treffen sich drei Klimawissenschaftler in einer Bar … Humor in der Klimakrise? Pünktlich zum Karneval setzen wir mal einen ungewöhnlichen Schwerpunkt. Eckart von Hirschhausen schreibt im Standpunkt, warum Humor ein Weg der Erkenntnis sein kann und Paradoxe und Widersprüche in der Klimapolitik sichtbar machen kann. Alexandra Endres hat zu dem Thema mit Kommunikationswissenschaftlern gesprochen. Sie stimmen Hirschhausen zu: Humor kann neue Aufmerksamkeit schaffen. Doch Klimawitze bewirken eher keine Verhaltensänderungen.
Wenn auf den Klimakonferenzen um Ergebnisse gerungen wird, geht es meist ernst zur Sache. Ottmar Edenhofer kritisiert im Interview, dass international bisher zu wenig über CO₂-Bepreisung als Instrument für die Dekarbonisierung schmutziger Wirtschaftsbereiche diskutiert wird. Der Ökonom fordert eine globale Müllabfuhr für CO₂: Wer emittiert, müsse zahlen, wer CO₂-Senken bereitstellt, müsse bezahlt werden. Durch die aktuellen EU-Debatten um eine Carbon-Management-Strategie bekommen diese Forderungen hohes Gewicht.
Keinen Spaß verstehen die chinesischen Behörden – zumindest beim Emissionshandel. Eine neue Regulierung sieht härtere Strafen vor. Erstmals wird auch der Flugverkehr im Zusammenhang mit dem CO₂-Handel genannt – das überrascht Experten. Doch eine große Schwachstelle des chinesischen Emissionshandels bleibt weiter bestehen.
Im Porträt stellen wir Ihnen heute den neuen US-Klimazar John Podesta vor. Er folgt auf John Kerry, der im Frühjahr zurücktreten wird.
Beste Grüße
Auf der COP war ein großes Thema, wie mehr Geld mobilisiert werden kann – für Anpassung, Finanzhilfen, Investitionen. Und dieses Thema wird die nächste COP dominieren. Aber es wird immer nur davon gesprochen, kurzfristig Geld aufzubringen – und nie von einem systemischen Ansatz, etwa einen globalen CO₂-Preis einzuführen, den Sie schon lange fordern.
Der Begriff Carbon Pricing wird vermieden. Das Narrativ lautet vielmehr: Die CO₂-freien Technologien müssen billiger werden und zu diesem Zweck müssen wir sie subventionieren. Dann wird der Umstieg gelingen. Aber warum redet man nicht über Carbon Pricing? Weil die Bepreisung von CO₂ mehrere Funktionen hat: Es macht die CO₂-freien Alternativen rentabel. Carbon Pricing besteuert aber auch den fossilen Kapitalstock und führt dazu, dass er abgebaut wird. Und das war auf der COP hochumstritten. Alle wollen den grünen Kapitalstock aufbauen, keiner will den braunen abbauen. Das ist beunruhigend.
Jetzt sagen Sie auch noch: Wir müssen eine globale Müllabfuhr für CO₂ organisieren und bezahlen. Was meinen Sie damit?
Es heißt ja immer, wir stehen zum 1,5-Grad-Ziel. Es ist aber faktisch nicht mehr möglich, diese Grenze der Erwärmung zu halten, wenn damit gemeint ist, dass wir diese Grenze nicht überschreiten dürfen. Das Beste, das wir erreichen können, ist der sogenannte Overshoot: ein zeitweiliges Überschreiten der 1,5 Grad und danach ein Absenken unter 1,5 Grad. Dafür aber müssen wir CO₂ aus der Atmosphäre entziehen. Diese negativen Emissionen brauchen eine neue Art der Klimafinanzierung. Also eine Art Entlohnung für die Müllentsorgung durch negative Emissionen. Denn wenn die Welt bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen und langfristig das 1,5-Grad-Limit halten will, dann müssen wir zum einen die schwer vermeidbaren Restemissionen etwa aus dem Zementsektor oder der Landwirtschaft mit natürlichen oder technischen Optionen kompensieren. Zum anderen müssen wir in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Atmosphäre mehr Emissionen entziehen als wir ausstoßen, um den Overshoot abzubauen.
Wie soll das funktionieren?
Da gibt es zwei fundamentale Prinzipien. Das eine: Wer emittiert, muss zahlen. Das andere: Wer Kohlenstoffsenken bereitstellt, muss dafür entlohnt werden. Das gilt für Bauern, die am Horn von Afrika durch ihre Arbeit im Boden Kohlenstoff dauerhaft binden genauso wie für Leute, die mit technischen Filtern CO₂ aus der Atmosphäre entziehen und in geologischen Formationen lagern.
Und wie soll das bezahlt werden? Wir reden über Milliardensummen.
Ja, denn wenn wir die globale Erwärmung langfristig auf 1,5 Grad begrenzen wollen, werden wir bis 2050 jährlich fünf bis 15 Milliarden Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre holen müssen. Bei Preisen von 100 bis 300 US-Dollar pro Tonne CO₂ heißt das, wir müssten etwa eine halbe bis knapp vier Billionen US-Dollar für diese Müllabfuhr ausgeben. Das ist eine gigantische Summe, zwischen 0,3 und drei Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts – und etwa so viel wie die 2,2 Billionen Militärausgaben weltweit im Jahr 2022. Da entsteht ein gigantischer Wirtschaftssektor. Aber auch über diese Art von Klimafinanzierung redet auf den COPs noch keiner.
Warum wird diese Debatte nicht geführt?
Weil die Politik nicht konsequent ist. Wenn man sich die nationalen Klimabeiträge der Regierungen ansieht, sieht man eine Verbesserung. Aber die steht erstmal nur auf dem Papier.
Wenn man sich dann aber anschaut, was die Regierungen tatsächlich machen und es mit dem vergleicht, was ihre Ministerinnen und Minister auf der COP versprechen, dann werden die Versprechen unglaubwürdig. Sie machen buchstäblich das Gegenteil: Auf den Konferenzen reden sie über einen Ausstieg aus der Kohle und aus dem Öl, zuhause machen sie Pläne für eine Ausweitung der Produktion.
Aber das wären ja alles gestrandete Kosten, wenn sich die Politik durchsetzt.
Ich glaube, die Märkte wetten darauf, dass die Klimapolitik nicht wirksam umgesetzt wird, weil sie die Versprechen der Regierung als nicht glaubwürdig einschätzen. Deswegen glaube ich nicht, dass wir auf den Höhepunkt der Produktion von Öl und Gas zusteuern, wie es die Internationale Energiagentur IEA sagt. Die Märkte zeigen bislang keine Bereitschaft, sich von den Fossilen zu verabschieden.
Sie meinen, die Märkte beeindruckt eine Passage nicht, die die Staaten auffordert, sich “von den Fossilen in einem Wandel wegzubewegen”?
Wenn die Regierungen wollen, dass die Märkte anders reagieren, dann müssen sie jetzt glaubwürdigere Beschlüsse fassen. Eine solche Glaubwürdigkeit kommt nicht aus immer neuen Zielen wie etwa der Verdreifachung der erneuerbaren Energien, die jetzt in Dubai beschlossen wurde. Das Bekenntnis zur Abkehr von fossilen Brennstoffen im Abschlussdokument der COP setzt ein wichtiges Zeichen. Jetzt kommt es aber darauf an, dass diese Abkehr Realität wird – zum Beispiel, indem die Europäische Union ihren European Green Deal durchsetzt. Wenn etwa beim zweiten Emissionshandel, der in der EU 2027 für den Gebäude- und Verkehrssektor eingeführt wird, die Preise für Öl und Gas steigen und die Importe in die EU sinken, hätte das einen Effekt auf die Märkte. Um zu verhindern, dass diese Einsparung nicht zu einem vermehrten Verbrauch etwa in Asien führt, müsste die USA ebenfalls mitmachen.
Wie soll das funktionieren?
Die EU könnte zusammen mit den USA eine Art Nachfragekartell bilden: Gelingt der Green Deal der EU und der Inflation Reduction Act der USA, sinkt glaubwürdig die Nachfrage nach den Fossilen. Andere Länder könnten sich einer CO₂-Bepreisung anschließen. Wie wirksam das sein kann, zeigt der Blick auf den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäer: Allein die Ankündigung dieser CO₂-Grenzausgleichsregelung hat schon erhebliche Wirkungen ausgelöst. Indien erwägt eine nationale CO₂-Steuer, die Türkei einen nationalen Emissionshandel, in den USA denken sogar Republikaner darüber nach. In den Ländern des globalen Südens wollen manche mit der EU darüber sprechen. Auf den Märkten wird man Reaktionen sehen, sobald Instrumente glaubwürdig umgesetzt werden.
Aber warum ist es so schwer, etwa einen CO₂-Preis einzuführen? Sie haben ja schon früher argumentiert, dass die Politik eigentlich nichts Besseres finden könnte: Emissionen senken und Einnahmen erzeugen, mit denen dann soziale Wohltaten finanziert werden können. Warum ist das trotzdem nicht populär?
Man kann ja auf das Klimaproblem in zweierlei Weise gucken. Man kann sagen, wir wissen seit dem Klima-Report von Nicholas Stern von 2006, dass Handeln billiger ist als Nichthandeln. Das ist zwar richtig, aber die Vorteile der Klimapolitik sieht man in der Zukunft und anderswo, die Kosten fallen hier und jetzt an. Und zwar bei Gruppen, die sehr mächtig sind. Wer den fossilen Kapitalstock besteuern will, hat sofort die ganzen fossilen Sektoren gegen sich: Die Autoindustrie oder die Baubranchen zum Beispiel. Das kann man nur überwinden, wenn man bereit ist, die potenziellen Verlierer – etwa Haus- oder Autobesitzer – zu kompensieren. Die Regierung hätte beim Heizungsgesetz, als es an den größten Bestandteil des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks ging, sofort mit Kompensationen beginnen müssen.
Dafür sollte es das Klimageld geben. Nur, dass es nicht kommt.
Eben. Das hat die Regierung nicht geschafft. Das ist letztlich eine politische Entscheidung. Aber auch wir als Wissenschaft haben viel zu wenig darauf hingewiesen, dass die Klimapolitik die ärmeren Haushalte stärker belastet als die reicheren. Wir müssen viel besser kommunizieren, wie eine solche Entlastung für die unteren Einkommen aussehen kann. Wir haben ja auch eine sehr gute Erfahrung damit gemacht: Bei der sogenannten Gaspreisbremse im letzten Winter. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht richtig gewürdigt worden. Der Name ist völlig falsch, denn wir haben nicht den Preis gebremst, sondern wir haben den Preis voll an die Haushalte durchgereicht und dann die Haushalte kompensiert und zwar entsprechend ihres Verbrauchs. Und wir haben den Verbrauch in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2022 um 23 Prozent gesenkt und den sozialen Frieden gewahrt.
Schlagen Sie so eine Kompensation auch im internationalen Maßstab vor?
Aus meiner Sicht ist das unverzichtbar. Wir brauchen Mechanismen, die Länder dabei unterstützen, dass sie ihre CO₂-Preise anheben. Ein Entwicklungsland kann nicht den gleichen CO₂-Preis haben wie die EU. Dafür muss es Fonds geben. Und die Klima-Entwicklungshilfe müsste daran gekoppelt sein, dass die Länder einen CO₂-Preis einführen. Solche an Bedingungen geknüpfte Hilfszahlungen sind ein Tabu, das ist mir klar. Aber so eine Art von Lastenausgleich wäre nötig und wirkungsvoll.
Das hieße, Industrieländer zahlen viele Milliarden, damit in Entwicklungsländern ein CO₂-Preis gilt, der so hoch ist wie bei uns?
Wir würden davon profitieren. Warum? Erstens, weil die anderen dann auch Klimapolitik betreiben. Und zweitens schützen wir unsere Industrie vor Wettbewerbsnachteil. Man kann damit Trittbrettfahrer aushebeln. Es wäre eine Kooperation, bei der alle gewinnen.
Wer über die Klimakrise spricht, tut das oft in einem Tonfall von Sorge oder Angst. Scherze über Hitzewellen, Massenaussterben und Dürren – eher unangebracht? Doch könnte man mit ein wenig Spaß vielleicht auch Skeptiker erreichen? Könnte Humor, weil er unterhält und anregt, das Publikum zu mehr gesellschaftlichem Wandel anstoßen? Die Forschung ist sich noch uneins.
