Table.Briefing: Climate

G20: Keine Lösung aus Rio + Türkei: COP-Kandidat mit Kohle + Deutschlands 100 Milliarden

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute beginnen die drei letzten Tage der COP29. Haha, guter Witz. Offiziell endet die Konferenz in Baku natürlich am Freitagabend, aber offiziell ist bei den UN-Verhandlungen gar nichts. So wie die unterschiedlichen Positionen verhakt sind, werden wir wohl in Baku auf jeden Fall in die Verlängerung gehen. Einen Tag? Zwei? Wer weiß das schon…

Denn eine Lösung für Baku, das schreiben wir heute, hat auch das G20 Treffen in Rio nicht gebracht. Auch wenn das manche gehofft hatten. Aber immerhin ein bisschen Rückenwind haben die Regierungschefs dem Treffen in Aserbaidschan gegeben. Fliegen muss die COP29 nun allein. Dazu kommt auch die Debatte, wo wir uns in zwei Jahren treffen – die Türkei würde gern die COP31 ausrichten, hat aber eine umstrittene Klimabilanz, wie wir heute zeigen.

Und auch für Deutschland gibt es spannende Nachrichten: Wo steht unser Land in diesem Jahr im Ranking der Klimapolitik, das heute erscheint? Und wie viel Geld könnte Deutschland für die Klimafinanzierung aufbringen, wenn man alle Register zöge? Wir haben eine Zahl.

Die nächsten Tage jedenfalls bleiben wir für Sie wach. Viel Spaß beim Lesen!

Ihr
Bernhard Pötter
Bild von Bernhard  Pötter

Analyse

COP29: Warum die G20 nicht die Lösung liefern

Die Staats- und Regierungschefs der G20 posieren in Rio de Janeiro für das traditionelle Familienfoto.

Die Abschlusserklärung des G20-Gipfels von Rio de Janeiro hat der COP29 allgemein Rückenwind gegeben, aber keinen Durchbruch für die stockenden Verhandlungen in Baku geliefert. Die “Leaders’ Declaration”, von der sich Delegierte und Beobachter auf der Klimakonferenz neuen Schwung vor allem in den heiklen Fragen von Finanzen und Emissionsminderung erwartet hatten, unterstützt die Konferenz in Aserbaidschan verbal, überlässt aber den 198 Staaten dort die Entscheidung über das Ergebnis. Auf Lösung ihrer Probleme durch die G20 können die Staaten in Baku damit nicht hoffen.

Unterstützung aus Rio für Baku

Das Statement der Staats- und Regierungschefs vom Montagabend hat positive Seiten für eine mögliche Einigung auf der COP29:

  • Es bekennt sich (wie allgemein üblich) zum Pariser Abkommen und seinen Temperaturzielen, der Klimafinanzierung, Anpassung und internationalen Zusammenarbeit, und fordert schnell sinkende Emissionen.
  • Es betont die Bedeutung der COP28-Entscheidungen, besonders den UAE-Konsens und das erste Global Stocktake (GST).
  • Die Staatslenker versprechen, auf die Ermutigung “positiv zu reagieren”, die das GST für neue Klimaziele (NDCs) ihrer Länder bedeute, die “ehrgeizig, für die ganze Volkswirtschaft und alle Treibhausgase und 1,5-Grad-kompatibel” sein sollten.
  • Es verspricht mehr Kapital für die Weltbank-Tochter IDA – und vor allem eine “Erweiterung der Geber-Basis” – also genau das, was die Industriestaaten für das neue Klimafinanzziel NCQG in Baku fordern.
  • Es verlangt eine “beschleunigte Reform der internationalen Finanzarchitektur” und mahnt zu weiteren Reformen bei den multinationalen Entwicklungsbanken.

Für die COP ist vor allem der Fokus auf die NDCs bedeutsam, weil dort um die Umsetzung des GST gerungen wird – und weil die Geldmittel für ehrgeizige Klimaziele im Rahmen der NDCs beschlossen werden sollen. Diese wiederum sollten möglichst progressiv sein, um die letzte Chance auf Erreichung des 1,5-Grad-Pfads zu wahren – und um dem diesjährigen G20-Gastgeber Brasilien als Gastgeber der COP30 im nächsten Jahr zu einem Erfolg zu verhelfen.

Gegenwind aus Rio für Baku

Bei den zwei in Baku zentralen Fragen – Finanzen und Emissionsminderung – zeigt die Erklärung dagegen deutlich weniger Ehrgeiz.

  • So “freut sie sich” nur auf ein erfolgreiches Ergebnis zum Finanzziel NCQG und unterstützt die Präsidentschaft.
  • Und bei Minderung erwähnt sie zwar das Ergebnis der COP28 in Dubai – zählt dann aber nur die Ziele bei Erneuerbaren und Effizienz auf und lässt die dritte Einigung von Dubai zur Abkehr von den Fossilen (“transitioning away”) unter den Tisch fallen.

Unter Beobachtern und Delegierten in Baku heißt es, dass vor allem Saudi-Arabien im Kreis der G20 Druck gemacht hat, diese Formulierung fallenzulassen. Das Land hat die Entscheidung der COP28 in Dubai als Niederlage empfunden und seit einem Jahr den Fortschritt in vielen internationalen Verhandlungen blockiert. Ein aktueller Bericht der “New York Times” beschreibt diese Taktik als “Abrissbirne” für die Klimapolitik – eine Einschätzung, die von vielen auf der Konferenz geteilt wird.

Kampf um COP28-Begriff “transition away”

Wie umstritten der COP28-Beschluss von “transition away” bei der G20 ist, zeigt auch sein Schicksal in diesem Jahr. In der Erklärung der G20-Energie- und Klimaminister von Anfang Oktober fehlte er, wie nun auch in der “Leaders’ Declaration”. Dagegen tauchte “transition away” im Abschlussbericht der ministeriellen “Task Force Climate” der brasilianischen Präsidentschaft Ende Oktober durchaus auf.

Mit diesem taktischen Hin und Her zwischen der Mehrheit der G20 und Saudi-Arabien könnte es bald vorbei sein. Denn wenn die USA unter Donald Trump aus dem Pariser Abkommen aussteigen sollten, ihnen eventuell Argentinien unter Javier Milei dabei folgt und Russland als großer Öl- und Gasproduzent ebenfalls Fortschritt verhindert, “dann heißt es in der G20 nicht mehr 19 gegen einen, sondern 16 gegen vier, und das verhindert in dieser Frage jeden Konsens”, so ein Beobachter.

Dabei ist Saudi-Arabien eigentlich auf die Kooperation der anderen Staaten in der UNO angewiesen: Denn in nur zwei Wochen ist das Land in Riad Gastgeber der COP16 der UN-Wüstenkonvention. Dann wird die saudische Präsidentschaft auf der Suche nach Kompromissen sein.

Gleichgewicht von Finanzen und Minderung?

Weil die Formel “transition away” so umstritten ist, wird sie wohl auch in den Verhandlungen zu den abschließenden Dokumenten der COP29 ein Streitpunkt sein. Vor allem die Industriestaaten verlangen auf der Klimakonferenz Fortschritte im Abschied von den fossilen Energien, bevor sie zu Zugeständnissen rund um das Finanzziel NCQG bereit sind. Dabei wird der Bereich “Minderung”, in den “transition away” fällt, von einem “weißen Papier” aus verhandelt, es gibt also erst einmal keine textlichen Vorgaben. Mögliche Ergebnisse wären etwa:

  • eine Konkretisierung von Gesprächsformaten über mehr Ehrgeiz in der Emissionsminderung
  • oder eine Erwähnung von Netzausbau oder Energiespeichern, die die Präsidentschaft bisher nur als freiwillige Pledges aufführt.

Bei der ebenfalls umstrittenen Finanzfrage werden inzwischen nach Angaben von Verhandlern erste Summen für ein neues NCQG genannt. Eine “Politico”-Meldung über ein mögliches EU-Ziel von 200 bis 300 Milliarden Dollar scheint Gerüchte zu bestätigen, die auf der COP29 umlaufen. Deutlich über den bisherigen 100 Milliarden, aber weit unter 500 oder 400 Milliarden Dollar, das könnte offenbar eine “Landezone” sein.

Konkrete Entscheidungshilfe von der G20 gab es in den strittigen Punkten also nicht. Das heißt aber nicht, dass die COP29 unabhängig entscheidet: Alle nationalen Regierungen werden bei diesen Fragen sehr aufmerksam sein, weil sie einen möglichen Finanzkompromiss absegnen müssen.   

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Türkei: Wie ehrgeizig ist die Klimapolitik des Landes?

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vergangene Woche in Baku.

In seiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs am zweiten Tag der COP29 kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Bewerbung seines Landes für die Ausrichtung des Gipfels nach Brasilien im Jahr 2026 an. Trotz eines offenen Briefes ehemaliger Staats- und Regierungschefs und Klimaexperten, die am 15. November eine Reform der COP forderten, einschließlich “strenger Auswahlkriterien” für die Gastgeberländer, scheint es inzwischen klar zu sein, dass die COP31 von einem Land ausgerichtet wird, das auf Kohle setzt.

Der einzige Konkurrent der Türkei ist Australien, dessen Minister für Klimawandel, Chris Bowen, Berichten zufolge am 15. November Ankara besuchte, um die dortige Führung davon zu überzeugen, aus dem Rennen auszusteigen. Ein Großteil der australischen Stromerzeugung wird durch fossile Brennstoffe gedeckt, und das Land ist der zweitgrößte Exporteur fossiler Brennstoffe weltweit. Diese Situation erleichtert es Ankara, seine Bewerbung durch die Ankündigung einer ehrgeizigen Klimaagenda zu untermauern.

Derzeitiges Ziel “kritisch unzureichend”

Ein unerwünschter Sieg- ähnlich wie die gefürchteten Auszeichnungen für das “Fossil des Tages” auf der COP – ist, dass die Türkei im Jahr 2024 Europas größter Kohleverstromer sein wird. Gegenwärtig werden ganze 58 Prozent des türkischen Stroms mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Das nationale Klimaziel (NDC) der Türkei, das im Jahr 2023 aktualisiert wurde, verpflichtet zu einer Reduzierung der Emissionen um 41 Prozent gegenüber dem Stand von 2012 – allerdings nur im Vergleich zum Szenario “Business as usual”. Tatsächlich handelt es sich darum nicht um einen Rückgang der Emissionen, sondern um einen Anstieg von etwa 30 Prozent, erklärt der türkische WWF.

Nach diesem Szenario werden die Emissionen der Türkei erst 2038 ihren Höhepunkt erreichen, und dann hat das Land nur noch 15 Jahre Zeit, um sein erklärtes Ziel von Netto-Null bis 2053 zu erreichen. Der Climate Action Tracker stuft diesen Plan als “kritisch unzureichend” ein und warnt, dass, wenn andere Länder dem türkischen Weg folgen würden, dies eine Erwärmung von bis zu vier Grad bedeuten würde.

Deshalb wurde die langfristige Klimastrategie des Landes für 2053, die am ersten Tag des Gipfels bei den UN eingereicht und einen Tag später vom für den Klimawandel zuständigen Minister verkündet wurde, mit verhaltener Hoffnung erwartet.

