eine Erkenntnis in der Klimadebatte ist schon lange: Sicher ist nur die Unsicherheit. Das zeigt sich auch, wenn man einen genaueren Blick auf die Daten werfen will, um die sich im Klimaschutz alles dreht: Informationen über die CO₂-Emissionen. Und die sind gerade beim größten Verschmutzer China schon immer und immer noch mit vielen Fragezeichen versehen, wie Nico Beckert recherchiert hat.
Das ist sicher einer der Gründe, warum sich die Volksrepublik in den Klimaverhandlungen oft mit dem Begriff MRV schwertut – “Measure, Report, Verify“, also einer transparenten Datenbasis. Und auch bei vielen anderen Ländern sind diese Zahlen schwierig zu erheben, worüber wir in den kommenden Wochen berichten werden. Da nämlich steht in Bonn die “SBSTA”-Zwischenkonferenz an, auf der die Beschlüsse der nächsten COP28 in Dubai vorbereitet werden. Wir sind als Climate.Table vor Ort und berichten zweimal die Woche von den Veranstaltungen, Verhandlungen und Hintergründen des Treffens. Den Anfang machen wir am nächsten Montag, dem ersten Konferenztag.
In dieser aktuellen Ausgabe blicken wir außerdem noch darauf, wie genau die US-Umweltbehörde EPA das gigantische grüne Investmentpaket IRA umsetzt, welche hochfliegenden Pläne für Wasserstoff in Afrika geschmiedet werden und welche planetaren Grenzen inzwischen überschritten sind.
Wir wünschen eine spannende Lektüre. Behalten Sie einen langen Atem!
Auf der am 5. Juni startenden COP-Zwischenkonferenz in Bonn wird auch über eine globale Bestandsaufnahme zum Fortschritt in der internationalen Klimapolitik (Global Stocktake) beraten. Dabei spielen Emissionsdaten eine zentrale Rolle. Deren Erfassung ist aber nicht einfach. Viele Entwicklungsländer haben in den letzten Jahren kaum Fortschritte bei der Datenerfassung gemacht. Doch auch der weltweit größte CO₂-Emittent China steht dabei vor großen Herausforderungen.
Die chinesischen CO₂-Daten basieren auf Schätzungen und Ersatzindikatoren wie dem Energieverbrauch bei der Produktion. Die Schätzungen für viele energieintensive Wirtschaftssektoren wie der Metallverarbeitung oder den Chemiesektor seien allerdings sehr ungenau und könnten von Anlage zu Anlage stark schwanken, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. “Das Fehlen zuverlässiger Emissionsdaten auf Industrie-Ebene könnte es den Behörden langfristig erschweren, die Politik so zu gestalten, dass die Klimaziele erreicht werden“, sagt Cory Combs von Trivium China gegenüber Table.Media. Wie groß die Lücke zwischen geschätzten und tatsächlichen Emissionen ist, ist jedoch unklar.
Vergrößert wird die Unklarheit über Chinas Emissionen, weil viele Daten nicht veröffentlicht werden. Anders als in den traditionellen Industriestaaten gebe es “keine regelmäßige Berichterstattung, die die Gesamtemissionen des Landes offenlegen würde“, sagt der Energieexperte Lauri Myllyvirta. Die gesamten CO₂-Emissionen aus dem Energiebereich würden jährlich nur indirekt als Verringerung der CO₂-Intensität in Relation zur Wirtschaftsleistung angegeben, erläutert Myllyvirta gegenüber Table.Media.
“Es gibt keine Aufschlüsselung nach Sektoren“, sagt Myllyvirta. CO₂-Emissionen aus der Zementherstellung und andere Industrie-Emissionen werden nicht veröffentlicht. Externe Analysten müssen die Gesamt-CO₂-Daten aus den veröffentlichten Daten abschätzen. Auch Chinas Nationales Treibhausgas-Inventar (“National Inventory”) ist veraltet. Die letzte Bestandsaufnahme wurde 2019 veröffentlicht und basiert auf Daten von 2014. Als Entwicklungsland (Non-Annex-I-Land) muss China nicht regelmäßiger an die UNFCCC berichten.
Das Rätselraten über die tatsächlichen Emissionen könnte aber auch dazu, führen, dass China für 2022 zu hohe CO₂-Emissionen veröffentlicht hat, wie Myllyvirta erläutert. Denn um Energiekrisen wie in der jüngsten Vergangenheit zu vermeiden, hat die Regierung die inländische Kohleproduktion ausweiten lassen. Das führte dazu, dass mehr minderwertige Kohle auf den Markt kam. Davon müssen die Kraftwerke mehr verbrennen, um die gleiche Menge an Energie zu gewinnen. Der Kohleverbrauch stieg also an – nicht aber unbedingt der CO₂-Ausstoß. Denn der ist weniger von der Kohlemenge abhängig als vielmehr von der Qualität der Kohle.
Wenn diese sinkt, gehen auch die Emissionen zurück. Kohle-Bergwerke haben aber falsch oder gar nicht über die abnehmende Qualität informiert. Die Behörden gehen also von einer gleichbleibenden Qualität bei steigendem Verbrauch, steigender Energiemenge und somit steigenden Emissionen aus. Laut offiziellen Daten sind Chinas Emissionen deshalb 2022 um 1,3 Prozent gewachsen. Doch die widersprüchlichen Daten zur Kohlequalität und andere Datenpunkte zeigten eher eine Abnahme der Emissionen von circa einem Prozent, so der Experte Myllyvirta.
Auch Combs sagt: “Der Hauptgrund für die Unsicherheit bei Chinas Emissionen ist der umfangreiche Einsatz von Kohle“, sowohl für die Energieerzeugung als auch für Industrie-Zwecke, beispielsweise die Stahlerzeugung. Dabei gäbe es eine Menge “Quellen der Daten-Unsicherheit”. Für die unterschiedlichen Prozesse werden verschiedene Arten von Kohle mit unterschiedlicher Qualität verwendet. China produziere mehr Stahl als der Rest der Welt zusammen und hat die meisten Kohlekraftwerke. Die potenziellen Punkte für Datenprobleme addieren sich “in einer Größenordnung, die ihresgleichen sucht”, so Combs.
Der chinesische Emissionshandel verlangt von den teilnehmenden Kohle- und Gaskraftwerken einen jährlichen Emissionsbericht. Er wird von lokalen Behörden überprüft. Doch dabei fehlt es an den nötigen Ressourcen. “Viele Kommunalverwaltungen haben argumentiert, dass sie nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um den Monitoring-, Reporting- und Verifikations-Prozess umfassend durchzuführen, was häufig zu Datenfälschungen und einer daraus resultierenden Lücke in der Emissionsberichterstattung führt”, sagt Seb Kennedy gegenüber Table.Media. Er ist Analyst bei dem Datenanbieter Transition Zero. Ein Großteil der Daten werde zudem von den Unternehmen “selbst gemeldet und nicht unabhängig überprüft“, so Kennedy.
Beratungsfirmen, die die Daten überprüfen, haben Unternehmen auch schon zur Manipulation geraten, um keine CO₂-Zertifikate zukaufen zu müssen. Laut dem ETS-Experten Zhibin Chen vom Forschungs- und Beratungsunternehmen Adelphi hat das chinesische Umweltministerium das Manipulationsproblem “rechtzeitig erkannt und eine große Datenüberprüfungsaktion durchgeführt, bei der die meisten Daten korrigiert wurden”. Die Regierung hat neue Richtlinien zur Datenerfassung erlassen. In einem großen Land wie China sei es jedoch schwierig, “dafür zu sorgen, dass jedes Unternehmen und jeder Prüfer denselben neuen Standard umsetzen kann”, so Chen. Es brauche Zeit, die Probleme herauszufinden und zu lösen, so der Adelphi-Experte.
Cory Combs von Trivium China sagt: “Ohne genaue Emissionsdaten kann es keine genaue Zuteilung von Zertifikaten” im Emissionshandel geben. Ab einem gewissen Punkt könnte das “den Mechanismus zur CO₂-Bepreisung untergraben”. Schon die Ausweitung des ETS auf den Stahl-, Zement- und Aluminium-Sektor wurde auch mit Verweis auf die schlechte Datenlage in diesen Sektoren verschoben.
China verfolgt mehrere Maßnahmen zur Überwindung der Datenprobleme. Der Staat:
Laut Cory Combs von Trivium China verfolgt das chinesische Umweltministerium einen klaren Fokus zur Verbesserung der “Detailschärfe und Genauigkeit der Emissionsdaten”. Allerdings verbleiben viele offene Fragen, ob das schon in naher Zukunft gelingen kann, so Combs Einschätzung.
Der bisherige Kompromiss im aktuellen US-Haushaltsstreit hat auch Auswirkungen auf die Klimapolitik des Landes: Umweltschützer sind empört, dass der Vorschlag die Genehmigung für die umstrittene Gaspipeline “Mountain Valley Pipeline” (MVP) in West-Virginia und schnellere Planungen für Infrastrukturvorhaben vorsieht. Das Weiße Haus dagegen verteidigt die Vereinbarung, weil sie weite Teile des Investitionsprogramms IRA unangetastet lässt und zum Beispiel die staatlichen Ausgaben etwa für die US-Umweltbehörde “Environmental Protection Agency” (EPA) garantiert.
Diese Behörde entwickelt sich zum zentralen Instrument für den klimagerechten Umbau des Landes. Mit insgesamt 40 Milliarden Dollar und einer Reihe von regulatorischen Maßnahmen treibt die größte Umweltbehörde der Welt die global umfangreichsten Klima- und Investitionspläne der Biden-Regierung voran. Über die Details sprach die Vizechefin der Behörde, Janet McCabe, mit Table.Media.
Das Investitionsprogramm “Inflation Reduction Act” (IRA) soll über die nächsten zehn Jahre etwa 370 Milliarden Dollar über Steuererleichterungen und Abschreibungen in den grünen Umbau der USA pumpen. “Die EPA hat eine sehr unterscheidbare Rolle unter IRA”, sagt McCabe. “Vor allem darin, Programme aufzusetzen, um Aktivitäten zu finanzieren”.
Insgesamt 27 Milliarden Dollar fließen in den “Greenhouse Gas Reduction Fund“, den die EPA als zentralen Hebel für Klima-Investitionen (oder “green Bank”) einsetzt:
“Das ist sehr aufregend”, sagt McCabe. Denn solche “grünen Banken” gebe es bisher in den USA in Staaten und Gemeinden, aber nicht auf der Bundesebene. Außerdem unterstütze die EPA durch Subventionen etwa die Elektrisierung von schweren Lastwagen.