Humor wird in der Klimakommunikation bereits genutzt. “Die Erde ist heißer als meine imaginären Liebschaften”, witzelten Aktivisten von Fridays for Future auf einer Demo in Australien. Der britische Komiker John Oliver scherzt in seiner Late-Night-Show fundiert über die Klimadebatte, den Green New Deal und Carbon Offsets. In Deutschland beschäftigen sich die Satiresendungen “extra 3” und “Die Anstalt” mit klimapolitischen Themen.
Auch im Karneval spielt die Klimakrise eine Rolle: Im Düsseldorfer Rosenmontagszug fuhr 2019 ein Wagen mit einer überlebensgroßen Greta-Thunberg-Figur mit, im Jahr darauf stand ein brennendes Känguru sinnbildlich für die Buschfeuer in Australien.
Humor könne helfen, Missstände zu benennen und den Umgang mit ihnen leichter zu machen. Das gelte auch in der Klimakommunikation – so lautet die These von Aaron Sachs, Natur- und Kulturhistoriker an der Cornell University in den USA. In seinem Buch “Stay Cool” schreibt Sachs über den Nutzen von Galgenhumor und Selbstironie im Kampf gegen die Klimakrise.
Es sei eine erprobte Comedy-Strategie, zuerst über sich selbst zu lachen, um dann andere kritisieren zu können, sagt Sachs in einer Vorlesung. “Ich denke, eine ordentliche Dosis von gegen uns selbst gerichtetem Humor würde uns viel weniger nervig machen. Das würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass unsere Botschaften etwas bewirken.” Humor sei sehr hilfreich, um schlechte Nachrichten zu überbringen.
Chris Skurka, Medien- und Kommunikationswissenschaftler an der Penn State University, sagt im Gespräch mit Table.Media allerdings: Auf die Frage, was Humor in der Klimakommunikation nütze, habe die Forschung keine klare Antwort. “Die Frage ist vielmehr: Unter welchen Bedingungen ist Humor effektiv? Für welche Menschen? Und welche Formen von Humor?”
In einer Überblicksstudie, die Skurka gemeinsam mit seiner Kollegin Julia Cunningham im Fachjournal “Current Opinion in Psychology” veröffentlicht hat, kommen beide zu dem Schluss: Humor kann Klima- und Umweltthemen inmitten der Nachrichtenflut Aufmerksamkeit verschaffen. Er “scheint ziemlich gut geeignet, den Lärm zu durchbrechen”, sagt Skurka. “In der modernen Medienlandschaft ist das wohl schon die halbe Miete.”
In begrenztem Maße könne Humor auch das Bewusstsein des Publikums oder sein Interesse für den Klimaschutz verändern, so Skurka. Am ehesten erreiche man mit Humor junge Leute zwischen 18 und 25, und daneben auch Menschen, die sich zuvor nicht so sehr für Klima- und Umweltthemen interessierten.
Humor berge aber auch ein Risiko: Er bedeute “fast definitionsgemäß, eine Situation auf die leichte Schulter zu nehmen”, so Skurka. Wer Witze über Umweltverschmutzung oder Biodiversitätsverlust mache, laufe Gefahr, “bei den Leuten den Eindruck zu hinterlassen, das Ganze sei nicht so schlimm”.
Skurka rät, Humor nur einzusetzen, “wenn man weiß, dass das Publikum dem Thema bereits positiv gegenübersteht. Wenn man hingegen versucht, die Opposition zu erreichen, kann man es vielleicht schaffen, wenn man sehr, sehr vorsichtig vorgeht und die Botschaft vorher testet.” Aber das sei riskant. Gerade politische Satire, die sich oft gegen die Gegner von Klimapolitik richte, statt Witze über den Klimawandel an sich zu machen, berge die Gefahr, Teile des Publikums zu verprellen.
Die Funktion von Humor sei es, Blickwinkel zu verändern, schreibt der Klimajournalist Christopher Schrader im Handbuch “Über Klima sprechen”. Die Idee sei, die Klimakrise, ihre Gefahren und möglichen Lösungen “nicht nur zu einer kognitiven Erfahrung zu machen, sondern auch zu einer emotionalen”.
Schrader hat mehrere Studien zum Thema ausgewertet und zählt Vor- und Nachteile von Humor in der Klimakommunikation auf:
Die möglichen Nachteile ließen sich minimieren und seien kein Grund, auf das “große Potenzial” von Humor in der Klimakommunikation zu verzichten, so Schraders Fazit.
“Humor alleine wird uns nicht retten”, sagt Kulturhistoriker Sachs. “Aber wenn es um den Klimawandel geht, sind wir mit anderen Strategien nicht weit gekommen.” Warum es also nicht einmal mit Humor versuchen?
Medienpsychologe Skurka schränkt ein: Humor sei trotz seiner Wirksamkeit in anderer Hinsicht “nicht unbedingt der beste Weg, um eine Verhaltensänderung zu erreichen.” Um Menschen zum Handeln gegen die Klimakrise zu motivieren, sei eine Kommunikation, die auf die Bedrohungen des Klimawandels fokussiere, besser geeignet.
“Es hilft, wenn man ergänzend Lösungen aufzeigen kann. Aber bedrohungsbasierte Botschaften funktionieren auch für sich genommen”, sagt Skurka. Die Forschungsliteratur zu solchen bedrohungsbasierten Botschaften “unterstützt das Argument, dass Klimabotschaften wirksam sein können”, also dass sie Menschen zum Handeln anregen können, “viel stärker als die Literatur zu Humor”.
Der chinesische CO₂-Handel war bisher von wiederholten Betrugsfällen gekennzeichnet. Unternehmen und Beratungsfirmen haben Emissionsdaten und -berichte gefälscht. Die Behörden haben die Berichte und die Gegebenheiten bei den teilnehmenden Kraftwerken nicht ausreichend kontrolliert. Die Strafen für Manipulationen waren bisher so gering, dass der Betrug lukrativer war als das Einhalten der Vorschriften und der Erwerb von CO₂-Zertifikaten. “Strafen für die Nichteinhaltung der Vorschriften waren letztendlich nur Geschäftskosten“, sagt der Analyst Cory Combs von der Beratungsfirma Trivium China. Dieses Paradox werde durch eine schärfere Regulierung, die kürzlich erlassen wurde, aufgelöst.
“Einer der Schwerpunkte der neuen ETS-Regulierung ist sicherlich die Bekämpfung des Datenbetrugs und die strengeren Strafen”, sagt Yan Qin, ETS-Analystin der London Stock Exchange Group, zu Table.Media. Die Strafen wurden von umgerechnet gut 4.000 Euro auf mindestens 65.000 Euro und bis zu 260.000 Euro erhöht. Das sei ein wichtiger Schritt, meint Qin.
Laut Zhibin Chen, Senior Manager im Bereich Kohlenstoffmärkte und deren Preisgestaltung beim Thinktank Adelphi, können die Behörden sogar Berufsverbote aussprechen, “wenn die Auswirkungen des Betrugs schwerwiegend sind”. Die Regulierung komme zudem vom chinesischen Staatsrat und habe dadurch mehr Gewicht. Der bisherigen Regelung habe es an “Unterstützung von anderen Ministerien gemangelt”, sagt Chen zu Table.Media.
Allerdings bedarf es “noch einer stärkeren behördlichen Aufsicht und größerer Anstrengungen der Regulierungsbehörden, um Datenbetrug vollständig zu verhindern“, sagt die Analystin Qin.
Die neuen Regeln geben auch Hinweise auf eine mögliche Ausweitung des chinesischen Emissionshandels. Erstmals wurde der Flugverkehr in einem offiziellen Dokument zum Handel mit CO₂-Zertifikaten genannt. “Die Einbeziehung des Luftverkehrs in das ETS wird wahrscheinlich früher erfolgen als angenommen. Daher ist dies ein überraschender Abschnitt für mich”, sagt Qin. Es werde deutlich, dass hohe politische Ebenen Interesse an einer Ausweitung auf den Flugverkehrssektor hätten, so Qins Einschätzung.
Zunächst soll eine Liste der wichtigsten Emittenten des Sektors erstellt werden. Die Unternehmen sollen zudem Berichte über ihre Emissionsdaten vorlegen. Das gilt als Vorbereitung für die Einbeziehung in den Emissionshandel. Laut Chen von Adelphi ist die “Emissionsberichterstattung und -prüfung für den Luftverkehrssektor seit 2016 vorgeschrieben”. Der Sektor steht in diesem Bereich also nicht mehr ganz am Anfang.
Eine frühere Einbeziehung des chinesischen Flugverkehrs könnte auch dazu dienen, sich frühzeitig an eine Reform des europäischen Emissionshandels anzupassen. Laut der ETS-Analystin Tan Luyue von der London Stock Exchange Group ist es wahrscheinlich, dass der europäische CO₂-Handel ab 2027 auch den internationalen Flugverkehr einbezieht. Wenn Chinas ETS ausgeweitet würde, wäre Chinas Flugverkehrssektor auf die Herausforderungen durch den europäischen Emissionshandel vorbereitet, so Tan zu chinesischen Medien. Combs ist jedoch skeptisch. “Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Luftfahrtindustrie in naher Zukunft dem ETS beitritt“, sagt er. Laut Combs werde der Sektor dies wahrscheinlich erst nach anderen Sektoren tun.
Bisher umfasst Chinas CO₂-Handel 2.257 Unternehmen aus dem Energiesektor – hauptsächlich Kohlekraftwerke. Eine Ausweitung auf andere Sektoren ist schon lange angedacht und wurde wiederholt verschoben. Qin geht davon aus, dass der Aluminium- und Zementsektor ab 2025 am Emissionshandel teilnehmen müssen.
Während die neue Regulierung zwar härtere Strafen und eine schärfere Überwachung der Unternehmen vorsieht, wird der größte Kritikpunkt an Chinas Emissionshandel nicht angegangen. Denn in China müssen die teilnehmenden Kraftwerke keine Emissionszertifikate kaufen, wenn sie CO₂ verursachen, sondern nur, wenn sie weniger effizient sind als es staatlich festgelegte Richtwerte vorsehen.
Die teilnehmenden Kraftwerke erhalten kostenlose Emissionszertifikate, die anhand eines komplexen Verteilungsschlüssels zugeteilt werden. Verursachen einige Kraftwerke weniger CO₂ als der staatlich festgelegte Richtwert, können sie ihre CO₂-Zertifikate verkaufen. Agieren sie weniger effizient, verursachen also mehr CO₂-Emissionen, müssen sie Zertifikate am Markt zukaufen – allerdings nur für die Emissionen, mit denen sie über dem Richtwert liegen. Effiziente Kraftwerke “haben einen negativen CO₂-Preis”, sagt Lauri Myllyvirta, Analyst des Centres for Research on Energy and Clean Air (CREA). Das System sei keinesfalls mit dem europäischen vergleichbar. “Chinas ‘Emissionshandel’ ist kein Emissionshandel im üblichen Sinne und legt überhaupt keinen CO₂-Preis fest”, so Myllyvirtas Kritik.
Eine Abkehr von diesem “intensitätsbasierten” System sei nicht absehbar. “Bislang gibt es keine glaubwürdigen Anzeichen dafür, dass sich dieser Wandel abzeichnet”, sagt Cory Combs von Trivium China. Zwar enthält die neue Regulierung einen Absatz dazu, dass es in Zukunft “eine Kombination aus freien und kostenpflichtigen CO₂-Zertifikaten” geben könne. Doch Myllyvirta ist das zu vage. Es sei lediglich “ein Versprechen, dass zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt ein Schritt nach vorn gemacht wird“, sagt er zu Table.Media.
Auch Yan Qin hält “die Versteigerung von CO₂-Zertifikaten wie im europäischen Emissionshandel”, also die Ablösung der freien Zuteilung, für “unvermeidlich”. Doch eine kostenpflichtige Zuteilung von CO₂-Zertifikaten “könnte noch ein langwieriger Prozess sein, da das Finanzministerium offenbar nicht in vollem Umfang daran mitarbeitet“, sagt Qin zu Table.Media.