Neuer Plan: Vervierfachung der erneuerbaren Energien, Verdreifachung der Kernenergie

“Das Gute an diesem Plan ist das neue Ziel einer Solar- und Windkraftkapazität von 120 Gigawatt für 2035”, sagt Ufuk Alparslan, Regionalleiter für die Türkei, Zentralasien und den Kaukasus bei der Organisation Ember. Er begrüßt das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien im nächsten Jahrzehnt zu vervierfachen. “Türkische zivilgesellschaftliche Organisationen und Denkfabriken hatten modelliert, wie die Türkei bis 2053 netto null erreichen könnte, und selbst in diesen Veröffentlichungen war die Solar- und Windkapazität nicht so hoch”, merkte er an und fügte hinzu, dass das NDC der Türkei aktualisiert werden sollte, um diese neuen Ambitionen widerzuspiegeln.

Während das unerwartet hohe Ziel für erneuerbare Energien positiv aufgenommen wurde, war die Konzentration auf die Kernenergie umstrittener. Ankara hat die COP28-Erklärung zur Verdreifachung der Kernkraftkapazitäten bis 2050 mit Verspätung unterzeichnet und sieht bis 2050 eine Kapazität von 20 Gigawatt Kernkraft in seinem Energiemix vor.

“Sie halten an der Rolle der Kernenergie als Grundlaststromquelle fest, als ob sich die Speichertechnologien in naher Zukunft nicht verbessern würden”, sagte Özlem Katısöz, Koordinatorin für Klima- und Energiepolitik für die Türkei beim Climate Action Network (CAN) Europe. “Wir sagen, dass Energie lokal und erneuerbar sein sollte, und die Kernenergie ist keines von beidem”, fügte sie hinzu und drückte ihre Verwunderung darüber aus, dass die Regierung auf die Kernenergie setzt, obwohl die Frage der Energieunabhängigkeit ganz oben auf der Agenda des Landes steht.

Die Türkei versucht seit langem, ihre Energieabhängigkeit von Russland zu verringern, das einen Großteil der Gas-, Öl- und Kohleimporte des Landes liefert. Das im Bau befindliche Kernkraftwerk Akkuyu befindet sich jedoch im Besitz des staatlichen russischen Kernenergieunternehmens Rosatom.

Alparslan sieht ein noch größeres Problem der Kernenergie in ihrer mangelnden Flexibilität. “Die Türkei braucht keine Grundlastkraftwerke, sondern flexible Anlagen, die die Produktion schnell erhöhen oder verringern können”, erklärte er, zumal die Kapazität der erneuerbaren Energien drastisch steigen wird. In dieser Hinsicht habe die Türkei Glück, da dieser Bedarf durch ihre große Wasserkraftkapazität gedeckt werden könne. “Der Bau von Kernkraftwerken dauert zu lange, und sie sind sehr teuer. Wir brauchen schnellere und billigere Lösungen wie Wind- und Solarenergie. Und da die Türkei ein hohes Potenzial für beides hat, halten wir es nicht für sinnvoll oder vernünftig, dass Ankara in die Kernenergie investiert”, fügte er hinzu.

Weiter mit fossilen Brennstoffen?

Abgesehen von der Kernenergie ist der größte Nachteil des Plans nach Ansicht von Klima- und Energieexperten das Fehlen einer Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. “Solange der Kohlesektor, der für ein Fünftel der türkischen Emissionen verantwortlich ist, nicht gestoppt wird, wird es sehr schwer sein, Netto-Null-Emissionen zu erreichen”, sagte Bahadır Sercan Gümüş, Türkei-Analyst bei Ember. In einem Pressegespräch nach der Bekanntgabe des Plans sprach der für den Klimawandel zuständige Minister Murat Kurum zum ersten Mal vom “Kohleausstieg”. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kernkraft, so Kurum, “werden wir schrittweise aus den fossilen Brennstoffen aussteigen”. Die Unklarheit des Prozesses gefährdet jedoch den Netto-Null-Plan.

Ümit Şahin, Koordinator für Studien zum Klimawandel am Istanbul Policy Center, wies auch darauf hin, dass die Methodik des Plans fehlerhaft sei. “Sie sollten ein Minderungsziel haben und berechnen, wie man es erreichen kann. Stattdessen wurde eine Reihe von Nebenzielen formuliert – wie Energieeffizienz und der verstärkte Einsatz von Elektrofahrzeugen”, sagte er. “Das Hauptziel, zu dem alle diese kleineren Ziele beitragen sollten, fehlt.”

“Brücke” zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

Trotz der Bedenken hinsichtlich des Ehrgeizes seiner Klimapolitik scheint Ankara entschlossen, die COP31 in der Türkei auszurichten. Bei der Ankündigung der langfristigen Strategie des Landes auf der COP29 hob Kurum seine Vision hervor, auf der COP31 eine “Brücke” zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu bauen. “Brücke” ist eine abgedroschene Metapher zur Beschreibung der Türkei, die häufig verwendet wird, um auf die Lage des Landes zwischen Asien und Europa, Ost und West hinzuweisen. Aber es ist besonders passend, um die jahrzehntelangen Bemühungen der Türkei in der Klimadiplomatie zu beschreiben.

Als Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurde die Türkei als Annex-1-Land eingestuft – im UNFCCC-Jargon als Industrieland -, was strengere Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung und den Ausschluss von der Klimafinanzierung mit sich bringt. Diese aus Ankaras Sicht “ungerechte” Fehleinstufung war nach Ansicht Ankaras der Hauptgrund dafür, dass die Türkei das Pariser Abkommen erst mit fünfjähriger Verspätung ratifiziert hat und Berichten zufolge erst, nachdem sie Vereinbarungen über finanzielle Unterstützung erreicht hatte.

Während seiner Ausführungen auf der COP zum Thema Finanzen forderte Erdogan ein Ziel für die Klimafinanzierung, das “den Bedürfnissen der Entwicklungsländer entspricht”, und stellte sich damit eindeutig auf die Seite der Nicht-Annex-Länder. Dies sei ein Bruch mit der üblichen Zwischenposition der Türkei, so Şahin, der feststellte, dass die Erklärung des Präsidenten “direkt gegen die Europäische Union gerichtet” sei.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Positionen der Türkei in den laufenden Verhandlungen auf ihre Bewerbung um die Ausrichtung der COP31 auswirken werden. Alparslan glaubt jedoch, dass die Ausrichtung des Klimagipfels den Ambitionen Ankaras in Sachen Klimaschutz Auftrieb verleihen würde. “Die Ausrichtung der COP31 in der Türkei würde das Bewusstsein schärfen, zumal die internationale Aufmerksamkeit auf das Land gerichtet sein wird”, sagte er. “Ankara wäre auch viel besser in der Lage, seine Position und Ziele zu kommunizieren. Es wäre insgesamt sehr vorteilhaft.”

Dieser Artikel entstand im Rahmen der 2024 Climate Change Media Partnership, einem Journalismus-Stipendium, das vom Earth Journalism Network von Internews und dem Stanley Center for Peace and Security organisiert wird.

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Fossile Subventionen: Das wurde aus den Ausstiegsplänen der COP28 und COP26

Die Vize-Premierministerin der Niederlande, Sophie Hermans (Mitte), präsentierte am Dienstag erste Ergebnisse der Koalition zur Abschaffung fossiler Subventionen.

Eine Koalition aus zwölf Staaten unter dem Vorsitz der Niederlande hat vor einem Jahr versprochen, den Ausstieg aus Subventionen für fossile Brennstoffe voranzutreiben. Auf der COP28 unterzeichneten die Staaten eine gemeinsame Erklärung, die sie verpflichtet, innerhalb eines Jahres ein Inventar zu veröffentlichen, um eine Strategie für die Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen zu entwickeln. Gelder daraus könnten etwa in das neue Klimafinanzziel (NCQG) fließen, wie eine Studie deutscher Umweltverbände zeigt.

Erste Ergebnisse stellte die Coalition on Fossil Fuel Incentives and Subsidies (COFFIS) am Dienstag vor: Vier Mitgliedstaaten veröffentlichten fristgerecht ein Inventar ihrer fossilen Subventionen, erklärte die zuständige Klima- und Wirtschaftsministerin der Niederlande, Sophie Hermans. “Die anderen Staaten arbeiten noch daran.” Jenes von Österreich wurde am Dienstag nachgereicht. Zudem verkündete die Ministerin den Beitritt von Großbritannien, Neuseeland und Kolumbien. Mit weiteren Staaten sei man im Gespräch. Derartige First-Mover-Koalitionen sind typisch für den UN-Klimaprozess, um andere Länder zu motivieren.

Ebenfalls Mitglied sind Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Kanada, Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Costa Rica, Luxemburg und Antigua und Barbuda. Als Sekretariat wurde das International Institute for Sustainable Development (IISD) beauftragt, um etwa beim Inventar zu helfen. Deutschland zeigte sich zwar interessiert an einem Beitritt, fehlt bisher aber ebenso wie die USA und China.

Positive Signale aus den Niederlanden und Kanada, andere Länder versäumen Frist

Neben Österreich haben auch Frankreich, Irland, Belgien und die Niederlande fristgerecht ihr Inventar veröffentlicht. “Daraus erstellen die Mitglieder eine Strategie zur Abschaffung fossiler Subventionen”, erklärte Hermans den Prozess. Spätestens in einem Jahr zur COP30 müssen alle Koalitionsmitglieder diese Strategie vorlegen. Einzelne Subventionen seien hier besonders sensibel, mahnte Hermans – etwa für Haushalte, die die Niederlande während der Energiekrise 2022 subventionierte. Diese Unterstützung werde nun schrittweise abgeschafft. “Jede Subvention berührt den Lebensunterhalt eines Menschen. Wir können diese nicht ohne einen gerechten Übergang abschaffen.”

Allerdings fließen ohnehin nur 15 Prozent der weltweiten fossilen Subventionen an ärmere Menschen“, sagte Mary Warlick, stellvertretende Geschäftsführerin der IEA. Für einen gerechten Übergang (“just transition”) müsste die Abschaffung “schrittweise und mit langfristigen strukturellen Veränderungen” geschehen und transparent kommuniziert werden.

Ein positives Signal kam unterdessen aus Kanada. Das Land unterzeichnete bereits 2009 eine G20-Vereinbarung zur Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen. “Wir sind das erste G20-Land, das diese abschafft”, erklärte die Klimabotschafterin Catharine Stewart. 2023 veröffentlichte das Land eine nationale Strategie. Darin sind 129 Subventionen aufgelistet. Zudem sei Kanada dabei, “die öffentliche Finanzierung von fossilen Brennstoffen zu beenden“, sagte Stewart. 2022 flossen dafür laut Environmental Defence noch rund 19 Milliarden kanadische Dollar (12,8 Milliarden Euro).

Frankreich dagegen hat im Februar seine Pläne zur Abschaffung von Steuererleichterungen für Agrardiesel gekippt, nachdem Landwirte wochenlang dagegen protestiert hatten – was wiederum Kritik an Frankreichs Glaubwürdigkeit als Mitglied der COFFIS-Koalition schürte.