Die EPA-Programme sehen aber auch Geld vor, wenn Bundesstaaten eigene Klimapläne aufstellen oder erneuern. Sie können Anträge für Programme stellen, “die sehr schwer zu finanzieren sind, weil sie nicht im Budget der Staaten abgebildet sind”, so McCabe. Alle US-Staaten bis auf vier (Iowa, Florida, Kentucky und South Dakota) hätten diese Anträge gestellt, so die EPA-Vizechefin “Der Präsident und der Kongress wollen, dass das Geld schnell fließt”.
Ob die Weigerung, das Klimageld zu nehmen, auch politische Gründe hat – alle vier betreffenden Staaten sind republikanisch regiert – kann McCabe nicht sagen. Auf der unteren Ebene seien die politischen Entscheider weniger ideologisch als praktisch orientiert: “Niemand will, dass seine Gemeinde dauernd überschwemmt wird, niemand will Waldbrände, niemand will, dass die Menschen drinnen festsitzen, weil es draußen zu heiß ist.”
Allerdings hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass trotz der republikanischen Angriffe gegen Bidens Klimapolitik und deren Gegenstimmen im Kongress deutlich mehr Geld aus dem IRA in “rote”, also republikanisch als “blaue”, demokratisch regierte Staaten fließt.
Die EPA arbeitet allerdings nicht nur mit Geld, sondern auch mit Gesetzen und Normen am Klimaziel der Biden-Regierung. Die Behörde will die USA auf einen Pfad bringen, um das Klimaziel von netto Null bis 2050 und die CO₂-freie Stromversorgung bis 2035 zu erreichen. Dafür arbeitet die Behörde derzeit an diesen Maßnahmen:
Der Ansatz der Arbeiten ist laut EPA-Vizechefin technologiebasiert: Je nach technologischem Fortschritt etwa bei der Abgastechnik würden die Bedingungen verschärft. Und vor allem bei den Regeln für Kraftwerke gilt es für die Biden-Regierung, einen Misserfolg zu verhindern, wie ihn die Obama-Regierung erlitten hatte: Denn der “Clean Power Plan” der Obama-Regierung, an dem McCabe in der EPA schon mitgearbeitet hatte, fiel 2016 beim Obersten Gerichtshof der USA durch. Heute sieht sich McCabe als Vizechefin der Behörde mit ihrer neuen Kraftwerksregulierung auf der sicheren Seite. Man habe aus der Niederlage vor Gericht gelernt, jetzt “sind wir sehr sicher, dass wir auf solidem juristischem Boden stehen”.
Allerdings fürchten Umweltschützer in den USA eine weitere Einschränkung der EPA-Kompetenzen in diesem Bereich. Im Fall der sogenannten “Chevron-Doktrin“, die nach einem juristischen Streit zwischen dem Ölkonzern Chevron und der EPA benannt ist, wird vermutet, dass der inzwischen extrem konservative Oberste US-Gerichtshof diese Regel angreifen könnte. Sie legt bisher fest, dass Gerichte bei komplexen Verfahren im Zweifelsfall Regeln so interpretieren sollen, wie sie von der zuständigen Behörden gesehen werden.
Ihre Behörde selbst erhole sich gut von den vier Jahren unter Trump, so McCabe. Zwar habe man unter den von Trump eingesetzten EPA-Chefs “einige tausend Mitarbeiter verloren”, doch inzwischen kämen sehr viele wieder zurück. Mit 15.000 Angestellten habe die EPA derzeit “mehr Personal als zum Ende der Obama-Zeit.“
Die namibische Regierung unter Premierministerin Saara Kuugongelwa-Amadhila hat den Weg für ein ehrgeiziges Energieprojekt freigemacht. In der vergangenen Woche hat das Kabinett den Abschluss einer Vereinbarung mit Hyphen Hydrogen Energy genehmigt. An dem Joint Venture ist unter anderem die südafrikanische Tochterfirma der deutschen Enertrag beteiligt. Das Projekt sieht Investitionen von zehn Milliarden Euro in den Bau von Anlagen zur Produktion grünen Wasserstoffs in der Nähe der Küstenstadt Lüderitz vor.
Der Staat Namibia kann sich mit bis zu 24 Prozent als Investor an dem Projekt beteiligen. Dazu stellen die niederländische Förderinstitution Invest International B.V. und die Europäische Investitionsbank der namibischen Regierung 540 Millionen Euro zu Vorzugsbedingungen bereit, wie es in einer Präsentation heißt.
Bis 2030 soll der Bau abgeschlossen sein. Dann soll Namibia mehr als zwei Millionen Tonnen Ammoniak für die globalen und lokalen Energiemärkte herstellen. Das dafür benötigte Wasser wird über Meerwasserentsalzungsanlagen aus dem Atlantik gewonnen, der Strom zur Herstellung des Wasserstoffs aus Wind- und Sonnenkraftwerken. Darüber hinaus werden Anlagen zur Umwandlung des Wasserstoffs in Ammoniak und ein neuer Hafen zur Verschiffung benötigt.
“Das Projekt ist so umfangreich konzipiert, dass es nicht nur das Potenzial hat, die wachsende Stadt Lüderitz mit Frischwasser zu versorgen, sondern auch den gesamten Energiebereich Namibias auf einen Schlag CO2-neutral zu gestalten”, sagt Till Mansmann, der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
Dieses Projekt ist eines von dreien, die mit deutscher Beteiligung in Afrika verwirklicht werden sollen: Neben Namibia wird auch in Angola und in Mauretanien an ähnlichen Projekten gearbeitet.
Neben den Deutschen sind viele andere Investoren und Projektentwickler in Afrika aktiv. Allein in Namibia sind zwei weitere, ähnliche Projekte in Vorbereitung. Aber auch anderswo sind die Investoren aktiv. An vielen Standorten sind die Bedingungen ideal: Wasser kann aus dem Atlantik oder dem Indischen Ozean gewonnen werden und es gibt zahlreiche Standorte mit viel Potenzial für Solarstrom.
“Afrikanische Pionierländer wie Mauretanien zeigen den Weg und beweisen, dass Afrika der Welt mit grünem Wasserstoff helfen und sich so eine Zukunft der industriellen Entwicklung sowie schnelles und sauberes Wachstum für alle sichern kann”, sagt Thierry Lepercq, Präsident von Hydeal, einem Projekt, das Wasserstoff über Pipelines von Spanien nach Frankreich und Deutschland bringen soll.
Vier günstige Standorte hat die Europäische Investitionsbank (EIB) in einer Studie benannt: Marokko, Mauretanien, das südliche Afrika und Ägypten – Kenia, wo Deutschland ebenfalls Interesse zeigt, nannte die EIB nicht. “Die Nutzung der Sonnenenergie Afrikas zur Produktion von 50 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr bis 2035 kann dazu beitragen, die globale Energieversorgung zu sichern, Arbeitsplätze zu schaffen, die Schwerindustrie zu dekarbonisieren, die globale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Zugang zu sauberem Wasser und nachhaltiger Energie zu verändern”, heißt es in der Studie.
Investitionen in grünen Wasserstoff von einer Billion Euro können das Äquivalent von mehr als einem Drittel des derzeitigen Energieverbrauchs Afrikas decken, das BIP steigern, die Versorgung mit sauberem Wasser verbessern und Gemeinden stärken, schreiben die Autoren der EIB-Studie.
Eine Investition von einer Billion Euro könne sieben Exajoule Energie jährlich bringen. Das entspricht rund 1,9 Millionen GWh. Im Jahr 2021 lag der Verbrauch in Afrika bei 19,9 Exajoule. Dies würde laut EIB zu einem enormen Anstieg des BIP führen sowie dauerhafte und qualifizierte Arbeitsplätze in ganz Afrika schaffen.
Grüner Wasserstoff wäre dann ein gewaltiger Trigger für das Wachstum auf dem afrikanischen Kontinent. Noch sind diese Perspektiven vage Zukunft. Viele Fragen sind ungeklärt. Ein Streitpunkt könnte beispielsweise die Aufteilung des grünen Wasserstoffs zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden werden. Christian von Hiller
1. Juni, 9 Uhr, Berlin/Online
Konferenz Hauptstadtkonferenz Elektromobilität 2023
Elektromobilität in Zeiten der Energie- und Verkehrswende oder innovative Geschäftsmodelle für die Mobilität von heute und morgen – diese Themen stehen auf der Konferenz im Fokus. Welche Herausforderungen und Lösungsansätze es dazu gibt, wird auf der Konferenz diskutiert. Infos
1. Juni, 10.30 Uhr, Osnabrück
Seminar Moorklimaschutz beschleunigen! – Wie die Wiedervernässung der Moore in die Fläche kommt
Die Wiedervernässung der Moore muss aus Klimaschutzgründen beschleunigt werden. Doch vielfach sind die Hürden für die Umsetzung noch hoch, etwa im Bereich Planung und Genehmigung. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und das Greifswald Moor Centrum wollen auf ihrer Konferenz darüber diskutieren. Infos
1. Juni, 17.30 Uhr, Online
Vernetzungstreffen Netzwerk Nachwuchskräfte Städtebau: Mobilitätswende gestalten
In diesem digitalen Meeting des Netzwerks Nachwuchskäfte Städtebau geht es um die städtebauliche Gestaltung der Mobilitätswende vor Ort. Wie sieht die Verkehrsinfrastruktur der Stadt der Zukunft aus? Welche städtebaulichen Rahmenbedingungen müssen Kommunen hierfür schaffen? Wie gelingt nachhaltige Mobilität, die unterschiedliche Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger adressiert? Infos
05. Juni
Aktionstag Weltumwelttag
In Erinnerung an die Eröffnung der Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Umwelt am 5. Juni 1972 in Stockholm haben die Vereinten Nationen und vier Jahre später auch die Bundesrepublik Deutschland den 5. Juni zum jährlichen “Tag der Umwelt” erklärt. Durch verschiedene Aktionen und Veranstaltungen wird an diesem Aktionstag Umweltbewusstsein gefördert. Infos
5. bis 15. Juni, Bonn
Konferenz Bonn Climate Change Conference
Die Konferenz des UNFCCC (SBSTA) ist die Vorbereitungskonferenz für die COP im November in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Eine Auswahl von wichtigen Terminen liefert Climate.Table am Montag der kommenden Woche. Infos
6. Juni, 9.15 Uhr, Halle
Tagung Branchentag Erneuerbare Energien Mitteldeutschland
Die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, ist das große Ziel der Energiepolitik, national wie auch regional. Die drei Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen stehen vor unterschiedlichen und doch manchmal gemeinsamen Herausforderungen. Der Bundesverband WindEnergie diskutiert auf seinem Branchentag darüber. Infos
6. Juni, 10 Uhr, Schwedt/Oder und Online
Konferenz Die Oder – wertvolles Ökosystem unter Stress
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz lädt zu der Umweltkonferenz, um zu diskutieren, welche Umwelt- und Klimafaktoren die Oder unter Stress setzen. Infos
6. Juni, 15 Uhr, Online
Webinar Fit für den Sommer: Wie können naturbasierte Lösungen Kommunen resilienter machen?