Auch eine schnelle Einführung einer strikten Emissionsobergrenze (“emissions cap”), wie sie in anderen CO₂-Handelssystem besteht, hält Qin für nicht sehr wahrscheinlich: “Solange die chinesische Regierung nicht ein bestimmtes Jahr für den CO₂-Peak festlegt, ist es unwahrscheinlich, dass es eine absolute Emissionsobergrenze für den Emissionshandel gibt”. Zudem gäbe es wenig Spielraum, “die Latte für die teilnehmenden Kraftwerke zu erhöhen”, denn die Stromerzeuger könnten die Kosten aufgrund festgesetzter Strompreise nicht an ihre Kunden weitergeben. “Die Regulierungsbehörde wird sich auch mit der Festlegung strenger ETS-Ziele zurückhalten, um den Energiesektor nicht zu stark zu belasten“, so Qins Fazit.
8. Februar, Pakistan
Wahlen Parlamentswahlen in Pakistan
Das Land mit rund 240 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wählt ein neues Parlament. Im Vorfeld der Wahlen hatte es immer wieder Sorgen über die Einflussnahme des Militärs gegeben.
8. Februar, Online
Symposium International Symposium on Climate Security in Asia-Pacific
Das Institute for Global Environmental Strategies (IGES) organisiert zusammen mit dem University of Tokyo Institute for Future Initiatives dieses Symposium zu Klimasicherheit im Asien-Pazifik-Raum. Infos
9. Februar, 10 Uhr, Online
Webinar Auf zur nächsten Konferenz – So steigern Sie die Nachhaltigkeit Ihrer Geschäftsreise
Die Initiative Wirtschaft pro Klima gibt in diesem Webinar Tipps, wie Unternehmer die Planung und Umsetzung von Geschäftsreisen nachhaltiger gestalten können. Infos
13. Februar
Jubiläum Internationale Energieagentur wird 50
Die Internationale Energieagentur (IEA) wird 50 Jahre alt. Die Feier dazu findet am 14. und 15. Februar in Paris statt.
14. Februar, 14 Uhr, Online
Webinar Maritime Transport Decarbonization – What to Expect from the New Regulatory Frameworks?
Basierend auf einer neuen Studie des Oxfrod Institute for Energy Studies wird auf der Veranstaltung über die Möglichkeiten zu Dekarbonisierung in der Schifffahrt diskutiert. Organisiert wird das Webinar von der Florence School of Regulation organisiert. Infos
14. Februar, 16 Uhr, Brüssel/Online
Diskussion Quo Vadis, EU: 2040 Climate Target
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) organisiert diese Diskussion zum jüngst verabschiedeten EU-Klimaziel für 2040. Infos
14. Februar, 19 Uhr, Kiel
Diskussion Klimaschutz – aber ohne Kostenexplosion: Marktwirtschaftlich orientierte Klimapolitik
Klimapolitik nach dem Prinzip “Koste es, was es wolle” ist laut der Friedrich-Naumann-Stiftung nicht mehrheitsfähig. Darum diskutiert sie auf dieser Veranstaltung über marktwirtschaftliche Ansätze für Klimapolitik. Infos
15. Februar, 19 Uhr, Hamburg
Vortrag Wasserstoff – Schlüsselfaktor für den Klimaschutz
Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, hält im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Akademievorlesungen” der Akademie der Wissenschaften in Hamburg einen Impulsvortrag mit dem Titel “Wasserstoff – Schlüsselfaktor für den Klimaschutz”. Fischedick geht dabei unter anderem auf die Fragen ein, welche Rolle Wasserstoff für den Klimaschutz spielen kann, welche zentralen Weichen für seinen Einsatz gestellt werden müssen und wie sich eine resiliente Versorgungsstruktur aufbauen lässt. Infos
15. und 16. Februar, Dessau-Roßlau
Vernetzungsveranstaltung Netzwerktreffen Solares Geoengineering
Das Umweltbundesamt lädt zu diesem Netzwerktreffen rund um Solares Geoengineering ein. Es soll über Solar Radiation Modification (SRM) informieren: Welche Risiken birgt SRM? Wie kann SRM insbesondere in den UN-Prozessen kritisch-konstruktiv behandelt werden? Infos
16. bis 18. Februar, München
Konferenz Münchner Sicherheitskonferenz
In diesem Jahr findet die Münchner Sicherheitskonferenz zum 60. Mal statt. Infos
Die weltweiten Rekordtemperaturen im vergangenen Jahr haben sich stark auf die Antarktis ausgewirkt. Im Juli, wenn die Ausdehnung des Eises aufgrund des Winters besonders groß sein sollte, fehlte der Antarktis im Vergleich zu Durchschnittswerten von 1981-2010 eine Eisfläche in der Größe von Algerien. Im September erreichte die Ausdehnung des Meereises dort dann ein weiteres Rekordtief.
Das Eisschild in der Antarktis hat einen großen Einfluss auf das Klima: Es reflektiert Sonnenstrahlung und kühlt das Wasser in der Region. Wenn das Eis schmilzt, könnte es zu einer unaufhaltsamen Eis-Albedo-Rückkopplung kommen: Je mehr das Eis schmilzt, desto mehr Wärme kann die dunkle Oberfläche des Ozeans aufnehmen, anstatt sie zu reflektieren. Der wärmere Ozean führt dann dazu, dass das Eis noch schneller schmilzt. Zusätzlich trägt die Eisschmelze zum Anstieg des Meeresspiegels bei.
Ein aktuelles Paper in der Fachzeitschrift Weather hat sich mit den Gründen und Konsequenzen des starken Rückgangs des Meereises im vergangenen Jahr beschäftigt. Weil das Eis in der Antarktis in den vergangenen Jahrzehnten anders als in der Arktis nur wenig zurückgegangen war, seien die Rekordwerte des Rückgangs besonders extrem, schreiben die beiden Autorinnen. Inwieweit der Rückgang des Eises auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist, lasse sich aber noch nicht abschließend sagen. kul
95 Schwellen- und Entwicklungsländer haben ernsthafte Probleme, Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz zu finanzieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Boston University Global Development Policy Center. 91 dieser Staaten hätten demnach einen hohen Investitionsbedarf im Umwelt- oder Klimabereich oder große Potenziale für Naturschutz.
Die Forscher haben 108 Entwicklungs- und Schwellenländer untersucht. Das Ergebnis:
Viele Staaten sind bei einem einzigen Kreditgeber oder einer einzelnen Gläubigerklasse hoch verschuldet:
Die Forscher schlagen vor, die Schuldenlast der Staaten und die Kapitalkosten zu verringern. Eine Erhöhung der Entwicklungsfinanzierung sei nötig. Ebenso brauche es Schuldenerlasse, die an Klima- und Entwicklungsinvestitionen geknüpft sein sollten. nib
Die EU-Mitgliedstaaten und Europaparlament haben sich politisch auf den Net-Zero Industry Act (NZIA) geeinigt. Das Gesetz soll Europas Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act sein und die Standortbedingungen für die Hersteller einer Reihe von klimafreundlichen Technologien verbessern. Damit werde die Regulierungsagenda des europäischen Green Deals erstmals um einen Business Case ergänzt, sagte der Berichterstatter des Europaparlaments, Christian Ehler (CDU). Rat und Parlament müssen die Einigung aber noch formell absegnen.
Der NZIA sieht einige Erleichterungen für Investoren vor, die Produktionskapazitäten für Netto-Null-Technologien aufbauen wollen:
Profitieren von diesen Vorteilen sollen europäische Hersteller in einer langen Liste von Sektoren, die fast durchgängig dem Vorschlag des Europaparlaments entspricht. Ehler setzte zudem durch, dass auch deren Zulieferer etwa in der Grundstoffindustrie oder im Maschinenbau aufgenommen werden. Auf der Liste finden sich neben Bereichen wie Solar, Wind und Wärmepumpen auch politisch sensible wie die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) sowie dessen Transport – und wie Nukleartechnologien. Allerdings können die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob sie auch Atomkraftprojekte fördern.
Daneben können die Mitgliedstaaten geplante Fabriken als “strategische Projekte” einstufen, wenn sie diese als besonders wichtig für Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit einstufen. Dazu können auch Investitionen in die Dekarbonisierung von energieintensiven Industrien wie Stahl, Aluminium oder Zement zählen. Anders als der US-Inflation Reduction Act ist das EU-Gegenstück nicht mit massiven Finanzmitteln unterlegt. tho
Der weltweit größte Entwickler von Offshore-Windkraftanlagen Ørsted will 800 Mitarbeiter entlassen und sich aus den Märkten Portugal, Norwegen und Spanien zurückziehen. Das gab das dänische Unternehmen am Mittwoch bekannt. Bis 2030 will das Unternehmen nur noch 35 bis 38 Gigawatt an neuen Windkraftanlagen installieren. Zuvor hatte es eine Zielmarke von 50 Gigawatt, wie Bloomberg berichtet.
Ørsted hatte sich auf dem US-Markt übernommen und dort im letzten Jahr große Verluste angehäuft. Die steigende Inflation und höhere Zinsen hatten die Kosten für den Bau neuer Offshore-Windanlagen verteuert.
Der weltweit größte Hersteller von Windkraft-Turbinen, Vestas, hofft hingegen wieder auf bessere Zeiten. Ende des vergangenen Jahres hatte das Unternehmen viele Aufträge aus den USA und Australien erhalten. Vestas rechnet mit Gewinnen in Höhe von vier bis sechs Prozent.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihre Vorhersagen für den Ausbau der Windkraft außerhalb Chinas erst vor wenigen Wochen nach unten korrigiert. Vor allem die Offshore-Windindustrie ist demnach mit höheren Kosten konfrontiert. “Die Investitionskosten liegen heute um mehr als 20 Prozent höher als noch vor einigen Jahren”, schreibt die IEA in ihrem Bericht Renewables 2023. nib
Sowohl die Oberflächentemperatur der Meere als auch die Lufttemperatur erreichten im Januar Rekordwerte. So waren die Meere mit 20,97 Grad Celsius im Durchschnitt 0,26 Grad wärmer als im Januar 2016, in dem die zuvor höchsten Temperaturen in dieser Jahreszeit gemessen worden waren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Datenauswertung des Copernicus Climate Change Service (C3S).
Seit dem 31. Januar erreichten die Meerestemperaturen sogar absolute Höchstwerte und liegen damit über Rekordwerten, die im vergangenen Jahr im August gemessen wurden. Bei der durchschnittlichen Lufttemperatur war der Januar 2024 der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Überdurchschnittlich warm war es im vergangenen Monat vor allem im Süden von Europa, im Osten von Kanada, Nord-West-Afrika, dem Mittleren Osten und Zentral-Asien. Nach diesem Rekord-Januar hätten die Temperaturen in den gesamten vergangenen zwölf Monaten mehr als 1,5-Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen, sagt Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin beim C3S. kul
Ein Fallschirmspringer springt aus dem Flugzeug, zieht die erste Leine – nichts passiert. Zum Glück gibt es ja noch den Rettungsschirm, und so zieht er schon leicht panisch die zweite Reißleine. Nichts passiert. Ungebremst rast er der Erde entgegen. Da plötzlich, er traut seinen Augen kaum, sieht er einen Mann, der ihm von der Erde aus entgegenfliegt. Seine Rettung? Er ruft ihm zu: “Reparieren Sie Fallschirme?” Der andere ruft zurück: “Nein, nur Gasleitungen!“
Ich liebe diesen Witz, weil er wie alle guten Witze einen sehr wahren Kern enthält. Wir sind im freien Fall. Wir haben letztes Jahr sechs von neun planetaren Grenzen verletzt, und damit uns. Johan Rockström betont: wir sind aus dem linearen in den exponentiellen und immer schwerer vorhersagbaren Bereich der “großen Beschleunigung” eingetreten. Wir können darüber verzweifeln, verrückt werden, oder lachen. Und dann wieder handlungsfähig werden.
Bei dem Witz um die Gasleitung kann man über Nord-Stream-2 nachdenken, wie unübersichtlich die Welt geworden ist, oder darüber, wie wir nach 2050, wenn die Welt ohne Erdgas auskommt, auch neue Witze haben werden. Humor und Klimakrise schließen sich nicht aus. Humor ist nichts Oberflächliches, sondern das tiefe JA zu den Paradoxen, den Widersprüchen, in denen wir alle gefangen sind – und aus denen wir uns durch mentales Judo zeitweise befreien können.