Subventionen in fossile Brennstoffe steigen weiter

Die Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen ist seit Jahren im Gespräch. Nach den G20-Staaten im Jahr 2009 verpflichteten sich dazu auch alle UN-Staaten in der Abschlusserklärung der COP26 vor drei Jahren. Die G7-Staaten beschlossen bereits 2016, ineffiziente fossile Subventionen bis 2025 abzuschaffen. Auch eine Initiative der WTO und das SDG12.c zielen darauf ab.

Trotz dieser Vereinbarungen vervierfachten sich im Jahr 2022 die fossilen Subventionen im Vergleich zu 2020. Grund dafür sind vor allem gestiegene Energiepreise nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine, wie der Fossil Fuel Subsidy Tracker von OECD und IISD zeigt. Im Vorjahr sanken die Subventionen zwar wieder von 1.500 auf 1.300 Milliarden US-Dollar; dieser Rückgang sei aber “nicht substanziell”, kritisiert Jonas Kuehl, Politikberater und Analyst im Energiebereich am IISD, im Gespräch mit Table.Briefings.

NDCs: Bislang keine neuen Verpflichtungen und einige Rückschritte

Auch die neuen nationalen Klimaschutzpläne (NDC 3.0) seien “noch nicht sehr erfolgversprechend”, sagt Kuehl. Diese müssen bis Februar 2025 von allen UN-Staaten nachgeschärft werden und sind bis 2035 gültig. Vor und während der COP29 haben einige Staaten neue NDCs vorgelegt, darunter die G20-Mitglieder Brasilien und Großbritannien sowie die Schweiz. Neue Verpflichtungen zur Reform oder Abschaffung fossiler Subventionen gebe es bislang aber nicht, sagt Kuehl. Im Gegenteil: “Panama, UAE und Oman haben ihre Verpflichtungen in ihren letzten Updates wieder herausgestrichen.”

Zudem seien diese Verpflichtungen “nicht immer ganz handlungsorientiert”, so Kuehl. “Wir wollen nicht nur, dass sich die Länder dazu verpflichten, ihre fossilen Subventionen reformieren, sondern eine Strategie und einen Zeitplan zum Ausstieg erarbeiten.”

In den aktuellen NDCs, die bis 2030 gelten, hatten sich laut einer Analyse des IISD ohnehin nur 16 Staaten verpflichtet, Subventionen für fossile Energien zu reformieren. Darunter sind einige der größten Subventionierer: Ägypten (28 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022), Kasachstan (18 Milliarden US-Dollar) und Nigeria (fünf Milliarden US-Dollar). Länder der G7 oder G20 fehlen auf dieser Liste trotz entsprechender Beschlüsse. Auch die EU vereinbarte vor einem Jahr im Umweltaktionsprogramm eine “unverzügliche Abschaffung fossiler Subventionen”. Im aktuellen NDC steht dazu nichts; das neue NDC 3.0 wird erst Mitte 2025 erwartet.

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra erklärte auf der COP29, man werde fossile Subventionen “im nächsten Budgetzyklus angehen”. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten werde die nächste Kommission sowie er persönlich dafür sorgen, dass Allianzen entstehen – etwa mit den Finanzministern. “Wäre es nicht schön, wenn wir fossile Subventionen abschaffen und mehr Geld für andere Dinge zur Verfügung haben?”

COP29: Reform fossiler Subventionen könnte Klimafinanzierung erhöhen

Die Abschaffung fossiler Subventionen wird auf der COP29 vor allem in zwei Bereichen diskutiert: Einerseits im Zusammenhang mit der möglichen Abschlusserklärung des UN-Klimagipfels, bei der “einige Länder die Formulierung gestärkt sehen wollen”, so Kuehl – und andererseits in Bezug auf das neue Klimafinanzziel (NCQG). “Eine Reform der fossilen Subventionen ist auch beim NCQG im Gespräch. Diese könnte eher in qualitativen Elementen zur Mobilisierung nationaler Ressourcen stehen, um zusätzliche Mittel aufzutreiben.” Fossile Subventionen seien im letzten Textentwurf zum NCQG “noch an verschiedenen Stellen” enthalten. Aber es sei zu früh, um zu sagen, ob dies durchkommt.

Welche Mittel so etwa Deutschland für die Klimafinanzierung auftreiben könnte, legte am Dienstag eine Studie (siehe auch unter News) von Klima-Allianz Deutschland, Germanwatch, Global Citizen und WWF dar. “Allein der Verzicht auf Steuervergünstigungen auf Diesel und das Dienstwagenprivileg könnte zwischen zwei und fünf Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung generieren”, heißt es darin. Das wäre rund die Hälfte der sechs Milliarden Euro, die Deutschland ab 2025 jährlich versprochen hat – aufgrund des Budgetdefizits und des Endes der Regierung steht dieses Versprechen derzeit auf wackeligen Beinen.

David Ryfisch, Bereichsleiter für Zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch, fordert daher “dringende Fortschritte beim Abbau der fossilen Subventionen”. Ryfisch kritisiert, dass der ehemalige Finanzminister Christian Lindner den Beitritt zur COFFIS-Koalition bislang blockiert habe. “Dies sollte die kommende Regierung nun nachholen.” Auch Marianne Lotz, Policy Advisor für Energiepolitik beim WWF, sieht in der COFFIS-Koalition ein Vorbild für Deutschland: “Eine klare Strategie inklusive eines Zeitplans der Bundesregierung zum Ab- und Umbau klimaschädlicher Subventionen ist längst überfällig.”

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Termine

20. November, 10 Uhr, Deutscher Pavillon
Diskussion Accelerating Decarbonization: How Hamburg Businesses Work for a Carbon-Neutral Future
Die Handelskammer bringt auf diesem Panel Hamburger Unternehmer zusammen, um darüber zu diskutieren, wie sie an Klimaneutralität arbeiten. Infos

20. November, 10 Uhr, Aserbaidschanischer Pavillon
Urban Impact: How cities can accelerate the climate agenda
Diese Sitzung wird sich damit befassen, wie Städte auf der ganzen Welt bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Vorreiterrolle spielen. Es werden beispielhafte, von Städten geleitete Projekte zu wichtigen Umweltfragen vorgestellt. Infos

20. November, 11.30 Uhr, Side Event Room 8
Diskussion Climate, Gender and Health: Essentials to Resilient Communities
Im Fokus dieser Diskussion steht der Gender Action Plan, auf den sich die Staaten 2019 geeinigt haben. Wie weit ist seine Implementierung gekommen? Infos

20. November, 16.45 Uhr, Side Event Room 2
Disukussion Wildlife Protection and Food Systems Transformation: Boosting NDCs for a Greener Future
Auf diesem Side Event diskutieren verschiedene Akteure darüber, wie Biodiversität und Ernährung besser in die NDCs integriert werden können. Infos

News

Klima in Zahlen: Deutschland rutscht im Klimaschutz-Index zwei Plätze ab

Deutschland sieht sich selbst gern als Vorreiter beim Klimaschutz. Doch in einem wichtigen internationalen Vergleich, dem an diesem Mittwoch veröffentlichten Klimaschutz-Index der NGO Germanwatch und des New Climate Institutes, ist das Land vom 14. auf den 16. Platz abgerutscht. Die Gesamtnote für Deutschlands Performance beim Klimaschutz verschlechterte sich dabei von “gut” auf “mäßig”. Während die Entwicklung bei den Emissionen und beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor von den Autoren der Studie positiv hervorgehoben werden, fällt das Land in anderen Bereichen zurück. “In der Klimapolitik sind vor allem bei Verkehr und Gebäuden keine echten Fortschritte erkennbar“, kritisiert Co-Autorin Thea Uhlich von Germanwatch. Negativ bewertet wurde auch, dass sich Deutschland international für neue Gasfelder ausgesprochen hat.

Der Index analysiert die Klimabilanz von 63 Staaten, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Insgesamt sehen die Autoren durchaus Grund zur Hoffnung. “Der Höhepunkt der weltweiten Emissionen ist in greifbarer Nähe”, sagt Co-Autor Niklas Höhne vom New Climate Institute. Allerdings zeige der Index auch, “wie groß der Widerstand der fossilen Lobby ist”. So gehörten die vier letztplatzierten Länder – Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Russland – zu den größten Öl- und Gasproduzenten. Auch der Wahlsieg des von der Fossil-Lobby unterstützten Donald Trump könne “ein Bremsklotz” für den Klimaschutz werden, warnt Höhne.

Weil nach Ansicht der Herausgeber bisher kein Land beim Klimaschutz die Note “sehr gut” verdient hat, bleiben die ersten drei Plätze im Index auch in diesem Jahr leer. Spitzenreiter ist erneut Dänemark. Größter Aufsteiger ist Großbritannien, das nach dem Regierungswechsel vom 20. auf den 6. Platz kletterte; deutlich verschlechtert haben sich die Schweiz, Finnland und Argentinien. Die USA landen trotz positiver Impulse aus dem Inflation Reduction Act aufgrund ihrer hohen Pro-Kopf-Emissionen mit dem Urteil “sehr schlecht” auf dem 57. Platz. Auch China steht nur auf dem 55. Platz, weil es trotz des Booms bei den erneuerbaren Energien bisher noch keine klare Abkehr von den fossilen gebe. mkr

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Klimafinanzen: Deutschland gibt 60 Millionen Euro für Anpassungsfonds

Deutschland hat am Dienstag 60 Millionen Euro an neuer Klimafinanzierung für den Anpassungsfonds zugesagt. Das Geld stammt aus dem laufenden Bundeshaushalt, jeweils zur Hälfte aus dem Etat des Bundesumweltministeriums und des Auswärtigen Amts. Die Mittelflüsse sind somit nicht von der Entscheidung einer zukünftigen Regierung abhängig. Der Anpassungsfonds (Adaptation Fund) gilt als Vorzeigeprojekt der Klimafinanzierung, ist aber chronisch unterfinanziert.

“Mit der Zusage setzt Deutschland nun andere Länder unter Zugzwang”, ebenfalls größere Beträge für den Fonds bereitzustellen, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzexperte von Oxfam. In der ersten COP-Woche hatten zehn Staaten lediglich 61 Millionen US-Dollar an Finanzzusagen gemacht. Insgesamt wurden bisher knapp 130 Millionen US-Dollar an neuen Geldern versprochen. Der Fonds braucht jedoch 300 Millionen Dollar an neuen Zusagen, um die geplanten Projekte umzusetzen. Deutschland ist zwar der größte Geber des Fonds. Auf der COP29 hätten sich einige Beobachter jedoch eine frühere Zusage neuer Gelder gewünscht, um andere Staaten unter Druck zu setzen. nib

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China: Historische Emissionen übersteigen die der EU

Chinas historische Emissionen liegen höher als die der 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen – und verursachen damit auch mehr globale Erwärmung. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Analyse von Carbon Brief. Grundlage der Berechnung sind die Emissionen der einzelnen Länder seit 1850. Für die COP29 in Baku sind die Ergebnisse relevant, denn in den Verhandlungen um das neue Klimafinanzziel NCQG spielt die Frage, welche Länder eine besonders große historische Verantwortung für den Klimawandel tragen, laut Carbon Brief eine besondere Rolle.

Bisher galten die traditionellen Industrieländer, die im Annex I der UN-Klimarahmenkonvention aufgelistet werden, vor allen anderen als verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren und ihren Beitrag zur globalen Klimafinanzierung zu leisten. Deutschland und andere Industrieländer fordern in Baku, dass künftig auch wohlhabende Schwellenländer zahlen müssen. Wenn Chinas kumulierter Kohlendioxid-Ausstoß nun über dem der EU liegt, könnte der Druck auf China weiter steigen.