Das Umweltbundesamt und das Ecologic Institute diskutieren über naturbasierte Lösungen für Resilienz in Kommunen. Infos
6. bis 8. Juni, Versailles
Konferenz Globale Energieeffizienzkonferenz
Die Konferenz der International Energy Agency (IEA) bringt Politiker und Wirtschaftsvertreter zusammen, um über Energieeffizienz zu diskutieren. Infos
8. Juni, 9.30 Uhr, Online
Seminar Education for a Sustainable Future – Empowering Individuals to Tackle Climate Change
Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels, da sie das Bewusstsein schärft und das Wissen und die Fähigkeiten vermittelt, die für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen, nachhaltigen Zukunft erforderlich sind. Auf dem Event von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Klima- und Nachhaltigkeitsbildung gestärkt werden kann. Infos
8. Juni, 19 Uhr, Hamburg
Diskussion Her mit den guten Ideen: Wie schonen wir Ressourcen?
Plastikmüll vermeiden, CO₂ einsparen, Konsum reduzieren – wie kann man ressourcenschonender leben? Drei Start-ups stellen ihre Geschäftsideen für besseres Wirtschaften vor. Mit Umweltsenator Jens Kerstan diskutieren die Gründerinnen und Gründer Nachhaltigkeitsziele und soziale Innovationen für Hamburg. Infos
Seit Wochen debattiert Deutschland erhitzt über die “Wärmewende” und das Verbot von fossiler Energie für die Heizung von Immobilien. Je besser Gebäude allerdings energetisch isoliert sind, desto weniger Energie brauchen sie, um die Wärme drinnen (oder draußen) zu halten. Da ist ein Blick ins europäische Ausland interessant: Wie schnell geht die Energie in geheizten Häusern verloren?
Der Überblick zeigt: Deutschland steht vergleichsweise gut da. Innerhalb von fünf Stunden sinkt die Temperatur in einem Gebäude, das bei 0 Grad Außentemperatur auf 20 Grad geheizt wurde um ein Grad. Nur in Norwegen ist dieser Wert noch ein bisschen besser – in den meisten anderen Ländern verlieren die Gebäude aber wegen dünner Wände, undichten Türen und Fenstern und nicht isolierten Dächern noch viel schneller ihre Wärme: in Frankreich um 2,5 Grad, in Großbritannien sogar 3 Grad in fünf Stunden. bpo
In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres lag der Energieverbrauch in Deutschland um 6,8 Prozent unter dem Wert des ersten Quartals 2022. Das ergibt sich aus den vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft (AG) Energiebilanzen, der Branchenverbände und energiewirtschaftliche Forschungsinstitute angehören. “Das ist eine der größten unterjährigen Veränderungen seit den Ölpreiskrisen der 1970er- und 1980er-Jahre”, teilt die Arbeitsgemeinschaft mit. Ursachen seien vor allem die “weiterhin hohen Energiepreise” und der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent.
Demnach lag der inländische Primärenergieverbrauch im ersten Quartal 2023 bei 3.126 Petajoule, was 106,7 Millionen Steinkohleeinheiten entspricht. Die Zahlen spiegelten die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs “deutlich” wider, so die AG.
Der Rückgang betreffe alle Energieträger, mit Ausnahme der Erneuerbaren. Der Verbrauch von Mineralöl etwa sei um 2,6 Prozent gesunken. Dabei habe die chemische Industrie 19 Prozent weniger Rohöl eingekauft als im Vorjahresquartal; der Absatz von Dieselkraftstoff sei geringfügig um ein Prozent gesunken; der Verbrauch von Ottokraftstoff, Flugbenzin und leichtem Heizöl hingegen sei jeweils gestiegen.
Der Erdgasverbrauch sank demnach um fast 13 Prozent. Der Verbrauch von Steinkohle nahm um sieben Prozent ab, so wie auch der Verbrauch von Braunkohle. Die Stromerzeugung aus Kernenergie – aus den drei noch verbleibenden Kraftwerken, die im Streckbetrieb liefen – ging um knapp ein Drittel zurück. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hingegen “lag insgesamt auf annähernd gleichem Niveau wie im Vorjahreszeitraum”.
Der AG Energiebilanzen zufolge sparten private Haushalte und Gewerbe- sowie Dienstleistungsbetriebe vor allem Wärme (Erdgas und Fernwärme) sowie Strom ein. In der Industrie hingegen “sorgten die sinkende Nachfrage sowie der Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit infolge hoher Energiekosten vor allem in den energieintensiven Branchen für Produktionsrückgänge im hohen einstelligen, teilweise sogar im zweistelligen Bereich“. ae
Weltweit sind bereits die meisten “sicheren und gerechten Grenzen des Erdsystems” überschritten. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von internationalen Forschenden der Earth Commission, die am Mittwoch in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Für die fünf Bereiche Klima, Biosphäre, Wasser, Nährstoffzyklen und Luftschadstoffe legt die Studie anhand von insgesamt acht Indikatoren Grenzwerte fest.
Zu den Indikatoren gehört beispielsweise die globale Durchschnittstemperatur, Stickstoffgehalt im Boden oder der Zustand von Oberflächengewässern. Für sieben dieser acht Indikatoren sind laut Studie die sicheren und gerechten Grenzen bereits überschritten. Allein der Indikator Aerosole im Bereich Luftschadstoffe befindet sich aktuell innerhalb der definierten Grenzen. Dass viele der Grenzwerte nicht eingehalten werden, könnte laut den Forschenden “erhebliche Schäden” für die Menschen zur Folge haben. Zu diesen Schäden gehören unter anderem der Verlust von Menschenleben oder Lebensgrundlagen sowie Vertreibung und chronische Krankheiten.
Das Konzept von “sicheren und gerechten Grenzen” ist eine Weiterentwicklung der “planetaren Grenzen” (planetary boundaries) von Wissenschaftlern rund um Johann Rockström und Timothy Lenton. Es bezieht zusätzlich die Minimierung der Gefährdung von Menschen mit ein und betont den Gerechtigkeitsaspekt. Neben einem globalen Blick werden dafür auch lokale Werte herangezogen. Bisher hatte das Modell der planetaren Grenzen mit Durchschnittswerten gearbeitet, die lokale Unterschiede nicht berücksichtigen. Sichere Grenzen orientieren sich an einem stabilen und widerstandsfähigen Erdsystem und beziehen wissenschaftliche Erkenntnisse, beispielsweise über Klimakipppunkte, mit ein. Grundsätzlich sind viele der “sicheren und gerechten” Grenzen enger gezogen als nur die “sicheren” Grenzen.
Als Vorschlag für eine sichere und gerechte Klimagrenze spricht die Studie von ein Grad Erderwärmung, da schon 1,5 Grad zu “schwerwiegenden Schäden” für Menschen führen würden. Mit einer aktuellen Erderwärmung von 1,2 Grad ist diese Grenze bereits überschritten. kul
Während die Verhandlungsdelegationen kommende Woche auf der Bonner Zwischenkonferenz (SBSTA) die COP28 Ende November in Dubai vorbereiten, hat Brasilien den Austragungsort für die überübernächste Weltklimakonferenz festgezurrt. Die COP30 soll in Belém, der zweitgrößten Stadt im Amazonasgebiet, stattfinden. Das gab Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am vergangenen Freitag bekannt.
Der Amazonas sei eines der wichtigsten Themen auf den vergangenen COPs gewesen – daher solle die COP30 dort stattfinden, damit die Menschen den Wald und seine Reichtümer kennenlernen, erklärte Lula. Es wäre die erste COP im Amazonasgebiet und die vierte in einem lateinamerikanischen Land.
Offiziell hat Brasilien den Zuschlag für die Austragung noch gar nicht erhalten, jedoch gibt es keine Gegenkandidaten aus der südamerikanischen Regionalgruppe der UN, die 2025 turnusmäßig an der Reihe ist. Lula hatte vergangenes Jahr in Sharm el-Sheikh angekündigt, die COP30 austragen zu wollen. Die finale Entscheidung fällt auf der kommenden COP in Dubai.
Es gibt auch Kritik an dem Plan, da Belém nicht über die nötige Infrastruktur verfügen könnte, um eine Konferenz mit 30.000 Teilnehmenden auszutragen. Zudem ist die Anreise für ausländische Gäste kostspielig und umständlich. Belém liegt rund 3.000 Kilometer nördlich von São Paulo oder Rio de Janeiro und ist eigentlich nur mit dem Flugzeug erreichbar.
Während nun recht sicher feststeht, wo die UN-Klimakonferenz 2025 stattfindet, ist noch offen, wer Gastgeber der COP29 wird. Zwar hat Australien gemeinsam mit den pazifischen Inselstaaten Interesse an der Austragung bekundet, allerdings ist 2024 die osteuropäische Regionalgruppe dran. Hier gelten Bulgarien und Tschechien als aussichtsreichste Interessenten. Auch diese Entscheidung fällt auf der COP28 in Dubai. luk
Intensive Regenfälle, wie sie in den vergangenen Wochen über der italienischen Emilia-Romagna niedergingen, sind durch den Klimawandel in dieser Region nicht wahrscheinlicher geworden. Doch Urbanisierung und Landnutzungsänderungen haben das Flutrisiko erhöht.
Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie der internationalen Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA). Auf der Basis von Wetterdaten und Computermodellen suchten die Forschenden nach Hinweisen auf den Einfluss des Klimawandels auf den Starkregen – und konnten keinen Trend feststellen. Die extrem starken Regenfälle hatten im Mai zu großflächigen Überschwemmungen in der Gegend geführt, bei denen mindestens 17 Menschen starben.
