen.
Die Europäische Union hatte seit März auf die Antwort des Mercosur auf ihr Zusatzprotokoll gewartet. Diese Zusatzerklärung sieht Verpflichtungen für die Länder in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimawandel vor. Inzwischen gebe es einen einseitigen Gegenvorschlag, der die Grundlage für die Gespräche in dieser Woche in Brasilia bilde, erklärten zwei europäische Diplomaten gegenüber Reuters. Aktuell besteht die Hoffnung, das Abkommen noch bis Ende des Jahres abzuschließen.
Brasilien, das dem Mercosur derzeit vorsteht, ist mit den von der EU in einer Zusatzerklärung eingefügten Umweltschutzbestimmungen nicht einverstanden. “Das Addendum ist voller Auflagen, aber kein Wort über die Kosten für den Erhalt dieses Umweltgutes“, sagte Landwirtschaftsminister Carlos Fávaro gegenüber Reuters. Er sagte, die EU sei ein wichtiger Markt für Brasilien, warnte aber, dass sich in Asien und im Nahen Osten andere Märkte öffneten, die weniger restriktiv seien. rtr/lei
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will trotz eindringlicher Bitten der Ukraine vorerst keine Taurus-Marschflugkörper in das Kriegsgebiet liefern. Stattdessen sagte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag am Rande des Europa-Gipfels in Granada ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem für die Wintermonate zu. Sein vorläufiges Nein zu Taurus begründete Scholz damit, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, “was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind”, sagte Scholz vor Journalisten auf eine Frage nach den Gründen für seine Taurus-Entscheidung. “Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird.”
Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine bereits Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Ende Mai fragte Kiew offiziell auch bei der Bundesregierung an, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Scholz stand einer Lieferung von Anfang an skeptisch gegenüber. Dahinter steckt die Befürchtung, dass wegen der großen Reichweite mit den Raketen auch russisches Territorium angegriffen werden könnte -, auch wenn Kiew stets versichert hat, dies nicht zu tun. Auch die USA haben bisher keine entsprechenden Raketen vom Typ ATACMS geliefert. dpa
René Repasi hat ein ehrgeiziges Ziel: Im Frühjahr zum Ende der laufenden Legislaturperiode, soll das Recht auf Reparatur fertig verhandelt sein. Als Berichterstatter im Binnenmarktausschuss (IMCO) des EU-Parlaments wird sein Fokus deshalb in den kommenden Monaten auf diesem Gesetzesentwurf liegen.
“Dass meine Fraktion mir als blutjungem Anfänger mit gerade einmal etwas mehr als einem Jahr Erfahrung als Abgeordneter die Hauptverantwortung für ein sehr wichtiges Gesetzgebungsdossier gibt, ist schon ein Ausdruck ziemlicher Wertschätzung”, sagt der 43-jährige SPD-Parlamentarier. Deshalb will er jetzt auch gute Arbeit leisten. “Und die liefert man nicht, indem man schöne Reden hält”.
Bis November soll das EU-Parlament über seinen Bericht zur neuen Richtlinie abstimmen. Im Dezember sollen dann die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission beginnen. Und Ende April, so rechnet er auf einer Veranstaltung in Berlin vor, muss es eine Einigung geben, damit die Übersetzungen und die finalen Abstimmungen noch in dieser Legislaturperiode stattfinden können. Das sei sehr ambitioniert, räumt Repasi ein.
Das Recht auf Reparatur soll Verbraucherinnen und Verbrauchern einen gesetzlichen Anspruch gegenüber Herstellern gewähren: Wer etwas reparieren möchte, soll dies vom Hersteller verlangen dürfen. Dafür müssen die Preise marktgerecht sein, fordert Repasi. “Alle müssen sich eine Reparatur leisten können.”
Sein Berichtsentwurf sieht vor, dass die EU-Mitgliedstaaten finanzielle Anreize schaffen sollen. Anders als die EU-Kommission hält Repasi statt einer vollständigen erstmal nur eine Mindestharmonisierung der Rechtsvorschriften für sinnvoll. Das könne zu individuellen, inspirierenden Lösungen führen, wie in Österreich: Dort wurden Gelder aus dem EU-Coronafonds für den Reparaturbonus verwendet.