In Zahlen: Bis 2023 hat China der Analyse zufolge 312 Gigatonnen CO₂-Emissionen verursacht – etwas mehr als die EU mit 303 Gigatonnen. Beide liegen demnach aber weit hinter den 532 Gigatonnen der USA zurück. Die chinesischen Pro-Kopf-Emissionen sind jedoch mit 227 Tonnen CO₂ deutlich niedriger als die der EU mit 682 Tonnen.

Das globale Kohlenstoffbudget, dessen Überschreiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Erwärmung um mehr als 1,5 Grad führt, ist laut der Analyse bereits zu 94 Prozent aufgebraucht. Carbon Brief hält es für unwahrscheinlich, dass China jemals den Beitrag der USA zur globalen Erwärmung überholen werde – selbst wenn man den möglichen besonderen Anstieg der US-Emissionen durch die anstehende Präsidentschaft von Donald Trump nicht berücksichtige. ae

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Studie: Wie Deutschland deutlich mehr zur Klimafinanzierung beitragen könnte

Deutschland könne aus öffentlichen Mitteln jährlich knapp 100 Milliarden Euro zur Klimafinanzierung beitragen. Das hat eine Studie im Auftrag von Germanwatch, Klima-Allianz, WWF und Global Citizen errechnet. Bisher bewegt sich die gesamte internationale Klimafinanzierung in diesem Bereich, Deutschland trug zuletzt etwas mehr als sechs Milliarden bei. Bei den Klimaverhandlungen auf der COP29 hält die EU nach aktuellen Berichten 200 bis 300 Milliarden Dollar als globales Finanzziel (NCQG) für akzeptabel.

Die aktuelle NGO-Studie hat für ihre Zahlen 24 mögliche Finanzquellen untersucht, mit denen Deutschland in Zukunft mehr Mittel generieren könnte. Dazu hat sie bestehende Initiativen auf deutscher, EU- und internationaler Ebene bewertet. Demnach könnte Deutschland im nächsten Jahr 18 Milliarden, ab 2026 rund 36 Milliarden und danach sogar bis zu 96 Milliarden Euro an zusätzlichen Finanzmitteln erschließen. Hinzu kämen private Mittel im Umfang von weiteren 100 Milliarden Euro. Auch auf EU-Ebene ließen sich demnach zusätzliche Mittel mobilisieren.

Um auf diese hohen Zahlen zu kommen, geht die Studie davon aus, dass von den zusätzlichen Geldern 50 Prozent in Klimafinanzierung fließen. Beispielsweise ließen sich demnach durch:

  • den Abbau von fossilen Subventionen fünf Milliarden,
  • die Anhebung der Dienstwagenbesteuerung, der Inflationsausgleich bei Energiesteuern und CO₂-Preis 7 Milliarden,
  • durch eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer zehn bis 42,5 Milliarden,
  • ein langfristiges Sondervermögen für Klimaschutz zehn Milliarden und
  • eine Reform der Schuldenbremse rund 13,5 Milliarden jährlich mobilisieren.

Geht man davon aus, dass nicht 50, sondern nur 20 Prozent der Mittel in Klimafinanzierung fließen, landet man bei entsprechend niedrigeren Werten. Auch diese sind aber wenig wahrscheinlich, denn für die meisten der vorgeschlagenen Maßnahmen gibt es in Deutschland derzeit keine politischen Mehrheiten. kul

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Solarstromausbau: Potenzial entlang der Bundesfernstraßen liegt bei 50 Gigawatt

Entlang deutscher Autobahnen und Bundesstraßen könnten Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 50 Gigawatt installiert werden. Das geht aus einer Potenzialanalyse hervor, die die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) am Dienstag vorgestellt hat. Sie erfasst insgesamt rund 250.000 grundsätzlich geeignete Flächen.

Das größte Potenzial weisen laut Untersuchung die Straßenbegleitflächen mit bis zu 48 Gigawatt auf, gefolgt von den Lärmschutzwällen mit über vier Gigawatt und Parkflächen mit rund einem Gigawatt. Die möglichen PV-Erträge von Lärmschutzwänden und den Dachflächen untersuchter Gebäude liegen deutlich darunter. Die Straßen selbst wurden nicht berücksichtigt.

Wirtschaftlichkeit soll geprüft werden

“Dieses Potenzial wollen wir heben, indem bei der Planung des Neu- und Ausbaus von Bundesautobahnen künftig immer geprüft werden soll, inwieweit die zugehörigen Flächen für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden können”, sagte Susanne Henckel, Staatssekretärin im BMDV. Das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz von 2023 biete dafür den rechtlichen Rahmen.

Die Autobahn GmbH werde prüfen, ob sie die Anlagen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit selbst errichten und betreiben könne. Auch interessierte Dritte, etwa Kommunen, Anlieger und Investoren, könnten zum Zuge kommen.

Derzeit sind in Deutschland PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 95 Gigawatt in Betrieb. Nach den Plänen der Bundesregierung soll sich die Leistung bis 2030 auf 215 Gigawatt mehr als verdoppeln. ch

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  • Photovoltaik

E-Mobilität: Was Deutschland bei der Ladeinfrastruktur von Kalifornien lernen kann

Kalifornien ist beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge deutlich weiter als Deutschland. Während in dem US-Bundesstaat bereits heute mehr als zwei Ladepunkte pro 1.000 Einwohner zur Verfügung stehen, sind es in Deutschland weniger als die Hälfte. Das zeigt eine vergleichende Studie, die in der Fachzeitschrift Energy Policy veröffentlicht wurde.

Die beiden Autoren Jonas Meckling von der University of California in Berkeley und Nicholas Goedeking vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) in Bonn machen dafür das liberale deutsche Marktmodell im Bereich der E-Infrastruktur verantwortlich. Da die Energieversorger ihre Investitionen durch den Verkauf von Strom refinanzieren, sei der Ausbau finanziell weniger attraktiv.

Kalifornien: Ausbau finanziell attraktiver als in Deutschland

Im Gegensatz dazu biete der regulierte Strommarkt in Kalifornien den Energieversorgern garantierte Renditen auf ihre Infrastrukturinvestitionen. Dies sorge für mehr Planungssicherheit bei den Unternehmen. Zudem arbeiteten Energieversorger und Automobilindustrie deutlich besser zusammen.

“Der Erfolg Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energien beweist, dass es in der Lage ist, effektive Koalitionen zu bilden, um die Energiewende voranzutreiben”, betont Meckling. Um diesen Erfolg auf den Verkehrssektor zu übertragen, bedürfe es jedoch “gezielter politischer Maßnahmen, die Anreize schaffen und die Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern, Automobilherstellern und anderen Stakeholdern aktiv fördern”.

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland errichtet werden. Derzeit sind rund 140.000 in Betrieb. ch

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Heads

Ibrahima Cheikh Diong – Neuer Chef des Loss and Damage Fund

Ibrahima Cheikh Diong, geschäftsführender Direktor des Klimakatastrophenfonds.
Ibrahima Cheikh Diong, geschäftsführender Direktor des Loss and Damage Fund.

Seit Anfang dieses Monats ist Ibrahima Cheikh Diong geschäftsführender Direktor des Loss and Damage Fund, der während der Weltklimakonferenz (COP) im ägyptischen Scharm El-Scheich vor zwei Jahren eingerichtet wurde. Der sogenannte “Fund for responding to Loss and Damage” soll Entwicklungsländern, die schon jetzt stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, Mittel zur Verfügung stellen. Diese sollen eingesetzt werden, um klimabedingte Schäden zu ersetzen. Mit Diong steht dem Fonds nun ein erfahrener Banker und Experte für Entwicklungsarbeit vor.

Bekanntgegeben hatte der Vorstand des Fonds die Personalie bereits Ende September bei einem vorbereitenden Treffen der Organisation in Baku im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan. Diong hatte bei seiner Ernennung die Bedeutung des Fonds hervorgehoben: “Ich fühle mich geehrt, diese Aufgabe in einer so entscheidenden Zeit zu übernehmen, in der sich die Klimakrise als existenzielle Bedrohung für das Leben und den Lebensunterhalt vor allem der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern erweist.” Der Fonds werde für die unverhältnismäßig stark Betroffenen einen bedeutenden Unterschied machen, so Diong. Seine Amtszeit ist zunächst auf vier Jahre angesetzt.

Vertieftes Fachwissen über Krisenhilfe

Vertieftes Fachwissen darüber, wie Ländern schnelle Hilfe im Falle von Klimakatastrophen bereitgestellt werden könnte, sammelte Diong insbesondere als Generaldirektor der African Risk Capacity Group. Die Gruppe ist eine Sonderorganisation der Afrikanischen Union (AU), die den AU-Mitgliedsstaaten schnelle Finanzmittel infolge von Naturkatastrophen oder Extremwetterereignissen bereitstellt. Zuletzt war Diong zudem Sonderbeauftragter des Präsidenten der Arabischen Bank für wirtschaftliche Entwicklung in Afrika, kurz Badea. Die Entwicklungsbank gehört der Arabischen Liga und stellt Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zwischen arabischen Staaten und den Ländern in Afrika bereit.

Vor seiner Karriere bei den verschiedenen internationalen Organisationen arbeitete Diong, der neben der senegalesischen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft hält, als Banker bei der französischen Großbank BNP Paribas. Außerdem war Diong in mehreren Funktionen für die senegalesische Regierung tätig – unter anderem 2011 auch kurze Zeit als Staatssekretär für Energie. In dieser Rolle beschäftige sich Diong hauptsächlich mit der Verbesserung der Stromversorgung in seinem Heimatland. Nach seiner Tätigkeit bei der BNP gründete Diong schließlich die Investmentberatungsfirma ACT Afrique Group.

Exzellente Chinesisch-Kenntnisse

Seinen Master hat Diong Anfang der 1990er-Jahre an der renommierten Columbia University in New York absolviert. Interessanter ist vielleicht aber, dass Diong sein Bachelorstudium im Bereich Wassermanagement an der staatlichen Hohai-Universität in Nanjing machte. Insbesondere mit Blick auf die COP dürfte sich das nun auszahlen, denn Diong spricht fließend Mandarin-Chinesisch. Zudem beherrscht er Englisch und Französisch.

Die zentrale Aufgabe für Diong bei dieser COP ist es, den Loss and Damage Fund zu kapitalisieren. Zwar hatte Deutschland gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der COP in Dubai im vergangenen Jahr jeweils 100 Millionen Euro für den Fonds bereitgestellt, und auch andere Länder wie Großbritannien, die USA und Japan machten finanzielle Zusagen. Diong geht allerdings davon aus, dass Milliardenbeträge aufgebracht werden müssten, um den Fonds tatsächlich schlagkräftig auszustatten. Zudem wolle er sich dafür einsetzen, dass der Zugang zu den Finanzmitteln für die Empfängerländer flexibel und unbürokratisch gestaltet wird. David Renke

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Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    heute beginnen die drei letzten Tage der COP29. Haha, guter Witz. Offiziell endet die Konferenz in Baku natürlich am Freitagabend, aber offiziell ist bei den UN-Verhandlungen gar nichts. So wie die unterschiedlichen Positionen verhakt sind, werden wir wohl in Baku auf jeden Fall in die Verlängerung gehen. Einen Tag? Zwei? Wer weiß das schon…

    Denn eine Lösung für Baku, das schreiben wir heute, hat auch das G20 Treffen in Rio nicht gebracht. Auch wenn das manche gehofft hatten. Aber immerhin ein bisschen Rückenwind haben die Regierungschefs dem Treffen in Aserbaidschan gegeben. Fliegen muss die COP29 nun allein. Dazu kommt auch die Debatte, wo wir uns in zwei Jahren treffen – die Türkei würde gern die COP31 ausrichten, hat aber eine umstrittene Klimabilanz, wie wir heute zeigen.