Das Ergebnis ist überraschend. Bisherige Attributionsstudien kamen oft zu dem Ergebnis, dass die Erderwärmung intensive Regenfälle wahrscheinlicher macht. Denn eine wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, weshalb Starkregen in vielen Weltregionen häufiger und intensiver auftritt. Der Effekt sei auch in der Emilia-Romagna zu beobachten gewesen, teilt die Forschungsgruppe mit. Doch er sei durch Veränderungen in den atmosphärischen Luftströmungen über dem Mittelmeer ausgeglichen worden. “Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit von Starkregen zu dieser Jahreszeit in dieser bestimmten Region insgesamt unverändert blieb.”
Heftige Überschwemmungen und Erdrutsche kommen demnach in der Geschichte der Emilia-Romagna immer wieder vor: Extrem starke Regenfälle wie die des gegenwärtigen Frühjahrs sind im Schnitt alle 200 Jahre zu erwarten. Vor den jüngsten Starkregenfällen litt die Region unter einer extremen Dürre – und anders als der Starkregen wurden Hitze und Trockenheit laut einer kürzlich veröffentlichten WWA-Analyse durch den Klimawandel wahrscheinlicher. ae
Die Emissionen aus der Zementproduktion könnten durch neue Standards und eine strengere Regulierung um rund die Hälfte gesenkt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der kürzlich gegründeten “Alliance for Low-Carbon Cement & Concrete (ALCCC)”, eines Zusammenschlusses aus Design- und Ingenieursbüros, Tech-Startups und Materialzuliefern aus der Baubranche. Mitglied ist auch die NGO Environmental Coalition on Standards (ECOS), die sich für umweltfreundliche technische Standards einsetzt.
Die Zementproduktion ist verantwortlich für rund acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Diese entstehen vor allem, weil im Herstellungsprozess Kalkstein bei sehr hohen Temperaturen (1.450 Grad Celsius) zu Zementklinker gebrannt wird. Dabei wird sehr viel Energie verbraucht. Noch mehr Emissionen setzt aber die chemische Reaktion des Kalksteins während des Brennens frei.
Die neue Allianz schlägt deshalb vor, den Anteil des Klinkers im Zement bis zum Jahr 2050 schrittweise auf bis zu 40 Prozent zu senken. Das sei der “vielversprechendste Hebel für die Dekarbonisierung”, noch vor Carbon Capture, Usage, and Storage (CCUS), heißt es in ihrer Studie. Die nötigen technischen Lösungen gebe es bereits. Doch die bislang gültigen Standards verhinderten, dass sie im Markt im größeren Ausmaß genutzt würden. Die EU müsse das ändern, fordert die ALCCC. Daneben brauche es auch grüne Beschaffungsvorgaben und gezielte Finanzierungsinstrumente, um die Emissionen der Zementproduktion in Zukunft zu senken. ae
Nach dem Austritt weiterer Mitglieder steckt die Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) in einer existenziellen Krise. Innerhalb weniger Tage haben sechs weitere Versicherungsunternehmen das globale Klimabündnis verlassen – darunter der französische Konzern Axa, der bis zu seinem Rückzug den Vorsitz innehatte. Auch der Pariser Rückversicherer Scor, die japanische Sompo, die Versicherer QBE (Australien) und Mapfre (Spanien) sowie die Versicherungsbörse Lloyd’s of London erklärten ihren Austritt.
Mit der Allianz ist Ende vergangener Woche zudem der letzte verbliebene deutsche Versicherer ausgestiegen. Hannover Rück und Munich Re hatten der Initiative, die 2021 unter dem Dach der Vereinten Nationen gegründet wurde, bereits vor Wochen den Rücken gekehrt. Die in der NZIA zusammengeschlossenen Unternehmen haben sich verpflichtet, ihre Portfolios bis 2050 so umzubauen, dass die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden.
Hintergrund der Austrittswelle ist der zunehmende Druck auf die in den USA tätige Finanzindustrie. Dort führen republikanische Politiker seit mehr als zwei Jahren eine immer aggressivere Kampagne gegen ESG und “Woke Capitalism”, die sich zunehmend auch gegen Versicherungsunternehmen richtet.
Zuletzt forderten 23 republikanische Generalstaatsanwälte die Mitglieder der NZIA auf, ihnen bis zum 15. Juni Kopien relevanter Kommunikation und Dokumente auszuhändigen. Der Vorwurf der Strafverfolger: Die NZIA diskriminiere Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft und verstoße gegen das Kartellrecht. Wie es mit der NZIA weitergeht, scheint völlig offen, nachdem sich die Zahl der beteiligten Unternehmen innerhalb kürzester Zeit von über 30 auf jetzt 17 fast halbiert hat. ch
Das Thema Energie beschäftigt Bärbel Höhn schon lange. Als die Grünenpolitikerin 1990 erstmals in den nordrhein-westfälischen Landtag einzog, ging es für sie um die energetische Nutzung von Abfall. Heute ist die 71-jährige im Ehrenamt Energiebeauftragte für Afrika im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dabei versucht sie, die wirtschaftliche Entwicklung des Globalen Südens anzukurbeln.
“Energie ist wirklich ein Treiber, und damit etwas ganz anderes als die anderen Nachhaltigkeitsziele”, sagt Höhn. Der Zugang zu bezahlbarer und sauberer Energie ist Ziel sieben der 17 SDG. “Mit Energie kann ich zwei Drittel der anderen Ziele besser erreichen.” Das trifft schon auf die ersten drei SDGs zu: die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie eine Gesundheitsversorgung für alle Menschen.
Im BMZ ist Höhn heute verantwortlich für das Projekt Grüne Bürgerenergie, das in neun afrikanischen Ländern dezentrale Energieerzeugung im ländlichen Raum fördert – dazu gehören Senegal, Elfenbeinküste, Ghana, Benin, Äthiopien, Uganda, Sambia, Mosambik und Namibia. Kleine, dezentrale Projekte machten auf dem Land oft mehr Sinn als der Anschluss an ein nationales Stromnetz, erklärt Höhn. Zudem hätten die Länder des Globalen Südens häufig den Vorteil, anders als die Industriestaaten noch nicht alte Technik genutzt zu haben. Darum könnten sie direkt modernes Equipment installieren.
Es gehe um die produktive Nutzung von Energie, etwa darum, mehr aus der Ernte herauszuholen, beispielsweise durch Kühlung, Trocknung oder Weiterverarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Oder bei der Kühlung von Medikamenten, die diese länger haltbar machten. Das schaffe nicht nur mehr wirtschaftliche Aktivität, sagt die Afrika-Energiebeauftragte.
Das Ministerium setzt dabei auf ein Bezahlmodell: Der Strom ist günstig, aber nicht gratis. Dies soll zum einen die Betreiber zur ordentlichen Wartung der meist solarbetriebenen Anlagen bewegen, zum anderen soll es Unternehmertum fördern und damit auch Arbeitsplätze schaffen. Für die Wartung, und um die Menschen vor billigen Ramsch-Anlagen zu schützen, bietet das Projekt Bildung und Messgeräte. Finanziert werden die kleinen Netze von der Stiftung Clean Energy and Energy Inclusion for Africa, die Höhn gemeinsam mit der deutschen Entwicklungsbank KfW eigens dafür ins Leben gerufen hat.
Entwicklungsarbeit und Energiefragen müssten sehr viel stärker zusammen gedacht werden, findet Höhn. 2015 sei ein Schlüsseljahr für sie gewesen. Damals fanden sowohl der Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen als auch die Klimakonferenz von Paris statt. “So wie ich als Energieexpertin lernen musste, mich mit Entwicklungszusammenarbeit zu beschäftigen, ist es auch ganz wichtig, dass Entwicklungsexperten die Chancen von Energie erkennen.” Für die Zukunft sei die Förderung Erneuerbarer Energien in den Ländern des Globalen Südens unerlässlich, sagt Höhn. Aber auch Deutschland müsse sich als ein Land begreifen, das sich weiter entwickeln muss.
Schon während ihres Mathematik- und VWL-Studiums in Kiel in den 70er-Jahren engagierte sich Höhn politisch, für Umwelt und Frieden. Doch so richtig begann ihr Einsatz nach dem Umzug nach Oberhausen 1980. Nach wenigen Monaten entwickelte ihr kleiner Sohn in der Ruhrstadt eine heftige Bronchitis. Höhn fing an, sich in Bürgerinitiativen einzubringen, gegen Giftmüllverbrennung, für bessere Kindergärten. Zunächst ohne Parteibuch, dann als Mitglied der Grünen. Als Landtagsabgeordnete kämpfte sie gegen den Tagebau Garzweiler II – verhindern konnte sie ihn nicht mehr, doch immerhin wird es die letzte Grube NRWs.
In Vorbereitung auf die Landtagswahlen und Koalitionsverhandlungen 1995 kam Höhn erstmals mit der Entwicklungsarbeit in Kontakt: Für die Grünen übernahm sie die Verantwortung für die Eine-Welt-Arbeit. Ab 2000 war sie als Landesministerin zuständig für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft sowie als erste deutsche Ministerin überhaupt für Verbraucherschutz. Die Kooperation mit Ländern des Globalen Südens im Rahmen der Eine-Welt-Arbeit lag damit direkt in ihrem Aufgabenbereich, etwa mit dem Kohleland Südafrika. 2005 wechselte Bärbel Höhn in den Bundestag. Als MdB arbeitete sie zusammen mit dem CSU-Politiker und späteren Entwicklungsminister Gerd Müller, der sie schließlich ins BMZ berufen hat.
Man habe sich trotz Differenzen gut verstanden, sagt Höhn. Zu Müllers Amtsantritt im BMZ habe sie gefrotzelt: “Jetzt müssen Sie ja alle Schäden auf dieser Erde, die Sie vorher mit dem Export von Schweinefleisch ausgelöst haben, wieder reparieren.” Trotzdem berief Müller sie 2017 gemeinsam mit Josef Göppel (CSU) zu Energiebeauftragten für Afrika in sein Ministerium. Und auch die amtierende Nachfolgerin Svenja Schulze (SPD) scheint Höhns Arbeit zu schätzen – sie arbeitet für die neue Leitung jetzt in gleicher Position. Arne Schütte
eine Erkenntnis in der Klimadebatte ist schon lange: Sicher ist nur die Unsicherheit. Das zeigt sich auch, wenn man einen genaueren Blick auf die Daten werfen will, um die sich im Klimaschutz alles dreht: Informationen über die CO₂-Emissionen. Und die sind gerade beim größten Verschmutzer China schon immer und immer noch mit vielen Fragezeichen versehen, wie Nico Beckert recherchiert hat.