Ein Mann läuft klatschend durch die Straße. Ein anderer fragt: Was tun Sie? Antwort: Ich vertreibe Elefanten. Nachfrage: Hier gibt es keine Elefanten. Antwort: Sehen Sie!
Kürzer kann man die menschliche Neigung zu falscher Kausalität und Selbstüberschätzung nicht fassen. Ein Beispiel aus der “Anleitung zum Unglücklichsein”, wie schwer es ist, Menschen in ihrer vorgefassten Meinung zu erschüttern – wenn schon nicht über das Hirn, dann vielleicht doch übers Zwerchfell? Werden Botschaften unseriös, nur weil man sie versteht? So wie Paul Watzlawick bin ich als Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen von der heilsamen und aufklärerischen Wirkung des Humors überzeugt.
“If something does not work – do something different.” Seit 50 Jahren gibt es “Grenzen des Wachstums”, den Treibhauseffekt seit 200, 2023 war das heißeste Jahr seit 125.000 Jahren mit geschätzten 100.000 Hitzetoten in Europa – was soll denn bitte noch passieren? Oder stimmt, was Prof. John Sterman sagt: “Research shows, that showing people research does not work.” Umso erstaunlicher, dass wir immer noch Wissenschaft und auch weite Teile des Journalismus nach dem “Knowledge deficit model” betreiben, so als würde die Welt von alleine vernünftiger, wenn wir noch mehr publizieren, recherchieren und offen legen. Früher mussten wir glauben, was wir nicht wissen konnten. Heute glauben wir nicht, was wir wissen.
Noch hartnäckiger als Klimaleugner in der AfD hält sich das deutsche Vorurteil, dass Humor nur Ablenkung sei. Irrtum. Es ist ein Weg der Erkenntnis, jedes Lachen eine kleine Erleuchtung (Schopenhauer). Ich nenne das nachhaltige Komik, man lacht im Moment und verändert die Perspektive, hat ein Haha- und ein Aha-Erlebnis.
Berlin (Archiv) – Gute Nachrichten für Kinder, Wintersportler und Freunde einer gepflegten Schneeballschlacht! Um dem zunehmenden Trend schneearmer Winter entgegenzuwirken, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt heute angekündigt, dass der Gefrierpunkt von Wasser in der Nacht von Sonntag auf Montag offiziell auf 10 Grad Celsius erhöht wird. Mindestens bis April wird daher mit viel Schnee gerechnet.
Dieser Fake-Fun-Fact aus dem Postillon erinnert mich an die Aussage von Volker Wissing. Als der “Vater Rhein”, eine Lebensader unseres Landes und wichtiger Transportweg der Wirtschaft, im letzten Sommer durch Hitzewellen und Dürre zu einem unschiffbaren Rinnsal zusammengeschrumpelt war, empfahl der Verkehrsminister, die Fahrrinne zu vertiefen. So als ob man nicht nur Autos, sondern auch Flüsse tiefer legen könnte. Aber Naturgesetze sind nicht verhandelbar (Harald Lesch). Die Physik gilt weiter, selbst wenn man Physik in der 10. Klasse abgewählt hat.
Kein Mensch denkt nur auf eine Art. Bei den allermeisten von uns existieren mehrere Denk- und Glaubenssysteme munter nebeneinander: das intuitive Bauchgefühl und das kühle Kopfsystem, das die Dinge systematisch hinterfragt. Das bietet viel Platz für freiwillige und unfreiwillige Komik. Das Argument, dass wenn Humor im Spiel ist, die Menschen nicht wissen, was “ernst” gemeint ist und was nicht, macht die Menschen dümmer als sie sind. Ich habe vor kurzem mit sehr viel Aha das prophetische Buch von 1985 von Neil Postman noch einmal gelesen, “Wir amüsieren uns zu Tode”, ähnlich erhellend ist Netflix “Don´t look up”. Was wollen wir nicht sehen? Laut der Studie von Maria und Lisa Furtwängler finden die beiden größten Gefahren für unser Überleben – die irreversible Überhitzung und der Artenverlust – in den untersuchten Sendern von ARD, ZDF, RTL und Pro7 in weniger als zwei Prozent aller Sendeminuten statt. Kein Witz.
Viele meinen, wenn ein Problem schon lange besteht, müsse auch die Lösung des Problems lange dauern. Kann sein, muss aber nicht. Wie der Betrunkene, der sich im Kreis um eine Litfaßsäule herumtastet und ruft: “Hilfe, ich bin eingemauert!” Für jeden Außenstehenden ist es offensichtlich, dass er sich lediglich umzudrehen bräuchte, um frei zu sein. Nur er hält an der scheinbar endlosen Wand und seiner “Weltsicht” fest.
Ähnlich absurd ist das Festklammern an den fossilen Energien, die noch immer mit Milliarden gemeinsam erwirtschafteten Geld subventioniert werden, um uns kollektiv die Luft abzudrücken. Wir müssten uns nur umdrehen – um nicht zu sagen den Blick und die Energie wenden!
Wir könnten es so viel schöner haben als jetzt. Und gesünder. Mit 100 Prozent Erneuerbaren wäre Luftverschmutzung weltweit nicht mehr Killer Nummer 1. Aber es geht eben bei vielen Entscheidungen nicht um Mangel an Erkenntnis, sondern um Machterhalt. Die Lobby der Vergangenheit ist bestens organisiert, finanziert und hat überall ihre Finger drin, von den Desinformationskampagnen der Koch-Brüder und Exxon bis zu den aktuellen Weltklimakonferenzen. Wer ist die Interessenvertretung der Zukunft? Als ich über Nacht zu einem der Mitgründer der “Scientists for Future” wurde, fand ich auf den Plakaten der “Fridays” sehr viel Humor. “Kurzstreckenflüge nur für Insekten”, “Fossil Fools”, “Why get an education, when no one listens to the educated” und: “If you don´t act like adults – we will!”
Das hatte was von “Des Kaisers neue Kleider”, wo ein Kind alle aus ihrer Illusion reißt, den Kaiser für seine Hüllen zu bestaunen. Nackte Wahrheit ist: es gibt kein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten. Wir müssen nicht “die Erde” oder “die Umwelt” retten, sondern uns. Und wer glaubt, Wirtschaft allein könnte Wohlergehen schaffen, kann ja mal sein Geld zählen, während er die Luft anhält. Ohne Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken, Pflanzen zum Essen und erträglichen Temperaturen gibt es kein friedliches Miteinander, kein irgendwie erstrebenswertes oder gutes Leben. Reichtum ohne Artenreichtum ist bittere Armut. Auf Gold wächst so wenig Essbares wie in Schottergärten. Biodiversität, fruchtbarer Boden, kühlendes Wasser – wie werden wir “Shareholder” an dem, was wir alle “sharen”? Und um das sich aktuell keiner schert, weil es nicht “eingepreist” ist, weil Verschmutzen so billig ist, es kein Geschäftsmodell gibt für Prävention, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, oder allein das Verhindern der nächsten Pandemie. All das wissen wir eigentlich, sogar ohne ChatGPT danach fragen zu müssen.
Der älteste Witz der Menschheit? David gegen Goliath. Die Hoffnung darin: klein gegen groß, Geist gegen rohe Gewalt, die direkte persönliche Ansprache der Tochter am Frühstückstisch kann womöglich einen mächtigen Konzernlenker eher umlenken als öffentliche Angriffe. Und Konzernlenkerinnen sowieso.
In der Kommunikation von “Gesunde Erde-Gesunde Menschen” versuchen wir oft, überraschend zum Perspektivwechsel beizutragen, nicht immer über Bremsen und Sparmassnahmen zu reden, sondern darüber, was es uns noch kosten wird, weiterzumachen wie bisher. In einem Satz: “Das Teuerste, was wir jetzt tun können ist nichts!” Oder auch zu den ermutigenden großen Demonstrationen für unsere demokratische Kultur: “Was die Mehrheit oft nicht weiß: dass sie die Mehrheit ist”.
Wo lade ich selbst meine “Humorbatterien” auf? Bei Sarah Bosetti, Marc-Uwe Kling, Ralph Ruthe, El Hotzo, den Science Busters oder “Cranky Unkel vs Climate Change”, einem amerikanischen Komikformat. Und in dem wunderbaren Team meiner Stiftung. Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange andere sie hauptberuflich zerstören. Wir können uns nicht selber kitzeln. Erst recht nicht online. Es gibt kein besseres Antidepressivum als engagierte Menschen um uns herum. Selbstwirksamkeit ist das Zauberwort. Aktiv werden ist das beste gegen die Hilflosigkeit. Jeder an seiner Stelle, mit seinen Mitteln. Verbunden statt allein.
Was uns Angst macht, kann man nicht weggrinsen, aber Tränen, die man gelacht hat, muss man nicht mehr weinen. Humor, Cartoons, starke Metaphern, Bilder, Kunst und Kultur müssen wir einbinden, wenn wir eine äußere und innere Transformation wollen. Und ein besseres Wort dafür. Kultur gibt uns eine Idee davon, dass ein gutes Leben nicht daran gekoppelt sein muss, wie viel CO₂ wir dafür verballern. Wir können mit einem guten Buch im Kopf kerosinfrei reisen, wir können gemeinsam Musik hören, die uns den Atem raubt, uns zum Klingen und Tanzen bringt. Wir können ungewöhnliche Allianzen bilden, die nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz berühren.
Für das Harbour Front Future Festival durfte ich einen Abend in der Elbphilharmonie gestalten, mit Piano und Poesie, Geige und Geowissenschaft. Ricarda Winkelmann versteht wie kaum eine andere Forscherin die Dynamik vom Abschmelzen des vermeintlich “ewigen” Eises in der Antarktis. Ich fragte sie direkt: “Wie schaffst du es, bei allem, was du weißt, nicht zu verzweifeln?” Ricarda überlegte kurz: “Zum Verzweifeln haben wir keine Zeit!”
Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen www.stiftung-gegm.de
Das Weiße Haus hat vergangene Woche bekannt gegeben, dass John Podesta, Joe Bidens Berater für saubere Energie, bald zum obersten Klimadiplomaten der USA ernannt wird. Der bisherige Amtsinhaber John Kerry wird im Frühjahr zurücktreten, um Bidens Wahlkampagne zu unterstützen. Im Gegensatz zu Kerry wird Podesta nicht im Außenministerium, sondern im Weißen Haus angesiedelt sein. Dadurch benötigt er nicht die Zustimmung des US-Senats. Ein politischer Streit mit den Republikanern kann so vermieden werden.
Podesta, 75, ist ein bekanntes Gesicht in Washington. Er diente als Stabschef von Präsident Bill Clinton und war Berater von Präsident Barack Obama. Während einer kurzen Pause im Weißen Haus gründete er das Center for American Progress, eine bekannte liberale Denkfabrik. Im Jahr 2016 leitete Podesta die Präsidentschaftskampagne von Hillary Clinton. In dieser Zeit wurden seine E-Mails gehackt und auf WikiLeaks veröffentlicht.
Biden wählte Podesta im Jahr 2022 zu seinem Berater und lobte seine “tiefe Verwurzelung in der Klima- und grünen Energiepolitik und seine Erfahrung auf höheren Regierungsebenen”. Während seiner Zeit in der Regierung arbeitete Podesta sowohl an der nationalen als auch an der internationalen Klimapolitik. Er half bei der Umsetzung der Bestimmungen für saubere Energie des American Recovery and Reinvestment Act unter Obama und des Inflation Reduction Act unter Biden.
Podesta war Teil der US-Delegation bei internationalen Klimakonferenzen, darunter in Kopenhagen und Paris. Eine seiner wichtigsten Aufgaben war es, China davon zu überzeugen, einem Klimaabkommen beizutreten und sich zur Reduzierung seiner Treibhausgasemissionen zu verpflichten. “Es gab keine höhere Priorität, als dies mit China in die Wege zu leiten.” Wenn China sich nicht auf den Weg mache, seine Emissionen zu stabilisieren, den Höchststand zu erreichen und sie zu senken, “dann kann der Rest der Welt nicht erfolgreich sein”, sagte er 2022 im Gespräch mit der Obama Foundation.