    Und auch für Deutschland gibt es spannende Nachrichten: Wo steht unser Land in diesem Jahr im Ranking der Klimapolitik, das heute erscheint? Und wie viel Geld könnte Deutschland für die Klimafinanzierung aufbringen, wenn man alle Register zöge? Wir haben eine Zahl.

    Die nächsten Tage jedenfalls bleiben wir für Sie wach. Viel Spaß beim Lesen!

    Ihr
    Bernhard Pötter
    Bild von Bernhard  Pötter

    Analyse

    COP29: Warum die G20 nicht die Lösung liefern

    Die Staats- und Regierungschefs der G20 posieren in Rio de Janeiro für das traditionelle Familienfoto.

    Die Abschlusserklärung des G20-Gipfels von Rio de Janeiro hat der COP29 allgemein Rückenwind gegeben, aber keinen Durchbruch für die stockenden Verhandlungen in Baku geliefert. Die “Leaders’ Declaration”, von der sich Delegierte und Beobachter auf der Klimakonferenz neuen Schwung vor allem in den heiklen Fragen von Finanzen und Emissionsminderung erwartet hatten, unterstützt die Konferenz in Aserbaidschan verbal, überlässt aber den 198 Staaten dort die Entscheidung über das Ergebnis. Auf Lösung ihrer Probleme durch die G20 können die Staaten in Baku damit nicht hoffen.

    Unterstützung aus Rio für Baku

    Das Statement der Staats- und Regierungschefs vom Montagabend hat positive Seiten für eine mögliche Einigung auf der COP29:

    • Es bekennt sich (wie allgemein üblich) zum Pariser Abkommen und seinen Temperaturzielen, der Klimafinanzierung, Anpassung und internationalen Zusammenarbeit, und fordert schnell sinkende Emissionen.
    • Es betont die Bedeutung der COP28-Entscheidungen, besonders den UAE-Konsens und das erste Global Stocktake (GST).
    • Die Staatslenker versprechen, auf die Ermutigung “positiv zu reagieren”, die das GST für neue Klimaziele (NDCs) ihrer Länder bedeute, die “ehrgeizig, für die ganze Volkswirtschaft und alle Treibhausgase und 1,5-Grad-kompatibel” sein sollten.
    • Es verspricht mehr Kapital für die Weltbank-Tochter IDA – und vor allem eine “Erweiterung der Geber-Basis” – also genau das, was die Industriestaaten für das neue Klimafinanzziel NCQG in Baku fordern.
    • Es verlangt eine “beschleunigte Reform der internationalen Finanzarchitektur” und mahnt zu weiteren Reformen bei den multinationalen Entwicklungsbanken.

    Für die COP ist vor allem der Fokus auf die NDCs bedeutsam, weil dort um die Umsetzung des GST gerungen wird – und weil die Geldmittel für ehrgeizige Klimaziele im Rahmen der NDCs beschlossen werden sollen. Diese wiederum sollten möglichst progressiv sein, um die letzte Chance auf Erreichung des 1,5-Grad-Pfads zu wahren – und um dem diesjährigen G20-Gastgeber Brasilien als Gastgeber der COP30 im nächsten Jahr zu einem Erfolg zu verhelfen.

    Gegenwind aus Rio für Baku

    Bei den zwei in Baku zentralen Fragen – Finanzen und Emissionsminderung – zeigt die Erklärung dagegen deutlich weniger Ehrgeiz.

    • So “freut sie sich” nur auf ein erfolgreiches Ergebnis zum Finanzziel NCQG und unterstützt die Präsidentschaft.
    • Und bei Minderung erwähnt sie zwar das Ergebnis der COP28 in Dubai – zählt dann aber nur die Ziele bei Erneuerbaren und Effizienz auf und lässt die dritte Einigung von Dubai zur Abkehr von den Fossilen (“transitioning away”) unter den Tisch fallen.

    Unter Beobachtern und Delegierten in Baku heißt es, dass vor allem Saudi-Arabien im Kreis der G20 Druck gemacht hat, diese Formulierung fallenzulassen. Das Land hat die Entscheidung der COP28 in Dubai als Niederlage empfunden und seit einem Jahr den Fortschritt in vielen internationalen Verhandlungen blockiert. Ein aktueller Bericht der “New York Times” beschreibt diese Taktik als “Abrissbirne” für die Klimapolitik – eine Einschätzung, die von vielen auf der Konferenz geteilt wird.

    Kampf um COP28-Begriff “transition away”

    Wie umstritten der COP28-Beschluss von “transition away” bei der G20 ist, zeigt auch sein Schicksal in diesem Jahr. In der Erklärung der G20-Energie- und Klimaminister von Anfang Oktober fehlte er, wie nun auch in der “Leaders’ Declaration”. Dagegen tauchte “transition away” im Abschlussbericht der ministeriellen “Task Force Climate” der brasilianischen Präsidentschaft Ende Oktober durchaus auf.

    Mit diesem taktischen Hin und Her zwischen der Mehrheit der G20 und Saudi-Arabien könnte es bald vorbei sein. Denn wenn die USA unter Donald Trump aus dem Pariser Abkommen aussteigen sollten, ihnen eventuell Argentinien unter Javier Milei dabei folgt und Russland als großer Öl- und Gasproduzent ebenfalls Fortschritt verhindert, “dann heißt es in der G20 nicht mehr 19 gegen einen, sondern 16 gegen vier, und das verhindert in dieser Frage jeden Konsens”, so ein Beobachter.

    Dabei ist Saudi-Arabien eigentlich auf die Kooperation der anderen Staaten in der UNO angewiesen: Denn in nur zwei Wochen ist das Land in Riad Gastgeber der COP16 der UN-Wüstenkonvention. Dann wird die saudische Präsidentschaft auf der Suche nach Kompromissen sein.

    Gleichgewicht von Finanzen und Minderung?

    Weil die Formel “transition away” so umstritten ist, wird sie wohl auch in den Verhandlungen zu den abschließenden Dokumenten der COP29 ein Streitpunkt sein. Vor allem die Industriestaaten verlangen auf der Klimakonferenz Fortschritte im Abschied von den fossilen Energien, bevor sie zu Zugeständnissen rund um das Finanzziel NCQG bereit sind. Dabei wird der Bereich “Minderung”, in den “transition away” fällt, von einem “weißen Papier” aus verhandelt, es gibt also erst einmal keine textlichen Vorgaben. Mögliche Ergebnisse wären etwa:

    • eine Konkretisierung von Gesprächsformaten über mehr Ehrgeiz in der Emissionsminderung
    • oder eine Erwähnung von Netzausbau oder Energiespeichern, die die Präsidentschaft bisher nur als freiwillige Pledges aufführt.

    Bei der ebenfalls umstrittenen Finanzfrage werden inzwischen nach Angaben von Verhandlern erste Summen für ein neues NCQG genannt. Eine “Politico”-Meldung über ein mögliches EU-Ziel von 200 bis 300 Milliarden Dollar scheint Gerüchte zu bestätigen, die auf der COP29 umlaufen. Deutlich über den bisherigen 100 Milliarden, aber weit unter 500 oder 400 Milliarden Dollar, das könnte offenbar eine “Landezone” sein.

    Konkrete Entscheidungshilfe von der G20 gab es in den strittigen Punkten also nicht. Das heißt aber nicht, dass die COP29 unabhängig entscheidet: Alle nationalen Regierungen werden bei diesen Fragen sehr aufmerksam sein, weil sie einen möglichen Finanzkompromiss absegnen müssen.   

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    Translation missing.

    Türkei: Wie ehrgeizig ist die Klimapolitik des Landes?

    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vergangene Woche in Baku.

    In seiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs am zweiten Tag der COP29 kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Bewerbung seines Landes für die Ausrichtung des Gipfels nach Brasilien im Jahr 2026 an. Trotz eines offenen Briefes ehemaliger Staats- und Regierungschefs und Klimaexperten, die am 15. November eine Reform der COP forderten, einschließlich “strenger Auswahlkriterien” für die Gastgeberländer, scheint es inzwischen klar zu sein, dass die COP31 von einem Land ausgerichtet wird, das auf Kohle setzt.

    Der einzige Konkurrent der Türkei ist Australien, dessen Minister für Klimawandel, Chris Bowen, Berichten zufolge am 15. November Ankara besuchte, um die dortige Führung davon zu überzeugen, aus dem Rennen auszusteigen. Ein Großteil der australischen Stromerzeugung wird durch fossile Brennstoffe gedeckt, und das Land ist der zweitgrößte Exporteur fossiler Brennstoffe weltweit. Diese Situation erleichtert es Ankara, seine Bewerbung durch die Ankündigung einer ehrgeizigen Klimaagenda zu untermauern.

    Derzeitiges Ziel “kritisch unzureichend”

    Ein unerwünschter Sieg- ähnlich wie die gefürchteten Auszeichnungen für das “Fossil des Tages” auf der COP – ist, dass die Türkei im Jahr 2024 Europas größter Kohleverstromer sein wird. Gegenwärtig werden ganze 58 Prozent des türkischen Stroms mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Das nationale Klimaziel (NDC) der Türkei, das im Jahr 2023 aktualisiert wurde, verpflichtet zu einer Reduzierung der Emissionen um 41 Prozent gegenüber dem Stand von 2012 – allerdings nur im Vergleich zum Szenario “Business as usual”. Tatsächlich handelt es sich darum nicht um einen Rückgang der Emissionen, sondern um einen Anstieg von etwa 30 Prozent, erklärt der türkische WWF.

    Nach diesem Szenario werden die Emissionen der Türkei erst 2038 ihren Höhepunkt erreichen, und dann hat das Land nur noch 15 Jahre Zeit, um sein erklärtes Ziel von Netto-Null bis 2053 zu erreichen. Der Climate Action Tracker stuft diesen Plan als “kritisch unzureichend” ein und warnt, dass, wenn andere Länder dem türkischen Weg folgen würden, dies eine Erwärmung von bis zu vier Grad bedeuten würde.

    Deshalb wurde die langfristige Klimastrategie des Landes für 2053, die am ersten Tag des Gipfels bei den UN eingereicht und einen Tag später vom für den Klimawandel zuständigen Minister verkündet wurde, mit verhaltener Hoffnung erwartet.