Das ist sicher einer der Gründe, warum sich die Volksrepublik in den Klimaverhandlungen oft mit dem Begriff MRV schwertut – “Measure, Report, Verify“, also einer transparenten Datenbasis. Und auch bei vielen anderen Ländern sind diese Zahlen schwierig zu erheben, worüber wir in den kommenden Wochen berichten werden. Da nämlich steht in Bonn die “SBSTA”-Zwischenkonferenz an, auf der die Beschlüsse der nächsten COP28 in Dubai vorbereitet werden. Wir sind als Climate.Table vor Ort und berichten zweimal die Woche von den Veranstaltungen, Verhandlungen und Hintergründen des Treffens. Den Anfang machen wir am nächsten Montag, dem ersten Konferenztag.
In dieser aktuellen Ausgabe blicken wir außerdem noch darauf, wie genau die US-Umweltbehörde EPA das gigantische grüne Investmentpaket IRA umsetzt, welche hochfliegenden Pläne für Wasserstoff in Afrika geschmiedet werden und welche planetaren Grenzen inzwischen überschritten sind.
Wir wünschen eine spannende Lektüre. Behalten Sie einen langen Atem!
Auf der am 5. Juni startenden COP-Zwischenkonferenz in Bonn wird auch über eine globale Bestandsaufnahme zum Fortschritt in der internationalen Klimapolitik (Global Stocktake) beraten. Dabei spielen Emissionsdaten eine zentrale Rolle. Deren Erfassung ist aber nicht einfach. Viele Entwicklungsländer haben in den letzten Jahren kaum Fortschritte bei der Datenerfassung gemacht. Doch auch der weltweit größte CO₂-Emittent China steht dabei vor großen Herausforderungen.
Die chinesischen CO₂-Daten basieren auf Schätzungen und Ersatzindikatoren wie dem Energieverbrauch bei der Produktion. Die Schätzungen für viele energieintensive Wirtschaftssektoren wie der Metallverarbeitung oder den Chemiesektor seien allerdings sehr ungenau und könnten von Anlage zu Anlage stark schwanken, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. “Das Fehlen zuverlässiger Emissionsdaten auf Industrie-Ebene könnte es den Behörden langfristig erschweren, die Politik so zu gestalten, dass die Klimaziele erreicht werden“, sagt Cory Combs von Trivium China gegenüber Table.Media. Wie groß die Lücke zwischen geschätzten und tatsächlichen Emissionen ist, ist jedoch unklar.
Vergrößert wird die Unklarheit über Chinas Emissionen, weil viele Daten nicht veröffentlicht werden. Anders als in den traditionellen Industriestaaten gebe es “keine regelmäßige Berichterstattung, die die Gesamtemissionen des Landes offenlegen würde“, sagt der Energieexperte Lauri Myllyvirta. Die gesamten CO₂-Emissionen aus dem Energiebereich würden jährlich nur indirekt als Verringerung der CO₂-Intensität in Relation zur Wirtschaftsleistung angegeben, erläutert Myllyvirta gegenüber Table.Media.
“Es gibt keine Aufschlüsselung nach Sektoren“, sagt Myllyvirta. CO₂-Emissionen aus der Zementherstellung und andere Industrie-Emissionen werden nicht veröffentlicht. Externe Analysten müssen die Gesamt-CO₂-Daten aus den veröffentlichten Daten abschätzen. Auch Chinas Nationales Treibhausgas-Inventar (“National Inventory”) ist veraltet. Die letzte Bestandsaufnahme wurde 2019 veröffentlicht und basiert auf Daten von 2014. Als Entwicklungsland (Non-Annex-I-Land) muss China nicht regelmäßiger an die UNFCCC berichten.
Das Rätselraten über die tatsächlichen Emissionen könnte aber auch dazu, führen, dass China für 2022 zu hohe CO₂-Emissionen veröffentlicht hat, wie Myllyvirta erläutert. Denn um Energiekrisen wie in der jüngsten Vergangenheit zu vermeiden, hat die Regierung die inländische Kohleproduktion ausweiten lassen. Das führte dazu, dass mehr minderwertige Kohle auf den Markt kam. Davon müssen die Kraftwerke mehr verbrennen, um die gleiche Menge an Energie zu gewinnen. Der Kohleverbrauch stieg also an – nicht aber unbedingt der CO₂-Ausstoß. Denn der ist weniger von der Kohlemenge abhängig als vielmehr von der Qualität der Kohle.
Wenn diese sinkt, gehen auch die Emissionen zurück. Kohle-Bergwerke haben aber falsch oder gar nicht über die abnehmende Qualität informiert. Die Behörden gehen also von einer gleichbleibenden Qualität bei steigendem Verbrauch, steigender Energiemenge und somit steigenden Emissionen aus. Laut offiziellen Daten sind Chinas Emissionen deshalb 2022 um 1,3 Prozent gewachsen. Doch die widersprüchlichen Daten zur Kohlequalität und andere Datenpunkte zeigten eher eine Abnahme der Emissionen von circa einem Prozent, so der Experte Myllyvirta.
Auch Combs sagt: “Der Hauptgrund für die Unsicherheit bei Chinas Emissionen ist der umfangreiche Einsatz von Kohle“, sowohl für die Energieerzeugung als auch für Industrie-Zwecke, beispielsweise die Stahlerzeugung. Dabei gäbe es eine Menge “Quellen der Daten-Unsicherheit”. Für die unterschiedlichen Prozesse werden verschiedene Arten von Kohle mit unterschiedlicher Qualität verwendet. China produziere mehr Stahl als der Rest der Welt zusammen und hat die meisten Kohlekraftwerke. Die potenziellen Punkte für Datenprobleme addieren sich “in einer Größenordnung, die ihresgleichen sucht”, so Combs.
Der chinesische Emissionshandel verlangt von den teilnehmenden Kohle- und Gaskraftwerken einen jährlichen Emissionsbericht. Er wird von lokalen Behörden überprüft. Doch dabei fehlt es an den nötigen Ressourcen. “Viele Kommunalverwaltungen haben argumentiert, dass sie nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um den Monitoring-, Reporting- und Verifikations-Prozess umfassend durchzuführen, was häufig zu Datenfälschungen und einer daraus resultierenden Lücke in der Emissionsberichterstattung führt”, sagt Seb Kennedy gegenüber Table.Media. Er ist Analyst bei dem Datenanbieter Transition Zero. Ein Großteil der Daten werde zudem von den Unternehmen “selbst gemeldet und nicht unabhängig überprüft“, so Kennedy.
Beratungsfirmen, die die Daten überprüfen, haben Unternehmen auch schon zur Manipulation geraten, um keine CO₂-Zertifikate zukaufen zu müssen. Laut dem ETS-Experten Zhibin Chen vom Forschungs- und Beratungsunternehmen Adelphi hat das chinesische Umweltministerium das Manipulationsproblem “rechtzeitig erkannt und eine große Datenüberprüfungsaktion durchgeführt, bei der die meisten Daten korrigiert wurden”. Die Regierung hat neue Richtlinien zur Datenerfassung erlassen. In einem großen Land wie China sei es jedoch schwierig, “dafür zu sorgen, dass jedes Unternehmen und jeder Prüfer denselben neuen Standard umsetzen kann”, so Chen. Es brauche Zeit, die Probleme herauszufinden und zu lösen, so der Adelphi-Experte.
Cory Combs von Trivium China sagt: “Ohne genaue Emissionsdaten kann es keine genaue Zuteilung von Zertifikaten” im Emissionshandel geben. Ab einem gewissen Punkt könnte das “den Mechanismus zur CO₂-Bepreisung untergraben”. Schon die Ausweitung des ETS auf den Stahl-, Zement- und Aluminium-Sektor wurde auch mit Verweis auf die schlechte Datenlage in diesen Sektoren verschoben.
China verfolgt mehrere Maßnahmen zur Überwindung der Datenprobleme. Der Staat:
Laut Cory Combs von Trivium China verfolgt das chinesische Umweltministerium einen klaren Fokus zur Verbesserung der “Detailschärfe und Genauigkeit der Emissionsdaten”. Allerdings verbleiben viele offene Fragen, ob das schon in naher Zukunft gelingen kann, so Combs Einschätzung.
Der bisherige Kompromiss im aktuellen US-Haushaltsstreit hat auch Auswirkungen auf die Klimapolitik des Landes: Umweltschützer sind empört, dass der Vorschlag die Genehmigung für die umstrittene Gaspipeline “Mountain Valley Pipeline” (MVP) in West-Virginia und schnellere Planungen für Infrastrukturvorhaben vorsieht. Das Weiße Haus dagegen verteidigt die Vereinbarung, weil sie weite Teile des Investitionsprogramms IRA unangetastet lässt und zum Beispiel die staatlichen Ausgaben etwa für die US-Umweltbehörde “Environmental Protection Agency” (EPA) garantiert.
Diese Behörde entwickelt sich zum zentralen Instrument für den klimagerechten Umbau des Landes. Mit insgesamt 40 Milliarden Dollar und einer Reihe von regulatorischen Maßnahmen treibt die größte Umweltbehörde der Welt die global umfangreichsten Klima- und Investitionspläne der Biden-Regierung voran. Über die Details sprach die Vizechefin der Behörde, Janet McCabe, mit Table.Media.
Das Investitionsprogramm “Inflation Reduction Act” (IRA) soll über die nächsten zehn Jahre etwa 370 Milliarden Dollar über Steuererleichterungen und Abschreibungen in den grünen Umbau der USA pumpen. “Die EPA hat eine sehr unterscheidbare Rolle unter IRA”, sagt McCabe. “Vor allem darin, Programme aufzusetzen, um Aktivitäten zu finanzieren”.
Insgesamt 27 Milliarden Dollar fließen in den “Greenhouse Gas Reduction Fund“, den die EPA als zentralen Hebel für Klima-Investitionen (oder “green Bank”) einsetzt:
“Das ist sehr aufregend”, sagt McCabe. Denn solche “grünen Banken” gebe es bisher in den USA in Staaten und Gemeinden, aber nicht auf der Bundesebene. Außerdem unterstütze die EPA durch Subventionen etwa die Elektrisierung von schweren Lastwagen.