Podesta hat noch keine spezifische Agenda für seine neue Rolle angekündigt, aber er hat aggressivere Maßnahmen der Länder zur Begrenzung der globalen Erwärmung gefordert. Umair Irfan aus Washington
treffen sich drei Klimawissenschaftler in einer Bar … Humor in der Klimakrise? Pünktlich zum Karneval setzen wir mal einen ungewöhnlichen Schwerpunkt. Eckart von Hirschhausen schreibt im Standpunkt, warum Humor ein Weg der Erkenntnis sein kann und Paradoxe und Widersprüche in der Klimapolitik sichtbar machen kann. Alexandra Endres hat zu dem Thema mit Kommunikationswissenschaftlern gesprochen. Sie stimmen Hirschhausen zu: Humor kann neue Aufmerksamkeit schaffen. Doch Klimawitze bewirken eher keine Verhaltensänderungen.
Wenn auf den Klimakonferenzen um Ergebnisse gerungen wird, geht es meist ernst zur Sache. Ottmar Edenhofer kritisiert im Interview, dass international bisher zu wenig über CO₂-Bepreisung als Instrument für die Dekarbonisierung schmutziger Wirtschaftsbereiche diskutiert wird. Der Ökonom fordert eine globale Müllabfuhr für CO₂: Wer emittiert, müsse zahlen, wer CO₂-Senken bereitstellt, müsse bezahlt werden. Durch die aktuellen EU-Debatten um eine Carbon-Management-Strategie bekommen diese Forderungen hohes Gewicht.
Keinen Spaß verstehen die chinesischen Behörden – zumindest beim Emissionshandel. Eine neue Regulierung sieht härtere Strafen vor. Erstmals wird auch der Flugverkehr im Zusammenhang mit dem CO₂-Handel genannt – das überrascht Experten. Doch eine große Schwachstelle des chinesischen Emissionshandels bleibt weiter bestehen.
Im Porträt stellen wir Ihnen heute den neuen US-Klimazar John Podesta vor. Er folgt auf John Kerry, der im Frühjahr zurücktreten wird.
Beste Grüße
Auf der COP war ein großes Thema, wie mehr Geld mobilisiert werden kann – für Anpassung, Finanzhilfen, Investitionen. Und dieses Thema wird die nächste COP dominieren. Aber es wird immer nur davon gesprochen, kurzfristig Geld aufzubringen – und nie von einem systemischen Ansatz, etwa einen globalen CO₂-Preis einzuführen, den Sie schon lange fordern.
Der Begriff Carbon Pricing wird vermieden. Das Narrativ lautet vielmehr: Die CO₂-freien Technologien müssen billiger werden und zu diesem Zweck müssen wir sie subventionieren. Dann wird der Umstieg gelingen. Aber warum redet man nicht über Carbon Pricing? Weil die Bepreisung von CO₂ mehrere Funktionen hat: Es macht die CO₂-freien Alternativen rentabel. Carbon Pricing besteuert aber auch den fossilen Kapitalstock und führt dazu, dass er abgebaut wird. Und das war auf der COP hochumstritten. Alle wollen den grünen Kapitalstock aufbauen, keiner will den braunen abbauen. Das ist beunruhigend.
Jetzt sagen Sie auch noch: Wir müssen eine globale Müllabfuhr für CO₂ organisieren und bezahlen. Was meinen Sie damit?
Es heißt ja immer, wir stehen zum 1,5-Grad-Ziel. Es ist aber faktisch nicht mehr möglich, diese Grenze der Erwärmung zu halten, wenn damit gemeint ist, dass wir diese Grenze nicht überschreiten dürfen. Das Beste, das wir erreichen können, ist der sogenannte Overshoot: ein zeitweiliges Überschreiten der 1,5 Grad und danach ein Absenken unter 1,5 Grad. Dafür aber müssen wir CO₂ aus der Atmosphäre entziehen. Diese negativen Emissionen brauchen eine neue Art der Klimafinanzierung. Also eine Art Entlohnung für die Müllentsorgung durch negative Emissionen. Denn wenn die Welt bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen und langfristig das 1,5-Grad-Limit halten will, dann müssen wir zum einen die schwer vermeidbaren Restemissionen etwa aus dem Zementsektor oder der Landwirtschaft mit natürlichen oder technischen Optionen kompensieren. Zum anderen müssen wir in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Atmosphäre mehr Emissionen entziehen als wir ausstoßen, um den Overshoot abzubauen.
Wie soll das funktionieren?
Da gibt es zwei fundamentale Prinzipien. Das eine: Wer emittiert, muss zahlen. Das andere: Wer Kohlenstoffsenken bereitstellt, muss dafür entlohnt werden. Das gilt für Bauern, die am Horn von Afrika durch ihre Arbeit im Boden Kohlenstoff dauerhaft binden genauso wie für Leute, die mit technischen Filtern CO₂ aus der Atmosphäre entziehen und in geologischen Formationen lagern.
Und wie soll das bezahlt werden? Wir reden über Milliardensummen.
Ja, denn wenn wir die globale Erwärmung langfristig auf 1,5 Grad begrenzen wollen, werden wir bis 2050 jährlich fünf bis 15 Milliarden Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre holen müssen. Bei Preisen von 100 bis 300 US-Dollar pro Tonne CO₂ heißt das, wir müssten etwa eine halbe bis knapp vier Billionen US-Dollar für diese Müllabfuhr ausgeben. Das ist eine gigantische Summe, zwischen 0,3 und drei Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts – und etwa so viel wie die 2,2 Billionen Militärausgaben weltweit im Jahr 2022. Da entsteht ein gigantischer Wirtschaftssektor. Aber auch über diese Art von Klimafinanzierung redet auf den COPs noch keiner.
Warum wird diese Debatte nicht geführt?
Weil die Politik nicht konsequent ist. Wenn man sich die nationalen Klimabeiträge der Regierungen ansieht, sieht man eine Verbesserung. Aber die steht erstmal nur auf dem Papier.
Wenn man sich dann aber anschaut, was die Regierungen tatsächlich machen und es mit dem vergleicht, was ihre Ministerinnen und Minister auf der COP versprechen, dann werden die Versprechen unglaubwürdig. Sie machen buchstäblich das Gegenteil: Auf den Konferenzen reden sie über einen Ausstieg aus der Kohle und aus dem Öl, zuhause machen sie Pläne für eine Ausweitung der Produktion.
Aber das wären ja alles gestrandete Kosten, wenn sich die Politik durchsetzt.
Ich glaube, die Märkte wetten darauf, dass die Klimapolitik nicht wirksam umgesetzt wird, weil sie die Versprechen der Regierung als nicht glaubwürdig einschätzen. Deswegen glaube ich nicht, dass wir auf den Höhepunkt der Produktion von Öl und Gas zusteuern, wie es die Internationale Energiagentur IEA sagt. Die Märkte zeigen bislang keine Bereitschaft, sich von den Fossilen zu verabschieden.
Sie meinen, die Märkte beeindruckt eine Passage nicht, die die Staaten auffordert, sich “von den Fossilen in einem Wandel wegzubewegen”?
Wenn die Regierungen wollen, dass die Märkte anders reagieren, dann müssen sie jetzt glaubwürdigere Beschlüsse fassen. Eine solche Glaubwürdigkeit kommt nicht aus immer neuen Zielen wie etwa der Verdreifachung der erneuerbaren Energien, die jetzt in Dubai beschlossen wurde. Das Bekenntnis zur Abkehr von fossilen Brennstoffen im Abschlussdokument der COP setzt ein wichtiges Zeichen. Jetzt kommt es aber darauf an, dass diese Abkehr Realität wird – zum Beispiel, indem die Europäische Union ihren European Green Deal durchsetzt. Wenn etwa beim zweiten Emissionshandel, der in der EU 2027 für den Gebäude- und Verkehrssektor eingeführt wird, die Preise für Öl und Gas steigen und die Importe in die EU sinken, hätte das einen Effekt auf die Märkte. Um zu verhindern, dass diese Einsparung nicht zu einem vermehrten Verbrauch etwa in Asien führt, müsste die USA ebenfalls mitmachen.
Wie soll das funktionieren?
Die EU könnte zusammen mit den USA eine Art Nachfragekartell bilden: Gelingt der Green Deal der EU und der Inflation Reduction Act der USA, sinkt glaubwürdig die Nachfrage nach den Fossilen. Andere Länder könnten sich einer CO₂-Bepreisung anschließen. Wie wirksam das sein kann, zeigt der Blick auf den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäer: Allein die Ankündigung dieser CO₂-Grenzausgleichsregelung hat schon erhebliche Wirkungen ausgelöst. Indien erwägt eine nationale CO₂-Steuer, die Türkei einen nationalen Emissionshandel, in den USA denken sogar Republikaner darüber nach. In den Ländern des globalen Südens wollen manche mit der EU darüber sprechen. Auf den Märkten wird man Reaktionen sehen, sobald Instrumente glaubwürdig umgesetzt werden.
Aber warum ist es so schwer, etwa einen CO₂-Preis einzuführen? Sie haben ja schon früher argumentiert, dass die Politik eigentlich nichts Besseres finden könnte: Emissionen senken und Einnahmen erzeugen, mit denen dann soziale Wohltaten finanziert werden können. Warum ist das trotzdem nicht populär?
Man kann ja auf das Klimaproblem in zweierlei Weise gucken. Man kann sagen, wir wissen seit dem Klima-Report von Nicholas Stern von 2006, dass Handeln billiger ist als Nichthandeln. Das ist zwar richtig, aber die Vorteile der Klimapolitik sieht man in der Zukunft und anderswo, die Kosten fallen hier und jetzt an. Und zwar bei Gruppen, die sehr mächtig sind. Wer den fossilen Kapitalstock besteuern will, hat sofort die ganzen fossilen Sektoren gegen sich: Die Autoindustrie oder die Baubranchen zum Beispiel. Das kann man nur überwinden, wenn man bereit ist, die potenziellen Verlierer – etwa Haus- oder Autobesitzer – zu kompensieren. Die Regierung hätte beim Heizungsgesetz, als es an den größten Bestandteil des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks ging, sofort mit Kompensationen beginnen müssen.
Dafür sollte es das Klimageld geben. Nur, dass es nicht kommt.
Eben. Das hat die Regierung nicht geschafft. Das ist letztlich eine politische Entscheidung. Aber auch wir als Wissenschaft haben viel zu wenig darauf hingewiesen, dass die Klimapolitik die ärmeren Haushalte stärker belastet als die reicheren. Wir müssen viel besser kommunizieren, wie eine solche Entlastung für die unteren Einkommen aussehen kann. Wir haben ja auch eine sehr gute Erfahrung damit gemacht: Bei der sogenannten Gaspreisbremse im letzten Winter. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht richtig gewürdigt worden. Der Name ist völlig falsch, denn wir haben nicht den Preis gebremst, sondern wir haben den Preis voll an die Haushalte durchgereicht und dann die Haushalte kompensiert und zwar entsprechend ihres Verbrauchs. Und wir haben den Verbrauch in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2022 um 23 Prozent gesenkt und den sozialen Frieden gewahrt.
Schlagen Sie so eine Kompensation auch im internationalen Maßstab vor?
Aus meiner Sicht ist das unverzichtbar. Wir brauchen Mechanismen, die Länder dabei unterstützen, dass sie ihre CO₂-Preise anheben. Ein Entwicklungsland kann nicht den gleichen CO₂-Preis haben wie die EU. Dafür muss es Fonds geben. Und die Klima-Entwicklungshilfe müsste daran gekoppelt sein, dass die Länder einen CO₂-Preis einführen. Solche an Bedingungen geknüpfte Hilfszahlungen sind ein Tabu, das ist mir klar. Aber so eine Art von Lastenausgleich wäre nötig und wirkungsvoll.
Das hieße, Industrieländer zahlen viele Milliarden, damit in Entwicklungsländern ein CO₂-Preis gilt, der so hoch ist wie bei uns?
Wir würden davon profitieren. Warum? Erstens, weil die anderen dann auch Klimapolitik betreiben. Und zweitens schützen wir unsere Industrie vor Wettbewerbsnachteil. Man kann damit Trittbrettfahrer aushebeln. Es wäre eine Kooperation, bei der alle gewinnen.
Wer über die Klimakrise spricht, tut das oft in einem Tonfall von Sorge oder Angst. Scherze über Hitzewellen, Massenaussterben und Dürren – eher unangebracht? Doch könnte man mit ein wenig Spaß vielleicht auch Skeptiker erreichen? Könnte Humor, weil er unterhält und anregt, das Publikum zu mehr gesellschaftlichem Wandel anstoßen? Die Forschung ist sich noch uneins.