    Neuer Plan: Vervierfachung der erneuerbaren Energien, Verdreifachung der Kernenergie

    “Das Gute an diesem Plan ist das neue Ziel einer Solar- und Windkraftkapazität von 120 Gigawatt für 2035”, sagt Ufuk Alparslan, Regionalleiter für die Türkei, Zentralasien und den Kaukasus bei der Organisation Ember. Er begrüßt das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien im nächsten Jahrzehnt zu vervierfachen. “Türkische zivilgesellschaftliche Organisationen und Denkfabriken hatten modelliert, wie die Türkei bis 2053 netto null erreichen könnte, und selbst in diesen Veröffentlichungen war die Solar- und Windkapazität nicht so hoch”, merkte er an und fügte hinzu, dass das NDC der Türkei aktualisiert werden sollte, um diese neuen Ambitionen widerzuspiegeln.

    Während das unerwartet hohe Ziel für erneuerbare Energien positiv aufgenommen wurde, war die Konzentration auf die Kernenergie umstrittener. Ankara hat die COP28-Erklärung zur Verdreifachung der Kernkraftkapazitäten bis 2050 mit Verspätung unterzeichnet und sieht bis 2050 eine Kapazität von 20 Gigawatt Kernkraft in seinem Energiemix vor.

    “Sie halten an der Rolle der Kernenergie als Grundlaststromquelle fest, als ob sich die Speichertechnologien in naher Zukunft nicht verbessern würden”, sagte Özlem Katısöz, Koordinatorin für Klima- und Energiepolitik für die Türkei beim Climate Action Network (CAN) Europe. “Wir sagen, dass Energie lokal und erneuerbar sein sollte, und die Kernenergie ist keines von beidem”, fügte sie hinzu und drückte ihre Verwunderung darüber aus, dass die Regierung auf die Kernenergie setzt, obwohl die Frage der Energieunabhängigkeit ganz oben auf der Agenda des Landes steht.

    Die Türkei versucht seit langem, ihre Energieabhängigkeit von Russland zu verringern, das einen Großteil der Gas-, Öl- und Kohleimporte des Landes liefert. Das im Bau befindliche Kernkraftwerk Akkuyu befindet sich jedoch im Besitz des staatlichen russischen Kernenergieunternehmens Rosatom.

    Alparslan sieht ein noch größeres Problem der Kernenergie in ihrer mangelnden Flexibilität. “Die Türkei braucht keine Grundlastkraftwerke, sondern flexible Anlagen, die die Produktion schnell erhöhen oder verringern können”, erklärte er, zumal die Kapazität der erneuerbaren Energien drastisch steigen wird. In dieser Hinsicht habe die Türkei Glück, da dieser Bedarf durch ihre große Wasserkraftkapazität gedeckt werden könne. “Der Bau von Kernkraftwerken dauert zu lange, und sie sind sehr teuer. Wir brauchen schnellere und billigere Lösungen wie Wind- und Solarenergie. Und da die Türkei ein hohes Potenzial für beides hat, halten wir es nicht für sinnvoll oder vernünftig, dass Ankara in die Kernenergie investiert”, fügte er hinzu.

    Weiter mit fossilen Brennstoffen?

    Abgesehen von der Kernenergie ist der größte Nachteil des Plans nach Ansicht von Klima- und Energieexperten das Fehlen einer Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. “Solange der Kohlesektor, der für ein Fünftel der türkischen Emissionen verantwortlich ist, nicht gestoppt wird, wird es sehr schwer sein, Netto-Null-Emissionen zu erreichen”, sagte Bahadır Sercan Gümüş, Türkei-Analyst bei Ember. In einem Pressegespräch nach der Bekanntgabe des Plans sprach der für den Klimawandel zuständige Minister Murat Kurum zum ersten Mal vom “Kohleausstieg”. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kernkraft, so Kurum, “werden wir schrittweise aus den fossilen Brennstoffen aussteigen”. Die Unklarheit des Prozesses gefährdet jedoch den Netto-Null-Plan.

    Ümit Şahin, Koordinator für Studien zum Klimawandel am Istanbul Policy Center, wies auch darauf hin, dass die Methodik des Plans fehlerhaft sei. “Sie sollten ein Minderungsziel haben und berechnen, wie man es erreichen kann. Stattdessen wurde eine Reihe von Nebenzielen formuliert – wie Energieeffizienz und der verstärkte Einsatz von Elektrofahrzeugen”, sagte er. “Das Hauptziel, zu dem alle diese kleineren Ziele beitragen sollten, fehlt.”

    “Brücke” zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

    Trotz der Bedenken hinsichtlich des Ehrgeizes seiner Klimapolitik scheint Ankara entschlossen, die COP31 in der Türkei auszurichten. Bei der Ankündigung der langfristigen Strategie des Landes auf der COP29 hob Kurum seine Vision hervor, auf der COP31 eine “Brücke” zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu bauen. “Brücke” ist eine abgedroschene Metapher zur Beschreibung der Türkei, die häufig verwendet wird, um auf die Lage des Landes zwischen Asien und Europa, Ost und West hinzuweisen. Aber es ist besonders passend, um die jahrzehntelangen Bemühungen der Türkei in der Klimadiplomatie zu beschreiben.

    Als Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurde die Türkei als Annex-1-Land eingestuft – im UNFCCC-Jargon als Industrieland -, was strengere Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung und den Ausschluss von der Klimafinanzierung mit sich bringt. Diese aus Ankaras Sicht “ungerechte” Fehleinstufung war nach Ansicht Ankaras der Hauptgrund dafür, dass die Türkei das Pariser Abkommen erst mit fünfjähriger Verspätung ratifiziert hat und Berichten zufolge erst, nachdem sie Vereinbarungen über finanzielle Unterstützung erreicht hatte.

    Während seiner Ausführungen auf der COP zum Thema Finanzen forderte Erdogan ein Ziel für die Klimafinanzierung, das “den Bedürfnissen der Entwicklungsländer entspricht”, und stellte sich damit eindeutig auf die Seite der Nicht-Annex-Länder. Dies sei ein Bruch mit der üblichen Zwischenposition der Türkei, so Şahin, der feststellte, dass die Erklärung des Präsidenten “direkt gegen die Europäische Union gerichtet” sei.

    Es bleibt abzuwarten, wie sich die Positionen der Türkei in den laufenden Verhandlungen auf ihre Bewerbung um die Ausrichtung der COP31 auswirken werden. Alparslan glaubt jedoch, dass die Ausrichtung des Klimagipfels den Ambitionen Ankaras in Sachen Klimaschutz Auftrieb verleihen würde. “Die Ausrichtung der COP31 in der Türkei würde das Bewusstsein schärfen, zumal die internationale Aufmerksamkeit auf das Land gerichtet sein wird”, sagte er. “Ankara wäre auch viel besser in der Lage, seine Position und Ziele zu kommunizieren. Es wäre insgesamt sehr vorteilhaft.”

    Dieser Artikel entstand im Rahmen der 2024 Climate Change Media Partnership, einem Journalismus-Stipendium, das vom Earth Journalism Network von Internews und dem Stanley Center for Peace and Security organisiert wird.

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    Fossile Subventionen: Das wurde aus den Ausstiegsplänen der COP28 und COP26

    Die Vize-Premierministerin der Niederlande, Sophie Hermans (Mitte), präsentierte am Dienstag erste Ergebnisse der Koalition zur Abschaffung fossiler Subventionen.

    Eine Koalition aus zwölf Staaten unter dem Vorsitz der Niederlande hat vor einem Jahr versprochen, den Ausstieg aus Subventionen für fossile Brennstoffe voranzutreiben. Auf der COP28 unterzeichneten die Staaten eine gemeinsame Erklärung, die sie verpflichtet, innerhalb eines Jahres ein Inventar zu veröffentlichen, um eine Strategie für die Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen zu entwickeln. Gelder daraus könnten etwa in das neue Klimafinanzziel (NCQG) fließen, wie eine Studie deutscher Umweltverbände zeigt.

    Erste Ergebnisse stellte die Coalition on Fossil Fuel Incentives and Subsidies (COFFIS) am Dienstag vor: Vier Mitgliedstaaten veröffentlichten fristgerecht ein Inventar ihrer fossilen Subventionen, erklärte die zuständige Klima- und Wirtschaftsministerin der Niederlande, Sophie Hermans. “Die anderen Staaten arbeiten noch daran.” Jenes von Österreich wurde am Dienstag nachgereicht. Zudem verkündete die Ministerin den Beitritt von Großbritannien, Neuseeland und Kolumbien. Mit weiteren Staaten sei man im Gespräch. Derartige First-Mover-Koalitionen sind typisch für den UN-Klimaprozess, um andere Länder zu motivieren.

    Ebenfalls Mitglied sind Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Kanada, Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Costa Rica, Luxemburg und Antigua und Barbuda. Als Sekretariat wurde das International Institute for Sustainable Development (IISD) beauftragt, um etwa beim Inventar zu helfen. Deutschland zeigte sich zwar interessiert an einem Beitritt, fehlt bisher aber ebenso wie die USA und China.

    Positive Signale aus den Niederlanden und Kanada, andere Länder versäumen Frist

    Neben Österreich haben auch Frankreich, Irland, Belgien und die Niederlande fristgerecht ihr Inventar veröffentlicht. “Daraus erstellen die Mitglieder eine Strategie zur Abschaffung fossiler Subventionen”, erklärte Hermans den Prozess. Spätestens in einem Jahr zur COP30 müssen alle Koalitionsmitglieder diese Strategie vorlegen. Einzelne Subventionen seien hier besonders sensibel, mahnte Hermans – etwa für Haushalte, die die Niederlande während der Energiekrise 2022 subventionierte. Diese Unterstützung werde nun schrittweise abgeschafft. “Jede Subvention berührt den Lebensunterhalt eines Menschen. Wir können diese nicht ohne einen gerechten Übergang abschaffen.”

    Allerdings fließen ohnehin nur 15 Prozent der weltweiten fossilen Subventionen an ärmere Menschen“, sagte Mary Warlick, stellvertretende Geschäftsführerin der IEA. Für einen gerechten Übergang (“just transition”) müsste die Abschaffung “schrittweise und mit langfristigen strukturellen Veränderungen” geschehen und transparent kommuniziert werden.

    Ein positives Signal kam unterdessen aus Kanada. Das Land unterzeichnete bereits 2009 eine G20-Vereinbarung zur Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen. “Wir sind das erste G20-Land, das diese abschafft”, erklärte die Klimabotschafterin Catharine Stewart. 2023 veröffentlichte das Land eine nationale Strategie. Darin sind 129 Subventionen aufgelistet. Zudem sei Kanada dabei, “die öffentliche Finanzierung von fossilen Brennstoffen zu beenden“, sagte Stewart. 2022 flossen dafür laut Environmental Defence noch rund 19 Milliarden kanadische Dollar (12,8 Milliarden Euro).

    Frankreich dagegen hat im Februar seine Pläne zur Abschaffung von Steuererleichterungen für Agrardiesel gekippt, nachdem Landwirte wochenlang dagegen protestiert hatten – was wiederum Kritik an Frankreichs Glaubwürdigkeit als Mitglied der COFFIS-Koalition schürte.

    Subventionen in fossile Brennstoffe steigen weiter

    Die Abschaffung ineffizienter fossiler Subventionen ist seit Jahren im Gespräch. Nach den G20-Staaten im Jahr 2009 verpflichteten sich dazu auch alle UN-Staaten in der Abschlusserklärung der COP26 vor drei Jahren. Die G7-Staaten beschlossen bereits 2016, ineffiziente fossile Subventionen bis 2025 abzuschaffen. Auch eine Initiative der WTO und das SDG12.c zielen darauf ab.