Die EPA-Programme sehen aber auch Geld vor, wenn Bundesstaaten eigene Klimapläne aufstellen oder erneuern. Sie können Anträge für Programme stellen, “die sehr schwer zu finanzieren sind, weil sie nicht im Budget der Staaten abgebildet sind”, so McCabe. Alle US-Staaten bis auf vier (Iowa, Florida, Kentucky und South Dakota) hätten diese Anträge gestellt, so die EPA-Vizechefin “Der Präsident und der Kongress wollen, dass das Geld schnell fließt”.
Ob die Weigerung, das Klimageld zu nehmen, auch politische Gründe hat – alle vier betreffenden Staaten sind republikanisch regiert – kann McCabe nicht sagen. Auf der unteren Ebene seien die politischen Entscheider weniger ideologisch als praktisch orientiert: “Niemand will, dass seine Gemeinde dauernd überschwemmt wird, niemand will Waldbrände, niemand will, dass die Menschen drinnen festsitzen, weil es draußen zu heiß ist.”
Allerdings hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass trotz der republikanischen Angriffe gegen Bidens Klimapolitik und deren Gegenstimmen im Kongress deutlich mehr Geld aus dem IRA in “rote”, also republikanisch als “blaue”, demokratisch regierte Staaten fließt.
Die EPA arbeitet allerdings nicht nur mit Geld, sondern auch mit Gesetzen und Normen am Klimaziel der Biden-Regierung. Die Behörde will die USA auf einen Pfad bringen, um das Klimaziel von netto Null bis 2050 und die CO₂-freie Stromversorgung bis 2035 zu erreichen. Dafür arbeitet die Behörde derzeit an diesen Maßnahmen:
Der Ansatz der Arbeiten ist laut EPA-Vizechefin technologiebasiert: Je nach technologischem Fortschritt etwa bei der Abgastechnik würden die Bedingungen verschärft. Und vor allem bei den Regeln für Kraftwerke gilt es für die Biden-Regierung, einen Misserfolg zu verhindern, wie ihn die Obama-Regierung erlitten hatte: Denn der “Clean Power Plan” der Obama-Regierung, an dem McCabe in der EPA schon mitgearbeitet hatte, fiel 2016 beim Obersten Gerichtshof der USA durch. Heute sieht sich McCabe als Vizechefin der Behörde mit ihrer neuen Kraftwerksregulierung auf der sicheren Seite. Man habe aus der Niederlage vor Gericht gelernt, jetzt “sind wir sehr sicher, dass wir auf solidem juristischem Boden stehen”.
Allerdings fürchten Umweltschützer in den USA eine weitere Einschränkung der EPA-Kompetenzen in diesem Bereich. Im Fall der sogenannten “Chevron-Doktrin“, die nach einem juristischen Streit zwischen dem Ölkonzern Chevron und der EPA benannt ist, wird vermutet, dass der inzwischen extrem konservative Oberste US-Gerichtshof diese Regel angreifen könnte. Sie legt bisher fest, dass Gerichte bei komplexen Verfahren im Zweifelsfall Regeln so interpretieren sollen, wie sie von der zuständigen Behörden gesehen werden.
Ihre Behörde selbst erhole sich gut von den vier Jahren unter Trump, so McCabe. Zwar habe man unter den von Trump eingesetzten EPA-Chefs “einige tausend Mitarbeiter verloren”, doch inzwischen kämen sehr viele wieder zurück. Mit 15.000 Angestellten habe die EPA derzeit “mehr Personal als zum Ende der Obama-Zeit.“
Die namibische Regierung unter Premierministerin Saara Kuugongelwa-Amadhila hat den Weg für ein ehrgeiziges Energieprojekt freigemacht. In der vergangenen Woche hat das Kabinett den Abschluss einer Vereinbarung mit Hyphen Hydrogen Energy genehmigt. An dem Joint Venture ist unter anderem die südafrikanische Tochterfirma der deutschen Enertrag beteiligt. Das Projekt sieht Investitionen von zehn Milliarden Euro in den Bau von Anlagen zur Produktion grünen Wasserstoffs in der Nähe der Küstenstadt Lüderitz vor.
Der Staat Namibia kann sich mit bis zu 24 Prozent als Investor an dem Projekt beteiligen. Dazu stellen die niederländische Förderinstitution Invest International B.V. und die Europäische Investitionsbank der namibischen Regierung 540 Millionen Euro zu Vorzugsbedingungen bereit, wie es in einer Präsentation heißt.
Bis 2030 soll der Bau abgeschlossen sein. Dann soll Namibia mehr als zwei Millionen Tonnen Ammoniak für die globalen und lokalen Energiemärkte herstellen. Das dafür benötigte Wasser wird über Meerwasserentsalzungsanlagen aus dem Atlantik gewonnen, der Strom zur Herstellung des Wasserstoffs aus Wind- und Sonnenkraftwerken. Darüber hinaus werden Anlagen zur Umwandlung des Wasserstoffs in Ammoniak und ein neuer Hafen zur Verschiffung benötigt.
“Das Projekt ist so umfangreich konzipiert, dass es nicht nur das Potenzial hat, die wachsende Stadt Lüderitz mit Frischwasser zu versorgen, sondern auch den gesamten Energiebereich Namibias auf einen Schlag CO2-neutral zu gestalten”, sagt Till Mansmann, der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
Dieses Projekt ist eines von dreien, die mit deutscher Beteiligung in Afrika verwirklicht werden sollen: Neben Namibia wird auch in Angola und in Mauretanien an ähnlichen Projekten gearbeitet.
Neben den Deutschen sind viele andere Investoren und Projektentwickler in Afrika aktiv. Allein in Namibia sind zwei weitere, ähnliche Projekte in Vorbereitung. Aber auch anderswo sind die Investoren aktiv. An vielen Standorten sind die Bedingungen ideal: Wasser kann aus dem Atlantik oder dem Indischen Ozean gewonnen werden und es gibt zahlreiche Standorte mit viel Potenzial für Solarstrom.
“Afrikanische Pionierländer wie Mauretanien zeigen den Weg und beweisen, dass Afrika der Welt mit grünem Wasserstoff helfen und sich so eine Zukunft der industriellen Entwicklung sowie schnelles und sauberes Wachstum für alle sichern kann”, sagt Thierry Lepercq, Präsident von Hydeal, einem Projekt, das Wasserstoff über Pipelines von Spanien nach Frankreich und Deutschland bringen soll.
Vier günstige Standorte hat die Europäische Investitionsbank (EIB) in einer Studie benannt: Marokko, Mauretanien, das südliche Afrika und Ägypten – Kenia, wo Deutschland ebenfalls Interesse zeigt, nannte die EIB nicht. “Die Nutzung der Sonnenenergie Afrikas zur Produktion von 50 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr bis 2035 kann dazu beitragen, die globale Energieversorgung zu sichern, Arbeitsplätze zu schaffen, die Schwerindustrie zu dekarbonisieren, die globale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Zugang zu sauberem Wasser und nachhaltiger Energie zu verändern”, heißt es in der Studie.
Investitionen in grünen Wasserstoff von einer Billion Euro können das Äquivalent von mehr als einem Drittel des derzeitigen Energieverbrauchs Afrikas decken, das BIP steigern, die Versorgung mit sauberem Wasser verbessern und Gemeinden stärken, schreiben die Autoren der EIB-Studie.
Eine Investition von einer Billion Euro könne sieben Exajoule Energie jährlich bringen. Das entspricht rund 1,9 Millionen GWh. Im Jahr 2021 lag der Verbrauch in Afrika bei 19,9 Exajoule. Dies würde laut EIB zu einem enormen Anstieg des BIP führen sowie dauerhafte und qualifizierte Arbeitsplätze in ganz Afrika schaffen.
Grüner Wasserstoff wäre dann ein gewaltiger Trigger für das Wachstum auf dem afrikanischen Kontinent. Noch sind diese Perspektiven vage Zukunft. Viele Fragen sind ungeklärt. Ein Streitpunkt könnte beispielsweise die Aufteilung des grünen Wasserstoffs zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden werden. Christian von Hiller
1. Juni, 9 Uhr, Berlin/Online
Konferenz Hauptstadtkonferenz Elektromobilität 2023
Elektromobilität in Zeiten der Energie- und Verkehrswende oder innovative Geschäftsmodelle für die Mobilität von heute und morgen – diese Themen stehen auf der Konferenz im Fokus. Welche Herausforderungen und Lösungsansätze es dazu gibt, wird auf der Konferenz diskutiert. Infos
1. Juni, 10.30 Uhr, Osnabrück
Seminar Moorklimaschutz beschleunigen! – Wie die Wiedervernässung der Moore in die Fläche kommt
Die Wiedervernässung der Moore muss aus Klimaschutzgründen beschleunigt werden. Doch vielfach sind die Hürden für die Umsetzung noch hoch, etwa im Bereich Planung und Genehmigung. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und das Greifswald Moor Centrum wollen auf ihrer Konferenz darüber diskutieren. Infos
1. Juni, 17.30 Uhr, Online
Vernetzungstreffen Netzwerk Nachwuchskräfte Städtebau: Mobilitätswende gestalten
In diesem digitalen Meeting des Netzwerks Nachwuchskäfte Städtebau geht es um die städtebauliche Gestaltung der Mobilitätswende vor Ort. Wie sieht die Verkehrsinfrastruktur der Stadt der Zukunft aus? Welche städtebaulichen Rahmenbedingungen müssen Kommunen hierfür schaffen? Wie gelingt nachhaltige Mobilität, die unterschiedliche Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger adressiert? Infos
05. Juni
Aktionstag Weltumwelttag
In Erinnerung an die Eröffnung der Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Umwelt am 5. Juni 1972 in Stockholm haben die Vereinten Nationen und vier Jahre später auch die Bundesrepublik Deutschland den 5. Juni zum jährlichen “Tag der Umwelt” erklärt. Durch verschiedene Aktionen und Veranstaltungen wird an diesem Aktionstag Umweltbewusstsein gefördert. Infos
5. bis 15. Juni, Bonn
Konferenz Bonn Climate Change Conference
Die Konferenz des UNFCCC (SBSTA) ist die Vorbereitungskonferenz für die COP im November in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Eine Auswahl von wichtigen Terminen liefert Climate.Table am Montag der kommenden Woche. Infos
6. Juni, 9.15 Uhr, Halle
Tagung Branchentag Erneuerbare Energien Mitteldeutschland
Die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, ist das große Ziel der Energiepolitik, national wie auch regional. Die drei Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen stehen vor unterschiedlichen und doch manchmal gemeinsamen Herausforderungen. Der Bundesverband WindEnergie diskutiert auf seinem Branchentag darüber. Infos
6. Juni, 10 Uhr, Schwedt/Oder und Online
Konferenz Die Oder – wertvolles Ökosystem unter Stress
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz lädt zu der Umweltkonferenz, um zu diskutieren, welche Umwelt- und Klimafaktoren die Oder unter Stress setzen. Infos
6. Juni, 15 Uhr, Online
Webinar Fit für den Sommer: Wie können naturbasierte Lösungen Kommunen resilienter machen?