Repasi ist in Stutensee bei Karlsruhe aufgewachsen – übrigens genau wie Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. Beide waren am dortigen Thomas-Mann-Gymnasium einst Schülersprecher, was bereits Gegenstand einer Homestory in den Badischen Neuen Nachrichten war.
Sein Vater ist Ungar aus der Minderheit im früheren Jugoslawien. Ungarisch spricht Repasi jedoch nicht: Sein Vater habe die Sprache mit einer nicht positiv besetzten Kindheit verbunden und sie deshalb in Deutschland beiseitegeschoben. “Bei uns zu Hause wurde tatsächlich immer Deutsch gesprochen. Das habe ich immer als Verlust empfunden“, erzählt er. “Deshalb versuche ich, meinen eigenen Kindern, die ja nun auch in einer entsprechenden Situation sind, die deutsche Sprache zu vermitteln”. Seine Frau ist Polin, mit ihren Söhnen leben die beiden heute in Den Haag.
Dort wollte er eigentlich gar nicht hin: Nach seinem Jura-Studium war er “programmiert auf eine deutsche Wissenschaftskarriere”, erzählt er. Er hatte bereits einen Lehrstuhl in Heidelberg, sein Chef hatte ihm angeboten, zu habilitieren. “Dann kam die Liebe dazwischen. Und die hat mich dann 2015 zum Umziehen gebracht”.
2021 wurde Repasi zum Professor für Europarecht an der Erasmus Universität in Rotterdam ernannt. Dort forscht und lehrt er weiterhin, wenn auch in geringerem Umfang, seit er im Februar 2022 sein Mandat im EU-Parlament antrat. Er rückte für die langjährige SPD-Abgeordnete Evelyne Gebhardt nach, und vertritt seitdem Baden-Württemberg in Brüssel und Straßburg.
Auf seine neue Rolle als Abgeordneter war Repasi eigentlich bestens vorbereitet: Im EU-Parlament hatte er zuvor regelmäßig als Sachverständiger in Fragen des europäischen Verfassungsrechts und der Finanzmarktregulierung fungiert. Er war zudem regelmäßig als Experte zu Gast in der von Sven Giegold gegründeten Webinar-Reihe “Europe Calling”. Mit Giegold, heute Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, verbindet ihn eine persönliche Freundschaft und ein enger Austausch während dessen Abgeordnetenmandats bis 2021. In Brüssel sei ihm deshalb der Ruf als Grünen-Berater vorausgeeilt, erzählt Repasi augenzwinkernd.
Der Wechsel aus der Wissenschaft ins Parlament war für Repasi also kein Sprung ins kalte Wasser. “Aber wenn man in die Praxis geht, erlebt man natürlich trotzdem einen Praxisschock“, erzählt er. Dazu habe vor allem der Umgang mit den Lobbyisten gehört (“Irgendwann habe ich aufgehört, mit denen zu sprechen, aber dann fehlte irgendetwas.”), aber auch die Suche nach dem Ort, an dem Debatte stattfinde (“Ich habe ihn immer noch nicht gefunden”) und die Geheimnistuerei um die Triloge (“Als Wissenschaftler fragt man sich immer, wie das hinter den verschlossenen Türen läuft. Dann war ich dabei und fand das überhaupt nicht so spannend.”)
Gut findet er vor allem eines: “Die Möglichkeit, hier Dinge zu gestalten und wirklich zu verändern, ist enorm”, sagt er. Ein Europaabgeordneter habe viel mehr Freiheiten als die Kollegen im Bundestag oder im Landtag. Dafür zahle man zwar den Preis vieler Gespräche mit Lobbyisten. “Aber ich muss keine Regierung auf Wohl und Wehe unterstützen oder nicht unterstützen, kann politisch immer neue Wege suchen und erarbeiten”. Leonie Düngefeld