Humor wird in der Klimakommunikation bereits genutzt. “Die Erde ist heißer als meine imaginären Liebschaften”, witzelten Aktivisten von Fridays for Future auf einer Demo in Australien. Der britische Komiker John Oliver scherzt in seiner Late-Night-Show fundiert über die Klimadebatte, den Green New Deal und Carbon Offsets. In Deutschland beschäftigen sich die Satiresendungen “extra 3” und “Die Anstalt” mit klimapolitischen Themen.
Auch im Karneval spielt die Klimakrise eine Rolle: Im Düsseldorfer Rosenmontagszug fuhr 2019 ein Wagen mit einer überlebensgroßen Greta-Thunberg-Figur mit, im Jahr darauf stand ein brennendes Känguru sinnbildlich für die Buschfeuer in Australien.
Humor könne helfen, Missstände zu benennen und den Umgang mit ihnen leichter zu machen. Das gelte auch in der Klimakommunikation – so lautet die These von Aaron Sachs, Natur- und Kulturhistoriker an der Cornell University in den USA. In seinem Buch “Stay Cool” schreibt Sachs über den Nutzen von Galgenhumor und Selbstironie im Kampf gegen die Klimakrise.
Es sei eine erprobte Comedy-Strategie, zuerst über sich selbst zu lachen, um dann andere kritisieren zu können, sagt Sachs in einer Vorlesung. “Ich denke, eine ordentliche Dosis von gegen uns selbst gerichtetem Humor würde uns viel weniger nervig machen. Das würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass unsere Botschaften etwas bewirken.” Humor sei sehr hilfreich, um schlechte Nachrichten zu überbringen.
Chris Skurka, Medien- und Kommunikationswissenschaftler an der Penn State University, sagt im Gespräch mit Table.Media allerdings: Auf die Frage, was Humor in der Klimakommunikation nütze, habe die Forschung keine klare Antwort. “Die Frage ist vielmehr: Unter welchen Bedingungen ist Humor effektiv? Für welche Menschen? Und welche Formen von Humor?”
In einer Überblicksstudie, die Skurka gemeinsam mit seiner Kollegin Julia Cunningham im Fachjournal “Current Opinion in Psychology” veröffentlicht hat, kommen beide zu dem Schluss: Humor kann Klima- und Umweltthemen inmitten der Nachrichtenflut Aufmerksamkeit verschaffen. Er “scheint ziemlich gut geeignet, den Lärm zu durchbrechen”, sagt Skurka. “In der modernen Medienlandschaft ist das wohl schon die halbe Miete.”
In begrenztem Maße könne Humor auch das Bewusstsein des Publikums oder sein Interesse für den Klimaschutz verändern, so Skurka. Am ehesten erreiche man mit Humor junge Leute zwischen 18 und 25, und daneben auch Menschen, die sich zuvor nicht so sehr für Klima- und Umweltthemen interessierten.
Humor berge aber auch ein Risiko: Er bedeute “fast definitionsgemäß, eine Situation auf die leichte Schulter zu nehmen”, so Skurka. Wer Witze über Umweltverschmutzung oder Biodiversitätsverlust mache, laufe Gefahr, “bei den Leuten den Eindruck zu hinterlassen, das Ganze sei nicht so schlimm”.
Skurka rät, Humor nur einzusetzen, “wenn man weiß, dass das Publikum dem Thema bereits positiv gegenübersteht. Wenn man hingegen versucht, die Opposition zu erreichen, kann man es vielleicht schaffen, wenn man sehr, sehr vorsichtig vorgeht und die Botschaft vorher testet.” Aber das sei riskant. Gerade politische Satire, die sich oft gegen die Gegner von Klimapolitik richte, statt Witze über den Klimawandel an sich zu machen, berge die Gefahr, Teile des Publikums zu verprellen.
Die Funktion von Humor sei es, Blickwinkel zu verändern, schreibt der Klimajournalist Christopher Schrader im Handbuch “Über Klima sprechen”. Die Idee sei, die Klimakrise, ihre Gefahren und möglichen Lösungen “nicht nur zu einer kognitiven Erfahrung zu machen, sondern auch zu einer emotionalen”.
Schrader hat mehrere Studien zum Thema ausgewertet und zählt Vor- und Nachteile von Humor in der Klimakommunikation auf:
Die möglichen Nachteile ließen sich minimieren und seien kein Grund, auf das “große Potenzial” von Humor in der Klimakommunikation zu verzichten, so Schraders Fazit.
“Humor alleine wird uns nicht retten”, sagt Kulturhistoriker Sachs. “Aber wenn es um den Klimawandel geht, sind wir mit anderen Strategien nicht weit gekommen.” Warum es also nicht einmal mit Humor versuchen?
Medienpsychologe Skurka schränkt ein: Humor sei trotz seiner Wirksamkeit in anderer Hinsicht “nicht unbedingt der beste Weg, um eine Verhaltensänderung zu erreichen.” Um Menschen zum Handeln gegen die Klimakrise zu motivieren, sei eine Kommunikation, die auf die Bedrohungen des Klimawandels fokussiere, besser geeignet.
“Es hilft, wenn man ergänzend Lösungen aufzeigen kann. Aber bedrohungsbasierte Botschaften funktionieren auch für sich genommen”, sagt Skurka. Die Forschungsliteratur zu solchen bedrohungsbasierten Botschaften “unterstützt das Argument, dass Klimabotschaften wirksam sein können”, also dass sie Menschen zum Handeln anregen können, “viel stärker als die Literatur zu Humor”.
Der chinesische CO₂-Handel war bisher von wiederholten Betrugsfällen gekennzeichnet. Unternehmen und Beratungsfirmen haben Emissionsdaten und -berichte gefälscht. Die Behörden haben die Berichte und die Gegebenheiten bei den teilnehmenden Kraftwerken nicht ausreichend kontrolliert. Die Strafen für Manipulationen waren bisher so gering, dass der Betrug lukrativer war als das Einhalten der Vorschriften und der Erwerb von CO₂-Zertifikaten. “Strafen für die Nichteinhaltung der Vorschriften waren letztendlich nur Geschäftskosten“, sagt der Analyst Cory Combs von der Beratungsfirma Trivium China. Dieses Paradox werde durch eine schärfere Regulierung, die kürzlich erlassen wurde, aufgelöst.
“Einer der Schwerpunkte der neuen ETS-Regulierung ist sicherlich die Bekämpfung des Datenbetrugs und die strengeren Strafen”, sagt Yan Qin, ETS-Analystin der London Stock Exchange Group, zu Table.Media. Die Strafen wurden von umgerechnet gut 4.000 Euro auf mindestens 65.000 Euro und bis zu 260.000 Euro erhöht. Das sei ein wichtiger Schritt, meint Qin.
Laut Zhibin Chen, Senior Manager im Bereich Kohlenstoffmärkte und deren Preisgestaltung beim Thinktank Adelphi, können die Behörden sogar Berufsverbote aussprechen, “wenn die Auswirkungen des Betrugs schwerwiegend sind”. Die Regulierung komme zudem vom chinesischen Staatsrat und habe dadurch mehr Gewicht. Der bisherigen Regelung habe es an “Unterstützung von anderen Ministerien gemangelt”, sagt Chen zu Table.Media.
Allerdings bedarf es “noch einer stärkeren behördlichen Aufsicht und größerer Anstrengungen der Regulierungsbehörden, um Datenbetrug vollständig zu verhindern“, sagt die Analystin Qin.
Die neuen Regeln geben auch Hinweise auf eine mögliche Ausweitung des chinesischen Emissionshandels. Erstmals wurde der Flugverkehr in einem offiziellen Dokument zum Handel mit CO₂-Zertifikaten genannt. “Die Einbeziehung des Luftverkehrs in das ETS wird wahrscheinlich früher erfolgen als angenommen. Daher ist dies ein überraschender Abschnitt für mich”, sagt Qin. Es werde deutlich, dass hohe politische Ebenen Interesse an einer Ausweitung auf den Flugverkehrssektor hätten, so Qins Einschätzung.
Zunächst soll eine Liste der wichtigsten Emittenten des Sektors erstellt werden. Die Unternehmen sollen zudem Berichte über ihre Emissionsdaten vorlegen. Das gilt als Vorbereitung für die Einbeziehung in den Emissionshandel. Laut Chen von Adelphi ist die “Emissionsberichterstattung und -prüfung für den Luftverkehrssektor seit 2016 vorgeschrieben”. Der Sektor steht in diesem Bereich also nicht mehr ganz am Anfang.
Eine frühere Einbeziehung des chinesischen Flugverkehrs könnte auch dazu dienen, sich frühzeitig an eine Reform des europäischen Emissionshandels anzupassen. Laut der ETS-Analystin Tan Luyue von der London Stock Exchange Group ist es wahrscheinlich, dass der europäische CO₂-Handel ab 2027 auch den internationalen Flugverkehr einbezieht. Wenn Chinas ETS ausgeweitet würde, wäre Chinas Flugverkehrssektor auf die Herausforderungen durch den europäischen Emissionshandel vorbereitet, so Tan zu chinesischen Medien. Combs ist jedoch skeptisch. “Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Luftfahrtindustrie in naher Zukunft dem ETS beitritt“, sagt er. Laut Combs werde der Sektor dies wahrscheinlich erst nach anderen Sektoren tun.
Bisher umfasst Chinas CO₂-Handel 2.257 Unternehmen aus dem Energiesektor – hauptsächlich Kohlekraftwerke. Eine Ausweitung auf andere Sektoren ist schon lange angedacht und wurde wiederholt verschoben. Qin geht davon aus, dass der Aluminium- und Zementsektor ab 2025 am Emissionshandel teilnehmen müssen.
Während die neue Regulierung zwar härtere Strafen und eine schärfere Überwachung der Unternehmen vorsieht, wird der größte Kritikpunkt an Chinas Emissionshandel nicht angegangen. Denn in China müssen die teilnehmenden Kraftwerke keine Emissionszertifikate kaufen, wenn sie CO₂ verursachen, sondern nur, wenn sie weniger effizient sind als es staatlich festgelegte Richtwerte vorsehen.
Die teilnehmenden Kraftwerke erhalten kostenlose Emissionszertifikate, die anhand eines komplexen Verteilungsschlüssels zugeteilt werden. Verursachen einige Kraftwerke weniger CO₂ als der staatlich festgelegte Richtwert, können sie ihre CO₂-Zertifikate verkaufen. Agieren sie weniger effizient, verursachen also mehr CO₂-Emissionen, müssen sie Zertifikate am Markt zukaufen – allerdings nur für die Emissionen, mit denen sie über dem Richtwert liegen. Effiziente Kraftwerke “haben einen negativen CO₂-Preis”, sagt Lauri Myllyvirta, Analyst des Centres for Research on Energy and Clean Air (CREA). Das System sei keinesfalls mit dem europäischen vergleichbar. “Chinas ‘Emissionshandel’ ist kein Emissionshandel im üblichen Sinne und legt überhaupt keinen CO₂-Preis fest”, so Myllyvirtas Kritik.
Eine Abkehr von diesem “intensitätsbasierten” System sei nicht absehbar. “Bislang gibt es keine glaubwürdigen Anzeichen dafür, dass sich dieser Wandel abzeichnet”, sagt Cory Combs von Trivium China. Zwar enthält die neue Regulierung einen Absatz dazu, dass es in Zukunft “eine Kombination aus freien und kostenpflichtigen CO₂-Zertifikaten” geben könne. Doch Myllyvirta ist das zu vage. Es sei lediglich “ein Versprechen, dass zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt ein Schritt nach vorn gemacht wird“, sagt er zu Table.Media.
Auch Yan Qin hält “die Versteigerung von CO₂-Zertifikaten wie im europäischen Emissionshandel”, also die Ablösung der freien Zuteilung, für “unvermeidlich”. Doch eine kostenpflichtige Zuteilung von CO₂-Zertifikaten “könnte noch ein langwieriger Prozess sein, da das Finanzministerium offenbar nicht in vollem Umfang daran mitarbeitet“, sagt Qin zu Table.Media.