Das Umweltbundesamt und das Ecologic Institute diskutieren über naturbasierte Lösungen für Resilienz in Kommunen. Infos
6. bis 8. Juni, Versailles
Konferenz Globale Energieeffizienzkonferenz
Die Konferenz der International Energy Agency (IEA) bringt Politiker und Wirtschaftsvertreter zusammen, um über Energieeffizienz zu diskutieren. Infos
8. Juni, 9.30 Uhr, Online
Seminar Education for a Sustainable Future – Empowering Individuals to Tackle Climate Change
Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels, da sie das Bewusstsein schärft und das Wissen und die Fähigkeiten vermittelt, die für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen, nachhaltigen Zukunft erforderlich sind. Auf dem Event von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Klima- und Nachhaltigkeitsbildung gestärkt werden kann. Infos
8. Juni, 19 Uhr, Hamburg
Diskussion Her mit den guten Ideen: Wie schonen wir Ressourcen?
Plastikmüll vermeiden, CO₂ einsparen, Konsum reduzieren – wie kann man ressourcenschonender leben? Drei Start-ups stellen ihre Geschäftsideen für besseres Wirtschaften vor. Mit Umweltsenator Jens Kerstan diskutieren die Gründerinnen und Gründer Nachhaltigkeitsziele und soziale Innovationen für Hamburg. Infos
Seit Wochen debattiert Deutschland erhitzt über die “Wärmewende” und das Verbot von fossiler Energie für die Heizung von Immobilien. Je besser Gebäude allerdings energetisch isoliert sind, desto weniger Energie brauchen sie, um die Wärme drinnen (oder draußen) zu halten. Da ist ein Blick ins europäische Ausland interessant: Wie schnell geht die Energie in geheizten Häusern verloren?
Der Überblick zeigt: Deutschland steht vergleichsweise gut da. Innerhalb von fünf Stunden sinkt die Temperatur in einem Gebäude, das bei 0 Grad Außentemperatur auf 20 Grad geheizt wurde um ein Grad. Nur in Norwegen ist dieser Wert noch ein bisschen besser – in den meisten anderen Ländern verlieren die Gebäude aber wegen dünner Wände, undichten Türen und Fenstern und nicht isolierten Dächern noch viel schneller ihre Wärme: in Frankreich um 2,5 Grad, in Großbritannien sogar 3 Grad in fünf Stunden. bpo
In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres lag der Energieverbrauch in Deutschland um 6,8 Prozent unter dem Wert des ersten Quartals 2022. Das ergibt sich aus den vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft (AG) Energiebilanzen, der Branchenverbände und energiewirtschaftliche Forschungsinstitute angehören. “Das ist eine der größten unterjährigen Veränderungen seit den Ölpreiskrisen der 1970er- und 1980er-Jahre”, teilt die Arbeitsgemeinschaft mit. Ursachen seien vor allem die “weiterhin hohen Energiepreise” und der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent.
Demnach lag der inländische Primärenergieverbrauch im ersten Quartal 2023 bei 3.126 Petajoule, was 106,7 Millionen Steinkohleeinheiten entspricht. Die Zahlen spiegelten die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs “deutlich” wider, so die AG.
Der Rückgang betreffe alle Energieträger, mit Ausnahme der Erneuerbaren. Der Verbrauch von Mineralöl etwa sei um 2,6 Prozent gesunken. Dabei habe die chemische Industrie 19 Prozent weniger Rohöl eingekauft als im Vorjahresquartal; der Absatz von Dieselkraftstoff sei geringfügig um ein Prozent gesunken; der Verbrauch von Ottokraftstoff, Flugbenzin und leichtem Heizöl hingegen sei jeweils gestiegen.
Der Erdgasverbrauch sank demnach um fast 13 Prozent. Der Verbrauch von Steinkohle nahm um sieben Prozent ab, so wie auch der Verbrauch von Braunkohle. Die Stromerzeugung aus Kernenergie – aus den drei noch verbleibenden Kraftwerken, die im Streckbetrieb liefen – ging um knapp ein Drittel zurück. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hingegen “lag insgesamt auf annähernd gleichem Niveau wie im Vorjahreszeitraum”.
Der AG Energiebilanzen zufolge sparten private Haushalte und Gewerbe- sowie Dienstleistungsbetriebe vor allem Wärme (Erdgas und Fernwärme) sowie Strom ein. In der Industrie hingegen “sorgten die sinkende Nachfrage sowie der Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit infolge hoher Energiekosten vor allem in den energieintensiven Branchen für Produktionsrückgänge im hohen einstelligen, teilweise sogar im zweistelligen Bereich“. ae
Weltweit sind bereits die meisten “sicheren und gerechten Grenzen des Erdsystems” überschritten. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von internationalen Forschenden der Earth Commission, die am Mittwoch in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Für die fünf Bereiche Klima, Biosphäre, Wasser, Nährstoffzyklen und Luftschadstoffe legt die Studie anhand von insgesamt acht Indikatoren Grenzwerte fest.
Zu den Indikatoren gehört beispielsweise die globale Durchschnittstemperatur, Stickstoffgehalt im Boden oder der Zustand von Oberflächengewässern. Für sieben dieser acht Indikatoren sind laut Studie die sicheren und gerechten Grenzen bereits überschritten. Allein der Indikator Aerosole im Bereich Luftschadstoffe befindet sich aktuell innerhalb der definierten Grenzen. Dass viele der Grenzwerte nicht eingehalten werden, könnte laut den Forschenden “erhebliche Schäden” für die Menschen zur Folge haben. Zu diesen Schäden gehören unter anderem der Verlust von Menschenleben oder Lebensgrundlagen sowie Vertreibung und chronische Krankheiten.
Das Konzept von “sicheren und gerechten Grenzen” ist eine Weiterentwicklung der “planetaren Grenzen” (planetary boundaries) von Wissenschaftlern rund um Johann Rockström und Timothy Lenton. Es bezieht zusätzlich die Minimierung der Gefährdung von Menschen mit ein und betont den Gerechtigkeitsaspekt. Neben einem globalen Blick werden dafür auch lokale Werte herangezogen. Bisher hatte das Modell der planetaren Grenzen mit Durchschnittswerten gearbeitet, die lokale Unterschiede nicht berücksichtigen. Sichere Grenzen orientieren sich an einem stabilen und widerstandsfähigen Erdsystem und beziehen wissenschaftliche Erkenntnisse, beispielsweise über Klimakipppunkte, mit ein. Grundsätzlich sind viele der “sicheren und gerechten” Grenzen enger gezogen als nur die “sicheren” Grenzen.
Als Vorschlag für eine sichere und gerechte Klimagrenze spricht die Studie von ein Grad Erderwärmung, da schon 1,5 Grad zu “schwerwiegenden Schäden” für Menschen führen würden. Mit einer aktuellen Erderwärmung von 1,2 Grad ist diese Grenze bereits überschritten. kul
Während die Verhandlungsdelegationen kommende Woche auf der Bonner Zwischenkonferenz (SBSTA) die COP28 Ende November in Dubai vorbereiten, hat Brasilien den Austragungsort für die überübernächste Weltklimakonferenz festgezurrt. Die COP30 soll in Belém, der zweitgrößten Stadt im Amazonasgebiet, stattfinden. Das gab Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am vergangenen Freitag bekannt.
Der Amazonas sei eines der wichtigsten Themen auf den vergangenen COPs gewesen – daher solle die COP30 dort stattfinden, damit die Menschen den Wald und seine Reichtümer kennenlernen, erklärte Lula. Es wäre die erste COP im Amazonasgebiet und die vierte in einem lateinamerikanischen Land.
Offiziell hat Brasilien den Zuschlag für die Austragung noch gar nicht erhalten, jedoch gibt es keine Gegenkandidaten aus der südamerikanischen Regionalgruppe der UN, die 2025 turnusmäßig an der Reihe ist. Lula hatte vergangenes Jahr in Sharm el-Sheikh angekündigt, die COP30 austragen zu wollen. Die finale Entscheidung fällt auf der kommenden COP in Dubai.
Es gibt auch Kritik an dem Plan, da Belém nicht über die nötige Infrastruktur verfügen könnte, um eine Konferenz mit 30.000 Teilnehmenden auszutragen. Zudem ist die Anreise für ausländische Gäste kostspielig und umständlich. Belém liegt rund 3.000 Kilometer nördlich von São Paulo oder Rio de Janeiro und ist eigentlich nur mit dem Flugzeug erreichbar.
Während nun recht sicher feststeht, wo die UN-Klimakonferenz 2025 stattfindet, ist noch offen, wer Gastgeber der COP29 wird. Zwar hat Australien gemeinsam mit den pazifischen Inselstaaten Interesse an der Austragung bekundet, allerdings ist 2024 die osteuropäische Regionalgruppe dran. Hier gelten Bulgarien und Tschechien als aussichtsreichste Interessenten. Auch diese Entscheidung fällt auf der COP28 in Dubai. luk
Intensive Regenfälle, wie sie in den vergangenen Wochen über der italienischen Emilia-Romagna niedergingen, sind durch den Klimawandel in dieser Region nicht wahrscheinlicher geworden. Doch Urbanisierung und Landnutzungsänderungen haben das Flutrisiko erhöht.
Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie der internationalen Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA). Auf der Basis von Wetterdaten und Computermodellen suchten die Forschenden nach Hinweisen auf den Einfluss des Klimawandels auf den Starkregen – und konnten keinen Trend feststellen. Die extrem starken Regenfälle hatten im Mai zu großflächigen Überschwemmungen in der Gegend geführt, bei denen mindestens 17 Menschen starben.