    Trotz dieser Vereinbarungen vervierfachten sich im Jahr 2022 die fossilen Subventionen im Vergleich zu 2020. Grund dafür sind vor allem gestiegene Energiepreise nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine, wie der Fossil Fuel Subsidy Tracker von OECD und IISD zeigt. Im Vorjahr sanken die Subventionen zwar wieder von 1.500 auf 1.300 Milliarden US-Dollar; dieser Rückgang sei aber “nicht substanziell”, kritisiert Jonas Kuehl, Politikberater und Analyst im Energiebereich am IISD, im Gespräch mit Table.Briefings.

    NDCs: Bislang keine neuen Verpflichtungen und einige Rückschritte

    Auch die neuen nationalen Klimaschutzpläne (NDC 3.0) seien “noch nicht sehr erfolgversprechend”, sagt Kuehl. Diese müssen bis Februar 2025 von allen UN-Staaten nachgeschärft werden und sind bis 2035 gültig. Vor und während der COP29 haben einige Staaten neue NDCs vorgelegt, darunter die G20-Mitglieder Brasilien und Großbritannien sowie die Schweiz. Neue Verpflichtungen zur Reform oder Abschaffung fossiler Subventionen gebe es bislang aber nicht, sagt Kuehl. Im Gegenteil: “Panama, UAE und Oman haben ihre Verpflichtungen in ihren letzten Updates wieder herausgestrichen.”

    Zudem seien diese Verpflichtungen “nicht immer ganz handlungsorientiert”, so Kuehl. “Wir wollen nicht nur, dass sich die Länder dazu verpflichten, ihre fossilen Subventionen reformieren, sondern eine Strategie und einen Zeitplan zum Ausstieg erarbeiten.”

    In den aktuellen NDCs, die bis 2030 gelten, hatten sich laut einer Analyse des IISD ohnehin nur 16 Staaten verpflichtet, Subventionen für fossile Energien zu reformieren. Darunter sind einige der größten Subventionierer: Ägypten (28 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022), Kasachstan (18 Milliarden US-Dollar) und Nigeria (fünf Milliarden US-Dollar). Länder der G7 oder G20 fehlen auf dieser Liste trotz entsprechender Beschlüsse. Auch die EU vereinbarte vor einem Jahr im Umweltaktionsprogramm eine “unverzügliche Abschaffung fossiler Subventionen”. Im aktuellen NDC steht dazu nichts; das neue NDC 3.0 wird erst Mitte 2025 erwartet.

    EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra erklärte auf der COP29, man werde fossile Subventionen “im nächsten Budgetzyklus angehen”. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten werde die nächste Kommission sowie er persönlich dafür sorgen, dass Allianzen entstehen – etwa mit den Finanzministern. “Wäre es nicht schön, wenn wir fossile Subventionen abschaffen und mehr Geld für andere Dinge zur Verfügung haben?”

    COP29: Reform fossiler Subventionen könnte Klimafinanzierung erhöhen

    Die Abschaffung fossiler Subventionen wird auf der COP29 vor allem in zwei Bereichen diskutiert: Einerseits im Zusammenhang mit der möglichen Abschlusserklärung des UN-Klimagipfels, bei der “einige Länder die Formulierung gestärkt sehen wollen”, so Kuehl – und andererseits in Bezug auf das neue Klimafinanzziel (NCQG). “Eine Reform der fossilen Subventionen ist auch beim NCQG im Gespräch. Diese könnte eher in qualitativen Elementen zur Mobilisierung nationaler Ressourcen stehen, um zusätzliche Mittel aufzutreiben.” Fossile Subventionen seien im letzten Textentwurf zum NCQG “noch an verschiedenen Stellen” enthalten. Aber es sei zu früh, um zu sagen, ob dies durchkommt.

    Welche Mittel so etwa Deutschland für die Klimafinanzierung auftreiben könnte, legte am Dienstag eine Studie (siehe auch unter News) von Klima-Allianz Deutschland, Germanwatch, Global Citizen und WWF dar. “Allein der Verzicht auf Steuervergünstigungen auf Diesel und das Dienstwagenprivileg könnte zwischen zwei und fünf Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung generieren”, heißt es darin. Das wäre rund die Hälfte der sechs Milliarden Euro, die Deutschland ab 2025 jährlich versprochen hat – aufgrund des Budgetdefizits und des Endes der Regierung steht dieses Versprechen derzeit auf wackeligen Beinen.

    David Ryfisch, Bereichsleiter für Zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch, fordert daher “dringende Fortschritte beim Abbau der fossilen Subventionen”. Ryfisch kritisiert, dass der ehemalige Finanzminister Christian Lindner den Beitritt zur COFFIS-Koalition bislang blockiert habe. “Dies sollte die kommende Regierung nun nachholen.” Auch Marianne Lotz, Policy Advisor für Energiepolitik beim WWF, sieht in der COFFIS-Koalition ein Vorbild für Deutschland: “Eine klare Strategie inklusive eines Zeitplans der Bundesregierung zum Ab- und Umbau klimaschädlicher Subventionen ist längst überfällig.”

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    • NCQG
    • OECD

    Termine

    20. November, 10 Uhr, Deutscher Pavillon
    Diskussion Accelerating Decarbonization: How Hamburg Businesses Work for a Carbon-Neutral Future
    Die Handelskammer bringt auf diesem Panel Hamburger Unternehmer zusammen, um darüber zu diskutieren, wie sie an Klimaneutralität arbeiten. Infos

    20. November, 10 Uhr, Aserbaidschanischer Pavillon
    Urban Impact: How cities can accelerate the climate agenda
    Diese Sitzung wird sich damit befassen, wie Städte auf der ganzen Welt bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Vorreiterrolle spielen. Es werden beispielhafte, von Städten geleitete Projekte zu wichtigen Umweltfragen vorgestellt. Infos

    20. November, 11.30 Uhr, Side Event Room 8
    Diskussion Climate, Gender and Health: Essentials to Resilient Communities
    Im Fokus dieser Diskussion steht der Gender Action Plan, auf den sich die Staaten 2019 geeinigt haben. Wie weit ist seine Implementierung gekommen? Infos

    20. November, 16.45 Uhr, Side Event Room 2
    Disukussion Wildlife Protection and Food Systems Transformation: Boosting NDCs for a Greener Future
    Auf diesem Side Event diskutieren verschiedene Akteure darüber, wie Biodiversität und Ernährung besser in die NDCs integriert werden können. Infos

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    Klima in Zahlen: Deutschland rutscht im Klimaschutz-Index zwei Plätze ab

    Deutschland sieht sich selbst gern als Vorreiter beim Klimaschutz. Doch in einem wichtigen internationalen Vergleich, dem an diesem Mittwoch veröffentlichten Klimaschutz-Index der NGO Germanwatch und des New Climate Institutes, ist das Land vom 14. auf den 16. Platz abgerutscht. Die Gesamtnote für Deutschlands Performance beim Klimaschutz verschlechterte sich dabei von “gut” auf “mäßig”. Während die Entwicklung bei den Emissionen und beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor von den Autoren der Studie positiv hervorgehoben werden, fällt das Land in anderen Bereichen zurück. “In der Klimapolitik sind vor allem bei Verkehr und Gebäuden keine echten Fortschritte erkennbar“, kritisiert Co-Autorin Thea Uhlich von Germanwatch. Negativ bewertet wurde auch, dass sich Deutschland international für neue Gasfelder ausgesprochen hat.

    Der Index analysiert die Klimabilanz von 63 Staaten, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Insgesamt sehen die Autoren durchaus Grund zur Hoffnung. “Der Höhepunkt der weltweiten Emissionen ist in greifbarer Nähe”, sagt Co-Autor Niklas Höhne vom New Climate Institute. Allerdings zeige der Index auch, “wie groß der Widerstand der fossilen Lobby ist”. So gehörten die vier letztplatzierten Länder – Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Russland – zu den größten Öl- und Gasproduzenten. Auch der Wahlsieg des von der Fossil-Lobby unterstützten Donald Trump könne “ein Bremsklotz” für den Klimaschutz werden, warnt Höhne.

    Weil nach Ansicht der Herausgeber bisher kein Land beim Klimaschutz die Note “sehr gut” verdient hat, bleiben die ersten drei Plätze im Index auch in diesem Jahr leer. Spitzenreiter ist erneut Dänemark. Größter Aufsteiger ist Großbritannien, das nach dem Regierungswechsel vom 20. auf den 6. Platz kletterte; deutlich verschlechtert haben sich die Schweiz, Finnland und Argentinien. Die USA landen trotz positiver Impulse aus dem Inflation Reduction Act aufgrund ihrer hohen Pro-Kopf-Emissionen mit dem Urteil “sehr schlecht” auf dem 57. Platz. Auch China steht nur auf dem 55. Platz, weil es trotz des Booms bei den erneuerbaren Energien bisher noch keine klare Abkehr von den fossilen gebe. mkr

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    Klimafinanzen: Deutschland gibt 60 Millionen Euro für Anpassungsfonds

    Deutschland hat am Dienstag 60 Millionen Euro an neuer Klimafinanzierung für den Anpassungsfonds zugesagt. Das Geld stammt aus dem laufenden Bundeshaushalt, jeweils zur Hälfte aus dem Etat des Bundesumweltministeriums und des Auswärtigen Amts. Die Mittelflüsse sind somit nicht von der Entscheidung einer zukünftigen Regierung abhängig. Der Anpassungsfonds (Adaptation Fund) gilt als Vorzeigeprojekt der Klimafinanzierung, ist aber chronisch unterfinanziert.

    “Mit der Zusage setzt Deutschland nun andere Länder unter Zugzwang”, ebenfalls größere Beträge für den Fonds bereitzustellen, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzexperte von Oxfam. In der ersten COP-Woche hatten zehn Staaten lediglich 61 Millionen US-Dollar an Finanzzusagen gemacht. Insgesamt wurden bisher knapp 130 Millionen US-Dollar an neuen Geldern versprochen. Der Fonds braucht jedoch 300 Millionen Dollar an neuen Zusagen, um die geplanten Projekte umzusetzen. Deutschland ist zwar der größte Geber des Fonds. Auf der COP29 hätten sich einige Beobachter jedoch eine frühere Zusage neuer Gelder gewünscht, um andere Staaten unter Druck zu setzen. nib

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    China: Historische Emissionen übersteigen die der EU

    Chinas historische Emissionen liegen höher als die der 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen – und verursachen damit auch mehr globale Erwärmung. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Analyse von Carbon Brief. Grundlage der Berechnung sind die Emissionen der einzelnen Länder seit 1850. Für die COP29 in Baku sind die Ergebnisse relevant, denn in den Verhandlungen um das neue Klimafinanzziel NCQG spielt die Frage, welche Länder eine besonders große historische Verantwortung für den Klimawandel tragen, laut Carbon Brief eine besondere Rolle.