Auch eine schnelle Einführung einer strikten Emissionsobergrenze (“emissions cap”), wie sie in anderen CO₂-Handelssystem besteht, hält Qin für nicht sehr wahrscheinlich: “Solange die chinesische Regierung nicht ein bestimmtes Jahr für den CO₂-Peak festlegt, ist es unwahrscheinlich, dass es eine absolute Emissionsobergrenze für den Emissionshandel gibt”. Zudem gäbe es wenig Spielraum, “die Latte für die teilnehmenden Kraftwerke zu erhöhen”, denn die Stromerzeuger könnten die Kosten aufgrund festgesetzter Strompreise nicht an ihre Kunden weitergeben. “Die Regulierungsbehörde wird sich auch mit der Festlegung strenger ETS-Ziele zurückhalten, um den Energiesektor nicht zu stark zu belasten“, so Qins Fazit.
8. Februar, Pakistan
Wahlen Parlamentswahlen in Pakistan
Das Land mit rund 240 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wählt ein neues Parlament. Im Vorfeld der Wahlen hatte es immer wieder Sorgen über die Einflussnahme des Militärs gegeben.
8. Februar, Online
Symposium International Symposium on Climate Security in Asia-Pacific
Das Institute for Global Environmental Strategies (IGES) organisiert zusammen mit dem University of Tokyo Institute for Future Initiatives dieses Symposium zu Klimasicherheit im Asien-Pazifik-Raum. Infos
9. Februar, 10 Uhr, Online
Webinar Auf zur nächsten Konferenz – So steigern Sie die Nachhaltigkeit Ihrer Geschäftsreise
Die Initiative Wirtschaft pro Klima gibt in diesem Webinar Tipps, wie Unternehmer die Planung und Umsetzung von Geschäftsreisen nachhaltiger gestalten können. Infos
13. Februar
Jubiläum Internationale Energieagentur wird 50
Die Internationale Energieagentur (IEA) wird 50 Jahre alt. Die Feier dazu findet am 14. und 15. Februar in Paris statt.
14. Februar, 14 Uhr, Online
Webinar Maritime Transport Decarbonization – What to Expect from the New Regulatory Frameworks?
Basierend auf einer neuen Studie des Oxfrod Institute for Energy Studies wird auf der Veranstaltung über die Möglichkeiten zu Dekarbonisierung in der Schifffahrt diskutiert. Organisiert wird das Webinar von der Florence School of Regulation organisiert. Infos
14. Februar, 16 Uhr, Brüssel/Online
Diskussion Quo Vadis, EU: 2040 Climate Target
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) organisiert diese Diskussion zum jüngst verabschiedeten EU-Klimaziel für 2040. Infos
14. Februar, 19 Uhr, Kiel
Diskussion Klimaschutz – aber ohne Kostenexplosion: Marktwirtschaftlich orientierte Klimapolitik
Klimapolitik nach dem Prinzip “Koste es, was es wolle” ist laut der Friedrich-Naumann-Stiftung nicht mehrheitsfähig. Darum diskutiert sie auf dieser Veranstaltung über marktwirtschaftliche Ansätze für Klimapolitik. Infos
15. Februar, 19 Uhr, Hamburg
Vortrag Wasserstoff – Schlüsselfaktor für den Klimaschutz
Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, hält im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Akademievorlesungen” der Akademie der Wissenschaften in Hamburg einen Impulsvortrag mit dem Titel “Wasserstoff – Schlüsselfaktor für den Klimaschutz”. Fischedick geht dabei unter anderem auf die Fragen ein, welche Rolle Wasserstoff für den Klimaschutz spielen kann, welche zentralen Weichen für seinen Einsatz gestellt werden müssen und wie sich eine resiliente Versorgungsstruktur aufbauen lässt. Infos
15. und 16. Februar, Dessau-Roßlau
Vernetzungsveranstaltung Netzwerktreffen Solares Geoengineering
Das Umweltbundesamt lädt zu diesem Netzwerktreffen rund um Solares Geoengineering ein. Es soll über Solar Radiation Modification (SRM) informieren: Welche Risiken birgt SRM? Wie kann SRM insbesondere in den UN-Prozessen kritisch-konstruktiv behandelt werden? Infos
16. bis 18. Februar, München
Konferenz Münchner Sicherheitskonferenz
In diesem Jahr findet die Münchner Sicherheitskonferenz zum 60. Mal statt. Infos
Die weltweiten Rekordtemperaturen im vergangenen Jahr haben sich stark auf die Antarktis ausgewirkt. Im Juli, wenn die Ausdehnung des Eises aufgrund des Winters besonders groß sein sollte, fehlte der Antarktis im Vergleich zu Durchschnittswerten von 1981-2010 eine Eisfläche in der Größe von Algerien. Im September erreichte die Ausdehnung des Meereises dort dann ein weiteres Rekordtief.
Das Eisschild in der Antarktis hat einen großen Einfluss auf das Klima: Es reflektiert Sonnenstrahlung und kühlt das Wasser in der Region. Wenn das Eis schmilzt, könnte es zu einer unaufhaltsamen Eis-Albedo-Rückkopplung kommen: Je mehr das Eis schmilzt, desto mehr Wärme kann die dunkle Oberfläche des Ozeans aufnehmen, anstatt sie zu reflektieren. Der wärmere Ozean führt dann dazu, dass das Eis noch schneller schmilzt. Zusätzlich trägt die Eisschmelze zum Anstieg des Meeresspiegels bei.
Ein aktuelles Paper in der Fachzeitschrift Weather hat sich mit den Gründen und Konsequenzen des starken Rückgangs des Meereises im vergangenen Jahr beschäftigt. Weil das Eis in der Antarktis in den vergangenen Jahrzehnten anders als in der Arktis nur wenig zurückgegangen war, seien die Rekordwerte des Rückgangs besonders extrem, schreiben die beiden Autorinnen. Inwieweit der Rückgang des Eises auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist, lasse sich aber noch nicht abschließend sagen. kul
95 Schwellen- und Entwicklungsländer haben ernsthafte Probleme, Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz zu finanzieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Boston University Global Development Policy Center. 91 dieser Staaten hätten demnach einen hohen Investitionsbedarf im Umwelt- oder Klimabereich oder große Potenziale für Naturschutz.
Die Forscher haben 108 Entwicklungs- und Schwellenländer untersucht. Das Ergebnis:
Viele Staaten sind bei einem einzigen Kreditgeber oder einer einzelnen Gläubigerklasse hoch verschuldet:
Die Forscher schlagen vor, die Schuldenlast der Staaten und die Kapitalkosten zu verringern. Eine Erhöhung der Entwicklungsfinanzierung sei nötig. Ebenso brauche es Schuldenerlasse, die an Klima- und Entwicklungsinvestitionen geknüpft sein sollten. nib
Die EU-Mitgliedstaaten und Europaparlament haben sich politisch auf den Net-Zero Industry Act (NZIA) geeinigt. Das Gesetz soll Europas Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act sein und die Standortbedingungen für die Hersteller einer Reihe von klimafreundlichen Technologien verbessern. Damit werde die Regulierungsagenda des europäischen Green Deals erstmals um einen Business Case ergänzt, sagte der Berichterstatter des Europaparlaments, Christian Ehler (CDU). Rat und Parlament müssen die Einigung aber noch formell absegnen.
Der NZIA sieht einige Erleichterungen für Investoren vor, die Produktionskapazitäten für Netto-Null-Technologien aufbauen wollen:
Profitieren von diesen Vorteilen sollen europäische Hersteller in einer langen Liste von Sektoren, die fast durchgängig dem Vorschlag des Europaparlaments entspricht. Ehler setzte zudem durch, dass auch deren Zulieferer etwa in der Grundstoffindustrie oder im Maschinenbau aufgenommen werden. Auf der Liste finden sich neben Bereichen wie Solar, Wind und Wärmepumpen auch politisch sensible wie die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) sowie dessen Transport – und wie Nukleartechnologien. Allerdings können die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob sie auch Atomkraftprojekte fördern.
Daneben können die Mitgliedstaaten geplante Fabriken als “strategische Projekte” einstufen, wenn sie diese als besonders wichtig für Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit einstufen. Dazu können auch Investitionen in die Dekarbonisierung von energieintensiven Industrien wie Stahl, Aluminium oder Zement zählen. Anders als der US-Inflation Reduction Act ist das EU-Gegenstück nicht mit massiven Finanzmitteln unterlegt. tho
Der weltweit größte Entwickler von Offshore-Windkraftanlagen Ørsted will 800 Mitarbeiter entlassen und sich aus den Märkten Portugal, Norwegen und Spanien zurückziehen. Das gab das dänische Unternehmen am Mittwoch bekannt. Bis 2030 will das Unternehmen nur noch 35 bis 38 Gigawatt an neuen Windkraftanlagen installieren. Zuvor hatte es eine Zielmarke von 50 Gigawatt, wie Bloomberg berichtet.
Ørsted hatte sich auf dem US-Markt übernommen und dort im letzten Jahr große Verluste angehäuft. Die steigende Inflation und höhere Zinsen hatten die Kosten für den Bau neuer Offshore-Windanlagen verteuert.
Der weltweit größte Hersteller von Windkraft-Turbinen, Vestas, hofft hingegen wieder auf bessere Zeiten. Ende des vergangenen Jahres hatte das Unternehmen viele Aufträge aus den USA und Australien erhalten. Vestas rechnet mit Gewinnen in Höhe von vier bis sechs Prozent.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihre Vorhersagen für den Ausbau der Windkraft außerhalb Chinas erst vor wenigen Wochen nach unten korrigiert. Vor allem die Offshore-Windindustrie ist demnach mit höheren Kosten konfrontiert. “Die Investitionskosten liegen heute um mehr als 20 Prozent höher als noch vor einigen Jahren”, schreibt die IEA in ihrem Bericht Renewables 2023. nib
Sowohl die Oberflächentemperatur der Meere als auch die Lufttemperatur erreichten im Januar Rekordwerte. So waren die Meere mit 20,97 Grad Celsius im Durchschnitt 0,26 Grad wärmer als im Januar 2016, in dem die zuvor höchsten Temperaturen in dieser Jahreszeit gemessen worden waren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Datenauswertung des Copernicus Climate Change Service (C3S).
Seit dem 31. Januar erreichten die Meerestemperaturen sogar absolute Höchstwerte und liegen damit über Rekordwerten, die im vergangenen Jahr im August gemessen wurden. Bei der durchschnittlichen Lufttemperatur war der Januar 2024 der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Überdurchschnittlich warm war es im vergangenen Monat vor allem im Süden von Europa, im Osten von Kanada, Nord-West-Afrika, dem Mittleren Osten und Zentral-Asien. Nach diesem Rekord-Januar hätten die Temperaturen in den gesamten vergangenen zwölf Monaten mehr als 1,5-Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen, sagt Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin beim C3S. kul
Ein Fallschirmspringer springt aus dem Flugzeug, zieht die erste Leine – nichts passiert. Zum Glück gibt es ja noch den Rettungsschirm, und so zieht er schon leicht panisch die zweite Reißleine. Nichts passiert. Ungebremst rast er der Erde entgegen. Da plötzlich, er traut seinen Augen kaum, sieht er einen Mann, der ihm von der Erde aus entgegenfliegt. Seine Rettung? Er ruft ihm zu: “Reparieren Sie Fallschirme?” Der andere ruft zurück: “Nein, nur Gasleitungen!“
Ich liebe diesen Witz, weil er wie alle guten Witze einen sehr wahren Kern enthält. Wir sind im freien Fall. Wir haben letztes Jahr sechs von neun planetaren Grenzen verletzt, und damit uns. Johan Rockström betont: wir sind aus dem linearen in den exponentiellen und immer schwerer vorhersagbaren Bereich der “großen Beschleunigung” eingetreten. Wir können darüber verzweifeln, verrückt werden, oder lachen. Und dann wieder handlungsfähig werden.
Bei dem Witz um die Gasleitung kann man über Nord-Stream-2 nachdenken, wie unübersichtlich die Welt geworden ist, oder darüber, wie wir nach 2050, wenn die Welt ohne Erdgas auskommt, auch neue Witze haben werden. Humor und Klimakrise schließen sich nicht aus. Humor ist nichts Oberflächliches, sondern das tiefe JA zu den Paradoxen, den Widersprüchen, in denen wir alle gefangen sind – und aus denen wir uns durch mentales Judo zeitweise befreien können.