Das Ergebnis ist überraschend. Bisherige Attributionsstudien kamen oft zu dem Ergebnis, dass die Erderwärmung intensive Regenfälle wahrscheinlicher macht. Denn eine wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, weshalb Starkregen in vielen Weltregionen häufiger und intensiver auftritt. Der Effekt sei auch in der Emilia-Romagna zu beobachten gewesen, teilt die Forschungsgruppe mit. Doch er sei durch Veränderungen in den atmosphärischen Luftströmungen über dem Mittelmeer ausgeglichen worden. “Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit von Starkregen zu dieser Jahreszeit in dieser bestimmten Region insgesamt unverändert blieb.”
Heftige Überschwemmungen und Erdrutsche kommen demnach in der Geschichte der Emilia-Romagna immer wieder vor: Extrem starke Regenfälle wie die des gegenwärtigen Frühjahrs sind im Schnitt alle 200 Jahre zu erwarten. Vor den jüngsten Starkregenfällen litt die Region unter einer extremen Dürre – und anders als der Starkregen wurden Hitze und Trockenheit laut einer kürzlich veröffentlichten WWA-Analyse durch den Klimawandel wahrscheinlicher. ae
Die Emissionen aus der Zementproduktion könnten durch neue Standards und eine strengere Regulierung um rund die Hälfte gesenkt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der kürzlich gegründeten “Alliance for Low-Carbon Cement & Concrete (ALCCC)”, eines Zusammenschlusses aus Design- und Ingenieursbüros, Tech-Startups und Materialzuliefern aus der Baubranche. Mitglied ist auch die NGO Environmental Coalition on Standards (ECOS), die sich für umweltfreundliche technische Standards einsetzt.
Die Zementproduktion ist verantwortlich für rund acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Diese entstehen vor allem, weil im Herstellungsprozess Kalkstein bei sehr hohen Temperaturen (1.450 Grad Celsius) zu Zementklinker gebrannt wird. Dabei wird sehr viel Energie verbraucht. Noch mehr Emissionen setzt aber die chemische Reaktion des Kalksteins während des Brennens frei.
Die neue Allianz schlägt deshalb vor, den Anteil des Klinkers im Zement bis zum Jahr 2050 schrittweise auf bis zu 40 Prozent zu senken. Das sei der “vielversprechendste Hebel für die Dekarbonisierung”, noch vor Carbon Capture, Usage, and Storage (CCUS), heißt es in ihrer Studie. Die nötigen technischen Lösungen gebe es bereits. Doch die bislang gültigen Standards verhinderten, dass sie im Markt im größeren Ausmaß genutzt würden. Die EU müsse das ändern, fordert die ALCCC. Daneben brauche es auch grüne Beschaffungsvorgaben und gezielte Finanzierungsinstrumente, um die Emissionen der Zementproduktion in Zukunft zu senken. ae
Nach dem Austritt weiterer Mitglieder steckt die Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) in einer existenziellen Krise. Innerhalb weniger Tage haben sechs weitere Versicherungsunternehmen das globale Klimabündnis verlassen – darunter der französische Konzern Axa, der bis zu seinem Rückzug den Vorsitz innehatte. Auch der Pariser Rückversicherer Scor, die japanische Sompo, die Versicherer QBE (Australien) und Mapfre (Spanien) sowie die Versicherungsbörse Lloyd’s of London erklärten ihren Austritt.
Mit der Allianz ist Ende vergangener Woche zudem der letzte verbliebene deutsche Versicherer ausgestiegen. Hannover Rück und Munich Re hatten der Initiative, die 2021 unter dem Dach der Vereinten Nationen gegründet wurde, bereits vor Wochen den Rücken gekehrt. Die in der NZIA zusammengeschlossenen Unternehmen haben sich verpflichtet, ihre Portfolios bis 2050 so umzubauen, dass die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden.
Hintergrund der Austrittswelle ist der zunehmende Druck auf die in den USA tätige Finanzindustrie. Dort führen republikanische Politiker seit mehr als zwei Jahren eine immer aggressivere Kampagne gegen ESG und “Woke Capitalism”, die sich zunehmend auch gegen Versicherungsunternehmen richtet.
Zuletzt forderten 23 republikanische Generalstaatsanwälte die Mitglieder der NZIA auf, ihnen bis zum 15. Juni Kopien relevanter Kommunikation und Dokumente auszuhändigen. Der Vorwurf der Strafverfolger: Die NZIA diskriminiere Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft und verstoße gegen das Kartellrecht. Wie es mit der NZIA weitergeht, scheint völlig offen, nachdem sich die Zahl der beteiligten Unternehmen innerhalb kürzester Zeit von über 30 auf jetzt 17 fast halbiert hat. ch
Das Thema Energie beschäftigt Bärbel Höhn schon lange. Als die Grünenpolitikerin 1990 erstmals in den nordrhein-westfälischen Landtag einzog, ging es für sie um die energetische Nutzung von Abfall. Heute ist die 71-jährige im Ehrenamt Energiebeauftragte für Afrika im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dabei versucht sie, die wirtschaftliche Entwicklung des Globalen Südens anzukurbeln.
“Energie ist wirklich ein Treiber, und damit etwas ganz anderes als die anderen Nachhaltigkeitsziele”, sagt Höhn. Der Zugang zu bezahlbarer und sauberer Energie ist Ziel sieben der 17 SDG. “Mit Energie kann ich zwei Drittel der anderen Ziele besser erreichen.” Das trifft schon auf die ersten drei SDGs zu: die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie eine Gesundheitsversorgung für alle Menschen.
Im BMZ ist Höhn heute verantwortlich für das Projekt Grüne Bürgerenergie, das in neun afrikanischen Ländern dezentrale Energieerzeugung im ländlichen Raum fördert – dazu gehören Senegal, Elfenbeinküste, Ghana, Benin, Äthiopien, Uganda, Sambia, Mosambik und Namibia. Kleine, dezentrale Projekte machten auf dem Land oft mehr Sinn als der Anschluss an ein nationales Stromnetz, erklärt Höhn. Zudem hätten die Länder des Globalen Südens häufig den Vorteil, anders als die Industriestaaten noch nicht alte Technik genutzt zu haben. Darum könnten sie direkt modernes Equipment installieren.
Es gehe um die produktive Nutzung von Energie, etwa darum, mehr aus der Ernte herauszuholen, beispielsweise durch Kühlung, Trocknung oder Weiterverarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Oder bei der Kühlung von Medikamenten, die diese länger haltbar machten. Das schaffe nicht nur mehr wirtschaftliche Aktivität, sagt die Afrika-Energiebeauftragte.
Das Ministerium setzt dabei auf ein Bezahlmodell: Der Strom ist günstig, aber nicht gratis. Dies soll zum einen die Betreiber zur ordentlichen Wartung der meist solarbetriebenen Anlagen bewegen, zum anderen soll es Unternehmertum fördern und damit auch Arbeitsplätze schaffen. Für die Wartung, und um die Menschen vor billigen Ramsch-Anlagen zu schützen, bietet das Projekt Bildung und Messgeräte. Finanziert werden die kleinen Netze von der Stiftung Clean Energy and Energy Inclusion for Africa, die Höhn gemeinsam mit der deutschen Entwicklungsbank KfW eigens dafür ins Leben gerufen hat.
Entwicklungsarbeit und Energiefragen müssten sehr viel stärker zusammen gedacht werden, findet Höhn. 2015 sei ein Schlüsseljahr für sie gewesen. Damals fanden sowohl der Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen als auch die Klimakonferenz von Paris statt. “So wie ich als Energieexpertin lernen musste, mich mit Entwicklungszusammenarbeit zu beschäftigen, ist es auch ganz wichtig, dass Entwicklungsexperten die Chancen von Energie erkennen.” Für die Zukunft sei die Förderung Erneuerbarer Energien in den Ländern des Globalen Südens unerlässlich, sagt Höhn. Aber auch Deutschland müsse sich als ein Land begreifen, das sich weiter entwickeln muss.
Schon während ihres Mathematik- und VWL-Studiums in Kiel in den 70er-Jahren engagierte sich Höhn politisch, für Umwelt und Frieden. Doch so richtig begann ihr Einsatz nach dem Umzug nach Oberhausen 1980. Nach wenigen Monaten entwickelte ihr kleiner Sohn in der Ruhrstadt eine heftige Bronchitis. Höhn fing an, sich in Bürgerinitiativen einzubringen, gegen Giftmüllverbrennung, für bessere Kindergärten. Zunächst ohne Parteibuch, dann als Mitglied der Grünen. Als Landtagsabgeordnete kämpfte sie gegen den Tagebau Garzweiler II – verhindern konnte sie ihn nicht mehr, doch immerhin wird es die letzte Grube NRWs.
In Vorbereitung auf die Landtagswahlen und Koalitionsverhandlungen 1995 kam Höhn erstmals mit der Entwicklungsarbeit in Kontakt: Für die Grünen übernahm sie die Verantwortung für die Eine-Welt-Arbeit. Ab 2000 war sie als Landesministerin zuständig für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft sowie als erste deutsche Ministerin überhaupt für Verbraucherschutz. Die Kooperation mit Ländern des Globalen Südens im Rahmen der Eine-Welt-Arbeit lag damit direkt in ihrem Aufgabenbereich, etwa mit dem Kohleland Südafrika. 2005 wechselte Bärbel Höhn in den Bundestag. Als MdB arbeitete sie zusammen mit dem CSU-Politiker und späteren Entwicklungsminister Gerd Müller, der sie schließlich ins BMZ berufen hat.
Man habe sich trotz Differenzen gut verstanden, sagt Höhn. Zu Müllers Amtsantritt im BMZ habe sie gefrotzelt: “Jetzt müssen Sie ja alle Schäden auf dieser Erde, die Sie vorher mit dem Export von Schweinefleisch ausgelöst haben, wieder reparieren.” Trotzdem berief Müller sie 2017 gemeinsam mit Josef Göppel (CSU) zu Energiebeauftragten für Afrika in sein Ministerium. Und auch die amtierende Nachfolgerin Svenja Schulze (SPD) scheint Höhns Arbeit zu schätzen – sie arbeitet für die neue Leitung jetzt in gleicher Position. Arne Schütte