    Bisher galten die traditionellen Industrieländer, die im Annex I der UN-Klimarahmenkonvention aufgelistet werden, vor allen anderen als verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren und ihren Beitrag zur globalen Klimafinanzierung zu leisten. Deutschland und andere Industrieländer fordern in Baku, dass künftig auch wohlhabende Schwellenländer zahlen müssen. Wenn Chinas kumulierter Kohlendioxid-Ausstoß nun über dem der EU liegt, könnte der Druck auf China weiter steigen.

    In Zahlen: Bis 2023 hat China der Analyse zufolge 312 Gigatonnen CO₂-Emissionen verursacht – etwas mehr als die EU mit 303 Gigatonnen. Beide liegen demnach aber weit hinter den 532 Gigatonnen der USA zurück. Die chinesischen Pro-Kopf-Emissionen sind jedoch mit 227 Tonnen CO₂ deutlich niedriger als die der EU mit 682 Tonnen.

    Das globale Kohlenstoffbudget, dessen Überschreiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Erwärmung um mehr als 1,5 Grad führt, ist laut der Analyse bereits zu 94 Prozent aufgebraucht. Carbon Brief hält es für unwahrscheinlich, dass China jemals den Beitrag der USA zur globalen Erwärmung überholen werde – selbst wenn man den möglichen besonderen Anstieg der US-Emissionen durch die anstehende Präsidentschaft von Donald Trump nicht berücksichtige. ae

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    Studie: Wie Deutschland deutlich mehr zur Klimafinanzierung beitragen könnte

    Deutschland könne aus öffentlichen Mitteln jährlich knapp 100 Milliarden Euro zur Klimafinanzierung beitragen. Das hat eine Studie im Auftrag von Germanwatch, Klima-Allianz, WWF und Global Citizen errechnet. Bisher bewegt sich die gesamte internationale Klimafinanzierung in diesem Bereich, Deutschland trug zuletzt etwas mehr als sechs Milliarden bei. Bei den Klimaverhandlungen auf der COP29 hält die EU nach aktuellen Berichten 200 bis 300 Milliarden Dollar als globales Finanzziel (NCQG) für akzeptabel.

    Die aktuelle NGO-Studie hat für ihre Zahlen 24 mögliche Finanzquellen untersucht, mit denen Deutschland in Zukunft mehr Mittel generieren könnte. Dazu hat sie bestehende Initiativen auf deutscher, EU- und internationaler Ebene bewertet. Demnach könnte Deutschland im nächsten Jahr 18 Milliarden, ab 2026 rund 36 Milliarden und danach sogar bis zu 96 Milliarden Euro an zusätzlichen Finanzmitteln erschließen. Hinzu kämen private Mittel im Umfang von weiteren 100 Milliarden Euro. Auch auf EU-Ebene ließen sich demnach zusätzliche Mittel mobilisieren.

    Um auf diese hohen Zahlen zu kommen, geht die Studie davon aus, dass von den zusätzlichen Geldern 50 Prozent in Klimafinanzierung fließen. Beispielsweise ließen sich demnach durch:

    • den Abbau von fossilen Subventionen fünf Milliarden,
    • die Anhebung der Dienstwagenbesteuerung, der Inflationsausgleich bei Energiesteuern und CO₂-Preis 7 Milliarden,
    • durch eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer zehn bis 42,5 Milliarden,
    • ein langfristiges Sondervermögen für Klimaschutz zehn Milliarden und
    • eine Reform der Schuldenbremse rund 13,5 Milliarden jährlich mobilisieren.

    Geht man davon aus, dass nicht 50, sondern nur 20 Prozent der Mittel in Klimafinanzierung fließen, landet man bei entsprechend niedrigeren Werten. Auch diese sind aber wenig wahrscheinlich, denn für die meisten der vorgeschlagenen Maßnahmen gibt es in Deutschland derzeit keine politischen Mehrheiten. kul

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    Solarstromausbau: Potenzial entlang der Bundesfernstraßen liegt bei 50 Gigawatt

    Entlang deutscher Autobahnen und Bundesstraßen könnten Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 50 Gigawatt installiert werden. Das geht aus einer Potenzialanalyse hervor, die die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) am Dienstag vorgestellt hat. Sie erfasst insgesamt rund 250.000 grundsätzlich geeignete Flächen.

    Das größte Potenzial weisen laut Untersuchung die Straßenbegleitflächen mit bis zu 48 Gigawatt auf, gefolgt von den Lärmschutzwällen mit über vier Gigawatt und Parkflächen mit rund einem Gigawatt. Die möglichen PV-Erträge von Lärmschutzwänden und den Dachflächen untersuchter Gebäude liegen deutlich darunter. Die Straßen selbst wurden nicht berücksichtigt.

    Wirtschaftlichkeit soll geprüft werden

    “Dieses Potenzial wollen wir heben, indem bei der Planung des Neu- und Ausbaus von Bundesautobahnen künftig immer geprüft werden soll, inwieweit die zugehörigen Flächen für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden können”, sagte Susanne Henckel, Staatssekretärin im BMDV. Das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz von 2023 biete dafür den rechtlichen Rahmen.

    Die Autobahn GmbH werde prüfen, ob sie die Anlagen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit selbst errichten und betreiben könne. Auch interessierte Dritte, etwa Kommunen, Anlieger und Investoren, könnten zum Zuge kommen.

    Derzeit sind in Deutschland PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 95 Gigawatt in Betrieb. Nach den Plänen der Bundesregierung soll sich die Leistung bis 2030 auf 215 Gigawatt mehr als verdoppeln. ch

    • BMDV
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    E-Mobilität: Was Deutschland bei der Ladeinfrastruktur von Kalifornien lernen kann

    Kalifornien ist beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge deutlich weiter als Deutschland. Während in dem US-Bundesstaat bereits heute mehr als zwei Ladepunkte pro 1.000 Einwohner zur Verfügung stehen, sind es in Deutschland weniger als die Hälfte. Das zeigt eine vergleichende Studie, die in der Fachzeitschrift Energy Policy veröffentlicht wurde.

    Die beiden Autoren Jonas Meckling von der University of California in Berkeley und Nicholas Goedeking vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) in Bonn machen dafür das liberale deutsche Marktmodell im Bereich der E-Infrastruktur verantwortlich. Da die Energieversorger ihre Investitionen durch den Verkauf von Strom refinanzieren, sei der Ausbau finanziell weniger attraktiv.

    Kalifornien: Ausbau finanziell attraktiver als in Deutschland

    Im Gegensatz dazu biete der regulierte Strommarkt in Kalifornien den Energieversorgern garantierte Renditen auf ihre Infrastrukturinvestitionen. Dies sorge für mehr Planungssicherheit bei den Unternehmen. Zudem arbeiteten Energieversorger und Automobilindustrie deutlich besser zusammen.

    “Der Erfolg Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energien beweist, dass es in der Lage ist, effektive Koalitionen zu bilden, um die Energiewende voranzutreiben”, betont Meckling. Um diesen Erfolg auf den Verkehrssektor zu übertragen, bedürfe es jedoch “gezielter politischer Maßnahmen, die Anreize schaffen und die Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern, Automobilherstellern und anderen Stakeholdern aktiv fördern”.

    Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland errichtet werden. Derzeit sind rund 140.000 in Betrieb. ch

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    Ibrahima Cheikh Diong – Neuer Chef des Loss and Damage Fund

    Ibrahima Cheikh Diong, geschäftsführender Direktor des Klimakatastrophenfonds.
    Ibrahima Cheikh Diong, geschäftsführender Direktor des Loss and Damage Fund.

    Seit Anfang dieses Monats ist Ibrahima Cheikh Diong geschäftsführender Direktor des Loss and Damage Fund, der während der Weltklimakonferenz (COP) im ägyptischen Scharm El-Scheich vor zwei Jahren eingerichtet wurde. Der sogenannte “Fund for responding to Loss and Damage” soll Entwicklungsländern, die schon jetzt stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, Mittel zur Verfügung stellen. Diese sollen eingesetzt werden, um klimabedingte Schäden zu ersetzen. Mit Diong steht dem Fonds nun ein erfahrener Banker und Experte für Entwicklungsarbeit vor.

    Bekanntgegeben hatte der Vorstand des Fonds die Personalie bereits Ende September bei einem vorbereitenden Treffen der Organisation in Baku im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan. Diong hatte bei seiner Ernennung die Bedeutung des Fonds hervorgehoben: “Ich fühle mich geehrt, diese Aufgabe in einer so entscheidenden Zeit zu übernehmen, in der sich die Klimakrise als existenzielle Bedrohung für das Leben und den Lebensunterhalt vor allem der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern erweist.” Der Fonds werde für die unverhältnismäßig stark Betroffenen einen bedeutenden Unterschied machen, so Diong. Seine Amtszeit ist zunächst auf vier Jahre angesetzt.

    Vertieftes Fachwissen über Krisenhilfe

    Vertieftes Fachwissen darüber, wie Ländern schnelle Hilfe im Falle von Klimakatastrophen bereitgestellt werden könnte, sammelte Diong insbesondere als Generaldirektor der African Risk Capacity Group. Die Gruppe ist eine Sonderorganisation der Afrikanischen Union (AU), die den AU-Mitgliedsstaaten schnelle Finanzmittel infolge von Naturkatastrophen oder Extremwetterereignissen bereitstellt. Zuletzt war Diong zudem Sonderbeauftragter des Präsidenten der Arabischen Bank für wirtschaftliche Entwicklung in Afrika, kurz Badea. Die Entwicklungsbank gehört der Arabischen Liga und stellt Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zwischen arabischen Staaten und den Ländern in Afrika bereit.

    Vor seiner Karriere bei den verschiedenen internationalen Organisationen arbeitete Diong, der neben der senegalesischen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft hält, als Banker bei der französischen Großbank BNP Paribas. Außerdem war Diong in mehreren Funktionen für die senegalesische Regierung tätig – unter anderem 2011 auch kurze Zeit als Staatssekretär für Energie. In dieser Rolle beschäftige sich Diong hauptsächlich mit der Verbesserung der Stromversorgung in seinem Heimatland. Nach seiner Tätigkeit bei der BNP gründete Diong schließlich die Investmentberatungsfirma ACT Afrique Group.

    Exzellente Chinesisch-Kenntnisse

    Seinen Master hat Diong Anfang der 1990er-Jahre an der renommierten Columbia University in New York absolviert. Interessanter ist vielleicht aber, dass Diong sein Bachelorstudium im Bereich Wassermanagement an der staatlichen Hohai-Universität in Nanjing machte. Insbesondere mit Blick auf die COP dürfte sich das nun auszahlen, denn Diong spricht fließend Mandarin-Chinesisch. Zudem beherrscht er Englisch und Französisch.

    Die zentrale Aufgabe für Diong bei dieser COP ist es, den Loss and Damage Fund zu kapitalisieren. Zwar hatte Deutschland gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der COP in Dubai im vergangenen Jahr jeweils 100 Millionen Euro für den Fonds bereitgestellt, und auch andere Länder wie Großbritannien, die USA und Japan machten finanzielle Zusagen. Diong geht allerdings davon aus, dass Milliardenbeträge aufgebracht werden müssten, um den Fonds tatsächlich schlagkräftig auszustatten. Zudem wolle er sich dafür einsetzen, dass der Zugang zu den Finanzmitteln für die Empfängerländer flexibel und unbürokratisch gestaltet wird. David Renke

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