Ein Mann läuft klatschend durch die Straße. Ein anderer fragt: Was tun Sie? Antwort: Ich vertreibe Elefanten. Nachfrage: Hier gibt es keine Elefanten. Antwort: Sehen Sie!
Kürzer kann man die menschliche Neigung zu falscher Kausalität und Selbstüberschätzung nicht fassen. Ein Beispiel aus der “Anleitung zum Unglücklichsein”, wie schwer es ist, Menschen in ihrer vorgefassten Meinung zu erschüttern – wenn schon nicht über das Hirn, dann vielleicht doch übers Zwerchfell? Werden Botschaften unseriös, nur weil man sie versteht? So wie Paul Watzlawick bin ich als Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen von der heilsamen und aufklärerischen Wirkung des Humors überzeugt.
“If something does not work – do something different.” Seit 50 Jahren gibt es “Grenzen des Wachstums”, den Treibhauseffekt seit 200, 2023 war das heißeste Jahr seit 125.000 Jahren mit geschätzten 100.000 Hitzetoten in Europa – was soll denn bitte noch passieren? Oder stimmt, was Prof. John Sterman sagt: “Research shows, that showing people research does not work.” Umso erstaunlicher, dass wir immer noch Wissenschaft und auch weite Teile des Journalismus nach dem “Knowledge deficit model” betreiben, so als würde die Welt von alleine vernünftiger, wenn wir noch mehr publizieren, recherchieren und offen legen. Früher mussten wir glauben, was wir nicht wissen konnten. Heute glauben wir nicht, was wir wissen.
Noch hartnäckiger als Klimaleugner in der AfD hält sich das deutsche Vorurteil, dass Humor nur Ablenkung sei. Irrtum. Es ist ein Weg der Erkenntnis, jedes Lachen eine kleine Erleuchtung (Schopenhauer). Ich nenne das nachhaltige Komik, man lacht im Moment und verändert die Perspektive, hat ein Haha- und ein Aha-Erlebnis.
Berlin (Archiv) – Gute Nachrichten für Kinder, Wintersportler und Freunde einer gepflegten Schneeballschlacht! Um dem zunehmenden Trend schneearmer Winter entgegenzuwirken, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt heute angekündigt, dass der Gefrierpunkt von Wasser in der Nacht von Sonntag auf Montag offiziell auf 10 Grad Celsius erhöht wird. Mindestens bis April wird daher mit viel Schnee gerechnet.
Dieser Fake-Fun-Fact aus dem Postillon erinnert mich an die Aussage von Volker Wissing. Als der “Vater Rhein”, eine Lebensader unseres Landes und wichtiger Transportweg der Wirtschaft, im letzten Sommer durch Hitzewellen und Dürre zu einem unschiffbaren Rinnsal zusammengeschrumpelt war, empfahl der Verkehrsminister, die Fahrrinne zu vertiefen. So als ob man nicht nur Autos, sondern auch Flüsse tiefer legen könnte. Aber Naturgesetze sind nicht verhandelbar (Harald Lesch). Die Physik gilt weiter, selbst wenn man Physik in der 10. Klasse abgewählt hat.
Kein Mensch denkt nur auf eine Art. Bei den allermeisten von uns existieren mehrere Denk- und Glaubenssysteme munter nebeneinander: das intuitive Bauchgefühl und das kühle Kopfsystem, das die Dinge systematisch hinterfragt. Das bietet viel Platz für freiwillige und unfreiwillige Komik. Das Argument, dass wenn Humor im Spiel ist, die Menschen nicht wissen, was “ernst” gemeint ist und was nicht, macht die Menschen dümmer als sie sind. Ich habe vor kurzem mit sehr viel Aha das prophetische Buch von 1985 von Neil Postman noch einmal gelesen, “Wir amüsieren uns zu Tode”, ähnlich erhellend ist Netflix “Don´t look up”. Was wollen wir nicht sehen? Laut der Studie von Maria und Lisa Furtwängler finden die beiden größten Gefahren für unser Überleben – die irreversible Überhitzung und der Artenverlust – in den untersuchten Sendern von ARD, ZDF, RTL und Pro7 in weniger als zwei Prozent aller Sendeminuten statt. Kein Witz.
Viele meinen, wenn ein Problem schon lange besteht, müsse auch die Lösung des Problems lange dauern. Kann sein, muss aber nicht. Wie der Betrunkene, der sich im Kreis um eine Litfaßsäule herumtastet und ruft: “Hilfe, ich bin eingemauert!” Für jeden Außenstehenden ist es offensichtlich, dass er sich lediglich umzudrehen bräuchte, um frei zu sein. Nur er hält an der scheinbar endlosen Wand und seiner “Weltsicht” fest.
Ähnlich absurd ist das Festklammern an den fossilen Energien, die noch immer mit Milliarden gemeinsam erwirtschafteten Geld subventioniert werden, um uns kollektiv die Luft abzudrücken. Wir müssten uns nur umdrehen – um nicht zu sagen den Blick und die Energie wenden!
Wir könnten es so viel schöner haben als jetzt. Und gesünder. Mit 100 Prozent Erneuerbaren wäre Luftverschmutzung weltweit nicht mehr Killer Nummer 1. Aber es geht eben bei vielen Entscheidungen nicht um Mangel an Erkenntnis, sondern um Machterhalt. Die Lobby der Vergangenheit ist bestens organisiert, finanziert und hat überall ihre Finger drin, von den Desinformationskampagnen der Koch-Brüder und Exxon bis zu den aktuellen Weltklimakonferenzen. Wer ist die Interessenvertretung der Zukunft? Als ich über Nacht zu einem der Mitgründer der “Scientists for Future” wurde, fand ich auf den Plakaten der “Fridays” sehr viel Humor. “Kurzstreckenflüge nur für Insekten”, “Fossil Fools”, “Why get an education, when no one listens to the educated” und: “If you don´t act like adults – we will!”
Das hatte was von “Des Kaisers neue Kleider”, wo ein Kind alle aus ihrer Illusion reißt, den Kaiser für seine Hüllen zu bestaunen. Nackte Wahrheit ist: es gibt kein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten. Wir müssen nicht “die Erde” oder “die Umwelt” retten, sondern uns. Und wer glaubt, Wirtschaft allein könnte Wohlergehen schaffen, kann ja mal sein Geld zählen, während er die Luft anhält. Ohne Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken, Pflanzen zum Essen und erträglichen Temperaturen gibt es kein friedliches Miteinander, kein irgendwie erstrebenswertes oder gutes Leben. Reichtum ohne Artenreichtum ist bittere Armut. Auf Gold wächst so wenig Essbares wie in Schottergärten. Biodiversität, fruchtbarer Boden, kühlendes Wasser – wie werden wir “Shareholder” an dem, was wir alle “sharen”? Und um das sich aktuell keiner schert, weil es nicht “eingepreist” ist, weil Verschmutzen so billig ist, es kein Geschäftsmodell gibt für Prävention, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, oder allein das Verhindern der nächsten Pandemie. All das wissen wir eigentlich, sogar ohne ChatGPT danach fragen zu müssen.
Der älteste Witz der Menschheit? David gegen Goliath. Die Hoffnung darin: klein gegen groß, Geist gegen rohe Gewalt, die direkte persönliche Ansprache der Tochter am Frühstückstisch kann womöglich einen mächtigen Konzernlenker eher umlenken als öffentliche Angriffe. Und Konzernlenkerinnen sowieso.
In der Kommunikation von “Gesunde Erde-Gesunde Menschen” versuchen wir oft, überraschend zum Perspektivwechsel beizutragen, nicht immer über Bremsen und Sparmassnahmen zu reden, sondern darüber, was es uns noch kosten wird, weiterzumachen wie bisher. In einem Satz: “Das Teuerste, was wir jetzt tun können ist nichts!” Oder auch zu den ermutigenden großen Demonstrationen für unsere demokratische Kultur: “Was die Mehrheit oft nicht weiß: dass sie die Mehrheit ist”.
Wo lade ich selbst meine “Humorbatterien” auf? Bei Sarah Bosetti, Marc-Uwe Kling, Ralph Ruthe, El Hotzo, den Science Busters oder “Cranky Unkel vs Climate Change”, einem amerikanischen Komikformat. Und in dem wunderbaren Team meiner Stiftung. Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange andere sie hauptberuflich zerstören. Wir können uns nicht selber kitzeln. Erst recht nicht online. Es gibt kein besseres Antidepressivum als engagierte Menschen um uns herum. Selbstwirksamkeit ist das Zauberwort. Aktiv werden ist das beste gegen die Hilflosigkeit. Jeder an seiner Stelle, mit seinen Mitteln. Verbunden statt allein.
Was uns Angst macht, kann man nicht weggrinsen, aber Tränen, die man gelacht hat, muss man nicht mehr weinen. Humor, Cartoons, starke Metaphern, Bilder, Kunst und Kultur müssen wir einbinden, wenn wir eine äußere und innere Transformation wollen. Und ein besseres Wort dafür. Kultur gibt uns eine Idee davon, dass ein gutes Leben nicht daran gekoppelt sein muss, wie viel CO₂ wir dafür verballern. Wir können mit einem guten Buch im Kopf kerosinfrei reisen, wir können gemeinsam Musik hören, die uns den Atem raubt, uns zum Klingen und Tanzen bringt. Wir können ungewöhnliche Allianzen bilden, die nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz berühren.
Für das Harbour Front Future Festival durfte ich einen Abend in der Elbphilharmonie gestalten, mit Piano und Poesie, Geige und Geowissenschaft. Ricarda Winkelmann versteht wie kaum eine andere Forscherin die Dynamik vom Abschmelzen des vermeintlich “ewigen” Eises in der Antarktis. Ich fragte sie direkt: “Wie schaffst du es, bei allem, was du weißt, nicht zu verzweifeln?” Ricarda überlegte kurz: “Zum Verzweifeln haben wir keine Zeit!”
Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen www.stiftung-gegm.de
Das Weiße Haus hat vergangene Woche bekannt gegeben, dass John Podesta, Joe Bidens Berater für saubere Energie, bald zum obersten Klimadiplomaten der USA ernannt wird. Der bisherige Amtsinhaber John Kerry wird im Frühjahr zurücktreten, um Bidens Wahlkampagne zu unterstützen. Im Gegensatz zu Kerry wird Podesta nicht im Außenministerium, sondern im Weißen Haus angesiedelt sein. Dadurch benötigt er nicht die Zustimmung des US-Senats. Ein politischer Streit mit den Republikanern kann so vermieden werden.
Podesta, 75, ist ein bekanntes Gesicht in Washington. Er diente als Stabschef von Präsident Bill Clinton und war Berater von Präsident Barack Obama. Während einer kurzen Pause im Weißen Haus gründete er das Center for American Progress, eine bekannte liberale Denkfabrik. Im Jahr 2016 leitete Podesta die Präsidentschaftskampagne von Hillary Clinton. In dieser Zeit wurden seine E-Mails gehackt und auf WikiLeaks veröffentlicht.
Biden wählte Podesta im Jahr 2022 zu seinem Berater und lobte seine “tiefe Verwurzelung in der Klima- und grünen Energiepolitik und seine Erfahrung auf höheren Regierungsebenen”. Während seiner Zeit in der Regierung arbeitete Podesta sowohl an der nationalen als auch an der internationalen Klimapolitik. Er half bei der Umsetzung der Bestimmungen für saubere Energie des American Recovery and Reinvestment Act unter Obama und des Inflation Reduction Act unter Biden.
Podesta war Teil der US-Delegation bei internationalen Klimakonferenzen, darunter in Kopenhagen und Paris. Eine seiner wichtigsten Aufgaben war es, China davon zu überzeugen, einem Klimaabkommen beizutreten und sich zur Reduzierung seiner Treibhausgasemissionen zu verpflichten. “Es gab keine höhere Priorität, als dies mit China in die Wege zu leiten.” Wenn China sich nicht auf den Weg mache, seine Emissionen zu stabilisieren, den Höchststand zu erreichen und sie zu senken, “dann kann der Rest der Welt nicht erfolgreich sein”, sagte er 2022 im Gespräch mit der Obama Foundation.
Podesta hat noch keine spezifische Agenda für seine neue Rolle angekündigt, aber er hat aggressivere Maßnahmen der Länder zur Begrenzung der globalen Erwärmung gefordert. Umair Irfan aus Washington